Praxis der Selbstanzeige

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b) Kapitalgesellschaften

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Bei Selbstanzeigen im Umfeld von Kapitalgesellschaften ist noch mehr als bei Personengesellschaften neben der Gesellschafterebene auch die Gesellschaftsebene für den Berater im Blick zu behalten. Je nach Beratungsanlass ergeben sich unterschiedliche Beratungsschwerpunkte und -muster:

aa) Gesellschafterebene:

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Fallbeispiel 4 (Grundsachverhalt):

Das Gesellschaftergeschäftsführer-Ehepaar einer gut gehenden GmbH im metallverarbeitenden Bereich möchte ein größeres gemeinsames ausländisches Konto nachversteuern.

Alternative 1:

Das Vermögen war im Wesentlichen schon seit der Jahrtausendwende vorhanden und unterlag in den letzten 15 Jahren – ohne weitere Einzahlungen – den marktüblichen Schwankungen mit 10 %igem Vermögensgesamtzuwachs per Saldo.

Lösungsansätze:

Selbst bei dieser einfachsten Selbstanzeigekonstellation (Stichworte: reiner Zinsfall (ein Auslandskonto), leicht ansteigende Vermögenslinie, gemeinsames Ehegattenkonto, klare Mittelherkunft, kein Schwarzgeld) wollen die Mandanten die rechtlichen und tatsächlichen Konsequenzen einer Selbstanzeige wohl abgewogen wissen. Realistisch ist zwar die verhältnismäßig einfache und meistens bei entsprechender Vorbereitung schnell und geräuschlos mögliche technische Abwicklung der Selbstanzeige beim Wohnsitzfinanzamt (Stichworte: Einreichung der Anlagen KAP anhand bereits angeforderter, ggf. noch auf die Erfordernisse des deutschen Steuerrechts hin „überarbeiteter“ ausländischer Erträgnisaufstellungen für den gesamten steuerlich noch nicht verjährten Zeitraum; bei Bedarf kurze Darlegung der Mittelherkunft, Anfrage zu den lokal üblichen Zahlungsgepflogenheiten (Abschlagszahlung auf Verwahrung, bei zeitnaher Veranlagung Einmalzahlung der konkreten Nachzahlungssumme); nach Bestandskraft der Änderungsbescheide kümmert sich der Berater (auf Wunsch) bei der zuständigen Behörde um die Einstellung eines eingeleiteten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zur Überprüfung einer wirksamen Selbstanzeige sowie um den Hinterziehungszinsbescheid).

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Probleme sehen die Mandanten bei derartigen Fallkonstellationen im praktischen Bereich: bei der diskreten Abwicklung gegenüber Wohnsitzfinanzamt und zuständigen Strafverfolgungsbehörden; darüber hinaus besteht auch die Sorge, nun beim Finanzamt auf eine „schwarze Liste“ zu geraten, mit unvorhersehbaren Folgen für das bisher gute Verhältnis zum Finanzamt. Typische Bedenken, die in einer solchen Situation auftreten, sind auch: „das Finanzamt ist sauer“ und schickt – bei Großbetrieben – einen „scharfen Hund“ zur nächsten turnusmäßigen Prüfung; mit der guten, von Vertrauen geprägten, fast schon familiären Prüfungsatmosphäre früherer Jahre ist es nun endgültig vorbei; das Finanzamt wird nun „alle Hebel in Bewegung“ setzen, der Unternehmerfamilie auch strafrechtlich „heimzuleuchten“.

