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Und jetzt sitze ich hier mit verspannten Muskeln im Schulterbereich und schreibe auch noch. Während sich draußen die Sonne durch den weißen Nebel künstlicher Wolken schiebt.

Routine

Die Woche erstrahlt im Glanz ständiger Wiederholungen. Wie ein gut gestelltes Uhrwerk funktionieren Millionen von Menschen nach dem selbst aufgestellten Plan eingefahrener Tätigkeiten. Der gesamte Tagesablauf ist programmiert und vorherbestimmt. Selbst die Freizeit ist geregelt und organisiert.

Das fängt schon im Kindesalter an. Jeden Morgen erleben sie in der Schule die gleiche Routine. Schon allein um sich an das stete Wiederholen zu gewöhnen. Nur der wechselnde Inhalt verwässert den Eindruck der festzementierten Abläufe. Ist der Mensch dann in der Arbeitswelt angelangt, geht es munter weiter. Wiederholungen: morgens, mittags und abends. Das Wochenende in seiner freien Gestaltungsweise ist ebenfalls genauestens geregelt, der Urlaub ist schon Monate zuvor geplant, durchdacht und bestellt. Jeder Tag ist minutiös in Form gepresst, aus dem Katalog erlesen, bestellt und ausgeführt. Tagein tagaus, über Wochen, Monate, Jahre.

Das Leben wird voraussehbar, bis die ungeliebte Lebensarbeitszeit vorbei ist. Um dann endlich in die wohlverdiente Rente zu gehen, um weiterhin ein Spielball geregelter Tagesabläufe zu werden.

Die Freiheit der eingeengten, in ein unbewegliches Korsett verpackten Gefühlswelt wird gnadenlos der Angst vor dem Unbekannten geopfert. Ohne Vertrauen ergibt sich mensch in die vermeintliche Sicherheit fester Gewohnheiten. Die Folge ist Krankheit und Siechtum. Der Geist will leben und kann in seiner unterdrückenden und durchorganisierten Enge nur Krankheit erzeugen. Dieses Kranksein folgt dann wieder einem vorgegebenen Plan der von Ärzten geregelten Vollendung im Dahinscheiden.

Vom ersten Tag an begeben wir uns in bereits ausgerollte und von der Gesellschaft vorgefertigte Bahnen. Keine Chance, ein individuelles, auf sich selbst maßgeschneidertes Leben voller Abenteuer und überraschender Erlebnisse zu erfahren. Wir sind fremdbestimmte Roboter geworden, mit der Programmierung im engen Netz der begrenzten Möglichkeiten herumzustehen und abzuwarten. Selbst wenn man versucht dieser Lebendigkeit tötenden alltäglichen Gewohnheit zu entkommen, endet man irgendwann wieder in einer anderen, selbst geschaffenen Wiederholung. Gewohnheiten sind ein grundlegender Teil unseres Daseins. Da kommen wir nicht drum herum. Aber wenn man die falschen Gewohnheiten zelebriert, bleibt von einem erfüllten Dasein nicht mehr viel.

Auch mein Leben ist von Routine durchzogen, obwohl ich so frei wie möglich lebe. Und egal, ob ich morgens die Kinder zum Schulbus bringe oder ausschlafen kann: spätestens um acht Uhr steh ich in der Küche, koche den Kaffee auf dieselbe Art und Weise, frühstücke in zwei manchmal abwechselnden Varianten, meditiere oder gehe gleich an meine Arbeit.

Hier endlich ist der Routine ein Riegel vorgesetzt und ich kann meinem Wunsch nach Freiheit und Abwechslung nachgehen. Aber auch in der Unterschiedlichkeit meiner Aufträge ist die Wiederholung zu entdecken. Arbeite ich entwerfend, ist der zugrunde liegende Prozess der gleiche, auch wenn das Thema unterschiedlich ist: Fühlen, Denken, Fühlen, Zeichnen, Detaillieren, Planen, Realisieren. Unabhängig davon, ob ich ein Möbelstück entwerfe, Klamotten, Kostüme, ein Bühnenbild oder was sonst noch: Routine.

