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Der Eroberer

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Scherzhaftes Heldengedicht

 
Göttinnen des Gedächtnisses, die Ihr unsterbliche Thaten
In dem goldenen Buche der rühmlichsten Helden verzeichnet,
Späht izt mit forschendem Ohre die weisen Orakel der Musen!
Niemalsgehörte Geschichten, verstandübersteigende Wunder
Werden auf der durchlauchtigsten Bühne des Krieges erscheinen.
Beliam nähert mit jauchzenden Schaaren der tapfersten Krieger.
Muse, beschreibe du selbsten wie dort bey Troja die Heere,
Mal mit Homerischem Schwunge die Führer der stolzen Geschwader!
Beliam dieser denkwürdige Feldherr war schreckbar bewaffnet.
Selbst Donquixote war nicht so tragischkomisch gerüstet.
Und wie der weiseste Pansa sich zu dem Esel herabließ;
So nahm Beliam auf den Rathschluß des heiligen Lehrers,
Einen arkadischen Enkel aus Demuth zu seinem Gefährten.
Nach ihm trabte zu Fusse der grosse Prophet halbbewaffnet.
Eine Hand führte das Kreuz, die andre die blutige Fahne.
Wunderbar wie ein Centaur betäubt er mit beiden Gestalten
Jedes Auge, das ihn so seltsam vermummet erblickte.
Ihm folgten zweyhundert der tollesten Ritter der Erde.
Mancherley waren die komischen Waffen, erfindsam die Kleidung.
Harlekins witzige Maske, die Wällschland erfand, und vergöttert,
Ist nicht so bunt, und so neu, wie jene der rüstigen Haufen,
Die für Jerusalems Mauern als Kämpfer das Rachschwerd ergriffen,
Ihnen folgte Rotando mit einer Riesenperücke,
Mehr zur Jagd als zur Hochzeit bestimmt, erhob sie die steilen
Lockengebüsche, und streute bey jeder Bewegung des Windes
Auf das frohlockende Heer die sonnenverfinsternden Wolken.
Er war im Schlafrock geharnischt, und schreckbar mit Pinseln bewaffnet.
Ihn trug ein bescheidener Gaul, der Haber verschmähte,
Dem bey philosophischer Mäßigkeit Stoppeln begnügten.
Diese strengere Lebensart schuf ihn zu einem Gerippe.
Er war mit Rosinante verwandt, und des Bucephalus Enkel.
Seine Familie führte das Schicksal durch Wunderepochen.
Hundert buklichte Helden, und hundert Ritter auf Krücken
Folgten als Reisige dem majestätischen Winke des Führers.
Dann kam Spilon ein Barde, gleich edel als Dichter und Fechter.
Er hat den heiligen Musen, und auch dem Kriegsgott geopfert,
Und er war zweyfach bewaffnet, bald Blut bald Tinte zu giessen.
Ihm folgt’ ein Troß von Gauklern, und nüchternheithassender Zecher.
Sie überjauchzten mit donnernden Kehlen die schwankenden Schaaren.
Und der heilige Martius, diese hellleuchtende Fackel
Des Jerusalemstützenden Heeres begann izt die Rede:
Tapfere Kämpfer und Helden des Glaubens uns winken die Lorbeern.
Entweder tilgen wir heut die mahometanischen Lügen,
Oder wir sterben als Märtyrer durch die Hände der Heyden;
Engel führen uns jauchzend in jene Gefilde des Himmels,
Und die Erde verewigt uns auf frommen Altären.
Leben und Tod verschönern wir heut, wir werden verewigt!
So rief dieses erhabne Kirchenlicht zu der Gemeinde.
Aber ein schwarzes Gewölke von Staube bezeugte die Ankunft
Feindlicher Schaaren, und Beliam reihte die muntern Geschwader.
Er gab den Flügeln die Stellung, und wählte sich selbsten die Mitte.
Er ritt lächelnd und muthig zur glänzenden Spitze des Heeres,
Und begrüßte die edlen Gefährten mit donnernden Worten:
Brüder, ein jeder von Euch ist rühmlich mit Narben bezeichnet!
Eure gebrochenen Knochen beweisen die edle Verachtung
Eines gleichgültiggewordenen Lebens; so reift man zum Helden!
Dort ist der blumichte Gleis, wo wir die Lorbeern erbeuten.
Unsere Feinde von Wollust entnervet mißkennen die Pfade.
Wie lang sollen noch eure Talente so fruchtlos verwelken!
Euer Vaterland giebt Euch nur Ketten; dort ärnden wir Kronen!
Laßt uns die schändliche Knechtschaft mit goldenen Zeptern verwechseln!
Hier drückt Euch Armuth und Schande, dort lächeln Euch Reichthum und Ehre!
Eure Krücken und Pflaster können Euch besser bezeugen,
Was ich vom schwärzesten Undank des Vaterlands flüchtig berühre.
Welcher Frevel! Mit solchen Genien Spitäler bevölkern!
Eure zermalmten Gebeine, und meine gewichtigen Gründe
Müssen Euch heut im blutigen Schlachtfeld beharrlicher machen.
Ihr seyd von der Mutter Natur zu Helden gebohren.
Hinkte nicht Tamerlan, nikte nicht Alexander der Grosse
Mit dem Haupte; begreift Ihr die weisesten Schlüsse der Vorsicht?
So sprach der ruhmbegierige Feldherr, und rauschender Beyfall
Krönte die siegende Rede. Die muthigen Herzen entbrannten,
Und die Heldentrompete gab schon das Zeichen zum Angriff.
 
