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Luzern ist beliebt für Polterabende …, ob diese weiblichen Schlümpfe der «kernhaften Schönheit» des Johann Georg Müller ebenfalls entsprechen?

An der Oberschicht bemerkte er, «dass die Herren von Luzern in ihrer Mehrheit ohne jeden Ehrgeiz sind und sich begnügen mit dem, was ihnen nötig scheint, um ruhig fortzukommen». Es fiel ihm also auf, dass die Luzerner Patrizier die beträchtlichen Einkünfte aus den Solddiensten nicht in lukrative Handelsgeschäfte ummünzten; lieber investierten sie in Land- und Grundbesitz. Auch der Schaffhauser Pfarrherr Johann Georg Müller sah in Luzern 1789 wenig industrielle Betriebsamkeit. «Es kam mir vor», schreibt er, «als wenn die Einwohner nicht bloss produzieren, sondern auch sich hinsetzen und das Produzierte geniessen …» Von Armut aber habe er wenig gespürt: «Die Leuthe alle sahen so ziemlich aus wie Leuthe, die gegessen haben.» Selbst Einheimischen fiel der Hang ihrer Landsleute zur Behaglichkeit auf. So ist bei den beiden der Aufklärung zuneigenden Pfarrherren Franz Josef Stalder und Bernhard Ludwig Göldlin von einer «angeborenen fröhlichen Trägheit» die Rede und von einem «Hang zur Faulheit oder zum Müssiggang…, der uns Lucernern von Jugend auf anhangt und uns mehr oder weniger in unser hohes Alter begleitet».

Besonders angenehm zeigte sich luzernische Wesensart bei den Frauen; Die Luzernerinnen werden durchweg als gesund und wohlgestalt, artig und anmutig beschrieben. Der bereits erwähnte Johann Georg Müller preist ihre «kernhafte Schönheit» und nennt sie «… gesund von Aussehn, weiss und roth von Farbe, volleibig, mit einem freyen und heitern Blick, und ungekünstelten Annehmlichkeiten…». Er meint, es sei ein «ungemeines Vergnügen, wenn man aus gewissen schleichenden Gegenden kömmt, zu sehen wie vest sie auf ihren zwey Beinen stehn; wie gerade sie wandeln, wie leicht sie sich bewegen …»

Konstanten der Kunst

Nach dem bisher Gesagten erstaunt es nicht, wenn zu den Merkmalen der Luzerner Kunst wie der Innerschweizer Kunst überhaupt eine – wie es einmal hiess – «Neigung zum Einfachen und Lapidaren», eine «betont realistische Gestaltungsweise» und eine «lebhafte Bilderfreude» gehören. Die Lust am Visionären und Fantastischen hingegen war ihre Sache weniger. Der Drang zur Visualisierung zeigt sich in den einzigartigen Gemäldezyklen auf den Luzerner Holzbrücken, aber zum Beispiel auch in Diebold Schillings ungemein erzählfreudiger Bilderchronik von 1513 oder in der langen Tradition der Osterspiele auf dem Weinmarkt, die jeweils die ganze Stadt in ihren Bann zogen. Diese Liebe zur Tradition bildet einen weiteren Grundzug des hiesigen Kunstschaffens. Zwar stand Luzern als Durchgangsland auch fremden Einflüssen offen, die im 16. Jahrhundert vor allem aus Italien und Süddeutschland und vom 17. bis 19. Jahrhundert aus Österreich, Frankreich und England kamen. Einige Male stand Luzern sogar an der Spitze neuer Entwicklungen. Der 1633 begonnene Neubau der Hofkirche (Nr. 50) war für sakrale Renaissancebauten nördlich der Alpen bahnbrechend, und die kaum 35 Jahre später begonnene Jesuitenkirche (Nr. 12) war der erste grosse Barockbau in der Schweiz. Aber daneben dominierte eine Stilkonstanz, die gotischen Formen zum Teil bis ins 17., barocken bis ins 19. Jahrhundert die Treue hielt.


Das Haus zur Sonne am Weinmarkt mit dem Fresko der Hochzeit zu Kana erinnert an die Tradition der Oster- und Fasnachtsspiele auf diesem Platz.

