Geschichte der deutschen Entwicklungspolitik

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Abkürzungsverzeichnis


AA Auswärtiges Amt
ADB Asian Development Bank
AfDB African Development Bank
AGEH Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe e. V.
AIDS Acquired Immunodeficiency Syndrom
AKP Afrikanische, Karibische und Pazifische Staaten
AvH Alexander von Humboldt-Stiftung
AwZ Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit
BfE Bundesstelle für Entwicklungshilfe
BGR Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
BK Betriebliche Kooperation
BM Bundesminister
BMWi Bundesministerium für Wirtschaft
BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
BRICSLänder Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika
BSP Bruttosozialprodukt
CDG Carl Duisberg Gesellschaft e. V.
CFI Christliche Fachkräfte International
CIC Center for International Cooperation
CSR Corporate Social Responsibility
DAAD Deutscher Akademischer Austauschdienst
DAC Development Assistance Committee
DDR Deutsche Demokratische Republik
DED Deutscher Entwicklungsdienst
DEG Deutsche Investitions und Entwicklungsgesellschaft
DEVAL Deutsches Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit
DFB Deutscher Fußballbund
DFG Deutsche Forschungsgemeinschaft
DGVN Deutsche Gesellschaf für die Vereinten Nationen
DIE Deutsches Institut für Entwicklungspolitik
DIHT Deutscher Industrie und Handelstag
DOSB Deutscher Olympischer Sportbund
DSE Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung
DSU Deutsche Soziale Union
Dienste in Übersee
EED Evangelischer Entwicklungsdienst
EF Entwicklungspolitisches Forum
EG Europäische Gemeinschaft
Eirene Internationaler Christlicher Friedensdienst
EKD Evangelische Kirche Deutschlands
ERP European Recovery Programm
ERT Entwicklungspolitischer Runder Tisch
EU Europäische Union
EZ Entwicklungszusammenarbeit
FAO Food and Agriculture Organization of the United Nations
FCKW Fluorchlorkohlenwasserstoff
FZ Finanzielle Zusammenarbeit
GAWi Garantie Abwicklungsgesellschaft
GEP Globale Entwicklungspartner
GEF Global Environmental Facility
G7/G8 Gruppe der sieben großen westlichen Industrieländer (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada, USA) und Russland
GIZ Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit
GSG 9 Grenzschutztruppe 9 der Bundespolizei
GTZ Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
HIPC Highly Indebted Poor Countries
HIV Human Immunodeficiency Virus
HO Handelsorganisation der DDR
IDA International Development Association
IFAD Internationaler Fonds für Landwirtschaft und Entwicklung
IG Metall Industriegewerkschaft Metall
IMF International Monetary Fund
INEF Institut für Entwicklung und Frieden
InWEnt Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH
IRA Interministerieller Referentenausschuss
ISAF International Security Assistance Force
IUCN International Union for Conservation of Nature
IWF Internationaler Währungsfonds
KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau
LDC Least Developed Countries
MDB Mitglied des Bundestages
MDG Millennium Development Goals
MIGA Multilateral Investment Guarantee Agency
Misereor Bischöfliches Hilfswerk (lat. Misereor „Ich erbarme mich“)
MWZ Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit der DDR
NATO North Atlantic Treaty Organization
NGO NonGovernmental Organization
NRO Nichtregierungsorganisation
ODA Official Development Assistance
ODI Overseas Development Institute
OECD Organization for Economic Cooperation and Development
OMVG Organisation pour la Mise en Valeur du Fleuve Gambie
OMVS Organisation pour la Mise en Valeur du Fleuve Sénégal
OPEC Organization for Petroleum Exporting Countries
PPP Public Private Partnership
PSPPA Poverty and Social Policy Programme for Africa
PTB PhysikalischTechnische Bundesanstalt
SADCC Southern Africa Development Coordination Conference
SDG Sustainable Development Goals
SED Sozialistische Einheitspartei Deutschlands
SEF Stiftung Entwicklung und Frieden
SES Senior Experten Service
S24/E31 Sondereinheit 24/Einheit 31
TOSD Total Official Support for Development
TZ Technische Zusammenarbeit
UdSSR Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken
UN United Nations
UNCCD United Nations Convention to Combat Desertification
UNCED United Nations Conference on Environment and Development
UNDP United Nations Development Programme
UNEP United Nations Environment Programme
UNFCCC United Nations Framework Convention on Climate Change
UNFPA United Nations Population Fund
UNHabitat United Nations Human Settlements Programme
UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees
UNICEF United Nations International Children’s Emergency Fund
UNIFEM United Nations Development Fund for Women
UNV United Nations Volunteers
UVP Umweltverträglichkeitsprüfung
VENRO Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen
VN Vereinte Nationen
WBGU Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen
WFD Weltfriedensdienst
WFP World Food Programme
ZEF Zentrum für Entwicklungsforschung
ZEi Zentrum für Europäische Integration
ZFD Ziviler Friedensdienst

