Kreatives Schreiben

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Kreatives Schreiben
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Oliver Ruf



Kreatives Schreiben



Eine Einführung



A. Francke Verlag Tübingen



A. Francke Verlag Tübingen





Inhalt







Motti







Einleitung






1. Was ist Kreatives Schreiben?

1.1. Begriffliche Annäherungen

1.1.1. Was ist Kreativität?1.1.2. Was ist Schreiben?1.1.3. Was meint Kreatives Schreiben?

1.2. Schreibprozesse und kulturelle Praxis

1.2.1. Entwicklungsaspekte beim Schreiben1.2.2. Vom freien Gedanken zum geschriebenen Wort

1.3. »Wie werde ich ein verdammt guter Schriftsteller?«




2. Geschichte des Kreativen Schreibens

2.1. Creative Writing in den USA

2.1.1. Ursprünge des Creative Writing2.1.2. Norman Foerster und die School of Letters2.1.3. Associated Writing Programs/National Writing Project

2.2. Creative Writing in Großbritannien

2.2.1. Composing – Creating –Enabling2.2.2. Kritische Positionen

2.3. Kreatives Schreiben in Deutschland

2.3.1. Aufsatzlehre und kommunikative Wende2.3.2. Die Schreibbewegung der 1980er Jahre2.3.3. Kreatives Schreiben heute




3. Theorie(n) des Kreativen Schreibens

3.1. Die Perspektiven der Theorie

3.1.1. Poetik und Kreatives Schreiben3.1.2. ›Spuren‹ zum Kreativen Schreiben

3.2. Medientheorie und Kreatives Schreiben

3.2.1. »Produktionsbedingungen« und »schreibtechnische Dinge«3.2.2. Rezeptionsästhetische Potentiale3.2.3. Produktionstheorie als Schreibpraxis

3.3. Medienästhetik und Kreatives Schreiben

3.3.1. Vorstellungen von Literatur3.3.2. Professionelle Schreib-Vermittlung3.3.3. Werkstatt des Kreativen Schreibens3.3.4. Schreib-Gestaltung und ›Neue‹ Medien




4. Praxis des Kreativen Schreibens

4.1. »Keine Angst vorm leeren Blatt«

4.2. Schreiben zu/nach/über Literatur

4.2.1. Zu/nach/über welche Literatur schreiben?4.2.2. Zu/nach/über Gegenwartsprosa schreiben4.2.3. Zu/nach/über literarische ›Klassiker‹ schreiben4.2.4. Über Texte hinaus schreiben

4.3. Medienästhetisches Schreiben

4.3.1. Medienproduktion und Kreatives Schreiben4.3.2. Digitales Kreatives Schreiben4.3.3. Kreatives Schreiben 2.04.3.4. Kreatives Schreiben medialisieren4.3.5. »Stilübungen«

4.4. Zur Zukunftspraxis des Kreativen Schreibens




5. Kreatives Schreiben in Schule, Hochschule und Wissenschaft

5.1. Schreiblernprozesse in der Schule

5.1.1. Lernverhalten messen5.1.2. Perspektiven für den Unterrichtsalltag5.2.1. Netzspezifisches Schreiben5.2.2. ›Gemachte‹ literarische Kunstwerke5.2.3. Eine digitale Unterrichtseinheit

5.3. ›Schreiben‹, ein wissenschaftliches Verb

5.3.1. Erzählendes wissenschaftliches Schreiben5.3.2. Was ist Schreib-Wissenschaft?5.3.3. Vorschläge für ein wissenschaftliches Schreib-Curriculum5.3.4. Wozu im Studium schreiben?




