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KAPITEL DREIUNDZWANZIG

Kevin versuchte, mit Dr. Levin, Luna und Ted Schritt zu halten, während sie durch das NASA-Gebäude rannten und versuchten zu dem Raum zu kommen, in dem der Stein aufbewahrt wurde. Er konnte die schockierten Blicke auf den Gesichtern der Wissenschaftler sehen, als sie an ihnen vorbeirannten, einige von ihnen erkannten ihn offensichtlich, andere waren wahrscheinlich einfach nur überrascht, dass jemand so schnell durch eine seriöse wissenschaftliche Einrichtung rannte.

Dr. Levin hielt Kevin einen Schlüsselbund hin.

„Wenn das hier falsch läuft“, sagte sie, während sie rannte, „wenn es etwas gibt, das man nicht eindämmen kann, gibt es einen sicheren Raum unter dem Gebäude im Keller. Einer dieser Schlüssel ermöglicht den Zugriff auf das Bunkernetz, wenn es verschlossen sein sollte. Benutzt den, der Fahrstuhl sollte euch direkt dort hinbringen.“

„Wo ist der Stein von der Expedition?“, rief Ted einer Gruppe von Wissenschaftlern zu, als sie vorbeikamen.

„Forschungslabor 3b“, sagte einer von ihnen. „Warum? Ist irgendwas –“

Aber sie waren schon längst weiter gerannt und versuchten, noch rechtzeitig dorthin zu kommen. Vor den Sicherheitstüren mussten sie stehen bleiben, aber diese verlangsamten sie nur ein wenig und ließen sich mit  Teds Sicherheitskarte öffnen.

Kevin konnte Professor Brewster hinter ihnen schreien hören, aber er wurde nicht langsamer.

Sie gingen tiefer in das Gebäude und vorbei an den Laborräumen, die Kevin gesehen hatte, als Phil ihm das Gebäude gezeigt hatte. Sie kamen an den Lasern und den Entwicklungs-Laboren vorbei, die Dinge, die der Menschheit eine Chance auf Überleben und Gedeihen versprachen, wenn sie je in eine andere Welt kamen und die Dinge, die das Versprechen trugen, dies zu einem besseren Ort zu machen. Aber im Moment war das Einzige, was wichtig war, die mögliche Bedrohung, wenn sie nicht sichergingen, dass der Stein unter Kontrolle war.

Sie pausierten bei einer Reihe von Schildern und rannten dann weiter, eine Treppe hinunter und in den Teil des Gebäudes, wo es nur künstliches Licht gab. Es fühlte sich für Kevin steril an, unwillkommen im Vergleich zum Rest des Ortes. Die Wissenschaftler, an denen sie vorbeikamen, trugen zumeist weiße Labor-Anzüge oder Laborkittel und versuchten offensichtlich, sich von kontaminierenden Experimenten fernzuhalten.

Als sie in das Labor kamen, musste Kevin zugeben, dass es wie ein sicherer Platz aussah. Es hatte verstärkte Glaswände an drei Seiten, während die vierte an die äußere Wand des Gebäudes grenzte. Der Stein befand sich in der Mitte davon, wie ein Osterei, das in zwei Hälften zerbrochen war. Drei Wissenschaftler standen in weißen, sauberen Plastikanzügen darum. Zwei trugen Masken, während einer das wohl nicht für nötig hielt, weil er nicht am Stein stand, sondern am Mikroskop arbeitete.

Das Glas war dick, aber Kevin konnte hören, was sie sagten, während Ted an dem Schloss fummelte, und versuchte hineinzukommen.

„Diese Proben sind immer noch interessant“, sagte der Wissenschaftler. „Auch wenn es nicht das ist, was uns versprochen wurde.“

„Lass Professor Brewster das nicht hören“, sagte ein anderer. „Was ihn betrifft, je eher wir diesen Stein als wertlos erklären und ihn loswerden können, umso besser.“

„Nun, er wird vielleicht warten müssen, das ist …“

„Was?“, fragte der dritte Wissenschaftler. „Und wirst du dir wohl eine Maske aufsetzen? Das ist Vorschrift.“

Kevin sah den Moment, als Dampf von der Oberfläche des Steines aufstieg. Er war fast durchsichtig und er hätte es für einen Dampfanstieg aufgrund einer Temperaturänderung in dem Gestein halten können, aber irgendwie wusste er, dass dem nicht so war.

„Das passiert immer wieder“, sagte einer der Wissenschaftler.

Kevin schlug mit seiner Hand gegen das Glas, während Ted weiter an dem Schloss arbeitete.