 
Komm izt unsterbliche Muse, die Du zu schwarzen Gemälden
Augenerschütternde Farben vermischest, und Schrecken entlockest,
Zeichne mit blutigem Pinsel die schauererregende Kämpfe.
Brüllendes Schlachtgeschrey stieg zu den Wolken auf feindlicher Seite;
Isidor führte die Türkengeschwader mit rühmlichem Feuer.
Er begrüßte Beliams Schaaren mit lautem Gelächter;
Aber der Spott ward theuer gebüsset; sie stürzten wie Löwen
Unter die staunenden Feinde; sie warfen die Reihen zu Boden;
Und die buklichten Ritter erkletterten Menschengebirge.
Wie viel gedächtnißwürdige Thaten wurden begraben!
Beliam schleuderte kühn den fettesten Türken zur Erde,
Er fiel wie schmetternde Fichten, und konnte sich nicht mehr erheben.
Er lag wie Elephanten von eignem Gewichte belastet.
Martius selbsten balgte sich weidlich mit den Saracenen.
Sieg auf Sieg wurde gethürmet. Schon jauchzten die Christen;
Riefen den frohen Triumph: als aus der neidischen Hölle
Eine Furie stieg, und auf die kämpfenden Schaaren
Plötzlich einen gewaltigen Hagel von Schlossen herabwarf.
Die mit Beulen belasteten Krieger empfanden die Schläge,
Einige fielen, andre verliessen mit bangem Geheule
Das so siegreicherfochtene Schlachtfeld, und liessen die Lorbeern
Ihren Feinden zur Beute. Die Lahmen vergassen die Krücken.
Pflaster, Verbände, Waffen, und Kleider lagen zerstreuet.
Doch der seltene Zufall, der die grösten Epochen
Auf dem Schauplatz der Erde mit hastiger Eile bereitet,
Suchte den schwärmenden Eduard. Du zauderst die Helden zu stützen,
Welche die saracenischen Greuel mit Allmacht zerstören.
Nur ein feindliches Schicksal raubt ihnen erfochtene Palmen.
Folg mir! Er folgte, und sah die flüchtig gewordenen Schaaren.
Wo eilt Ihr hin? kleinmüthigen Memmen, erkennet den König!
Ich bin Eduard, dessen Thaten die Nachwelt bewundert.
Hört doch die Stimme der Ehre! Wir führen Euch wieder zum Siege.
So rief er, und riß die Krücke dem Ersten vom Arme.
Kehrte mit ihnen zum Schlachtfeld wie Samson bewaffnet zurücke.
Izt erfocht er unsterbliche Siege. Die Türken erstaunten,
Baten um Gnade; sie nannten sich selbst allerchristlichste Sklaven.
Aber vergebens, ein rasender Ajax, ein zweyter Orlando
Focht hier verzweifelt; das menschliche Mitleid verwarf er, und fällte
Freund und Feind, bis er entkräftet das blutige Schlachtfeld
Keuchend küßte. Da lag er mit ewigen Lorbeern gekrönet.
 

