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Der Eroberer

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Scene

Ein Saal. Alidia, Simena ihre Vertraute

Alid. Verfinstere mein Schlafgemach! Es soll kein Stral der Sonne die Dämmerung durchbrechen. Schließ sorgfältig die Thüren, und schwöre mir, daß du mich heimlich begraben lässest. Ich will dich bereichern, schwöre mir.

Simena. Ich schwöre! – Aber theure Gebieterinn —

Alid. Keine Vorstellungen! – Es ist geschehen. Ich sterbe freywillig. Ich will nicht meinen Feind auf dem Thron erblicken. Eduard ist todt. Sigismund ist sein Thronerbe. Er ärndet die Früchte meiner Rache. Der Gedanke verbittert mir den Tod. Es werde niemand vorgelassen! Man soll nicht die Verwüstung meiner Gesichtszüge bey Annäherung des Todes sehen. Ausserordentliche Wesen müssen groß auf der Welt erscheinen, und plötzlich von der Erde verschwinden. Alles däucht den Augen der Menschen klein, was gebohren wird, und stirbt. Ich will meinen Feinden wenigstens die Freude des Hohngelächters entreissen. Leb wohl! Gedenke deines Eides! – Ich schliesse mich in mein Schlafgemach!

Alte Epopee
Ein Gesang

 
Eduards trauriger Schatten durcheilte die schwarzen Gestade.
Und die feurigen Fluten des schäumenden Acherons brüllten
An dem Fuße des felsichten Ufers, und schreckten den Pilgrim
Zehnmal zurücke. Bald dräuten ihm gräßliche Höllengespenster,
Und bald begrub ihn der glüende Dampf in Schwefelgewölke.
Wie wenn der Wandrer bey nächtlicher Stille die Wälder durchirret,
Er beym mindsten Geräusche verweilet, und zitternd erwartet,
Ob ein menschenblutwitternder Löwe die Klauen bereitet,
Ihn zu zerreissen, oder ob ein stillschleichender Räuber
Seine beschleunigten Schritte belauschet, um Beute zu haschen.
Eben so bebend und horchend durcheilte der König die Hölle,
Endlich erreicht er den heiligen Styx, er sieht Myriaden
Harrende Seelen den schwanckenden Nachen des Charons erwarten.
Wie die weißwolligten Lämmer, wenn sie die Weide verlassen,
Und der ländlichen Hütte sich nähern, einander verdrängen,
Sich bald in schwankende Haufen versammeln, bald wieder zertrennen,
Und mit Ungeduld ihren lang zaudernden Hirten erwarten;
Eben so häuften sich hier zehntausendfach stehende Reihen.
 
 
Millionen erkannten und grüßten mit Ehrfurcht den Helden.
Seht ihr, so riefen sie staunend, da kömmt der Beherrscher der Erde!
Vor ihm bebten die Könige, vor ihm erblaßten die Krieger;
Er hat Länder zertreten, und mächtige Städte zermalmet.
Endlich hat ihn die würgende Sense des Todes gemähet.
So die Geister. Der grauende Schiffer belastet den Nachen,
Und beherbergt auf faulenden Brettern den Weltenbeherrscher.
Selbst die stygischen Wogen trugen mit Ehrfurcht den Wandrer.
Banges Gewinsel von nahen Gestaden betäubte die Ohren.
Eduard sah auf brennenden Inseln das schwarze Gefängniß
Der vom Schicksal verworfenen Geister. Hier wohnten die Laster.
Charon entschlich mit flüchtigem Ruder dem Schauplatz der Rache.
Endlich begrüßten sie sanftere Fluren, und Minos der Richter
Gab hier die hohen Befehle. Hier zitterten selbst die Gerechten.
Könige bebten bey seinem allesentscheidenden Urtheil.
Er wog Eduards Thaten mit Vorsicht, und fand sie gewichtig,
Deine Tugenden rief er, haben die Laster besieget.
Eil in die glücklichen Wohnungen, wo dich die Helden umarmen.
Eduard dankte den Göttern, und suchte die goldene Pforte.
Ewiggrünende Fluren zeigten sich plötzlich dem Auge;
Wohlgeruchduftende Blumen schmückten die grünen Gefilde;
und harmonische Sänger der Lüfte durchkreuzten die Haine.
Izt sah er die seligsten Schaaren der tapfersten Helden.
Lächelnd und gastfreundlich begrüßten sie alle den Fremdling,
Sahen in ihm den edlen Gefährten der künftigen Tage,
Wie die wolkenansteigende Fichte das kleine Gebüsch überholet,
So stieg Eduards fürstliche Stirne weit über die Seelen.
 