„Es braucht beides − einen Code und eine Karte“, sagte er. „Ich schätze, es ist eine doppelte Absicherung, weil es ein versiegelter Raum ist.“

„Ihr müsst hier raus“, rief Kevin. „Ihr seid alle in Gefahr.“

Sie drehten sich zu ihm um, als er immer noch mit der Hand gegen die Scheibe schlug, als er weiterhin mit der Hand gegen das Glas schlug, offensichtlich nicht sicher, warum er dort war oder was sie tun sollten. Die beiden mit den Masken sahen verwirrt aus. Derjenige ohne …

Die Augen desjenigen, der keine Maske trug, änderten sich plötzlich, die Pupillen verwandelten sich von Schwarz zu Weiß und schienen fast zu leuchten. Er starrte Kevin an und es gab dort eine Art Erkennen, das vorher nicht da gewesen war. Es lag auch eine Feindlichkeit in diesem Blick, der Kevin mit Angst erfüllte.

Es war intelligent und gefährlich.

Und alles andere als menschlich.

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

„Passt auf!“, schrie Kevin. „Etwas stimmt nicht mit ihm.“

Der Wissenschaftler drehte sich zu den anderen beiden um und griff nach ihnen, zog ihnen die Masken herunter, ehe sie merkten, was passierte. Kevin wollte eine Warnung rufen, aber es sah so aus, als wäre es schon zu spät. Er sah, wie sich die Augen der Wissenschaftler veränderten, ihre Pupillen wurden so weiß, wie die des anderen.

Kevin wich zurück vom Glas und schaute Luna an. Sie sah genauso ängstlich aus, wie er sich fühlte, was wahrscheinlich kein gutes Zeichen war. Luna bekam niemals Angst.

Ted sah aus, als wenn er versuchte herauszufinden, was er tun sollte und das war fast genauso beängstigend. Kevin war daran gewöhnt, dass er all die Antworten hatte. Er holte ein Handy heraus und rief jemanden an.

„Wir haben einen Level-4-Ausbruch“, sagte er hinein. „Ich arbeite daran, es einzudämmen, aber ihr müsst sofort die Notfallmaßnahmen starten.“

Da war ein Kasten an der Wand. Ted klappte ihn auf und tippte eine Reihe von Zahlen in ein Tastenfeld. Er drückte einen Knopf und die Lichter begannen rot zu blinken, während eine computergestützte Stimme über Lautsprecher erklang.

„Notfall, Notfall. Eindämmung im Prozess.“

Metallgitter glitten an den Seiten der Labore herunter, sie verwandelten sie wirkungsvoll in riesige Metallboxen, aus denen es kein Entkommen gab. Kevin hörte ein frustriertes Brüllen im Inneren des Labors und er wagte es, erleichtert aufzuatmen.

„Haben wir es geschafft?“, fragte er. „Haben wir sie aufgehalten?“

„Ich hoffe“, sagte Ted. Trotzdem ging er in einen Lagerraum und kam mit der Art Filtermasken wieder, die die Wissenschaftler getragen hatten. Er gab Luna und Kevin eine und nahm sich selbst auch eine.

„Was ist hier los? Warum ist der ganze Raum abgesperrt?“

Kevin drehte sich um und sah, wie sich Professor Brewster näherte, zusammen mit Dr. Levin und mindestens ein Dutzend weiterer Mitarbeiter. Ein Sicherheitsmann hielt Dr. Levin am Ellbogen fest und sah zwar ein wenig entschuldigend dabei aus, aber ließ sie dennoch nicht los.

„Ihr seid zu weit gegangen“, sagte der Direktor und zeigte mit einem Finger in ihre Richtung. „Ihr hattet kein Recht das zu tun.“

„Sie können sich glücklich schätzen, dass wir es getan haben“, sagte Luna, bevor weder Kevin noch Ted irgendetwas sagen konnten, „weil sie ansonsten jetzt von Außerirdischen umgeben wären.“

„Außerirdische“, sagte Professor Brewster mit einem Anflug von Verachtung. „Haben wir nicht genug von diesem Unsinn gehört?“

„Oh, es ist bei weitem kein Unsinn“, sagte Ted. „Ich habe es gesehen.“

„Es stimmt“, sagte Kevin. „Sie können die Körper von Menschen übernehmen. Aus dem Stein, den wir gefunden haben, kam Gas und hat die Wissenschaftler dort überwältigt.“

Professor Brewster schüttelte seinen Kopf. „Es gibt viele Gase, die unberechenbares Verhalten erzeugen können, und das ist hier der Fall − wenn überhaupt etwas passiert ist. Wir haben nur dein Wort dafür.“

Mein Wort“, sagte Ted in einem Ton, der dem anderen Mann widersprach.

