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Zu Teil II, Kapitel 1

(S. 97, Z. 3.) Thomas Carlyle, On Heroes, Hero-Worship and the Heroic in History, London, Chapman & Hall, p. 99.

(S. 97, Z. 7 v. u. f.) Vgl. Franz L. Neugebauer, 37 Fälle von Verdoppelungen der äußeren Geschlechtsteile, Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie, VII, 1898, S. 550–564, 645–659, besonders S. 554 f., wo ein Fall von »Juxtapositio organorum sexualium externorum utriusque sexus« beschrieben ist. Von dem bloß auf Entwicklungshemmungen beruhenden Scheinzwittertum sehe ich hier ab.

(S. 99, Z. 12 v. u.) Aristoteles, Metaphysik, A 5, 986a, 31: Αλκμαίων ὁ Κροτωνιάτης φησι εἶναι δύο τὰ πολλά τῶν ανθρωπίνων.

(S. 99, Z. 10 v. u.) Vgl. Schelling, Von der Weltseele, Werke, Stuttgart und Augsburg, 1857, Abt. I, Bd. II, S. 489: »So ist wohl das Gesetz der Polarität ein allgemeines Weltgesetz.«

(S. 101, Z. 4 ff.) Gemeint sind hier die mit großem Recht sehr bekannt gewordenen hervorragenden Aufsätze von Wilhelm Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, Sitzungsberichte der kgl. preußischen Akademie der Wissenschaften, 1894, S. 1309–1407. Beiträge zum Studium der Individualität, ibid. 1896, S. 295–335. Im ersten Aufsatz heißt es z. B. (S. 1322): »In den Werken der Dichter, in den Reflexionen über das Leben, wie große Schriftsteller sie ausgesprochen haben, ist ein Verständnis des Menschen enthalten, hinter welchem alle, erklärende Psychologie weit zurückbleibt.« Im zweiten Aufsatz (S. 299, Anm.): »Ich erwarte eine .... überzeugende Zergliederung .... auch der heroischen Willenshandlung, welche sich zu opfern und das sinnliche Dasein wegzuwerfen vermag.«

(S. 104, Z. 16 v. u.) Vgl. Heinrich Rickert, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, Freiburg im Breisgau 1902, S. 545: »Die atomisierende Individual-Psychologie sieht alle Individuen als gleich an und muß es als allgemeinste Theorie vom Seelenleben tun, die individualistische Geschichtsschreibung richtet ihr Interesse auf individuelle Differenzen.«

(S. 104, Z. 11 v. u.) Man vergleiche die Kontroversen zwischen G. v. Below und Karl Lamprecht über die historische Methode und das Verhältnis der soziologischen Geschichtsschreibung zur Individualität aus den Jahren 1898 und 1899.

(S. 104, Z. 7 v. u.) »Kein wissenschaftlicher Kopf kann je erschöpfen, kein Fortschritt der Wissenschaft kann erreichen, was der Künstler über den Inhalt des Lebens zu sagen hat. Die Kunst ist das Organ des Lebensverständnisses.« Dilthey, Beiträge zum Studium der Individualität, Berliner Sitzungsberichte, 1896, p. 306.

Zu Teil II, Kapitel 2

(S. 106, Z. 3 f.) Die Motti aus Kant, Anthropologie in pragmatischer Hinsicht, Zweiter Teil B. (S. 229 ed. Kirchmann); Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, Aphorismus 232.

(S. 106, Z. 19.) Kant a. a. O. (S. 228).

(S. 107, Z. 22.) »… die beachtenswerte Erscheinung, daß, während jedes Weib, wenn beim Generationsakte überrascht, vor Scham vergehen möchte, sie hingegen ihre Schwangerschaft, ohne eine Spur von Scham, ja mit einer Art Stolz, zur Schau trägt; da doch überall ein unfehlbar sicheres Zeichen als gleichbedeutend mit der bezeichneten Sache selbst genommen wird, daher denn auch jedes andere Zeichen des vollzogenen Koitus das Weib im höchsten Grade beschämt; nur allein die Schwangerschaft nicht.« Schopenhauer, Parerga, II, § 166.

