Das erfolgreiche Kind

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Ein schlauer Start für Ihr Kind

Intelligenz alleine garantiert keinen Erfolg. Es zählt das, was die Kinder aus dem machen, womit sie geboren werden. Aber die Tatsache bleibt, dass schlaue Kinder mit höherer Wahrscheinlichkeit erfolgreich werden.

Es wurde einmal gedacht, dass Intelligenz größtenteils angeboren sei. Entweder hatten Sie intelligente Gene oder nicht. Jetzt wissen wir, dass die »schlauen Gene« nur ein Teil des Ganzen sind. Intelligenz wird genauso durch Erfahrung geformt wie durch das Erbe. Sie können beeinflussen, wie klug Ihre Kinder sind, durch die Art, wie Sie sie fördern. Mehr als 25 Jahre lang haben Forscher im Bereich der Kindesentwicklung spekuliert, dass Kinder bestimmte kritische oder sensible Phasen in ihrer Entwicklung durchlaufen, während derer das sich entwickelnde Gehirn am meisten durch die Interaktion mit ihren Betreuern beeinflusst wird. Neue Forschungsmethoden darüber, wie sich das Gehirn eines Babys entwickelt, haben diese Vermutung bestätigt. Es gibt tatsächlich Gelegenheitsfenster, in denen Betreuer am meisten beeinflussen können, wie das Gehirn des Babys wächst. Das größte Fenster ist während des ersten Lebensjahres.

Wie das Gehirn des Babys wächst

Neue Forschungen im Bereich der Neurobiologie zeigen, dass Eltern einen tiefgreifenden Einfluss darauf haben, wie klug ihre Kinder werden. Das Gehirn wächst in der Babyzeit mehr als jemals danach. Es verdreifacht seine Größe innerhalb des ersten Lebensjahres und ist nahezu ausgewachsen, wenn das Kind in den Kindergarten kommt. Das Gehirn des Babys wächst von etwa einem halben Pfund bei der Geburt auf etwa 1,5 Pfund am Ende des ersten Jahres und dann auf etwa drei Pfund oder seine volle Größe, bis das Kind fünf Jahre alt ist. Während das Gehirn im ersten Lebensjahr wächst, wachsen auch die Nervenzellen innerhalb des Gehirns (die Neuronen). Neuronen bilden Kilometer verschlungener elektrischer Leitungen mit vielen unverbundenen Enden. Während des ersten Jahres wachsen die Neuronen und werden umhüllt von schützendem Myelin. Myelin dient als Isolation und hilft den elektrischen Botschaften, schneller und vorhersagbarer durch die Neuronen voranzukommen. Die Spitze jedes Neurons bildet Finger, oder Fühler, die versuchen, an andere Nerven anzuschließen. Die Verbindungen der Neuronen und die Kreise, die sie bilden, sind das, was die Babys dazu befähigt, Erfahrungen im Gehirn zu speichern, was »lernen« bedeutet. Wenn die Anzahl der Verbindungen im Gehirn während des ersten Jahres zunimmt, lernt das Gehirn, besser zu arbeiten, und Babys lernen zu denken, sich zu erinnern und ihren Körper besser zu kontrollieren.

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SMARTER TIPP

Kluge Erziehung von Anfang an hilft dem sich entwickelnden Gehirn des Babys, die richtigen Verbindungen zu knüpfen.

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Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Umgebung das Wachstum und die Vernetzung der Neuronen stimuliert. Zum Beispiel, wenn das Baby das Gesicht seiner Mutter oder seines Vaters sieht. Die Nerven in den Augen übermitteln das Bild des Gesichts in die Gehirnregion, die visuelle Informationen verarbeitet, und das Baby speichert das Bild dieses Gesichts in einem Neuronenkreis. Das Gesicht immer wieder zu sehen speichert mehr Bilder und erzeugt mehr Verbindungen zwischen ihnen. Schließlich erkennt das Gehirn nicht nur das Gesicht der Eltern, sondern stellt auch eine Verbindung her zwischen dem visuellen Bild und den Muskeln, die das Gesicht des Babys kontrollieren. Das Ergebnis: Das Baby lächelt Mutter oder Vater zurück. Mit fortschreitender neurologischer Entwicklung werden mehr Verbindungen gebildet, also kann das Baby schließlich die Hand ausstrecken und das Gesicht der Eltern anfassen. Es kann auch herausfinden, in welcher Stimmung die Eltern sind, und diese Information zu Hilfe zu nehmen, um seine eigenen Gefühle zu überwachen und zu kontrollieren. Die Moral dieser neurologischen Geschichte ist, dass das Gehirn umso stärkere neurologische Verbindungen entwickeln kann, je mehr organisierte Interaktion ein Baby mit seiner Umwelt hat. Gehirnforscher nennen all diese nervenverbindenden Einflüsse Umweltfeedback.