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Hinweis

Regelmäßig sind diese Sorgen unbegründet oder lassen sich praktisch „entschärfen“: Das Steuergeheimnis funktioniert nach unserer Erfahrung und Praxis durchaus, zumal aus aktuellem Anlass die Behörden in NRW und Bayern unter „politischer und öffentlicher Beobachtung“ stehen. In einzelnen „besonders delikaten Fällen“ hat der Berater möglichst kreativ und situationsadäquat für eine möglichst diskrete Abwicklung zu sorgen und dem Mandanten nach menschlichem Ermessen so die größtmögliche Sicherheit zu vermitteln. Im Übrigen gilt zur Beruhigung der Mandanten, dass Selbstanzeigen als Massengeschäft ebenso zum Alltag eines Finanzbeamten gehören wie das ständig zunehmende Tagesgeschäft und der interne und externe Statistikdruck, was Einzelfälle regelmäßig überlagert. Ähnliches gilt für den Prüfungsbereich. Zwar haben die meisten Länder im Gegensatz zum Innendienst die Personaldecke im Prüfungsbereich aufgestockt. Da aber die Ausbildung und Integration des neuen Personals keinesfalls immer reibungslos verläuft und auch hier Massengeschäft und Statistikdruck vorherrschen, ist für uneffektiv lange Prüfungen regelmäßig kein Raum.

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Alternative 2:

Wie im Grundfall, nur ist das Vermögen in den ersten Jahren von 2002-2006 stark und unregelmäßig angestiegen. Soweit die Zuwächse nicht auf den „Kapitalfrüchten“ (u.a. Zinserträgen, Dividendenausschüttungen, ausschüttungsgleichen Fondserträgen oder Spekulationserträgen) beruhen, kommen neben größeren Zuwächsen aufgrund von Schenkungen bzw. Erbschaften auch Überweisungen aus dem privaten (Zufluss von anderen Auslandskonten) oder dem geschäftlichen Bereich (im Ausland bezahlte Rechnungen) und schließlich noch Bareinzahlungen in Betracht.

Lösungsansätze:

Während der Berater dem Steuerpflichtigen im ersten Beratungsgespräch nach bisherigem Selbstanzeigerecht auch unter der „Oberprämisse: Strafrechtlich wirksame Selbstanzeige“ durchaus verschiedene Optionen aufzeigen konnte (vollständiges, teilvollständiges, oder negierendes Erklärungsverhalten), muss nunmehr auch für den steuerlich nicht festsetzungsverjährten (10-Jahres-)Zeitraum der konkret vorliegende Lebenssachverhalt belegbar versteuert werden. Dies gilt über das Erfordernis der „vertikalen Steuervollständigkeit“ (näher hierzu unter 4. Kap. Rn. 190 ff.) in § 371 Abs. 1 S. 1 AO, also „zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart“, vor allem für die Einkommensteuer. Deshalb sind nun nicht nur alle bisher nicht erklärten Kapitaleinkünfte, sondern auch sämtliche Einkünfte aus allen sieben Einkunftsarten vollständig vom Berater zusammenzustellen und dem Finanzamt belegmäßig sauber zu präsentieren.

In Einzelfällen mag wegen der lange zurückliegenden Jahre eine Dokumentation schwierig oder unmöglich sein. Zur Sicherheit wird sich der Berater dann mit einer (im Zweifel großzügigen und profiskalischen) Schätzung behelfen. Er muss jedoch in „Eigenregie“, ohne – wie bisher im strafrechtlich verjährten Zeitraum möglich – vorherige Verständigung mit dem Finanzamt, die Karten im Rahmen des Selbstanzeigeschreibens „beziffert“ auf den Tisch legen und hat hierfür „nur einen Schuss“. Etwas anderes mag in Einzelfällen betreffend der Mittelherkunft aus Schenkungen oder Erbschaften gelten. Hier könnte der Steuerpflichtige möglicherweise noch „nachlegen“ und die Mittelzuwächse auch erst bei entsprechender Rückfrage des Finanzamts nach der Mittelherkunft vollständig offenlegen. Er riskiert dabei allerdings die Sperrung der gesamten bisherigen Selbstanzeige wegen Tatentdeckung, oder – wahrscheinlicher – die Einleitung und Bekanntgabe eines Ermittlungsverfahrens wegen Erbschaft- oder Schenkungsteuerhinterziehung im steuerstrafrechtlich nicht verjährten Zeitraum.

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Hinweis

Die Reaktion der Finanzbehörden auf nicht vollständig vorgelegte Unterlagen für den gesamten 10-Jahreszeitraum ist jedenfalls genau mit dem Mandanten, und zwar ausführlich und in aller Offenheit zu besprechen. Auf etwaige Risiken ist er deutlich hinzuweisen.

