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Kapitel 3

Jordan und Mike betraten das Haus von Kathrin Higgins, sie hofften irgendwas zu finden.

„Wir müssen irgendeine Verbindung zwischen den Opfern finden, in der Hoffnung, das wir so herausfinden mit wem sie zuletzt Kontakt hatten.“

Jordan ging durch die Eingangshalle wie ein eingesperrter Tiger, sein Körper strotzte vor Energie, sie wollten was in Händen haben womit sie arbeiten konnten. Bisher hatten sie noch keine Gemeinsamkeiten gefunden, aber etwas musste es geben.

Sie suchten jeden Raum des Hauses ab, wälzten Papiere, untersuchten jedes Kleidungsstück, Kassenbons, alles was Sinn ergab wo und mit wem sich Kathrin zum Schluss auseinander setzte. Nach Stunden zermürbender Arbeit verließen sie mit leeren Händen das Haus. Jordan hatte so gehofft irgendwas zu finden, es war frustrierend.

Niedergeschlagen ließ er sich auf den Beifahrersitz nieder und betrachtete die Umgebung. Mike setzte sich ans Steuer, beobachtete ihn und sagte nichts.

„Jetzt mal ehrlich, wenn du weißt es kommt ein Tornado auf die Stadt zu. Was veranlasst dich dazu, genau diesen Tag zu wählen um jemanden umzubringen? Bleibst du nicht selber auch zuhause und versuchst dich und deine Familie zu schützen, sofern du eine hast?“

Jordan hatte diesen Gedanke noch nicht ganz ausgesprochen, da setzte er sich abrupt auf und sah hoffnungsvoll auf Mike. Er schlug mit der Hand auf das Armaturenbrett.

„Mensch Mike denk doch mal. Wenn ich Familie habe, dann kann ich nicht einfach weg gehen, wenn ein Tornado auf die Stadt zu steuert. Das würde dem Partner ganz schön zu denken geben. Aufgrund der Tornadowarnungen hatten die meisten eh ihre Geschäfte geschlossen gehabt. Das heißt, der Täter hätte sich nicht einfach von seiner Familie loseisen können.“

Jordan vergrub sich immer tiefer in seine Gedanken, sie überschlugen sich, endlich hatten sie was greifbares, einen Ansatzpunkt.

„Stimmt“, Mike blickte gedankenverloren aufs Lenkrad.

„Selbst wenn ich an diesem Tag hätte arbeiten müssen, weil ich im öffentlichen Dienst bin. Kann ich mich dann von der Arbeit entfernen ohne das es auffällt? Der Täter lässt sich sehr viel Zeit mit seinen Opfern, das heißt, hätte ich arbeiten müssen, wäre es einem Kollegen aufgefallen, wenn ich so lange weg bin, vorausgesetzt ich bin selbstständig. Und während des Tornados geht’s eh nicht, also muss ich mir vorher Zugang zum Bunker verschafft haben.“

Mikes Gesicht hellte sich auf, er grinste und startete das Auto. Sie fuhren zurück zum Revier, der Termin mit dem Psychologen stand an, da konnte man die gerade ausgesprochenen Schlussfolgerungen direkt mit ihm besprechen, wie seine Meinung dazu war.

Jordans Laune hob sich bei diesem Gedanken augenblicklich, sein Blick schweifte über die Straße und es tat ihm im Herzen weh zu sehen, was von den schönen Häusern nach dem Tornado übriggeblieben war. Manche Menschen hörten mit ihren Arbeiten auf als sie vorbei fuhren und blickten sie an. Jeder wusste schon, wer sie waren und warum sie hier waren. An einer Person allerdings blieb Jordans Blick hängen. Wer ist sie, ich habe sie hier noch nie gesehen? Als hätte Mike seine Gedanken erraten, sprach er die Antwort auf seine Frage aus.

„Das ist mit Sicherheit eine Mitarbeiterin dieser Organisation die kommen, wenn Not am Mann ist. Ganz schön mutig, ich könnte mir einen besseren Zeitvertreib vorstellen.“

Mike blickte rüber zu Taylor, die gerade dabei war das Auto auszuladen. Sie war anfangs so mit ihrer Arbeit beschäftigt, das ihr das Auto gar nicht aufgefallen war.

