Die Pferdelords 12 - Der Ritt zu den goldenen Wolken

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Sari: Die Pferdelords #12
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Die Pferdelords 12 - Der Ritt zu den goldenen Wolken
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Michael Schenk

Die Pferdelords 12 - Der Ritt zu den goldenen Wolken

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1 Übersicht und Hinweise zu Karten

Kapitel 2 Prolog

Kapitel 3 Pferdelords 12 – Teil 1

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24 Pferdelords 12 – Teil 2 (5 Jahre später)

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66 Karte „Pferdelords – Die Völker“

Kapitel 67 Karte „Die zweite Grenze“

Kapitel 68 Karte „Die Schlacht von Khalanaris“

Kapitel 69 Karte „Die Schlacht am Mitteltor“

Kapitel 70 Karte „Die Schlacht von Mintris“

Kapitel 71 Personenregister

Kapitel 72 Einige Maßeinheiten und Definitionen

Kapitel 73 Hinweis auf meine anderen Romane

Impressum neobooks

Kapitel 1 Übersicht und Hinweise zu Karten

Michael H. Schenk

Die Pferdelords 12

- Der Ritt zu den goldenen Wolken -

Fantasy-Roman

© Überarbeitete Neuauflage Michael Schenk 2020

Die Pferdelords-Reihe:

Pferdelords 01 – Der Sturm der Orks

Pferdelords 02 – Die Kristallstadt der Zwerge

Pferdelords 03 – Die Barbaren des Dünenlandes

Pferdelords 04 – Das verborgene Haus der Elfen

Pferdelords 05 – Die Korsaren von Um´briel

Pferdelords 06 – Die Paladine der toten Stadt

Pferdelords 07 – Das vergangene Reich von Jalanne

Pferdelords 08 – Das Volk der Lederschwingen

Pferdelords 09 – Die Nachtläufer des Todes

Pferdelords 10 – Die Bruderschaft des Kreuzes

Pferdelords 11 – Die Schmieden von Rumak

Pferdelords 12 – Der Ritt zu den goldenen Wolken

Die vorliegende Neuauflage der e-Books wurde von mir überarbeitet, ohne deren Inhalte zu verändern. Begriffe wurden vereinheitlicht und die Romane durch überarbeitete oder zusätzliche Karten ergänzt.

Viel Lesevergnügen wünscht Ihnen

Michael H. Schenk

Hinweis:

Kapitel 66: Karte der Völker der Pferdelords-Reihe

Kapitel 67: Karte „Die zweite Grenze“

Kapitel 68: Karte „Die Schlacht um Khalanaris“

Kapitel 69: Karte „Die Schlacht am Mitteltor“

Kapitel 70: Karte „Die Schlacht um Mintris“

Kapitel 71: Personenregister

Kapitel 72: Einige Maße und Definitionen

Kapitel 73: Hinweis auf meine anderen Romane

Kapitel 2 Prolog

Einst war das Volk umhergezogen, um den kleinen Herden des wilden Hornviehs zu folgen und das Getreide jener Flächen zu ernten, auf denen die Natur es wachsen ließ. Es waren Familiengruppen, die ein bestimmtes Gebiet für sich beanspruchten. Irgendwann entwickelte man die Fertigkeit des Reitens und aus den Nomaden wurde ein Pferdevolk. Die Pferde ermöglichten die Kontrolle über größere Regionen und verhalfen dabei zu nie zuvor erlebter Schnelligkeit. Die Familiengruppen wuchsen heran zu großen Clans, welche feste Siedlungen errichteten. Ackerbau und Hornviehzucht wurden entwickelt.

Es war die Zeit, in der die ersten Legenden des Pferdevolkes entstanden. Einige von ihnen würden die Jahrtausende überdauern.

 

So galten das Krachen eines Gewitters und das Zucken der Blitze als der Zorn jener Kämpfer, die in Unehre gestorben waren und noch immer darum kämpften, ihre Ehre und den ewigen Frieden zu erlangen.