Dann erklang ein Klopfen.

„Klopfen“ war vielleicht das falsche Wort dafür. Das ließ es fast höflich, ja sogar zart klingen, aber der Klang, der in Kevins Ohren hallte, war von etwas, das hart gegen die Wände des Raumes krachte.

„Sind dort Menschen eingesperrt?“, fragte Professor Brewster.

„Die Außerirdischen kontrollieren sie“, sagte Kevin. „Ihre Pupillen wurden weiß, als das passiert ist.“

„Wahrscheinlich nur eine Auswirkung der chemischen Reaktion“, wandte Professor Brewster ab. „Wie auch immer, dieser Unfug hat lange genug gedauert. Ich werde meine Leute freilassen, den Sicherheitsdienst hier hinunterrufen und euch alle aus dieser Einrichtung entfernen lassen.“

Er ging zum Sicherheitsschaltfeld, den Ted genutzt hatte und Kevin sah, wie der Soldat eine Waffe zog.

„Ich werde jeden erschießen, der dieses Schaltfeld anfasst“, versicherte Ted.

Das schockierte Kevin ein wenig. Er wollte nicht, dass jemand deswegen erschossen würde. Obwohl, wenn es jemanden von hier traf, dann war Professor Brewster wahrscheinlich ganz oben auf der Liste. Der Wissenschaftler wandte sich ihnen zu, die Hände erhoben.

„Das würden Sie nicht wagen“, sagte er. Im Inneren der Stahlbox ging das Hämmern weiter.

„Ähm … ich glaube, das würde er“, antwortete Kevin. „Professor Brewster, wir können sie nicht aus dem Zimmer lassen. Wir müssen die Außerirdischen aufhalten, solange wir können.“

„Es gibt keine Außerirdischen“, sagte Professor Brewster. „Du hast meine Leute wegen eines Hirngespinstes eingesperrt und …“

Das Klopfen hörte auf und die Plötzlichkeit, mit der es dies tat, ließ sogar den Direktor der Einrichtung innehalten. Etwas klickte und surrte, dann hörten die Lichter im Flur auf, ihr mattes Rot zu blinken, und die Stahlgitter begannen hochzufahren.

„Das sieht nicht gut aus“, sagte Luna.

Das war noch untertrieben. Die Gitter hoben sich und Kevin sah die Wissenschaftler dort passiv herumstehen, sie sahen so ruhig aus, als ob sie nur auf die Chance warteten, frei zu sein.

 

Kevin vermutete, dass es Sinn ergab, dass Außerirdische in der Lage sein würden, einen Computer zu hacken. Schließlich hatten sie eine Technologie, die sie auf den Weg durch eine ganze Galaxie geschickt hatte. Im Vergleich dazu war ein Computer wahrscheinlich nicht sehr kompliziert.

„Siehst du“, sagte Professor Brewster. „Es gibt keine Außerirdische, nur drei ganz normale –“

Die Wissenschaftler öffneten ihre Münder und kreischten gleichzeitig, ein Geräusch, das eher Insekten-artig als menschlich klang − oder mehr nach Alien. Kevin sah den Schock im Gesicht der Wissenschaftler um ihn herum, als sie erkannten, dass das nicht mehr ihre Kollegen waren.

„Schaut euch die Augen an“, sagte einer der Forscher.

Kevin sah zu Ted hinüber. „Wir sind doch sicher hier, oder?“

„Solange sie nicht durchs Glas kommen“, sagte Ted. „Ihr braucht alle Gesichtsmasken. Wenn der Dampf irgendwie herausdringt, seid ihr alle in Gefahr.“

Professor Brewster sah aus, als ob er versuchte, sich zu sammeln, um zu sagen, dass es kein Problem gab, dass alles in Ordnung war, aber er schien Schwierigkeiten zu haben, das zu tun. Er versuchte immer noch, etwas zu sagen, als die Wissenschaftler, die von den Außerirdischen kontrolliert wurden, je einen Metallstuhl nahmen und begannen, damit gegen das Glas zu schlagen, wie ein Rammbock. Alle drei von ihnen arbeiten im Einklang, während das Geräusch davon durch das Gebäude hallte.

Auf dem Glas entstanden Risse. Kevin sah, wie sie sich wie ein Spinnennetz über die Oberfläche ausbreiteten und sich mit jedem Schlag vergrößerten. Ted richtete seine Waffe auf die Wissenschaftler, aber das hielt sie weder davon ab, noch ließ es sie langsamer werden.