(S. 107, Z. 9.) Ich glaube es rechtfertigen zu können, daß ich zwei Psychologinnen, die mir durch Arbeiten bekannt waren, im Texte übergangen habe; denn die eine ist eine amerikanische Experimentatorin, die andere die russische Verfasserin einer schlechten Geschichte des Apperzeptionsbegriffes.

(S. 107, Z. 5 v. u.) Das Beste über das schwangere Weib und das, was in ihm vorgeht, ist in einem leider bis jetzt ungedruckten Gedichte eines noch unbekannten männlichen Dichters gesagt, dessen Wiedergabe an dieser Stelle mir gestattet wurde; wofür ich hier um so mehr meinen Dank sage, als ich selbst auf das psychologische Problem der Schwangerschaft auch im zehnten Kapitel nicht näher eingegangen bin.

 
»Geheimnisvolle Kräfte schlingen
Um mich ein nie gekanntes Walten.
Ich hör' ein liebend zartes Klingen,
Und alles will sich neu entfalten.
 
 
Mir ist, als ob Natur sich neige
In Ehrfurcht, wo ich leise gehe,
Als ob der Baum dem Baum mich zeige,
Daß er mich staunend schreiten sehe.
 
 
Ich fühle mich so hoch erhoben,
Ein jedes Wesen ist mir nah,
Mir hat sich die Natur verwoben,
Seit mir so hohes Glück geschah.
 
 
Es schläft in mir, was nie noch lebte,
Ein Wunder, das ein Traum gebar:
Natur so ahnungsvoll erbebte,
Weil hier ein neues Wesen war.«
 

(S. 108, Z. 8 v. u. f.) So unter anderen Guglielmo Ferrero, Woman's Sphere in Art, New Review, November 1893 (citiert nach Havelock Ellis).

(S. 108, Z. 5 v. u. f.) Die Forscher scheinen eher der Meinung von der geringeren Intensität des »Geschlechtstriebes« beim Weibe zu huldigen (z. B. Hegar, Der Geschlechtstrieb, 1894, S. 6), die praktischen »Frauenkenner« sind fast alle in großer Entschiedenheit der entgegengesetzten Ansicht.

(S. 109, Z. 4 v. u.) Daß beim Weibe die Wollust nicht wie beim Manne durch irgend eine Ejakulation vermittelt sein kann, führt Moll aus (Untersuchungen, I, S. 8 ff.). Vgl. auch Chrobak-Rosthorn, Die Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane, Wien 1900 (aus Nothnagels Spezieller Pathologie und Therapie), Bd. I, S. 423 f.: »Wir müssen mit Moll einen Detumeszenz- (Entleerungs-), vielleicht richtiger Depletionstrieb, und einen Kontrektations- (Berührungs-)trieb … annehmen. Viel schwieriger steht die Frage dem Weibe gegenüber, bei welchem wir … insofern keine Analogie mit dem Vorgang beim Manne finden können, als eine Ejakulation von Keimzellen nicht stattfindet … Es kommt allerdings auch bei Frauen unter der Kohabitation häufig ein Flüssigkeitserguß aus den Bartholinschen Drüsen unter Bewegungen der Musculi ischio-et bulbo-cavernosi zustande, es findet auch eine Abschwellung der ebenfalls durch Muskelbewegungen strotzend gefüllten und dadurch vielleicht ein Unlustgefühl erzeugenden Gefäße (an den Schwellkörpern der Klitoris) statt, doch betrifft diese Entleerung einesteils nicht die keimbereitenden Organe, anderseits scheint sich diese sogenannte Ejakulation oft genug nicht einzustellen, ohne daß hiedurch das Gefühl der sexuellen Befriedigung verhindert würde.«

(S. 109, Z. 10.) Die Mollsche Unterscheidung in dessen Büchern: Die konträre Sexualempfindung, 3. Aufl., Berlin 1899, S. 2. Untersuchungen über die Libido sexualis, 1897, Bd. I, S. 10.

