Die Macht der Pharaonen

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Daß dem nicht so war beweist die Tatsache, daß nördlich von Badari bisher kein einziger Hinweis auf die zeitgleiche Verarbeitung von Kupfer gefunden wurde. Es wird daher vermutet, daß das Kupfer durch die arabische Wüste und das Rote Meer nach Ober- und Mittelägypten gelangt ist.


Abb. 10: Von Flinders Petrie angelegte Skizze eines von ihm gefundenen Grabes aus der Badari-Kultur.

Wie stark das ägyptische Engagement im Sinai war, bezeugt der 1868 entdeckte „krumme“ Tempel von Serabit el-Chadim, etwa auf halber Höhe der Westküste und rund 10 Kilometer nördlich von Wadi Mughara in der Nähe der Sinaihauptstadt El Tur (Abb. 13).

Hier wurde vor allem die Göttin Hathor verehrt und das ganz offensichtlich nicht nur von Ägyptern.


Abb. 11: Keramik der Badari-Kultur

Zeichnung von W.M. Flinders Petrie

Hathor ist die Schutzherrin der Türkise und ganz in der Nähe liegen Türkisminen, aus denen die Pharaonen einen Großteil der begehrten Schmucksteine von Sklaven aus dem Sandstein schlagen ließen.

Ungewöhnlich an diesem Tempel ist nicht, daß er nach heutiger Kenntnis der am weitesten vom ägyptischen Kernland entfernteste ist, auch nicht sein abgewinkelter Grundriß, dessen ältester Teil aus der 12. Dynastie stammt, sondern daß die Forscher neben den ägyptischen Hieroglyphen Texte mit unbekannten Schriftzeichen finden, die jedem Übersetzungsversuch widerstehen.

Auch Flinders Petrie scheitert bei seinen Grabungen im Jahr 1904 und 1905 an den geheimnisvollen Zeichen. Erst seinem Landsmann Sir Alan Gardiner gelingt 1916 die Entzifferung.

Gardiner findet heraus, daß die Schriftzeichen ganz offensichtlich aus der ägyptischen Hieroglyphenschrift übernommen worden sind, aber, anders als die Hieroglyphen, reine Alphabetzeichen darstellen. Eine stets wiederkehrende Zeichenfolge soll der Schlüssel werden: beth, oajin, lamed und taw, die hebräischen Buchstaben B, A, L und T2. Der Text ist in einer semitischen Sprache abgefaßt, denn baoalet ist das semitische Wort für „Herrin“; gemeint ist Hathor (Abb. 14). Nach dem Fundort benennt Alan Gardiner die „neue“ alte Schrift als protosinaitisch.

Ägypten war durch und durch landwirtschaftlich geprägt und die Landwirtschaft war der eigentliche Reichtum des Landes. Unbeschadet aller großartigen Leistungen in Kunst, Architektur und Wissenschaft waren die Ägypter ein Volk von Bauern.

Zur Zeit der Römer galt Ägypten als die Kornkammer des Römischen Reiches und Getreide gehörte neben Leinen zu den wichtigsten Produkten der Landwirtschaft. Unter Kaiser Augustus hatte Ägypten ein Drittel des römischen Getreidebedarfs zu decken, rund 135 000 Tonnen pro Jahr.

Gemüse wie Lauch (j#qt), Knoblauch (HTn) und Zwiebeln (HDwt) wurde in Gärten gezüchtet, ebenso Bohnen (jwryt), Erbsen (tHw#t), Linsen (orSnt) und Kichererbsen (Hrw-bjk). Salat wurde angebaut und gedieh genauso prächtig wie Gurken (bndt.wt) und Melonen (dngw); Obstbäume brachten reiche Ernten und im Delta wuchs der Papyrus.

Hauptnahrungsmittel waren Brot und Bier, zu beider Herstellung bedarf es des Getreides, dazu gab es meist Fisch, Gemüse und Früchte, vor allem Datteln, Sykomorenfeigen und Granatäpfel. Auch Weintrauben wurden gerne verspeist, doch war die Lese in erster Linie dem Keltern von Wein vorbehalten.

Wer in der Nähe der Sümpfe lebte, aß die Blüten der Lilie sowie die Stängel der Lotosblumen und des Papyrus.

Fleisch wurde zwar geschätzt, doch war es eine Frage des Geldbeutels, wer täglich Fleisch essen konnte; die Masse der Bevölkerung konnte es nicht. Zubereitet wurde Rind, Schwein, Schaf und Ziege und ergänzte den Speiseplan um das in der Wüste erjagte Wild, wie zum Beispiel die Hyäne.