Das Glas zerbrach und sie stürzten hinaus. Kevin hörte, wie Ted feuerte, aber es schien keinen Unterschied zu machen. Kevin sah die Wissenschaftler, die keine Masken trugen, auf der Stelle stehen bleiben und keuchen, während sie sich an die Kehlen griffen und sich dann plötzlich aufrichteten. Einer griff nach seinem Nachbarn, der maskiert war und riss ihm die Maske herunter und atmete einen klaren Dampf aus, der den Raum vor ihnen füllte. In wenigen Augenblicken wurde auch dieser Wissenschaftler bekehrt.

Einer griff nach Kevin und riss die Maske herunter, die er trug. Kevin versuchte den Atem anzuhalten, versuchte sich zu entziehen, aber es gab keinen Ausweg. Ein übel riechender Dampf kam über ihn …

… und nichts passierte.

Luna krachte in die Seite des Wissenschaftlers, der Kevin hielt. Sie war klein, aber sie hatte ziemlich viel Erfahrung darin, Menschen zu schlagen, die größer waren als sie selbst und es reichte zumindest aus, dass der Wissenschaftler den Griff lockerte.

„Lauft!“, schrie Ted. „Geht in den Bunker!“

Er begann, seine Waffe in die Masse zu feuern. Es hielt die Wissenschaftler nicht auf. Was immer sie kontrollierte, schien sich nicht um menschliche Dinge wie Schmerz oder Schaden an den Körpern, die sie in ihren Griffen hielten, zu kümmern. Während Kevin zuschaute, hielten drei Wissenschaftler Ted fest und drückten ihn nach unten.

Kevin wollte Ted helfen, wollte nach vorne stürmen und ihn aus der Masse ziehen, aber es gab keine Chance, nicht einmal ein Weg, um irgendwie zu helfen. Das Beste, was er tun konnte, war Luna am Arm zu greifen und sie zurückzuziehen, beide rannten vor den nun vorrückenden Wissenschaftlern davon.

Als er über seine Schulter blickte, sah Kevin, wie sie sich einer nach dem anderen verwandelten. Er sah, wie Dr. Levin keuchte, sich an den Hals griff, als der Dampf in ihren Körper eindrang und sich dann auf eine Art und Weise aufrichtete, die viel zu stoisch war.

Er sah, wie sich Professor Brewster in wenigen Augenblicken veränderte, als der Dampf ihn überwältigte.

Ein Teil von ihm dachte, dass Ted es irgendwie abwehren würde, dass er durchbrechen und kommen würde, um ihnen zu helfen. Kevin ließ einen herzzerreißenden Schrei los, als er sah, wie der Soldat erst stillstand, sich dann aufrichtete und den anderen anschloss, die sie verfolgten.

Sie eilten zusammen die Korridore des Gebäudes hinunter und mehr und mehr Wissenschaftler folgten ihnen mit einer Entschlossenheit, die nicht mehr menschlich war, nicht ansatzweise. Wenn er zurücksah, konnte Kevin Ted, Dr. Levin und Professor Brewster sehen, die genauso unter Kontrolle der Außerirdischen waren wie der Rest. Ein Teil von ihm wollte einfach vor Verzweiflung und Schock auf die Knie fallen. Nur Lunas Anwesenheit neben ihm ließ ihn weiterlaufen.

„Hier lang“, sagte Luna und zog ihm einen Nebenflur herunter, dann zu einer Reihe von Zimmern die wissenschaftliche Ausrüstung enthielten. Sie duckten sich hinter einer Reihe von großen Mikroskopen, verhielten sich eine Weile still, während die besessenen Wissenschaftler durch alle Türen der Einrichtung vordrangen und fast geistlos jeden packten, dem sie begegneten, um ihn zu bekehren.

Luna kniete sich hin und starrte auf Kevin. „Lass mich dir in die Augen sehen.“

Kevin wusste, nach was sie suchte. „Ich bin kein Alien.“

„Nein, bist du nicht, aber du solltest einer sein. Ich weiß nicht, warum du keiner bist.“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Was machen wir jetzt?“

Sie schien es als selbstverständlich hinzunehmen, dass es überhaupt etwas geben könnte, was sie tun konnten. Kevin nicht. Wenn seine Krankheit ihn eins gelehrt hatte, dann, dass es Dinge gab, gegen die man unmöglich etwas tun konnte.

„Ted hat gesagt, wir sollen in den Bunker gehen“, sagte Kevin.

Luna nickte. „Hast du den Schlüssel?“

Kevin hielt ihn hoch.

