Ein tödliches Komplott

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1. Kapitel
Bahamas, Nassau

Schon seit Stun­den la­gen die bei­den jun­gen Frau­en jetzt schon in der Son­ne. Do­lo­res brauch­te ei­ne lan­ge Pau­se. Wäh­rend der letz­ten Wo­chen hat­te sie je­den Mor­gen zu­sam­men mit Mi­cha­el sehr hart trai­niert. Sie wa­ren Schwim­men, sind am Strand ent­lang ge­rannt, Ge­wich­te ge­stemmt und einen Sand­sack ver­prü­gelt. Die jun­ge Kom­missa­rin spür­te ih­re Ar­me schon nicht mehr. Der ehe­ma­li­ge Bo­dy­guard war als es drau­ßen noch dun­kel war er­neut auf­ge­bro­chen um zu lau­fen. An die­sem Wo­che­n­en­de hat­te sich Do­lo­res ei­ne Pau­se ge­nom­men, be­vor am Mon­tag der Drill auf dem pri­va­ten Schieß­stand an­stand. Die letz­ten Mo­na­te hat­te sie ein ri­go­ro­ses Fit­ness­pro­gramm ab­sol­viert und konn­te jetzt auch in Stress­si­tua­tio­nen die Ner­ven an der Waf­fe be­hal­ten.

Ih­re bei­den klei­nen Mäd­chen Va­le­ria, Do­lo­res Toch­ter und Emi­lia, die Leo­nie zur Welt brach­te, durf­ten vor ih­ren Müt­tern in dem auf­blas­ba­ren Gum­mi­pool plant­schen. Die bei­den wa­ren kaum aus dem küh­len Nass zu be­kom­men. Stän­dig ver­brach­ten sie so viel Zeit wie nur mög­lich in dem run­den Be­cken. Mi­cha­el hat­te es für sei­ne ge­lieb­ten Töch­ter be­sorgt, nach­dem sie im­mer wie­der an der Strand woll­ten. Aber im Meer zu schwim­men war oh­ne stän­di­ges auf­pas­sen nicht mach­bar. Des­halb or­ga­ni­sier­te er für sie die­ses Frei­bad. So konn­ten sie, oh­ne große Auf­sicht je­den Tag viel Zeit dar­in ver­brin­gen. Mi­cha­el scherz­te stän­dig, dass die bei­den Nacke­deis ir­gend­wann mal noch Schwimm­häu­te be­kom­men wür­den.

Die Son­ne stand schon hoch am Him­mel als Mi­cha­el in sei­nen Sport­kla­mot­ten völ­lig ver­schwitzt auf die Ter­ras­se kam. Sei­ne bei­den Töch­ter mach­ten sich einen Spaß dar­aus ih­ren Va­ter nass zu sprit­zen. Ihn stör­te das nicht als er sei­ne bei­den Frau­en küss­te und sei­nen MP3-Player auf den klei­nen Tisch leg­te. Emi­lia klet­ter­te aus dem Plas­tik­pool und füll­te einen Be­cher mit Was­ser. Da­mit kam sie von hin­ten auf den ge­lieb­ten Dad­dy zu und leer­te das küh­le Nass über sei­nem Rücken aus. Mi­cha­el dreh­te sich blitz­schnell um, und hob sei­ne Toch­ter hoch. Er gab ihr einen zar­ten Kuss auf die Wan­ge und brach­te sie zu­rück zum Pool. Vor­sich­tig setz­te er sei­ne Toch­ter ab und küss­te auch Va­le­ria, die sich vor la­chen krin­gel­te, ih­ren Va­ter nass sprit­zen zu kön­nen.

Micha blieb ein­fach still vor den bei­den ste­hen, warf die Ar­me nach hin­ten und bot ih­nen ein großes Ziel für die Was­ser­fon­tä­nen. Die bei­den Kin­der ga­ben ihr bes­tes ih­ren Va­ter von oben bis un­ten nass zu be­kom­men. Do­lo­res und Leo­nie schau­ten den drei­en glück­lich la­chend zu. Mi­cha­el, der jetzt so­wie­so schon nass war, ließ sich ein­fach ne­ben die bei­den Kin­der in den Pool fal­len. Die bei­den Mäd­chen turn­ten auf ih­rem Va­ter her­um und hat­ten ei­ne Men­ge Spaß. Mi­cha­el kämpf­te ge­spielt mit den bei­den und wand­te sich im schon fast lee­ren Plas­tik­be­cken sei­ner Kin­der. Der größ­te Teil des Was­sers hing in sei­nen Sport­kla­mot­ten oder war aus­ge­lau­fen.