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Das Hauptproblem in derartigen Fallkonstellationen besteht in einem möglichen Übergreifen von der Gesellschafter- auf die Gesellschaftsebene. Bei der routinemäßigen Überprüfung der Wirksamkeit der Selbstanzeige der Gesellschafter kann über die aktenmäßige „Basisaufbereitung“ des Falles automatisch bereits auch die Gesellschaft ins Spiel kommen. Die Frage der Mittelherkunft steht dann nicht nur beim Bezirk des ursprünglich zuständigen Veranlagungsfinanzamts erstmalig im Raum (vgl. bereits Muster 2 Rn. 474). Gelangt der Fall zur näheren Abklärung zum Prüfdienst (Außen-, Betriebsprüfung oder Steuerfahndung, je nach regionaler Zuständigkeitsregelung), kommt bei unbefriedigender Aufklärung erster oder sonstiger offener Fragen zur Mittelherkunft oftmals der berühmt-berüchtigte „Fragenkatalog“ der Steuerfahndung nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens (vgl. Muster 8 Rn. 480). Die Reaktionen der Finanzbehörde auf eine unvollständige steuerliche Sachverhaltsaufklärung trotz „gesteigerter Aufklärungspflicht bei Auslandssachverhalten“ (§ 90 Abs. 2 AO) bzw. strafrechtlich auf eine „unvollständige Materiallieferung“ im Rahmen des § 371 AO sind im Einzelfall zu prüfen und oftmals schwer einzuschätzen. Die Berufserfahrung und praktische Routine wird dem Berater bei dieser für den Mandanten entscheidenden Analyse weiterhelfen.

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Alternative 3:

Vermögenszuwächse im steuerstrafrechtlich noch nicht verjährten 5-Jahreszeitraum.

Lösungsansätze:

Hier wird der Berater i.S.d. Mandanten zu einer steuerstrafrechtlich sicheren Lösung im Sinne einer vollständigen Selbstanzeige raten und im Erstgespräch empfehlen, die entsprechende „Belegnachweissituation“ möglichst bald zu schaffen. Bei Zeitdruckfällen wäre nach ausführlicher Sachverhaltsanalyse wiederum großzügig zu schätzen. Eine schriftlich vereinbarte „Exkulpationsvereinbarung“ mag im Einzelfall haftungsrechtlichen Problemen vorbeugen.

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Hinweis

Der Hinweis auf ein Spiel mit dem Feuer darf nicht fehlen, sollte der Mandant der „Vollständigkeitsempfehlung“ nicht entsprechen. Zur Absicherung empfiehlt sich zumindest im Einzelfall auch die Dokumentation der erteilten Hinweise.

 

bb) Gesellschaftsebene

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Betroffen sind die praktisch häufigen Fälle, in denen die Gesellschaft entweder die Betriebseinnahmen nicht vollständig oder die Betriebsausgaben überhöht geltend gemacht hat. Die steuerliche Behandlung dieser Sachverhalte als verdeckte Gewinnausschüttung mit Besteuerung von Betriebseinnahmen auf der Gesellschaftsebene nach § 8 KStG sowie zusätzlich als Kapitalerträge auf der Gesellschafterebene ist bereits Hinweis für die materielle und verfahrensrechtliche Komplexität derartiger Fälle, siehe hierzu die Beispiele aus der Beratungspraxis im 3. Kap. Rn. 125 u. 127.

Anmerkungen

[1]

Hierzu unter 5. Kap. Rn. 382 ff. und 398 ff.

[2]

BFH BStBl. II 2012, 473.