Wie Gehirne schlauer wachsen

Warum sind einige Gehirne schlauer als andere? Zwei Aspekte des Gehirnwachstums werden am meisten durch die Interaktion zwischen Eltern und Kind beeinflusst: wie schnell Botschaften von einem Nervenknoten zu einem anderen übermittelt werden und wie gut verbunden diese Nerven sind. Lassen Sie uns eine Reise in das Gehirn eines Babys unternehmen und nicht nur darüber staunen, wie sich das Gehirn entwickelt, sondern auch, wie die Eltern dieses Wachstum beeinflussen können.

An den Enden der Milliarden Nervenzellen sind winzige, fingerähnliche Fühler, die versuchen, sich zu verzweigen und mit anderen Nerven zu verbinden. Die Verbindungen zwischen Nerven nennt man Synapsen. Gehirne werden schlau, indem sie die Anzahl der Synapsen erhöhen und dann zurechtstutzen und pflegen.

Stellen Sie sich das sich entwickelnde Gehirn als Milliarden winziger Telefone vor. Gehirne werden schlauer, indem sie diese Telefonleitungen miteinander verbinden oder Schaltstellen zwischen den Telefonen bilden. Anfangs können Sie jeden in der Nachbarschaft anrufen, dann in Ihrer ganzen Stadt, dann im ganzen Land und schließlich weltweit. Das Wachstum der Synapsen oder Verbindungen zählt am meisten für das Gehirnwachstum. Forscher schätzen, dass das wachsende Kind während der ersten zwei Jahre mehr als zwei Millionen Synapsen pro Sekunde bildet. In diesem kleinen Gehirn findet sehr viel Aktion statt.

Schnellere Kommunikationsleitungen

Neben der Anzahl der Synapsen gibt es einen anderen Faktor, der beeinflusst, wie schlau das Gehirn wird, wie effizient und schnell die Nachrichten über diese Leitungen übermittelt werden – ein Prozess namens Myelinisation. Ein fetthaltiger Überzug, das Myelin, isoliert die Nerven, lässt Nachrichten schneller reisen und verhindert auch kurze Kreise zwischen benachbarten Nerven. Wie Sie im Folgenden sehen werden, kann die Ernährung beeinflussen, wie gut die Myelinisation stattfindet.

Bessere Kommunikationsleitungen

Auch wenn es schön wäre, jeden in der Welt mit einem Tastendruck anrufen zu können, ist es doch nicht notwendig – und Sie bräuchten ein großes Telefon. Es wäre auch ein unaufgeräumtes und verworrenes Telefonsystem, wenn diese Milliarden von Leitungen nicht korrekt verbunden sind. Als nächstes kommt also der Prozess des Zurechtstutzens. Die aktiveren Synapsen oder die Anrufe, die Sie am häufigsten machen, werden stärker und überleben; diejenigen, die nicht genutzt werden, werden zurechtgestutzt – eine Art von »nutze es oder verliere es«-Phänomen. Wie wir immer wieder betonen hilft schlaue Erziehung, vor allem während der ersten Lebensjahre der starken Gehirnentwicklung, dem wachsenden Gehirn die richtigen Verbindungen einzugehen. Das Zurechtschneiden lässt die Hirnkreise effizienter arbeiten, ähnlich wie ein nutzerfreundliches Telefonsystem, bei dem Ihre meist angerufenen Nummern mit einem Tastendruck erreichbar sind.

Nutze oder verliere es

Nach dem Prinzip »Nutzen oder Verlieren« gibt es kritische Phasen in der Entwicklung des Gehirns. Diese Lernfenster oder kritischen Phasen sind für das Lernen von Sinnesfähigkeiten wie Sehen und Hören, bei denen die Formung der Synapsen und die Myelinisation am effizientesten in der frühen Kindheit stattfinden, zeitlich sehr eng gefasst. Aber diese Lernfenster sind weiter gefasst für soziale Funktionen wie Sprache und Gefühle, deren Entwicklung durch das Zurechtstutzen ihrer Synapsen und die Myelinisation der Nerven während der gesamten Kindheit weitergeht.