Erst nach fast ei­ner Vier­tel­stun­de be­frei­te er sich von den bei­den Mäd­chen und knie­te sich vor ih­rem Schwimm­be­cken hin. Mit sanf­ter Stim­me frag­te er sei­ne Töch­ter, »Was wollt ihr bei­den Zucker­mäu­se es­sen?«

Va­le­ria und Emi­lia steck­ten die klei­nen Köp­fe zu­sam­men und stimm­ten sich un­ter­ein­an­der ab. Sie hat­ten mitt­ler­wei­le ge­lernt, dass sie bei­de ent­schei­den muss­ten, weil kei­ne von ih­nen al­lei­ne war. Leo­nie und Do­lo­res hat­ten ih­nen wie Mi­cha­el bei­ge­bracht, dass Ent­schei­dun­gen die Bei­de be­tref­fen un­ter­ein­an­der be­spro­chen wer­den soll­ten. Auch wenn Da­mi­en, der Sohn von Liz und Ja­son, bei ih­nen war, wur­de er mit ein­ge­bun­den. Sel­ten gab es mal Streit zwi­schen den bei­den. Sie wa­ren Schwes­tern, bis auf zwei Wo­chen gleich alt und bei­de be­ka­men von ih­ren El­tern im­mer das Glei­che. Kei­ne von bei­den wur­de an­ders be­han­delt.

»Piz­zaaaaa«, rie­fen sie wie aus ei­nem Mund ih­rem Va­ter ent­ge­gen.

»Was fra­ge ich über­haupt?«, lach­te Mi­cha­el als er sich zu sei­nen bei­den Frau­en um­dreh­te die noch im­mer ent­spannt auf ih­ren Son­nen­lie­gen ku­schel­ten. »Wollt ihr bei­den sü­ßen La­dys euch den Kin­dern an­schlie­ßen und auch ei­ne Piz­za es­sen?«

Wie auch die bei­den klei­nen be­rie­ten, sich auch die Müt­ter die ih­ren Kin­dern das vor­leb­ten. Sie stimm­ten dem Vor­schlag zu.

Micha nick­te, »Dann hüp­fe ich mal eben un­ter die Du­sche. Ihr bei­den Was­ser­rat­ten könnt euch in et­wa zehn Mi­nu­ten mit ge­wa­sche­nen Fin­gern in der Kü­che ein­fin­den. Wer Piz­za es­sen will, muss auch hel­fen!«

Emi­lia mach­te ein bö­ses Ge­sicht und rief, »Wa­rum müs­sen im­mer nur wir hel­fen? Dia Ma­mas be­kom­men auch Piz­za und müs­sen nicht hel­fen!«

Mi­cha­el sank vor den bei­den Mäd­chen auf die Knie, schloss sie in sei­ne Ar­me und er­klär­te, »Die bei­den Ma­mis müs­sen die gan­ze Wo­che hart ar­bei­ten, wäh­rend ihr bei­den Zucker­mäu­se spie­len dürft. Wenn wir un­ter­wegs sind ar­bei­ten wir so­gar je­den Tag von Mor­gens bis Abends. Jetzt sind wir zu Hau­se und die bei­den Ma­mas ma­chen ei­ne ver­dien­te Pau­se. Ich weiß, dass ihr das ge­mein fin­det und kann das gut ver­ste­hen. Als ich noch so ein Zwerg wie ihr war, muss­te ich auch im­mer mei­ner Ma­ma hel­fen, was mir auch kei­nen Spaß ge­macht hat. Aber hät­te ich ihr nicht hel­fen müs­sen, könn­te ich jetzt auch nicht mit euch ko­chen. Au­ßer­dem könnt ihr euch dann ir­gend­wann eu­re Piz­za selbst ma­chen oh­ne, dass ich hel­fen muss.«