Arbeite ich im Haushalt ist aufräumen, saugen, putzen angesagt. Dieselbe Wiederholung, immer das gleiche. Ich kann noch von Glück sagen, dass ich es geschafft habe, mich weitgehend vom manipulativen Massenbewusstsein freizuschaufeln. Und nicht einem von Unsicherheit geprägten Alltagstrott zu verfallen. Wie die meisten Menschen, die fest angestellt ihr Leben in Schlaf, Arbeit und ein bisschen Freizeit aufteilen.

Aber so sind wir nun mal: Unser Leben ist auf Wiederholungen angelegt. Je öfter die gleiche Tätigkeit gelebt wird, umso tiefer wird das Tal, in dem sich dieses Tun abspielt und umso schwieriger wird es, sich daraus zu befreien. Mein Intuition oder Bauchgefühl inspirieren mich hin und wieder zu Erneuerung. Ich nehme wahr, was mir mein Körper oder meine Seele zu sagen versuchen und bin offen, Veränderungen in meinen Gewohnheiten anzugehen. Zum Beispiel auf Kaffee zu verzichten. Oder ohne Zucker zu leben. Oder keinen Alkohol mehr zu trinken. Das Umsetzen der Änderung alter Angewohnheiten geht dann recht einfach, weil es einem inneren Gefühl entspricht und dann nur noch gelebt werden muss. Wenn ich aber versuche, den alltäglichen Ablauf bewusst oder rationell zu ändern, fällt das nicht so leicht. Weswegen Diäten zum Beispiel oft den Jojo–Effekt auslösen. Denn erst, wenn Körper, Geist und Seele an einem Strang ziehen, wenn alle Gefühle mitspielen, verändert sich die Gewohnheit und darüber das Leben. Wenn man nur Kraft des Willens verändert, und des Körpers heimliche Bedürfnisse ignoriert, fällt man wieder in das alte Muster zurück. In der Unsicherheit des Menschseins ist es scheinbar unablässig sich gewisse feste Begebenheiten zu schaffen, um nicht völlig den Verstand zu verlieren. Sich in all den Möglichkeiten und unterschiedlichen Lebensebenen zurechtzufinden, funktioniert scheinbar nur durch das freiwillige Einordnen in vermeintlich Sicherheit bietende Strukturen. Ich suche mir den passenden Ort, die passende Umgebung, den passenden Arbeitsplatz und den momentan passenden Partner, und starte das Programm, um loszulegen. Mittlerweile hat sich das Programm aber verselbstständigt und wir haben vergessen, wie wir uns die Welt um uns routinierten. Die Gewohnheit – eine als Hilfe das Leben zu erfahren angelegte Sache – wird zum Mühlstein, wenn man versucht, die absolute Freiheit zu erlangen.

Vielleicht ist es wichtig, Routine zu erschaffen, um sie letztlich völlig zu verwerfen, um die unbegrenzte Welt der Vielfalt dahinter zu entdecken. Aber auch mir fällt es nicht immer leicht, den Schleier zu heben, um all die anderen Lebensmöglichkeiten wahrzunehmen und mich umzuentscheiden. Aus den tiefen Rinnen der durch Wiederholung geschaffenen Bahnen von Denken und Handeln zu entkommen, scheint manchmal unmöglich. Aber ich wäre nicht Ich, wenn ich nicht glauben würde, dass man aus allen Strukturen herausfinden kann. Wenn ich es aus tiefstem Herzen und wirklich will. Es mir erlaube und geschehen lasse! Bis dahin pflege ich allerdings auch noch meine Bahnen.

So wie heute, wo ich wie jeden Mittwoch in die Stadt fahre, um mich dem Großstadtleben hinzugeben und die parfümierte Luft der Geschwindigkeit und Hektik einzuatmen. Dinge, die ich glaube, als Ausgleich zu der extremen Ruhe meines Landlebens zu brauchen. Allein schon junge Menschen zu sehen und zu beobachten, wie sie sich bewegen, treffen, reden und ziellos durch die Straßen rennen, füllt einen Teil in mir. Es ist nicht so, dass ich unbedingt jemanden treffen muss, um mich zu unterhalten. Mir reicht es schon, wenn ich im Café sitze und Milchkaffee schlürfend die Menschen beobachten kann.

