Autoimmunerkrankungen erfolgreich behandeln

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Fette

Lassen Sie uns jetzt über Fett sprechen, das ich für den am meisten missverstandenen Nährstoff überhaupt halte. Was das Fett anbelangt, so gehören die meisten meiner Patienten zu einer von zwei Gruppen: Entweder sie haben panische Angst davor und meiden jede Art von Fett oder sie sind Konsumenten der amerikanischen Standardernährung und nehmen infolgedessen große Mengen minderwertiger Fette zu sich (gesättigtes tierisches Fett und trans-Fette aus industriell verarbeiteten Nahrungsmitteln). Beides ist problematisch. Wenn Sie Fett ganz meiden, entgehen Ihnen die entzündungshemmenden Vorzüge der guten Fette, die in Nahrungsmitteln wie Fisch, Leinsamen, Avocado, Kokosnuss, Ölsaaten und Olivenöl enthalten sind. Wenn Sie zu viele minderwertige Fette zu sich nehmen, fördern Sie Entzündungen und Funktionsstörungen Ihres Immunsystems. Sprechen wir erst einmal über das Meiden der minderwertigen Fette und konzentrieren wir uns im nächsten Abschnitt auf die Hinzunahme von Nahrungsmitteln, die sich bei Menschen mit einer Autoimmunerkrankung als hilfreich erwiesen haben.

Eine Art von minderwertigen gesättigten Fetten stammt von Rindern und kommt im Rindfleisch und in Milchprodukten vor. Unser Vieh wird schlecht gefüttert (meist mit Mais) und so bilden sich mehr gesättigte Fette im Fleisch. Essen Sie Rindfleisch und Milchprodukte von solchen Tieren, kommt es zu vermehrten Entzündungen in Ihrem Körper. Möchten Sie jedoch nicht auf Rindfleisch und Milchprodukte verzichten, sollten Sie sich wenn möglich für Produkte von Tieren aus Weidehaltung und biologischer Aufzucht entscheiden. Das Fleisch von Weidetieren enthält hochwertigeres Fett, das gut für Ihre Gesundheit ist.

Industriell verarbeitete Nahrungsmittel sind voller teilgehärteter Öle, die trans-Fette enthalten und in unserer Umwelt nicht natürlich vorkommen. Tatsächlich werden sie im Labor hergestellt und dienten ursprünglich dazu, die Haltbarkeit von Nahrungsmitteln zu erhöhen und Butter zu ersetzen. Butter ist ein gesättigtes Fett, das für den Anstieg von Herzerkrankungen in den 1970er- und 1980er-Jahren verantwortlich gemacht wurde. Es stellte sich jedoch heraus, dass trans-Fette in viel höherem Maße zu Krankheiten führen als das gesättigte Fett in der Butter. Das Streichen aller trans-Fette aus der Nahrung ist ein wichtiger Teil dieses Programms.

Nahrungsmittel, die das Immunsystem regulieren
Die entzündungshemmende Ernährung

Ich empfehle allen meinen Patienten, sich so zu ernähren, dass Entzündungen gelindert werden. Das hat nichts mit einem Menüplan zu tun, sondern es ist ein Lebensstil. Da Entzündungen die treibende Kraft aller chronischen Krankheiten sind, ist es einfach sinnvoll, den Anteil an Nahrungsmitteln zu erhöhen, die Entzündungen vermindern, und die entzündungsfördernden zu meiden, ganz egal, ob bei Ihnen bereits eine Krankheit diagnostiziert wurde oder ob Sie einfach Prävention betreiben wollen.

Wie Sie gesehen haben, kommt es sehr darauf an, welche Fette Sie zu sich nehmen. Minderwertige Fette fördern die Bildung von Arachidonsäure im Körper, die für die Entstehung bestimmter Entzündungsmarker, den Eicosanoiden, verantwortlich ist. Eine in Deutschland durchgeführte Studie ergab, dass sich bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, die mit Fischöl behandelt wurden, der Zustand noch deutlicher besserte, wenn sie sich gleichzeitig an eine entzündungshemmende Ernährung hielten und damit die Menge an Arachidonsäure in ihrem Körper senkten6. Die Sache ist die, dass es nicht viel bringt, wenn Sie Fischölkapseln nehmen und weiterhin entzündungsfördernde Nahrungsmittel essen; damit geht es Ihnen nicht besser. Das ist so, als würden Sie versuchen, den Tank Ihres Autos mit einem Benzin höherer Oktanzahl zu füllen, wenn er bereits mit einem Benzin niedriger Oktanzahl voll ist. Das Fazit? Füllen Sie Ihren „Tank“ mit entzündungshemmenden Nahrungsmitteln und es wird Ihnen besser gehen.