Die Epochen, die die Luzerner Kunst am meisten prägten, sind Renaissance und Barock; sie gehören ja auch der Zeit des 16. bis 18. Jahrhunderts an, als Luzerns Einfluss in der Eidgenossenschaft besonders gross war. Vielleicht müsste man auch die Gotik vom 13. bis 15. Jahrhundert noch mitzählen; aber von ihr sind wenig Spuren geblieben. Immerhin hat sich in der zwischen 1270 und 1280 erbauten Franziskanerkirche (Nr. 15) ein bedeutender gotischer Kirchenbau erhalten, und an den Türmen der Hofkirche (1506–1516) kann man zumindest sehen, dass die Luzerner Gotik eigenständige, robuste Züge trug. Gotische Spuren zeigen sich auch am äusseren Befestigungsring sowie an diesem und jenem Bürgerhaus, unter anderem am Rothenburgerhaus neben der Hofkirche, das als ältestes ganz erhaltenes städtisches Holzhaus in der Schweiz gilt.


Ein Hauch südländischer Atmosphäre liegt über den toskanischen Säulengängen der Gräberhallen bei der Hofkirche (Nr. 50).

Von den intensiven Beziehungen zu Italien zeugen die Bauten der Renaissance, von denen sich in Luzern auf engem Raum einige der schönsten Beispiele in der Schweiz konzentrieren. Dazu zählen das Rathaus (1602–1604, Nr. 4) mit herrlichen Renaissancegemächern, sowie der Rittersche Palast (um 1560, Nr. 13), dessen arkadenumsäumter, dreistöckiger Innenhof das Vorbild für das Am-Rhyn-Haus (1616–1618, Nr. 5) und für das Privathaus Göldlin von Tiefenau am Hirschenplatz (um 1600) abgab. Eine geradezu südländische Atmosphäre liegt auch über den toskanischen Säulengängen der Gräberhallen bei der Hofkirche (um 1640).

Keine Stilrichtung aber hat Luzern derart geprägt wie der Barock. Seine sinnenhafte und von Erzählfreude überquellende Welt, aber auch die im Barock sich äussernde Verbundenheit von Volk und Kirche entsprachen dem Luzerner Kunstgemüt ganz besonders. Der Barock hat nicht nur in der Stadt selbst bedeutende Akzente wie die Jesuitenkirche oder am Musegghang das formidable Kornmagazin (1685, Nr. 37) geschaffen, sondern namentlich auch auf dem Land eine grosse Zahl reizvoller Juwelen hinterlassen, darunter Klosteranlagen wie Werthenstein, Beromünster und St. Urban, Wallfahrtskirchen wie Blatten und Hergiswald sowie Landkirchen wie in Ettiswil, Hochdorf oder Ruswil mit seiner wohl schönsten Dorfkirche im ganzen Kanton. In der Stadt trägt zudem manches Patrizierhaus, etwa die beiden Sonnenberghäuser links und rechts der Reuss, barocke Züge, in die sich mehr und mehr auch anmutig-heitere Züge des Rokoko mischen. Erst recht gilt dies für manchen Herrensitz, den sich vornehme Familien an schöner Lage draussen vor den Stadttoren errichteten, etwa für den Landsitz Himmelrich von 1772 (Nr. 97) an der Obergrundstrasse, den ehemaligen Jesuitenhof Seeburg von 1729 oder den Landsitz Tribschen (um 1800), das heutige Richard-Wagner-Museum (Nr. 80). Mit den Familien Singer und Purtschert entstanden Baumeisterdynastien, die den spätbarocken Stil von 1750 bis weit ins 19. Jahrhundert und in über fünfzig Landkirchen fortsetzten.


Nun von der Pädagogischen Hochschule genutzt, diente das mächtige Museggmagazin von 1686 (Nr. 37) fürs Korn- und Salzlagern. Zuletzt war es Zeughaus.