2. Kapitel Die Selbstanzeige in der Beratungssituation: Was ist abzuklären? › III. Fallgruppen nach Steuerarten (steuerspezifische Überlegungen)

III. Fallgruppen nach Steuerarten (steuerspezifische Überlegungen)

2. Kapitel Die Selbstanzeige in der Beratungssituation: Was ist abzuklären? › III. Fallgruppen nach Steuerarten (steuerspezifische Überlegungen) › 1. Reine Zinsfälle (Einkommensteuer)

1. Reine Zinsfälle (Einkommensteuer)

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Mit den sog. reinen Zinsfällen sind diejenigen Bankenfälle angesprochen, in denen die Mandanten ausschließlich Kapitaleinkünfte i.S.d. § 20 EStG sowie vielleicht noch sonstige Einkünfte nach § 22 EStG und (bis 2009) Spekulationsgewinne (§ 23 EStG) aus bereits versteuertem Geld erzielt haben. Nach dem bis 2014 geltenden Selbstanzeigerecht bot es sich im Rahmen eines „Brainstormings“ für die Sachverhaltsermittlung sowie zur Qualifizierung der Fallkonstellation im Rahmen der Selbstanzeigeberatung an, immer bezogen auf den steuerlich noch nicht festsetzungsverjährten 10-Jahreszeitraum die Entwicklung des nachzuversteuernden Auslandsvermögens ab Euroumstellung Anfang 2002 festzustellen.

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Für jedes Jahr waren im Sinne eines „Kassensturzes“ für jedes Konto Zufluss und Abfluss zu saldieren und dann auf den gesamten Nachversteuerungszeitraum abzubilden. Die Zuflussseite beinhaltete dabei lediglich Zins-, Dividenden- sowie sonstige steuerpflichtige Erträge (etwa ausschüttungsgleiche Fondserträge oder Einnahmen aus Wertpapierleihe), daneben außerhalb der Spekulationsfrist bis 2009 steuerfreie Kursgewinne und Verkaufserlöse sowie eigene Konten- bzw. Depotüberträge des Mandanten. Bareinzahlungen, Fremdüberweisungen sowohl geschäftlicher Natur als auch von Privatpersonen deuten auf zusätzliche, bisher nicht versteuerte Betriebseinnahmen bzw. auf Schenkungen/Erbschaften hin und sprengen damit den „reinen Zinsfall“. Auf der Abflussseite kommen beim „reinen Zinsfall“ unter steuerlichen Gesichtspunkten, neben „negativen Einkünften“ (z.B. Stückzinsen), Bankgebühren im weitesten Sinne als Werbungskosten in Betracht. Depotbelastungen aufgrund Vermögensumschichtungen bzw. Abverfügungen sind hier nicht relevant.

Folgende Fallgruppen waren zu unterscheiden:

a) Aufsteigende Linie

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Der Vergleich der Vermögensendstände jeweils zum 31.12. weist seit der Euroumstellung zum 1.1.2002 tendenziell per Saldo Zuwächse aus, d.h. die Zuflussseite überwog mit den für die steuerrechtliche Ertragsbesteuerung relevanten Parametern jeweils die Abfluss- bzw. Ausgabenseite, vgl. nachfolgendes Diagramm.


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b) Gleichbleibende Linie

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Eine derartig ruhige Entwicklung ergibt sich (seltener) bei relativ gleichverzinslicher Anlage und nicht vorhandenen Kursgewinnen, aufgrund einer festgeldorientierten, aktien- und fondsfreien Anlagestrategie (vgl. Diagramm). Häufiger waren indes die Fälle, in denen sich Vermögenszuwächse wegen der Bankgebühren minimiert haben.


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c) Absteigende Linie

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Diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass sich die „Vermögenslinie“ im steuerlichen 10-Jahreszeitraum ständig nach unten bewegt. Gründe können in einem ursprünglich zugewandten, erst nicht benötigten zusätzlichen, dann jedoch kontinuierlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts abgebauten Auslandskonto, aber auch in der seit Beginn der öffentlichkeitsträchtigen Bankermittlungen 2009 einsetzenden „Geldabschmelzungsmentalität“ und der damit verbundenen Barabhebungswelle liegen, vgl. nachfolgendes Diagramm.


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d) Unregelmäßige Entwicklung

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Bei derartigen Entwicklungen wird der Berater schon in der Schnellanalyse zu der Erkenntnis gelangen, dass es sich voraussichtlich um keinen „reinen Zinsfall“ handeln dürfte, und auf dieser Basis das Beratungsgespräch dann fortsetzen.

aa) Zickzack-Linie

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Üblicherweise ist eine solche Linie verbunden mit größeren Ein- oder Auszahlungen, gepaart mit hoher Vermögensvolatilität in Verbindung mit stark aktienlastigen Depots (vgl. Diagramm). Bei einer so gearteten Entwicklung spricht vieles gegen einen „reinen Zinsfall“.