Neuroplastizität

Das sich entwickelnde Gehirn des Kindes ist ausgestattet mit Milliarden Synapsen mehr, als es je brauchen oder nutzen wird. Daraus folgt, dass, auch wenn ein Kind während einer kritischen Phase der Gehirnentwicklung zu wenig stimuliert wird oder unterernährt ist, dennoch ein Teil des Wachstums aufgeholt werden kann. Aber Forscher haben geschlussfolgert, dass, wenn einmal eine kritische Phase vorüber ist, auch wenn das Lernfenster sich nie ganz schließt, die Möglichkeiten, die Synapsen zu verbinden, eingeschränkter werden. Aufgrund der Neuroplastizität oder überschüssigen Nervenbahnen ist eine Neuverknüpfung immer möglich, aber das Gehirn wird nie wieder so formbar sein, wie es in der Babyzeit und Kindheit war. Das ist der Grund, warum es für ein Kind einfacher ist, eine neue Sprache zu lernen (vor allem, wenn es dieser bereits in den ersten Jahren ausgesetzt ist) als für einen Erwachsenen.

Dr. Lise Elliot sagt in ihrem hervorragenden Buch Was geht da drinnen vor? Die Gehirnentwicklung in den ersten fünf Lebensjahren: »Alles, was ein Kind sieht, berührt, hört, fühlt, ertastet, denkt und so weiter, übersetzt sich in einer bestimmten Anzahl von Synapsen in elektrische Aktivität und verbessert ihre Chance, langfristig zu überleben. Synapsen hingegen, die selten aktiviert werden – ob wegen nie gehörter Sprachen, nie gespielter Musik, nie ausgeübter Sportarten, nie gesehener Berge oder nie empfundener Liebe –, verkümmern und sterben ab. [...] Solange ein Überschuss an Synapsen vorhanden ist, bleibt das Gehirn im höchsten Maße formbar und kann sich in eine Vielzahl verschiedener Richtungen entwickeln. Ist der Überschuss erst einmal abgebaut, so ist die sensible Phase vorbei, und das Gehirn muss mit seinen vorhandenen Schaltkreisen auskommen: eine Aufrüstung mit einem schnelleren Prozessor ist nicht möglich. [...] Bei vielen Fähigkeiten ist die sensible Phase gnädig lange und hält die gesamte Kindheit hindurch bis in die frühe Adoleszenz an. Bei anderen ist sie bereits nach den ersten Lebensmonaten oder –jahren abgeschlossen.«

 

Natur vs. Erziehung

Wie viel von dem, wie ein Kind sich verhält und denkt, wird durch die Gene bestimmt, und wie viel wird durch den Betreuer des Kindes und sein Umfeld bestimmt? Diese Debatte von Natur vs. Erziehung wird bereits seit Jahrzehnten ausgefochten. Mit neuen Einsichten in die Gehirnentwicklung kamen moderne Forscher zu der Schlussfolgerung, dass es hälftig aufgeteilt ist: halb bestimmen die Gene, halb bestimmt die Erziehung. Wenn also nur die Hälfte der Intelligenz eines Kindes durch die Gene bestimmt wird, bleibt noch sehr viel Raum für die Eltern, eine wesentliche Rolle zu spielen. Hirnforscher glauben, dass die grundlegende Ausstattung mit Nerven im Gehirn genetisch veranlagt ist, aber wie diese verknüpft werden, bestimmt die Erziehung. Es ist, als ob die Erziehung und Betreuung eines Kindes eine Aufgabe vollendet, die die Natur begonnen hat. Die Umgebung, in der ein Kind aufwächst, befähigt die Nerven im Gehirn, bessere und effizientere Verbindungen einzugehen. Die Gehirne mit den besten Verknüpfungen sind am erfolgreichsten. Diese Verbindungen bilden Assoziationsmuster (wie in Kapitel 2 bereits erklärt), die der Bauplan des Lebens für ein Kind werden.