Scene im Schlachtfeld

Eduard. Beliam, Isidor, Spilon, Rotando, Martius, Krieger von beiden Heeren

(Es regnet. Der König erholet sich. Beliam erhebt sich von der Erde. Rotando gukt aus seiner grossen Perücke. Martius winselt, und verbindet sich den Kopf mit dem Schnupftuch. Andere Narren machen verschiedene Grimassen.)

Edu. Wo bin ich? Welcher kühlende Balsam erquicket mich! Ha! O du Thau des Himmels, du belebst mich wieder! – Wie, auf dem Schlachtfelde! Welche Leichen sind rings um mich! – Welch ein banges Gewinsel erschüttert meine Ohren! – O Menschlichkeit, du weinest! – Welche neue blutigen Opfer hab ich meinem Ehrgeize geschlachtet! – Fort häßlicher Anblick! – Ich enteile meiner Schande! – Hier stinkt Menschenblut! – Brüderblut.

(Er eilt fort, und gleitet über Beliam.)

Bel. Guten Morgen Meister! Wir armen Mordgesellen haben deine eiserne Ruthe gefühlt. Du hast uns wie Stiere geschlachtet, und der Himmel wässert uns izt zu Stockfischen. Sieh, wie es regnet!

Mart. O weh! Ich bin ein Märtyrer! Ich habe Löcher im Kopf; aber ich dulde alles mit Gelassenheit für den Glauben! – O weh!

Rotand. Ich muß das Schlachtfeld abzeichnen! Welche malerische Gruppe! – Das wird ein Meisterstück!

Isid. Mein Spaß bekömmt mir übel. Alle Ribben sind mir zermalmet –

(Spilon hebt sich mit tragischen Tone.)

 
Sing unsterbliche Muse die ewigen Thaten der Helden,
Welche mit Lorbeern geschmücket das blutige Schlachtfeld bedecken.
 

Edu. (indem er starr das Schlachtfeld anstaunet.) Seht! Sie stehen auf! Sie rufen zum Himmel wider mich! – Rache! Rache! – Wie das Blut unter meinen zitternden Füssen strömet! – Horcht! – Das ist die Posaune! – Der Weltrichter eilet daher! – Die Todten stehen auf! – Zum Gerichte!

(Er eilt fort.)

Bel. Wunderbare Wirkung des Ehrgeizes! Ihn macht er zum Narren, und mich heilt er von einer eingewurzelten angebohrnen Narrheit. Die kleine heilsame Aderlässe, die heldenmäßige Bewegung hat mein Blut verdünnet, und mein Gehirn aufgeheitert. Izt bin ich ein gesunder Kerl. Lebwohl Statthalterschaft, ich liebe den Frieden, und esse mein Stückchen Brod gern in Ruhe. Ihr meine unsterblichen Schlachtgenossen, kehret in des Himmels Namen in euer Tollhaus zurück, wo der dankbare Staat eure Verdienste reichlich belohnen wird, Lebt wohl!

Scene

Ein Hofplatz. Beliam, Viele Leute, Isidor

(Beliam hat eine grosse Feldtrommel, eilt mit Lärmen über den Hauptplatz der Burg. Das Volk sammelt sich in einen Kreis; er zieht ernsthaft eine Schrift aus dem Busen, und liest.)

 

Bel. Kund und zu wissen sey hiemit jedem, der es wissen soll, und Ohren hat, daß Seine Majestät unser allergnädigster Monarch Eduard der Grosse seinen Verstand verloren hat, wer solchen gefunden hat, wird gebeten, ihn in die Burg zu bringen. Der Finder soll königlich belohnt werden!

(Das Volk murmelt; viele lachen. Beliam schlägt seine Trommel und geht weiter.)

Isid. Narr, suchst du einen Schooßhund?

Bel. Da müßte ich Dich suchen! – Ich suche den Verstand des Königs –

Isid. Er hat ihn verloren –

Bel. Er war der Einzige am ganzen Hofe, der noch einen Verstand verlieren konnte, denn die Uebrigen hatten keinen zu verlieren, oder haben ihn schon lang verloren. – Glückliches Volk, das du einen so weisen König hast, der seinen Verstand verlieren konnte! – An wenig Höfen wird getrommelt. Ich bin der Erste vielleicht auch der Letzte, der königlichen Verstand sucht!

(Er eilt fort, ihm folgt lachend das Volk.)