„Okay“, sagte sie. „Dann los.“

Kevin ging voran, schlich sich durch die wissenschaftliche Ausrüstung und ging in Richtung der Aufzüge. Ab und zu hielten sie an und sowohl Kevin als auch Luna blieben wie erstarrt stehen und warteten, während Wissenschaftler vorbeikamen. Es waren nicht mehr viele. Kevin nahm an, dass sie sich wahrscheinlich durch den Rest des Gebäudes bewegten und alle Menschen, die sie unterwegs trafen bekehrten. Es war ein wenig wie damals, als sie sich an Orte schlichen, an denen sie nicht sein sollten, und sich vor Erwachsenen verstecken mussten, nur dass es nichts im Vergleich hierzu war. Sie würden nicht einfach eine strenge Verwarnung erhalten oder aufgefordert werden, weiterzumachen, wenn sie erwischt wurden.

Der Fahrstuhl lag vorne direkt hinter einem Raum voller Pflanzen, die zu Testzwecken eingesetzt wurden. Vor ihnen wartete ein halbes Dutzend Wissenschaftler, als wüssten sie, dass sie beide diesen Weg nehmen würden.

Sie wussten es wahrscheinlich, erkannte Kevin. Bei dem, was im Labor passiert war, sah es aus, als hätten sie Zugang zu den Gedanken und Erinnerung der Menschen, die sie kontrollierten, also warum sollten sie nichts von dem Bunker wissen?

„Was machen wir?“, fragte Luna.

Kevin versuchte nachzudenken. „Wir brauchen eine Ablenkung.“

Er nahm eine der Pflanzen und betrachtete ihren Keramiktopf. Er ging zur Tür des Raumes, der am weitesten vom Aufzug entfernt war, und wählte eine Richtung. Dann ließ er den Pflanzencontainer rollen, so schnell, wie er konnte und eilte zurück zu Luna, gerade noch rechtzeitig, um das Geräusch des anstoßenden Wagens aus der Entfernung zu hören.

Die Alien-kontrollierten Wissenschaftler gingen dem Geräusch nach und eilten vorwärts, in dieser schrecklichen synchronisierten Einförmigkeit, die ihnen innewohnte.

„Jetzt“, sagte Kevin und er und Luna rannten in Richtung Fahrstuhl. Dort war in Brusthöhe ein Schloss angebracht.

„Schnell“, sagte Luna, „nimm den Schlüssel.“

Kevin drückte ihn in den Schlitz am Fahrstuhl und ein grünes Licht erschien. Die Fahrstuhltüren glitten mit unglaublicher Langsamkeit auf. Wie lange würde es dauern, bis die Außerirdischen gemerkt hatten, was das Geräusch ausgelöst hatte und herausfanden, dass sie ausgetrickst wurden? Wie lange, bis sie ihnen beiden nachjagten?

Ein unmenschlicher Laut in der Nähe deutete darauf hin, dass es nicht lange dauern würde.

„Rein da“, sagte Luna und beide stolperten in den Fahrstuhl.

Es gab einen weiteren Kartenschlitz im Fahrstuhl sowie einem Knopf neben einem Schild, auf dem ‚Bunker‘ stand. Es gab noch weitere Tasten für die verschiedenen Ebenen der Anlage, für die Lobby und das Parkhaus. Kevin stand da und betrachtete sie.

„Worauf wartest du?“, fragte Luna. „Du hast Ted gehört, wir müssen in den Bunker.“

Kevin nickte. Er hatte es gehört. Es gab nur ein Problem.

„Was passiert mit unseren Eltern?“, fragte er.

Er sah, wie sich Lunas Augen weiteten.

Draußen sah er Außerirdische um die Ecke kommen, die sich alle mit perfekter Synchronisation auf die Aufzüge zubewegten.

„Wenn wir in den Bunker gehen, wer wird dann unsere Eltern retten?“, fragte Kevin. Er konnte seine Mutter einfach nicht im Stich lassen, sodass sie zum Alien wurde. Er konnte es nicht.

Als die Alien-kontrollierten Wissenschaftler näherkamen, drückte Kevin den einzigen Knopf, den für ihn in Frage kam.

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

Kevin konnte nur dastehen, als der Fahrstuhl nach oben in die Lobby fuhr. Die Sekunden schienen sich zu strecken und mit jeder, die verging, konnte er sich die Wissenschaftler vorstellen, die durch das Gebäude rannten und noch mehr Menschen packten  und Dampf in sie atmeten oder einfach warteten, während er sich durch das Gebäude verbreitete, vielleicht sogar darüber hinaus.