Im 19. Jahrhundert stellten sich der Architektur mit dem Bau öffentlicher Gebäude für Bahn, Post, Verwaltung und Schule, aber auch mit Fabriken, Geschäftshäusern, neuen Wohnvierteln und in Luzern namentlich mit Hotelbauten ganz neue Aufgaben. Zur Anwendung kamen von etwa 1770 bis Anfang des 20. Jahrhunderts, der Zeit von Klassizismus, Neurenaissance, Neugotik und Neubarock, vor allem historische Formen. Es lohnt sich, einmal aufmerksam durch damals neu entstandene Viertel wie Hirschmatt (S. 168 ff.) oder Bruchmatt und Säli zu schlendern, an deren Mehrfamilien- und Geschäftshäusern man die ganze Stilgeschichte Europas ablesen kann. Auch finden sich da und dort interessante Einflüsse des Jugendstils aus der Zeit zwischen 1890 und 1914. Im Hotelbau ging es oft darum, höfisch-adligen Prunk für die bürgerlichen Gäste zu demokratisieren. So erstaunt es nicht, dass bei den in nur sechzig Jahren zwischen 1845 und etwa 1905 entstandenen Monumentalbauten der Hotels Schweizerhof (Nr. 57), National (Nr. 62), Kursaal (Nr. 64) und Palace (Nr. 65) die repräsentativen Formen von Neurenaissance und Neubarock dominieren. Das 1884 über der Stadt errichtete Hotel Gütsch (Nr. 114) nannte ein Kenner einmal «halb Gralsburg, halb Hochzeitstorte».

Das 20. Jahrhundert wandte sich mit neuen Baumaterialien wie Beton, Stahl, Glas und Kunststoffen von den historischen Formen entschieden ab und einer funktionalen oder oft einfach auch nur einer ökonomisch zweckmässigen Bauweise zu. Luzern weist aus dieser Zeit zahlreiche interessante Werke von einheimischen wie auch international tätigen Architekten auf. Zu den bedeutendsten Werken dürften bei den Sakralbauten die 1933/34 entstandene Kirche St. Karl (Nr. 115) und die St. Johannes-Kirche (Nr. 69) im Würzenbach von 1970 zählen, bei den Wohnbauten das Hochhaus Alvar Aaltos (Nr. 85) im Schönbühl, und bei den öffentlichen Bauten das im Jahr 2000 eingeweihte Kultur- und Kongresszentrum (Nr. 76) des französischen Architekten Jean Nouvel, das sein Schöpfer selbst von seiner Ausstrahlung her mit einer mittelalterlichen Kathedrale verglich.

Grosser Speisesaal des Architekten Leonhard Zeugheer (1865) im Hotel Schweizerhof (Nr. 57) – höfischer Prunk für bürgerliche Reisende demokratisiert.

Kleine Luzerner Geografie

Der Siedlungsraum der späteren Stadt war durch die Natur weitgehend vorgegeben, nämlich durch das flache Felsplateau, das sich am rechten Ufer der Reuss unweit der Stelle erhebt, wo sie den See verlässt, sowie ihm gegenüber am linken Ufer durch das flache Schwemmland des Krienbachs. Während dieses aber nur wenig über dem Flussniveau liegt, steigt die Felsplatte rechts einige Meter über das Flussufer an, bevor sie sich wieder zu einer Art Rinne – heute Löwengraben und Grabenstrasse – senkt. Von dort geht es bergan zum Höhenzug der Musegg, der knapp vierzig Meter höher liegt als das Flussufer. Den ältesten Siedlungskern bildete jedoch das Kloster im Hof etwa 450 Meter östlich dieser Felsplatte. Da das Seeniveau bis ins 16. Jahrhundert – vermutlich wegen der Mühlen- und Brückenbauten in der Reuss – um ein bis zwei Meter anstieg, ergab sich durch den vorrückenden See eine deutlichere Trennung des Klosters von der neu entstehenden Stadt. Andererseits wurde das erwähnte Felsplateau dadurch erst recht zum idealen Siedlungsraum, da es nun auf drei Seiten von Wasser umgeben war. Der Fluss verengt sich von seinem heutigen Seeaustritt bei der Seebrücke bis zur Stelle des ältesten Übergangs bei der Reussbrücke von rund 165 auf etwa 50 Meter. Er teilt Luzern in die Grossstadt auf dem rechten und die Kleinstadt auf dem linken Ufer, oder in «meren stat» und «minre stat», wie es im Mittelalter hiess.