Ein Prickeln im Nacken veranlasste sie allerdings ihren Kopf zu heben. Sie schob mit ihrer Hand gerade eine störende Haarsträhne hinters Ohr, da sah sie ihn. Sie hatte noch nie so leuchtende Augen gesehen. Taylor fühlte sich magisch angezogen von seinem Blick, sie spürte wie er sie musterte. Ihr Puls begann zu rasen und tief in ihrem Inneren spürte sie eine Regung, die sie schon lange nicht mehr fühlte. So schnell wie dieser Augenblick dauerte, war er zu ihrem Bedauern wieder vorbei. Taylor blickte zum zweiten Mal an diesem Tag, dem Auto hinterher und stellte fest, das sie die ganze Zeit über den Atem angehalten hatte.

„Kennst du ihn“? Karen gesellte sich neben sie und schaute zu ihr rüber.

„Nein, tue ich nicht, woher denn?“

Sie drehte sich von Karen weg, um die letzten Pakete gefüllt mit Medikamente, aus dem Auto zu holen.

„Sorry, ich wollte dir nicht zu nahe treten, nur vorhin warst du auch völlig neben der Spur, als sie an uns vorbei fuhren.“

Karen war etwas beschämt und nahm Taylor einige Kartons ab.

„Schon okay, ich bin es die sich entschuldigen muss. Nein ich kenne ihn wirklich nicht, obwohl ich zugeben muss, das ich das ziemlich schade finde.“

Taylor war so erschrocken über diese offenherzige Aussage, das ihr Gesicht hochrot anlief. Mein Gott, was hat dieser Mann bloß an sich, das ich alle meine Prinzipien und meine gute Erziehung so über Bord schmeiße! Ich kenne ihn nicht einmal! Karens wissender Blick zwang Taylor gedanklich in die Knie.

„Gib es zu, du findest ihn äußerst gut aussehend.“

Jetzt war sie in die Falle getappt. Taylor kannte Karen zu gut, um zu wissen, das sie sie erst wieder gehen ließ, wenn sie eine Antwort bekam die sie zufrieden stellte. Also, warum nicht gleich mit der Wahrheit raus rücken.

„Ja, er sieht gut aus das gebe ich zu, aber ich habe bisher nur sein Gesicht gesehen, vielleicht ist er sonst 1,60 m groß, hat einen Bierbauch und Haare auf dem Rücken.“

Beide lachten bei dieser Antwort und gingen mit den Kartons in die Krankenstation, wo sie garantiert schon erwartet wurden.

Jordan und Mike saßen Dr. Foster gegenüber. Sie betrachtete eingehend die Fotos der Tatorte die sie mitbrachten und studierte die Fallakten. Eine ältere Frau betrat das Büro, nach dem sie anklopfte. Es war die Sekretärin der Psychologin und stellte ein Tablett mit herrlich duftendem Kaffee und Gebäck auf dem Tisch.

„Danke Heriett, jetzt bitte keine Telefonate durchstellen.“

Lächelnd entließ Dr. Foster ihre Sekretärin, die lautlos den Raum verließ. Er war geschmackvoll eingerichtet, nicht so wie Jordan vermutet hätte, mit schweren Möbeln und Ledersofas. Nein, ihre Praxis war hell und luftig, die Sitzmöbel waren aus hellem Stoff, auf denen in den Ecken lindgrüne Kissen drapiert waren. Die Schränke waren aus dunklem Holz, wie der Fußboden, der zwischendurch mit hellen Läufern geschmückt war, alles in allem sehr gemütlich wie Jordan fand. Sein Blick wanderte zur Psychologin die zurückgelehnt in einem Sessel saß und ihn mit einem Lächeln musterte.

„Test bestanden?“

Jordan fühlte sich ertappt und rutschte tiefer in den Sessel. Er hörte ein prusten und schaute rüber zu Mike, der sich eine Faust vor dem Mund gelegt hatte um nicht laut los zu lachen.

„Ähm ja, sehr schön eingerichtet….“

Jordan nahm die Kaffeekanne in die Hand und fragte nach wer möchte, nur um von sich abzulenken.

„Und Doktor, können sie uns schon irgendwas sagen, mit was für einem Typ Mensch wir es zu tun haben?“

Jordan blickte sie über den Rand der Tasse an und war angespannt bis in die Haarspitzen. Er selber hatte keine Erfahrungen mit Psychologen, er hatte noch nie mit Dr. Foster gearbeitet. Ihr Ruf allerdings eilte ihr voraus, sie arbeitete sehr gewissenhaft und war unter den Kollegen sehr beliebt, was im Polizeidienst nicht ganz einfach war. Jordan hatte sich vorab über sie erkundigt. Er wusste immer gerne einiges über die Menschen mit denen er zusammen arbeitete.

