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Der Eroberer

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Scene

(Kabinet.) Eduard, hernach Albin

Eduard. (indem er ein Buch zur Seite legt.) Wie klein sind noch meine Thaten, wenn ich sie mit den Riesenplanen Alexanders des Grossen messe! Was habe ich bisher Merkwürdiges gethan, und wie viel hätte ich thun können! Ich bin auf dem schönsten Gleise zum unsterblichen Ruhme! Alles zittert vor meinen siegreichen Waffen, laß uns ewige Palmen erringen! – Eine Universalmonarchie lächelt mich an – Was hält mich hier zurück? – Weiberliebe – Eduard, steh auf, erobere eine Welt! Trit die kleinen Könige mit Füssen, bring deine durchlauchtigen Plane zu Stande – und dann ruhe wie Alexander unter dem Schatten unsterblicher Lorbeern aus! – Cäsar, Pompejus, solche Männer beherrschten eine Welt, und ich begnüge mich mit einigen Kronen? Ist mein Herz kleiner, mein Geist geringer, mein Arm schwächer? – Fort! Laß uns alle Liebesfeste verschieben! – Zur Ehre! – Albin, was sagen die Berichte unserer Gesandten?

Alb. König Rudolph droht mit grossen Zurüstungen —

Edu. Droht? Rudolph droht? – Wem droht der kleine Rudolph? Das Königlein droht! Droht mir! – Sonst nichts von mehr Wichtigkeit als diese Kleinigkeit?

Alb. Die Republiken machen Vertheidigungsbündnisse –

Edu. Ich will ihre Verträge wie Spinnengewebe zerreissen! Heißt das nicht mir trotzen? – Ich will diese Nester in Königreiche umschmelzen! – Zur Arbeit! – Man muß seine Feinde mit Ungewittern überraschen!

Stoff einer Kriegserklärung.Kanzleysprache

Wir Eduard von Gottes Gnaden Mehrer des Reichs und Herr aller möglichen und unmöglichen Welten u. s. w. Geben unsern lieben getreuen und dummen Sklaven u. s. w.

Wir sind mit allen klugen Staatsmännern gänzlich überzeugt, daß der Krieg ein nothwendiges Uebel ist; da uns also unser königlicher Leibarzt mit Zuziehung unsers geistlichen Gewissenraths eine kleine Leibesbewegung zur Verdünnung unsers Bluts dringend angerathen hat; so sind Wir aus landesväterlicher Liebe allergnädigst entschlossen, gelegentlich auch die dicken Säfte des Staatskörpers zu reinigen, und ein Paar benachbarte Königreiche, die uns sehr bequem liegen, zum nützlichen Zeitvertreibe zu erobern. Vermuthlich wird diese gesunde Heldenjagd unsern ungefälligen Nachbarn nicht wie uns behagen, und wir sehen voraus, daß die leidige Kriegsflamme sich ausdehnen kann. Unsere gerechten Waffen sollen also mit Beystand des Himmels unser angeerbtes Recht vor Gott und der Welt vertheidigen. Wir versprechen uns von Euch allen unterthänigsten Beystand durch Aufopferung eures Bluts und eurer Güter u. s. w.17

Scene

Ein Wald. Eduard, ein Anführer einer Räuberbande, hernach seine Gefährten

Edu. Ich habe mich auf der Jagd von meinem Gefolge getrennt. Guter Freund, wo ist die Heerstrasse?

Anfüh. Für eine gütige Ritterzehrung will ich Ihnen den Weg zeigen mein Herr.

Edu. Hier hast du meinen Beutel!

Anfüh. Da ist noch ein hübscher Ring, eine Uhr, vermuthlich auch eine Dose. – Ich bitte haben sie die Güte! – Ich bin ein Mann von Lebensart, und übe nicht gern Gewalt –

Edu. Kerl fort! Du bist ein Strassenräuber! Ich hielt dich für einen Wanderer.