Der Fahrstuhl rumpelte nach oben, die Lichter blinkten auf eine Art, die annehmen ließ, dass irgendwo anders im Gebäude etwas passiert; etwas Gewalttätiges.

„Glaubst du, man kann das aufhalten?“, fragte Luna. Sie klang tatsächlich verängstigt. So verängstigt, wie Kevin sich in dem Moment fühlte.

„Ich weiß es nicht“, gab er zu und es nicht zu wissen, war der schlimmste Teil daran. Er hatte keine Ahnung, was passieren würde oder ob man das stoppen konnte oder so.

Langsam kam der Aufzug zum Stillstand, die Türen öffneten sich, um die Lobby dahinter freizugeben. Kevin und Luna schlichen sich leise hinein und wagten es nicht, ihre Masken auszuziehen, während sie hindurch eilten.

Ein Blick auf den Boden sagte Kevin, dass es genau richtig war. Er konnte sehen, wie der Dampf sich wie Nebel an einem kalten Morgen verteilte. Er kam unter den Türen hervor und breitete sich weiter nach draußen aus. Er konnte nicht sehen, wie er die Protestanten berührte, aber er konnte die Auswirkungen sehen, als sie ihn einatmeten. Er konnte sehen, wie sie einer nach dem anderen still wurden, hoch starrten, als wenn sie auf irgendwas warteten.

„Nein“, sagte Luna und Kevin konnte den Schrecken in ihrer Stimme hören. „Nein, es kann sich nicht so schnell ausbreiten.“

Kevin schluckte seine eigene Angst hinunter. Wie konnte der Dampf so schnell so viel anrichten? Aber er kannte die Antwort darauf: er war genau dazu entwickelt worden − und das war der schrecklichste Gedanke überhaupt, weil das hieß, dass die Menschen da draußen erst der Anfang waren.

Kevin konnte nicht herausfinden, wie sie an ihnen vorbeikommen sollten, aber es schien, dass Luna eine Idee hatte. Sie führte ihn bereits den Weg aus dem Institut heraus und steuerte auf den dortigen Parkplatz zu.

„Was machst du?“, fragte Kevin.

„Wenn wir noch rechtzeitig nach Hause wollen, können wir nicht mit dem Bus fahren“, erklärte Luna. „Wir brauchen ein Auto.“

„Also wirst du eins stehlen?“, fragte Kevin. „Kannst du überhaupt fahren?“

Es schien ihm unvorstellbar, dass jemand in seinem Alter dazu in der Lage sein könnte, aber Luna schien ziemlich zuversichtlich.

„Nicht stehlen, leihen“, sagte Luna. „Und ja, ich kann fahren. Wahrscheinlich. Einer meiner Cousins hat mich mal seinen Truck fahren lassen. Es ist nicht so schwer.

Sie gingen auf den Parkplatz und schauten sich die Autos dort an. Kevin war sich nicht sicher, was sie brauchen würden, um eines davon zu stehlen oder wie lange es dauern würde. Er war sich nicht sicher, ob sie viel Zeit hatten. Schon jetzt konnte er sehen, wie sich einige von ihnen außerhalb des Zauns der Einrichtung auf sie zubewegten.

„Ähm … Luna?“, sagte er. „Ich denke, wir müssen uns beeilen.“

„Da!“, sagte sie und zeigte auf ein Auto. Kevin erkannte Dr. Levins kompaktes Stadtauto sofort. „Sie hat dir alle ihre Schlüssel gegeben, oder?“

„Ich bin mir nicht sicher“, erwiderte Kevin. Er nahm sie heraus. „Sie hat mir einen für den Fahrstuhl gegeben, aber …“ Einer stach sofort heraus. „Sieht das wie ein Autoschlüssel aus?“

„Tut es“, sagte Luna. Sie riss ihn aus seiner Hand und lief zum Auto und öffneten die Autotüren. Hinter ihm konnte Kevin die Menschen sehen, auf welche die Außerirdischen jetzt zugingen, sie bewegten sich in ihre Richtung und in Richtung des Gebäudes als eine einzelne, synchronisierte Gruppe.

 

Kevin sprang in das Auto, wo Luna bereits mit dem Schlüssel arbeitete und versuchte, das Ding zum Laufen zu bringen.

„Ich dachte, du wüsstest, was du tust“, sagte er.

„Das ist etwas anderes als der Wagen meines Cousins“, antwortete sie. „Gib mir eine Minute.“

Kevin blickte über das Armaturenbrett auf die fortschreitende Horde von Wissenschaftlern. „Ich bin mir nicht sicher, ob wir noch eine Minute Zeit haben.“

„Warte, ich glaube, ich habe es!“ Der Motor brüllte nicht gerade zum Leben, angesichts der Größe des Autos, aber er startete. Luna legte den Gang ein und sie schossen vorwärts und knirschten es gegen das Auto davor.