„Der Täter ist ein Mann zwischen 35 und 50 Jahre, er hasst mehr oder weniger Frauen und bevorzugt den gleichen Typ Frau.“

Mike runzelt die Stirn.

„Was heißt mehr oder weniger?“

„ Nun…“, Dr. Foster griff in die Ordner und holte einige Fotos raus. „Diese Frauen stehen meiner Meinung nach, so wie ich es derzeit sehe, für eine bestimmte Person. Sie scheinen das zu verkörpern, was er an der eigentlichen Frau so hasst. Er ritzt denen das Wort Hure in die Bauchdecke, entweder verkörpern die Opfer zu dieser Zeit der Tat die eigentliche Frau um die es geht, oder sie sind im biblischem Sinne Huren. Überprüft mal den Lebenswandel der Opfer, hatten sie viele Männerbekanntschaften, ging jemand fremd? Hinzu kommt, das er die Opfer anschließend fertig macht, er schminkt sie sorgfältig, kämmt die Haare und legt eine Perlenkette um.“

Sie schaute die beiden Detectives eindringlich an.

„Was ich definitiv sagen kann ist, das er erst aufhört, wenn er gefasst ist und seine Gewaltbereitschaft nimmt immer mehr zu.“

Jordan legte seine Unterarme auf die Knie und schaute sie aufmerksam an.

„Woran machen sie das fest?“

Foster schaute sich das Foto des letzten Opfers an.

„Sehen sie sich an, was er mit ihr gemacht hat. Er hat Gefallen an Schmerzen, ob er das jetzt neu an sich entdeckt hat oder der Hass auf Frauen stärker geworden ist, kann ich noch nicht sagen. Er fertigt Gegenstände an, um dem Opfer die größtmöglichen Schmerzen und Verletzungen im weiblichsten Areal des Körpers zu bereiten.“

Keiner sagte mehr etwas. In dem Raum hätte man eine Stecknadel fallen hören können, jeder war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. Jordan atmete tief durch, er musste das erst einmal verdauen was er gerade zu hören bekam. Beide sprachen mit Foster den morgigen Termin der Besprechung ab und verließen die Praxis. Sie fuhren zurück zum Revier, um alle gesammelten Informationen neu zu sortieren und für die morgige Besprechung vorzubereiten.

 

Wer hätte gedacht das Spiegel so überaus nützlich sein können? Es war so schön, sie während des Aktes von allen Seiten bewundern zu können. Oh ja das war gut! Allein bei dieser Vorstellung, spürte er ein Spannen in der Hose. Zufrieden mit dem Ergebnis und dem vorangegangenem Erlebten, richtete er das Schlafzimmer so her, wie es vorgefunden werden sollte. Er stand vor dem Bett und betrachtete Sheila. Er legte ihr Haar zurecht, zog die Lippen ein letztes Mal nach und strich das Laken glatt.

„Du warst von euch die Beste“, er liebkoste mit der Messerspitze ihre Wange und ließ es ihren Körper runter wandern zum Bauch. Er spürte wie die Klinge leicht ins Fleisch stieß. Die geschärfte Klinge strich durch die Haut und hinterließ seine Unterschrift. Eine Erregung erfasste Besitz von ihm, die seine Hand erzittern ließ. Das Gefühl wie Fleisch vom Messer, geführt durch seine Hand, zerschnitten wurde, verlieh ihm ein Gefühl von Macht. Es berauschte ihn so massiv, das er dachte er schwebte. Er spürte ihn pulsieren, genau das ist es was er wollte. Macht spüren und Schmerzen bereiten, dann fühlte er sich vollkommen. Er lächelte, denn er wusste jetzt, was er beim nächsten Mal anders machte.

Jordan saß in seinem Schaukelstuhl auf der Veranda und schaute in den Nachthimmel hinaus. Er liebte es auf seiner Veranda zu sitzen. Er lauschte den Geräuschen des Waldes und sog gierig die klare Luft ein. Wenigstens war es nichts so drückend heiß, eine leichte Brise rauschte durch die Bäume. Seine Gedanken sprangen immer wieder zum Gesagten der Psychologin zurück. Er war schon viele Jahre Polizist, er war hier groß geworden. Sein Magen brannte alleine bei der Vorstellung, das eine Person in dieser Stadt sein Unwesen trieb, mit dem er zusammen aufgewachsen war, dem er vielleicht mal einen guten Morgen wünschte. Ardmore war nicht groß, für den Polizeidienst sehr überschaubar.

