Die Macht des Wortes

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REAKTIONEN DES EMPFÄNGERS

Wir alle wissen, dass wir auf Bewertungen über unsere Person sehr unterschiedlich reagieren. Je nachdem wer uns bewertet, in welcher Gefühlslage wir sind und wie wir bewertet werden.

Welche Reaktionen zeigen wir?

1. Akzeptieren

Wenn der Empfänger die Bewertung als stimmig ansieht, wird er diese ohne Weiteres akzeptieren. Mit den Worten „Ja, so bin ich“, „Aha, so siehst du mich“ könnte er die Bewertung kommentieren.

2. Durchgehen lassen

Dabei stimmt der Empfänger nicht zu, lässt die Botschaft jedoch durchgehen. Mögliche Worte: „Ja, wenn du mich so siehst, dann soll es so sein.“

3. Zurückweisen

„Nein, so sehe ich unsere Beziehung nicht“ oder „Nein, so brauchst du nicht mit mir reden“ sind mögliche Aussagen, wenn die Bewertung zurückgewiesen wird. Eine Zurückweisung ohne Worte kann auch wie eine Ohrfeige sein.

4. Ignorieren

Ignorieren ist eine Form, die ich nicht empfehle. Dabei wird signalisiert: „Du bist Luft für mich.“ Bei Spontaneitäts-Trainings wird das Ignorieren als mögliche Antwort auf verbale „Tiefschläge“ gesehen. Der Angegriffene sollte den anderen mit Ignoranz zeigen, dass er verbal zu weit gegangen ist. Jedoch: Kommunikation zu verweigern, führt meist zu einer Vertiefung der Gräben.

Wenn Sie andere bewerten, kann sich dies beim anderen einprägen. Nach dem Motto: „So sieht mich der andere – so einer bin ich also.“ Hier kommt besonders Lehrinnen und Lehrern und den Vorgesetzten in der Berufswelt eine große Bedeutung zu. Die Bewertung der Schüler im Unterricht und die des Mitarbeiters beim Mitarbeitergespräch können sich langfristig in der Psyche des Empfängers einprägen. Die Gespräche mit meinen Mitarbeitern waren immer mit einer besonderen Spannung verbunden. Nervosität – beiderseits – war an der Tagesordnung. Denn in meinen Firmen war die Bewertung meist mit Prämien verbunden. Es ging nicht nur um die Kritik, sondern auch ums Geld! Eine zusätzliche Brisanz. Ich bin kein Freund von der Verbindung „Geld“ und „Bewertung der Leistung“. Eine Falsch-Interpretation des Empfängers könnte lauten: „Na klar hat er mich so negativ bewertet, er wollte sich Geld sparen!“ Ich war immer wieder erstaunt, wie genau sich meine Mitarbeiter an das letzte Gespräch erinnern konnten, obwohl bereits mehrere Monate, zum Teil Jahre vergangen waren.

Ich kann mich noch genau an eine Begebenheit mit meinem Rechtsprofessor erinnern. Nach einer Rechtsklausur sagte mir der Professor: „Studieren Sie Marketing. Sie beschreiben so umfassend Rechtsfälle – werden Sie lieber Marketing-Experte als Jurist.“ Ich habe nicht nur wegen der Aussagen des Professors Marketing studiert – diese Worte haben jedoch meine Studienwahl beeinflusst.

EIN SELBSTKONZEPT BILDEN

Durch laufende Bewertungen bilden wir ein Selbstkonzept: „So einer bin ich also.“ Dieses Selbstkonzept wird im Laufe eines Lebens immer wieder neu definiert. Menschen, die nicht gerne bewertet werden, umschiffen wie das Schiff den Eisberg diese Bewertungen, indem sie diese entweder verzerren oder vermeiden.

Vermeiden

Vor allem Menschen mit geringem Selbstbewusstsein vermeiden Bewertungen. „Ich traue mich nicht, vor so vielen Leuten zu reden“, heißt es oft. Ein guter Freund ist ein Vielredner, der gerne auch seine Meinung äußert. Bei Diskussion fällt er jedoch durch Zurückhaltung auf. Ich bin darüber verwundert. Nach einer durchzechten Nacht beichtete er mir, dass er sich einfach nicht traut, denn er hat Angst, dass seine Meinung negativ bewertet wird.