 

Die Hauser im Zöpfli (Nr. 28) aus dem 17. und 18. Jahrhundert am nördlichen Brückenkopf der Reussbrücke stehen zum Teil auf Mauern und Säulen direkt über dem Wasser.

Ein älterer oder innerer Befestigungsring, der vermutlich zwischen etwa 1230 und 1280 errichtet wurde, bestand auf beiden Seiten der Reuss aus kompakten Häuserzeilen. Er folgte in der Grossstadt auf einer Länge von rund 550 Metern der bereits erwähnten Rinne vom heutigen Mühlenplatz (Nr. 11) bis zum Hoftor am Kapellplatz. Dieser Ring zählte acht Türme oder Tore, von denen heute nur noch das Mühlentor (Nr. 34) steht. Sowohl in der Kleinstadt wie in der Grossstadt waren auch die Gassen und Treppen, die zur Reuss führten, mit Toren geschlossen. Der Graben vor dem Mauerring war mit Wasser gefüllt, und der Grendel vom Seeufer bis zum inneren Weggistor bildete eine Art schmalen Seearm. Über dem seichten Uferwasser stellte die Hofbrücke die Verbindung vom Hof in die Grossstadt her.

Nach der Schlacht bei Sempach (1386) machte sich die Stadt Luzern in einem ausserordentlichen Kraftakt an den Bau des äusseren Befestigungsrings. Dazu zählte im Norden auf einer Länge von über 900 Metern die Museggmauer (Nr. 38) mit ihren zehn Türmen, von denen sich zwei – Schirmerturm und Äusserer Weggisturm – über Toren erhoben; der Äussere Weggisturm wurde als einziger von diesen zehn im 19. Jahrhundert wieder abgetragen. Am linken Reussufer entstanden die heute verschwundene Sentimauer und die Litzimauer, während die Stadt wasserseits durch Wasserturm und Kapellbrücke (Nr. 23 u. 22) und reussabwärts durch die Spreuerbrücke (Nr. 32) gesichert wurde. Der äussere Ring machte nun den inneren weitgehend überflüssig. Die Tore zur Reuss hin verschwanden, während der Löwengraben zwischen 1520 und 1580 zugeschüttet wurde. Sein Name erinnert daran, dass jene, die bei dieser Arbeit den Frondienst nicht leisteten, einen «Löwenplappart», eine Entschädigung in Form einer Geldabgabe, zu bezahlen hatten.


Der Wasserarm am Grendel mit dem Lederturm aus der Serie der Bilder von Alt-Luzern von 1897 von Xaver Schwegler (1832–1902).

Das alte Strassennetz war geprägt durch drei hauptsächlich in ostwestlicher Richtung verlaufende Längsachsen. Von den beiden Achsen auf der Grossstadtseite verband die nördliche den Hof über die heutige Hertensteinstrasse, Weggis- und Rössligasse mit den Mühlen, während die südliche von der Reussbrücke über Kramgasse, Weinmarkt und Kapellgasse zum Hoftor führte. Mit der Verlegung von Hafen und Gotthardverkehr ab 1545 auf die Grossstadtseite zwängte sich der ganze internationale Transitverkehr mit all seinen Saumpferden und Karren durch diese engen Gassen, und dann über die Reussbrücke und durch die Pfistergasse zum Basler- oder Niedertor. Hier wie auch am «Platz» und auf dem Kapellplatz musste Umschlagraum für Güter und Gefährte geschaffen werden. Andere Plätze, zum Beispiel der Hirschenplatz (Nr. 6), der Franziskanerplatz (Nr. 16) oder der Mühlenplatz (Nr. 11), entstanden – teilweise jedoch erst im 15. und 16. Jahrhundert – durch das Abreissen von Häusern oder ganzer Häuserzeilen, während der Weinmarkt (Nr. 8) 1481 gebäudefrei wurde, als man die Schaal, den überdeckten täglichen Markt für Brot, Fleisch, Lederprodukte und den Tuchhandel, abriss.