Ihm wurde schlecht, er brauchte was, an dem er sich abreagieren konnte, was konnte da besser funktionieren, als sein „Baby“. Diese Vorstellung reichte aus, um ihm ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Er stand auf und ging rüber in die angrenzende Garage. Beim Betreten roch er schon den typischen Duft des Motorenöls. Sein Puls beschleunigte sich, als er zur Plane griff und sie sorgfältig vom Auto nahm. Darunter stand ein schwarzer Mustang aus den 60-er Jahren. Das war sein „Baby“.

Er hatte das Auto vom Schrott gekauft und ihn liebevoll in Eigenarbeit restauriert. Seine Finger glitten behutsam und ehrfürchtig über den Lack. Er setzte sich in das Auto und startete den Motor, er klang satt und kraftvoll. Jordan setzte rückwärts raus und fuhr los. Er hatte kein genaues Ziel, so fuhr er los und ließ sich treiben. Doch statt zur Küste zu fahren, wo er sonst immer hin fuhr wenn ihm etwas Kopfschmerzen bereitete, fand er sich diesmal vor der provisorischen Krankenstation wieder. Was mache ich denn hier? Oh je Jordan, das nimmt ein schlimmes Ende mit dir. Er konnte selber nicht sagen was ihn gerade hierhin zog, doch insgeheim wusste er es.

Er hatte gehofft diese Frau wieder zu sehen, warum, wusste er selber auch nicht, doch diese Ausstrahlung die sie hatte zog ihn an. Kopfschüttelnd fuhr er langsam die Straße rauf und blieb kurz am Haus von Kathrin Higgins stehen. Warum gerade du? Du hast dich doch erst scheiden lassen, was hat ihn auf dich aufmerksam gemacht?

Nachdenklich fuhr Jordan wieder nach Hause, er merkte das es kein Sinn hatte darüber zu brüten, er kam heute doch nicht drauf. Beim Betreten seines Hauses sah er bereits im Dunkeln das Aufleuchten des Anrufbeantworters. Wer ruft mich um diese Uhrzeit auf mein Haustelefon an? Jordan drückte auf die Playtaste und ging durch zur Küche um sich ein Bier zu holen. Die Autofahrt hatte wie immer gut getan, brachte zwar nicht ganz den Effekt wie sonst, doch er fühlte sich um einiges entspannter. Lächelnd hielt er die Flasche an seine Lippen, als seine gute Laune ins Bodenlose fiel.

„Hallo Jordan … ich wollte mal deine Stimme hören….ich vermisse dich…es tut mir leid was ich getan habe…bitte rufe mich mal an, ja? Also…ich hoffe von dir zu hören, bye.“

Kapitel 4

Schlaftrunken stellte Taylor ihren Wecker aus, sie fühlte sich immer noch erschöpft. Nachdem sie sich gestern von der provisorischen Krankenstation ein Bild machte und dort noch die Vorräte aufstockte, fuhr sie anschließend mit Karen und Santiago raus an die Front, wie sie es so schön sagen und fasste bei den Aufräumarbeiten mit an.

Sie war am späten Abend müde ins Bett gefallen und wartete auf den ersehnten Schlaf, der sich nicht einstellen wollte. Sie war von einer inneren Unruhe getrieben, immer wieder dachte sie an die Worte von Karen. Das Wort „Mord“ hämmerte in ihrem Kopf. Diese Gedanken nahm sie mit rüber in ihren Träumen.

Sie sah sich in dem zusammengestürzten Haus von Michael wieder, doch anstatt Michael unter dem Tisch zu finden, lag dort ein übel zugerichteter Frauenkörper. Sie sah sich, wie sie vornüber gebeugt über diesen Körper kniete und bevor sie das Augenlid öffnete, riss die Frau die Augen auf und starrte sie an. Ihre Augen hatten dieses leuchtende Blau, es schien den dunklen Raum zu erhellen. Taylor setzte sich ruckartig auf und musste erstmal Luft holen. Verwirrt schaute sie sich um und entschied aufzustehen.