Verzerren

Bei der verzerrenden Wahrnehmung werden Botschaften so verzerrt, dass sie trotzdem wieder zum Selbstkonzept passen. Als Beispiel dient wieder mein Freund. Nach seinem Diskussionsbeitrag lobte ich ihn: „Dein Beitrag hat das Thema auf den Punkt gebracht“. Er interpretierte diese Aussage als „Eh klar, er möchte mich motivieren, mehr in der Öffentlichkeit zu reden – ich bin und bleibe jedoch ein schlechter Redner“.

4.4 Die Appell-Ebene

Wer sich äußert, will in der Regel auch etwas bewirken. Die Appell-Botschaft soll den Empfänger veranlassen, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen. Einflussnahme kann mehr oder weniger offen (Bitten, Auffordern, Befehlen, Anordnen, Ersuchen ...) oder verdeckt (Manipulation) erfolgen. Ist der Anteil der Appellebene in der Kommunikation zu hoch, wirken wir wie eine Befehlszentrale. Solche Menschen werden langfristig kaum akzeptiert, egal in welcher Position. Bei meinen Seminaren wird die Appellebene oft von den Teilnehmern negativ bewertet. Das sehe ich nicht so. In unserer arbeitsteiligen Welt geht es nicht ohne Koordinieren. Koordination ist eng mit Führen und Appellieren verbunden. Die Appellebene ist besonders bei Menschen angebracht, die einen gering(er)en Wissensstand haben.


BEISPIEL

Als Abteilungsleiter waren mir in den Unternehmen auch Lehrlinge zugeteilt. Eines meiner Ziele in der Ausbildung war die Selbstständigkeit. Daher bat ich einmal einen Lehrling, das Prospektlager aufzuräumen und die Prospekte zu ordnen. Der Lehrling starrte mich an und fragte, nach welchem Schema geordnet werden soll. Ich machet ihm Mut und sagte: „Du kannst das sicher, erarbeite dir selbst ein Schema und leg die Prospekte danach ab – ich vertraue dir.“ Meine motivierenden Worte halfen jedoch nichts. Rasch merkte ich, dass der Lehrling überfordert war. Ich versuchte es nun mit Appellen: „Mach das nach dem Schema XY, dann …, dann …, dann …“ Der Lehrling bedankte sich für die Appelle und verrichtete die Arbeit ausgezeichnet.

Auch in der Kindererziehung sind Appelle eine wichtige Ebene der Kommunikation. In der Pubertät sollten Sie mit Appellen jedoch vorsichtig sein: „Du hast mir überhaupt nichts zu befehlen“, „Spiel nicht den Oberlehrer“, „Schau doch selbst, wie zu zusammenkommst“ sind häufig verwendete Repliken der heranreifenden Erwachsenen. Versuchen Sie in dieser Phase, den Appell mit Sach- und Ich-Aussagen zu verbinden. Eine Seminarteilnehmerin sagte mir, dass es ihr zu viel Mühe macht, „um den heißen Brei herumzureden“. Sie werden sehen, der Aufwand umfangreicherer Kommunikation macht sich mehr als bezahlt.

Appelle sind also nicht gleich Appelle. Schauen wir uns verdeckte und offene Appelle genauer an:

VERDECKTE APPELLE

Verdeckt ist ein Appell, wenn der Gesprächspartner den Appell nicht sprachlich äußert. Wenn Kinder ohrenbetäubenden Lärm machen, Wutanfälle bekommen und brüllen, dann appellieren sie durch ihr Verhalten: „Ich will deine Aufmerksamkeit!“ Wenn kein Empfänger da ist, verschwindet die kindliche Darbietung rasch.

Auch bei Erwachsenen werden mit einem bestimmten Verhalten verdeckte Appelle gesendet. Ein Weinen, ein aggressiver Blick können dem Empfänger den unausgesprochenen Appell „Lass mich bitte in Ruhe!“ mitteilen. Sicher kennen Sie Menschen, die Sie „mit Samthandschuhen“ angreifen und solche, denen Sie schroff begegnen. „Ich weiß, wie weit ich bei dem gehen kann“, heißt dazu eine landläufige Aussage.