6. Kreatives Schreiben als Beruf

6.1. Kreatives literarisches Schreiben

6.1.1. Sechs Schritte zum Schreiben6.1.2. Sichtbar-Werdung als Schreibender

6.2. Kreatives journalistisches Schreiben

6.2.1 Journalistisch Schreiben lernen6.2.2. Beispiele aus dem Tagesjournalismus

6.3. Kreatives literaturkritisches Schreiben

6.3.1. Zur Wertungspraxis6.3.2. Methoden, Kriterien, Maßstäbe6.3.3. Exemplarische Wertungspraxis

6.4. Kreatives Schriftdesign

6.4.1. Typographie und Druck6.4.2. Die Semiotisierung der Form6.4.3. Text, Bild und Gestalt6.4.4. Aufgaben: Von Analysen im Design





7. Literaturwissenschaft und Kreatives Schreiben



7.1. Was sind Creative Writing Studies?



7.2. Forschungsperspektiven Kreativen Schreibens



7.3. ›Schreibrevolutionen‹







Bibliographie







Personenregister







Sachregister







Nachweise















»

Ein AutorAutor, der die SchriftstellerSchriftsteller nichts lehrt, lehrt niemanden.

 Also ist maßgebend der Modellcharakter der Produktion, der andere Produzenten erstens zur Produktion anzuleiten, zweitens einen verbesserten Apparat ihnen zur Verfügung zu stellen vermag. Und zwar ist dieser Apparat um so besser, je mehr er Konsumenten der Produktion zuführt .«



Walter BenjaminBenjamin, Walter,

Der AutorAutor als Produzent

 (1934)



»Der Begriff Handwerk ist eine Metapher. BücherBuch bestehen nicht aus Schrauben und Bolzen, es wird nicht gefeilt, und letztlich gibt es nichts, was tatsächlich der physischen Fertigkeit eines routinierten Experten manueller Arbeit entsprechen würde. Aber natürlich, wie in allen Dingen spielt auch hier Übung eine Rolle. Und wie in allen Dingen bewahrt sie einen nicht vor dem Versagen. Auch lernt man beim Schreiben nicht kontinuierlich, sondern in Sprüngen. Nach langer Zeit des Suchens hat man plötzlich Erkenntnisse, zuweilen fast Erleuchtungen, in denen man sich darüber klar wird, was man tun kann und wie die eigene Arbeit aussehen könnte. Das ist oft verbunden mit Sätzen, die man liest oder die einem jemand sagt. Ich habe immer gerne gehört, was AutorenAutor über ihre Arbeit äußern.«



Daniel KehlmannKehlmann, Daniel,

Diese sehr ernsten Scherze

 (2006/2007)














Einleitung



Diskussionen über den AnwendungscharakterAnwendungscharakterAngewandte künstlerische Wissenschaft von im weitesten Sinne ›künstlerischen‹ Fächern haben sich in jüngerer und jüngster Zeit auf die Frage nach der Herstellung von Zusammenhängen und Synergien zwischen ästhetischen Disziplinen, Theorie und Praxis, Konzept, EntwurfEntwurf und Technik, Produktion, Rezeption und Vermittlung konzentriert: Künstlerisches Können erweist sich als ein dynamischer Lehr- und LernprozessLernprozess, der sich aus Werkkonzeption und domänen-spezifischem Wissen ebenso speist wie aus arbeitsrelevanten Rahmenbedingungen.1 Geht es dabei um gestalterische KommunikationskompetenzKommunikationskompetenz und phänomenologisch-ästhetische Schulung im Hinblick auf die Entstehung sprachkünstlerischer Werke bzw. allgemein textueller Gebilde, rücken insbesondere solche Arbeitsprozesse ins Zentrum, welche die Produktion von ›Texten‹ betreffen2TextproduktionMolitor-Lübbert, Sylvie und die heute oftmals unter dem Schlagwort des ›Kreativen Schreibens‹ subsummiert werden.



Das vorliegende BuchBuch nimmt sich in diesem Zusammenhang vor, ein Defizit zu beheben, das in der vielfältigen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des Kreativen Schreibens mittlerweile offensichtlich geworden ist; angestrebt wird, eine Lücke zu schließen, die trotz der Beliebtheit und des Erfolgs der fokussierten ›Disziplin‹ im deutschsprachigen Raum nach wie vor besteht.3Glindemann, Barbara Denn so selektiv die Auseinandersetzung mit Verfahren und Ausrichtungen des Kreativen Schreibens heute erscheint, so einseitig und unklar erweisen sich entsprechende Arbeiten zum Thema, in denen es entweder um handwerkliche Versprechen geht, etwa ›garantiert‹ schreiben zu lernenGarantiert schreiben lernenGarantiert schreiben lernen,4Garantiert schreiben lernen oder um den Versuch, einzelne Strömungen des Kreativen Schreibens zu benennen bzw. zusammen zu führen.5Glindemann, BarbaraWerder, Lutz vonLiteraturgeschichte Was bislang allerdings versäumt wurde, ist die einführende Darstellung des Kreativen Schreibens – eine Intention, die das vorliegende Buch verfolgt und erstmalig in geschlossener FormForm vorstellen möchte.