Sie ging ins Bad, duschte kurz und wählte bequeme, luftige Kleidung. Für den heutigen Tag hatten die Meteorologen wieder tropenähnliche Verhältnisse angekündigt. Sie cremte sich ausreichend mit Sonnenmilch ein, da sie schnell dazu neigte einen Sonnenbrand zu bekommen. Bevor sie ihr Zimmer verließ griff sie schnell zu ihrem Cappy und ging runter in den Frühstücksraum.

Auf der Treppe roch sie schon den frisch aufgebrühten Kaffee, das hob sofort ihre Laune. Es waren schon alle im Frühstücksraum versammelt und machten sich schon über das Essen her.

„Beeil dich, sonst ist gleich nichts mehr für dich übrig.“

Verschmitzt lächelnd scheppte Darlene sich nochmal eine Portion Rührei auf und setzte sich neben Karen. Taylor schenkte sich gerade eine Tasse Kaffee ein, da hörte sie, wie sich Darlene und Karen über den Mord unterhielten. Sofort war Taylor hellwach und gesellte sich zu den beiden.

„Weiß einer von euch, was denn dort passiert ist?“ Taylor schaute beide fragend an, sie konnte sich nicht erklären wieso, doch sie spürte Furcht in sich aufsteigen. Wieso ängstigt dich das so? Du kennst weder die Frau, noch weißt du, was genau vorgefallen ist. Mach dich nicht verrückt, du wohnst in New York, da bist du schon durch deine Arbeit täglich mit den Ergebnissen der körperlichen Gewalt konfrontiert, versuchte sich Taylor zu beruhigen.

„Genaues weiß ich auch nicht, ich habe gestern ein Gespräch von Nachbarn der Frau mitbekommen. Die Frau hat man im Bunker gefunden, sie war gefesselt.“

Karen schaute einen nach dem anderen an, keiner sprach ein Wort. Als sie sicher war, das man ihr die ganze Aufmerksam widmete sprach sie weiter.

„Außerdem wurde sie wohl vergewaltigt und….“

Karen holte tief Luft und sprach leiser weiter.

„Es wurde ihr was in den Bauch geritzt…..“

„Oh mein Gott“, Darlene schob ihr Frühstück von sich, „danke, ich bin satt.“

Das Rührei das gerade noch vorzüglich schmeckte, lag Taylor nun wie ein Stein im Magen und wollte sich den Weg nach draußen erkämpfen. Sie schluckte schwer um sich nicht erbrechen zu müssen, das übertraf ihre Träume bei weitem. Das fröhliche Geplapper das sie beim Eintreten des Salons hörte, war jetzt nur noch in ihrer Erinnerung. Der einzige der sein Appetit nicht verloren hatte, war Santiago. Er aß mit einer stoischen Ruhe weiter und ließ sich nichts anmerken wie er darüber dachte. Als alle das Frühstück beendeten, stand Vivian schon im Zimmer um abzuräumen. Aufgeregt plapperte sie daher. Was genau sie sagte, bekam Taylor nicht mit, sie war immer noch bei der Frau die man fand. Fahrig räumte Vivian das Geschirr zusammen, die Teller klapperten. Raymond kam hinzu um ihr zu helfen. Entschuldigend zuckte er mit den Achseln.

„Seit sie das von Kathrin hörte, ist sie durch den Wind.“

Taylor schaute ihn fragend an.

„Kathrin?“

„Die Frau die man fand, sie heißt …hieß…. Kathrin. Vivian hat es gestern beim Einkaufen gehört. Seitdem ist sie total verängstigt.“

Raymond blickte besorgt zu Vivian rüber, sie schluchzte auf und verschwand aus dem Raum. Darlene kam hinzu und half beim zusammenräumen des Geschirrs.

„Das tut uns leid, wenn wir was für sie tun können, sagen sie uns bitte Bescheid, ja?“

Raymond nickte kurz und verließ das Zimmer, es herrschte plötzlich eine drückende Stille. Man besprach untereinander nochmal kurz, wer in welcher Straße eingesetzt wurde, dann machten sie sich schweigend auf den Weg zum jeweiligen Einsatzort. Taylor, Karen und Santiago waren in der Hargrove Street eingeteilt, sie befand sich im Vorort Ardmores.

Anhand der knappen Angaben von Darlene wussten sie in etwa was sie erwartete. Die meisten Häuser waren dem Tornado zum Opfer gefallen und einige Menschen wurden noch vermisst. Das Bild das Taylor sich gedanklich machte, deckte sich nicht mit der Realität. Bagger waren im Einsatz die die Trümmer auf Lastwagen kippten, die dann abtransportiert wurden.