Das immer schneller werdende Schlagen gegen die Rundschilde entstand, um die Toten zu ehren, denn das Geräusch ähnelte dem Galopp der herannahenden Reiter und der dröhnende Rhythmus sollte die Gefallenen zu den Goldenen Wolken geleiten. Die Goldenen Wolken, die von immerwährendem Ruhm der Toten kündeten.

Nun näherte sich die Zeit, die über das Schicksal aller Völker entscheiden sollte.

Vor fünftausend Jahren hatten die Völker noch in Frieden gelebt und sich langsam ausgebreitet. Der Kontinent von Alnaris bot guten Lebensraum mit ausgedehnten Wäldern, fruchtbaren Ebenen und erzhaltigen Gebirgen. Kontakte und Handel entstanden zwischen den Reichen von Julinaash, Rushaan, Jalanne, Rumak, Alnoa und den Clans des Pferdevolkes. Man stieß auf die unsterblichen Elfen und auf das fleißige Bauernvolk der Zwerge. So verschieden die Kulturen auch waren, so führten diese Unterschiede doch nicht zu ernsthaften Spannungen. Aus Handel entstand ein loses Bündnis, welches sich schon bald bewähren musste.

Alnaris trug mächtige Gebirge, welche ganze Regionen voneinander trennten und nur an wenigen Stellen passierbar waren. So trennten das Eis des Nordens und der Stein der Gebirge die Länder des ersten Bundes von den Territorien des Ostens. Dort entwickelte sich eine furchtbare Macht, als der Schwarze Lord seine Legionen von Orks heranzüchtete und dabei begehrlich auf die freien Länder blickte.

Die Menschenreiche des ersten Bundes ahnten nichts von der wachsenden Bedrohung im Osten und entwickelten sich sehr unterschiedlich.

Das Pferdevolk lebte weit im Westen und war erst dabei, seine Clans zu einem Königreich zu einen. Alnoa erlernte gerade die Fertigkeit, Rüstungen und Waffen zu schmieden. Julinaash und Rushaan verfügten hingegen über metallene Krieger und Festungen, deren Waffen mit Licht töteten. Sie besaßen gepanzerte Wagen und Metallvögel, deren Druckbomben die Verheerung in sich trugen.

Das kleine Königreich von Rumak jenseits des großen Gebirges von Uma´Roll grenzte als einziges direkt an das Reich des Schwarzen Lords und war am meisten gefährdet. Dort ahnte man die Gefahr und aus den Schmieden Rumaks floss ein steter Strom von Waffen. Aber das kleine Menschenreich hatte nur wenige Kämpfer, welche einem Feind entgegentreten konnten.

Das südliche Reich von Jalanne verfügte ebenfalls über Waffen des Lichttodes, seine eigentliche Macht lag jedoch in der Magie seiner Zauberer und deren Stadt Lemaria.

Der Schwarze Lord wusste um die Wirkung der Menschenwaffen und auch um die Kraft, die der Wille zur Freiheit den Völkern verlieh. So bereitete er sich gründlich vor und machte sich dabei die Habgier und den Neid der Menschen zunutze. Geschickt schürte er Misstrauen und Zwietracht unter den Völkern und in jenem Augenblick, da das Bündnis der Völker zu zerfallen begann, marschierten seine Legionen der Orks.

Die Magier von Jalanne warfen ihre magischen Sonnenfeuer auf das ferne Rushaan. Menschen und Land vergingen dort, doch die metallenen Krieger, die Paladine Rushaans, überlebten. Ihre Metallvögel warfen Druckbomben auf die Stadt der Magier, die in den Fluten des umgebenden Binnensees versank. Das kleine Rumak wurde von den Legionen der Orks überrannt und ging in der letzten Schlacht um die Festung von Merdoret unter.

So war das Bündnis der freien Länder auf verhängnisvolle Weise geschwächt, als die Orks über die Pässe der Gebirge drangen.

