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Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Ebenso wie mit der eigenen körperlichen Unempfindlichkeit gegen den Geschlechtsakt verhält es sich mit dem Abscheu gegen Geschlechtlichkeit überhaupt. Ein solcher Abscheu, eine intensive Abneigung gegen alles Sexuelle, wird von manchen Frauen wirklich empfunden, und man könnte glauben, hier liege eine Instanz gegen die Allgemeingültigkeit der Kuppelei und gegen ihre Gleichsetzung mit der Weiblichkeit vor. Frauen, welche es krank machen kann, wenn sie ein Paar im Geschlechtsverkehre überraschen, sind aber stets Hysterikerinnen. So tritt hier vielmehr überzeugend die Richtigkeit der Theorie hervor, welche die Kuppelei als das Wesen der Frau hinstellte und die eigene Sexualität derselben nur als einen besonderen Fall unterordnete: eine Frau kann nicht nur hysterisch werden durch ein sexuelles Attentat, das auf sie ausgeübt wurde, und gegen das sie äußerlich sich wehrte, ohne es innerlich zu verneinen, sondern ebenso durch den Anblick irgend eines koitierenden Paares, indem sie dessen Koitus noch negativ zu werten glaubt, wo schon die eingeborene Bejahung desselben mächtig durchbricht durch alles Angenommene und Künstliche, durch die ganze ihr aufgedrückte und einverleibte Denkweise, in deren Sinn sie sonst empfindet. Denn sie fühlt auch mit jeder sexuellen Vereinigung anderer nur sich selbst koitiert.

Ein Ähnliches gilt von dem bereits kritisierten hysterischen »Schuldbewußtsein«. Die absolute Megäre fühlt sich überhaupt nie schuldig, die leicht hysterische Frau nur in Gegenwart des Mannes, die ganz hysterische vor jenem Mann, der definitiv in sie übergegangen ist. Man komme nicht mit den Kasteiungen der Betschwestern und Büßerinnen, um das Schuldgefühl der Frauen zu beweisen. Gerade die extremen Formen, welche hier die Selbstzüchtigung annimmt, machen sie verdächtig. Die Kasteiung beweist wohl in den meisten Fällen nur, daß ein Mensch nicht über seiner Tat steht, daß er sie nicht schon durch das Schuldbewußtsein auf sich genommen hat; sie scheint viel eher ein Versuch zu sein, die Reue, die man doch nicht ganz innerlich empfindet, von außen sich aufzudrängen und ihr so die Stärke zu geben, die sie an sich nicht hat.

Damit hängt auch der vom einen dem anderen immer wieder nachgesprochene Irrtum zusammen, daß die Frauen religiös veranlagt seien. Die weibliche Mystik ist, wo sie über simplen Aberglauben hinausgeht, entweder eine sanft verhüllte Sexualität, wie bei den zahlreichen Spiritistinnen und Theosophinnen – diese Identifikation des Geliebten mit der Gottheit ist von Dichtern mehrfach behandelt worden, besonders von Maupassant, in dessen bestem Romane Christus für die Frau des Bankiers Walter die Züge des »Bel-Ami« annimmt, und nach ihm von Gerhart Hauptmann in »Hanneles Himmelfahrt« —, oder es ist der andere Fall verwirklicht, daß auch die Religiosität vom Manne passiv und unbewußt übernommen und um so krampfhafter festzuhalten gesucht wird, je stärker ihr die eigenen natürlichen Bedürfnisse widersprechen. Bald wird der Geliebte zum Heiland; bald (wie man weiß, bei so vielen Nonnen) der Heiland zum Geliebten. Alle großen Visionärinnen, welche die Geschichte nennt (vgl. Teil I, S. 85), sind hysterisch gewesen; die berühmteste unter ihnen, die heilige Therese, hat man nicht mit Unrecht »die Schutzheilige der Hysterie« genannt. Wäre übrigens die Religiosität der Frauen echt, und käme sie bei ihnen aus einem Inneren, so hätten sie religiös schöpferisch sein können, ja, irgendwie sein müssen: sie sind es aber nie, nicht im mindesten, gewesen. Man wird verstehen, was ich meine, wenn ich den eigentlichen Unterschied zwischen männlichem und weiblichem Credo so ausspreche: die Religiosität des Mannes ist höchster Glaube an sich selbst, die Religiosität des Weibes höchster Glaube an den anderen.