„Wer hier überlebt hat, hatte wirklich Glück."

Ungläubig blickte Karen sich um, es sah aus, als hätte sich der Tornado genau auf dieser Straße ausgetobt. „Dann mal los“, Taylor krempelte sich die Ärmel rauf, sprang auf die Ladefläche des Pick - Up und schnallte sich die Ausrüstung um. Jeder wusste, was sie zu tun hatten, sie verschafften sich einen Überblick und legten los.

Einige Anwohner waren dabei, die Habseligkeiten zusammen zu raffen, die man für einen Wiederaufbau verwenden konnte. Das Team half einem älteren Ehepaar dabei, das Haus von einem Baum zu befreien und drinnen nach dem Rechten zu schauen. Das Ehepaar hatte Glück, denn der Baum der auf das Haus stürzte hatte verhindert das noch andere Gegenstände in das Haus einschlugen, er wirkte wie ein Netz.

Die Äste und das Laub des Baumes fingen umherfliegende Teile auf. Nach einigen Stunden harter Arbeit, hatten Karen und Taylor eine Pause eingelegt, die Hitze nahm immer mehr zu. Mittlerweile war es Mittagszeit und die Sonne brannte vom Himmel. Karen kam mit einem hochroten Kopf zum Auto, sie wischte sich den Schweiß von der Stirn.

„Ist das heiß, sind die Getränke noch kalt? Ich kann nicht mehr. Was würde ich jetzt dafür geben in ein Pool zu springen!“

Schnaufend setzte sie sich neben Taylor. Sie stupste Taylor mit dem Ellenbogen an.

„Hallo, hörst du mir überhaupt zu?“

Als sie nicht reagierte, folgte sie Taylors Blick.

„Da ist doch nichts, was siehst du denn?“

Taylor kniff die Augen zusammen und schirmte ihre Augen mit der Hand ab.

„Guck mal zu dem weiß blauen Haus, fällt dir da nicht was auf?“

Sie blickte gespannt zu Karen.

„Hm – also… wenn ich ehrlich bin, nein, was denn?“

„Es wirkt verlassen, aber doch nicht verlassen. Die Haustüre steht auf und der Perlenvorhang der Türe weht regelmäßig nach draußen.“

Karen zuckte mit Schultern.

„Ja …und?“

„Es weht kein Wind. Der Perlenvorhang bauscht immer in den gleichen Abständen auf, siehst du?“

Taylors Neugier war geweckt, ihr Körper war aufs äußerste gespannt. „Ich geh rüber und guck mir das aus der Nähe an, kommst du mit?“

„Hey, wir müssen hier bleiben, Santiago wird gleich bestimmt unsere Hilfe brauchen.“

Taylor schaute zu ihm rüber, der gerade dabei war, den umgestürzten Baum mit einer Motorsäge zu verkleinern.

„Er wird noch eine Weile beschäftigt sein, also kommst du nun mit oder nicht?“

Ihr Körper vibrierte geradezu, am liebsten wäre sie sofort aus dem Auto gesprungen, anstatt noch mit Karen zu diskutieren. Karen wirkte unsicher, also nahm sie ihr die Entscheidung ab.

„Okay bleib du hier, ich gehe rüber um nach zu schauen, was da los ist. Ich mache mein Walkie Talkie an, falls was ist, sage ich dir Bescheid.“

Ehe Karen was sagen konnte, stieg Taylor aus und machte sich auf den Weg. Unterwegs checkte sie ihr Walkie Talkie und ging gedanklich durch, ob sie für den Ernstfall alles dabei hatte. Je näher sie dem Haus kam, wich die Spannung einer inneren Unruhe. Sie hatte das Gefühl das in diesem Haus etwas auf sie wartete, was sie besser nicht sehen sollte. Taylor drehte sich nochmal kurz um. Santiago kämpfte immer noch mit dem Baum. Der Mann des Ehepaares stand bei Santiago um ihn zu unterstützen, während Karen und die Frau die abgesägten Äste zum Straßenrand schoben. Taylor war sich kurz unschlüssig, ob sie weitergehen sollte, oh nein du gehst. Entschlossen reckte sie ihr Kinn vor und ging die Straße weiter.

 

Am Eingang des Vorgartens blieb sie stehen und schaute sich das Grundstück an. Das Haus war sehr gepflegt und es schien weitgehend vom Tornado verschont geblieben zu sein, die Fenster waren an der vorderen Front zerborsten. Der Vorgarten war mit Ästen, Blättern und Zeitungen verdeckt. Der Perlenvorhang wehte immer wieder nach außen, doch kein Lüftchen bewegte sich.