Der Bedarf nach einem Einführungsbuch in das Kreative Schreiben rechtfertigt sich bereits mit Blick auf die neuen Bachelor- und Master-Studiengänge, in denen ausdrücklich die bereits eingangs erwähnte Anwendungs-Perspektive der jeweiligen Wissenschaft hervorgehoben, d.h. vor allem die spätere berufspraktische Relevanz unterstrichen wird.6Praxisbezug Gerade diese Forderung befördert das Themenspektrum des Kreativen Schreibens, zumal man sich mit dessen Hilfe für ganz unterschiedliche BerufsfelderBerufsfeldBerufsqualifizierungBerufsqualifizierung schon während des Studiums qualifizieren kann: im Bereich von Kommunikations- und TextdesignTextdesign, von (Kultur-)JournalismusJournalismus, Journalistik, Marketing und PR, von Schule, Hochschule und künstlerischen Berufen in Theater, FilmFilm, Hörfunk, Fernsehen, als Literatur- und Kulturvermittler, in jedem Medienberuf, in denen AutorschaftAutorschaft unabdingbar ist, oder naturgemäß als freier SchriftstellerSchriftsteller.7Werder, Lutz von

 



Aber nicht erst die genannte aktuelle Entwicklung im deutschen HochschulbetriebHochschulbetrieb hat zu einer Wiederbesinnung auf und einer Renaissance des Kreativen Schreibens geführt. Viele Universitäten im deutschsprachigen In- und Ausland erkennen seit einigen Jahren die Bedeutung der Ausbildung einer SchreibkompetenzSchreibkompetenz für Studierende aller FächerVermittlung von Schreibkompetenz und haben diese daher in die jeweiligen Curricula aufgenommen, weshalb auch zahlreiche universitäre Schreibzentren gegründet worden sind, die neben den fachwissenschaftlichen Instituten existieren oder in diese integriert werden konnten.8HildesheimBräuer, GerdTextkompetenz In der Beschreibung eines BMBF-Projekts an der Fakultät für Linguistik und LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft der Universität Bielefeld heißt es etwa, eine entscheidende Qualifikation des B.A.-Studiums sei die Verbesserung und Professionalisierung der schriftlichen Ausdrucksfähigkeit; die Vermittlung von Schreibkompetenz gehöre zu den Grundlagen jeder fachwissenschaftlichen Ausbildung, insbesondere im Hinblick auf die dadurch ausgebildeten Experten für textuell und schriftlich basiertes Wissen.9



Mittlerweile gibt es zudem zwei universitäre Hochschulstandorte in der Bundesrepublik, an denen Kreatives Schreiben als eigenständiger universitärer StudiengangStudiengänge und Studienmodelle angeboten wird: am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig (Studiengang Literarisches Schreiben) und an der Universität HildesheimHildesheim, Universität (Studiengang Kreatives Schreiben und KulturjournalismusKulturjournalismus).10 Hinzu kommen eine Reihe von Fachhochschulen bzw. Hochschulen für Angewandte WissenschaftenAngewandte Wissenschaft11 und zahlreiche integrale Studienmodule, die sich dem Kreativen Schreiben u.a. im Zusammenhang mit berufsfeldbezogener Kommunikationsfähigkeit sowie Vermittlungs- und Förderfähigkeiten zuwenden. Insbesondere an all jenen Universitären, die einen Schwerpunkt im Bereich der Sprach-, Literatur- und Mediendiaktik setzen,12 ist Kreatives Schreiben meist elementarer Bestandteil der Studien- und Prüfungsordnungen. Dass eine solche Entwicklung den Bedarf eines Einführungsbandes Kreatives Schreiben rechtfertigt, ist evident; dass der impliziten Erforderung eines solchen BuchesBuch bisher noch nicht nachgekommen wurde, ist erstaunlich.