So bleibt nur noch die Selbstbeobachtung, die bei den Hysterikern oft als außerordentlich entwickelt bezeichnet wird. Daß es aber bloß der Mann ist, der in das Weib so weit eingedrungen ist, daß er selbst in ihr noch beobachtet, wird aus der Art und Weise klar, wie Vogt, in weiterer und exakterer Anwendung eines zuerst von Freud eingeschlagenen Verfahrens, die Selbstbeobachtung in der Hypnose erzwang. Der fremde männliche Wille schafft durch seinen Einfluß in der hypnotisierten Frau einen Selbstbeobachter, vermöge der Erzeugung eines Zustandes »systematisch eingeengten Wachseins«. Aber auch außerhalb der Suggestion, im gesunden Leben der Hysterischen, ist es nur der Mann, mit dem sie imprägniert sind, welcher in ihnen beobachtet. So ist auch alle Menschenkenntnis der Frauen durchaus Imprägnation mit dem richtig beurteilten Manne. Im Paroxysmus schwindet jene künstliche Selbstbeobachtung vor der zum Durchbruch drängenden Natur dahin.

Ganz so verhält es sich auch mit dem Hellsehen hysterischer Medien, das ohne Zweifel vorkommt und mit dem »okkulten« Spiritismus ebensowenig zu tun hat wie die hypnotischen Phänomene. Wie die Patientinnen Vogts unter dem energischen Willen des Suggestors sich selbst vorzüglich zu beobachten vermochten, so wird die Hellseherin unter dem Einflusse der drohenden Stimme eines Mannes, der sie zu allem zu zwingen vermag, auch zu telepathischen Leistungen fähig und liest aus weiter Ferne gehorsam mit verbundenen Augen die Schriftstücke in den Händen fremder Menschen, was ich in München unzweideutig wahrzunehmen selbst Gelegenheit hatte. Denn im Weibe stehen nicht, wie im Manne, dem Willen zum Guten und Wahren sehr starke Leidenschaften unausrottbar entgegen. Der männliche Wille hat über das Weib mehr Gewalt als über den Mann: er kann im Weibe etwas realisieren, dem im eigenen Hause zu viel Dinge sich widersetzen. In ihm wirkt ein Antimoralisches und ein Antilogisches wider die Klärung, er will nie ganz allein die Erkenntnis, sondern immer noch anderes. Über die Frau aber kann der männliche Wille so vollständig alle Gewalt gewinnen, daß er sie sogar hellsichtig macht, und alle Schranken der Sinnlichkeit für sie fortfallen.

Darum ist das Weib eher telepathisch als der Mann, darum leistet es als Seherin mehr als dieser, freilich nur, wenn es Medium, d. h. zum Objekt geworden ist, an welchem der männliche Wille am leichtesten und vollkommensten sich verwirklicht. Auch die Wala kann wissend werden: aber erst, wenn sie von Wotan bezwungen ist. Sie kommt ihm hierin entgegen; denn ihre einzige Leidenschaft ist es eben, daß sie gezwungen werden will.

Das Thema der Hysterie ist hiemit, soweit es für den Zweck dieser Untersuchung berührt werden mußte, auch erschöpft. Jene Frauen, die als Beweise der weiblichen Sittlichkeit angeführt werden, sind stets Hysterikerinnen, und gerade in der Befolgung der Sittlichkeit, in dem Gebaren nach dem Moralgesetze, als ob dieses Gesetz das Gesetz ihrer Persönlichkeit wäre, und nicht vielmehr, ohne sie zu fragen, von ihnen kurzerhand Besitz ergriffen hätte, liegt die Verlogenheit und Unwahrheit dieser Sittlichkeit. Die hysterische Konstitution ist eine lächerliche Mimicry der männlichen Seele, eine Parodie auf die Willensfreiheit, die das Weib vor sich posiert in dem nämlichen Augenblicke, wo es dem männlichen Einfluß am stärksten unterliegt. Nichtsdestoweniger sind die höchststehenden Frauen eben Hysterikerinnen, wenn auch die Zurückdrängung der triebhaften Sexualität, die sie über die anderen Frauen erhebt, keine solche ist, die aus eigener Kraft und in mutigem Kampfe mit einem zum Stehen gezwungenen Gegner erfolgt wäre. An den hysterischen Frauen aber rächt sich wenigstens die eigene Verlogenheit, und insoferne kann man sie als ein wenn auch noch so verfälschtes Surrogat jener Tragik gelten lassen, zu der es sonst dem Weibe an jeglicher Fähigkeit gebricht.

Das Weib ist unfrei: es wird schließlich immer bezwungen durch das Bedürfnis, vom Manne, in eigener Person wie in der aller anderen, vergewaltigt zu werden; es steht unter dem Banne des Phallus und verfällt unrettbar seinem Verhängnis, auch wenn es nicht selbst zur völligen Geschlechtsgemeinschaft gelangt. Das höchste, wozu ein Weib es bringen mag, ist ein dumpfes Gefühl dieser Unfreiheit, ein düsteres Ahnen eines Verhängnisses über sich – es kann dies offenbar nur der letzte Schimmer des freien intelligiblen Subjektes sein, der kümmerliche Rest von angeborener Männlichkeit, der ihr, durch den Kontrast, eine, wenn auch noch so schwache, Empfindung der Notwendigkeit gestattet: es gibt kein absolutes Weib. Aber ein klares Bewußtsein ihres Schicksales und des Zwanges, unter dem sie steht, ist der Frau unmöglich: nur der Freie erkennt ein Fatum, weil er nicht in die Notwendigkeit einbegriffen ist, sondern, wenigstens mit einem Teile seines Selbst, einem Zuschauer und einem Kämpfer, außerhalb seines Schicksals und über diesem steht. Die Frau hält sich gerade darum meist für ungebunden, weil sie ganz gebunden, und leidet nicht an der Leidenschaft, weil sie selbst nichts ist als Leidenschaft. Nur der Mann konnte von der »dira necessitas« in sich sprechen, nur er die Konzeption einer Moira und einer Nemesis fassen, nur er Parzen und Nornen schaffen: weil er nicht nur empirisches, bedingtes, sondern auch intelligibles, freies Subjekt ist.