Verdeckte Appelle sind oft erfolgreicher als ausgesprochene. Schon als Kind haben wir gelernt, dass wir durch ein wehleidiges Gesicht eher zu Schokolade kommen als durch einen offenen Appell: „Bitte gib mir eine Schokolade!“ Bei verdeckten Appellen übernimmt der Sender keine Verantwortung, da er diese nicht ausgesprochen hat. Die große Herausforderung ist jedoch, das Gegenüber emotional so zu beeinflussen, dass der Appell auch Wirkung zeigt.

Sie kennen sicher Menschen, die durch verdeckte Appelle andere Menschen beeinflussen wollen. Seien Sie achtsam, da die Duldung versteckter Appelle oft die Haltung des Senders verstärkt. Motto: „Immer wenn ich weine, bekomme ich ein Eis“ oder „Immer wenn ich die Augenbraue hochziehe, weiß mein Partner, dass ich verärgert bin“. Sollen wir diesen versteckten Appell ignorieren? Meist reagieren wir mit einem Gegenappell: „Jetzt sei still!“ oder „Du bekommst nichts“. Eine gute Möglichkeit sind Fragen, die den verdeckten Appell aufdecken! Schaffen Sie auf einer kommunikativen Ebene die Auseinandersetzung mit dem verdeckten Appell.


BEISPIELE

„Willst du durch dein Weinen bezwecken, dass ich dir Aufmerksamkeit schenken soll?“

„Das Hochziehen der Augenbraue bedeutet, dass du verärgert bist?“

OFFENE APPELLE

Wenn wir miteinander sprechen, nehmen wir aufeinander Einfluss, ob wir nun wollen oder nicht. Wie wir beim klassischen Kommunikationsmodell gesehen haben: Der Sender will, dass der Empfänger antwortet, eine Handlung setzt, Gefühle zeigt etc. Appelle sind dazu – richtig kommuniziert – ein legitimes Mittel. Es sollte jedoch ein klarer, ehrlicher und direkter Ausdruck von Wünschen und Aufforderungen sein. Ehetherapeuten erzählen, dass Partnerschaften daran scheitern, dass die Wünsche nicht oder in verschlüsselter Form ausgesprochen werden.

Wenn der Appell nun nicht die gewünschte Wirkung zeigt, ist zu prüfen, woran das liegt. Manchmal schlagen Appelle sogar in die andere Richtung, das heißt, es wird die unerwünschte Haltung gezeigt. Das klassische Beispiel bei Jugendlichen: „Du sollst nicht rauchen und Alkohol trinken!“ Seien Sie ehrlich, bei den meisten von uns hat dieser Appell dazu geführt, dass Zigaretten und Alkohol nun erst recht interessant wurden und ihr Konsum nur noch eine Frage der Zeit war. Ganz nach dem Motto: Jetzt erst recht!

 

Warum werden offene Appelle vermieden?

1. Angst vor Offenheit (Selbstmitteilung) und Zurückweisung

Wer Appelle sendet, gibt offen seine Wünsche und Interessen preis. Jeder Appell ist eine Selbstmitteilung. Wir verbergen daher gerne unsere Bedürfnisse und Wünsche. Wir verstecken angstvoll unsere Meinung, Haltung und Einstellung. Motto: Wie reagiert der Empfänger darauf? Werde ich mit meinen Wünschen zurückgewiesen?


EIN BEISPIEL

Ein Geschäftsmann aus meiner Stadt ist ein dominanter Alpha-Typ. Er überschüttet seine Mitarbeiter, aber auch seinen Sohn mit Appellen. Laufend war dieser mit Befehlen seines Vaters konfrontiert. Er selbst war der „Befehlsübermittler“, jedoch in einer fatalen Art und Weise. Dies äußerte sich so: „Vater hat gesagt, dass …“, „Für die Firma wär es gut, wenn …“, „Was glaubst du, sollten wir …“ Er versteckte seine Meinung hinter der des Vaters, der Firma.