(Er stellt sich zur Gegenwehr.)

Anfüh. Keine Gewalt! Ich bitte sehr, oder auf einen Wink erscheinen meine dienstbaren Geister, und lehren Sie, was es ist, rechtschaffene Männer zu beleidigen.

Edu. Kerl, ich lasse dich hängen! Ich bin Eduard, dein König!

Anfüh. Ach! Herr Bruder willkommen! Izt ändert sich freilich die ganze Sache. Die Hand her! Meinen warmen Brudergruß! Mir war gleich das Gesicht bekannt. – Es freut mich ungemein, näher mit dir in Freundschaft zu treten! – Hier ist dein Beutel wieder! Wir Helden haben ein geschenktes Handwerk.

(Er pfeift)

Brüder, bringt Erfrischungen, wir haben ein lieben Gast! Nähert Euch meine Freunde, hier führ ich Euch unsern Bruder und Kollega Eduard auf, den Gott noch lange erhalten wolle! Izt bin ich entwürdet, hier heißt es Cede Majori!

(Alle Räuber reichen dem Eduard die Hände)

Willkommen Bruder!

Edu. (heimlich.) In welcher edlen Gesellschaft bin ich! – Meine Herrn, es ist mir eine besondere Ehre in ihre Bekanntschaft zu kommen!

Anfüh. Setz dich Brüderchen, auf diesen schönen Rasen, und trink ein Glas Wein! – Er ist aus deinem Keller. Wir holen alle Bedürfnisse aus deiner Burg, denn wir theilen brüderlich.

Edu. Es freut mich, wenn meine Kleinigkeiten so wackern Leuten behagen. Aber seht, der Abend nähert, ich wünschte aus dem Walde zu seyn.

Anfüh. Ich werde dich sicher bis an die Stadtthore führen. Du bist in den besten Händen.

Edu. Nimm zur Erkenntlichkeit wenigstens diesen Ring, und für deine Untergebenen diese Börse –

Anfüh. Schönen Dank! Wir nehmen nichts; denn wir sind Ehrenmänner, und lieben gute Sitten. Wir weichen nie von unsern strengen Gesetzen; wir nehmen dem Wanderer nur den Ueberfluß aus Güte ab, um ihnen die Reise zu erleichtern. Kein Armer wird beraubt, und niemand, der bescheiden ist, wird mißhandelt. Was däucht Dir –

Edu. Du setzest mich in Erstaunung.

Anfüh. Freyheit ist unser System!

Edu. Wollt Ihr dem Vaterland dienen? Werdet freye Krieger! Wollt Ihr?

(Der Anführer spricht heimlich mit seinen Brüdern.)

Alle. Wir wollen!

Anfüh. Gieb uns dein Ehrenwort, unsere treuen Dienste königlich zu belohnen!

Edu. So wahr ich König bin, will ich Euch nach Verdiensten belohnen! Folgt mir.

Tagebuch
Eines Kriegers aus Eduards Lager

Wir zogen aus, und suchten den Feind auf. Wir überfielen Rudolphs Lager unvermuthet. Der Sieg war entscheidend. Wir eilten gegen die Hauptstadt, nahmen auf dem Wege zehen Festungen ein. Wenige hielten die Belagerung aus. Rudolph hatte die Ueberbleibsel seiner Völker mit den Geschwadern der Bundesgenossen vereiniget, und es kam zum blutigen Treffen. Rudolph entwich aus seinem Königreich, und sein Heer wurde gänzlich zerstreut. Nicht glücklicher gieng es seinen Bundesgenossen. Die benachbarten Staaten hatten indeß zu ihrer Sicherheit ihre Städte befestiget, und ihre Grenzen in Vertheidigungsstand gesetzt. Eduard betrachtete dieß als eine stille Kriegserklärung, überraschte sie, und unterwarf seinem Zepter Länder und Städte. Er flößte durch seinen Ruf so viel Schrecken in alle Gemüther, daß sich alles ergab. Unter diesen beständigen Kriegen entkräftete er seine eignen Staaten; die Gesetze entschliefen, die Städte und Dörfer wurden entvölkert; die Künste und Wissenschaften verfielen, und die Ackerpflege ward vergessen. Seine weitschichtigen Länder schmachteten im Elend. Er eilte zurück. Er hatte überall gefährliche Aufruhren zu dämpfen, geizige Statthalter zu demüthigen, und es wurden endlich seine eignen Krieger seines unersättlichen Ehrgeizes müde.