Aber, wie schon gesagt: selbst wenn eine Frau ihre eigene Determiniertheit zu ahnen beginnt, ein klares Bewußtsein derselben, eine Auffassung und ein Verständnis ist dies nicht zu nennen; denn dazu wäre der Wille zu einem Selbst erfordert. Vielmehr bleibt es bei einem schweren dunklen Gefühl, das zu einem verzweifelten Aufbäumen führt, aber nicht zu einem entschlossenen, in sich die Möglichkeit des Sieges bergenden Kampfe. Ihre Sexualität, die sie stets knechten wird, zu überwinden, sind die Frauen unvermögend. Die Hysterie war eine solche ohnmächtige Abwehrbewegung gegen die Geschlechtlichkeit. Wäre der Kampf gegen die eigene Begier redlich und echt, wäre deren Niederlage aufrichtig gewollt, so wäre sie ihr zu bereiten dem Weibe auch möglich. Die Hysterie aber ist selbst das, was von den Hysterikerinnen angestrebt wird; sie suchen nicht wirklich zu genesen. Die Verlogenheit dieser Demonstration gegen die Sklaverei bedingt ihre Hoffnungslosigkeit. Die vornehmsten Exemplare des Geschlechtes mögen fühlen, daß Knechtschaft ihnen nur eben darum ein Muß ist, weil sie sie wünschen – man denke an Hebbels Judith und Wagners Kundry – aber auch dies gibt ihnen keine Kraft, sich in Wahrheit gegen den Zwang zur Wehre zu setzen: im letzten Augenblicke küssen sie dennoch den Mann, der sie notzüchtigt, und suchen den zu ihrem Herrn zu machen, der sie zu vergewaltigen zögert. Das Weib steht wie unter einem Fluche. Es kann ihn für Augenblicke pressend auf sich lasten fühlen, aber es entrinnt ihm nie, weil ihm die Wucht zu süß dünkt. Sein Schreien und Toben ist im Grunde unecht. Es will seinem Fluche gerade dann am süchtigsten erliegen, wenn es ihn am entsetztesten zu meiden sich geberdet.

 

Von der langen Reihe jener früheren Aufstellungen, welche den Mangel des Weibes an irgend welchem angeborenen, unveräußerlichen Verhältnis zu den Werten behaupteten, ist keine einzige zurückzuziehen oder auch nur einzuschränken gewesen. Selbst durch all das, was den Menschen insgemein weibliche Liebe, weibliche Frömmigkeit, weibliche Scham und weibliche Tugend heißt, sind sie nicht umgestoßen worden; sie haben sich vor dem stärksten Ansturm, vor dem Heere der hysterischen Imitationen aller männlichen Vorzüge, behaupten können. Nicht allein durch die Kraft des, mit dem Weibe selbst der Fernzeugung fähigen männlichen Spermas – auf welches die unglaubliche geistige Veränderung aller Frauen in der Ehe sicherlich zunächst zurückgeht – sondern auch vom männlichen Bewußtsein, und sogar vom sozialen Geiste wird das Weib, jenes empfängliche Weib, das hier allein in Betracht kommt, von frühester Jugend auf erfüllt, imprägniert und umgebildet. So erklärt es sich, daß alle jene Eigenschaften des männlichen Geschlechtes, die dem weiblichen an sich nicht zukommen, nichtsdestoweniger von diesem in so sklavischer Nachahmung zur Erscheinung gebracht werden können; wonach die vielen Irrtümer über die höhere Sittlichkeit des Weibes leichter begreiflich werden.

Aber noch ist diese erstaunliche Rezeptivität der Frau ein isoliertes Faktum der Erfahrung und von der Darstellung nicht in jenen Zusammenhang mit den übrigen positiven und negativen Eigenschaften des Weibes gebracht, welchen das theoretische Bedürfnis wünschenswert erscheinen läßt. Was hat die Bildsamkeit des Weibes mit seiner Kuppelei, was seine Sexualität mit seiner Verlogenheit zu tun? Warum ist all dies gerade in dieser Vereinigung im Weibe beisammen?