Manchmal muss ich lachen, oder mitlachen. Aber oft sehe ich auch Angst in den gestressten Gesichtern, das Alleinsein, die Verzweiflung ein Leben zu leben, das nicht dem entspricht, was sie sich gewünscht haben. Immer wieder aufbauend, dass es dennoch viele Menschen gibt, die mit sich selbst im Reinen sind. Wenn man den Medien glauben mag, scheint die Mehrheit der Menschen unglücklich, unzufrieden, zu dick und sich selbst nicht liebend zu sein. Sie sind neidisch, geizig, und sehen nur ihre kleine Welt. Aber diese Charakterisierung unserer Gesellschaft wird durch intensives Beobachten nicht bestätigt.

Es sind immer die Lauten, die Pseudowichtigen und Auffallenden, die den Glauben an die Abgestumpftheit der Masse beschreien und zementieren. Aber Millionen von andersdenkenden, offenen, selbst verantwortlichen ausgeglichenen Menschen sind da draußen und tun dort in aller Stille ihr Werk. Das ist beruhigend, denn nur so kann die Menschheit den nächsten Schritt in der stattfindenden Evolution begehen. In Liebe zu sich und den Nächsten.

Und wenn mir die »bad news« zu viel werden, beobachte ich die Menschen um mich herum und sehe soviel Licht und Liebe. Interessanterweise begegnen mir die am weitesten entwickelten Menschen außerhalb der Gruppierungen, die sich die Selbstfindung als Lebensmotto auf die esoterische Stirn geschrieben haben. Und das gibt Hoffnung, dass einmal alle festgefahrenen Strukturen von innen heraus verändert werden. Einfach so, weil die Menschen ihre Angst abgelegt haben und auf ihre eigene Kraft vertrauen.

Vertrauen ist auch so ein Thema ... Als selbstständig Arbeitender musste ich ja von Anfang auf den steten Fluss meiner Einkünfte vertrauen. Wäre ich ängstlicher oder unsicherer, würde mich dieses Leben, in dem ich nicht weiß, wann der nächste Job kommt, verrückt machen. In der Tat lebe ich genau heute. Pläne für morgen existieren noch nicht, und ich habe schon vergessen, was gestern war. Die Kraft in dieser freien Lebensweise ist so aufbauend und stärkend, dass sich alle Hindernisse leicht bewältigen lassen.

Ich hatte auch Zeiten, in denen der finanzielle Fluss extrem stockte. Aber jetzt, im Nachhinein betrachtet, weiß ich, dass ich mich selbst beschränkte und durch verunsichertes und zielloses Denken meine Welt mir so erschuf, wie sie sich dann auch zeigen musste. Um dies zu verstehen, musste ich durch ein dunkles, tiefes Tal. Immerhin habe ich erfahren, dass ich immer Hilfe erhalte, wenn es nicht mehr weiterging. Immer! Ich habe wahre Wunder des Geld Erschaffens erfahren. Sodass ich heute absolut sicher bin, dass mir nie etwas passieren kann, das den in unserer Gesellschaft so wichtigen Fluss der Finanzen unterbricht. Und diese Sicherheit erschafft Vertrauen, was wiederum entsprechende Ereignisse generiert. Ein schöner Kreislauf.

Allein schon ein Blick auf meine drei Engel haben mich jedes Mal bestärkt, weiter zu gehen und zu vertrauen. Denn ich konnte mir absolut nicht vorstellen, dass diese drei göttlichen Kinder es verdient hätten, Not zu leiden. In Zeiten tiefer Verzweiflung war mir dies ein Licht, das mir den Weg in Fülle und Frieden wies.

 

Das Vertrauen in sich selbst ist das Einzige, das wirklich zählt. Denn im Grunde ist alles, was wir erleben, von uns selbst geschaffen. Und wenn ich alles sage, dann meine ich definitiv ALLES.