Brief
Alsin an Eduard

Ich schreibe dir, denn eine Unpäßlichkeit verzögert meine Reise. Ich will hingehen, so sagte ich, ich will vor meiner Auflösung eilen, Ihn das letztemahl zu sehen, zu segnen, und durch die Rechte der Menschlichkeit um den Frieden beschwören. Ich werde meine grauen Haare über Ihn streuen, und ihn mit Thränen bethauen. O Fürst, O mein Eduard, will ich sagen, gieb deinem armen Volke den Vater zurück! – In diesen süssen Gedanken begann ich meine Reise, welche Reise war das! – Ueberall sah ich das Bild der Zerstörung; jeden Schritt netzte ich mit meinen Zähren. –

Nachtgedanken

 
O kühles Grab, du Trost der Sterblichen!
Wann labst du mich? so rief ich oft mit Thränen.
Die schwarze Nacht lag über meinem Haupte;
Nur selten schlich der Mond aus düstern Nebeln;
Die ganze Schöpfung lag im tiefsten Schlummer.
Nur Eulen heulten wild ihr Abendlied;
Als ein Gestank von Aesern mich erstikte.
Ein Schlachtfeld lag vor mir; die Sohlen traten
Auf Menschenblut, ein Denkmaal deiner Thaten
O Eduard war das! Ich stand betäubt,
Und übersah beym blassen Sternenlichte
Dies Mordgefild. O welche Schreckenscene
Für so ein weiches Herz, wie meines ist!
Da lag ein Rumpf, und dort zerstückte Glieder;
Ein kalter Schauer fuhr durch meine Seele.
Die Leichen schienen mir noch halbbelebt;
Ich hörte noch ein leises Sterberöcheln!
Mein graues Haar stieg hochgesträubt empor;
Mein kaltes Blut vergaß den trägen Lauf.
Nur Geyer freuten sich, und hielten Mahl.
O Menschlichkeit, wein mit mir eine Thräne,
Und fluch dem Ehrgeiz zu, der Menschen würgt,
Um einen Lorbeer mehr für Blut zu kaufen.
Ich hörte gleichsam hier zehntausend Wittwen
Um Rache flehn, um Rache für die Söhne!
Der Waisen Klaggeschrey schien mir zu tönen,
Und die Einbildungskraft riß meinen Geist
Zum Richterstuhl, vor dem die Fürsten zittern.
Die Seelen kamen dort als Kläger an,
Und häuften Fluch auf die Eroberer.
Weh ihnen, wenn einst Gott von ihren Händen
Die Menschen heischt, und Blut aus Lorbeern preßt.
O Eduard, was ist dein Wunsch, dein Glück;
Ein schwarzer Traum, noch schwärzer dein Erwachen!
Einst, wenn der Wurm, der deine Feinde frißt,
Dein hungriges und hartes Herz zernagt,
Was sagst du dem, der dich geschaffen hat?
Geschaffen hat, die Brüder stäts zu lieben,
Gekrönet hat, die Völker zu beglücken!
Ist denn dein Plan für diese Welt allein,
Und trennt ein grosser Geist die Welten?
O wie begnügsam bist Du doch geworden!
Mir eckelt vor der Welt, die dich so reizt.
Wenn dieß die Schöpfung ist, die wir hier sehn;
Wenn dieß ihr Endzweck ist, den du dir wünschest;
So ist die Schöpfung nichts, der Endzweck nichts!
Nichts für ein Herz, das Ewigkeiten suchet!
Die Welt ist Staub; mein Ziel ist groß wie Gott!
Fürst, wärst du Herr der künftigen Minute;
Und wäre das, was Du durch Mord ersiegst,
Unsterblich dein, dann könntest du den Kloß,
Der Dich begnügt, um einen Himmel kaufen;
Doch Du bist auch ein Bettler von der Zeit;
So sey ein Adler, flieg zur Sonne hoch!
Laß kleinen Geisterchen die kleine Welt,
Und such ein Reich, wo man unsterblich lebt!
Flieg auf verherrlichet durch grosse Thaten
Der Menschlichkeit, wobey die Schöpfung jauchzt;
Flieg auf mit Lorbeern, die kein Blut beflecket,
Die fern vom Fluch, durch Segen heilig sind.
 