Die „guten Sachen“

Nachdem wir geklärt haben, was Sie meiden sollten, geht es jetzt darum, welche Nahrungsmittel und Nährstoffe Sie am besten zu sich nehmen. Phytonährstoffe sind die Substanzen, die für die Farben von Obst und Gemüse sorgen. Sie haben wahrscheinlich schon von Lutein, Lycopen und Resveratrol gehört, um nur ein paar zu nennen. Die Resveratrol-Forschung hat ganz deutlich gezeigt, dass dieser Pflanzenstoff das „Langlebigkeitsgen“ in den Zellen aktivieren kann, wodurch sie dann länger leben. Es wurden auch viele Studien über Nahrungsmittel und Nährstoffe durchgeführt, die die Behandlung von Autoimmunerkrankungen unterstützen könnten. Bisher gab es die besten Ergebnisse bei den essenziellen Fettsäuren (den hochwertigen Fetten), bei Vitamin D, Vitamin A, Zink, Selen und grünem Tee. Ich werde auch die Pilzextrakte kurz erwähnen, denn sie werden so häufig in Rezepturen zur Unterstützung des Immunsystems verwendet, und ich möchte, dass Sie verstehen, wie sie anzuwenden sind. Ziel dieses Buches ist es, Ihr Immunsystem von Grund auf in Ordnung zu bringen, sodass Sie vollständig genesen können. Allerdings werde ich all die verschiedenen Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel, die ganz allgemein das Immunsystem unterstützen, nicht im Einzelnen aufführen, sondern mich auf diejenigen konzentrieren, die nachweislich Ihr Immunsystem wieder ins Gleichgewicht bringen und zu einer Besserung Ihrer Symptome führen. Hier informiere ich Sie über die Ergebnisse aktueller Studien, und im nächsten Kapitel erfahren Sie detailliert, welche Arten von Nahrungsmitteln und welche Nahrungsergänzungsmittel Sie zu sich nehmen sollten.

Essenzielle Fettsäuren

Bleiben wir noch bei den hochwertigen und den minderwertigen Fetten. Es ist wichtig, nicht nur alle trans-Fette vom Speiseplan zu streichen und die Zufuhr von gesättigten tierischen Fetten zu verringern, sondern auch die Menge an guten, hochwertigen Fetten zu erhöhen. Manche Menschen halten den Begriff „gutes Fett“ für einen Widerspruch in sich, doch das stimmt einfach nicht. Zu den guten Fetten gehören essenzielle Fettsäuren, das sind solche, die unser Körper nicht selbst herstellen kann und die aus der Nahrung aufgenommen werden müssen (daher der Begriff „essenziell“, also lebensnotwendig). Beispiele sind die Omega-3- und Omega- 6-Fette, von denen Sie wahrscheinlich schon oft gehört haben. EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) sind wichtige Omega-3-Fette und meist in Fischöl-Supplementen enthalten. Das für das Immunsystem sehr wichtige Omega-6-Fett heißt GLA und kommt in Nahrungsergänzungsmitteln aus Nachkerzen, Schwarzen Johannisbeeren und Borretsch vor. Im nächsten Kapitel wird es ausführlich darum gehen, in welchen Nahrungsmitteln diese Nährstoffe enthalten sind, doch die besten Quellen sind Fische wie Wildlachs und Sardinen, Nüsse wie Mandeln und Walnüsse, Samen wie Sonnenblumen- und Kürbiskerne sowie grünes Blattgemüse wie Grünkohl und Mangold – alles Nahrungsmittel, die in der amerikanischen Standardernährung nicht zu finden sind.

Es gibt aber auch gesunde gesättigte Fette, zum Beispiel in Avocados, Kokosnüssen und geklärter Butter (Ghee). Leider kamen diese Nahrungsmittel während der Anti-Fett-Revolution in den 1980er-Jahren in Verruf und die Menschen hängen diesem Mythos immer noch an. Interessant finde ich, dass die chronischen Krankheiten seither enorm auf dem Vormarsch sind und für mich ist das kein Zufall.