Das Volk der Zwerge lebte in den fruchtbaren mittleren Ebenen von Ackerbau und Handel. Die „kleinen Herren“ waren als Schreiner geachtet und ihre zierlichen und doch robusten Möbel waren in allen Reichen begehrt. Sie waren gewiss kein Volk von Kämpfern und ihre einfachen Jagdbogen und Lederwamse erwiesen sich als schlechtes Rüstzeug gegen den heranstürmenden Feind. Aber die Zwerge lernten zu kämpfen und wehrten sich erbittert, während die verbliebenen Menschenreiche versuchten, ihre Kräfte zu sammeln. So war das kleine Volk größtenteils auf sich alleine gestellt und stand vor seinem Untergang. Den tapferen Zwergen blieb keine andere Wahl, als die alte Heimat aufzugeben. Ein großer Teil ging in die Berge und schuf dort seine unterirdischen Höhlen und Kristallstädte. Hier entstanden die Legenden der Zwerge als Steinmetze und Krieger. Ein anderer Teil suchte seine Heimat in den schwimmenden Clanstädten auf den Meeren. Die Erinnerung an diese Ereignisse brannte sich unauslöschlich in das Bewusstsein der Zwerge ein und machte sie für die Zukunft zu unerbittlichen Kämpfern.

Der Krieg zwischen den freien Ländern einerseits und dem Schwarzen Lord und seinen Orks andererseits tobte über viele Jahre. An einer Front, die Tausende von Längen maß. Es gab kleine Scharmützel und gewaltige Schlachten, die Leben auslöschten und das Land zerstörten. Erst als sich Elfen und Menschen zum entscheidenden Kampf stellten, gelang es, die Legionen zu vernichten und den Schwarzen Lord hinter das Gebirge zurückzutreiben.

Die Folgen des großen Krieges waren furchtbar.

Rumak schien untergegangen, die Reiche von Jalanne und Rushaan waren ausgelöscht und vom nördlichen Julinaash gab es keine Nachrichten mehr. Nur das Königreich von Alnoa und das Pferdevolk schienen von den menschlichen Völkern überlebt zu haben. Geschunden und nahezu vernichtet und doch mit der menschlichen Eigenschaft versehen, nicht aufzugeben und neu zu erstarken.

Jahrtausende vergingen, in denen Frieden herrschte. Aber die Folgen des Krieges begannen das alte Land des Pferdevolkes zu verändern. Sand eroberte die fruchtbaren Ebenen und ließ die Wälder versinken. Mit dem Sand drangen die Barbaren vor und der Kampf gegen die Sandkrieger einte das Pferdevolk endgültig. Doch der Feind war zu stark und die Pferdelords mussten weichen. Sie fanden ihre neue Heimat in jenen Ebenen, aus denen der Krieg die Zwerge vertrieben hatte. Die Clans des Pferdevolkes waren nun zu einem Königreich zusammengewachsen und gründeten ihre Marken. Sie waren ein traditionsbewusstes Volk, dem das bescheidene Leben genügte und welches seine Wehrhaftigkeit in seinen Kämpfern, den Pferdelords, und auf dem Rücken der Pferde fand.

Das Königreich von Alnoa erholte sich ebenfalls und begann sich erneut zu entwickeln. Brennsteinmaschinen stampften in den Städten und trieben die Schiffe an, Dampfkanonen schützten Stadtwälle und Festungen.

All die Jahrtausende vergingen und aus der Erinnerung an den großen Krieg gegen den Schwarzen Lord und seine Orks wuchsen Legenden. Legenden, welche an die stete Bedrohung durch die Finsternis mahnten und doch allmählich zu ihrem Vergessen beitrugen.

Dann, vor dreißig Jahren, erhob sich die Finsternis mit neuer Macht.

Unzählige Legionen von Orks schienen unter dem Befehl des Schwarzen Lords zu stehen.

Erneut traten ihnen Menschen und Elfen entgegen. In erbitterten Kämpfen wurden die Angriffe abgewiesen, doch die entscheidende Schlacht war noch nicht geschlagen. Dann verließ das Volk der Elfen die alte Heimat und brach zu seinen neuen Ufern auf. In dieser Stunde der Not trat das Volk der Zwerge an die Seite der Menschen. Aber die freien Völker waren zu schwach, um in das Land des Schwarzen Lords vorzustoßen. So belauerten sich die Feinde an den wenigen Pässen, die ein Vordringen ermöglichten.