1 Grundwissen Entwicklungspolitik
❋ Definitionen

Die EntwicklungspolitikEntwicklungspolitik umfasst alle Maßnahmen der Industrieländer zur Förderung der sozialen, ökonomischen und ökologischen Entwicklung in Entwicklungsländern.

 

Der Begriff EntwicklungslandEntwicklungsland wird häufig unscharf verwendet, denn eine einheitliche Definition gibt es nicht. Entwicklungsländer weisen in der Regel gemeinsame Merkmale auf: Unterernährung größerer Gruppen der Bevölkerung, Armut im Sinne eines niedrigen Pro-Kopf-Einkommens und mangelnder Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Prozess, schlechte Gesundheitsversorgung, unzureichende Bildungsmöglichkeiten, hohe Arbeitslosigkeit sowie eine extrem ungleiche Einkommens und Vermögensverteilung.

Eine Liste der Entwicklungsländer hat der Entwicklungsausschuss (DAC) der OECD erstellt. Diese Liste wird ständig aktualisiert. Über die Website des BMZ kann diese Liste eingesehen werden:

www.bmz.de/de/ministerium/zahlen_fakten/hintergrund/dac_länderliste

❋ Ziele

Die deutsche Entwicklungspolitikentwicklungspolitische Ziele verfolgt vier Ziele:

1 die weltweite Armut zu bekämpfen,

2 den Frieden zu sichern und Demokratie zu verwirklichen,

3 die Globalisierung gerecht zu gestalten und

4 die Umwelt zu schützen.

Diese Anliegen ergänzen sich gegenseitig und stehen in einem inne­­ren Wirkungszusammenhang.

❋ Arten

Unter Entwicklungspolitik im engeren Sinne versteht man die Entwicklungszusammenarbeit. Die Entwicklungspolitik im weiteren Sinne ist die globale Strukturpolitik.

EntwicklungspolitikEntwicklungspolitikim engeren Sinne im engeren Sinne (Entwicklungszusammenarbeit)

Der Entwicklungsausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Development Assistance Commitee, DAC) definiert Öffentliche EntwicklungszusammenarbeitÖffentliche Entwicklungszusammenarbeit (Official Development Assistance, ODA-ODA) als Leistungen der OECD-Länder, die von öffentlichen Stellen stammen und

 in Form von Zuschüssen oder Darlehen gewährt werden, was im Falle der Darlehen bedeutet, dass die Mittel ein Zuschusselement von 25 % aufweisen müssen (Konzessionalität),

 dem Hauptziel der Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung von Entwicklungsländern dienen und

 an Entwicklungsländer bzw. Staatsangehörige von Entwicklungsländern oder an internationale Organisationen zugunsten von Entwicklungsländern vergeben werden.1

In der entwicklungspolitischen Praxis wird zwischen bilateraler und multilateraler Entwicklungszusammenarbeit unterschieden: Bilaterale Entwicklungszusammenarbeit wird von einem einzelnen Staat, multilaterale Entwicklungszusammenarbeit hingegen von einer internationalen Einrichtung vergeben. Grundsätzlich bevorzugen staatliche Geber die bilaterale gegenüber der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit, nur knapp 30 % wird über multilaterale Stellen (einschließlich der EU) zur Verfügung gestellt.