Und noch ist erst zu begründen, woher es komme, daß die Frau alles in sich aufnehmen kann. Wie ist jene Verlogenheit möglich, die das Weib selber wähnen läßt, das zu glauben, was es nur von anderen vernommen, das zu haben, was es nur von ihnen bekommen, das zu sein, was es nur durch sie geworden ist?

Um hierauf eine Antwort zu geben, muß nochmals, zum letzten Male, vom geraden Wege abgebogen werden. Man erinnert sich vielleicht noch, wie das tierische Wiedererkennen, das psychische Äquivalent der allgemein-organischen Übungsfähigkeit, vom menschlichen Gedächtnis als ein gänzlich Verschiedenes und doch Ähnliches abgetrennt wurde: indem beide eine gleichsam ewige Nachwirkung des zeitlich begrenzten einmaligen Eindruckes bedeuten, das Gedächtnis aber, zum Unterschiede vom unmittelbaren passiven Wiedererkennen, sein Wesen in der aktiven Reproduktion des Vergangenen findet.70 Später wurde bloße Individuation als die Eigenschaft alles Organischen wohl unterschieden von Individualität, welche nur der Mensch besitzt.71 Und schließlich machte sich die Notwendigkeit einer genauen Distinktion zwischen Geschlechtstrieb und Liebe fühlbar, von denen ebenfalls nur der erste den nichtmenschlichen Lebewesen zugesprochen werden konnte.72 Dennoch waren beide verwandt, in ihren Gemeinheiten wie in ihren Erhabenheiten (als Bestrebungen zur eigenen Verewigung).

Auch der Wille zum Wert wurde öfter als charakteristisch für den Menschen hingestellt, indes die Tiere nur ein Streben nach Lust kennen und der Wertbegriff ihnen fremd ist.73 Zwischen Lust und Wert besteht eine Analogie, und doch sind beide grundverschieden: die Lust wird begehrt, der Wert soll begehrt werden; beide werden noch immer ganz widerrechtlich verwechselt, und so in Psychologie und Ethik die größte Konfusion dauernd festgehalten. Aber dieses Durcheinanderfließen hat nicht nur zwischen dem Wert- und dem Lustbegriff stattgefunden; es ist den Unterscheidungen zwischen Persönlichkeit und Person, zwischen Wiedererkennen und Gedächtnis, zwischen Geschlechtstrieb und Liebe nicht besser ergangen: alle diese Gegensätze werden fortwährend zusammengeworfen, und was noch bezeichnender ist, fast stets von denselben Menschen, mit denselben theoretischen Anschauungen und wie in einer gewissen Absichtlichkeit, um den Unterschied zwischen Mensch und Tier zu verwischen.

Auch weitere, bisher kaum berührte Distinktionen werden hier meist vernachlässigt. Tierisch ist die Enge des Bewußtseins, rein menschlich ist die aktive Aufmerksamkeit: beide haben, das sieht jeder klar, ein Gemeinsames, und doch auch ein Verschiedenes. Nicht anders steht es mit der so vielen geläufigen Zusammenwerfung von Trieb und Wille. Der Trieb ist allen Lebewesen gemeinschaftlich, im Menschen kommt noch der Wille hinzu, der frei ist und kein psychologisches Faktum bildet, weil er allem speziellen psychologischen Erleben zu Grunde liegt. Daß Trieb und Wille fast immer als identisch betrachtet werden, hieran trägt übrigens nicht bloß der Einfluß Darwins die Schuld; sondern es kommt von ihr fast ebensoviel auf Rechnung des unklaren, einerseits ganz allgemein naturphilosophischen, anderseits eminent ethischen Willensbegriffes von Arthur Schopenhauer.

Ich stelle zusammen:


Man sieht, wie sich über jede Eigenschaft alles Lebendigen im Menschen noch eine andere, in gewisser Beziehung verwandte und doch höhere legt. Die uralte tendenziöse Identifikation der beiden Reihen und, auf der anderen Seite, das Bedürfnis, sie immer wieder auseinanderzuhalten, weisen auf ein Gemeinsames hin, das die Glieder jeder Reihe miteinander verbindet und scheidet von allen Gliedern der zweiten. Es nimmt sich zunächst aus, als ob hier im Menschen ein Überbau von höheren Eigenschaften über korrelative niedere Erscheinungen aufgeführt wäre. Man könnte an eine Lehre des indischen Geheimbuddhismus sich erinnert fühlen, an seine Theorie von der »Menschheitswelle«. Es ist nämlich gleichsam, als wäre jeder bloß tierischen Eigenschaft im Menschen eine verwandte und doch einer höheren Sphäre angehörige Qualität superponiert, wie eine Schwingung einer anderen sich addiert: jene niederen Eigenschaften fehlen dem Menschen keineswegs, allein es ist zu ihnen in ihm etwas hinzugekommen. Was ist dieses neu Dazugetretene? Worin unterscheidet es sich vom anderen und worin gleicht es ihm? Denn die Tafel zeigt unverkennbar, daß jedes Glied der linken Reihe mit jedem, auf gleicher Höhe stehenden, Gliede der rechten eine Ähnlichkeit hat, und doch wieder anderseits alle Glieder jeder Reihe eng zueinander gehören. Woher diese merkwürdige Übereinstimmung bei gleichzeitiger ganz abgrundtiefer Verschiedenheit?