Taylor blickte unsicher zur ersten Etage hoch. Die Fenster der oberen Etage waren von innen verbarrikadiert, als wäre etwas davor geschoben worden. Sie atmete tief durch und setzte sich langsam in Bewegung. Vorsichtig setzte sie jetzt ein Fuß vor dem anderen, ihre Hände fingen an zu schwitzen.

Stutzig blieb sie an der Türschwelle stehen, es war deutlich ein Summen aus dem Haus zu hören, die Quelle musste unmittelbar vor ihr stehen. Sie stand im regelmäßigen Rhythmus eines Luftzuges. Es fühlte sich wunderbar an und kühlte für einen kurzen Moment ihre erhitzte Haut. Ein Ventilator? Wer stellt ein Ventilator vor einer offenen Türe, das ergibt keinen Sinn? Ihre Nackenhaare richteten sich auf, sie krallte ihre Fingernägel in ihre Handinnenfläche bis es schmerzte.

„Hallo, ist da jemand? Ich möchte ihnen helfen, ich komme jetzt rein.“

Taylor spürte wie Angst von ihr Besitz ergriff, sie griff zu ihrem Walkie Talkie.

„Karen? Hörst du mich?“ Es knackte kurz.

„Ja laut und deutlich, wie schaut es bei dir aus?“

Der Vorhang verbat ihr einen Blick ins Innere.

„Noch nichts bisher, ich steh noch an der Schwelle.“

Taylors Herz schlug bis zum Hals. Sie hatte das Gefühl das ihre Beine an Gewicht zugelegt hätten. Mit beiden Händen umklammerte sie das Walkie Talkie, damit sie direkt zuschlagen könnte, falls nötig.

„Ich geh jetzt rein, ich habe gerufen, bekam aber keine Antwort.“

Wieder ein Knacken.

„Die Bewohnerin ist mit Sicherheit woanders.“

Taylor wollte gerade einen Schritt ins Haus setzen, hielt dann aber inne.

„Bewohnerin?“ Ihr wurde schlecht, ihre Knie wurden weich wie Gummi, nackte Angst ergriff sie. Was mach ich hier bloß? Ich und meine große Klappe! Es knackte wieder.

„Mr. und Mrs. Doyle, das Ehepaar weißt du, sagten gerade, das dort eine Frau Namens Sheila Briscoll wohnt.“

„Gut, ich geh jetzt rein.“

„Ms. Briscoll? Hallo?“

Es war nichts zu hören, bis auf das stetige Summen. Mit einer Hand schob sie den Vorhang beiseite und stand wie sie vermutete, einem Ventilator gegenüber. Die Kühlung die der Luftzug anfangs versprach, blieb diesmal aber aus. Taylor betrat das Haus und stellte den Ventilator aus, er war an einem separaten Generator angeschlossen. Scherben lagen auf dem Fußboden, umgestürzte Vasen und Nippes. Taylor ging langsam durch die einzelnen Räume der unteren Etage. Die Sonnenstrahlen fielen durch die offenen Fenster, trotz der Hitze die die Sonne lieferte, hatte Taylor das Gefühl das die Wärme an ihr abprallte.

„Karen, ich geh jetzt hoch in die erste Etage, im Erdgeschoss ist nichts.“

Ein Knacken, dann vernahm sie nicht Karens Stimme, sondern Santiagos

„Taylor wieso gehst du alleine? Ist das Haus sicher?“

Die Sorge von Santiago nahm sie gar nicht wahr, sie war derzeit mit ihrer eigenen Angst beschäftigt. Sie griff zum Walkie Talkie, ließ die Treppe die zur ersten Etage führte aber nicht aus den Augen.

„Ist alles sicher, Haus ist stabil. Es hat komischerweise, nichts abgekriegt, lediglich die Fenster sind zerborsten und das Licht funktioniert nicht.“

Sie nahm kurz den Rucksack ab um ihre Stablampe rauszuholen, die komplette erste Etage lag im Dunkeln. Um sich selber Mut zu machen und die Stille zu vertreiben, sang Taylor leise ein Lied. Sie hatte das Gefühl das die Geräusche von der Außenwelt, von diesem Haus absorbiert wurden. Während sie die Treppe langsam hinaufstieg, leuchtete sie immer wieder die Treppe ab und rief nach Sheila.