Fette nehmen hauptsächlich auf zweierlei Weise Einfluss auf unser Immunsystem. Die Zellmembranen bestehen aus Fettsäuren. Wenn Sie große Mengen Omega-3- und Omega-6-Fette zu sich nehmen, sind die Membranen locker und flüssig und werden so ihren Aufgaben am besten gerecht. Wenn Sie andererseits viele gesättigte Fette und trans-Fette konsumieren, lagern diese sich in den Zellmembranen ab und machen sie starr, was sich negativ auf die Kommunikation der Zellen mit den Botenstoffen auswirkt, auf die sie ständig treffen. Tatsächlich ergab eine Studie am Medizinischen Zentrum der Universität von Massachusetts, dass sich bei Patienten, die Borretschöl mit der darin enthaltenen gamma-Linolensäure (GLA) einnahmen, die Symptome besserten. Es zeigte sich, dass GLA im Körper in DGLA (Dihomo-gamma-Linolensäure) umgewandelt und dann zu den Membranen der überaktiven Immunzellen transportiert wird, wo es deren Aktivität dämpft.7 Das bedeutet, dass sich GLA beruhigend auf die überstimulierten Immunzellen auswirkt. Da eine solche Überstimulierung bei allen Autoimmunerkrankungen ein Problem ist, sollten Sie sich gut überlegen, welche Nahrungsfette Sie zu sich nehmen.

Alle Fette werden im Körper in Prostaglandine umgewandelt, diese wichtigen Substanzen können Entzündungen in Ihrem Körper entweder erhöhen oder dämpfen. Durch GLA-haltige Nahrungsmittel oder Nahrungsergänzungsmittel erhöhen Sie die Menge an PGE1, eines sehr guten Prostaglandins. PGE1 wirkt bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ganz wunderbar, es dämmt zum Beispiel die Entzündungen ein, reduziert die zirkulierenden Immunkomplexe und senkt die überaktiven T-Zellen. In Studien hat sich Fischöl dementsprechend als entzündungshemmend erwiesen, sowohl bei rheumatoider Arthritis als auch bei Lupus erythematodes; bei den meisten Patienten besserten sich die Symptome und die Erkrankung ging zurück.8 Viele Patienten stellten zudem fest, dass sie ihre symptomunterdrückenden Medikamente reduzieren konnten. Die Aufnahme dieser Fette in den Speiseplan ist sehr wichtig; das Praxiskapitel macht Ihnen dazu Angebote für entsprechende Nahrungsmittel und Nahrungsergänzungsmittel.

Vitamin D

Im Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen ist Vitamin D der am besten untersuchte Nährstoff. Wissenschaftler, die sich mit der Erforschung der Multiplen Sklerose beschäftigen, haben festgestellt, dass die Krankheit in den nördlichen Breiten, in denen die Sonneneinstrahlung am geringsten ist, sehr viel häufiger vorkommt. Da dieser Nährstoff durch die Sonne in der Haut gebildet wird, fanden die Forscher sehr schnell einen Zusammenhang zwischen dem niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Blut und einem MS-Risiko. Es wurde nun festgestellt, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel nicht nur mit MS einhergeht, sondern auch mit anderen Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Lupus erythematodes, insulinabhängigem Diabetes (Diabetes mellitus Typ 1) und entzündlichen Darmerkrankungen. Zwar hat bisher noch niemand bewiesen, dass ein Vitamin-D-Mangel eine dieser Autoimmunerkrankungen verursacht, er stellt jedoch ein Risiko für Sie dar. Und wenn man bei Menschen mit einem Vitamin-D-Mangel den Mangel ausgleicht, gehen die Symptome zurück und ihre Krankheit schreitet langsamer fort. In einer an der Staatlichen Universität von Ohio durchgeführten Studie wurde bei einer Gruppe von Lupus-Patienten regelmäßig der Vitamin-D-Spiegel bestimmt. Man stellte fest, dass es eher im Winter zu einem Aufflammen ihrer Erkrankung kam, wenn der Spiegel abfiel.9

 