Die linksstehenden Dinge sind fundamentale Eigenschaften alles animalischen respektive pflanzlichen Lebens. Alles solche Leben ist Leben von Individuen, nicht von ungegliederten Massen, es äußert sich als Trieb, um Bedürfnisse zu befriedigen, insonderheit als Sexualtrieb, um sich fortzupflanzen. Individualität, Gedächtnis, Wille, Liebe können somit als Eigenschaften eines zweiten Lebens gelten, das mit dem organischen Leben eine gewisse Verwandtschaft haben und doch von ihm toto coelo verschieden sein wird.

Es ist keine andere als die Idee des ewigen, höheren, neuen Lebens der Religionen und speziell des Christentums, deren tiefe Berechtigung uns hier entgegentritt. Neben dem organischen hat der Mensch noch teil an einem anderen Leben, der ζωή αιώνιος des neuen Bundes. Wie jenes Leben von irdischer Speise sich nährt, so bedarf dieses der geistigen Atzung (Symbol des Abendmahles). Wie jenes eine Geburt und einen Tod, so kennt auch dieses eine Begründung – die sittliche Wiedergeburt des Menschen, die »Regeneration« – und einen Untergang: den endgültigen Verfall in Irrsinn oder Verbrechen. Wie jenes bestimmt wird durch kausale Naturgesetze von außen, so bindet sich dieses durch normierende Imperative von innen. Jenes ist von begrenzter Art zweckmäßig; dieses, in unendlicher unbegrenzter Herrlichkeit, ist vollkommen.74

Die Eigenschaften, welche die linke Reihe aufzählt, sind allem niedrigen Leben gemeinsam; die Merkmale aus der rechten Kolumne sind die korrespondierenden Zeichen des ewigen Lebens, Künder eines höheren Seins, an welchem der Mensch, und nur er allein, noch überdies Anteil hat. Die ewige Verwechslung und die stets erneute Auseinanderhaltung beider Reihen, des höheren und des niederen Lebens, bildet das Hauptthema aller Historie des menschlichen Geistes: dies ist das Motiv der Weltgeschichte.

Man mag in diesem zweiten Leben etwas erblicken, das sich im Menschen zu den, früher vorhandenen, anderen Eigenschaften hinzuentwickelt habe; hier soll über diese Frage nicht entschieden werden. Doch wird wohl eine tiefere Auffassung jenes sinnliche und sinnenfällige, hinfällige Leben nicht als den Erzeuger des höheren, geistigen, ewigen, sondern umgekehrt, im Sinne des vorigen Kapitels, das erstere als eine Projektion des letzteren auf die Sinnlichkeit, als seine Abbildung im Reiche der Notwendigkeit, als sein Heruntersteigen, seine Erniedrigung zu diesem, als seinen Sündenfall ansehen müssen. Denn nur der letzte Abglanz der höheren Idee von einem ewigen Leben ist es, der auf die Fliege fällt, die mich belästigt, und mich hindern kann, sie zu töten.

Das absolute Weib jedoch, dem Individualität und Wille mangeln, das keinen Teil hat am Werte und an der Liebe, ist, so können wir jetzt sagen, von jenem höheren, transcendenten, metaphysischen Sein ausgeschlossen. Die intelligible hyperempirische Existenz des Mannes ist erhaben über Stoff, Raum und Zeit; in ihm ist Sterbliches genug, aber auch Unsterbliches. Und er hat die Möglichkeit, zwischen beiden zu wählen; zwischen jenem Leben, das mit dem irdischen Tode vergeht, und jenem, für welches dieser erst eine Herstellung in gänzlicher Reine bedeutet. Nach diesem vollkommen zeitlosen Sein, nach dem absoluten Werte, geht aller tiefste Wille im Manne: er ist eins mit dem Unsterblichkeitsbedürfnis. Und daß die Frau kein Verlangen nach persönlicher Fortdauer hat, wird so endlich ganz klar: in ihr ist nichts von jenem ewigen Leben, das der Mann durchsetzen will und durchsetzen soll gegen sein ärmliches Abbild in der Sinnlichkeit. Irgend eine Beziehung zur Idee des höchsten Wertes, zur Idee des Absoluten, zur Idee jener völligen Freiheit, die er noch nicht besitzt, weil er immer auch determiniert ist, die er aber erlangen kann, weil der Geist Gewalt hat über die Natur: eine solche Beziehung zur Idee überhaupt, oder zur Gottheit, hat jeder Mann: indem zwar durch sein Leben auf Erden eine Trennung und Loslösung vom Absoluten erfolgt ist, aber die Seele sich aus dieser Verunreinigung, als der Erbsünde, wieder hinaussehnt.