Was aber heißt Kreatives Schreiben? Wo ist es entstanden? Was umfassen dessen Theorien und wie gestaltet sich dessen Praxis? Für welche beruflichen Felder ist Kreatives Schreiben tatsächlich relevant und vor allem wie? Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für die Erforschung des Kreativen Schreibens? Und was bedeutet dies alles für das dann doch immer noch gespannte Verhältnis zwischen dem Kreativen Schreiben und der LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft?



Indem der vorliegende Einführungsband solchen Fragen nachgeht, nimmt er gegenüber der bisherigen Auseinandersetzung mit dem Gegenstand eine deutliche Akzentverschiebung vor. Einerseits verlagert er das ErkenntnisinteresseVerlagerung des Erkenntnisinteresses von rein handwerklich ausgerichteten Aspekten, wie sie vornehmlich die Ratgeberliteratur thematisieren,13Porombka, Stephan zur Frage nach der systematischen Begriffsbestimmung (Kapitel 1) sowie nach der Geschichte (Kapitel 2), ästhetischen Theorie (Kapitel 3) und angewendeten Praxis (Kapitel 4) des Kreativen Schreibens. Die darauf rekurrierenden Passagen stellen dessen Anfänge um 1880 in den Vereinigten Staaten ebenso dar wie dessen nachfolgende, ungeheure Erfolgsgeschichte, nicht nur in den USA, sondern auch in Großbritannien. Fokussiert wird darüber hinaus das Interesse am Kreativen Schreiben im Zuge der SchreibbewegungSchreibbewegung der 1980er Jahre in Deutschland, aber auch die oft vernachlässigte, jedoch wichtige Verbindung desselben mit Poetiken seit der Antike. Gängige gattungsspezifische Stilübungen innerhalb des jeweiligen ästhetischen Möglichkeitshorizonts sowie weniger bekannte, fruchtbare SchreibverfahrenSchreibverfahren sollen im Anschluss konkrete Hilfestellungen und Anweisungen zum Schreiben geben. Andererseits bietet der Band Einblicke in die ›Anwendungsfälle‹ des Kreativen Schreibens›Anwendungsfälle‹ des Kreativen Schreibens, und zwar in Bezug auf Schule und Hochschule (Kapitel 5) und auf einschlägige Berufe (Kapitel 6).



Eine Beobachtung stärkt in diesem Zusammenhang das formulierte Anliegen: Denn je mehr Einfluss Absolventen eines Studiengangs Kreatives Schreiben beispielsweise auf den literarischen Markt (z.B. durch ihre Teilnahme an literarischen Wettbewerben) zweifelsohne üben, umso mehr wird der LiteraturbetriebLiteraturbetrieb (vertreten durch Lektoren, LiteraturkritikerLiteraturkritiker oder andere Literaturvermittler) eine engere Anbindung an die dazu gehörigen universitären Institutionen suchen. In jedem Fall ist der Stellenwert einer Einführung ins Kreative Schreiben im Kontext nicht allein eines Studiums angewandter Literatur- und KulturwissenschaftenKulturwissenschaft oder spezieller etwa auch eines kulturjournalistischen Studiums zu sehen, sondern grundsätzlich in der Auffassung des Schreibens als essentielle kulturelle HandlungHandlungSchreiben als essentielle kulturelle Handlung:14Abraham, UlfMaiwald, Klaus



Wer schreibt, bedient sich einer Technik, die kulturell geprägt ist: Das Zeichensystem ist weitestgehend vorgegeben, die Bewegungen der HandHand erfordern Übung, die Schreibgeräte, zumal heute, sind Produkte eines eigenen Industriezweigs. Und doch erschöpfen sich die SchreibakteSchreibakt nicht in der Reproduktion kulturspezifischer Vorgaben. Schreiben ist eine Technik, durch die Kultur ihrerseits geprägt wird: Ein kulturelles Gedächtnis, ja Kultur überhaupt kann sich ohne Praktiken der Aufzeichnung nicht längerfristig etablieren. Schreibakte sind jedoch nicht nur Aufzeichnungsakte. Es sind auch Akte, in denen Erinnerungen, Erfahrungen und Wissensbestände produziert, artikuliert und organisiert werden.15