(S. 112, Z. 7.) Daraus, daß W selbst durchaus und überall Sexualität ist, wird leicht erklärlich, daß man beim Weibchen in der ganzen Zoologie gar nicht eigentlich von »sekundären Geschlechtscharakteren« im selben Sinne reden kann wie beim Manne. Weibchen »bieten selten merkwürdige sexuelle Charaktere« (Darwin, Entstehung der Arten, S. 201, ed. Haek).

(S. 115, Z. 15 v. u. f.) Auch unter den Tieren bildet bei den Männchen die Brunstzeit einen viel stärkeren Gegensatz zu ihrem sonstigen Leben als bei den Weibchen. Man vergleiche, um ein Beispiel statt vieler anzuführen, wie Friedrich Miescher den Rheinlachs vor und während der Laichzeit schildert (Die histochemischen und physiologischen Arbeiten von F. M., Leipzig 1897, Bd. II, S. 123): »Wenn man etwa im Dezember einen männlichen Salm, sogenannten Wintersalm sieht, mit klarem, bläulich schimmerndem Schuppenkleid, der schönen Rundung des Leibes, mit der kurzen Schnauze … ohne jede Spur von Hakenbildung … und man daneben den bekannten Hakenlachs erblickt, mit einer Nase von doppelter Länge, einer überhaupt ganz veränderten Physiognomie des Vorderkopfes, mit der tigerartig rot und schwarz gefleckten, von Epithelwucherung trüben, dicken Hautschwarte, dem abgeplatteten Körper und den dünnen schlotternden Bauchwänden, so hat man immer wieder Mühe, sich zu überreden, daß dies Exemplare einer und derselben Spezies seien. Etwas geringer ist der Gegensatz beim weiblichen Exemplar. Die Länge und Form der Schnauze ist nicht wesentlich verschieden; die roten Flecken an Kopf und Leib, beim Winterlachs gänzlich fehlend, sind beim weiblichen Laichlachs schwächer entwickelt als beim Männchen; die Haut ist getrübt und wie unrein, doch nicht so stark verdickt.«

(S. 115, Z. 10 v. u.) Ein sehr hervorragender, aber merkwürdig wenig beachteter Aufsatz von Oskar Friedländer (»Eine für Viele«, eine psychologische Studie, »Die Gesellschaft«, Münchener Halbmonatsschrift, XVIII. Jahrgang, 1902, Heft 15/16, S. 166) nähert sich in diesem Punkte meiner Auffassung so weit, daß ich ihn hier, wie noch mehrfach, citieren muß: »Sicherlich, der Geschlechtstrieb tritt beim Manne heftiger und ungestümer auf als beim Weibe. Es liegt dies wohl weniger an dem verschiedenen Grade der Intensität als daran, daß im männlichen Geiste die heterogensten Elemente aus allen psychischen Gebieten zusammenkommen, die um die Vorherrschaft kämpfen und die sexuellen Instinkte zu verdrängen suchen, und diese durch die Kontrastwirkung desto stärker empfunden werden, während ihre gleichmäßige Verteilung über die ganze Seele des Weibes … sie nicht mit besonderer Schärfe zur Abhebung kommen läßt.«

 

Zu Teil II, Kapitel 3

(S. 117, Z. 6 v. u.) »Begierde und Gefühl sind nur Arten, wie unsere Vorstellungen sich im Bewußtsein befinden.« Joh. Friedr. Herbart, Psychologie als Wissenschaft, neu gegründet auf Erfahrung, Metaphysik und Mathematik, II. (analytischer) Teil, § 104 (Werke VI, S. 60, ed. Kehrbach, Langensalza 1887).