Ende der vierten Kaprizze

Der Tod Eduards.22
Fünfte Kaprizze

Scene

(Ein abgelegener Theil des königlichen Pallastes. Im Grunde die Pforte zur Grabstätte des königlichen Hauses.)

Einige Höflinge, der Leibarzt, Hofdiener, und Damen stehen im Haufen und sprechen mit einander. Einige kommen von einer Seitentreppe herab; andere entfernen sich wieder. Hernach schleicht tiefsinnig Eduard daher, er ist seltsam mit bunten Federn geschmückt

Der Arzt. Ich habe wenig Hofnung zu seiner Genesung! – Seht da kömmt dieses zertrümmerte Meisterstück der Natur! O ich möchte weinen!

Edu. Wo bin ich denn? – Was für Menschengesichter! – (Er beschaut die Höflinge) Es ist meine Gallerie! – Lauter Gemälde! – Worte ohne Empfindung! – Wenn ich König wäre, ich wollte Mohren bleichen! – Wir alten Leute, Madame, gelten nichts! – Andere Kunstwerke schäzt man, wenn sie alt sind; aber alte Exkönige – Mehr Dunger auf die Genien! – Schüttet die Gießkanne reicher aus! – Seht, wie sie blühen! – Die Gesetze der Weisheit leben auf! (Er faßt einen Höfling) Lebst du auch noch, morsche Schießscheibe? Den königlichen Spaß hättet ihr sehen sollen! Ich malte dieses Männchen wie ein Kartenmaler auf diese runde Tafel; alle Narren schossen auf ihn! Hahaha! Armer Günstling eines Königs! Der Neid – Die Schminke ist verboten! Weg ihr Höflinge! Wascht eure Gesichter! – Ist denn heut Maskenball? Ja ja! Hier ist meine Larve! – Wie mich das Unglück in den April schickte! Nicht wahr, ihr alten Krieger, wir haben Meermuscheln eingesammelt? – Eine prächtige königliche Sammlung! Kaligula war der erste Naturalist! – Mein Kopf ist überlastet! – (Er reisst die bunte Federkrone vom Haupt, und beschaut sie) Aleid trug eine Löwenhaut, wißt ihr warum? – Weil er mit Löwen kämpfte! – Wir tragen wie die Mohren Vogelfedern, weil wir Papageyen und Gümpel rupften! – Hahaha! Fort! (Er schleudert sie weg) Ich habe lange genug diese alberne Krone getragen! – Aber mein Pferd hat mich und die Krone getragen, folglich ist mein Leibpferd nach allen Rechten mein Thronfolger! – Ihr werdet dabey gewinnen; es ist ein gutes Roß, wenn es Haber hat, bricht und macht es nichts! – Mein Leibkutscher sey Staatsminister! – O der Kerl versteht sich auf die Räder! – Wie sind wir in der Zeit? – Ich verliere alle Stunden! – Meine Freunde, Dämmerung ist rings um mich! Mir geht keine Sonne auf! – Lebt wohl, bis ihr mich wider sehet! Wann glaubt Ihr wohl, daß Ihr mich wiederseht? – Versteht mich wohl! – Mich! – Mich selbst! – Denn izt bin nicht ich – Ach! Meine Brüder, ich war! – O als ich war, da lächelten schöne Tage! – (Er senkt das Haupt und denkt nach) Ich möchte izt weinen – Was sagen die Leute von mir? – Reden sie noch vom Zaunkönige? (Er faßt eine Hand) Ich will dir wahrsagen! – Horch! Alle Haare sollen sich emporsträuben! Du mußt sterben! – Ja sterben! Denn du bist ein Mensch! Wie die Eulen krächzen! – Gute Nacht meine Söhne! – Wir haben manche Stunde verwacht! – Streut Roßmarin unter die blutigen Lorbeern! (Er schleicht zur Grabstätte.)

Der Arzt. Eure Majestät, die Luft ist hier schädlich! Hier sind Grabmäler!