Auch Geflügel wurde gerne auf dem Tisch gesehen, wobei selbst der Kranich nicht vor Kochtopf oder Spieß verschont blieb.

Als Nachtisch wurden auf der Grundlage von Honig oder den Beeren des Johannisbrotbaums zubereitete Süßigkeiten genossen.

Kuhmilch gehörte nicht zu den beliebten Getränken, die ägyptischen Kühe waren Fleisch- und keine Milchrinder. Getrunken wurde hingegen gelegentlich die Milch von Schafen und Ziegen, die Milch von Pferde- und Eselstuten sowohl für medizinische Zwecke als auch als Badezusatz genutzt.

Seit vordynastischer Zeit wurde Käse (Hs#) in faustgroßen Klumpen hergestellt und leinenumhüllt in ölgefüllten Tongefäßen gelagert (Abb. 15), wie sie in einem Grab aus der 2. Dynastie in Saqqara erhalten geblieben sind3.

Für das Militär von Bedeutung waren haltbar gemachte Nahrungsmittel, die auch die heißen Tagestemperatur unbeschadet überstehen und damit bei Expeditionen mitgeführt werden konnten. Das Pökeln, das Einsalzen in Gefäßen, iuf dere (jwf dr), war neben dem Trocknen die wichtigste Konservierungsmethode. So bestand die Marschverpflegung vor allem aus Getreidekörnern, Zwiebeln, Honig, getrockneten Hülsenfrüchten sowie gepökeltem und getrocknetem Fisch und Fleisch.

Getrunken wurden Wasser, meu (mw), Bier, chenket (Hngt) und Wein, Irep ((irp), wobei letzterer den Offizieren vorbehalten war.

Das Bier zeichnete sich nicht durch sonderliche Haltbarkeit aus und mußte daher in den Lagern stetig aufs Neue aus angebackenem Malzbrot (psn), getrockneten Datteln und Wasser gebraut werden.

Nach neueren Forschungen scheint es beim Bierbrauen (otX ds) eine weitere Variante gegeben zu haben, welche entweder die ursprüngliche Form des Ansetzens von Brot (psn) ablöste oder parallel Verwendung fand:

Kurz angekeimte Gerste (b#n jt) oder Emmer (bdt) wurde in einer kleinen Portion zermahlen und mit Wasser angesetzt. Eine zweite Getreideportion wurde, angekeimt oder nicht, in einem großen Bottich (otXy) warmgehalten. Wenn die Enzymbildung einsetzte, wurde die erste Portion, der Kaltansatz, in die zweite eingerührt. Bei anhaltender Erwärmung wandelten die aus den Keimen freigewordenen Enzyme die Getreidestärke in Zucker um; in die Flüssigkeit eingebrachte Hefe (t#Ht) verwandelte einen Teil des Zuckers in Alkohol. Das Bier war fertig, wurde gesiebt und in Tonkrüge (styw) abgefüllt, die mit einem Lehmkloß verschlossen wurden.

Auch der Wein war nicht besonders haltbar; konnte er nur noch als Essig, chemetsch (HmD), verwendet werden, tranken auch die Offiziere Wasser und Bier.

Was sich heute präsentiert, ist nur noch ein trauriger Rest dessen, was in der Antike eine Überproduktion land- und gartenwirtschaftlicher Erzeugnisse bescherte. Viel zu voreilig und meist aus durchschaubarem Grund wird als Ursache für diese Abmagerung der Klimawandel vorgeschoben, welcher mit dem Rückgang der letzten Eiszeit begann. Doch haben Bodensondierungen gezeigt, daß sich das ägyptische Klima in den letzten 4000 Jahren nicht maßgeblich verändert hat.

Die Verödung des Fruchtlandes ging mit dem Zerfall der staatlichen Macht einher, die bereits im 5. Jahrhundert so desolat war, daß die Gewalt von den Pagarchen, den Großgrundbesitzern, willkürlich ausgeübt werden konnte4; Teile der Bevölkerung versinken aus der Freiheit in unterschiedliche Grade der Hörigkeit.

Die südlichen Grenzvölker, allen voran die Nubier und Blemmyer, ein antiker Nomadenstamm am westlichen Nilufer unterhalb Meroe5, nutzen die Situation zu wiederkehrenden Plünderungszügen. Das von Byzanz gelenkte Reichsmilitär hat dem nichts entgegenzusetzen und steht außerdem den buccellarii, illegal angeworbenen, bewaffneten Gefolgsleuten der Großgrundbesitzer, gegenüber, was zu einem bedrückenden Problem der Bevölkerung führt6.