Das bedeutet, dass ich keine Angst vor nichts zu haben brauche, denn alles, was passieren könnte, ist ein Teil von mir und von mir zu erfahren gewollt. Deswegen hab ich auch keine Rente angespart. Denn ich bin mir sicher, dass mein Leben bis zum letzten gewollten Atemzug voller Friede und Fülle sein wird. Und zwar mehr als ich mir jetzt vorstellen kann. Und dieser Gedanke kann in jedem von uns sein. Es ist genug von allem für alle da. Nur die eigene Beschränkung ist das Problem und eine falsche, festgefahrene, das Selbst in Unsicherheit tränkende Routine, die sich aus der Angst heraus ergibt.

Aber wie gesagt: Ich fahre über fünfzig Kilometer in die Stadt um der Routine, die auch in meinem Landleben vorkommt, durch eine andere Wiederholung zu »entkommen«.

Ich genieße die halbstündige Fahrt in meinem alten Auto. Das Vibrieren des dicken Blechs und die Straßengeräusche werden übertönt durch die laute Musik, die aus vier Lautsprechern meine momentane Stimmung unterstützt. Der rote Strich des Tachometers bewegt sich nach rechts, bis er auf den üblichen 115 km/h stehen bleibt. Eine perfekte Reisegeschwindigkeit und nebenbei auch fast die Höchstgeschwindigkeit.

Als wir damals aufs Land zogen, um den Kindern und auch uns mehr Freiraum zu geben, benötigte ich natürlich ein Auto. In der Stadt war dies nicht vonnöten, da dort alles mit dem Fahrrad oder notfalls via Carsharing vonstattenging. Aber da ich im ersten Jahr unseres Landdaseins noch viel in der Stadt zu tun hatte und deswegen oft die Autobahn nutzen musste, wollte ich ein Fahrzeug, in welchem ich mich wohlfühlte und das mir entsprach. Und obwohl ich nicht die blasseste Ahnung von Autos habe, kaufte ich dieses 40 Jahre alte Gefährt: meine Oldtimer–Amazone. All die warnenden Stimmen missachtend, folgte ich meinem Gefühl und habe festgestellt, dass die alten Fahrzeuge viel zuverlässiger sind als die neuen. Wir Männer haben ja eh eine merkwürdige Verbindung mit unseren fahrbaren Geliebten. Auch mir war es schon immer wichtig, mit was ich herumfuhr, auch wenn meine Autos nicht den gängigen Statussymbolen entsprachen, aber eben den meinen.

Jedes Mal, wenn ich ein Auto aus Vernunftgründen kaufte – ein Kombi zum Beispiel, als ich zum ersten Mal Vater wurde –, gab das Fahrzeug nach spätestens achtzig Kilometern den Geist auf. Alte, meist superbillige Autos, die mein Herz ansprachen, waren mir hingegen treue Diener und Helfer. Helfer deswegen, weil mir meine Autos Botschaften zukommen ließen.

Wundern – Staunen – Grinsen – und dennoch: Wenn ich beispielsweise in Hektik verfiel, blieb das Fahrzeug einfach stehen. Und während ich auf die gelben Engel wartete, hatte ich genug Zeit, die Situation genau zu überdenken. Ich betrachtete den scheinbaren Grund der Panne, versuchte dies in generellen Worten zu beschreiben und fand IMMER ein Problem, das mir in diesem Augenblick Schwierigkeiten bereitete. Kam dann der rettende Pannendienst, wurde zweimal an einem Draht oder sonst was gefummelt und das Auto startete wieder.

Als ich in meiner Therapiephase war – und ich versuchte damals alle Arten von Therapien – beabsichtigte ich einmal, in meine Heimat zu fahren. Um im Zuge meiner Ermittlungen die dunkle Zeit meiner ersten Lebensjahre zu erhellen, meine Großmutter zu interviewen.