Dieser Sohn sollte nach Jahren vom Patriarch die Firma übernehmen. Der junge Mann hatte Angst vor Appellen und schlicht und einfach Angst vor Zurückweisung. Er scheiterte durch diesen Mangel kläglich an der Führungsaufgabe.

2. In der Kindheit das Wünschen verlernt

In der Erziehung wird uns oft das Wünschen genommen. Besonders bei sehr dominanten Eltern werden Wünsche der Kinder ignoriert oder schroff zurückgewiesen. Die Eltern bestimmen, was das Kind bekommt und wie es sich zu verhalten hat.

3. Die Befürchtung, dass dem Empfänger das Wort „Nein“ fehlt

Der Sender der Botschaft möchte den Empfänger nicht belasten. Denn er fürchtet, dass es diesem schwer fällt, das Wort „Nein“ auszusprechen. Bei meinen Seminaren „Besser organisiert“ ist auch das „Nein-Sagen“ ein Thema. Ich bin überrascht, wie viele Teilnehmer das „Nein-Sagen“ als große persönliche Herausforderung sehen.

Auch ich selbst erwische mich manchmal bei dieser Befürchtung. In meinem Büro ging es einmal darum, die Rechnungen mittels eines neuen IT-Programms zu erstellen. Ich weiß, dass diese Umstellung für meine Sekretärin mit hohem Aufwand verbunden war. Es fiel mir daher schwer, ihr klar zu sagen, dass bis zum Zeitpunkt XY die Integration des Programmes ins Unternehmen zu erfolgen hat.

4. Vermeiden von Verantwortung

Ich hatte einen Chef, der nie klar sagte, was er wollte. Diesen Ruf hatte er in der ganzen Firma. Er wollte einerseits Einfluss nehmen, andererseits hatte er Angst vor Verantwortung. Die Appelle wurden so gesendet, dass wir ihn nachher nicht „festnageln“ konnten. Nach den Besprechungen war alles so wie vorher. Keine klare Entscheidung, nur vage Andeutungen: „Wir sollten beim Produkt XY etwas verändern“, war seine Grundsatzaussage. Die Ingenieure kamen anschließend mit Vorschlägen. Als die Entscheidung anstand, wurde diese jedoch wieder vertagt.

Wie kam es nun zu den Entscheidungen? Ein ihm eng vertrauter Ingenieur machte diese im Hintergrund – in Abstimmung mit dem Chef. Somit blieb ihm der Vorwurf erspart, dass diese Entscheidung nicht richtig war. Sie können sicher nachvollziehen, dass diese Angst vor Verantwortung die gesamte Firma „lähmte“.

Ein Plädoyer für den offenen Appell

Appelle sind die Aufforderung, ein Verhalten zu ändern oder ein bestimmtes Verhalten zu zeigen. Ein einfaches Wort macht Appelle viel erträglicher: das Wort „Bitte“. Mit dem Wort „Bitte“ verleihen Sie dem Appell eine wesentlich andere Energie. Zum Beispiel: „Bitte hilf mir bei der Arbeit“ im Vergleich zu „Hilf mir bei der Arbeit!“.

Geben Sie keine Appelle auf der Gefühlsebene: „Sei freundlich“, „Bitte lache wieder einmal“ etc. Emotionale Stimmung können wir nicht „verbiegen“, Gefühle sollen wir nicht unterdrücken. Bitte vermeiden Sie solche „Befehle“.

Mein Appell an Sie: Seien Sie offen und äußern Sie direkt Ihre Wünsche. Leichter gesagt als getan!? Stimmt, offene Appelle sollten nicht unüberlegt platziert werden.

Dazu einige Tipps:

1. Appelle ohne Blick zurück

Blicken Sie als Sender mit Ihrer Aufforderung nicht in die Vergangenheit. Denn dadurch ist oft ein Vorwurf verbunden, der die Atmosphäre verschlechtern kann.


BEISPIEL

„Kannst du mir zumindest heute bei der Hausarbeit helfen?“ (Vorwurf, dass in der Vergangenheit selten geholfen wurde.)