„Anders herum“, sagte Kevin.

„Willst du fahren?“, blaffte Luna zurück. Sie schaffte es in den Rückwärtsgang und fuhr mit einem Kratzen von Metall auf Metall aus der Parklücke. Sie schaltete wieder in den Vorwärtsgang und sie fuhren zum Tor.

Ein Demonstrant warf sich vor das Auto, fiel von der Motorhaube und stand dann scheinbar unversehrt auf. Kevin hatte gesehen, wie Ted die von den Aliens kontrollierten Wissenschaftler erschossen hatte, ohne dass es sie aufhielt, also bezweifelte er, dass das Auto viel anrichten konnte. Ein weiterer warf sich auf die Motorhaube, hielt sich fest und starrte sie mit seinen weißen Pupillen an.

„Mach es weg! Mach es weg!“, schrie Luna.

Kevin war sich nicht sicher, wie er das machen sollte, aber er tat sein Bestes. Er ließ das Fenster an seiner Seite herunter, lehnte sich nach vorne und schüttelte an dem Mann. Er schrie und dann fiel er auf die Straße.

Jetzt war die Straße frei, sie fuhren über das NASA-Gelände und in Richtung der Autobahn, während die kontrollierten Menschen ihnen hinterherliefen. Das kleine Auto kam auf die Straße und Kevin sah sich um und hoffte, dass er Leute sehen würde, die einfach ihrer täglichen Arbeit nachgingen, halb hoffte er auch, die Polizei irgendwo zu sehen, die sie wegen ihrer wilden Fahrerei anhalten würden, sodass sie die Menschen davor warnen konnten, was passieren würde.

Stattdessen standen die Menschen am Straßenrand, ganz still, während sie in den Himmel starrten.

„Der Dampf verbreitet sich“, sagte Kevin.

Luna nickte. „Wir müssen zu unseren Eltern. Jetzt.“

Sie ratterten die Straße hinunter. Kevin konnte sehen, dass Lunas Knöchel auf dem Lenkrad vor Anspannung ganz weiß waren und ihr Gesicht konzentriert. Trotzdem schaukelten und bremsten sie, während sie darum kämpfte, sich an das Autofahren zu gewöhnen. Wenn es andere Menschen auf der Straße gegeben hätte, so war sich Kevin sicher, wären sie schon auf dem ersten Kilometer mit irgendjemandem zusammengestoßen. Stattdessen waren die einzigen anderen Autos auf den Straßen an den Seiten geparkt und verlassenen, gelegentlich stand ein Auto mitten auf der Autobahn, während sein Besitzer ausstieg, um in den Himmel zu starren.

Das war seine Schuld. Wenn er nie etwas darüber gesagt hätte, was er gesehen hatte, wenn er nie die Leute zu dem Stein geführt hätte, dann wäre das nicht passiert. Dann gäbe es jetzt keine Menschen, die so leer herumstanden wie Schaufensterpuppen, die Wirkung des Dampfes würde sich nicht ausbreiten …

Seine Mutter. Sie würde da draußen sein, nicht wissend, was passierte. Nicht wissend, was sie tun sollte. Wäre sie in Sicherheit? Was, wenn sie auch schon so war? Nein, Kevin konnte diesen Gedanken nicht ertragen. Kevin holte sein Handy heraus und versuchte, seine Mutter anzurufen, um sie zu warnen. Er war nicht überrascht, ein halbes Dutzend verpasster Anrufe von ihr zu haben, alles Nachrichten, in denen sie fragte, wo er war. Er rief sie zurück.

„Kevin?“, sagte sie, als sie abnahm. „Kevin wo bist du? Wo warst du? Du warst nicht zu Hause, als ich zurückgekommen bin. Ich bin hier fast verrückt geworden!“

Kevin seufzte vor Erleichterung, so wie sich das anhörte, war seine Mutter immer noch Herrin ihrer selbst.

„Mama, ich bin mit Luna unterwegs“, sagte er.