 
Alexanders erhabener Schatten umfaßt ihn der Erste.
Sey mir willkommen! So rief er entzückt, du Liebling der Ehre!
Du hast mit wärmesten Eifer die Lorbeern des Sieges erfochten.
Sieh mich gekrönt! Die Güte der Götter belohnt hier die Thaten,
Welche durchlauchtige Geister zu Lichtern der Menschen erheben.
Kleinere Herzen mißkennen die feurigen Triebe des Ruhmes.
Andere Fürsten drängten sich zu den Neuling zu küssen,
Und der weise Lykurg belehrte den staunenden König.
Mir sind Elisiums alte Bewohner seit Jahren vertrauter;
Ich will Dir die glänzendsten Thaten von ihnen erzählen.
Ich will dir sagen, was sie beglücket, erhöhet, vergöttert.
Hier ist Kodrus die unüberwindliche Säule des Staates!
Er hat sein edelstes Blut dem Vaterland würdig geopfert,
Und das grazienliebende Griechenland hat ihn verewigt.
Dort kömmt der gütige Titus, sein antlitzverschönerndes Lächeln
Trägt die heiligen Spuren von seinem wohlthätigen Herzen.
Er hielt die Stunde verloren, in der er nicht Menschen beglückte.
Sieh dort den weisen Aurel; die reichthumverschmähende Seele
Blikt aus den göttlichen Augen. Er liebte nur Tugend und Weisheit.
Dort trabt der Riesenbekämpfer Alcid mit siegender Keule.
Seine herkulischen Thaten verzeichnet die Nachwelt den Enkeln.
Niemand schlummert sich groß, nur Arbeit und Sorge verherrlicht;
Glänzende Lorbeern sind Preise des Sieges, des rühmlichsten Schweisses.
Dort ruht Belisar in dem Haine von Palmen, er siegte
Ueber die Ränke der Neider; die ihn mit Geifer vertilgten.
Sieh die ehrwürdigbeschneyten Häupter der thätigsten Fürsten,
Unter den Kränzen fächelt der Zephir die silbernen Locken.
Dieser verließ noch in blühenden Jahren die mächtigsten Throne,
Wie viel grösser ist er als jener, der Kronen erobert!
Dieser hat Menschen aus Thieren gebildet, durch gute Gesetze
Gleichsam die unwirthliche Sandbank mit Bürgern bevölkert.
Jener schmückte sein Reich durch länderbeglückenden Frieden;
Er schloß in süssester Ruhe sein neidmißkennendes Leben.
Niemals betrat er aus Ehrgeiz das menschenvertilgende Schlachtfeld.
Dieser unsterbliche Kronenverfechter verdient auch ein Denkmaal.
Er ist einer der ehreverfolgenden Kämpfer der Vorwelt,
Welche die Staaten wie rühmliche Säulen durch Tapferkeit stützen,
Und nicht wie jene ruhmsüchtigen Erdenerschütterer wüten.
Dieser schönlockichte Jüngling fiel für das Vaterland edel.
Diesen Greisen erhebt die gütigerlassene Rache.
Er hat die darbenden Staaten gerettet, und Undank geärndet.
Sein Blut hat die goldene Krone des Oelzweigs gebrandmarkt.
Diese Könige siegten mit edeldenkenden Bürgern.
Ihre Herzen entbrannten beym Rufe der Vaterlandsliebe;
Aber sie ist verächtlich geworden. Izt fechten nur Sklaven,
Oder nur feile Söldlinge, die der Ehrgeiz befeuert.
Mächtige Staaten haben wie Menschen auch Jugend und Alter.
Glückliche Tage beschleunigen oft den eilenden Winter.
So sprach der honigträchtige Mund des weisesten Redners,
Und Erstaunung bemächtigte sich des gierigen Hörers;
Eduard lebte mit ihm in ununterbrochener Freundschaft.
 