Ende der dritten Kaprizze

Eduard als Greis
Vierte Kaprizze

Liebes- und Heldengeschichte

Schwarze nächtliche Wolken hiengen über den schlummernden Horizont, und nur blasse Stralen des Mondes brachen durch die duftenden Lauben des königlichen Gartens, als die reizende Alidia lustwandelte, und so zu den Sternen seufzte: Wie lang unerbittliches Schicksal bin ich noch der Gegenstand deiner Rache? Und du allesbeherrschende Liebe, wie lange soll noch mein Herz das Spiel deiner muthwilligen Ränke seyn? Alle diejenigen, die ich hasse, lieben mich, und der einzige, den ich anbete, verschmäht mein Herz. Was soll ich in meiner traurigen Lage beginnen? Soll ich den Ehrgeiz hören? Er räth mir die Liebe Eduards und mit ihr seine Krone zu erobern; aber Ach! Wie theuer sind diese Kronen erkauft! O Sigismund, nur Du bist der Abgott meiner Seele, du bist würdig meine Zärtlichkeit ganz zu besitzen! Eil, erobere den Thron, den du allein verdienst! Doch du hörst nicht meine Wünsche; du verachtest meine Seufzer, und begegnest nie mit zärtlichem Auge meinen schmachtenden Blicken. Aber welch ein Geräusch unterbricht meine einsamen Klagen?

 

Ich bin es göttliche Alidia, rief Prinz Friedrich, indem er sich ihr zu Füssen warf. Hier liegt der Unglückliche, der ohne dich nicht länger leben kann, der dich anbetet, und von dir die Entscheidung seines Schicksals hören will. Leben und Tod hängt izt auf deinen Lippen. Meine Verzweiflung führt mich hieher. O Alidia, Du bist mir entrissen! Eduard, der Mörder deines Bruders, der Zerstörer deines Vaterlands, den Feind meiner Hofnungen, der dich mir raubt, soll Dich als eine kostbare Beute besitzen? Da ich durch die gütigen Verheissungen deines Bruders schon die süsse Hofnung nährte, deine Hand zu erhalten, soll dieser ruhmsüchtige König mir den unschätzbaren Preis, dein Herz entreissen? Zuerst muß er mich tödten! – Ich komme hieher, dich durch meine zärtliche Liebe durch den theuren Schatten deines Bruders zu beschwören, folge mir schönste Alidia! Alles ist zu deiner Freyheit gerüstet, laß uns eilen! – Du zögerst? Du entweichest? Du bebst zurück bey meiner Bitte? Ich bin gehaßt, du liebst meinen Feind! – Aber er soll dich nicht besitzen!