Es kommt zu einer Verelendung der Landarbeiter und Kleinbauern, welche sich teilweise zu marodierenden Banden zusammenschließen oder in die Städte abwandern. Das anschließende Zusammenspiel von Mißachtung der Wasserrechte, mangelnder Kenntnis der Landwirtschaft sowie einer übermäßiger Ziegenhaltung leitet den Niedergang ein.

Die Ziegen weiden die Flora bis auf den Grund ab, was den nicht bearbeiteten Boden seines Haltes beraubt und ihn schutzlos der Sonne und dem Wind aussetzt. Der Mutterboden trocknet erst aus und wird dann verweht, was eine stärkere Verdunstung der Bodenfeuchtigkeit und damit eine Versteppung nach sich zieht, die im letzten Stadium der Wüste keinen Widerstand mehr entgegenzusetzen hat. Seen und Kanäle versanden und fallen mit den großen Sumpfgebieten trocken.

So reich das alte Ägypten mit Nahrung gesegnet war, so arm war es an Bodenschätzen. In el-Kab und im Wadi Natrun wurde Natronsalz, netscheri (nTrj), abgebaut, welches für die Mumifizierung unerläßlich und außerhalb Ägyptens völlig wertlos war.

Das in Ägypten vorkommende Salz unterscheidet sich durch bestimmte Beimengungen deutlich von unserem Speisesalz und ist für den menschlichen Genuß ungeeignet. Dieses Natronsalz hat nichts mit unserem Kochsalz, dem Natriumchlorid, zu tun, obwohl Spuren davon im natürlich vorkommenden Natron Ägyptens enthalten sind. In reiner Form besteht Natronsalz aus Natriumkarbonat, auch als Soda bekannt, sowie Natriumhydrogenkarbonat und im ägyptischen ist neben dem Kochsalz auch noch ein geringer Anteil von Natriumsulfat vorhanden.

Ägyptisches Natronsalz sorgte vor der Balsamierung für die Austrocknung der Körper und war somit der für die Mumifizierung ausschlaggebende Bestandteil in diesem für die Ägypter so wichtigen Prozeß der Jenseitsausrichtung7.

 

Es gab Gold, nub (nbw)8, nach ägyptischer Meinung jedoch viel zu wenig, und ansonsten so gut wie keine Metalle, außerdem noch Gips, kedsch (QD), und Kalk, jener chedsch (jnr HD) sowie unendliche Mengen des so vielseitig verwendbaren Nilschlamms (q#H).

Auch der Weihrauch, senetscher (snTr), mußte importiert werden. Es mag gut möglich sein, daß der Weihrauchstrauch, der Lieferant des begehrten Harzes, noch zu Beginn des Alten Reiches im Süden Oberägyptens wuchs, doch wurde er durch Klimaveränderung und vor allem Raubbau in Ägypten völlig ausgerottet.

Diese Situation weckt Begehrlichkeiten, sowohl innerhalb als auch außerhalb Ägyptens, und führte im Neuen Reich schließlich zur Einverleibung des kupferreichen Sinais, in dem sich außerdem noch Malachit und Türkis finden ließ.

Gold und Silber, hedsch (HD), mußte seit dem Alten Reich von Expeditionen beschafft werden, die mehr Ähnlichkeit mit geordneten Raubzügen als mit Handelsexpedition hatten, denn das heimische Gold reichte nicht aus und Silber mußte von den Syrern gekauft werden.

Die ägyptische „Einkaufsliste“ war lang. Der für die Tempelbauten begehrte Rosen- und Graugranit wurde aus Nubien herbeigeschafft; Feuerstein (k#f), Kristallquarz (Mnw HD) und Obsidian (mnw km) wurden benötigt und ebenso das vielseitig verwendete Bleiglanz (Htm) sowie der für schmuckvolle Dekorationen unentbehrliche Lapislazuli (XsbD).

Das Holz der heimischen Bäume, gleich ob das der Akazie oder der Palme, war für Bauzwecke kaum brauchbar, beiden mangelte es an der nötigen Festigkeit. So mußte auch „Fremdlandholz“ (Xt X#s.wt) eingeführt werden, daß den Ansprüchen von Tempel- und Schiffsbauern genügte.


Abb. 12: Kupfergegenstände aus der Periode Naqada II.