Scene

Platz der Stadt. Lusian, das ganze königliche Leichengefolge, und eine unendliche Menge Volks, hernach Beliam

(Lusian sprenget mit verhängtem Zügel daher, stürzt hastig von seinem Pferde, und eilt zur Leiche Eduards.)

Lus. Ich muß meinen König sehen – Haltet! – Ich muß meinen Eduard mit Thränen waschen! – (Er küßt die Leiche und weint) Du bist todt! – Auf der Reise fiel mir der Stiefel in die Augen, den ich als ein Denkmaal deiner Grösse bewahre – Diesen Stiefel, sagt ich zu mir selbst, hat er von meinen Füssen als König gezogen, und du Lusian verlässest ihn? – Ich zog zurück von Liebe und Dankbarkeit beflügelt – Ich komme zu spät! – Ich finde Dich nicht mehr! – Da liegst Du in einem schmalen Häuschen! – Welch ein durchlauchtiges Gehirn veredelte Dich! Was für ein grosses Herz schlug in deinem Busen! – O meine Freunde, weinet, weinet mit mir um unsern Freund, um unsern Vater! – Unser Eduard ist todt! – Erinnert Euch aller seiner Thaten! Wie viel Güte, wie viel Großmuth, wie viel Standhaftigkeit! Wo ist ein Geist von seinem Umfang, von diesem erhabnen Schwunge? wo ähnliche Kräften, seine Riesenarbeiten auszuführen? – Wie hat er uns geliebt! O! unsterblich hättest du seyn sollen mein Eduard! Verflucht sey die Hand, die dich getödtet hat! Weiber! O Weiber! – Gute Nacht mein lieber König! Schlummre sanft, ruh aus von deinen Heldenarbeiten! Die Nachwelt soll bey deinem Gedächtnisse staunen, und weinen! – Das ist mein Abschiedskuß, eine Leichenrede von warmen Herzen! – Sezt nur den Stiefel auf sein Grabmaal, und alle aufgedunsenen Könige sollen erröthen; die stolzen Riesen sollen zusammenschrumpfen, wenn man ihnen den Namen Eduard entgegen ruft. – Meine Thränen hemmen die Worte – Gute Nacht lieber Eduard?

(Das Volk weinet; eine traurige Stille herrscht überall. Beliam schleicht traurig daher, zieht sein Kleid aus, und hängt es an die Pforte des Grabmaals.)

Bel. Das Lustspiel ist aus; laßt den Aufzug herab! – Morgen werden wir die Ehre haben aufzuführen die Krönung Sigismund, ein Originallustspiel in fünf Aufzügen; wir bitten um einen zahlreichen Zuspruch.

(Das Volk lacht und zerstreut sich.)

Bel. So sind die Menschen, bald weinen, bald lachen sie! – Ich als ein Narr thue, was ich kann. Ein treuer Diener überlebt seinen Herrn nicht. (Er pocht an die Trödlerbude.) He Mann! Bring mir einen Domino! Da ist Geld! Geschwind! Das soll mein Leichengewand seyn! (Er zieht den Domino an.) Felices illi, qui moriuntur in Domino, pflegte mein Vater zu sagen, der ein Narr war, wie ich. Izt gute Nacht! Ich will meinen Arzt besuchen, bringt er mich nicht um; so sollen die Weiber, die mit Riesen selbsten nur spielen, mich kleinen Zwergen übermeistern, und der langsamen Natur die Arbeit meiner Zerstöhrung erleichtern. – Eduard gute Nacht! – Du warst ein guter Kerl, ich habe dich sehr lieb gehabt, also gute Nacht! – Beliam fühlt sich, und stirbt bald; zum letztenmal allerseits gute Nacht!