„Luna? Was macht ihr beiden? Wo seid ihr? Es gibt Dinge im Fernsehen … es werden alle Arten von Sachen erzählt.“

„Das ist schwer zu erklären, Mama“, sagte Kevin. „Wir sind zum NASA-Institut gefahren, um die Menschen zu warnen, dass die Außerirdischen uns hereingelegt haben, aber wir sind zu spät gekommen.“

„Die Außerirdischen?“, fragte Kevins Mutter. „Kevin, du bist bis dorthin gefahren? Das ist nicht sicher und –“

„Mama“, unterbrach Kevin sie, „du musst mir zuhören. Es gibt eine Art Dampf oder so in dem Stein. Es verändert die Menschen. Es bewirkt, dass die Außerirdischen sie kontrollieren können. Du musst eine Gesichtsmaske oder so finden oder einen Ort, in den keine Luft hineinkommt.“

„Kevin“, sagte seine Mutter. „Das hört sich wirklich nicht –“

„Ich bin nicht verrückt, Mama“, sagte Kevin erneut, ehe seine Mutter den Satz beenden konnte. „Ich bin nicht verrückt. Schalt den Fernseher an. Wenn du mir nicht glaubst, wird Luna es dir sagen.“

Er streckte das Telefon aus, damit Luna sprechen konnte. Er war sich nicht sicher, ob es so eine gute Idee war, sie so abzulenken, aber er musste etwas tun, um zu versuchen, seine Mutter in Sicherheit zu bringen.

„Ms. McKenzie es stimmt alles“, sagte Luna. „Sie müssen mir zuhören. Ich habe es gesehen. Ich habe gesehen, wie die Wissenschaftler sich verändert haben … ja, ich weiß, das hört sich verrückt an, aber ich schwöre, es stimmt. Wir kommen jetzt, um Sie abzuholen.“

Sie verriss das Lenkrad, um einem weiteren Auto auszuweichen und Kevin zog das Handy weg.

„Mama? Wir werden so schnell wie möglich da sein. Wenn jemand versucht, zu dir hineinzukommen, schau ihm in die Augen. Wenn die Pupillen weiß sind, lass ihn nicht rein. Auch nicht, wenn wir es sind. Und Mama? Ich liebe dich.“

Es war vielleicht nicht so cool, das zu sagen, aber in dem Moment war das Kevin egal. Er wollte, dass seine Mutter das wusste.

„Ich liebe dich auch“, sagte seine Mutter. „Was auch immer das ist, wir werden einen Weg finden, es in Ordnung zu bringen.“

Kevin war sich nicht sicher, ob es so einfach sein würde. Er legte auf und rief als nächstes Lunas Eltern an, da Luna das nicht tun konnte, ohne irgendwo dagegen zu fahren oder anzuhalten. Er rief ihre Mutter an, dann ihren Vater und jedes Mal ging die Mailbox ran.

„Keine Antwort“, sagte er.

Luna schaute zu ihm herüber. „Denkst du, das bedeutet –“

„Pass auf“, sagte Kevin und griff ins Lenkrad um sie von einer Ansammlung von Autofahrern wegzulenken, die ausgestiegen waren, um in den Himmel zu schauen. Ihr Auto kam kurz ins Schleudern und schrammte an der Leitplanke entlang, bevor es wieder geradeaus fuhr.

Luna verstärkte ihren Griff am Lenkrad und sagte jetzt nichts mehr, während sie immer schneller und schneller fuhr, als ihr Selbstvertrauen wuchs. Kevin dachte, sie sollte vielleicht ein wenig langsamer fahren, aber er würde ihr das jetzt nicht sagen, besonders nicht, da sie immer noch auf dem Weg zu seiner Mutter waren.

Es schien ewig zu dauern, bis sie in den Walnut Creek einfuhren, und alles dort schien zu ruhig zu sein, gespenstisch ruhig. Als Luna das Auto vor Kevins Haus zum Stehen brachte, fiel ihm ein, dass das nicht so einfach hätte sein sollen. Sie hätten von Reportern umgeben sein sollen, die alle begierig darauf waren, ihn bei etwas zu fotografieren, was er nicht tun sollte.

Stattdessen war die Straße leer.

„Wo sind alle?“, fragte Kevin laut.

Willst du von den Reportern belästigt werden?“, entgegnete Luna. „Wahrscheinlich berichten sie darüber was gerade passiert oder sie haben sich entschieden, in Deckung zu gehen. Das hätte ich gemacht.“

Das werden wir“, versprach Kevin. Sobald sie ihre Eltern geholt hatten. „Meine Mutter hat uns bestimmt schon gesehen.“

Er ging vom Auto zum Haus, klingelte und klopfte dann an die Tür.

„Mama“, rief er, „ich bin kein Reporter. Ich bin es, Kevin.“

Er wartete ein paar Sekunden, nicht sicher, ob die Stille davon kam, dass seine Mutter sich versteckte oder weil es etwas Unheimlicheres bedeutete. Er seufzte erleichtert, als er das Klicken des Schlosses hörte und die Tür sich öffnete.