Trotz seines Namens wird Vitamin D eigentlich als Hormon und nicht als Vitamin betrachtet. Denn es bindet gemäß der Definition eines Hormons an viele Zellrezeptoren im ganzen Körper und sorgt für Veränderungen der Zellfunktion. Vitamine binden nicht an Zellrezeptoren, sie unterstützen stattdessen Enzymreaktionen als Cofaktoren. Die aktive Form von Vitamin D ist Cholecalciferol oder D3, aber es gibt noch eine andere Form, das Ergocalciferol oder D2, das in manchen Pflanzen vorkommt. Der Körper tut sich schwer damit, die pflanzliche Form D2 in die aktive Form D3 umzuwandeln, daher empfehlen wir als Nahrungsergänzungsmittel immer D3. Unabhängig davon, ob Sie D3 mithilfe des Sonnenlichts in der Haut bilden oder ein Supplement einnehmen, der erste Weg führt in jedem Fall in die Leber, wo es zu 25-Hydroxy-Vitamin D umgewandelt wird, die Form, die Sie im Blut bestimmen lassen sollten, denn das ist der zuverlässigste Weg, um herauszufinden, wie hoch Ihr Vitamin-D-Spiegel tatsächlich ist. Aus 25-Hydroxy-Vitamin D (Calcidiol) wird 1,25-Dihydroxy-Vitamin D (Calcitriol) gebildet. Das ist die wirksamste Form des Hormons, da es in dieser Form in die Zelle, genauer in den Zellkern, wandert. Dort aktiviert es den genetischen Code und schlägt dabei ein Kapitel in besagtem Buch auf, in dem es um Ihr Immunsystem geht.

Vitamin D und Ihr Immunsystem

1,25-Dihydroxy-Vitamin D hat eine Reihe guter Eigenschaften:10

– Es bindet an dendritische Zellen im Körper und an Astrozyten im Gehirn, sie stellen die vorderste Front der Immunzellen dar, die auf die Fremdstoffe treffen und Alarm auslösen. Durch das Vitamin D reagieren sie weniger auf eigene Antigene, das bedeutet, dass sie gegenüber den körpereigenen Geweben toleranter sind und sie mit geringerer Wahrscheinlichkeit angreifen.

– Es regt T-Zellen dazu an, zur gesündesten Zellart, den regulatorischen T-Zellen, heranzureifen, anstatt zu Th1, Th2 oder Th17, die Immunerkrankungen forcieren können.

– Es hemmt die Th1-Lymphozyten direkt. Das bedeutet, dass Vitamin D beruhigend auf diese überdrehten Killerzellen einwirkt. Sie erinnern sich, dass es bei Autoimmunerkrankungen zu einer einseitigen Zunahme dieser Zellen kommen kann; Vitamin D sorgt dafür, dass das Gleichgewicht wiederhergestellt wird.

– Es senkt die Antikörperbildung in den aktivierten B-Zellen, hier gibt es ein weiteres Missverhältnis, das wir bei Autoimmunerkrankungen beobachten.

Ist also Ihr 25-Hydroxy-Vitamin-D-Spiegel in Ordnung (über 50 nm/l ist das Ziel; einige Studien plädieren für 75 nm/l), so trägt das dazu bei, Ihre T-Zellen zu regulieren, damit sie sich gegenüber den körpereigenen Geweben toleranter verhalten, nicht unnötig aktiviert werden und dann außer Kontrolle geraten. Wenn Sie bereits eine Autoimmunerkrankung und einen niedrigen Vitamin-D-Spiegel haben, kann ein entsprechendes Nahrungsergänzungsmittel die Deaktivierung der Killerzellen unterstützen und die Bildung von weiteren verhindern, wodurch die von diesen Zellen verursachten Entzündungen und Zerstörungen verringert werden.

Wie viel Vitamin D sollten Sie nehmen? Studien haben ergeben, dass die Einnahme von bis zu 4.000 IE täglich gefahrlos möglich ist, doch Ihr 25-Hydroxy-Vitamin-D-Spiegel sollte alle drei Monate kontrolliert werden.11 Haben Sie den gewünschten Spiegel erreicht (50–75 nm/l), können Sie die Einnahme auf 1.000–2.000 IE pro Tag reduzieren. Lassen Sie später erneut Ihren Blutspiegel ärztlich überprüfen, um die für Sie richtige Erhaltungsdosis zu finden.

Übrigens ist Vitamin A zur Resorption von Vitamin D notwendig und trägt ebenfalls zur Regulierung und Unterstützung der gesunden Entwicklung Ihrer Immunzellen bei. Vitamin A ist ein Antioxidans, im Praxiskapitel finden Sie Empfehlungen für Nahrungsmittel und Supplemente, um die Zufuhr dieser beiden Substanzen zu erhöhen.