Zurück kühner Prinz! Rief Alidia, fürchte meine Rache! Ich liebte Dich nie, und fühle, daß ich Dich nie lieben werde. Geh, dank es meiner Güte, daß ich deinen Frevel nicht bestrafe! Du bist hier im Pallast deines Feindes! – Friedrich umfaßte Alidien; ihr Geschrey ertönte, und Sigismund stürzte herzu. Mit blitzendem Schwerte begrüßte er den Entführer. Wohin du Räuber? Rief er, hieher zu mir! Ich vertheidige die Schwachen, die du dreist genug bist, zu beleidigen. Es kam zum blutigen Gefechte, indeß Alidia vor Schrecken in Ohnmacht sank. Friedrich ward entwafnet, und bat seinen Sieger um den Tod. Laß mich sterben, tapferer Krieger, wer du immer bist! Solltest du mein Nebenbuhler seyn, so räche dich, und tödte mich! Ich bete Alidien an; ich habe gerechte Ansprüche auf ihr Herz, auf ihre Hand; aber die Grausame opfert mich treulos ihrem Ehrgeize auf. Ich will mein Unglück nicht überleben!

Sigismund ward durch die Klagen dieses unglücklichen Prinzen zum Mitleid gerührt. Er tröstete ihn, und bat ihn zu seiner Sicherheit eilends den königlichen Pallast zu verlassen. Er legte durch viele Trostgründe heilenden Balsam auf seine Wunden, und beredete ihn liebreich, daß er endlich entwich. Indeß erholte sich die schmachtende Alidia, und sie dankte ihrem großmüthigen Befreyer mit Worten, die mehr Liebe als Dankbarkeit verriethen. Ach! Seufzte sie, wärest Du mein Entführer gewesen, ich würde weniger Widerwillen gezeigt haben; aber Sigismund hört nur das Jauchzen der wilden Krieger, und sieht nur die blutigen Lorbeern mit Entzücken. Art vergißt nicht ihre Art. Wie deinen Onkel reizt dich nur die Kriegstrompete. Du bist unempfindlich für die sanfte Liebe, und bleibst kalt für Herzen, die für dich brennen –

Reizende Alidia, rief mit Erstaunung Sigismund, Du legest mir Fehler bey, die mein Herz mißkennet. Ich ehre dein Geschlecht! aber nie hat mich der stolze Eigendünkel so bethöret, daß ich vergessen sollte, wer ich bin. Ich bin Sigismund, ein kleiner Auswürfling des Glückes; Sigismund, der keine Kronen anzubieten hat! Dieser Degen ist mein Reichthum; dieses Herz ist meine väterliche Erbe! Nackt stieß mich das stiefmütterliche Glück in die Fremde. Die Erde ist mein Vaterland geworden. Du aber göttliche Alidia bist zu Kronen gebohren, und gereifet. Ich wünsche dir Glück zu deinem schönsten Siege. Eroberer liegen in deinen reizenden Fässeln. Ich werde mich nie so vergessen, meinen Blick zu Dir zu erheben. Du bist der Schatz meines königlichen Onkels, der Dir Zepter zu Füssen legt, die Du verdienest!

Was hindert Dich Kronen zu erobern, edler Sigismund, unterbrach ihn sanftlächelnd Alidia. Ich kenne deine Tapferkeit, und dein durchlauchtiges Blut. Liebe mich, und ich öffne Dir die Bahn zum Throne! – Ich kenne nur rechte Gleise, nahm Sigismund das Wort, und diese führen mich zur Pflicht, zum Gehorsam, und zur Unterwürflichkeit. Der Himmel giebt Kronen! – Ich liebe die Tugend, und wünsche, daß sie stets die schönste Perle deiner Krone sey! – So sprach er mit Nachdruck, verneigte sich, und entwich.