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bb) Sprunghafte Entwicklung

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Derartig starke Vermögensanstiege sind regelmäßig das Resultat höherer Vermögenszuflüsse, die nicht allein Ergebnis der entsprechenden Depotentwicklung sein werden. Regelmäßig handelt es sich hierbei um große Einzahlungen, die nicht allein mit umschichtenden Vermögensübertragungen des Steuerpflichtigen zu tun haben. Oft wird es sich hier um „Schwarzgeld“ oder „Erb- und Schenkungsfälle“ handeln.


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e) Schlussfolgerungen aus den Vermögensentwicklungen

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Der Berater versetzt sich nach erster Sachverhaltsanalyse über die Vermögensentwicklung im Erstgespräch am Besten in die Rolle der Finanzverwaltung und skizziert dem Mandanten aus Sicht der für die Fallbearbeitung zuständigen Stellen die weitere Fallentwicklung. Je nach Fallkonstellation stellen sich zentral Fragen nach Mittelzuwachs bzw. -verwendung. Die Möglichkeiten, über eine möglichst günstige Schätzung der noch nicht festsetzungsverjährten Jahre neben der Abgabe einer strafrechtlich wirksamen Selbstanzeige das steuerliche Gesamtergebnis für den Mandanten erträglicher zu gestalten, ist nach neuem Selbstanzeigerecht zumindest deutlich erschwert, wenn nicht realistischer Weise sogar praktisch unmöglich geworden.

2. Kapitel Die Selbstanzeige in der Beratungssituation: Was ist abzuklären? › III. Fallgruppen nach Steuerarten (steuerspezifische Überlegungen) › 2. Schwarzgeldfälle (Einkommen-, Gewerbe-, Körperschafts-, Umsatzsteuer)

2. Schwarzgeldfälle (Einkommen-, Gewerbe-, Körperschafts-, Umsatzsteuer)

a) Begriff

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Was genau unter Schwarzgeld zu verstehen ist, ist gesetzlich nirgends definiert. Es gibt viele indirekte Auslegungen und Interpretationen des Begriffs „Schwarzgeld“, die sich je nach Anschauung oder Blickwinkel unterscheiden. Im Zusammenhang mit den Straftatbeständen der Geldwäsche oder der Untreue wird mit dem Begriff des Schwarzgeldes auf die illegale Herkunft der Einnahme abgestellt. Um die illegalen Machenschaften zu verheimlichen, werden die Einnahmen verschwiegen, oder es wird versucht, diese „weißzuwaschen“. Auch wenn Schwarzgeld in diesem Zusammenhang regelmäßig Einnahmen aus illegalen Machenschaften beschreibt, wird es hierzu maßgeblich nicht durch seine Herkunft, sondern durch das Verschweigen seiner Existenz. Nach einem weiten Verständnis umfasst der Begriff des Schwarzgeldes danach all diejenigen Einkünfte, die der rechtmäßigen Besteuerung entzogen worden sind. Schwarz ist das Geld, das dem Zugriff der Finanzbehörden verborgen und im Dunkeln bleibt. Daraus folgt weiter, dass allein die Tatsache, dass eine Einnahme nicht besteuert wird, diese nicht zu Schwarzgeld macht. Nur Einnahmen, die steuerpflichtig sind, aber nicht versteuert werden, unterfallen dem Begriff des Schwarzgeldes. Auch eine nicht angemeldete Erbschaft wird pauschal als Schwarzgeld bezeichnet. Kurz gesagt, ist Schwarzgeld danach illegal erworbenes Geld. Wenn das Schwarzgeld nicht einer einzelnen Person zugeordnet werden kann, sich also in Besitz einer Organisation oder Gruppe befindet, ist auch der Terminus Schwarze Kasse gebräuchlich. Dieser wiederum wird aber im Hinblick auf den Untreuetatbestand auch verstanden als der Bestand von Geldern des Geschäftsherrn, der unter Verletzung von Pflichten gebildet, vor dem Geschäftsherrn bzw. der zuständigen Stelle verheimlicht und mit der Absicht unterhalten wird, die Gelder zu Zwecken des Geschäftsherrn zu verwenden.