Selen und Zink

Selen und Zink sind zwei wichtige Mineralstoffe, die die Funktion Ihres Immunsystems gut unterstützen. Mehrere Studien legen nahe, dass ein Mangel an Selen ein Auslöser für eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse sein könnte. Die Argumentation geht in etwa in folgende Richtung: Selen ist ein für die optimale Funktion der Schilddrüse notwendiger Mineralstoff. Er ist ein erforderliches Element für die Schilddrüsenhormonbildenden Enzyme sowie für das Enzym Glutathion-Peroxidase, das eine wichtige antioxidative Rolle spielt und Schäden an den Schilddrüsenfollikeln verhindert. Ohne Selen kann die Schilddrüse keine Hormone bilden und die Zellen können durch sogenannte freie Radikale geschädigt werden. Diese freien Radikale werden in jeder Zelle durch die normalen biochemischen Reaktionen gebildet und können Schaden anrichten, wenn sie nicht deaktiviert werden. Man nimmt an, dass eine Autoimmunerkrankung zum Beispiel auch dadurch entstehen kann, dass die Zellen der Schilddrüse geschädigt werden und ihr normales Aussehen verändern; daraufhin geraten sie ins Visier der Immunzellen und werden angegriffen, wodurch es zu weiteren Schäden und zu Entzündungen kommt.

Eine Studie ergab, dass durch 200 μg Selen täglich einer der wichtigsten Antikörper bei der Hashimoto-Thyreoiditis gesenkt wird.12 Es gibt auch eine enge Verbindung zwischen Selenmangel und Zöliakie. Bei Menschen mit Zöliakie besteht eine Malabsorption; sie können viele Nährstoffe nicht aufnehmen, Selen ist einer davon. Manchmal kommt es zuerst zu einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse und Sie bemerken nicht einmal, dass Sie außerdem eine Zöliakie haben, bis sie später entdeckt wird. Im nächsten Kapitel gebe ich Ihnen ausführliche Empfehlungen, wie Sie Selen mit der Ernährung aufnehmen können, um sicherzustellen, dass es nicht zu einem Mangel und einem erhöhten Risiko für eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse kommt.

Zink ist im Hinblick auf Autoimmunität zwar weniger gut untersucht als Selen, Studien über Multiple Sklerose bei Mäusen haben jedoch ergeben, dass es eine wichtige Rolle dabei spielt, wie aktiv die T-Zellen sind und wie aktiv die Krankheit ist. Zink ist ein essenzielles Spurenelement und entscheidend an der normalen Entwicklung des Immunsystems und dem Erhalt seines Gleichgewichts beteiligt. Ein Zinkmangel schwächt das Immunsystem, doch eine Zinksupplementation kann das wieder in Ordnung bringen. Eine an der Universität von Connecticut durchgeführte Studie ergab, dass 30 μg Zink pro Tag den Schweregrad der Multiplen Sklerose bei Mäusen senkt.13 Das heißt zwar nicht, dass man von demselben Einfluss auf den Menschen ausgehen kann, doch ich glaube, es ist ein vielversprechendes Puzzleteil. Warum soll man nicht dafür sorgen, dass das Immunsystem optimal arbeitet? Ich denke, Zink ist wichtig, und ich nehme es immer mit in meine Behandlungskonzepte auf, denn man kann es leicht mit der Nahrung aufnehmen, zum Beispiel durch Tahin (Sesampaste), Kürbiskerne und dunkle Schokolade sowie als Bestandteil eines Multivitamin- und Mineralstoffsupplements.

Grüner Tee

Der aktive Bestandteil im grünen Tee ist das Epigallocatechingallat (EGCG), das seit Kurzem Aufmerksamkeit erregt. Es erwies sich unter anderem bei der Behandlung und Prävention von Krebs und kardiovaskulären Erkrankungen, zur Gewichtsabnahme und bei neurodegenerativen Krankheiten als hilfreich. Eine neuere Studie der staatlichen Universität von Oregon ergab nun, dass sich EGCG als sehr leistungsstark bei der Erhöhung der regulatorischen T-Zellen erweist, die, wie Sie bereits wissen, für die Aufrechterhaltung der Toleranz gegenüber den körpereigenen Geweben und die Verhinderung eines Autoimmunprozesses von entscheidender Bedeutung sind.14, 15 Diese Studie wurde zwar an Mäusen durchgeführt, doch sie weist darauf hin, dass grüner Tee ein hilfreicher Bestandteil eines auf spezifische Weise für Autoimmunpatienten maßgeschneiderten Ernährungsansatzes zur Unterstützung des Immunsystems sein könnte.