Eltern sind oft verwirrt, was die Begriffe IQ, Intelligenz, Talent und Temperament bedeuten und wie sie diese Merkmale beeinflussen können. Der Begriff, den wir in diesem Buch nutzen, ist die Fähigkeiten eines Kindes, die Gesamtsumme aus Intelligenz, Talenten, Fertigkeiten, Temperament, Erfahrungen und Glaube an sich selbst. Fähigkeiten sind die Quintessenz für den Erfolg jedes Kindes; sie werden am meisten durch Eltern und andere wichtige Personen im Leben des Kindes beeinflusst.

Die Erziehung macht den Unterschied

Die Entwicklung eines Kindes wurde lange als eine Art Fahrstuhl angesehen. Wenn ein Baby wuchs und ein neues Stockwerk erreichte, öffnete sich die Tür automatisch und eine neue Fertigkeit kam hinzu. Mit einer bestimmten Menge an Erziehung, guter Gesundheit und angemessener Ernährung erreichten Babys eine Entwicklungsstufe nach der anderen in einer Geschwindigkeit, die größtenteils durch die Natur (angeborene Gene) vorgegeben war und in der Erziehung und eine anregende Umgebung nur eine untergeordnete Rolle spielten. Aber die Forscher sind jetzt zu der Ansicht gekommen, dass die Interaktion mit dem betreuenden Umfeld einen wesentlichen Einfluss darauf hat, wie Babys sich entwickeln. Um die Analogie des Fahrstuhls zu nutzen: Das Baby erreicht jede Entwicklungsstufe ausgestattet mit bestimmten Kompetenzen. Zum Beispiel ist das Baby bereit, nach Objekten zu greifen, oder es ist bereit zu sprechen. Wie diese Kompetenzen zu Fertigkeiten werden hängt davon ab, ob Objekte zum Greifen vorhanden sind oder ob die ersten Laute des Babys mit einem Lächeln und einer Antwort des Betreuers begrüßt werden. Wenn die Betreuer auf die neuen Fertigkeiten eines Babys antworten, übt es diese immer mehr und genießt sie mehr. Es erreicht das nächste Entwicklungsstockwerk mit mehr Fertigkeiten, auf die es aufbauen kann. Die Interaktion auf der nächsten Ebene der Entwicklung ist dann sogar noch lohnender. Die Antworten, die das Baby von seinem Umfeld bekommt, sind das, was ihm hilft zu gedeihen. Das bedeutet, sich zu seinem vollen Potential zu entwickeln und seine natürlichen Geschenke vollständig auszunutzen.

Zwölf Wege, ein klügeres Kind zu bekommen

Neulich kamen ein paar Eltern mit ihrem Dreijährigen zu seiner jährlichen Untersuchung in meine Praxis. Enttäuscht berichteten sie: »Er kam nicht in die hochgelobte Vorschule, die wir wollten.« Das Kind wirkte schlau und glücklich, aber die Eltern schauten drein, als wäre ihr Sohn soeben von der Hochschule geflogen. Ich versicherte diesen liebenden Eltern, dass es absolut keinen Zusammenhang gibt zwischen der Art der Vorschule, die ein Kind besucht (oder ob es überhaupt eine Vorschule besucht), und seinen Chancen, fünfzehn Jahre später in Harvard angenommen zu werden. (Ich wollte noch hinzufügen, dass eine Aufnahme in Harvard auch keine Garantie für ein glückliches Leben ist.) Ja, qualitativ hochwertige Schulen und schulischer Erfolg sind wichtig, aber was zu Hause vor sich geht ist sogar wichtiger, vor allem wenn die Ziele für Ihr Kind, neben akademischen Errungenschaften, Glücklichsein und Zufriedenheit einschließen. Sie wollen, dass Ihr Kind klug ist – zu Hause und im Leben. Hier sind einige Vorschläge:

1. Ein kluger Start im Bauch

Die Entwicklung des Nervensystems des Fötus wird – zum Guten oder zum Schlechten – durch das beeinflusst, was die Mutter während der Schwangerschaft tut. Zigarettenrauch, Alkohol und Narkotika sind bekannt dafür, negative Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung zu haben und das Risiko zu erhöhen, dass das Kind später Lern- und Verhaltensprobleme haben wird. Neben dem Vermeiden von Drogen, Alkohol und Nikotin gibt es aber auch einige Dinge, die die Mutter tun sollte. Eine gesunde Ernährung ist ein Muss während der Schwangerschaft. Ganz allgemein kann man sagen, je besser Sie Ihren Körper versorgen, desto besser versorgt ist das wachsende Gehirn Ihres Babys.