Zeichnung: W.M. Flinders Petrie

Wie sehr Ägypten unter der Holzarmut litt, läßt sich an der Selbstverständlichkeit erkennen, altes Holz nach Möglichkeit wieder zu verwenden. Bezeichnend ist, daß sogar die Könige auch stets zu betonen pflegten, wenn sie für ihre Bauten ungebrauchtes Holz verwendet hatten. So ist zum Beispiel in einer Urkunde aus der 18. Dynastie über die Geschenke und Bauten Pharao Ahmoses an Gott Amun die Verbauung von neuem Zedernholz (Xt n oS) ausdrücklich und in einer Nennung mit Gold und Silber erwähnt9:

… Es befahl nun Seine Majestät, seinem Vater Amun-Ra Denkmäler zu machen, bestehend aus großen Kränzen (m#H) von Gold, Ketten (mS#S#wt) von echtem Lapislazuli, Amuletten von Gold, einem großen Wasserkrug (Hst) von Gold, Wassergefäße (nmÜt) und Wasserkrüge aus Silber, ein Libationskrug (QbHw) aus Gold, einen Opfertisch (dbHt-Htp) aus Gold und Silber, Halskragen (mint) aus Gold und Silber, mit Reihen aus Lapislazuli und Malachit; ein t#b-n-k# Gefäß aus Gold, sein Untersatz aus Silber; ein t#b-n-k# aus Silber, gerändert (inH) mit Gold, sein Untersatz aus Silber, Tnj -Gefäße aus Silber, Wassergefäße aus rotem Granit (m#t), gefüllt mit Ölen (mDt); große wSm aus Silber, gerändert mit Gold, ihr [unleserlich] aus Silber; eine Harfe aus Ebenholz mit Gold und Silber; Sphingen aus Silber; eine Üpt aus Gold. Es befahl meine Majestät herzustellen das große Schiff, das auf dem Strom fährt, WÜr-H#t-imn ist sein Name, aus neuem Zedernholz von dem Besten der Treppe10, um seine schöne Fahrt des Jahresanfangs zu machen. [unleserlich] ich stellte Säulen aus Zedernholz auf, das Dach und den Estrich desgleichen …

Andererseits war der Reichtum Ägyptens eine ständige Verlockung für die Beduinen der Wüsten und die nomadisierenden Asiaten, welche in dem Reich am Nil eine Art Schlaraffenland sahen. In den sogenannten Lehren, einer besonderen Form der ägyptischen Literatur, ist das Verhältnis der Ägypter zu diesen fremden Völkern oft und ausführlich dargelegt. So sind in der Lehre für König Merikare, die wahrscheinlich von seinem Vater Cheti III. verfaßt wurde, die wenig herzlichen Zeilen zu lesen11:

Gesagt wird dies vom Nomaden:

Der elende Asiat, er ist übel daran wegen des Ortes, an dem er ist; unangenehm durch das Wasser, versteckt durch viele Bäume, und seine Wege sind übel wegen der Berge. Nicht kann er an einem Ort wohnen, wegziehend aus Not und zu Fuß die Fremdländer durchstreifend. Er kämpft seit der Zeit des Re; er siegt nicht, kann aber auch nicht besiegt werden. Er meldet nicht den Tag für den Kampf an wie ein Dieb, den der Arm der Gemeinschaft ausgestoßen hat.

Solange ich aber lebte und solange ich da war, da waren die Nomaden innerhalb der Grenzmauer, da seine Festungen offen standen. Ich isolierte sie und ließ das Delta sie schlagen. Ich führte ihre Angehörigen fort, erbeutete ihren gesamten Lebensunterhalt und tötete die Leute unter ihnen, zur Schande der Asiaten gegenüber Ägypten.

Kümmere dich nicht um ihn, denn der Asiat ist ein Krokodil auf seinem Uferdamm:

Er packt wohl auf einsamen Weg, doch ergreift er nicht in der Nähe einer volkreichen Stadt.

Eine bis in die Anfänge der Geschichte zurückreichende und immer wieder aufflammende Feindschaft verband die Ägypter mit den Libyern, was sie aber nicht hinderte, seit den Zeiten des Alten Reiches, genauer seit der 6. Dynastie, libysche Söldner in ihrem Heer dienen zu lassen. Als Libyer wurden die Bewohner des schmalen Küstenstreifens westlich des Deltas sowie der Oasen der libyschen Wüste „rechts vom Nil“ bezeichnet.