An ständigen Märkten gab es – alle auf der Grossstadtseite – den Rinder-, den Pferde- und den Schweinemarkt, die aber vor 1585 vor die Mauern verlegt wurden, da man ihre Gerüche als lästig zu empfinden begann. Es blieben Kornmarkt, Fischmarkt und Lebensmittelmarkt, die beiden Letztgenannten nahe am Reussufer, damit Fischer und Bauern, die teilweise über den See kamen, direkt am Markt anlegen konnten. Der Uferstreifen, auf dem heute noch der Fisch-, Obst- und Gemüsemarkt stattfindet, hiess früher An der Egg; seit dem 16. Jahrhundert, als die Bauten bis ans Wasser vorgezogen wurden und der Markt unter die schönen Arkaden zu stehen kam, lautet sein Name Unter der Egg (Nr. 26).

Die so genannten Quais, diese heute so beliebten Promenaden am Wasser, sind Werke des 19. Jahrhunderts. Der Schweizerhofquai (Nr. 59), dem die Hofbrücke weichen musste, entstand zwischen 1844 und 1860, der Rathausquai (Nr. 25) 1897/98 – mit dem Rathaussteg –, und der St. Karliquai von der Spreuerbrücke (Nr. 32) hinunter zum Nölliturm (Nr. 39) im Jahr 1901.

Die bebaute Stadtfläche betrug seit dem Spätmittelalter, als die Stadt rund 4000 Einwohner zählte, gut 25 Hektaren. Erst im 19. Jahrhundert, als Luzern rasch wuchs, vergrösserte sich diese Fläche auf rund 950 Hektaren, und beträgt heute – nach der Fusion mit der Gemeinde Littau 2010–1281 Hektaren. Von etwa 1400–1850, als der äussere Befestigungsring den Lebensraum der Stadt umriss, betrug die Distanz von einem Ende der Stadt zum andern, etwa vom Kloster im Hof zum Kriensertor, rund einen Kilometer; Luzern war also in einer Viertelstunde gemütlich zu durchqueren. Rund 600 Meter der Strecke konnte man bei Regenwetter erst noch trockenen Fusses unter den Dächern der gedeckten Holzbrücken zurücklegen.

Was die Bodennutzung betrifft, so entfallen von der gesamten Stadtfläche von rund 2’900 Hektaren rund 22 % auf Wald, 28 % auf Landwirtschaftsflächen, 29% auf Siedlungs- und Industrieareale, 12% auf Verkehrsflächen und 7% auf Erholungs- und Grünanlagen. Eine territoriale Eigentümlichkeit besteht darin, dass rund 150 Hektaren des städtischen Areals auf der anderen Seeseite am Nordabhang des Bürgenstocks liegen. Diese Luzerner Exklave ist praktisch nur auf dem Seeweg zu erreichen.

Das berüchtigte Luzerner Klima

Man spottet gern, Luzern sei mit seinen häufigen Niederschlägen das Regenloch der Schweiz. Ein Kenner des Landes bemerkte aber einmal klug, in Zürich oder Bern sehe man bei Regen oder Sonnenschein etwa gleich viel, während man Luzern mit seinen prächtigen Ausblicken bei schönem Wetter erleben müsse, sonst kenne man es nicht. Die Statistik zeigt jedenfalls, dass Luzern, was Niederschlagsmenge oder Durchschnittstemperaturen angeht, nicht schlechter dasteht als andere Schweizer Städte. Nur die Sonne – das stimmt – scheint hier etwas weniger als andernorts, woraus kluge Reisende folgern, dass hier eben etwas mehr Geduld nötig ist, wenn man die Stadt richtig sehen will. Der wärmste Monat 2014 war der Juli mit einer mittleren Tagestemperatur von 18,2°C, während es Tagesmaxima von 25°C im Juni an 11 und im Juli an 10 Tagen gab. Am meisten Sonnenstunden wiesen 2014 März mit 197 und Juni mit 235 Stunden auf, während Juli und August – die 2013zusammen mit Dezember die trockensten Monate gewesen waren – mit je 22 am meisten Regentage zählten. Unberechenbarkeit gehört also auch zum Luzerner Klima!