Obwohl es schwerwiegender Fehlernährung bedarf, um die Entwicklung des Babys im Bauch erheblich zu schädigen, kann das Fehlen bestimmter Nährstoffe zu subtilen Entwicklungsproblemen beitragen. Zum Beispiel sind einige Ernährungswissenschaftler besorgt, dass schwangere Frauen nicht genug der richtigen Fette zu sich nehmen. Die besten Fette für ein wachsendes Gehirn sind Omega-3-Fettsäuren, und die beste Quelle für diese gehirnbildenden Fette sind Kaltwasserfische. In unserer Kinderarztpraxis ermutigen wir werdende Mütter, mindestens drei Mal pro Woche eine große Portion frischen oder gefrorenen Meereslachs oder Thunfisch zu sich zu nehmen.

Ein weiterer wichtiger Nährstoff für schwangere Frauen ist das B-Vitamin Folsäure. Ein Mangel an diesem Vitamin kann die Risiken für Fehlentwicklungen der Wirbelsäule erhöhen oder Hirnschäden hervorrufen. Folsäure ist besonders entscheidend für die Entwicklung des ungeborenen Babys in den ersten Wochen der Schwangerschaft, noch ehe die Frau überhaupt realisiert, dass sie schwanger ist. Aus diesem Grund rät man schwangeren Frauen und denjenigen, die schwanger werden wollen, täglich 400 Mikrogramm Folsäure über ein Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Es ist auch wichtig, Brot, Mehl und Cerealien zu essen, die mit Folsäure angereichert sind.

Die Gedanken und Gefühle der Mutter können die Entwicklung eines Babys ebenfalls beeinflussen. Es gibt immer mehr Hinweise darauf, dass das sich entwickelnde Nervensystem eines Babys durch die Umgebung im Bauch und Einflüsse außerhalb des Bauches beeinflusst wird. Mutter und Baby teilen Hormone über die Plazenta, und eine Umgebung voller Stresshormone kann, so die Theorie der Forscher, ein Kind mit einem nervöseren oder ängstlichen Temperament hervorbringen. Natürlich ist Stress unvermeidbar während einer Zeit der Veränderung, wie es die Schwangerschaft ist. Es ist der Umgang der Mutter damit, der beeinflusst, wie die Umgebung des Babys im Bauch ist. Während der Schwangerschaft Ängste und Sorgen aufzuarbeiten statt sie sich aufbauen zu lassen, hilft einer Mutter, mental ruhig zu bleiben, während sie das Baby in sich umsorgt.

Seien Sie glücklich, bewegen Sie sich

Substanzen namens Endorphine, die als natürliche Wohlfühlhormone bekannt sind, wirken den Stresshormonen entgegen und entspannen die Mutter und deshalb auch das Baby. Lachen und Körperbewegung erhöhen die Ausschüttung von Endorphinen. Geben Sie sich selbst und Ihrem ungeborenen Baby die klugen Auswirkungen dieser Hormonspitzen mit auf den Weg. (Mehr zur Gesundheit von Mutter und Kind während der Schwangerschaft finden Sie in The Pregnancy Book von William und Martha Sears und Dr. Linda Holt.)

2. Kluges Tragen

Überlegen Sie sich, was einem Baby mehr beibringt: in einer Krippe zu liegen und ein entwicklungsförderndes Mobile sich über ihm bewegen zu sehen oder auf der Schulter des Vaters durch das ganze Haus getragen zu werden, während dieser die Post sortiert oder sich mit der Mutter unterhält. Was ist interessanter? Ein Laufstall, der gut ausgestattet ist mit den neuesten entwicklungsfördernden Spielzeugen, oder die Küche, in der Mama und Papa eine große Auswahl verschiedener Gemüsesorten auspacken? Wenn Sie durch einen Supermarkt gehen müssten, würden Sie dann lieber mit Ihren Augen auf Höhe der Oberschenkel der anderen Leute sein oder weiter oben in der Nähe von Mamas Schulter, wo all die interessanten Sachen zu sehen sind?

Es ist überraschend einfach, Ihrem Baby eine anregende Umgebung zu bieten. Die meisten Babys, von Neugeborenen bis hin zu Kleinkindern, finden die Welt der Erwachsenen unendlich interessant. Wenn Sie Ihr Baby herumtragen, während Sie Ihre täglichen Erledigungen machen, geben Sie ihm die Anregung, die es braucht, um sein Sehen, sein Hören und sein Verstehen zu entwickeln. Zusätzlich bekommt es Anregungen von dem, wie Sie mit ihm reden und Ihre Beobachtungen und Gefühle mit ihm teilen.