Doch bald zeigte sich, dass der Herr der Finsternis auf eine Weise erstarkte, die man nie zuvor erlebt hatte. Dieses Mal verfügte er über menschliche Verbündete – das Volk der Rumaki, welches man ausgelöscht gewähnt hatte und welches nun vom Hass auf die freien Völker beherrscht wurde. Viele seiner Krieger waren heimlich über die Grenze nach Alnoa eingedrungen. Obwohl man etliche hatte fangen oder töten können, hielten sich andere verborgen. Ihre Augen und Ohren waren Teil der Bedrohung und die Bruderschaft des Kreuzes berichtete ihrem Herrn von den Ereignissen in den Ländern des Bündnisses. In den Schmieden Rumaks entstanden neue Waffen, die den endgültigen Sieg über den Feind sichern sollten.

Noch standen sich die Kontrahenten an den Pässen gegenüber, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis der folgenreiche Sturm der Legionen des Schwarzen Lords beginnen würde.

Kapitel 3 Pferdelords 12 – Teil 1

Das Land des Ostens war einst fruchtbar gewesen, bevor das große Schlachten es verwüstete. Seitdem waren Jahrtausende vergangen und die Natur hatte sich zum großen Teil erholt. Es gab noch immer Wüstenregionen. Im Nordosten die der Ebene von Cantarim und im Südosten die von Cemenghil. Ihre heißen und trockenen Bereiche wurden von den Orks besonders geschätzt, denn sie waren die Hitze von ihren unterirdischen Bruthöhlen gewohnt und Kälte setzte ihnen zu. Im Winter, wenn die Flocken des weißen Totentuches vom Himmel sanken, harrten sie daher in ihren Festungen aus. Dann mussten sie von den Vorräten leben, die während der warmen Jahreszeit gesammelt worden waren. Nur wenige wagten sich in dick gefütterten Rüstungen in die Kälte, wenn der Dienst am Schwarzen Lord dies verlangte.

Um die Wüsten herum war das Land neu erblüht. Es gab fruchtbare Ebenen und weite Wälder, die denen im Westen ähnelten. Das Volk von Rumak beherrschte nicht nur die Schmiedekunst, sondern auch den Ackerbau und die Viehzucht und trug wesentlich dazu bei, die Festungen und Bruthöhlen mit dem Erforderlichen zu versorgen und so die Macht des Herrschers wachsen zu lassen. Orks und Rumaki mochten Verbündete sein, dennoch mieden sie einander, wo es nur ging, denn ihre Bedürfnisse unterschieden sich gewaltig. Für die Rundohren und Spitzohren aus den Bruthöhlen waren die Wiesen, Felder und Wälder nichts als stinkende und modrige Notwendigkeiten, die sie nur deshalb akzeptierten, weil sie der Nahrungsbeschaffung dienten.

Und sie brauchten viel Nahrung.

Immer mehr, denn ihre Zahl wuchs und in den Schmieden der Ork-Festungen und denen der Rumaki entstanden jene Waffen und Rüstungen, die endlich den Sieg bringen sollten. Immer mehr Truppen sammelten sich in den Legionslagern entlang der natürlichen Grenzen, welche die Gebirge bildeten. In den Festungen an den Pässen wartete man auf den Befehl zum Angriff.

Doch dieser ließ auf sich warten.

Den kleinen Spitzohren der Orks, die nicht gerade für ihre Tapferkeit gerühmt wurden, war dies nur recht, doch bei ihren großen Brüdern, den Rundohren, wuchs die Ungeduld, sich endlich bewähren und einen Namen machen zu können.

Doch der Befehl kam nicht.

So lag eine immense Anspannung über den Legionen. Aller Blicke waren gen Antas-Nataar gerichtet, jenem Ort, an dem der Schwarze Lord über alles gebot.

Der schwarze Turm von Antas-Nataar lag im Zentrum des Reiches, dort, wo die fruchtbare Ebene von Ciritharn begann. Es war ein mächtiges Bauwerk, welches zu unglaublicher Höhe aufragte und dessen Silhouette von Weitem zu erkennen war. Das Gebilde bestand aus glattem grauem Stein, der von feinen weißen Adern durchzogen schien, und verdankte seine Bezeichnung „schwarzer Turm“ ausschließlich der Tatsache, dass hier der Schwarze Lord residierte. Der Turm besaß die Form eines spitzen Kegels, der mit der Basis auf dem Boden stand und sich nach oben zu einer schlanken Nadel verjüngte. Diese wurde von einer Kugel gekrönt. Teile des Magierturms waren mit fremdartigen Symbolen verziert, die sich in einem intensiven Blau vom Mauerwerk abhoben.