Luzern heute: Bevölkerung, Arbeit, Wirtschaft

Die Bevölkerung Luzerns, die von 1800 bis 1970 von rund 4300 auf fast 70 000 gestiegen war, nahm in den folgenden 35 Jahren um rund 18% ab. Die Familien wurden kleiner und zogen zum Teil in Gemeinden der Agglomeration, wo Wohnungen oft günstiger zu haben waren. Mit der Eingemeindung von Littau 2010 stieg die Bevölkerungszahl aber wieder auf über 77000. Dazu zeigt sich auch in Luzern, wie in anderen Schweizer Städten, die Vorliebe junger Leute für das Wohnen in der Stadt. Luzern ist in den letzten Jahren jünger geworden. Während von 1950 bis 2006 der Anteil der unter 19-Jährigen an seiner Bevölkerung von 26,7 auf 14,5% gesunken war, stieg er bis Ende 2017 wieder auf 15,8%. 2017 kamen in Luzern 916 Kinder zur Welt – die höchste Zahl seit 1981.

Zwei ältere Trends setzen sich aber fort. Dazu gehört die Wohnungsbelegung, die stark abgenommen hat. 2016 lebten in 78,2% der städtischen Wohnungen nur eine oder zwei Personen, was 1970 erst in 52,6% der Wohnungen der Fall gewesen war. Auch der Anteil der ausländischen Wohnbevölkerung nahm zu und lag 2017 mit 24,3 % knapp einen Drittel höher als vor 25 Jahren. Er verteilt sich allerdings ungleich auf die einzelnen Quartiere: Im Gebiet Wesemlin/Dreilinden beträgt er nur 13,8%, im traditionellen Unterschichtenquartier Basel- und Bernstrasse aber 55,7 %.


Quelle: www.lustat.ch

Arbeit finden weitaus die meisten Luzernerinnen und Luzerner im Dienstleistungssektor, in dem heute über 90% beschäftigt sind. In der Industrie waren 2015 nur noch 8,8% tätig, gegenüber 47% im Jahre 1955. Die Zahl der Arbeitsplätze hat von 2005 bis 2015 um über 10 000 auf 81 094 zugenommen; davon fallen 18 225 oder 22,5% auf den öffentlichen Sektor. Etwa 50% der Arbeitsplätze wurden 2016 von Zupendlern besetzt; das heisst, dass jeden Morgen 40 800 Erwerbstätige – also halb so viele Menschen wie in der Stadt insgesamt wohnen – zur Arbeit nach Luzern strömen, während andererseits 20400 die Stadt verlassen, um auswärts zur Arbeit zu gehen.

Luzerns Tourismus blüht. Mit 1 343 229 Logiernächten 2017 steht es wie schon seit längerem hinter Zürich und Genf an dritter Stelle der Schweizer Städte; und diese Zahl liegt gut 10% über jener vor 5 Jahren. Zu dieser Entwicklung trugen aber nicht alle Weltregionen gleich stark bei. Am meisten Logiernächte buchten 2017 Gäste aus der Schweiz selbst; als wichtigste Auslandmärkte folgten dann die USA, China, Deutschland und Indien. Die Tendenz ist eindeutig: Während die Zahl der Übernachtungen von Gästen aus Asien im Fünfjahresvergleich um 26,3% und jene von Gästen aus Amerika um 22,1 % wuchs, nahm jene von Gästen aus Europa nur um 1,9% zu. Allerdings ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer, die 2006 noch bei 1,7 Tagen lag, bei den jährlich über 9 Millionen Besuchern Luzerns auf wenige Stunden zurückgegangen – viel zu wenig für diese schöne Stadt. Wenn künftig Individualtouristen, die das Reisen behaglich geniessen, neben den oft eilig durchs Land hastenden Gruppenreisenden wieder zunehmen würden, wäre das ein Gewinn für die Stadt und ihre Gäste.

Touristen am Mühlenplatz vor der Kulisse des Schlosshotels Gütsch.