Alidia stand lang versteinert. Sie sah sich verlassen, verschmäht. Ihr weiblicher Stolz war beleidiget, und sie beschloß sich blutig zu rächen. Ich will dich stürzen, hochmüthiger Jüngling, rief sie, ja du sollst kriechen kleiner Wurm, du sollst dich schmiegen Sklave! Du bist unwürdig einer Krone, unwürdig meines Herzens! Ich hasse dich und deinen Kronensüchtigen Onkel; aber ich will der alten Schlange schmäucheln um die junge Natter zu verderben! Süsse Rache kocht in meinem Busen! So donnerte sie, und eilte in den Pallast alle Triebfedern in Bewegung zu setzen, um ihre beleidigte Liebe zu rächen.

Die Gelegenheit ereignete sich bald. Theodor ein kriegerischer Prinz wollte den Tod seines Bruders Willhelm rächen, und sammelte in Eile ein mächtiges Heer. Er überraschte seine Feinde in einer Sicherheit, welche meistens die Frucht eines guten Erfolges ist. Eduard eilte seinem Feinde entgegen, und es kam zur Schlacht. Theodor hatte als ein Meister der Kriegeskunst seinem Heere eine so glückliche Stellung gegeben, welche alle gewaltsamen Versuche Eduards vereitelte. Die Vereinigung der Glieder war so unzertrennlich, daß alle Angriffe der tapfersten Geschwader vernichtet wurden. Reuter und Fußknechte fielen. Eduard war in äusserster Verlegenheit. Er sah seine schönste Mannschaft und den Kern seines Heeres zu Schanden gehauen, und das feindliche Heer stand siegreich und unerschüttert auf der blutigen Wahlstatt. Die Lage des Ortes, und der feste Bau des ganzen Körpers war seinen Feinden vortheilhaft. In diesen verzweifelten Umständen näherte sich ihm ehrerbietig Sigismund. Es ist noch ein Mittel, sprach er, die Schlacht zu gewinnen, lassen Eure Majestät eilends das schwere Geschütze gegen diesen unzertrennlichen Kloß des feindlichen Heeres richten, und von allen Seiten zugleich mit neuen Geschwadern die Feinde muthig bestürmen. Der König erkannte die Wahrheit. Sigismund flog, und in wenigen Minuten scheiterte die feindliche Maschine. Sie fielen zu tausenden. Alles wurde getrennt, getödtet und in die Flucht geschlagen. Alles pries die tiefe Einsicht des jungen Helden.

Dieser günstigen Gelegenheit bemeisterte sich die listige Alidia; der junge Adler, rief sie, überholet bereits den alten Löwen! War nicht so der weissagende Traum meines geliebten Eduards? In der That das Zigeunermädchen ist eine Prophetinn! Ich irre nicht, die Zeit reifet. Du staunest mein edler König? Ich eröfne dir mein ganzes Herz. Es ist meine Pflicht für die Sicherheit deiner Tage zu wachen. Sigismund strebt nach der Krone. Bemerke wohl sein Betragen; sieh, wie er den Kriegern schmäuchelt; wie er den Bürgern liebkoset; sich vor Knechten liebreich verneiget, alle Herzen gewinnet, und durch seine glänzenden Thaten alle Augen erschüttert! Alles spricht nur von ihm; von dir schweigt alles! Schläfst du mein Eduard? Ueberlässest du so ruhig deine Kronen, deine theuererkauften Lorbeern dem dreisten Jüngling?

Das Gift wirkte in dem Herzen des ehrgeizigen Königs. Er hatte schon oft einige Regungen der Eifersucht gefühlt. Der Ehrgeiz verträgt keinen Nebenbuhler. Sigismund ward gehaßt. Er fiel plötzlich in Ungnade, ward kalt am Hofe empfangen, des Vertrauens und aller Würden allmählich beraubt, und der Dank für seine rühmlich geleisteten Dienste war, daß er vergessen wurde. So untergrub ein rachsüchtiges Weib sein aufblühendes Glück.