Die Er­klä­rung war für die bei­den ver­ständ­lich und na­tür­lich wuss­ten sie das die bei­den Ma­mas un­ter der Wo­che im Bü­ro der Agen­ten an ih­rem Schreib­tisch sa­ßen, oder Leo­nie mal wie­der drau­ßen in der Son­ne auf Früch­te schoss. Sie konn­ten wäh­rend die­ser Zeit mit Da­mi­en ent­we­der im Bü­ro oder in Ja­sons Bar spie­len so viel sie woll­ten. Mi­cha­el koch­te so­gar un­ter der Wo­che im Bü­ro und da muss­te dann auch Da­mi­en mit­hel­fen. Va­le­ria hat­te da­bei Spaß, nur Emi­lia konn­te sich et­was Schö­ne­res vor­stel­len. Schein­bar kam sie mehr nach ih­rer Mut­ter die be­reits in jun­gen Jah­ren Spaß an Waf­fen hat­te.

Wäh­rend Mi­cha­el im Ba­de­zim­mer ver­schwand und sich dusch­te, zo­gen die bei­den Jüngs­ten leich­te Kleid­chen im Part­ner­look an. Do­lo­res und Leo­nie küm­mer­ten sich der­weil um das fast lee­re Schwimm­bad auf der Ter­ras­se. Die um­lie­gen­den Spiel­zeu­ge der Mäd­chen leg­ten sie wie­der or­dent­lich an ih­ren Platz zu­rück und lie­ßen einen Gar­ten­schlauch den Was­ser­spie­gel wie­der auf nor­mal an­he­ben. Die bei­den Kin­der wür­den spä­tes­tens nach der Piz­za wie­der im Was­ser to­ben. Be­vor ihr Va­ter aus dem Ba­de­zim­mer kam, stan­den die bei­den schon war­tend in der Kü­che.

Nach­dem sei­ne Kin­der im­mer wie­der nach Piz­za ver­lang­ten und Mi­cha­el nicht stän­dig Lust hat­te erst einen He­fe­teig zu ma­chen und dann ewig zu war­ten bis er auf­ge­gan­gen war hat­te er sich einen Gär­schrank für die Kü­che be­sorgt. Dort hat­te er ge­nug He­fe­teig für die gan­ze Fa­mi­lie schon vor­be­rei­tet. Wäh­rend Emi­lia die Pizza­sau­ce vor­be­rei­te­te, ver­such­te Va­le­ria den Teig aus­zu­rol­len. Ih­re Kraft reich­te noch nicht aus, um die Teig­fla­den gleich­mä­ßig vor­zu­be­rei­ten. Mi­cha­el muss­te ihr hel­fen.

Als die Vor­be­rei­tun­gen ab­ge­schlos­sen wa­ren, durf­ten die bei­den Mäd­chen den Teig mit ih­ren Lieb­lings­zuta­ten be­le­gen. Auch hier zeig­te sich wel­ches Mäd­chen von wel­cher leib­li­chen Mut­ter stamm­te. Wäh­rend Emi­lia wie Leo­nie Hähn­chen be­vor­zug­te moch­te Va­le­ria deut­lich lie­ber Sala­mi und Schin­ken. Ei­nes hat­ten aber bei­de ge­mein­sam, auf kei­ner Piz­za konn­te es zu viel Kä­se ge­ben. Die Piz­zen für die bei­den Müt­ter be­leg­te Mi­cha­el der die be­lieb­tes­ten Be­lä­ge sei­ner Frau­en na­tür­lich kann­te. Wäh­rend die Ma­fia­tor­ten im Ofen ge­ba­cken wur­den küm­mer­te er sich um neu­en He­fe­teig für den Gär­schrank. Die bei­den Mäd­chen sa­ßen war­tend vor der Schei­be und schau­ten ge­bannt zu wie der Kä­se, den sie sehr groß­zü­gig dar­auf ver­teilt hat­ten, lang­sam schmolz. Die Vor­freu­de stand ih­nen schon deut­lich ins Ge­sicht ge­schrie­ben.

Nach dem Es­sen un­ter­hielt sich Micha mit Leo­nie, die ihm half das Ge­schirr in die Spül­ma­schi­ne zu räu­men.