Gerne tat ich das nicht. Aber ich glaubte, dass dies zu dem Augenblick superwichtig sei. Ich packte meine Reiseutensilien und warf sie in mein damaliges Auto: Eine wunderschöne, alte Celica. Nach einer Trancesitzung wollte ich dann direkt auf die Autobahn, um gen Süden loszufahren. Schon auf dem Weg zu meiner Therapeutin verweigerte mir das Auto den Gehorsam und zuckelte und stotterte nur so vor sich in.

In der Sitzung kam das Thema zur Sprache, weswegen ich meine Großmutter aufsuchen wollte. Hier wurde mir bewusst, dass es zu diesem Zeitpunkt absolut falsch wäre, in der Vergangenheit herumzustochern. Das Thema musste erst einmal in mir geklärt werden. Ich verwarf also das Anliegen, meine Großmutter zu besuchen, ging nach Beendigung der Stunde zu meinem Toyota, stütze mich mit beiden Händen auf die Motorhaube, schaute das Auto an, und sagte, dass es sich beruhigen könne, da ich jetzt doch nicht fahren werde. Ich stieg ein, startete und die Celica fuhr, als wäre sie gerade vom Laufband gesprungen ...

Eine weitere Autogeschichte: Es war zu der Zeit, in der mich mein Familienleben und die intensive Theaterarbeit so beschäftigte, dass ich meine Seelenevolution vernachlässigt hatte. Ich fuhr damals schon meine geliebte Amazone. Eines Abends gingen Gabi und ich ins Kino. Um diesen neuen Film anzuschauen, auf den ich mich schon lange gefreut hatte: Matrix!

Mir ging es wie vielen anderen: Dieser Film hat mir in seiner doppeldeutigen Weise erklärt, wie unser Leben tatsächlich funktioniert. Ich zitterte am ganzen Körper und war völlig aufgelöst ob der eben gesehenen und in meinem Inneren wieder erkannten Funktionen, wie wir unser Leben leben. Wir verabschiedeten uns vor dem Kino, da ich überhaupt nicht fähig war, zu kommunizieren, der Film war einfach zu intensiv und wollte noch weiter bedacht sein.

Ich steige also in meinen Volvo, starte und fahre aus der Kinotiefgarage. Erst nach einer Weile bemerke ich im hell erstrahlenden Licht der nächtlichen Großstadt, dass die Lichter an meinem Auto gar nicht funktionieren. Nein! Jetzt das auch noch! Wo ich noch fünfzig Kilometer auf der Autobahn vor mir habe! Ich ran an die Tankstelle, ADAC gerufen, mich neben den Volvo stellend. Erst verärgert, später nachdenklicher. Ich kenne ja die Situationen und merkwürdigen Botschaften meines inneren Seins über mein Umfeld, und im speziellen über meine Autos.

Was sagt mir das: Mein Licht funktioniert nicht?

Aha! Übersetzt und betrachtet in dieser Zeit, in der ich schon lange meine Aufmerksamkeit meinem äußeren Dasein gewidmet hatte, wurde mir klar, wie sehr ich den einst intensiven Kontakt zu mir selbst vernachlässigt hatte. Mein Licht war quasi auf Sparflamme. Man glaubt es kaum: Ich erkenne die Botschaft, nehme mir vor, wieder zu meditieren und mich wieder mehr um mein inneres Wachstum zu kümmern. Dann beobachte ich den ADAC–Mann, wie er nur einen Draht zurechtrückt und sehe das Licht meiner Amazone wieder hell erstrahlen. Es funktioniert wieder. Innen und außen.

Meiner Erfahrung nach gewinnen auch materielle Dinge, die immer wieder mit denselben Gefühlen gefüttert werden eine Art Seele. Sie sind zwar nicht in der Lage eigenständig zu leben oder Situationen zu erschaffen, wie wir Menschen es können, aber sie haben Erfahrungen und eine Form eigener Gefühle. So kann zum Beispiel ein Haus, das nur Hass erfuhr, eine verletzte, oder – wenn es geliebt wurde – eben auch eine liebevolle Seele bekommen. Immer abhängig, mit welchen Gefühlen der Besitzer das Objekt füttert.