Besser: „Bitte hilf mir bei der Hausarbeit!“

2. Appelle mit Information

Appelle sind rasch gesprochen – oft auch unüberlegt. Jedoch, was will ich erreichen? Am besten sind Appelle, die mit einem „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. Denn dadurch erkenne ich, ob der Appell auch mit allen notwendigen Informationen versehen war.

Eine Bekannte von mir leitet ein Unternehmen. Bei einem Gespräch verlangte Sie von mir Unterstützung bei der Bilanzierung. Ihre Worte: „Ich brauche Unterstützung bei der Bilanzerstellung. Ich möchte dich jedoch nicht belasten, weil du selbst sehr viel zu tun hast. Noch dazu weiß ich nicht, ob du diese Arbeit auch machen möchtest.“ Es folgte ein langer Diskurs über Arbeitsüberlastung, Burn-out, die Tücken der Bilanzerstellung und vieles mehr.

Zielführender hätte ihr Appell gelautet: „Mein Steuerberater hat eine Bilanz erstellt. Du kannst Bilanzen lesen – ich bitte um deine Kontrolle.“

3. Verantwortung des Empfängers

Bleiben wir bei unserem Bilanz-Beispiel. Wie hätte ich auf diesen offenen Appell reagieren können? Stimmt, mit einem „Ja“ oder „Nein“!

Natürlich ist meine Bekannte enttäuscht, wenn ich ablehne. Dazu gehört auch Mut und Klarheit in der Sprache. Nach dem Motto: „Bei dem weiß ich SOFORT, wie ich dran bin“ – schon einmal gehört? Für den Empfänger von Botschaften noch einen Tipp: Auch wenn Sie die Aufforderung ablehnen, sagen Sie, dass Sie den Wunsch positiv finden.

„Freut mich, dass du mich direkt darauf ansprichst. Ich habe jedoch morgen einen Termin, auf den ich mich heute noch vorbereiten werde.“

Manche von Ihnen werden einwenden, dass dadurch versteckte Konflikte sichtbar werden könnten, nach dem Motto: „Du hast nie Zeit, wenn ich dich brauche.“ Ich begegne solchen Einwänden mit einer Aussage des Psychologen Schulz von Thun: „Der offene Appell begünstigt eine klare Lösung und eine ‚klare‘ Luft, in der sich atmen und leben lässt.“

4.5 Alle vier Ebenen der Kommunikation

Jetzt dringen wir noch tiefer in unsere Sprache ein. Jeder Mensch übermittelt diese Ebenen in unterschiedlicher Ausprägung. Wir können Menschen grob einteilen in Sachtypen, Selbstmitteilungstypen, Beziehungstypen oder Appelltypen. Eine klare Ausprägung haben die wenigsten Menschen. Denn meist erfolgt eine Aussage auf einer, meist jedoch auf zwei, drei oder auf allen vier Ebenen.


BEISPIEL

Das Ziel des Senders ist, dass der Empfänger die ungeordneten Ordner im Büro wegräumt:

Sachebene (SA):

„Im Büro liegen Ordner herum.“

Selbstmitteilung (SM):

„Ich bin ein Freund von einem aufgeräumten Büro.“

Beziehung (B):

„Du bist schlampig.“

Appell (A):

„Bitte räume die Ordner weg!“

Wie könnten die Aussagen des Senders lauten?

■ „Im Büro liegen Ordner herum. Bitte räume die Ordner weg.“ (SA + A)

■ „Ich bin ein Freund von einem aufgeräumten Büro. Bitte räume die Ordner weg.“ (SM + A)

■ „Du bist schlampig. Bitte räume die Ordner weg.“ (B + A)

■ „Im Büro liegen Ordner herum. Du bist schlampig. Bitte räume die Ordner weg.“ (SA + B + A)

■ „Im Büro liegen Ordner herum. Ich bin ein Freund von einem aufgeräumten Büro. Bitte räume die Ordner weg.“ (SA + SM + A)

■ „Im Büro liegen Ordner herum. Du bist schlampig. Ich bin ein Freund von einem aufgeräumten Büro. Bitte räume die Ordner weg.“ (SA + SM + B + A)

■ „Bitte räume die Ordner weg.“ (A)

Sie merken, dass der Appell in unserer Kommunikation eine wesentliche Rolle spielt. Wir wollen auf unseren Gesprächspartner mit Worten einwirken – meist positiv, manchmal auch manipulativ. Dazu sind Appelle ein legitimes Mittel. Es kommt jedoch darauf an, mit welchen Worten ich Appelle formuliere und mit welchen Ebenen ich Appelle verbinde: Mit lediglich „Bitte räume die Ordner weg“ werden die wenigsten auf Dauer erfolgreich sein. Verbunden mit anderen Ebenen ist die Erfolgsquote wesentlich höher.