 

(Er geht traurig ab.)

Metamorphose 23

 
Stehet mir bey unsterbliche Götter bey meinem Gesange!
Ich will eure Verwandlungen singen; womit ihr die Menschen
Bald bestrafet, bald belohnet, und eure Gerechtigkeit zeiget.
Salinia genoß noch der Wollust der süssesten Rache.
Ich bin gerächet, so rief sie, am schwärzesten Frevler gerächet!
Mag er doch sterbend die Buhlerinn krönen! Die Siege verschwinden
Wie ein Traumgesicht. Doch wer nähert? Was bringt mir Amanda?
Göttliches Blatt, du zeugest von Liebe, wie war ich geblendet!
Eduard liebt mich, und stirbt durch meine voreilige Rache.
Sie schlug den Busen, und eilte mit fliegenden Haaren zur Pforte.
Sie stürzt zur Leiche des Königs, und nezt sie mit zärtlichen Thränen.
O mein Eduard, ewiggeliebter, eröffne die Lippe!
Ich hab aus Liebe gefehlt, aus Eifersucht thöricht gehandelt;
Theurer vergieb; ich eile dein Blut durch Meines zu rächen!
So sprach sie wütend, und faßte den Dolch mit hastigen Händen;
Amor entwaffnete sie, und gab ihr die schmäuchelnde Hofnung.
Wie einst den Orpheus will ich zur Pforte der Hölle dich leiten
Deine bezaubernden Thränen sollen die Geister besiegen.
So sprach Amor, und führte die Schöne zum schwarzen Gestade.
Cerberus brüllte, die Schatten erstaunten beym Anblick der Fremden.
Pluto vergaß sein trotziges Wesen, und forschte die Ursach.
König der Schatten, aus dessen Gebiete nie Sterbliche kehren,
Vor dir kniet die Unglücklichste, die dein Mitleid erflehet.
Gieb mir den theuren Geliebten zurück, wo nicht so vertilge
Meine Gebeine, damit ich den seligen Schatten begrüsse.
Ich bin die Mörderinn Eduards! Ach unseliger Irrthum!
Tausendmal tödtet mich schon der Schreckengedanke des Lasters.
Laß durch die heissesten Thränen dich rühren, und hör mein Begehren!
Und der Höllenfürst gab ihr zu Antwort; Ich will dich belohnen!
Deine Reue vertilgt das Verbrechen; du sollst ihn besitzen.
Doch solang Ihr beym finstern Gestade der Hölle verweilet,
Soll ein heiliges Schweigen Euch beiden die Lippen verschliessen!
Eine neugierige Sylbe wird eure Gelübde zerbrechen;
Eduard wird dir wieder entrissen! Geh, fürchte die Götter!
So rief der Schattenbeherrscher, und gab ihr den Eduard wieder.
Sie umarmte mit Innbrunst den wiederbelebten Geliebten;
Und sie eilte von Liebe berauscht zur schrecklichen Pforte.
Aber grinsende Haufen der Furien standen im Wege,
Schreckten sie zehnmal vom Gleise zurücke; sie dräuten vergebens,
Denn die Liebenden eilten entschlossen durch tausend Gefahren.
Grosse Geschwader der Geister erregten ein lautes Gelächter,
Und die Neugier begrüßte die Wandrer mit spöttischen Worten.
Welch ein Phantom entführst du der Hölle betrogene Schöne?
Eine Larve betrügt dich! Die Stimme beweiset das Leben.
Kann den ungütigen Pluto die weibliche Thräne bewegen?
Siehst du denn nicht den schlauen Betrug aus seinen Befehlen?
Ihr sollt schweigen, damit nicht ein Wörtchen den Irrthum zerstöhret.
Zweifel und Angst bemächtigten sich der zitternden Wandrer,
Da sie die listige Rede der prüfenden Neugier verschlangen.
Sprich nur ein Sylbchen, so sprach Salinia zu dem Geliebten,
Nur ein Athem ist Trost für mein Herz, und Labsal dem Busen.
Laß die Thräne, die selbsten die höllische Gottheit besiegte,
Dich mein Eduard rühren, und flüstre mir labende Worte!
Eduard ließ sich erweichen, er sprach, und fiel in die Arme
Seiner getäuschten Salinia. Sie sah ihn plötzlich erstarren,
Und sie sank leblos zur Erde. Da lagen die schönen Ruinen.
Amor vom Mitleid durchdrungen begrüßte den Vater der Götter,
Und Zeus wandelt den Helden in einen berühmten Kometen.
Noch in seiner veränderten Miene bedräut er die Menschen,
Und weissaget der Erde Verderben, und blutige Kriege.
Alle Geschöpfe bewundern sein Antlitz; so lebt er verewigt.
Aber Salinia wandelte Zeus in Rosengebüsche.
Und noch tragen sie deutliche Spuren von ihrem Charakter;
Sie verwunden mit Dörnern, sie laben mit süssen Gerüchen,
Und sie bleiben das ewige Sinnbild der zärtlichen Liebe.
 