Dennoch bin ich mir sicher, dass ich mir die Botschaften selbst schicke. Um diese jedoch zu verstehen und anzunehmen – wahrscheinlich weil ich mir selbst nicht gut genug zugehört habe – nahm mein inneres Sein den erklärenden Umweg über meine geliebten Fahrzeuge. Insofern hab ich eben wie alle Männer meine spezielle Beiziehung zu dem fahrbaren Teil, das mir meine vermeintliche Freiheit vorgaukeln soll.

Heute ist es Gott sei Dank einfacher, was die Botschaften angeht. Ich frage einfach, was los ist.

Die Autobahn ist wie immer gut besucht, und wie gewohnt staut es sich auf der anderen Straßenseite. Es ist berauschend: Mit offenem Fenster, den Heizstrahl in den Fußraum gelenkt, lauthals die brüllende Musik begleitend, das schwarze Bakelit–Lenkrad in der behandschuhten Hand zu halten und über die gewölbte Motorhaube ins Nirgendwo zu blicken. Mein Auto fährt den Weg alleine, kurz vor Köln komme ich aus meiner Trance und schlängele mich durch den Verkehr.

Wieder wird mir klar, wie gut es ist ein eher langsames Fahrzeug zu haben. Ich bin einfach außen vor. Das Chaos und die Hektik der Straße kommen bei mir nicht an. Die gefühlsmäßig bequemste Geschwindigkeit – für den Motor, wie für den Fahrverlauf – sind die erwähnten 115 km/h. Ich bin immer noch schneller als die Lkws und habe kaum Stress mit den Schuhmachers der Autobahn. Wäre ich nur fünf Stundenkilometer schneller, müsste ich ständig abbremsen oder Gas geben, weil von hinten schwarze oder graue Raketen angeschossen kommen, die mich mit ihren Laserstrahlen wegzubeamen beabsichtigen. Merkwürdigerweise kommt dieses Gedrängeltwerden in meinem üblichen Dahinfließen kaum vor. Insofern bin ich stets recht entspannt, zumal ich mich mit der entsprechenden Musik berieseln lasse.

Ich parke wie immer in der Nähe meines Zielortes. Ich treffe mich mit einer Bekannten, die ich schon eine längere Zeit nicht mehr gesehen habe. Wir begrüßen uns und scherzen uns durch den Tag. Nach dem Betreten eines Cafés bemerke ich, dass ich wieder einmal perfekt in das Szenario zu passen scheine. Ich habe heute wie meistens dunkle Klamotten angezogen. Wie sich zeigt, bin ich einer unter vielen. Denn das Café und die Gäste erscheinen allesamt in einer schwarz–weißen Farblosigkeit. Alle Leute hier sitzen im mittlerweile üblichen Schwarz.

Es gab eine Zeit, da war die Farbe Ausdruck einer Gesinnung, eines inneren Zustandes und eine Beschreibung der Gedankenwelt in das äußere Dasein. Aber wie immer werden alle Innovationen nach und nach von der Masse assimiliert, übernommen. Jetzt sitzen sie alle hier in diesem Café, schwarz gekleidet, dem schwarz–weiß ausgestatteten Raum entsprechend. Ich kann mich aber eigentlich nicht beschweren – ich bin genauso.

Ich ertrage es zurzeit nicht, mich in Farbe zu werfen. Und dennoch wünsche ich mir, dies getan zu haben. Ich mag es noch weniger, Einer unter Vielen zu sein. Manchmal sehr nervig, dieses Gefühl, unbedingt anders sein zu müssen. Wahrscheinlich kann da ein gewiefter Psychologe noch einige Traumata und Psychosen herausholen. Aber es ist eben so, und es bringt mich nicht wirklich um.

Das Treffen tut mir gut, wir unterhalten uns locker über ihr Studium und die daraus resultierenden Merkwürdigkeiten. Sie studiert Medizin. Das einzige Nervige in dieser Situation sind die überall herumsitzenden Raucher, deren Nebel typischerweise immer in meine Richtung heranschwebt.