In der frühen Ramessidenzeit schlossen sich verschiedene libysche Stämme zusammen, um unter der Führung ihres Fürsten Meri ins Westdelta vorzustoßen, wo sie neues Siedlungsland zu gewinnen dachten. Allerdings hatten sie in ungesunder Selbstüberschätzung vergessen, Pharao Merenptah um die entsprechende Erlaubnis zu fragen und der war mit dem Vorhaben überhaupt nicht einverstanden. Um 1209 v. Chr. wurden die Libyer südlich des heutigen Alexandria vernichtend geschlagen.

Vor dem Zusammenschluß der Stämme war Merje (Mrj) Fürst des Stammes der libu (Lbw) gewesen und mit der Koalition übertrug sich der Name seines Stammes auf die anderen Stämme und hat sich bis heute im Namen des Staates Libyen erhalten.

Aus den Kriegen mit den Libyern ist uns eine seltsam anmutende Praktik mehrfach bezeugt. So wurden noch unter Ramses III. (Abb. 17) von den beschnittenen ägyptischen Soldaten den unbeschnittenen Libyern der Penis abgetrennt und als Beweis für die Zahl der Getöteten vorgelegt.


Abb. 13: Wie stark das ägyptische Engagement im Sinai war, bezeugt der 1868 entdeckte „krumme“ Tempel von Serabit el-Chadim.

Der Gebrauch des Kupfers (Hmtj) verbreitete sich erst zu Beginn der sogenannten Thinitenzeit, der Zeit der ersten und zweiten Dynastie, in welcher das oberägyptische Thinis (Vnj) die Hauptstadt Ägyptens gewesen sein soll. Noch bis zum Neuen Reich wurden Waffen aus Kupfer hergestellt, obwohl seit mehr als einem Jahrtausend im ägäischen und asiatischen Raum längst die härtere und widerstandsfähigere Bronze benutzt wurde. Seit dem Mittleren Reich war die Bronze (Hsmn) in Ägypten bekannt und so läßt sich der zeitliche Versatz nur mit der Erzarmut des Landes erklären. Das „heimische“ Kupfer aus den Minen des Sinai reichte bei weitem nicht aus, den Bedarf zu befriedigen und so wurde zusätzlich Kupfer eingeführt, meist aus Zypern.

Zur Herstellung von Bronze mußte das Kupfer im ungefähren Verhältnis zwischen 6 : 4 und 9 : 1 mit Zinn (DH#) legiert werden, welches weder in Ägypten noch im Sinai vorkommt und ebenfalls importiert werden mußte.

Woher das Zinn stammte, ist ungeklärt, es gibt aber ernsthafte Hinweise, daß es nicht nur in zypriotischen und mittelasiatischen, sondern auch in spanischen oder englischen Minen gefördert und von Phöniziern nach Ägypten gebracht wurde.


Abb. 14: Eine stets wiederkehrende Zeichenfolge wird der Schlüssel zur protosinaitischen Schrift: beth, oajin, lamed und taw, die hebräischen Buchstaben B, A, L und T.

Legierten die Ägypter nicht selbst, kauften sie Bronzebarren von asiatischen Völkern. Sicher ist, daß unterschiedliche Legierungen mit Zugaben wie beispielsweise Arsen zur Härtung bekannt waren, welche im Neuen Reich das Kupfer zunehmend ersetzten.

Die sogenannte Schwarzbronze zählt allerdings nicht zu den Legierungen, bei ihr handelt es sich um „normale“ Bronze, deren Oberfläche nach der Fertigstellung des Objekts mit einer Verbindung verschiedener Metalle oder durch Silbersulfid, eine Silber-Schwefel-Verbindung, schwarz patiniert wurde.

Eine Legierung hingegen ist das „schwarzes Kupfer“ (Hmtj-km), welches durch das Legieren von Kupfer mit Gold und Silber entsteht und eine schwarzviolette bis dunkelblaue Patina erzeugt.


Abb. 15: In Leinen gewickelte Käseklumpen in ursprünglich mit Öl gefüllten Tongefäßen, wie sie in einem Grab aus der 2. Dynastie in Saqqara erhalten geblieben sind.

Eisen war in Ägypten nicht unbekannt und lange ist überlegt worden, warum die Ägypter das Eisen nicht waffentechnisch nutzten.

In vorgeschichtlichen Gräbern wurden eiserne Schmuckperlen und in einzelnen Gräbern des Alten Reiches kleine Eisenbarren gefunden; das Werkzeug für die rituelle Mundöffnung der mumifizierten Toten, netjeri (nTrj), war ebenfalls aus Eisen hergestellt.