Das einzige was zu hören war, war ihr eigener Herzschlag. Oben angekommen, öffnete sie mit schweißnasser Hand die erste Türe. Im Stillen zählte sie bis drei, schwang sie auf und hatte die Lampe fertig zum Schlag in der Hand. Sie stand vor dem Badezimmer, Taylor sicherte sich ab, das niemand dort war. Sie guckte hinter der Türe und in der Duschkabine. Nichts… Merkwürdig… Dieses Fenster war nicht verbarrikadiert, es hatte aber den Vorteil, das so wenigstens etwas Tageslicht in den dunklen Flur fiel. Es gingen noch drei Türen vom Flur ab, zwei lagen links von ihr, eine direkt vor Kopf. Taylor holte tief Luft und rief nochmal, doch auch diesmal erhielt sie keine Antwort.

„Taylor, was ist, hast du jemanden gefunden?“

Erschrocken über diese Störung, zuckte sie zusammen.

"Nein alles sicher bisher, ich gehe jetzt weiter. Ich bin in der ersten Etage. Die Fenster sind von innen wohl mit Möbeln verstellt, die Türen sind aber alle geschlossen.“

Sie war sich mittlerweile sicher, das sie von Sheila keine Antwort bekommen würde, die Angst war mittlerweile greifbar.

„Taylor bleib da stehen, ich komme rein, das gefällt mir nicht.“

Santiagos Stimme wurde lauter.

„Ist alles okay, ehrlich.“

Sie versuchte Santiago zu beschwichtigen, „ich melde mich wenn was ist, vertrau mir.“

Taylor ging entschlossen zur nächsten Türe, holte tief Luft und öffnete sie. Dies sah aus wie ein Gästezimmer, der Kleiderschrank wurde vors Fenster geschoben. Sie leuchtete kurz durch den Raum, konnte nichts weiter feststellen. Es wurde wohl frisch renoviert, der Farbgeruch lag noch in der Luft. Die Matratze lag nackt auf dem Bett, eingeschweißt in Folie, sowohl der Schrank wie auch das Regal waren leer. Von der Decke baumelte eine Glühbirne. Sie wollte gerade ansetzen den Schrank vom Fenster wegzuschieben, entschied sich dann aber doch dagegen.

Das nächste Zimmer war ein Arbeitszimmer, der Schreibtisch war sehr aufgeräumt und klar definiert. Alles hatte seinen festen Platz, das ganze Büro war sehr effizient eingerichtet. Die großen Regalböden, gefüllt mit Ordnern waren vor dem Fenster geschoben. Taylor runzelte die Stirn, da musste Sheila sehr kräftig sein um diese Regale zu verschieben. Sonst war nichts weiter auffällig, vor der letzten Türe blieb sie dann stehen.

Sie war sich dessen bewusst, das es kein Zurück mehr gab, wenn sie diese Türe jetzt öffnete. Die Kälte, die sie gestern spürte, beim Anblick des abgezäunten Hauses, kam mit aller Macht zurück. Sie wollte etwas sagen, nur damit die Stille durchbrochen wurde, es kam aber nur ein krächzen.

Verhalten klopfte sie gegen die Tür, angestrengt lauschte sie und hielt ihr Ohr gegen die Türe. Doch was erhoffte sie sich. Taylor umklammerte ihre Taschenlampe. Zitternd griff sie zum Türknauf, atmete tief durch und drehte ganz langsam. Okay Taylor, ganz ruhig, atme… Sie versuchte die Türe zu öffnen, wurde aber durch etwas aufgehalten. Sie rüttelte leicht, da hörte sie ein Reißen.

Was ist das denn? Taylor leuchtete den Rahmen ab und erschauerte.

Jemand hatte den Rahmen mit der Türe durch Panzerband verklebt. Wie auch den Boden, regelrecht isoliert, damit nichts nach außen drang. Ihre Atmung wurde unkontrolliert, sie leuchtete zurück in den Flur, nur um sich abzusichern, das niemand hinter ihr stand.

Im Stillen fing sie an zu zählen, soll ich… soll ich nicht…soll ich…? Ich soll, war die Antwort.

Es war dumm, das war ihr bewusst, nein, es war nicht nur dumm. Das, was sie gleich sieht, würde sich für immer in ihr Gehirn einbrennen. Das Sheila tot war, da war sich Taylor nun 100 prozentig sicher.