Bilaterale EntwicklungszusammenarbeitEntwicklungszusammenarbeitbilateral

Im Rahmen der bilateralen staatlichen Zusammenarbeit unterstützt die Bundesregierung Projekte und Programme der Partner. Sie leistet ihre Beiträge unmittelbar an ein Partnerland und schließt mit ihm darüber völkerrechtlich gültige Verträge ab.

Die staatliche bilaterale Entwicklungszusammenarbeit verfügt im Wesentlichen über folgende Instrumente:

 Finanzielle ZusammenarbeitZusammenarbeitfinanzielle (FZ): Sie dient überwiegend dem Aufbau leistungsfähiger Strukturen sowie der Finanzierung von Sachgütern bzw. Anlageinvestitionen und wird den Entwicklungsländern in der Regel in Form günstiger Kredite – für ärmste Entwicklungsländern (LDC) als nichtrückzahlbare Finanzierungsbeiträge – zur Verfügung gestellt. Bei der Finanziellen Zusammenarbeit werden vornehmlich Investitionen zum Ausbau der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, zum Umwelt, Klima und Ressourcenschutz sowie zur Stärkung des Finanzsektors finanziert.

 Technische ZusammenarbeitZusammenarbeittechnische (TZ): Sie hat vor allem die Aufgabe, die Fähigkeiten von Menschen, Organisationen und Gesellschaften in den Partnerländern zu erhöhen (Capacity Development). Technische Zusammenarbeit umfasst unter anderem folgende Leistungen: Beratung durch Fachkräfte, Finanzierung von Beratungsleistungen, Bereitstellung von Ausrüstung und Material für die Ausstattung der geförderten Einrichtungen und die Erstellung von Studien und Gutachten. Die Leistungen der Technischen Zusammenarbeit werden unentgeltlich erbracht.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beauftragt Durchführungsorganisationen mit der konkreten Umsetzung der entwicklungspolitischen Vorhaben der Bundesregierung. Die verantwortliche Organisation für die

 finanzielle Zusammenarbeit ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau EntwicklungsbankKreditanstalt für Wiederaufbau Entwicklungsbank (KfW),

 technische Zusammenarbeit die Deutsche Gesellschaft für Internationale ZusammenarbeitDeutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

In Einzelfällen werden die Leistungen auch direkt von der Bundesregierung erbracht, z.B. von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) oder der PhysikalischTechnischen Bundesanstalt (PTB).

Neben der staatlichen technischen Zusammenarbeit, die im Auftrag der Bundesregierung geleistet wird, umfasst die bilaterale Zusammenarbeit auch die nicht-staatliche Zusammenarbeitnicht-staatliche Zusammenarbeit, in deren Rahmen private Träger in eigener Verantwortung – aber gefördert mit staatlichen Zuschüssen – TZMaßnahmen durchführen.

Auch Nahrungsmittel, Not und Flüchtlingshilfe, die Ernährungssicherungsprogramme und die Förderung der Zusammenarbeit mit der deutschen Wirtschaft mit Entwicklungsländern sind Formen der bilateralen Zusammenarbeit.

 

Zu den zivilgesellschaftlichen Organisationenzivilgesellschaftliche Organisationen, deren eigene Entwicklungsarbeit die Bundesregierung seit über 40 Jahren fördert, gehören

 die KirchenKirchen (Evangelischer Entwicklungsdienst, Misereor),

 politische Stiftungenpolitische Stiftungen (KonradAdenauerStiftungKonradAdenauerStiftung, HannsSeidelStiftungHannsSeidelStiftung, Friedrich-Ebert-StiftungFriedrich-Ebert-Stiftung, FriedrichNaumannStiftungFriedrichNaumannStiftung, HeinrichBöllStiftungHeinrichBöllStiftung, RosaLuxemburgStiftungRosaLuxemburgStiftung),