Der älteste eiserne Gebrauchsgegenstand ist eine Lanzenspitze, mehr als 30 cm lang und sich auf 8 cm verbreiternd, welche in einem Grab in Buhen als Beigabe neben dem Toten gefunden wurde und nachweislich aus der 12. Dynastie stammt. Allerdings kann mit Sicherheit angenommen werden, daß es sich um ein Einzelstück handelt, welches auf Grund des Materials den Rang einer „gebrauchsfähigen Prunkwaffe“ gehabt haben dürfte.

Der ägyptische Name des Erzes lautet bjaa-ne-pet (bj#-n-pt) und bedeutet „Himmelserz“. In Ägypten gibt es keinerlei Eisenvorkommen und so ist das Wort „Himmelserz“ ein Hinweis, daß es sich um Eisen aus Meteoren handelt, die in den Wüsten aufgelesen wurden. Metallurgische Analysen haben diese Annahme inzwischen bestätigt. Das in späterer Zeit aus dem syrisch-palästinensischen Raum eingeführte Eisen wurde dagegen als „Eisen aus Retschenu“ (bj#-n-pt n RTnw) bezeichnet.

Einer der beiden Dolche aus dem Grab Tutanchamuns, sie befanden sich in seinen Mumienbinden, besitzt eine eiserne Klinge (Abb. 16), welche aus Meteoreisen geschmiedet ist.


Abb. 16: Der nichtrostende Dolch Tutanchamuns.

Das beweist nicht, daß der so jung verstorbene König besonders kriegerisch war, sondern vielmehr, daß dieses in Ägypten seltene Erz zu den besonderen Kostbarkeiten gezählt wurde.

Eine weitere Besonderheit zeichnet diesen Dolch aus, die Klinge rostet nicht.

Das ist kein Wunder, sondern ein Zeugnis vom Können der frühen Eisengießer. Der glutflüssigen Eisenschmelze wurde Elfenbein (#bw) beigegeben, welches verbrannte und dabei Phosphor freisetzte. Das Resultat war ein Eisen, das für breite militärische Zwecke zu teuer und zu weich, dafür aber rostfrei war.

In unbehandeltem Zustand ist Eisen ein sprödes und hartes Metall, welches schnell bricht. Durch Schmieden und bestimmte Verfahren ändern sich aber die Eigenschaften bis hin zu denen des heutigen Stahls.

Ein Grund für die ägyptische Verweigerung mag darin zu sehen sein, daß der Schmelzpunkt von Eisen bei 1535 Grad Celsius liegt. Zum Vergleich, der Schmelzpunkt von Bronze liegt, je nach Anteil des Zinns, um die 990 Grad; wird Blei zugemischt, sinkt der Schmelzpunkt noch etwas weiter nach unten. Das von den Ägyptern reichlich verarbeitete Gold schmilzt bei 1063 Grad, Silber bei 962 Grad.

 

Die gefundenen Eisengegenstände bezeugen, daß in Ägypten Grundkenntnisse der Eisenverarbeitung vorhanden und die technischen Schwierigkeiten damit nicht unüberwindbar waren. Diese und die aus der Verhüttung von Kupfer und Zinn gewonnenen Erfahrungen hätten durchaus für eine Umstellung auf Eisen genügt. Der wesentliche Grund muß also woanders liegen. Tatsächlich sind es zwei Gründe:

Zum einen gibt es weder in Ägypten noch in den ägyptischen Einflußgebieten Eisenerzvorkommen, zum anderen sind die ägyptischen Heere bis zum Ende des Mittleren Reiches auf keinen technisch so deutlich überlegenen Gegner gestoßen, daß es zu einem Umdenken in der Kriegsführung und umfassenden Anschub in der waffentechnischen Weiterentwicklung kommen konnte.

Seine strategische Lage schützte Ägypten über Jahrtausende besser und vollkommener, als es eine Armee je vermocht hätte. Wer von Osten oder Westen eindringen wollte, mußte zunächst wasserlose Wüsten passieren. Zwar gab es an versteckten Orten einige wenige Brunnen und kleine Oasen, doch mußten diese erst gefunden werden und reichten dann oftmals nicht für die Versorgung eines Heeres aus.

Würde ein Mensch bei dieser Durchquerung nur drei Liter Wasser am Tag benötigen, müßte für tausend Soldaten ein Wasservorrat von 3000 Liter pro Tag mitgeführt werden; dauert der Marsch zehn Tage, sind es schon 30 000 Liter. Zusätzliches Wasser mußte zum Kochen vorrätig sein, denn die Verpflegung bestand vornehmlich aus getrocknetem Fleisch und Gemüse, Brot (t w#D) wurde täglich aus Mehl (qwnk) und Wasser zubereitet.