»Emi­lia kommt mehr nach dir mein Herz­blatt. Meinst du, wir soll­ten ihr auch den Um­gang mit Waf­fen nä­her­brin­gen?«, frag­te er sei­ne ge­lieb­te Frau.

Leo­nie dach­te einen Mo­ment dar­über nach, »Schön, dass du fragst Lieb­ling, ich den­ke das wür­de ihr Spaß ma­chen, aber nicht das sie ir­gend­wann auch mei­nen ehe­ma­li­gen Be­ruf er­greift.«

»Das wird kaum pas­sie­ren«, lach­te Micha, »François wird sie si­cher so wie dich an die Hand neh­men und ei­ne Agen­tin aus ihr ma­chen.«

Da­mit war Leo­nie ein­ver­stan­den. Sie hat­te ihr Le­ben als Auf­trags­kil­le­rin be­gon­nen und ar­bei­te­te jetzt in­ter­na­tio­nal für In­ter­pol und durf­te ih­re Fä­hig­kei­ten dort ein­brin­gen. Ne­ben­bei hat­te sie erst da den Mann ih­res Le­bens und ei­ne ganz be­son­de­re Frau ken­nen­ge­lernt mit de­nen sie jetzt ein Ehe­le­ben auf den Ba­ha­mas füh­ren konn­te. Va­le­ria war eher die ru­hi­ge­re der bei­den Mäd­chen und in­ter­es­sier­te sich wie an­de­re Kin­der für Pfer­de. Do­lo­res und Leo­nie hat­ten sich auch schon in Nassau um­ge­se­hen, wo sie ih­ren Lieb­lings­tie­ren na­he sein konn­te. Ein klei­ner Reit­stall am Rand der Stadt bot für ei­ne ge­rin­ge Ge­bühr so­gar Reit­kur­se an. Mi­cha­el war nicht so be­geis­tert da­von sei­ne Toch­ter auf den Rücken ei­nes Gauls zu set­zen der grö­ßer war als er selbst. Er mach­te sich große Sor­gen um Ver­let­zun­gen, wenn sie ab­ge­wor­fen wur­de. Im­mer­hin wa­ren die Mut­ter von Liz Croll, ih­rer An­füh­re­rin, bei ei­nem Reit­un­fall ge­stor­ben als sie ge­ra­de neun Jah­re alt war. Das soll­te sei­ner Toch­ter auf kei­nen Fall pas­sie­ren.

 

Do­lo­res und Leo­nie be­ru­hig­ten ihn aber. Sein klei­nes Mäd­chen wür­de ja auf klei­nen Foh­len rei­ten ler­nen und nicht auf ein großes Spring­pferd klet­tern um dann da­mit über den Strand rei­ten. Au­ßer­dem war der Platz durch ei­ne Kop­pel be­grenzt. Erst, wenn Va­le­ria ein biss­chen rei­ten ge­lernt hat­te und alt ge­nug war gab es auch die Mög­lich­keit ei­ne Reit­be­tei­li­gung für sie zu be­zah­len. Das be­deu­te­te für die klei­ne, dass sie im­mer das glei­che Pferd ritt, sich aber na­tür­lich auch dar­um küm­mern muss­te. Man konn­te ihr aber auch ein ei­ge­nes Reit­pferd kau­fen und dort im Stall ste­hen las­sen. Aber im Mo­ment war sie ein­fach noch zu jung. Mit ih­ren fünf Jah­ren könn­te sie ge­ra­de mal auf ein Pony auf­stei­gen und ein biss­chen im Frei­en über die Kop­pel rei­ten. Der Reit­stall stell­te so­gar ei­ne Trai­ne­rin zur Ver­fü­gung die für klei­nes Geld den Kin­dern al­les bei­brach­te um sich si­cher im Sat­tel hal­ten zu kön­nen. Schließ­lich beug­te sich Mi­cha­el dem Druck der bei­den Frau­en und stimm­te zu Va­le­ria im Reit­stall an­zu­mel­den.