Edu. O so flieh! Flieh so weit dich die Füsse tragen, denn aus den Särgen würde über dich ein lautes Gelächter schallen! – (Er reißt die Thüren auf, und wirft Todtenköpfe heraus, dann thürmet er Pyramiden aus den Schedeln.) Alexander! – Herkules! – Cäsar! – Kartusch! – Attila! – Ludwig! – Karl! – Hahaha! Das war ein närrischer Kerl! – Herr Bruder, du warst ein Schwindelkopf wie ich! – Wenn du gesund bist, freut es mich; ich zwar bin wohl auf, und glücklich wie ein König! – Wo sind meine Tonkünstler! Macht Musik! Etwas zum Wirbeltanze! – Ich will mit Helden tanzen! – Das ist der Kopf des goldenen Kalbes, die Vergoldung ist weggerieben, und da liegt die leere Hirnschaale! Schade, daß kein Gehirn in diesem Schedel war, – Er war ein großer Mann, er hat viele Dinge ausführen wollen, die er nicht verstand. Er hat die Stühle im Rathhaus ganz anders gereihet! (Er nimmt einen andern Schedel) Ein elender Kopf! – Die Arbeit eines Schneiders! Zu schlecht für einen Steinhauer! (Er wirft ihn weg, und ergreift einen andern) Hahaha! Dem Bauch ist hart predigen! (Indem er einen andern faßt) Wie er daherschreitet wie ein Riese! Gebirge zittern unter seinen Fersen, er bildet Nationen um! – Und fault! Schnupft Toback! Er stinckt! Gute Nacht Großsprecher, der Echo war dein Bruder! Viel Köpfe, viel Sinne! – Ich habe die Lebendigen getödtet, izt bin ich König der Todten! – Dich ernenne ich zu meinem Hofmarschall! – Du brauner Schedel sollst mein Feldherr seyn, dich hat die Sonne verbrannt, du wirst das Feuer des Geschützes erträglich finden. – Du bist mein erster Kämmerling, so leer ist dein Schedel, wie ein Kämmerling natürlich seyn muß. – Ihr zwölf morschen Schedel seyd meine geheimen Räthe! Widersprüche habe ich nicht zu befürchten, ihr liebt das Geheimniß, und sagt es nicht einmal euren Metzen! O die wakern Räthe! Kein König ist besser bedient als ich! – Der Schedel ist unbestechlich, er nimmt kein Geschenk mehr; er sey Richter! – Das Wetter trübt sich? Seht, wie die Winde ihre Pausbacken aufschwellen! Sie werden die Erde verschlingen. Fürchtet Euch nicht, es sind fade Politiker, die bey einem unsinnigen Zeitungsblatt träumen! – Wie sanft alle ruhen! Keiner regt sich mehr! – O hier will ich auch rasten! – (Er legt sich auf die Stuffen der Treppe) Kühle Erde, wiege einen deiner müden Söhne ein! – Geht alle! Lasset mich allein! – Ich will schlafen! Ein angenehmer Traum soll mich betäuben! – Löscht das Licht aus! – Gute Nacht! – (Er entschläft.)

(Der Arzt legt den Finger auf den Mund, und spricht leise)

Der Schlaf ist ein Balsam, wir wollen von ferne lauschen.

Drama

(Ein großer Saal bey Hofe. Viele Höflinge stehen im Haufen beysammen, und sind im eifrigen Gespräche. Salinia und Amanda ihre Zoffe treten ein. Salinia in einem weissen Nachtkleide mit aufgelösten Haaren. Einen Arm hat sie entblößt, und hängen noch von einer Aderlässe die Binden daran. Sie eilt hastig in den Saal, staunt plötzlich, schleicht furchtsam zu allen Schaaren der Höflinge, blickt ihnen unter die Augen, schüttelt mißvergnügt den Kopf, um dadurch anzudeuten, daß sie nicht findet, was sie sucht. Die Zoffe folgt ihr traurig, will sie wieder zurückführen, und die Verbände in Ordnung bringen. Die Höflinge sind durch den Auftritt gerührt. Ein alter Hofmann grüßt sie.)

Hofm. Aber mein liebes Fräulein, sie bluten ja.

Salin. Bluten? – O ja, izt erinnere ich mich (indem sie ihm zum Ohre schreyt) Sie haben mich tödten wollen! – Aber ich bin den Mördern glücklich entkommen! – Amanda, hast du meinen Eduard nicht gefunden? – Die Schwalbe hat das Nest verlassen –

Hofmann zur Zoffe. Führen Sie das gute Fräulein zurük!