Das Mitführen von Schlachttieren zur Versorgung mit frischem Fleisch brachte zusätzliche Probleme mit sich; die Tiere mußten getränkt und gefüttert werden. Da das Fleisch nicht roh verzehrt wurde, hatte man auch an entsprechende Mengen von Brennmaterial zu denken, vom Kot der Tiere einmal abgesehen, den man auch noch sammeln und trocknen mußte.

Eine Armee war eine völlig auf sich gestellte Einheit, die alles mit sich führte, was sie zum täglichen Leben und zum Kampf benötigte. Nachschub gab es nicht, denn der Transport hätte vor den gleichen Schwierigkeiten wie die zu versorgende Armee gestanden und zusätzlich die wertvolle Fracht auch noch vor Angriffen nomadisierender Wüstenstämme schützen müssen.

Die Ägypter hatten frisches Wasser in ausreichender Menge im Rücken, dazu frische Lebensmittel im Überfluß. Auch ein hastig aufgestelltes Heer ist ausgeruhter als eine Truppe, welche gerade die Strapazen einer Wüstendurchquerung hinter sich gebracht hat.

Wie tödlich die Wüste sein kann, soll 523 v. Chr. der Perserkönig Kambyses II.12 erlebt haben. Drei Jahre nach seiner Eroberung Ägyptens brach er vorgeblich mit 50 000 persischen Soldaten auf, um einen Tempel in der Oase Siwa zu zerstören. Dieses Heiligtum in der westlichen Wüste galt als Zentrum des Widerstandes gegen die persische Besatzungsmacht und war verständlicherweise dem Herrscher mehr als nur ein Dorn im Auge.

Ein Sandsturm machte dem Kriegszug ein Ende, Kambyses verschwand spurlos mit seinem gesamten Heer in der Wüste und bis heute ist auch nicht der geringste Hinweis auf den Verbleib der Armee gefunden worden.

Der geschichtlichen Überlieferung nach soll der König von Priestern des Amun gewarnt worden sein. Sie hatten Kambyses prophezeit, daß ihn und seine Mannen ein elender Tod in der Wüste erwarte, würde er mit seiner Eroberung Ägyptens fortfahren.

Was am Verschwinden sowohl der Armee und vorgeblich des Königs als auch der Prophezeiung Wahrheit und was Legende ist, wird nur zum Teil auf absehbare Zeit ein Rätsel bleiben.

Der griechische Reiseschriftsteller Herodot berichtet nämlich anderes vom Tod des Königs, nämlich daß Kambyses in Folge einer versehentlich am Oberschenkel selbst zugefügten Schwertwunde durch Wundbrand in der syrischen Stadt Agbatana starb, was auch von persischen Quellen bestätigt wird13:

Als Kambyses den Namen Smerdis hörte, erkannte er sofort, daß Prexaspes recht hatte, und daß jener Tram in Erfüllung gegangen war. Denn ihm hatte ja geträumt, jemand verkünde ihm, daß Smerdis auf dem Königsthron säße und mit dem Haupte den Himmel berühre. Da merkte er, daß er Smerdis umsonst hatte ums Leben bringen lassen, und beklagte ihn. Und nachdem er geweint und über all das Unglück geklagt hatte, stieg er aufs Pferd und beschloß, eiligst nach Susa gegen den Mager zu ziehen. Aber beim Aufsteigen aufs Pferd löste sich der Knauf an der Scheide des Schwertes, und das bloße Schwert drang ihm in den Schenkel. Die Wunde war an derselben Stelle, wo er damals den ägyptischen Gott Apis getroffen hatte. Er hielt sie für tödlich und fragte nach dem Namen der Stadt. Man sagte ihm, sie heiße Agbatana. Nun war ihm einst in Buto in Ägypten geweissagt worden, er würde in Agbatana sterben. Er hatte gedacht, es sei Agbatana in Medien gemeint, daß er dort als Greis im Mittelpunkt seines Reiches sterbe würde. Aber das Orakel hatte Agbatana in Syrien gemeint.

Als ihm der Name der Stadt genannt wurde, verließ ihn plötzlich sein Wahnsinn, so sehr hatte ihn die Nachricht von dem Aufstand des Mager und seine Verwundung erschüttert. Er verstand das Orakel und sagte:

„An diesem Ort ist es Kambyses, Kyros‘ Sohn, beschieden zu sterben.