 

Wie die Liebe seiner Eltern keine reine zur Idee war, sondern mehr oder weniger eine sinnliche Verkörperung suchte, so will auch der Sohn, der eben das ist, worauf diese Liebe hinauslief, so lang er lebt, nicht bloß das ewige, sondern auch das zeitliche Leben: wir erschrecken vor dem Gedanken des Todes, wehren uns gegen ihn, klammern uns an das irdische Dasein und beweisen dadurch, daß wir geboren zu werden wünschten, als wir geboren wurden, indem wir noch immer in diese Welt geboren zu werden verlangen. Ein Mensch, der vor dem irdischen Tode gar keine Furcht mehr hätte, würde in eben diesem Augenblicke sterben; denn er hätte nur mehr den reinen Willen zum ewigen Leben, und dieses soll und kann der Mensch selbständig in sich verwirklichen: es schafft sich, wie alles Leben selbst sich schafft.

Weil aber jeder Mann in einem Verhältnis zur Idee des höchsten Wertes steht, ohne dieser Idee ganz teilhaft zu sein, darum gibt es keinen Mann, der glücklich wäre. Glücklich sind nur die Frauen. Kein Mann fühlt sich glücklich, denn ein jeder hat eine Beziehung zur Freiheit, und ist doch auf Erden immer noch irgendwie unfrei. Glücklich kann sich nur ein gänzlich passives Wesen fühlen, wie das echte Weib, oder ein gänzlich aktives, wie die Gottheit. Glück wäre das Gefühl der Vollkommenheit, dieses Gefühl kann ein Mann nie haben; wohl aber gibt es Frauen, die sich vollkommen dünken. Der Mann hat immer Probleme hinter sich und Aufgaben vor sich: alle Probleme wurzeln in der Vergangenheit; das Land der Aufgaben ist die Zukunft. Für das Weib ist denn auch die Zeit gar nicht gerichtet, sie hat ihr keinen Sinn: es gibt keine Frau, die sich die Frage nach dem Zwecke ihres Lebens stellte; doch die Einsinnigkeit der Zeit ist nur der Ausdruck dafür, daß dieses Leben einen Sinn gewinnen soll und kann.

Glück für den Mann: das könnte nur ganze, reine Aktivität sein, völlige Freiheit, nie ein geringer, aber auch nicht der höchste Grad von Unfreiheit: denn seine Schuld häuft sich, je weiter er von der Idee der Freiheit sich entfernt. Das irdische Leben ist ihm ein Leiden und muß es sein, schon weil in der Empfindung der Mensch eben doch passiv ist; weil ein Affiziertwerden stattfindet, weil es Materie und nicht nur Formung der Erfahrung gibt. Es ist kein Mensch, welcher der Wahrnehmung nicht bedürfte, selbst der geniale Mensch wäre nichts ohne sie, auch wenn er, mächtiger und schneller als alle anderen, alsbald mit dem ganzen Gehalte seines Ich sie erfüllt und durchdringt, und nicht einer vollständigen Induktion bedarf, um die Idee eines Dinges zu erkennen. Die Rezeptivität ist durch keinen Fichteschen Gewaltstreich aus der Welt zu schaffen: in der Sinnesempfindung ist der Mensch passiv, und seine Spontaneität, seine Freiheit gelangt erst im Urteil zur Geltung und in jener Form eines universalen Gedächtnisses, das alle Erlebnisse dem Willen des Individuums zu reproduzieren vermag. Annäherungen an die höchste Spontaneität, scheinbar schon Verwirklichungen gänzlicher Freiheit, sind dem Manne die Liebe und das geistige Schaffen. Darum gewähren am ehesten sie ihm eine Ahnung dessen, was das Glück ist, und lassen ihn seine Nähe, auf Augenblicke freilich nur, zitternd über sich verspüren.

Der Frau hingegen, die nie tief unglücklich sein kann, ist darum Glück eigentlich ein leeres Wort: auch der Begriff des Glückes ist vom Manne, vom unglücklichen Manne geschaffen worden, obwohl er in ihm nie eine adäquate Realisation findet. Die Frauen scheuen sich nie, ihr Unglück anderen zu zeigen: weil es eben kein echtes Unglück ist, weil hinter ihm keine Schuld steht, am wenigsten die Schuld des Erdenlebens als der Erbsünde.