Ausrichtung und Gliederung des Bandes leiten sich aus den skizzierten Überlegungen her. Die geplante Forcierung resultiert nicht zuletzt aus eigenen, langjährigen Erfahrungen im Verfassen von Texten unterschiedlicher Schreibgenres wie in der Leitung von Schreibwerkstätten und SchreibworkshopsSchreibworkshop bzw. in der akademischen Lehre im Bereich von TextgestaltungTextgestaltung, MedienästhetikMedienästhetik und LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft. Die konkrete Arbeit mit Studierenden in Lehrveranstaltungen – sei es zu Methoden des Kreativen Schreibens oder ganz generell in der Diskussion selbst geschriebener Texte – als auch der Austausch mit angehenden und etablierten Schriftstellerinnen und Schriftstellern bzw. generell professionell Schreibenden hat die IdeeIdee zum vorliegenden BuchBuch initiiert.16 Aus diesen Erfahrungen heraus ist es auch zu erklären, dass an vielen Stellen das Augenmerk auf Phänomene der digitalen Medien und des Kreativen Schreibens gerichtet wird: Sie sind der Kontext, in dem die zu Grunde liegende Schreib-Lehre stattfindet. Da der Band sich in diesem Zusammenhang auf ein noch wissenschaftlich kaum bearbeitetes Gebiet wagt, konzentriert er sich auf den Versuch einer zwar allgemeinen, doch zugleich auch exemplarischen Systematisierung mit persönlichen Schwerpunktsetzungen. Eine Analyse des forschungsgeschichtlichen StellenwertsForschungsgeschichtliche Analyse des Kreativen Schreibens soll auch daher eine zukünftige wissenschaftliche Verhandlung des Begriffs profilieren (Kapitel 7).



Der Band bietet also insgesamt eine historisch und poetologisch vielschichtige Einführung, da es ja gerade symptomatisch für das Kreative Schreiben ist, dass dessen Gestalt und Potential unter den hier akzentuierten Aspekten noch nie derart untersucht worden ist. Um die Beschäftigung mit dem Kreativen Schreiben – sei es aus historischen, theoretischen und/oder praktischen Gründen – zu erleichtern, wird eine Bibliographie, die relevante Quellentexte sowie die vorliegende Forschungsliteratur nennt, sowie ein Personen- und Sachregister das BuchBuch beschließen. Die im Folgenden versammelten Annäherungen an das Kreative Schreiben erfüllen zuvorderst die Aufgabe, die Leserinnen und Leser mit seinen (maßgeblichen) Theorien und Praktiken, Methoden und Kontexten, Implikationen und Explikationen zu versorgen, mit denen dessen Diskussion, Erforschung und Anwendbarkeit nachvollzogen, erkannt und nicht zuletzt auch vorangebracht werden kann, um Kreatives Schreiben sowohl erfolgreich

lernen

 als auch

lehrenKreatives Schreiben

lernen

 und

lehren

 zu können. Der Band will also – im Spannungsfeld zwischen Kunst, GestaltungGestaltung und Handwerk17Ästhetik – in differenzierter Hinsicht Arbeits- und Werkstatt- wie MaterialMaterial- und anleitende Reflexionsgrundlage sein.