Amand. Sie ist den Wundärzten entlaufen. Man wollte ihr die Ader öffnen, denn ihr Verstand – Ach! Das Schicksal des Königs hat ihr zärtliches Herz angegriffen – Sehen Sie! Sie sucht ihn überall! – O ich muß weinen –

Hofm. Das arme Täubchen girrt –

Salin. Die Gesichter sind mir verdächtig! – Freund oder Feind? Er ist nirgends! – Eduard nirgends! – O Amanda, die Schlange hat ihn vergiftet! Und ich reichte ihm den Becher – O mein Kopf! – Wie es hier pocht! – (Sie lehnt ihr Gesicht auf den Busen ihrer Zoffe und weint.)

Am. Englisches Fräulein, weinen Sie nicht! Kommen Sie mit mir! Ich führe Sie zu Eduard! – Geben Sie mir den Arm!

Salin. (lächelnd) Zu Eduard? – Du lügst immer! – Sie haben ihn getödtet! – Gemordet wie seinen Vater! – Gute Nacht Eduard! (Sie sinkt allmählig zur Erde.)

Hofm. Das entgangene Blut hat sie geschwächt; man muß sie zu Bette bringen!

Sal. Lasset mich schlafen! – Werft Erde auf mich! – Da werden Ringelblumen und Maaßlieben auf meinem Hügel wachsen! – Sanft, sanft will ich ruhen! – Gute Nacht armer Eduard! – Ich lade dich zu meiner Hochzeit – Ich bin eine Braut – –

(Sie wird fortgetragen.)

Oratorium

Ein öffentlicher Platz der Hauptstadt. Auf einigen Stuffen erhöht thürmet sich in der Mitte ein prächtiger Tempel. Aus allen Gassen eilet das Volk. Die Hallen sind mit Bethern erfüllt. Die Mütter mit den Säuglingen, die Väter mit den Söhnen drängen sich zu.

Chor der Bether
 
Da liegen wir auf den bethränten Stuffen,
O Gott! Hör deine Kinder rufen!
Dein Zorn schlug unser Haupt.
Die Heerde weint um ihren theuren Hirten;
Die Hände, die uns liebreich führten,
Sind uns durch Dich geraubt!
 
Ein Greis. Recitativ
 
Wir ächzen am verwaisten Throne;
Die Wittwe seufzt, der Waise schreyt,
Sie suchen Hülfe bey der Krone.
Sieh, wie uns überall das Elend dräut!
Bald werden Wölfe sich in unsre Hütten schleichen;
Denn unser Jammer lädt sie ein.
Bald wird das Schwert des Feindes uns erreichen,
Und dieß bedrängte Volk wird seine Beute seyn.
 
Ein Jüngling. Recitativ
 
Was kann izt unsre Quaalen lindern?
Verzweiflung herrscht bey Greisen und bey Kindern.
Der Jüngling ist mit Schmerzen ganz vertraut;
Ihm tönen nicht die süssen Hochzeitlieder;
Er schlägt die müden Augen nieder,
Und lächelt nicht der Braut.
 
Arie
 
Ich sehe täglich Trauerscenen;
Wenn mich die holde Sonne grüßt,
Entsinken meinem Auge Thränen,
Und Thränen, wenn der Abend schließt.
 
Der Greis. Recitativ
 
Doch horcht! Wer unterbricht das fromme Stehnen?
Wer stöhrt das heilige Gebet?
Der Vater kömmt, um den sich alle sehnen,
Um dessen Heil das Volk zum Tempel geht.
 

(Eduard wird auf einer offenen Sänfte getragen; weinende Schaaren folgen in stiller Betäubung dem schlummernden König.)

 
Chor des Volkes
 
O Gott! Laß uns die Bitte wagen,
Schenk unserm Vater deine Huld;
Laß uns für ihn die Strafe tragen,
Und leg auf uns allein die Schuld!
 

(Der Donner rollt; die Blitze leuchten; die Erde bebt. Der Tempel zittert; die Völker stürzen anbetend zur Erde. Eine feyerliche Stille herrscht. Eduard erwacht aus einem tiefen Schlummer, blickt auf, weint und segnet sein Volk.)

Eduard. Recitativ
 
Wo bin ich! – Welch ein Licht beleuchtet mich!
Ich irre nicht, dies sind des Tages erste Keime!
Von meinem Auge fliehn die schwarzen Träume.
O theures Volk, mein Mund begrüsset dich!
Der grosse Gott, der die Tyrannen höhnet,
Scheint izt durch meine Reu versöhnet.
In Thränen floß mein Leben hin;
In Schmerzen hat mein Alter zugenommen!
O Grab, izt bin ich doch zu Dir gekommen,
Ich fühle daß ich reif zum Tode bin!
 