Vor zwei Jahren war die feuerwerfende Faust des Allerhöchsten durch einen wagemutigen Angriff des Pferdevolkes vernichtet worden. Viele der Grauen Wesen, deren magische Kräfte dem Schwarzen Lord dienten, waren damals umgekommen. Jene hatten auch den Turm bewacht und nun, da es nur noch wenige von ihnen gab, waren einige Kohorten der Rundohren an ihre Stelle getreten. Die unmittelbare Nähe des Herrschers bereitete selbst diesen tapferen Kriegern Unbehagen, umso mehr, da ihnen zugleich der Gestank des „Grünzeugs“ in die Nase stieg. Der Turm von Antas-Nataar befand sich inmitten einer parkähnlichen Anlage, deren Harmonie und betäubende Düfte Übelkeit bei den Orks hervorriefen. Viele versuchten sich zu schützen, indem sie ihre Geruchsöffnungen mit allerlei Hilfsmitteln verstopften.

Die Rundohren gehörten zu den Eisenbrüsten, welche die neuen Rüstungen trugen. Harnische, die nach vorne die Form eines spitzen Keils aufwiesen und an denen ein frontaler Stoß und auch jedes Geschoss abprallen musste. Die Panzerungen waren schwer und unhandlich und doch trugen die Legionäre sie mit Stolz. Während es den kleinen Spitzohren zur gefährlichen Pflicht gehörte, dem Allerhöchsten zu dienen, war es für die Kämpfer der Rundohren auch eine Frage ihrer Ehre. Seit die ersten Exemplare der beiden so verschiedenen Ork-Arten aus ihren Brutbeuteln geschlüpft waren, gab es Rivalität zwischen ihnen. Die Rundohren verachteten die Feigheit der Spitzohren, welche diese hingegen als kluge Zurückhaltung und Überlebensstrategie erachteten.

 

So tat sich die Ehrenwache am Turm noch immer schwer damit, zu begreifen, dass vor Jahren ausgerechnet eines der Spitzohren den Aufstieg zum Legionsoberführer geschafft hatte. Ein Spitzohr, und zudem eines, dessen Ruf unter den Rundohren noch weitaus schlechter als ohnehin üblich war. Zusätzlich erboste es sie, dass diese schmächtige Kreatur eine Rüstung trug, welche jener der Rundohren nachempfunden war. Für die Krieger symbolisierte Einohr, wie besagtes Spitzohr hieß, ein Subjekt ihres nur mühsam unterdrückten Hasses, die anderen seiner Art sahen in ihm hingegen ein Zeichen des Triumphes, denn die mächtigen Kämpfer mussten einem der Ihren Respekt zollen.

Im Augenblick schritt besagter Einohr den mit Steinplatten ausgelegten Weg entlang, der von der nahen Siedlung durch den Park hindurch zum Eingang des schwarzen Turms führte. Der Legionsoberführer trug seine auf Hochglanz polierte Rüstung und den Helm mit den drei grellroten Querkämmen, die seinen hohen Rang verdeutlichten. An der Seite hing die Nachbildung eines Schlagschwertes der Rundohren, in Größe und Gewicht dem Spitzohr angepasst. Im Gegensatz zu den Kriegern, deren metallene Kampfstiefel die Zehen frei ließen, trug Einohr allerdings weiche Lederstiefel, wie sie bei seiner Art beliebt waren.