Wer Ägypten von Süden angreifen wollte, hatte auf dem Landweg ebenfalls Wüsten vor sich. Die Katarakte des Nils schlossen einen Angriff über den Strom aus, da sie für zum Truppentransport geeignete Schiffe völlig unpassierbar waren.

Offen war hingegen der Eingang nach Ägypten über die fünf Arme des Nils im Delta des Nordens. So liegt also die Vermutung nahe, daß Angreifer es vorgezogen haben könnten, mit Schiffen vom Mittelmeer aus nach Ägypten einzudringen. Das setzt aber voraus, daß diese Schiffe seegängig und groß genug sind, um Soldaten und Material transportieren zu können.

Die Einfahrt in ein unbekanntes Binnengewässer hat jedoch ihre Tücken; was für das Meer gut und unentbehrlich ist, erweist sich in Flüssen meist als Nachteil. Waren die Kapitäne auf See vorzügliche Nautiker und wußten ihre Schiffe im Wind zu halten, hatten sie weder vom Nil noch seinen Armen auch nur die geringsten Kenntnisse und wußten nichts von Untiefen und Strömungen. Schon bei der Einfahrt wäre eine Vielzahl der Schiffe auf Grund gelaufen und im günstigsten Fall manövrierunfähig liegengeblieben.

Zu Fuß passierbar waren die schmalen Landstreifen östlich und westlich des Deltas entlang des Mittelmeeres. Doch diese Landstreifen waren über weite Strecken karg und öde und hatten außer Salzwasser und dürrem Bewuchs wenig zu bieten. Die an den fruchtbaren Stellen lebenden Völker, Libyer im Westen und Asiaten im Osten (Abb. 18), teilten sich in Stämme und Stadtstaaten auf, die untereinander ebenso schnell Bündnisse eingingen wie sie diese wieder zerbrachen, doch nur selten eine ernsthafte Gefahr für die aus dem vereinigten Ober- und Unterägypten erwachsende Großmacht Ägypten bedeuteten.

Im Westen gab es kein gleichwertiges oder auch nur vergleichbares Reich, doch im Osten befanden sich gleich zwei, von welchen das eine Ägypten schwer zu schaffen machen und das andere das Land erobern sollte, das Reich der Hethiter und das der Perser.

Doch auch ihren Heeren war der Weg nach Ägypten versperrt, den Hethitern für immer und den Persern für lange Zeit. Denn hätten sie sich am Mittelmeer entlang bewegt, hätten ihnen Festungen den Weg versperrt, ohne daß ein Ausweichen durch die Felsenwüsten des Sinai möglich gewesen wäre. Die letzte Sperre bildete das Delta selbst; mit einem Netzwerk aus unzähligen Kanälen und Sümpfen war es denkbar ungeeignet für eine Feldschlacht.


Abb. 17: Der Mumienkopf Ramses‘ III.

Foto: G. Elliot Smith

Dieser von den Göttern und der Natur um Ägypten errichtete Schutzwall hatte seine Lücken und erwies sich letztlich nicht als unüberwindbares Bollwerk, weder für politische Strömungen noch für Eroberer.

Zwischen dem Mittleren und dem Neuen Reich wird Ägypten für nahezu hundert Jahre von den Hyksos beherrscht, von 945 bis 715 v. Chr. ist es die aus Libyen stammende Dynastie der Bubastiden, die regiert und die nubischen Könige der 25. Dynastie wird man zu späterer Zeit als die schwarzen Pharaonen bezeichnen.


Abb. 18: Die an den fruchtbaren Stellen lebenden Völker, Libyer im Westen und Asiaten im Osten, teilten sich in Stämme und Stadtstaaten auf, die untereinander ebenso schnell Bündnisse eingingen wie sie diese wieder zerbrachen.

Doch der eigentliche Todesstoß kommt aus dem Osten. Im Jahr 525 v. Chr. dringt der Perserkönig Kambyses II. mit seinem Heer in Ägypten ein und bringt dem Land eine wechselnde Besetzung, die rund zweieinhalb Jahrtausende andauern wird. Auf die Perser folgen die Griechen, Römer, Araber, Mamelucken, Osmanen und schließlich die Engländer, praktisch endet die Besatzungszeit erst 1953 mit der Gründung der Ägyptischen Republik durch den jungen Offizier Gamal Abd el Nasser.

Zwar hat sich der Begriff des „Pharaonischen Ägyptens“ sprachlich eingebürgert, doch ist er für den gesamten Zeitraum des alten Ägyptens falsch. Faktisch wurde die Zeit der Pharaonen mit dem letzten „echten“ Pharao, Psammetich III., durch Kambyses II. beendet.