Leo­nie wür­de un­ter­des­sen Emi­lia die Waf­fen nä­her­brin­gen. Na­tür­lich völ­lig un­ge­fähr­li­che Spiel­zeu­ge die mit Zünd­hüt­chen einen Knall ab­ga­ben, oh­ne ein Pro­jek­til aus­zu­wer­fen. Die ehe­ma­li­ge Auf­trags­kil­le­rin nahm sie auch ins Ge­bet nie­mals auf Le­be­we­sen an­zu­le­gen. Da gab es auch nur ei­ne ein­zi­ge Aus­nah­me. Wenn ihr bö­se Er­wach­se­ne et­was an­tun woll­ten, durf­te sie sich selbst­ver­ständ­lich ver­tei­di­gen, aber auch nur, wenn sie die Leu­te nicht kann­te und klar er­kenn­bar war, dass sie ihr oder ih­ren Freun­den et­was an­tun woll­ten. Zu­sam­men er­klär­ten die drei Agen­ten den bei­den Mäd­chen was sie vor­hat­ten. Die Mäd­chen ju­bel­ten und woll­ten so­fort an­fan­gen.

Mi­cha­el er­in­ner­te die bei­den kur­z­en dar­an, dass da­für erst noch Vor­be­rei­tun­gen nö­tig wa­ren. Va­le­ria be­nö­tig­te für ih­ren Reit­un­ter­richt na­tür­lich noch pas­sen­de Ho­sen und Schu­he so­wie einen pas­sen­den Helm. Oh­ne die Schutzaus­rüs­tung durf­te sie nicht auf ein Pferd stei­gen. Emi­lia brauch­te selbst­ver­ständ­lich auch min­des­tens ei­ne Schutz­bril­le und na­tür­lich ei­ne Spiel­zeug­waf­fe und Rei­ni­gungs­ma­te­ri­al. Das spiel­te für die bei­den klei­nen al­ler­dings kei­ne Rol­le. Sie woll­ten di­rekt nach Nassau und die Sa­chen be­sor­gen.

Es war Sams­tag und die drei Er­wach­se­nen woll­ten ih­re Kin­der na­tür­lich auch nicht ent­täu­schen. Vor al­lem Mi­cha­el konn­te sei­nen bei­den klei­nen Mäd­chen nichts ab­schla­gen. Ei­ne hal­be Stun­de spä­ter star­te­ten die El­tern mit den bei­den im großen SUV nach Nassau. Leo­nie nahm Emi­lia an die Hand und such­te einen Büch­sen­ma­cher auf, wäh­rend Mi­cha­el und Do­lo­res mit Va­le­ria in ei­nem Sport­ge­schäft ver­schwand. Do­lo­res such­te mit der klei­nen einen pas­sen­den Schutz­helm aus wäh­rend Mi­cha­el sich schon um Reit­kla­mot­ten für sei­ne Toch­ter küm­mer­te. Sie brauch­ten fast ei­ne gan­ze Stun­de bis Va­le­ria mit Reit­s­tie­feln und pas­sen­den Ho­sen mit dem Helm un­ter dem Arm auf die Stra­ße trat. Die klei­ne war sicht­lich stolz auf ih­re neue Aus­rüs­tung für die Do­lo­res fast 400 Dol­lar be­zah­len muss­te. Als sie zum Au­to zu­rück­ka­men, war­te­te Leo­nie be­reits mit bren­nen­der Zi­ga­ret­te auf die drei. Emi­lia saß auf dem Rück­sitz und hielt ei­ne täu­schend ech­te Spiel­zeug­waf­fe in der Hand.

Na­tür­lich war die Waf­fe un­ge­la­den und Leo­nie hat­te Emi­lia ver­bo­ten zu zie­len und ab­zu­drücken. Das in­ter­es­sier­te die Klei­ne al­ler­dings herz­lich we­nig, denn sie ließ ih­re Waf­fe nicht aus den Hän­den und dreh­te sie in der Son­ne hin und her. Sie konn­te es kaum er­war­ten im hei­mi­schen Gar­ten da­mit zu schie­ßen. Mi­cha­el trat an den Kof­fer­raum des Fahr­zeugs und woll­te die Be­sor­gun­gen aus dem Sport­ge­schäft dort ver­stau­en. Sein Blick fiel auf die Ver­pa­ckung der Hand­feu­er­waf­fe die Emi­lia stolz ih­rer Schwes­ter prä­sen­tier­te und auf einen noch ver­schlos­se­nen großen Le­der­kof­fer. Ir­ri­tiert frag­te er Leo­nie was sie denn al­les ge­kauft hat­te.