Arie
 
Warum bist du so traurig meine Seele;
Warum betrübst du dich mein Geist?
Izt, da ich mich zu den Versöhnten zähle,
Und da mein Mund den Schöpfer preist.
Nicht mehr dräut uns der Gottheit Donnerrache;
Nicht mehr verschlinget uns ihr Zorn;
Sie lächelt sanft und gütig auf uns Schwache,
Und stürzet nur ein stolzes Horn.
Warum bist du u. s. w.
 
Chor des Volkes
 
Preist den Allmächtigen, jauchzet ihr Brüder!
Er schenkt den zärtlichsten Vater uns wieder.
 
Eduard. Recitativ
 
Dank theure Söhne! Dank für eure Liebe!
Gott segne dieses Volk! – Mein Herz zerbricht —
Die Seele bebt – Mein Auge wird izt trübe –
Mir winkt ein schreckliches Gericht –
 
Arie
 
Ich fühle schon die letzte Todeswunde;
Es eilt, es fliegt die schwarze Trennungsstunde
Mit raschen Fittigen herbey,
Und macht den Geist von Banden frey.
 
Recitativ
 
O lebet wohl ihr frommen Söhne,
Zum Erben laß ich Euch – Den Würdigsten! –
Komm Sigismund, verwische deine Thräne,
Ich kenne Dich, dein Herz ist groß und schön! –
Verwandle nie die edle Sitte;
Herrsch über dieses Volk mit Sanftmuth und mit Güte;
Doch wenn Du hoch und stark auf meinem Throne bist,
Vergiß nicht, daß ein Gott der Fürsten Richter ist! –
Ich segne noch zum letztenmal Euch Kinder! –
Lebt wohl, lebt ewig wohl! – Die Kräfte werden minder —
Mein mattes Licht verlischt –
 

(Zu Sigismund.)

 
Es ist der Todesschweis, den deine Hand verwischt.
Leb wohl! – Mein Geist kämpft schon, und unterlieget —
O Gott, die Schreckenwage wankt! –
Du legst dein Mitleid zu, und deine Gnade sieget! –
Dir sey Allmächtiger gedankt! –
Wer dräut mir dort? – Seht Millionen Seelen! –
Ihr Myriaden klagt, um mich zu quälen –
Vergebt, weil Gott vergiebt!
Als Vater mir verzeiht – mich ruft – und – liebt —
 

(Er stirbt.)

(Ein ängstlicher Schmerz betäubt das Volk. Nur ein banges Winseln unterbricht das schauervolle Schweigen.)

22Die Zeitgenossen sind ungewiß über den Tod Eduards. Sein Dichter nützt also diesen günstigen Umstand zu einer musikalischen Variation, und bedient sich dieser Freyheit mit desto grösserm Rechte, da die Natur selbst ihre theuren Kinder auf verschiedenen Gleisen vom Leben zurückruft, und die Aerzte als getreue Nachahmer dieser zärtlichen Mutter noch immer ungewiß sind ob sie ihre Kranken bey Gelegenheit der zehntausend lateinischen, griechischen, engländischen, französischen und unendlichen Gattungen der Krankheiten mit Kräutern oder Säften aus der Welt versenden sollen. Wie sehr die Dichter alles verschönern müssen, das zeigen uns die empfindsamen Alten. Wir nehmen zum Beyspiele nur die Geschichte des Herkules her. Wollte eine gemeine Feder seinen Tod erzählen; so würde man lesen: eine Buhlerin beschenkte den Helden mit einer galanten Krankheit; er vernachläßigte die ersten Anfälle, ward von einem griechischen Scharlatan übel geheilt, und starb. So würde ein kaltblütiger unschmackhafter Geschichtschreiber die wichtigste Epoche von der Vergötterung des grösten Helden des Alterthums erzählen. Aber wie sinnreich wendet der Dichter die ganze Begebenheit! Eine Furie steigt aus der Hölle, wirft ein vergiftetes Nesseltuch auf die Erde in dem Schlafgemach der eifersüchtigen Geliebten; dieß Geschenk wird dem Helden gesandt; ein Feuer durchglüht ihn; er wirft sich auf einen Scheiterhaufen, und wird in den Olymp aufgenommen. Welche Verschönerung!