„Ich sage dir, eine lange Phase der Finsternis und eine stille Ecke, und ich schlachte dieses aufgeblasene Spitzohr“, knurrte eine der Wachen, deren rötlich gelbe Augen unter dem Helm kaum zu erkennen waren. „Er hat uns mehr tapfere Rundohren gekostet als alle Kämpfe gegen das Pferdevolk.“

„Er versteht sich darauf, zu überleben“, stimmte der andere zu. „Auf Kosten anderer.“

„Ihm ist es gleich, wie viele unserer Kämpfer sterben, Hauptsache, er selbst bleibt am Leben.“

„Auch darin stimme ich dir zu. Er ist eine nutzlose Made und sollte in den Nährschlamm der Bruthöhlen wandern.“ Die zweite Wache fingerte an ihrem Schlagschwert. „Aber der Allerhöchste wird seinen Grund haben, ausgerechnet diese Kreatur zum Oberbefehlshaber erwählt zu haben.“

„Er hat in der Öde von Rushaan versagt und unsere Legionen ins Verderben geführt. Und zuvor ließ er bei der Schlacht von Merdonan seine Legion im Stich, um seine Haut zu retten.“

Der Wachführer der kleinen Gruppe kam heran. Er hatte die letzten Worte gehört, warf einen kurzen Blick zu Einohr, um abzuschätzen, ob die empfindlichen Ohren des Spitzohrs seine Worte wohl vernehmen konnten, und kam zu der beruhigenden Feststellung, dass dies noch nicht der Fall war. „Ich verlor Krieger aus meinem Wurf in der Winterschlacht bei Merdoret. Damals wollte Einohr gegen den Abtrünnigen Fangschlag im Zweikampf antreten und versuchte seine Chancen zu erhöhen, indem er Fangschlag vergiften ließ. Ja, ihr habt recht, Legionäre, es ist eine Schande, diesem Wesen gehorchen zu müssen, doch es ist der Wille des Allerhöchsten. Er lenkt unsere Geschicke seit vielen Jahrtausendwenden und weiß, was zu tun ist.“

„Der Plan“, knurrte eine Wache. „Der lange Plan.“ Der Ork spuckte angewidert aus. „In jeder Legion gibt es Gerüchte über den langen Plan … Bah, unsere Legionen werden immer zahlreicher, wir haben neue Rüstungen und in den Schmieden von Rumak ersinnt man neue Waffen ... Wozu das alles? Wir sind bereit und dem Feind weit überlegen. Worauf wartet der Allerhöchste noch?“

„Halte die Zunge zwischen deinen Lefzen!“, zischte der Wachführer. „Es steht uns nicht zu, die Entscheidungen des Schwarzen Lords infrage zu stellen. Wir folgen seinen Befehlen, das ist der Zweck unseres Daseins. Und nun nehmt Haltung an, der Legionsoberführer ist fast heran.“

Mochten sie Einohr auch verachten, so respektierten sie doch den Rang, den er innehatte. Die Halbkohorte bildete eine perfekte Doppelreihe, das rechte Bein wurde leicht angewinkelt und dann in perfektem Gleichmaß mit dem Fuß auf die Erde gestampft. Gleichzeitig glitten die Schlagschwerter quer vor die Brust. Der Wachführer schlug dröhnend gegen seinen Harnisch und senkte kurz den Kopf.

Einohr, Herr über alle Legionen, wenigstens solange er dem Willen des Allerhöchsten gehorchte, genoss den ihm erwiesenen Respekt. Er war nicht nur verschlagen, sondern auch klug genug, um die wahren Gefühle der Rundohren zu kennen. Lange Jahre hatte er sich unter ihnen ducken müssen, hatte intrigiert und gemordet, um sich allmählich emporzuarbeiten, indem er die Fehler anderer hervorhob und seine eigenen schmälerte. Der Fügung des Schicksals hatte er seinen Aufstieg zu verdanken. Zum Legionsführer und schließlich zum Legionsoberführer. Ein Rang, an den kein anderes Spitzohr zu denken wagte und um den man ihn beneidete. Ja, er wusste, dass er nicht beliebt war und dass die Rundohren darauf hofften, er werde einen baldigen und möglichst qualvollen Tod erleiden, aber der Schwarze Lord hielt seine schützende Hand über ihn.