(S. 117, Z. 5 v. u.) A. Horwicz, Psychologische Analysen auf physiologischer Grundlage, Ein Versuch zur Neubegründung der Seelenlehre, II/1, Die Analyse des Denkens, Halle 1875, S. 177 f.: »Das Gefühl ist unserer Auffassung gemäß das früheste, elementarste Gebilde des Seelenlebens, es ist der früheste und einzige Inhalt des Bewußtseins, die Triebfeder der ganzen seelischen Entwicklung. Wie verhält sich nun hiezu das Denken?… Das Denken ist eine Folgeerscheinung des Gefühls, wie es auch die Bewegung ist, es ist die ureigenste Dialektik der Triebe … der stärker geübte, von anderen unterschiedene Trieb gibt durchdachte, geordnete, aus einer Anzahl von geläufigen Bewegungen ausgewählte Bewegungen, das ist durchdachtes Denken.« II/2, Die Analyse der qualitativen Gefühle, Magdeburg 1878, S. 59: »Es [das Gefühl] ist die allgemeinste elementarste Form des Bewußtseins, in dieser allereinfachsten Gestalt [bei Tieren und Pflanzen] freilich nur ein ganz schwaches, dunkles Bewußtsein, mehr ein brütendes Ahnen als ein Erkennen und Wissen. Aber es bedarf, um deutliches und klares Bewußtsein zu werden, keiner weiteren fraglichen Zutaten, sondern nur der Vervielfachung und intensiven Gradsteigerung.« Vgl. Wilhelm Wundt, Über das Verhältnis der Gefühle zu den Vorstellungen, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, III, 1879, S. 129–151, und Horwicz' Antwort: »Über das Verhältnis der Gefühle zu den Vorstellungen und die Frage nach dem psychischen Grundprozesse«, a. a. O., S. 308–341.

(S. 118, Z. 18.) Über solche »Feelings of tendency« vgl. William James, The Principles of Psychology, New-York 1890, Vol. I, p. 254.

(S. 118, Z. 18 v. u.) Vgl. besonders Leibnitii Meditationes de cognitione, veritate et ideis Acta eruditorum, Lips., November 1684, p. 537 f. (p. 79 f. ed. Erdmann).

(S. 118, Z. 14 v. u.) Wilhelm Wundt, Grundzüge der physiologischen Psychologie, 5. Aufl., Leipzig 1902, Bd. II, S. 286 ff.

(S. 118, Z. 6 v. u.) Richard Avenarius, Kritik der reinen Erfahrung, Bd. I, Leipzig 1888, S. 16. Der menschliche Weltbegriff, Leipzig 1891, S. 1 f. Vgl. Joseph Petzoldt, Einführung in die Philosophie der reinen Erfahrung, Bd. I, Die Bestimmtheit der Seele, Leipzig 1900, S. 112 ff.

(S. 118, Z. 5 v. u.) Über die verschiedenen Bedeutungen des Wortes »Charakter« (welches auch in dieser Schrift in dreifach verschiedener Anwendung, doch unter Vermeidung aller Äquivokationen gebraucht werden mußte) vgl. Rudolf Eucken, Die Grundbegriffe der Gegenwart, historisch und kritisch entwickelt, 1893, S. 273 ff.

(S. 119, Z. 14.) Die Avenariussche Zusammenstellung von Wahrnehmungs- und Gedächtnisbild hat unter den späteren Psychologen bloß Oswald Külpe acceptiert, welcher in seinem »Grundriß der Psychologie, auf experimenteller Grundlage dargestellt« (Leipzig 1893), S. 174 ff., in terminologisch freilich durchaus nicht einwandfreier Weise die Lehre vom Gedächtnis als die Lehre von den »zentral erregten Empfindungen« abhandelt.

(S. 120, Z. 8 v. u.) Petzoldt a. a. O., S. 138 ff.

(S. 121, Z. 7 v. u. f.) Vgl. A. Kunkel, Über die Abhängigkeit der Farbenempfindung von der Zeit, Archiv für die gesamte Physiologie der Menschen und der Tiere, IX, 1874, S. 215. Hiezu weiter Fechner, Elemente der Psychophysik, 1. Aufl., Leipzig 1860, Bd. I, S. 249 f.; Oswald Külpe, Grundriß der Psychologie, S. 131, 210; Hermann Ebbinghaus, Grundzüge der Psychologie, Leipzig 1902, S. 230.

