Die Macht der Pharaonen

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Diese Konstruktion kann sich nicht durchsetzen und wird aufgegeben.

Die nächste Generation der Bogen erscheint in der Zweiten Zwischenzeit, wenn auch zunächst nicht in den Händen der Ägypter, sondern in denen der Hyksos.

Die Bogen der Hyksoskrieger sind aus übereinanderliegenden Lagen von Holz und Horn gefertigt, die durch eine feste Umwicklung aus Sehnen zusammengehalten werden (Abb. 61). Damit die Sehnen vor Feuchtigkeit, vor allem dem Hautschweiß, geschützt sind und sich nicht lösen, liegt über ihnen noch eine Schicht aus Birkenbast. Diese Bogen sind leicht und erheblich leistungsstärker als die ägyptischen.

Das Geheimnis dieser Wunderwaffe bleibt nicht lange geheim. Die Ägypter stellen fest, wie der Bogen konstruiert und mit welcher Technik er gefertigt ist.

Und sie stellen noch etwas anderes fest, daß nämlich die Konstruktion gut und schön aber auf halbem Wege in der Weiterentwicklung irgendwie steckengeblieben ist.


Abb. 61: Aufbau des Kompositbogens der Hyksos.

Zeichnung: Korisios

Die Umwicklung der Hyksosbogen mit Sehnen erhöht die Bruchfestigkeit des Holzes, was die Verwendung sehr harter Hölzer zuläßt. Diese Festigkeit ist aber bereits, zumindest bei solider Verarbeitung, durch die verklebte Schichtung mit den Hornstreifen ausreichend gegeben; die Sehnenumwicklung damit im Grunde überflüssig.

Die Ägypter bauen ihre Kompositbogen, um solche handelt es sich aufgrund der Sandwichbauweise, mit einer wesentlichen Änderung, sie wickeln die Sehnen nicht um den Bogen, sondern kleben (dmj) breite Sehnenstreifen, im Regelfall die Achillessehne der Rinder, vor den vom Schützen abgewandten Teil des Bogens.

Damit werden beim Spannen auch diese Sehnen gespannt, was der Waffe zusätzliche Kraft verleiht.

Geklebt wurde mit Harz oder Hautleim. Dieser Leim wurde durch Kochen der Haut von Rindern, Schafen oder Ziegen und anschließendem Eindampfen des aus dem freigesetzten Kollagen entstandenen Glutins gewonnen25.

Beibehalten wird die Schichtung aus Holz und Horn, die Abdeckung der aufgeklebten Sehnenstreifen mit Birkenbast und vor allem die geschwungenen Arme, welche durch ihre nach vorn gebogene Krümmung beim Spannen einen immer flacher werdenden Hebel zum Schützen bilden; der Bogenarm verhält sich, als wäre er kürzer. Umgekehrt verhält sich der Bogen, als würde er beim Spannen immer länger und ist damit weicher zu ziehen, was bei einer aufzuwendenden Zugkraft von etwa 30 kg ein enormer Vorteil ist (Abb. 62).

Beim Schuss läuft der Vorgang rückwärts ab, der Pfeil erhält seine höchste Beschleunigung erst kurz vor der Trennung von der Sehne, Fluggeschwindigkeit, Reichweite und Zielgenauigkeit steigen merklich. – Die Leistung der Bogen wurde nahezu verdoppelt.

Die Kompositbogen (Abb. 63) waren nicht nur gut, sie waren auch teuer. Und so blieben sie der Elite vorbehalten, die gemeine Infanterie schoss weiterhin mit den herkömmlichen Bogen.


Abb. 62: Durch ihre nach vorn gebogene Krümmung bilden die Arme des Kompositbogens beim Spannen einen immer flacher werdenden Hebel.

Die Bogensehne schnellt nicht nur beim Schuss nach vorn, sondern schwingt nach dem Pfeilabschuss auch mehr oder weniger unkontrolliert mit der Wirkung einer scharfen Peitschenschnur zurück.

Das ist für den Schützen im besten Fall unangenehm oder schmerzhaft, im schlimmsten, und das dürfte der Regelfall gewesen sein, führt es zu Verletzungen an Handgelenk und Unterarm.


Abb. 63: Ein Kompositbogen, wie er im Grab Ramses‘ III., KV 11 im Tal der Könige, gefunden wurde.