»Die klei­ne Waf­fe die un­se­re Toch­ter ge­ra­de in der Hand hält und noch ei­ne Klei­nig­keit für zu Hau­se. Da­mit kann sie auf mei­nem Schieß­stand ein biss­chen zie­len üben. In dem Kof­fer liegt ein klei­nes Luft­ge­wehr aus der sie zu­min­dest klei­ne Ku­geln ver­schie­ßen kann. Al­les zu­sam­men gab es für ge­ra­de mal 300 Dol­lar.«

Mi­cha­el stöhn­te als er das Zu­be­hör was er für Va­le­ria noch ge­kauft hat­te, in den Kof­fer­raum leg­te. Oh­ne wei­te­re Ver­zö­ge­rung di­ri­gier­te ihn Do­lo­res zu dem Rei­ter­hof den die bei­den Frau­en für ih­re Toch­ter ge­fun­den hat­ten. Va­le­ria konn­te es kaum er­war­ten end­lich auf ei­nem ih­rer ge­lieb­ten Tie­re Platz zu neh­men und ei­ni­ge Run­den auf der Kop­pel zu dre­hen. Emi­lia hin­ge­gen war am Mau­len. Sie woll­te auch end­lich ein biss­chen mit ih­rer glän­zend neu­en Pis­to­le im Gar­ten lie­gen und ein paar Zünd­hüt­chen plat­zen las­sen. Do­lo­res blieb mit ih­rer Toch­ter auf dem Rei­ter­hof wäh­rend Mi­cha­el mit Leo­nie und Emi­lia nach Hau­se fuhr, um die bei­den ab­zu­set­zen. Dann kehr­te er wie­der auf den Rei­ter­hof zu­rück und be­ob­ach­te­te wie sei­ne Toch­ter in vol­ler Mon­tur auf ei­nem Pony ein paar Run­den dreh­te. Sie konn­te gar nicht mehr auf­hö­ren zu lä­cheln. Do­lo­res scherz­te man müss­te ihr nach ei­ni­gen Stun­den das La­chen ope­ra­tiv ent­fer­nen müs­sen.

Als die drei nach drei Stun­den mit ei­ner to­tal über­glück­li­chen Va­le­ria zu­rück­ka­men, lag die klei­ne Emi­lia ne­ben ih­rer Mut­ter auf der Ter­ras­se und schoss mit dem Luft­ge­wehr auf ei­ne we­ni­ge Me­ter ent­fern­te Ziel­schei­ben. Auch sie war über­glück­lich ei­ni­ge Me­tall­ku­geln auf die große Pa­pier­schei­be ab­ge­ben zu dür­fen. Leo­nie half ihr mit ein paar Hin­wei­sen. Va­le­ria stell­te sich noch im­mer in ih­rer ge­sam­ten Rei­ter­kluft hin­ter die bei­den und schau­te ih­rer Schwes­ter zu. Mi­cha­el küm­mer­te sich in­zwi­schen um das Abendes­sen und press­te ei­ni­ge Oran­gen für fri­schen Saft aus. Do­lo­res hat­te ei­ne rie­si­ge Idee und nahm sich ei­ne von den Früch­ten. Da­mit ging sie zu der zie­len­den Emi­lia und sprach Leo­nie an, »Schatz, was meinst du, wenn Emi­lia zum Ab­schluss auf die leuch­ten­de Frucht an­legt?«

»Groß­ar­ti­ge Idee Lieb­ling. Emi­lia wird sie mit ei­nem hüb­schen Loch ver­edeln.«