(S. 122, Z. 4 v. u.) Johann Gottlieb Fichte, Über den Begriff der Wissenschaftslehre (Werke I/1, Berlin 1845, S. 73) »Der menschliche Geist macht mancherlei Versuche: er kommt durch blindes Herumtappen zur Dämmerung, und geht erst aus dieser zum hellen Tag über. Er wird anfangs durch dunkle Gefühle … geleitet …«. Schopenhauer, Parerga, I, § 14 (Werke IV, S. 159 f., ed. Grisebach): »Im allgemeinen … ist über diesen Punkt zu sagen, daß von jeder großen Wahrheit sich, ehe sie gefunden wird, ein Vorgefühl kundgibt, eine Ahndung, ein undeutliches Bild, wie im Nebel, und ein vergebliches Haschen, sie zu ergreifen; weil eben die Fortschritte der Zeit sie vorbereitet haben. Demgemäß präludieren dann vereinzelte Aussprüche. Allein, nur wer eine Wahrheit aus ihren Gründen erkannt und in ihren Folgen durchdacht, ihren ganzen Inhalt entwickelt, den Umfang ihres Bereiches übersehen und sie sonach mit vollem Bewußtsein ihres Wertes und ihrer Wichtigkeit, deutlich und zusammenhängend, dargelegt hat, der ist ihr Urheber. Daß sie hingegen, in alter und neuer Zeit, irgend einmal mit halbem Bewußtsein und fast wie ein Reden im Schlaf ausgesprochen worden und demnach sich daselbst finden läßt, wenn man hinterher danach sucht, bedeutet, wenn sie auch totidem verbis dasteht, nicht viel mehr, als wäre es totidem litteris; gleichwie der Finder einer Sache nur der ist, welcher sie, ihren Wert erkennend, aufhob und bewahrte; nicht aber der, welcher sie zufällig einmal in die Hand nahm und wieder fallen ließ; oder wie Kolumbus der Entdecker Amerikas ist, nicht aber der erste Schiffbrüchige, den die Wellen dort einmal abwarfen. Dies eben ist der Sinn des Donatischen pereant qui ante nos nostra dixerunt.« Noch treffender sagt Kant: »Dergleichen allgemeine und dennoch bestimmte Prinzipien lernt man nicht leicht von anderen, denen sie nur dunkel vorgeschwebt haben. Man muß durch eigenes Nachdenken zuvor selbst darauf gekommen sein, danach findet man sie auch anderwärts, wo man sie gewiß nicht zuerst würde angetroffen haben, weil die Verfasser selbst nicht einmal wußten, daß ihren Bemerkungen eine solche Idee zum Grunde liege. Die so niemals selbst denken, besitzen dennoch die Scharfsichtigkeit, alles, nachdem es ihnen gezeigt worden, in demjenigen, was sonst schon gesagt worden, aufzufinden, wo es doch vorher niemand entdecken konnte.« (Prolegomena zu jeder künftigen Metaphysik, § 3, gegen Ende.)

(S. 122, Z. 8 f.) Das Citat aus Nietzsche, Also sprach Zarathustra, III. Buch, Kap.: Der Genesende.

(S. 124, Z. 11 v. u.) S. Exner, Entwurf zu einer physiologischen Erklärung der psychischen Erscheinungen, I. Teil, Leipzig und Wien 1894, S. 76 ff. Vgl. H. Höffding, Vierteljahrschr. f. wiss. Philos. 13, 1889, S. 431.

(S. 125, Z. 3 v. o.) Avenarius, Kritik der reinen Erfahrung, Bd. I, Leipzig 1888, S. 77; Bd. II, Leipzig 1890, S. 57. Übrigens schlägt den gleichen Ausdruck in ähnlichem Falle Wilhelm Dilthey vor, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, Berliner Sitzungsberichte, 1894, S. 1387.