Brief
Lusian an Piron

Wir sehen uns! Ja Herzensbruder, wir sehen uns bald! Ich verlasse den Hof, denn was soll ich hier machen mit meinen strengen Begriffen von Tugend, Ehre, Redlichkeit? Eduards neue Politik verträgt sich mit meinen alten Grundsätzen nicht. Wir sind keine Krieger mehr, die das Vaterland beschützen, wir sind Menschenmetzger geworden. Wir gehn alle Gemeinplätze der grausamen Eroberer. Wir rauben, morden, brennen, machen Wittwen und Waisen, verwüsten Städte und Länder, und sind am Ende so hungrig, als wenn wir keine Königreiche verschlungen hätten. L’appetit vient en mangeant! Meiner Seele! Der Franzos hat ein weises Sprichwort. Ich will dir unsere traurige Lage schildern.

Satyre

 
Wie viel Narren von Aufgang und Narren von Niedergang seh ich;
Wie soll ich Myriaden berechnen? Ich bleibe bey Hofe.
Nur ein Häufchen der glänzendsten Thoren will ich bemerken,
Thoren, die sich zum Vorbild der Kleinen mit Schweisse bereiten.
Kaum erscheinet der hüpfende Zögling im Schauplatz des Hofes;
So beginnt er das wichtigste Werk des rühmlichen Adels
Seine Tage mit thätigem Müßiggang prächtig zu tödten.
Dann lernt er die mystische Sprache dem Fürsten zu schmäucheln;
Seinen Bewunderern viel zu versprechen, und nichts zu erfüllen;
Seine Gedanken mit gleissendem Firniß politisch zu schmücken;
Nebenbuhler mit Lob zu erheben, und heimlich zu drücken;
Endlich wird er durch Uebung gebildet, und spielet den Meister.
Er spricht alles mit künstlichem Lächeln, er kürzet die Worte,
Sagt die Rede nur halb, bedient sich studirter Geberden;
Jede Grille des Hofes wird ein Geheimniß des Staates.
Er eilt bedeutend zum horchenden Ohre neugieriger Freunde,
Lallt zwey Silben, und stammelt, das Uebrige winkt er mit Blicken,
Fliegt geschäftig davon; macht Anspruch auf schimmernde Würden;
Jede Belohnung erwartet nur er, und er preist die Verdienste;
Er überholet die fähigsten Männer, und steigt durch Empfehlung.
Immer seufzt er, wie wenig der König die Treue belohnet,
Die er mit seinen preiswürdigsten Ahnen dem Staate geweiht hat.
Er stürzt hastig durch alle Gemächer des staunenden Hofes,
Unterscheidet mit komischen Grüssen die Stände der Menschen.
Ihr Moralisten, die Ihr bey Grossen die Tugend vermisset,
Höret, ich will Euch mit seltenen Wundern erschüttern, betäuben.
Wie viel Selbstverläugnung bedarf ein listiger Höfling!
Wie viel Geduld die Narren zu preisen, die er zwar erkennet,
Und im Herzen verachtet; wie viel gelassene Kälte,
Thörichte Lügen zu hören, und doch aus Absicht zu glauben;
Wie viel Langmuth, die kochende Galle durch Jahre zu zähmen,
Sich nicht an mächtigen Feinden zu rächen, sie liebreich zu küssen,
Bis die goldne Gelegenheit sichere Dolche bereitet.
Wie viel Beredsamkeit, immer zu reden, und doch nichts zu sagen!
Zeigt mir ein Beyspiel, wo lebt wohl der Weise, der Kühnheit besitzet,
Wie ein Schranze sich selbsten zu loben, und andre zu tadeln;
Ueber die Künste despotisch zu herrschen, und alles zu richten,
In zwey Worten den Werth der Dinge mit Kühnheit zu sagen?
Seht dort den Günstling des Königs, er lebt nur vom Hauch des Gebieters,