Der letzte, der absolute Beweis der völligen Nichtigkeit des weiblichen Lebens, seines völligen Mangels an höherem Sein, wird uns aus der Art, wie Frauen den Selbstmord vollziehen. Ihr Selbstmord erfolgt nämlich wohl immer mit dem Gedanken an die anderen Menschen, was diese sich denken, wie diese sie bedauern, wie sie sich grämen oder – sich ärgern werden. Das ist nicht so zu verstehen, als ob die Frau nicht von ihrem, nach ihrer Ansicht stets unverdienten Unglück fest durchdrungen wäre im Augenblicke, da sie sich tötet: im Gegenteil, vor dem Selbstmord bemitleidet sie sich am allerheftigsten, nach jenem Schema des Mitleidens mit sich selbst, das nur ein Mitweinen mit den anderen über das Objekt des Mitgefühls des anderen, ein völliges Aufhören Subjekt zu sein, ist. Wie könnte auch eine Frau ihr Unglück als zu sich gehörig ansehen, da sie doch unfähig ist, ein Schicksal zu haben? Das Fürchterliche und für die Leerheit und Nullität der Frauen Entscheidende ist vielmehr dies, daß sie nicht einmal vor dem Tode zum Probleme des Lebens, ihres Lebens gelangen: weil in ihnen nicht ein höheres Leben der Persönlichkeit realisiert werden wollte.

Die Frage also, welche im Eingang dieses zweiten Teiles als sein Hauptproblem formuliert wurde, die Frage nach der Bedeutung des Mann-Seins und Weib-Seins, kann jetzt beantwortet werden. Die Frauen haben keine Existenz und keine Essenz, sie sind nicht, sie sind nichts. Man ist Mann oder man ist Weib, je nachdem ob man wer ist oder nicht.

Das Weib hat keinen Teil an der ontologischen Realität; darum hat es kein Verhältnis zum Ding an sich, das für jede tiefere Auffassung identisch ist mit dem Absoluten, der Idee oder Gott. Der Mann, in seiner Aktualität, dem Genie, glaubt an das Ding an sich: ihm ist es entweder das Absolute als sein höchster Begriff von wesenhaftem Werte: dann ist er Philosoph. Oder es ist das wundergleiche Märchenland seiner Träume, das Reich der absoluten Schönheit: dann ist er Künstler. Beides aber bedeutet dasselbe.

Das Weib hat kein Verhältnis zur Idee, es bejaht sie weder, noch verneint es sie: es ist weder moralisch noch antimoralisch, es hat, mathematisch gesprochen, kein Vorzeichen, es ist richtungslos, weder gut noch böse, weder Engel noch Teufel, es ist amoralisch wie es alogisch ist. Alles Sein aber ist moralisches und logisches Sein. Die Frau also ist nicht.

Das Weib ist verlogen. Das Tier hat zwar ebensowenig metaphysische Realität wie die echte Frau; aber es spricht nicht, und folglich lügt es nicht. Um die Wahrheit reden zu können, muß man etwas sein; denn die Wahrheit geht auf ein Sein, und zum Sein kann nur der ein Verhältnis haben, der selbst etwas ist. Der Mann will die ganze Wahrheit das heißt, er will nur sein. Auch der Erkenntnistrieb ist zuletzt identisch mit dem Unsterblichkeitsbedürfnis. Wer dagegen über einen Tatbestand etwas aussagt, ohne wirklich mutig ein Sein behaupten zu wollen; wem die äußere Urteilsform gegeben ist ohne die innere; wer, wie die Frau, nicht wahrhaft ist: der muß notwendig immer lügen. Darum lügt die Frau stets, auch wenn sie objektiv die Wahrheit spricht.

Das Weib kuppelt. Die Lebenseinheiten des niederen Lebens sind Individuen, Organismen; die Lebenseinheiten des höheren Lebens sind Individualitäten, Monaden, »Meta-Organismen«, wie ein nicht wegzuwerfender Terminus bei Hellenbach lautet. Jede Monade aber unterscheidet sich von jeder anderen, und ist von ihr so getrennt, wie zwei Dinge nur sein können. Die Monaden haben keine Fenster; statt dessen haben sie die ganze Welt in sich. Der Mann als die Monade, als potentielle oder aktuelle, das ist geniale Individualität, will auch überall sonst Unterschied und Trennung, Individuation, Auseinandertreten: der naive Monismus ist ausschließlich weiblich. Jede Monade bildet für sich eine abgeschlossene Einheit, ein Ganzes; aber auch das fremde Ich ist ihr eine solche vollendete Totalität, in die sie nicht übergreift. Der Mann hat Grenzen, und bejaht, will Grenzen; die Frau, die keine Einsamkeit kennt, ist auch nicht imstande, die Einsamkeit des Nebenmenschen als solche zu bemerken und aufzufassen, zu achten oder zu ehren, und sie unangetastet anzuerkennen: für sie gibt es, weil keine Einsamkeit, auch keine Mehrsamkeit, sondern nur ein ungeschiedenes Verschmolzensein. Weil in der Frau kein Ich ist, darum ist für sie auch kein Du, darum gehören, nach ihrer Auffassung, Ich und Du zusammen als Paar, als ununterschiedenes Eines: darum kann die Frau zusammenbringen, darum kann sie kuppeln. Die Tendenz ihrer Liebe ist die Tendenz ihres Mitleidens: die Gemeinschaft, die Verschmolzenheit.75