(S. 126, Z. 14.) Wahrscheinlicher jedoch als die Exnersche Theorie dünkt mich jetzt folgende Vermutung. Der Parallelismus zwischen Phylo- und Ontogenese, das »biogenetische Grundgesetz« wird gewöhnlich konstatiert, ohne daß man weiter darüber nachdenkt, warum die Entwicklung des Individuums immer die Geschichte der Gattung wiederhole; so eilig hat man es eben, die Tatsache für die Deszendenzlehre und besonders für ihre ungeteilte Anwendung auf den Menschen auszubeuten. Vielleicht liegt aber in der Entwicklung von der Henide zum differenzierten Inhalt ein Parallelprozeß zu jener Erscheinung vor, der ihre bisherige Isoliertheit und Rätselhaftigkeit aufheben könnte.

(S. 128, Z. 13 f.) Über die falsche populäre Annahme einer allgemeinen größeren Sinnesempfindlichkeit beim Weibe, eine Annahme, die Sensibilität mit Emotivität und Irritabilität verwechselt, vgl. Havelock Ellis, Mann und Weib, S. 153 f.

(S. 129, Z. 9 v. o.) Vgl. Ernst Mach, Die Mechanik in ihrer Entwicklung, historisch-kritisch dargestellt, 4. Aufl., Leipzig 1901, S. 1 f., 28 f. Die Prinzipien der Wärmelehre, historisch-kritisch entwickelt, 2. Aufl., Leipzig 1900, S. 151.

Zu Teil II, Kapitel 4

(S. 131, Z. 1 f.) Die Bestimmungen, zu welchen dieses Kapitel über das Wesen der Genialität gelangt, sind ganz provisorisch und können erst nach der Lektüre des achten Kapitels verstanden werden, das sie wieder aufnimmt, aber in einem weit größeren Ganzen zeigt und darum erst eigentlich begründet.

(S. 134, Z. 12 v. u.) Über das Verstehen der Menschen und menschlicher Äußerungen ist in der wissenschaftlich-psychologischen Literatur bezeichnend wenig zu finden. Nur Wilhelm Dilthey bemerkt (Beiträge zum Studium der Individualität, Berliner Sitzungsberichte, 1896, S. 309 ff.): »Wir können zunächst das Verstehen eines fremden Zustandes als einen Analogieschluß auffassen, der von einem äußeren physischen Vorgang vermittels seiner Ähnlichkeit mit solchen Vorgängen, die wir mit bestimmten inneren Zuständen verbunden finden, auf einen diesen ähnlichen inneren Zustand hingeht ..... Die Glieder des Nachbildungsvorganges sind gar nicht bloß durch logische Operationen, etwa durch einen Analogieschluß, miteinander verbunden. Nachbilden ist eben ein Nacherleben. Ein rätselhafter Tatbestand! Wir können dies etwa, wie ein Urphänomen, darauf zurückführen, daß wir fremde Zustände in einem gewissen Grade wie die eigenen fühlen, uns mitfreuen und mittrauern können, zunächst je nach dem Grade der Sympathie, Liebe oder Verwandtschaft mit anderen Personen. Die Verwandtschaft dieser Tatsache mit dem nachbildenden Verstehen ergibt sich aus mehreren Umständen. Auch das Verstehen ist von dem Maße der Sympathie abhängig, und ganz unsympathische Menschen verstehen wir überhaupt nicht mehr. Ferner offenbart sich die Verwandtschaft des Mitgefühls mit dem nachbildenden Verstehen sehr deutlich, wenn wir vor der Bühne sitzen!« ..... »Gemäß diesen Verhältnissen hat auch die wissenschaftliche Auslegung oder Interpretation als das kunstmäßig nachbildende Verstehen immer etwas Genialisches, das heißt, sie erlangt erst durch innere Verwandtschaft und Sympathie einen hohen Grad von Vollendung. So wurden die Werke der Alten erst im Zeitalter der Renaissance ganz wiederverstanden, als ähnliche Verhältnisse eine Verwandtschaft der Menschen zur Folge hatten ..... Es gibt keinen wissenschaftlichen Prozeß, welcher dieses lebendige Nachbilden als untergeordnetes Moment hinter sich zu lassen vermöchte. Hier ist der mütterliche Boden, aus dem auch die abstraktesten Operationen der Geisteswissenschaften immer wieder ihre Kraft ziehen müssen. Nie kann hier Verstehen in rationales Begreifen aufgehoben werden. Es ist umsonst, aus Umständen aller Art den Helden oder den Genius begreiflich machen zu wollen. Der eigenste Zugang zu ihm ist der subjektive.« ..... (S. 314 f.): »Die älteren Maler strebten, die bleibenden Züge der Physiognomie in einem idealen Moment, der für dieselben am meisten prägnant und bezeichnend ist, zu sammeln. Möchte nun eine neue Schule den momentanen Eindruck festhalten, um so den Eindruck des Lebens zu steigern: so gibt sie die Personen an die Zufälligkeit des Momentes hin. Und auch in diesem findet ja eine Auffassung des Inbegriffs von Eindrücken eines gegebenen Momentes unter der Einwirkung des erworbenen seelischen Zusammenhanges statt; eben in dieser Apperzeption entspringt die Verbindung der Züge von einem gefühlten Eindruckspunkt aus, welche Auslassungen und Betonungen bedingt: so entsteht ein Momentbild ebenso der Apperzeptionsweise des Malers als des Gegenstandes, und jede Bemühung zu sehen ohne zu apperzipieren, so gleichsam das sinnliche Bild in Farben auf einer Platte aufzulösen, muß mißlingen. Was noch tiefer führt, der Eindruckspunkt ist schließlich durch das Verhältnis irgend einer Lebendigkeit zu der meinigen bedingt, ich finde mich in meinem Lebenszusammenhang von etwas Wirkendem in einer Natur innerlich berührt; ich verstehe von diesem Lebenspunkt aus die dorthin konvergierenden Züge. So entsteht ein Typus. Ein Individuum war das Original: ein Typus ist jedes echte Porträt, geschweige denn in einem Figurengemälde. Auch die Poesie kann nicht abschreiben, was vor sich geht u. s. w.« Sonst ist nur die sehr interessante und originelle Arbeit von Hermann Swoboda, Verstehen und Begreifen, Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie, XXVII, 1903, Heft 2, zu nennen. Swoboda hält wie Dilthey die Gleichheit respektive Verwandtschaft für das einzige Erfordernis des Verständnisses; hierin weiche ich von beiden ab.