VOM DU ZUM ICH

Im Beruf und in der Partnerschaft treffen wir immer wieder auf einen autoritären Sprachstil. Beschuldigungen, Herabsetzungen und Beurteilungen stehen an der Tagesordnung. Wir sprechen dabei von Du/Sie-Aussagen.


BEISPIELE

„Du kommst immer zu spät.“

„Sie haben mir noch nie gute Arbeitsergebnisse geliefert.“

Du-Botschaften sind eindringlicher. Besonders bei sehr emotionalen Menschen bleiben Du-Botschaften lange im Gedächtnis. Ein persönliches Beispiel: Beim 10-jährigen Abiturjubiläum erzählten wir uns viele Geschichten aus unserer gemeinsamen Gymnasialzeit. Dabei bemerkte ein Schulkollege: „Ich kann mich noch gut an eine Kritik erinnern, die du mir bei einem Fußballspiel im Turnunterricht gabst.“ Ich sah ihn erstaunt an und fragte ihn nach meinen Worten. „Dick und unbeweglich bist du – als ein ‚Walross im Trockenen‘ hast du mich damals bezeichnet.“ Er zeigte mir dabei genau jene Stelle, an der ich ihn beschimpfte – drei Meter links neben der Eckfahne. Ich schluckte und fragte: „An das kannst du dich nach zehn Jahren noch erinnern?“ Ein bedrückendes „Ja, da hast du mich so richtig verletzt“, war seine Antwort. Wie hätte die Kritik in der Ich-Botschaft lauten können? „Ich bin über deine Schwerfälligkeit beim Fußballspielen enttäuscht“ oder ähnlich. Ich bin überzeugt, dass mein Schulkollege diese Bemerkung innerhalb weniger Stunden vergessen hätte.

Auf der Suche nach einer partnerschaftlichen Sprache führt an Ich-Aussagen kein Weg vorbei. Dabei steht folgende Grundaussage im Mittelpunkt: Ich teile dir mit, was dein Verhalten, deine Sprache bei mir auslöst. Dadurch mache ich mich transparent und öffne mich. Die Ich-Botschaft ist ehrlich, partnerschaftlich und menschlich.

Beispiel: „Rauchen“ bei Jugendlichen

Mit dieser Situation werden viele Eltern bei ihren Kindern konfrontiert. Meist erfolgt ein klarer Appell „Bitte rauche nicht!“. Betrachten wir nun verschiedene Kombinationen mit der Appellebene:

■ Die Sachebene hat die Wirkung, dass der Appell durch Information erklärt wird: „Laut der Studie sterben Raucher durchschnittlich elf Jahre früher. Ein Viertel der Raucher stirbt vor dem 70. Lebensjahr. Rauchen altert schneller die Haut. Viele Fakten, die gegen das Rauchen sprechen. Bitte nicht rauchen.“

■ Bei der Selbstmitteilung sind Selbsterfahrungen mit dem Appell verbunden: „Ich habe selbst 10 Jahre geraucht. Meine Haut war fahl und unrein. Ich habe mir daher zum Ziel gesetzt, gesund zu bleiben. Das tut mir gut. Daher mein großer Wunsch: Bitte rauche nicht!“

■ Bei der Beziehungsebene kann eine positive Bewertung über den Empfänger mit dem Appell verbunden werden: „Du hast mir schon mehrmals mitgeteilt, dass dir dein Aussehen sehr wichtig ist. Du hast eine reine Haut und einen ansprechenden Teint. Rauch bitte nicht, dann wirst du dein gutes Aussehen erhalten!“