Für die Frau gibt es nirgends Grenzen ihres Ich, die durchbrochen werden könnten, und die sie zu hüten hätte. Hierauf beruht zunächst der Hauptunterschied zwischen männlicher und weiblicher Freundschaft. Alle männliche Freundschaft ist ein Versuch zusammenzugehen unter dem Zeichen einer und derselben Idee, welcher die Freunde, jeder für sich, gesondert und doch vereint, nachstreben; die weibliche »Freundschaft« ist ein Zusammenstecken, und zwar, was besonders hervorzuheben ist, unter dem Gedanken der Kuppelei. Denn auf dieser beruht die einzig mögliche Art eines intimeren und nicht hinterhältigen Verkehres zwischen Frauen: soweit diese überhaupt nicht bloß des Klatsches oder materieller Interessen halber gerade weibliche Gesellschaft aufsuchen.76 Wenn nämlich von zwei Mädchen oder Frauen die eine für sehr viel schöner gilt als die andere, dann findet die häßliche eine gewisse sexuelle Befriedigung in der Bewunderung, welche der Schöneren gezollt wird. Bedingung jeder Freundschaft zwischen Frauen ist also zu oberst, daß ein Rivalisieren zwischen ihnen ausgeschlossen sei: es gibt keine Frau, die sich nicht körperlich mit jeder anderen Frau sofort vergliche, welche sie kennen lernt. Lediglich in jenen Fällen großer Ungleichheit und aussichtsloser Konkurrenz kann die Häßliche für die Schönere schwärmen, weil diese für sie, ohne daß es beiden im geringsten bewußt würde, das nächste Mittel ist, selbst sexuell befriedigt zu werden: es ist nicht anders, sie fühlt sich gleichsam in jener koitiert.77 Das völlig unpersönliche Leben der Frauen, wie auch der überindividuelle Sinn ihrer Sexualität, die Kuppelei als der Grundzug ihres Wesens, leuchtet hieraus deutlich hervor. Sie verkuppeln sich wie die anderen, sich in den anderen. Das Mindeste, was auch das häßlichste Weib verlangt, und woran es schon ein gewisses Genügen findet, ist, daß überhaupt irgend eine ihres Geschlechtes bewundert, begehrt werde.

70.
71.
72f., .
73, .
74Es ließen sich die Analogien zwischen höherem und niederem Leben noch vermehren. Es ist nicht, wie man heute allgemein glaubt, nur ein oberflächlicher Fehlschluß, wenn stets und überall der Atem in eine besondere Beziehung zur Seele des Menschen gesetzt wurde. Wie die Seele des Menschen der Mikrokosmus ist, d. h. im Zusammenhange mit dem All lebt, so ist auch der Atem, viel allgemeiner noch als die Sinnesorgane, Vermittler eines Konnexes zwischen jedem Organismus und dem Weltganzen; und wenn er erlischt, ist das niedere Leben zu Ende. Er ist das Prinzip des irdischen, wie die Seele das des ewigen Lebens.
75Alle Individualität ist der Gemeinschaft feind: wo sie in höchster Sichtbarkeit wirkt, wie im genialen Menschen, zeigt sich dies gerade dem Geschlechtlichen gegenüber. Nur hieraus erklärt es sich, daß sicherlich alle bedeutenden Menschen, die, welche es verhüllt aussprechen können, wie die Künstler, und die, welche so unendlich viel verschweigen müssen wie die Philosophen – weshalb man sie dann für trocken und leidenschaftslos hält – daß also alle genialen Menschen ohne Ausnahme, soweit sie eine entwickelte Sexualität besitzen, an den stärksten geschlechtlichen Perversionen leiden (entweder am »Sadismus«, oder, wie zweifelsohne die größeren, am »Masochismus«). Das allen jenen Neigungen Gemeinsame ist ein instinktives Ausweichen vor der völligen körperlichen Gemeinschaft, ein Vorbeiwollen am Koitus. Denn einen wahrhaft bedeutenden Menschen, der im Koitus mehr sähe als einen tierischen, schweinischen, ekelhaften Akt, oder gar in ihm das tiefste, heiligste Mysterium vergötterte, wird es, kann es niemals geben.
76Die männliche Freundschaft scheut das Niederreißen von Mauern zwischen den Freunden. Freundinnen verlangen Intimitäten auf Grund ihrer Freundschaft.
77In solchen Fällen kommt die hübschere der weniger ansehnlichen oder weniger beachteten zweiten mit einem aus Mitleid und Verachtung gemischten Gefühl entgegen, welches, nebst dem Interesse an einer Folie für die eigenen Vorzüge, allein die längere Aufrechthaltung derartiger Beziehungen auch von ihrer Seite begünstigt.