So mächtig dieser Schutz auch sein mochte, so besaß er dennoch seine Schattenseite. Einohr zählte nicht zu den gewöhnlichen Legionären, die in der Masse der anderen nicht auffielen, sondern er stand im direkten Blickfeld des Herrschers. Eines Wesens, welches nicht für seine Langmut bekannt war und das grausame Strafen kannte. Seitdem der Allerhöchste den größten Teil seiner grauen Magier eingebüßt hatte, war Einohr sich der verstärkten Aufmerksamkeit des Schwarzen Lords gewiss. Jeder Besuch in dessen Turm erfüllte den Legionsoberführer mit nagenden Zweifeln. Welchen Grund gab es für die Aufforderung, heute nach Antas-Nataar zu kommen? Wartete ein neuer gefährlicher Auftrag auf ihn oder war er gar in Ungnade gefallen?

Einohr verstand sich wie kaum ein anderer Ork darauf, Verantwortung zu delegieren. Nicht, weil er auf die Fähigkeiten anderer vertraute, sondern weil er so die Schuld abwälzen konnte, wenn nicht alles nach dem Wunsch des Gebieters verlief. So, wie es vor zwei Jahren bei der Faust geschehen war. Einohr hatte nur durch seine Erfahrung und Schläue überlebt und war unendlich erleichtert, dass der Herrscher ihm keine Schuld an dem Desaster gab. Das Spitzohr schrieb dies einer gewissen Naivität des Allerhöchsten zu. Er mochte ein überaus mächtiges Wesen sein, doch sein Handeln war oft unerklärlich und, zumindest in Einohrs Augen, keineswegs immer klug. Andererseits verfügte ein unsterbliches Wesen vielleicht auch über Wissen, welches einem Spitzohr verborgen blieb.

Einohr schien ganz in Gedanken versunken und reagierte kaum auf die Respektbezeugung der Wache, während er an ihrer Front entlangschritt und mit düsterer Miene zum Eingang des Turms blickte, wo ihn einer der wenigen überlebenden Grauen erwartete.

Auf die Entfernung hatte man den Eindruck, als stehe dort ein ungewöhnlich großer Menschenmann, eingehüllt in eine lange rote Robe, deren Kapuze den Kopf verbarg. Das Gesicht lag tief im Schatten. Doch sobald sich die Gestalt bewegte, war ihre Andersartigkeit offensichtlich. Dann wurde der Schwanz eines schuppigen Reptils sichtbar.

Einohr waren die Grauen Wesen, wie man die Magier des Allerhöchsten nannte, stets unheimlich und bedrohlich vorgekommen und diese Empfindungen teilte er wohl mit nahezu allen Wesen im Reich der Orks. Diese Kreaturen beherrschten mächtige Zauber und konnten ihre Gestalt verändern. Der Schwarze Lord hatte sie immer als seine direkten Stellvertreter in den Bruthöhlen und den Legionsfestungen eingesetzt. Doch all ihre Macht hatte die langlebigen Grauen nicht vor einem gewaltsamen Tod bewahren können.

Der kleine Legionsoberführer kannte das Wesen, welches sein Antlitz noch vor ihm verhüllte. Es war Bar´Ses, das einzige Graue Wesen, welches die katastrophale Zerstörung der Faust überlebt hatte. Nun griff es mit den krallenbewehrten Händen an die Kapuze und schlug sie zurück. Der schlanke Schädel mit der lang gestreckten Schnauze wurde sichtbar. Grünbraun gesprenkelte Schuppen bedeckten den Leib. In den gelben Augen schimmerten schwarze geschlitzte Pupillen. Bar´Ses war stets der Mächtigste der Grauen gewesen und galt als Augen und Ohren des Schwarzen Lords. Einohr wusste aus Erfahrung, dass ihm der gefährliche Reptilier nicht wohlgesinnt war.

„Er erwartet uns“, sagte Bar´Ses mit dem typischen leichten Zischen in seiner Stimme anstelle einer formellen Begrüßung. „Er ist ungeduldig.“

„Er ist immer ungeduldig“, murrte Einohr. Darin lag verborgene Kritik am allerhöchsten Gebieter, doch dem schlauen Legionsoberführer war sehr wohl aufgefallen, dass Bar´Ses ganz offensichtlich auf ihn gewartet hatte. Scheinbar scheute sich der Magier davor, alleine vor den Herrscher zu treten, und dies zeigte an, dass das Graue Wesen unsicher und sogar verletzlich war. Einohr hatte in all den Jahren seines Aufstiegs ein Gespür für solche Dinge entwickelt.