 private Trägerprivate Träger (z.B. WelthungerhilfeWelthungerhilfe, Kolping InternationalKolping International, Terre des HommesTerres des Hommes, Deutscher Genossenschaft und RaiffeisenverbandDeutscher Genossenschaft und Raiffeisenverband, KindernothilfeKindernothilfe, Deutscher VolkshochschulverbandDeutscher Volkshochschulverband, WeltfriedensdienstWeltfriedensdienst, AndheriHilfeAndheriHilfe, Karl-Kübel-StiftungKarl-Kübel-StiftungKarl-Kübel-Stiftung, Don Bosco Mondo e.V., Eirene – Internationaler Christlicher Friedensdienst, SolwodiDon Bosco Mondo e. V.).

Die Förderung zivilgesellschaftlicher Organisationen macht etwa 10 % an den Gesamtausgaben des BMZ-Haushaltes aus.

Zur Lösung globaler Strukturprobleme werden weltweit engagierte akademische Führungskräfte benötigt. Mit vielfältigen ProgrammMaßnahmen fördert das Ministerium daher im Rahmen der Wissenschafts und Hochschulkooperation die Anbindung der Partnerländer an globale Wissensnetze und die Qualifizierung akademischer Fach und Führungskräfte in entwicklungsrelevanten Sektoren. Dazu zählen die Programme des Deutschen Akademischen AustauschdienstesDeutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD), der Alexander von Humboldt-StiftungAlexander von Humboldt-Stiftung (AVH) und der Deutschen ForschungsgemeinschaftDeutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die auch vom BMZ finanziell gefördert werden.

Das BMZ arbeitet in der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit mit folgenden Partnerländern zusammen.


Region Kooperationsland
Asien Afghanistan, Bangladesch, Indien, Indonesien, Kambodscha, Kirgistan, Laos, Mongolei, Nepal, Pakistan, Tadschikistan, Usbekistan, Vietnam
Südosteuropa/ Kaukasus Albanien, Kosovo, Serbien, Ukraine
Lateinamerika und Karibik Bolivien, Brasilien, Ecuador, Guatemala, Honduras, Kolumbien, Mexiko, Peru
Naher Osten Ägypten, Jemen, Palästinensische Gebiete
Afrika Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Burundi, Ghana, Kamerun, Kenia, Demokratische Republik Kongo, Mali, Malawi, Marokko, Mauretanien, Mosambik, Namibia, Niger, Ruanda, Sambia, Südafrika, Südsudan, Tansania, Togo, Uganda

Tab. 1: Bilaterale entwicklungspolitische Zusammenarbeit: Kooperationsländer mit bilateralem Länderprogramm


Region Kooperationsland
Asien Myanmar, Philippinen, Sri Lanka, TimorLeste, Länderübergreifende Zusammenarbeit Zentralasien (bezieht auch die Länder Kasachstan und Turkmenistan mit ein)
Südosteuropa/ Kaukasus Bosnien und Herzegowina, Kaukasus-Initiative (Armenien, Aserbaidschan, Georgien), Moldau
Lateinamerika und Karibik KaribikProgramm (Dominikanische Republik, Haiti, Kuba), Costa Rica, El Salvador, Nicaragua, Paraguay
Naher Osten Irak*, Jordanien, Syrien, Libanon*
Afrika Algerien, Programm „Fragile Staaten Westafrika“ (Elfenbeinküste, Sierra Leone, Liberia, Guinea), Madagaskar, Nigeria, Senegal, Tunesien, Libyen*, Somalia*, Tschad*, Zentralafrikanische Republik*

* Länder mit vorübergehender Zusammenarbeit im Rahmen langfristig strukturbildender Maßnahmen

Tab. 2: Bilaterale entwicklungspolitische Zusammenarbeit: Kooperationsländer mit fokussierter regionaler oder thematischer Zusammenarbeit

Thematische Schwerpunkte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sind: Bildung, Gesundheit, ländliche Entwicklung, gute Regierungsführung, Klimaschutz und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Leitprinzip ist dabei der Schutz der Menschenrechte.