Leo­nie stopp­te die Be­mü­hun­gen ih­rer Toch­ter und ließ sie das Luft­ge­wehr ab­le­gen. Erst dann stell­te Do­lo­res die rei­fe Frucht ein biss­chen ver­setzt zur dort ste­hen­den Ziel­schei­be auf den Bo­den und ging wie­der hin­ter die klei­ne Schüt­zin. Erst als ih­re zwei­te Mut­ter wie­der hin­ter ihr stand durf­te sie das Chi­li Ca­mo wie­der in die Hand neh­men, um auf die Frucht zu zie­len. Emi­lia leg­te sich das Luft­ge­wehr ge­konnt an ih­re Schul­ter und blick­te durch das auf­ge­schraub­te Ziel­fern­rohr. Leo­nie leg­te ihr vor­sich­tig die Hand auf das Ge­wehr und bat sie sich zu kon­zen­trie­ren und al­les was sie in den ver­gan­ge­nen Stun­den ge­lernt hat­te noch ein­mal durch­zu­ge­hen. Erst dann soll­te sie sich nur noch auf die Oran­ge fo­kus­sie­ren und ab­drücken. Die Klei­ne kon­zen­trier­te sich nur noch auf ih­ren Atem, brach­te das Fa­den­kreuz ih­rer Zie­l­op­tik in die Mit­te der run­den Frucht. Dann at­me­te sie hör­bar aus und drück­te den Aus­lö­ser. Die run­de Stahl­ku­gel ver­ließ den Lauf ih­res Ge­wehrs und traf die Oran­ge am lin­ken obe­ren Rand. Sie leg­te das Ge­wehr lä­chelnd ab und stand auf. Freu­de­strah­lend lief sie zu der an­ge­schos­se­nen Frucht und hielt sie vol­ler Stolz in die Luft.

Die bei­den Müt­ter und ih­re gleich­alt­ri­ge Schwes­ter klatsch­ten ihr Bei­fall. Sie hat­te die Oran­ge sau­ber ge­trof­fen. Mi­cha­el hat­te den Schuss durch das große Ter­ras­sen­fens­ter be­ob­ach­tet und kam nun strah­lend auf sei­ne Toch­ter zu. Er hob sie stolz in die Luft und gab ihr einen di­cken Kuss. Die klei­ne Emi­lia stand ih­rer Mut­ter in nichts nach und schi­en ihr großes Ta­lent ge­erbt zu ha­ben. Mit Emi­lia auf dem Arm ging er zu Va­le­ria und hob sie auf den an­de­ren Arm. Auch sie be­kam einen di­cken Kuss und ein Lob für die Reit­stun­de die sie ab­sol­viert hat­te. Bei­de Kin­der trug er fest an sich ge­drückt zum großen Tisch der be­reits für das Abendes­sen ein­ge­deckt war.

Das Abendes­sen hat­te sich Do­lo­res ge­wünscht. Mi­cha­el hat­te für die ge­sam­te Groß­fa­mi­lie Hack­bäll­chen in To­ma­ten-Pa­pri­ka­sau­ce mit Reis und Salat zu­be­rei­tet. Hät­te er die bei­den Kin­der ge­fragt gab es kei­ne große Aus­wahl. Je­de Fra­ge nach ei­nem Es­sen be­ant­wor­te­ten sie mit ih­ren Lieb­lings­ge­rich­ten. Ent­we­der al­les mit Pom­mes, Piz­za, Spaghet­ti Bo­lo­gne­se mit ex­tra Par­me­san oder Schnit­zel in sämt­li­chen Va­ria­tio­nen. Hack­bäll­chen stan­den nicht sehr hoch in der Gunst der Kin­der, aber sie hat­ten be­reits zum Mit­tag ei­ne Piz­za be­kom­men.

Emi­lia und Va­le­ria er­leb­ten ei­ne wun­der­vol­le Kind­heit. Die bei­den wa­ren un­ter den an­de­ren Kin­dern in Nassau et­was Be­son­de­res. Bei­de wuch­sen drei­spra­chig auf und wa­ren die ein­zi­gen Kin­der die nicht nur ei­ne Mut­ter, son­dern gleich zwei ihr ei­ge­nen nen­nen konn­ten. Die Amtss­pra­che in Nassau war na­tür­lich Eng­lisch was die bei­den als Mut­ter­spra­che lern­ten, da­ne­ben lern­ten sie aber auch noch Spa­nisch von Do­lo­res und eben Deutsch von Mi­cha­el. Auch die Er­wach­se­nen konn­ten mitt­ler­wei­le die drei Spra­chen fast ta­del­los. Auch Liz hat­te sich ne­ben Eng­lisch noch an wei­te­ren Spra­chen ver­sucht. Die Che­fin des Te­ams konn­te ne­ben ih­rer Mut­ter­spra­che nun auch gut ge­nug Spa­nisch.