 

(S. 139, Z. 17.) Richard Wagner, Gesammelte Schriften und Dichtungen, 3. Aufl., Leipzig 1898, Bd. VI, S. 128.

(S. 142, Z. 7 v. o.) Es gibt nur Universalgenies: »ὃν γὰρ ἀπέστειλεν ὁ θεός, τὰ ῥήματα του θεου λαλει· οὐ γὰρ ἐκ μέτρου δίδωσιν τὸ πνεῦμα.« (Evang. Joh. 3, 34.)

(S. 142, Z. 16 v. u.) Die hier gerügte Verwechslung kommt besonders deutlich zum Vorschein bei Franz Brentano, Das Genie, ein Vortrag, Leipzig 1892, S. 11: »Jedes Genie hat sein eigentümliches Gebiet; nicht bloß gibt es kein Universalgenie im vollen Sinne des Wortes, sondern meist hat die Genialität auch in der einzelnen Kunstgattung engere Grenzen. So war z. B. Pindar ein genialer Lyriker und nichts weiter.« Wäre diese populäre Ansicht haltbar, so müßte man den Dichter und Maler Rossetti über den »bloßen« Dichter Dante stellen, Novalis höher halten als Kant und Lionardo da Vinci für den größten Menschen ansehen.

(S. 143, Z. 10 v. u.) Hiemit stimmt Schopenhauers Überzeugung überein (Welt als Wille und Vorstellung, Bd. II, Kap. 31, S. 447, ed. Frauenstädt): »Weiber können bedeutendes Talent, aber kein Genie haben.«

(S. 144, Z. 11 v. o.) Über das Verhältnis der anderen Menschen zum Helden Thomas Carlyle, On Heroes, Hero-Worship and the Heroic in History, London, Chapman and Hall, p. 10 ff.