1. Was ist Kreatives Schreiben?



Das LichtenbergLichtenberg, Georg Christoph-Wort, demzufolge das ›Schreiben‹ zur »Auferweckung des in jedem Menschen schlafenden Systems« vortrefflich sei, zumal »jeder der je geschrieben hat« feststellen könne, dass »Schreiben immer etwas erweckt was man vorher nicht deutlich erkannte, ob es gleich in uns lag«,18Lichtenberg, Georg ChristophBrief lässt sich in gleicher Weise auf das ›Kreative Schreiben‹ anwenden. Jeder Mensch, so heißt es des Öfteren, besitze ein nicht nur kreatives, sondern auch ein kreativ-sprachliches PotenzialKreativ-sprachliches Potential.19Böttcher, Ingrid Die darin zum Ausdruck kommende Vertrautheit und Alltäglichkeit in der Rede von ›KreativitätKreativität‹ und ›Schreiben‹, die somit davon ausgeht, dass beides jedem Menschen (bei)gegeben ist, sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Versuche, beide Begriffe näher zu fassen sowie das ›Kreative Schreiben‹ eingehend zu reflektieren, keine Selbstverständlichkeit sein kann: Schreibtheorien wie Schreibpraktiken müssen zuvorderst mit begrifflichen Entscheidungen zu Rande kommen, die zwischen Alltagswelt und Wissenschaft changieren und die einen ersten Eindruck davon geben, was sich hinter der Wortschöpfung ›Kreatives Schreiben‹ überhaupt verbirgt.



Allgemeine Begriffsbestimmungen dieses Feldes sind keine Seltenheit; sie betonen in der Regel ein Denken und Handeln

im

 und

durch

 das Schreiben; hervorgehoben wird dabei vor allem dessen Neuigkeitswert –Neuigkeitswert des Schreibens zum Beispiel die entstehenden Produkte, die neuartig und wertvoll sind, wobei auch der Weg, der zum Produkt führt, ebenso neuartig sein kann wie die Weise, in der Schreibender und Schreiben wahrgenommen, gefühlt, erkannt oder gedacht werden.20Kreativität In der begrifflichen Auseinandersetzung mit dem ›Kreativen Schreiben‹ zeigt sich häufig eine »klassisch-hermeneutische Metapher«, nämlich diejenige des »Sich-aus-drückens« bzw. des »Etwas-aus-sich-herausdrückens«.21Link, JürgenFoucault, Michel



Im ›Kreativen Schreiben‹ versucht man, so die hier zugrunde liegende Hypothese, sich selbst zu entfaltenSelbstentfaltung bzw. sich selbst zu verwirklichen,22 um zu versuchen, ein ›Modell menschlichen Wohlbefindens‹23 zu erreichen. Das Prädikat eines Neuigkeitswerts der angewandten SchreibverfahrenSchreibverfahren und FormenForm bleibt für solche, ihre psycho-therapeutische Seite unterstreichenden

Schreibweisen

,24Barthes, Roland die mit dem Begriff des Kreativen Schreibens belegt werden, bestehen, nicht ohne allerdings eine grundlegende ästhetische Innovation im Kontext von Literaturlandschaft und LiteraturgeschichteLiteraturgeschichte in Frage zu stellen.25







1.1. Begriffliche Annäherungen



Die Frage nach einer Beschreibung von dem, was ›Kreatives Schreiben‹ begrifflich bedeutet, führt bei genauerem Blick auf eine Entwicklung innerhalb zeit- und wissenschaftskritischer Strömungen und Tendenzen; die Frage, was ›Kreatives Schreiben‹

ist

, führt zwangsläufig zu etablierten Diskursen der Geisteswissenschaften bzw. der

New HumanitiesNew Humanities

26Kulturwissenschaft und den mit ihnen hier verbundenen Fragen wiederum begrifflicher Natur: Was ist Literatur?Was ist Literatur?27 Was ist das Wesentliche am Prozess der KreativitätKreativität? Und was dasjenige an dem künstlerisch-gestalterischen Schaffens? Für das ›Kreative Schreiben‹ hinzu kommt ein pädagogischer Aspekt, denn gefragt wird in diesem Zusammenhang immer auch, wie sich ›Literatur‹, ›Kreativität‹ bzw. ›Kunst‹ und ›GestaltungGestaltung‹ erlernen lassen.28New Humanities Dazu hat die Begriffsgeschichte des ›Kreativen Schreibens‹ eine bedeutende historische Hinweisfunktion, denn seine Theoretisierung setzt etwa zur selben Zeit ein, in der sich auch die Literatur- und SprachwissenschaftenSprachwissenschaft im anglo-amerikan