Sie traten in den Eingang und fanden sich übergangslos in einem Raum wieder, der zweifellos innerhalb der Kugel, an der Spitze des Turms, lag. Beide kannten dieses Phänomen inzwischen und hatten aufgegeben, darüber nachzudenken, welche Magie damit verbunden sein mochte. Der Turm von Antas-Nataar war das ureigene Refugium des Gebieters und würde wohl so manches Geheimnis seines Herrn bewahren.

Die runde Wand, wenn man sie denn so nennen mochte, schien aus einer einzigen Scheibe Klarstein zu bestehen und bot einen außergewöhnlichen Ausblick über das Herrschaftsgebiet des Allerhöchsten. Aus dieser Höhe konnte man das Meer sehen und ebenso die Ausläufer der Gebirge des Uma´Roll und des Noren-Brak. Bei solch einem Blick verloren sich die Details, doch der Gesamteindruck war atemberaubend. Einohr mied die Nähe des Klarsteins, denn wenn er in die Tiefe sah, so empfand er schieres Entsetzen und ihm wurde schwindlig. Er war dankbar für den festen Boden unter seinen Füßen.

Die Einrichtung des sehr großen Raumes war karg: ein paar farbige Säulen aus Kristall, ein Tisch aus feinstem Klarstein und ein paar filigrane Sitzmöbel, die, in ihrer feinen Ausführung und Schnitzkunst, an die Arbeiten des elfischen Volkes erinnerten. Diese hölzernen Möbel und ein frei stehendes Regal waren die einzigen Gegenstände, die für Einohr vertraut wirkten.

In der Mitte befand sich die große Karte. Sie bestand aus einem riesigen Tisch von sechseckiger Grundform, auf dem alle bekannten Örtlichkeiten und geografischen Gegebenheiten sorgfältig modelliert worden waren.

Hier stand der Schwarze Lord.

Er hatte die äußerliche Form eines Menschenmannes und auch dessen Größe, doch davon ließ Einohr sich nicht täuschen. Die Gestalt schien von den Stiefeln bis zu ihrem Helm aus schwarzem Kristall zu bestehen. Die Oberfläche schimmerte seidig und war vollkommen glatt und doch erkannte man jede Falte oder Naht der Bekleidung. Auch das Gesicht und die Augen waren schwarz, wobei Letztere ein furchteinflößendes Funkeln erkennen ließen. Es erinnerte ein wenig an den Anblick des nächtlichen Sternenhimmels und wer in diesen hineinsah, drohte darin zu versinken. Manchmal wechselten die Augen ihre Farbe und niemand vermochte wirklich zu deuten, ob dies die Stimmung des Herrschers widerspiegelte.

Der Schwarze Lord stand über den Kartentisch gebeugt. Einohr und Bar´Ses fühlten sich gleichermaßen unsicher, ob sie sich bemerkbar machen sollten. Sicher hatte das übermächtige Wesen sie ohnehin längst bemerkt, doch im Augenblick galten seine Gedanken wohl anderen Dingen und so war es angemessen, abzuwarten, bis sich der Gebieter ihnen zuwandte.

„Gemessen an seiner Bedeutung wirkt seine Gestalt so menschlich und klein“, raunte Bar´Ses.

„Lass dich dadurch nicht täuschen, Graues Wesen.“ Einohr leckte sich nervös über die Lefzen. „Einst besuchte der Herrscher die Festung von Cantarim und seine Gestalt ragte in der Ferne gut zehn Längen auf. Ein Gigant, der erst zu normaler Größe schrumpfte, als er uns wartenden Legionären immer näher kam. Ich kann dir sagen, dass es ein furchteinflößender Anblick war. Selbst von den tapferen Rundohren sind manche in Ohnmacht gefallen.“

Bar´Ses sah ihn an und verzog seine schmalen Lippen zu einem Lächeln. „Und wie erging es den weit weniger tapferen Spitzohren?“