In diesem Kapitel haben Sie erfahren, dass Ihre Nahrung den Zellen Informationen darüber liefert, wie sie sich zu verhalten haben. Nun verstehen Sie, dass Nahrung Ihre Medizin sein kann, denn die Wahl von entzündungshemmenden Nahrungsmitteln (z. B. hochwertige Fette) und das Meiden von entzündungsauslösenden Nahrungsmitteln (z. B. Zucker und minderwertige Fette) können Balsam für Ihr Immunsystem sein. Nun ist es an der Zeit, mit dem Praxiskapitel weiterzumachen, damit Sie herausfinden, welche Nahrungsmittel Sie nicht vertragen und welche Ihnen guttun. Und natürlich werde ich Sie dabei unterstützen, all die positiven Nähr- und Pflanzenstoffe zu finden, über die Sie nun so viel gelesen haben – ob in Nahrungsmitteln oder in Nahrungsergänzungsmitteln, je nachdem, was Sie bevorzugen.

KAPITEL 3
Praxis:
So wird Ihre Nahrung zu Medizin

Wie die meisten meiner neuen Patienten kam Amy, eine 48-jährige weiße Frau, mit einer dicken Akte unter ihrem Arm zu ihrem ersten Termin in meinem Gesundheitszentrum. Zum Vorschein kamen unter anderem etliche Labortests, sowohl von Ärzten, die mit funktioneller Medizin arbeiten, als auch von Schulmedizinern, die sie im Laufe der vorangegangenen beiden Jahre aufgesucht hatte. An erster Stelle ihrer Beschwerden standen schmerzhafte, unregelmäßige Menstruationen mit starken Blutungen, Schlafstörungen, Hitzewallungen und extreme Angstzustände. Zum damaligen Zeitpunkt litt sie bereits seit drei Jahren unter diesen Symptomen. Andere gesundheitliche Probleme außer diesen ergaben sich aus der Anamnese nicht. Sie war in der Tat bis dahin sogar ausgesprochen gesund gewesen, deshalb machte sie sich wegen ihres schlechten Befindens große Sorgen. Dazu kam die frustrierende Tatsache, dass es keinem der Ärzte oder Experten, die sie aufgesucht hatte, gelungen war herauszufinden, was ihr fehlte und was sie dagegen tun konnte. Zuerst hatte sie eine Progesteroncreme bekommen, damit ihre Menstruation wieder regelmäßig kam, und als das nichts brachte, wurde ihr die „Pille“ verschrieben.

Sie nahm sie noch, also sie zu mir kam, und sie half ihr auch, doch Amy hatte fast fünf Kilo zugenommen und ihre Libido war in den Keller gerutscht. Bei unserem ersten Termin sagte sie, sie hoffe, ich könne ihr helfen, die Pille abzusetzen. Tatsächlich riet ich ihr gleich als Erstes dazu, damit ihre Symptome nicht länger verschleiert wurden und ich sehen konnte, was wirklich in ihrem Körper vor sich ging. Sie befand sich ganz eindeutig im Anfangsstadium der Wechseljahre, in der sogenannten Prämenopause, aber niemand hatte sich die Mühe gemacht nachzusehen, was außer den Veränderungen bei ihrem Östrogen- und Progesteronspiegel noch vorliegen könnte.

Die Hormone der Frau bilden eine Art „endokrines Orchester“: Jedes Hormon spielt mit den anderen zusammen und muss selbst im Gleichgewicht sein, damit das gesamte System des Körpers gut funktioniert. Während der Wechseljahre gerät dieses Orchester aber manchmal aus dem Takt. Oft stelle ich bei Frauen in dieser Lebensphase fest, dass die Schilddrüsenhormone ein wenig zu niedrig oder zu hoch oder dass die Nebennieren erschöpft sind (über die Nebennieren wird in Kapitel 5 ausführlich die Rede sein). Ich hatte das Gefühl, dass eines dieser Hormonsysteme auch bei Amy aus dem Gleichgewicht geraten war, was erklären würde, warum sich der Übergang in die Menopause so schwierig gestaltete. Als Nächstes überprüfte ich ihre Schilddrüse mit einem Blut- und ihre Nebennieren mit einem Speicheltest. Die Ergebnisse überraschten mich, ihre Nebennierenhormone waren alle im Gleichgewicht und arbeiteten gut. Nicht überraschend fand ich, dass der Spiegel der Schilddrüsenhormone freies T3 und freies T4 ganz im oberen Normbereich lag und das im Gehirn gebildete Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) etwas niedrig war.