Generell macht es mir nicht viel aus, ich hab ja selbst zwei Jahre lang geraucht, aber das ist schon ewig her. Heute bin ich aber nicht in Erduldungslaune. Und nach kurzer Zeit des gemütlichen Herumlümmelns in bequemen Stühlen, riechen meine Klamotten schon schwer nikotinhaltig. Ein unglaublich hartnäckiges Zeug. Auch wenn ich nach langer, durchtanzter Nacht in Diskotheken morgens aufwache und den kalten Aschenbechergestank in und an mir wahrnehme, kann mir schon mal blümerant zumute werden. Die Kopfschmerzen und das merkwürdige Katergefühl nach solchen Abenden können unmöglich von Alkoholika kommen. Ich trinke ja nichts. Dementsprechend theoretisiere ich diese körperlichen Übelkeiten dem Nikotin zu. Wahrscheinlich sind alle Katerstimmungen eher den Zigaretten zuzusprechen als dem Alkohol. Auch wenn es stinkt wie Pest, ob das Rauchen tatsächlich schädlich ist, sei mal dahingestellt. Letztlich ist es doch nur eine Frage unserer Einstellung zu den Dingen, die wir tun. Wenn ich mal wieder zu viel Kuchen in mich gestopft habe, wäre das nicht einmal ein Problem, würde ich nicht anschließend einen halben Tag lang unter diesem Tun leiden. Hätte ich den Mut, die Sucht einfach hinzunehmen und zu genießen, könnte es meinem Körper kaum etwas ausmachen. Der Gedanke hinter der Tat ist immer das Problem.

Aber in unserer materialistischen Welt geht es immer nur um die bloßen, aus dem Zusammenhang gerissenen Symptome. Die Hintergründe erkennt man nicht.

Wie bei der Ernährung und den vermeintlichen Eigenschaften diverser Nahrungsmittel. All die Theorien und wissenschaftliche Erkenntnisse über den Einfluss von Kalorien, Cholesterin oder sonstige Notwendigkeiten von Essen und Trinken sind meiner Ansicht nach viel zu oberflächlich. Und statistisch dem Auftraggeber gemäß geschönt. Wer weiß denn schon wirklich über die genauen Abläufe innerhalb unseres Körpers Bescheid. Wie welche Nahrungsmittel auf welche Körpersäfte reagieren. Und das wird dann nicht einmal individuell betrachtet, sondern einfach als generelle Tatsache dargestellt. Dass aber jeder seine ganz eigene Chemie hat, wird schlicht ignoriert.

 

Ich kann auch nicht verstehen, dass man dazu übergeht, Nahrungsmittel auf die spezielle Zusammensetzung einzelner Bausteine zu reduzieren, um diese künstlich nachzubasteln. Und um dann festzustellen, dass die künstlich erstellten Bauteile nicht dieselbe Wirkung haben, wie die natürlichen. Jedes lebende Objekt besteht aus mehr als nur den mikroskopisch erfassbaren Einzelteilen. Es gibt ein alles zusammenfassendes Informationsfeld, das den Charakter, die Erscheinung, die Wirkung, die Gesamtheit bestimmt. Ein Feld, das auf einer geistigen Ebene die Information des gesamten Objektes, des Lebewesens oder der gesellschaftlichen oder geistigen Struktur beinhaltet, und bestimmt. Solche Felder nennt man morphogenetische Felder.

Diese allumfassende und alles erklärende Theorie ist wissenschaftlich natürlich noch nicht angenommen worden. Sie würde ja auch das gesamte Konstrukt unserer evolutionären Basis umstürzen. Wer kann da schon an einer Veröffentlichung im großen Maße Interesse haben.

Nichtsdestotrotz erleben und fühlen wir alle diese uns umgebenden Felder in jedem Moment und in jeder Situation. Unsere komplette gesellschaftliche Struktur basiert darauf und selbst unser eigener Körper, unsere Mentalität sowie unsere kulturelle Zusammengehörigkeit sind in dieser Theorie verwurzelt.