Leichenode

 
Euphrosine wein, streue die goldenen
Locken hin auf das Grab dieses Eroberers!
Jede Tugend posaunt seinen unsterblichen
Ruhm den spätesten Enkeln zu.
 
 
Zepterwürdiger Fürst, Lorbeern verewigen
Deine Tapferkeit nicht; Musengesänge sind
Die Herolde der Zeit; sie nur verherrlichen
Und entreissen dem Tode Dich.
 
 
Schön war dein Aufgang O Stern! Minder dein Niedergang!
Deinen Frühling erhöhn Thaten der Menschlichkeit.
Zärtliche Thränen, und Dank glücklicher Sterblichen
Preisen dein gütiges Vaterherz.
 
 
Wenn das blutige Feld Mörder bevölkerten,
Häufiges Bruderblut floß, und der vertilgende
Donner die Schedel zerschlug; gossest Du Thränen hin,
Und warst Mensch und Bruder noch.
 
 
Wollte die Schönheit durch Reiz dein Herz abwürdigen;
Schloß dein Auge sich zu. Grösser als Scipio,
Weiser als jener Ulyß höhnst du die Weichlichkeit,
Und bekrönest die Tugenden.
 
 
Du hast rühmlich als Hirt Heerden vertheidiget;
Schüchtern entschleichet der Wolf; Friede nur heiliget
Deine Hütte, dein Feld; Ueberfluß giessest du
Auf die frohe Lämmerschaar.
 
 
Du hast die Musen geliebt; herrliche Tempel sind
Ihnen zur Ehre gethürmt; Griffel und Meissel und
Göttlicher Dichtergeist hebt deinen unsterblichen
Namen für die Nachtwelt auf.
 
 
Halt ein o Meucheldolch! Ach! mit diamantenen
Ketten fesselt der Tod ihn in dem Schattenreich;
Weine verlassene Burg, Städtebeherrscherinn,
Um den Vater des Vaterlands;
 
 
O Du verherrlichter Geist höre die Weinenden;
Sieh mit Redlichkeit die Herzen Dir huldigen;
Kehre zur Erde zurück; unüberwindlicher
Feldherr, schütze dein Königreich!
 
 
Welch ein plötzliches Licht, Himmel! bestralet mich!
Eduards Schatten umschwebt glänzend die Königsstadt.
Sein weissagender Mund segnet sein theures Volk;
Hört den frommen Orakelspruch!
 
 
Wünscht ihr die goldene Zeit, wünscht ihr den himmlischen
Frieden; so krönt die Stirn Sigismunds; ewige
Palmen schmücken sein Haupt; würdige Tugenden
Machen ihn siegreich, und kronenwerth.
 
 
So rief der Schatten, und floß zu den Belohnungen
Würdiger Könige, wo die Unsterblichkeit
Helden und Sieger belohnt, und die getrösteten
Völker bauen sein Ehrenmaal.
 