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SMARTER TIPP

Babys lernen auf dem Arm eines beschäftigten Betreuers sehr viel.

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Kinder, die viel getragen werden, weinen weniger und verbringen somit mehr Zeit mit produktiver Interaktion mit ihrem Umfeld. Sie lernen mehr. Die Nähe zur Mutter und ihre sanfte Bewegung beim Herumlaufen beruhigen das Baby. Neugeborene, die viel getragen werden, verbringen mehr Zeit im Zustand ruhiger Aufmerksamkeit, der ihnen hilft, sich schneller an die Welt außerhalb des Bauches zu gewöhnen. Sie genießen auch qualitativ bessere »Konversationen« mit Mama und Papa. Werden sie in einer Wiege oder auf einem Babysitz abgelegt, so wedeln sie mit den Armen, drücken ihren Rücken durch und verschwenden sehr viel Energie für unnötige Bewegungen. Wenn sie in den sie umfassenden Armen der Eltern oder in einem Tragetuch getragen werden, werden diese Bewegungen eingeschränkt und Babys können sich besser konzentrieren. Ein Baby, das mit dem Gesicht nach vorne in einem Tragetuch getragen wird, hat einen guten Ausblick auf seine Umgebung – es kann seine Welt scannen. Das mag mehr sein, als ein kleines Baby verarbeiten kann (darum trägt man Neugeborene im Tragetuch verborgen), aber für ein Baby mit drei oder vier Monaten gibt es keinen besseren Aussichtspunkt, von dem es die Welt kennenlernen kann. Das Baby wählt aus, was es anschauen möchte, und schließt das aus, was es nicht anschauen möchte.

Als Sprachmedizinerin und Mutter von zwei Kindern glaube ich sehr stark an den Wert davon, Babys während der meisten Zeit ihres frühen Lebens zu tragen – in einem Tragetuch oder auf dem Arm. Wenn Babys getragen werden, lernen sie die Gespräche Erwachsener kennen. Sie haben viel Gelegenheit, Menschen sich unterhalten zu sehen. Sie beobachten das abwechselnde Reden und den Augenkontakt während der Unterhaltung. Sie entwickeln ein Verständnis der Sprache, indem sie Intonationsmuster hören, die Gefühle ausdrücken – Glück, Trauer, Wut. Indem sie den Mund des Sprechenden aus der Nähe beobachten, lernen sie, die korrekten Sprechbewegungen für akkurate Aussprache zu imitieren. All diese Teile fügen sich für das Baby zum Sprechenlernen zusammen.

Weil wir den Wert des Getragenwerdens für die intellektuelle Entwicklung von Babys erkennen, bekommt jedes neue Elternpaar in unserer Praxis eine Einführung in die Kunst des Babytragens. Babys lieben es, getragen zu werden, und obwohl manche länger brauchen als andere, zu lernen, das Getragenwerden in einem Tragetuch zu genießen, ist es doch die Anstrengung wert. Eltern, die ihre Babys tragen, sagen oft zu uns »Sobald ich das Tragetuch nehme und anziehe, strahlt mein Baby und streckt mir die Arme entgegen, so wie vor lauter Vorfreude, dass es bald in meinen Armen und in meiner Welt ist.«

Von Anfang an trug ich meine Tochter in einem Tragetuch, wo immer wir hingingen. Ich redete mit ihr – wie eine Art fortlaufender Kommentar –, während ich das Geschirr spülte, am Strand spazieren ging, in einem Buchladen stöberte, in einem Supermarkt einkaufte. Eigentlich war es so, dass sie alles tat, was ich auch tat. Sie war genau da, sicher in meinen Armen, während sie all die Aussichten und Geräusche der Welt sah und hörte. Sicher, ab und an sahen mich die Leute an, als sei ich verrückt, so mit einem Baby zu reden wie ich es tat. Aber ich lächelte einfach und machte weiter mit meinem Kommentar zu dem tollen roten Apfel oder dem lauten Flugzeug. Klar, wir sind voreingenommen, aber sogar Fremde sagen, dass sie eines der glücklichsten, sichersten, selbstsichersten, neugierigsten, phantasievollsten, humorvollsten Kinder ist, die sie je gesehen haben.