b) Praktische Schwierigkeiten für Selbstanzeigen in Schwarzgeldfällen

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Das Problem liegt in Schwarzgeldkonstellationen weniger beim „wie“ der technischen Abwicklung. Vielmehr wird der Berater mit dem Mandanten regelmäßig ausgiebig und unter umfangreichen Diskussionen um das „ob“ ringen. In fast allen Fallkonstellationen im Zusammenhang mit nichtversteuerten Einnahmen ist es für den Mandanten extrem schwierig, die für ihn bestmögliche Entscheidung zu treffen. Dem Berater kann dabei nur unterstützend die Aufgabe zufallen, den Mandanten aufgrund seiner Fachkompetenz sowie seiner Berufserfahrung über alle pros und contras zu informieren und so eine verlässliche Entscheidungsgrundlage zu schaffen.

c) Technische Abwicklung

aa) Sichere Variante (bei klarer Rechtslage)

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Grundsätzlich ist es in Selbstanzeigefällen mit Schwarzgeldbezug von Vorteil, wenn das Wohnsitzfinanzamt des Mandanten zusammen mit dem kurzen „Nachmeldungsschreiben“ nicht nur sauber ausgearbeitete Anlagen KAP erhält, sondern Entsprechendes auch für den gewerblichen Bereich (Umsatzsteuerjahreserklärungen, Körperschaftsteuererklärungen, Anlage GSE für die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge) vorliegen hat. Erfahrungsgemäß beschleunigt sich so die Bearbeitungsdauer erheblich, da der Innendienst hier die Möglichkeit hat, selbst aktiv zu werden und gleich die Änderungsbescheide zu erlassen. Selbst wenn Schwarzgeldfälle intern regelmäßig an die Steuerfahndungsstellen weiterzuleiten sind, wird die dortige Bearbeitungszeit umso kürzer sein, je übersichtlicher und nachvollziehbarer sich die Erklärungen darstellen. Der Fahnder „erspart“ sich, einen Bericht zu schreiben (Aktenvermerk reicht aus) und im übrigen auch auf diesem Weg ständige Anfragen der Veranlagungsstelle, wann denn endlich die Bescheide ergehen könnten (zum Hintergrund: ohne Veranlagung kann das (als Abschlagszahlung) eingenommene Geld nicht dem staatlichen Kassenkreislauf zufließen). Ein in einem Schwarzgeld-Fall typisches Schreiben der Steuerfahndung ist als Muster 8 Rn. 480 abgedruckt.

 

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Beispiel

Ein Gastwirt, der zusammen mit seiner Frau eine Hotel-GmbH betreibt, muss im Zusammenhang mit einer drohenden Auswertung einer Steuer-CD die bislang nicht versteuerten ausländischen Kapitaleinkünfte nachmelden. Wegen des zu erwartenden Fragenkatalogs des Finanzamts zu den Kontenbewegungen im Nachmeldungszeitraum will er die dort ersichtlichen Bareinzahlungen als gewerbliche Betriebseinahmen nachmelden.

Nach eingereichten Erklärungen auf amtlichen Vordrucken unter zusätzlicher Berücksichtigung des Eigenverbrauchs für den strafbefangenen 5-Jahreszeitraum kam der Fall von der Veranlagungsstelle über die örtlich zuständige Steuerfahndungsstelle wieder zurück zur Amtsbetriebsprüfung des Wohnsitzfinanzamts, wo der Fall mit einer einvernehmlichen Schätzung der nicht festsetzungsverjährten Vorjahre steuerlich verhältnismäßig schnell ein geräuschloses Ende nahm. Das eingeleitete steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren war zeitnah eingestellt worden, trotz im Umlauf befindlicher Steuer-CD.