 

Im Rahmen meiner ersten Untersuchungen suche ich auch routinemäßig nach Antikörpern gegen die Schilddrüse, die das Kennzeichen für die Autoimmunerkrankung Hashimoto-Thyreoiditis sind; es freute mich, dass bei Amy keine vorlagen. Der niedrige TSH-Wert und der hohe Spiegel von freiem T3 und freiem T4 zeigten mir jedoch, dass Amys Schilddrüse überaktiv war. Manche Ärzte mögen diese Ergebnisse vielleicht normal nennen, doch ich folgte meiner Intuition und schickte sie wieder ins Labor, um sich auf die Basedow-Krankheit testen zu lassen. Amys Ergebnisse waren positiv. Bei dieser Autoimmunerkrankung bildet der Körper Antikörper, die die Schilddrüse zur Produktion von zu vielen Hormonen stimulieren, was zu einem Ungleichgewicht führt. Amys Test fiel speziell für Thyreotropin-Rezeptor-Antikörper (TRAK) positiv aus. Das war eine unerwartete, aber spannende Neuigkeit, denn schließlich wusste ich jetzt, was mit ihr los war und wie ich ihr helfen konnte. Und ich war nicht die einzige, die die Dinge so sah. Auch Amy war erleichtert. Schließlich hatte sie ein paar Antworten bekommen.

Im nächsten Schritt setzte ich sie auf eine glutenfreie Ernährung, obwohl keiner ihrer Tests auf Zöliakie positiv ausfiel (davon war im letzten Kapitel ausführlich die Rede). Warum tat ich das? Weil ich weiß, dass bei einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse die Wahrscheinlichkeit einer Zöliakie größer ist (und umgekehrt), selbst wenn die Labortests negativ sind. Daher sagte ich Amy, sie solle nichts Glutenhaltiges mehr zu sich nehmen.

Zusätzlich ließ ich eine Stuhluntersuchung machen und einen Schwermetalltest auf im Körper gespeichertes Quecksilber und Blei. (Die Ausleitung dieser Toxine aus dem Körper steht bei Autoimmunerkrankungen auf meiner Checkliste ganz oben; daher ist das der vierte Schritt in diesem Buch.) Die Ergebnisse erbrachten Parasiten im Stuhl und einen mittelgradig erhöhten Quecksilberspiegel im Körper, doch als wir mit der entsprechenden Behandlung begannen, verschwanden die Basedow-Antikörper allein aufgrund der glutenfreien Ernährung. Auch ihre Hitzewallungen, die Schlafstörungen und die Angstzustände besserten sich, ihre Menstruation kam regelmäßiger und machte keine Probleme mehr. Für diese Besserung gibt es zwei mögliche Gründe: Zum einen könnten sich die aufgrund der Basedow-Krankheit zusätzlich gebildeten Schilddrüsenhormone und ihr Östrogen sich gegenseitig gestört haben, sodass die Symptome verschwanden, weil wir das in Ordnung gebracht hatten. Zum anderen könnte die Zufuhr von Gluten direkt auf das Gehirn und das Steuerungszentrum für die Körpertemperatur eingewirkt und die Hitzewallungen und andere hormonelle Symptome verursacht haben. Wie auch immer, wir waren beide begeistert, dass diese Symptome und die Antikörper verschwanden. Leider hatten sich ihre Angstzustände zwar deutlich gemindert, sie lösten sich aber erst vollständig auf, nachdem ich die Parasiten behandelt hatte und ihr zusätzlich Vitamin B12, Folsäure und SAM (S-Adenosylmethionin) als Nahrungsergänzungsmittel gab. Ich entschied mich für diese speziellen Vitamine, weil sie zur Nährstoffgruppe der Methyldonatoren gehören, die zur Unterstützung der an den Angstzuständen beteiligten Stoffwechselwege im Gehirn wichtig sind.

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