Grabschrift

 
Hier ruht ein Held, der goldne Kronen trug;
Der stolz im Mittelpunkt der Nationen thronte;
Dem Sieger, den die Welt nicht mehr begnügen konnte,
Ist izt ein kleiner Sarg genug.
 
Ende der Phantasie

Epilog

vom Geist des Roscius gesprochen24
 
Der Dichter dankt den Gönnern für die Huld,
Für ihre Nachsicht und Geduld,
Und wünscht nicht ganz den Endzweck zu verfehlen.
Könnt er sich selbst den schönsten Preis erwählen;
So würde dieser Lohn der frohe Beyfall seyn.
In diesem Wunsch schließt jeder Wunsch sich ein.
Ein Dichter wandelt stäts in seiner Lieblingssphäre,
Er sucht Unsterblichkeit und Ehre.
Doch oft, sehr oft betrügt ihn nur ein süsser Wahn,
Denn auch die Bücher sind dem Glücke preisgegeben.
Selbst Meisterstücken raubt der Neid oft Ruhm und Leben,
Und lacht aus Eigensinn die Mißgeburten an.
Oft ist die Nachwelt erst gerechter.
Ein Werk, auf dem schon dreist die Motte kriecht,
Rächt erst die Zeit, und bringt es an das Licht.
Ihm zeugen weisere Geschlechter
Beschützer, Gönner, und Verfechter.
Genug, mein Mährchen ist nun ganz erzählt.
Sagt laut, was Euch davon behaget, und mißfällt;
Erinnert Euch auf das, was Euch belehren könnte;
Sprecht frey, wo mein Gesang Euch unharmonisch tönte.
Behauptet dieser Stoff sey übel ausgewählt;
Zeigt euren ganzen Haß; laßt eure Galle glüen!
Zergliedert meinen Bau zu kleinen Rapsodien;
Denn Lob und Tadel steht in eurer freyen Wahl;
Doch wünscht zur Phantasie nur kein – Original!
 
Ende

Privilegium

Wir durch die Gnade der Götter erwählter Fürst der Musen und Vorsteher aller Gelehrten, machen hiemit allen Kunstgenossen, Versammlungen, und Zünften kund, daß uns unser lieber Getreuer demüthig gebeten hat, sein neugebornes Kind in unsern mächtigen Schutz zu nehmen, und gegen alle Verstümmlungen durch einen Freybrief zu sichern: wenn Wir aber erwägen, wie sehr die leidige Seuche der Verschneidungen um sich frißt, und wie einem zärtlichen Vater das Herz bluten muß, wenn er wie eine Niobe seine Kinder unter den Händen grausamer Dramenhenker erwürgen sieht; auch zugleich die treugeleisteten Dienste dieses patriotischen Dichters besonders durch ein Merkmaal unserer Hochachtung belohnen wollen; so verbieten Wir in Kraft unserer erhabenen Würde allen Kindermördern, Lokalisirern, Verstümmlern, Scharfrichtern, Flickschneidern, Vampiren, Nachahmern, Verkürzerern und Vergrösserern, ihre profanen Klauen an dieses Werk zu legen, bey Strafe unserer ewigen Ungnade, und eines fürchterlichen Bannes. Sollten aber, welches die keuschen Musen verhüten mögen! auch weibliche Grazien so unedel ihre schönen Hände mit häßlicher Tinte entweihen; so verurtheilen wir sie zu einer jährlichen Leibesstrafe von tausend Küssen, deren eine Hälfte dem beleidigten Dichter, die andere aber unserer poetischen Schatzkammer heimfällt. Gegeben in unserer Residenz Parnaß.

Apoll.
23Ich habe bereits erinnert, daß die Meinungen über die Todesart Eduards verschieden sind. Die Meisten sagen Alidia habe ihm durch Salinien Gift beygebracht; einige schreiben die That der Eifersucht Saliniens selbsten zu. Der Dichter benutzt jeden Umstand.
24Da vermuthlich kein Schauspieler in Deutschland lebte, der einen Vers erträglich deklamirte, so nahm der Dichter Zuflucht zum unsterblichen Roscius.