Wie ein Schooßhund geschmeidig verläugnet er seine Gesinnung,
Aeft den Charakter des Fürsten, und stralt wie ein Spiegel das Antlitz
Lächelnd zurück, er schmäuchelt, er kriechet, und lecket den Speichel.
Kaum hüpft der Frosch vom Throne des Königs, so bläht er sich selbsten,
Sieht als Beschützer auf Kleine herab, und dräut den Verwägnen,
Die sich bey seiner Erscheinung nicht bücken, die dreist ihn verachten,
Die das Ungefähr seiner erhabnen Geburt nicht empfinden,
Und den Günstling des Glückes mit stoischer Kälte beschauen.
Sind sie denn blind, wenn er in goldenen Kutschen daherfliegt,
Und die Buhlerinn mit der Ausbeute des Volkes bereichert?
Wie entschlossen enterbt er den schnellüberraschenden Winter!
Er verschlingt schon in blühender Jugend die Früchte des Alters,
Ueberläßt sich der Wollust, der Pracht, dem schwelgenden Taumel,
Und entschließt sich das Spielwerk der geizigen Aerzte zu werden.
Aber verlassen wir diese Vorsäle des Hofes, und eilen
In das goldne Schlafgemach seines beglückten Monarchen!
Du hast diesen Beherrscher O Himmel, mit Kronen belastet,
Und doch hör ich ihn seufzen; gewähr ihm den Letzten der Wünsche!
Nur ein Hafen des Nachbars macht ihm noch unruhige Nächte.
Schicksal, du hörest mein Flehn. Ich seh ihn am frohen Gestade!
Wie wird er jauchzend Dich segnen! Was hör ich? Er schmiedet Entwürfe,
Jene Republik zu tilgen, die seine Länder zertrennet.
Sättige Fürst auch dieses Verlangen, doch laß dich begnügen!
Wie, du hungerst noch immer? Wer füllt den politischen Magen!
Geh du Nimmersatt! Friß Nationen, verschlinge Provinzen,
Die Politik ist gleichsam erfunden, dich ewig zu quälen,
Wie ein gepeinigter Höllengeist bist du der Henker der Menschen!
Weise Gesetze vertilgen den Mörder, der einen erwürget,
Was verdienest denn Du, der du Millionen ermordest,
Eine Spanne von Erde zu mächtigen Ländern zu fügen,
Die du nicht übersiehst, auch niemals zu sehen verlangest?
O ihr Großen, ein Seufzer entfuhr mir bey euren Begierden!
Ihr seyd die Väter des Vaterlands, Ihr seyd Gebieter der Erde,
Ihr seyd von Völkern erwählet die Güter den Söhnen zu theilen;
Izt nehm ich den Tadel zurück, und preise die Räuber.
Es ist Mäßigkeit, daß Ihr so wenig von allem geniesset;
Ihr bewerbt Euch um goldene Schätze, sie wiederzugeben;
Ihr erobert Kronen auf Kronen, sie Erben zu lassen,
Und Ihr begnügt Euch mit Arbeit, mit Schweiß, mit Thränen und Flüchen!
So viel Größe des Herzens verdient gewiß Pyramiden!
O seyd dankbar ihr Völker, und baut den Eroberern Tempel!
Diesen gefürchteten König bescheinet die Sonne wie Bettler;
Seinen durchlauchtigen Magen ersättigen Aeser und Kräuter;
Eben der Wurm und das Schaaf, das Bürger bekleidet, bedeckt ihn;
Schlaf und Ruhe mißkennt er, und endlich stirbt er wie Sklaven,
Und läßt, was er den Weinenden raubte, den lachenden Erben.
Wie viel Güte! Freygebiger König, ich will dich vergöttern!
Lebet ihr Helden und Sieger von meiner Apotheosis!
 
17Dieses ist der wesentliche Inhalt einer sehr langen Schrift, welche in der deutscharabischen Staatssprache wie alle Kriegserklärungen zur Aufklärung des Publikums erschien. Die Freymüthigkeit ist wenigstens ihr Verdienst.