Zum Schutz trugen die Bogenschützen eine Lederzunge über der Innenfläche des Handgelenks, welche in zwei etwa 25 cm lange Lederriemen auslief, die um den Unterarm (Abb. 64) oder hinter den Ellenbogen gebunden waren (Abb. 65).

Eine aufwändigere Ausführung bestand aus einer Ledermanschette, die am vorderen Ende mit einer Zunge bis in die Handinnenfläche reichte und den Handteller polsterte.

Gehalten wurde die um die 20 cm bis 30 cm lange Manschette durch Lederbänder (DHrw) oder Schnüre, die durch kleine Löcher an den Enden der Manschette geführt und mehrfach um den Unterarm geschlungen wurden.

Die Verzierung der Außenfläche reichte vom Nichts bis zur reichen Ornamentik, häufig war die zentrale Darstellung ein apotropäisches Symbol.

Die Kompositbogen waren Spitzenerzeugnisse der Hochtechnologie ihrer Zeit und waren, wie es „Hightech“ noch heute an sich hat, entsprechend empfindlich. Die „Achillessehne“ dieser Bogen war ihre Eigenheit, sich bei Feuchtigkeit zu verziehen, sie mußten also geschützt aufbewahrt werden.

Dazu wurden aus Leder, selten aus Leinen oder Holz, Futterale gefertigt, bunt verzierte Bogenköcher, die mit einer Kappe aus gleichem Material verschlossen und von den Bogenschützen auf dem Rücken getragen wurden (Abb. 66).


Abb. 64: Die mumifizierte Hand eines Bogenschützen aus dem Mittleren Reich mit Handgelenkschutz.

Foto: Metropolitan Museum of Modern Arts, New York (1945)

Seit vordynastischer Zeit stellte der Stängel des Schilfs, Phragmites australis, das Material des Pfeilschafts (nbjt) und stellte es auch weiterhin. – Eine Regel, welche durch die seltenen Funde hölzerner Pfeile bestätigt wird.

Schilf wuchs in den Sumpfgebieten des Deltas und säumte die Ufer des Nils, war also reichlich vorhanden, die Stängel erreichen, je nach Art, Höhen bis 4 Meter, manche sogar bis 10 Meter.

Ähnlich wie sein Verwandter, der Bambus, ist das Schilfrohr durch flache, feste Knoten in einzelne Abschnitte unterteilt. Da es keine Feuchtigkeit aufnimmt, verzieht es sich nicht; die Oberflächenstruktur ist griffig, die Wandung aufgrund ihres hohen Kieselsäuregehalts fest.


Abb. 65: Bogenschützen mit am Ellenbogen befestigtem Handgelenkschutz, wie er in thebanischen Gräbern häufig dargestellt wird.

Zeichnung: J.G. Wilkinson (1853)

Eine Standardlänge der Pfeile läßt sich nicht festlegen, die Funde bewegen sich in der Häufung zwischen etwa 75 cm und 85 cm bei einem Querschnitt von rund 0,9 cm am „dicken Ende“ und verjüngen sich bis zu 0,3 cm an der Spitze.

Am Ende des Pfeilschaftes befindet sich meist eine längsaxiale, bis zum Schilfrohrknoten gesägte Riefe zur Aufnahme der Bogensehne. Weniger häufig ist ein entsprechend gearbeitetes Endstück aus Hartholz übergeschoben, welches gleichzeitig die zur ballistischen Stabilisierung notwendige, aus drei im Kiel halbierten und zugeschnittenen Vogelfedern bestehende Befiederung trägt.


Abb. 66: Bogenköcher

Foto: Walther Wolf (1926)

Für die Herstellung der Pfeilspitzen wurde alles genommen, was geeignet erschien, Holz, Knochen, Horn, Elfenbein, Kupfer, Bronze, Eisen und sogar noch der scharfe Feuerstein begegnet im Neuen Reich; für militärische Zwecke wird jedoch seit der 18. Dynastie nur noch Bronze verwendet.

Die Form der Pfeilspitzen war vielfältig (Abb. 67) und bestimmte sich durch das Ziel. Spitzen mit Widerhaken konnten weder von der Jagdbeute noch vom getroffenen Gegner einfach aus dem Körper gezogen werden und vergrößerten beim Entfernen die Wunde. Breite Spitzen durchtrennten Fleisch und Sehnen, schmalspitzige durchdrangen Schild und Kleidung, auf kurze Distanz auch die Rüstung.

In der 18. Dynastie sind die bevorzugten Pfeilspitzen lanzettförmig mit gerundetem Mittelgrat und ähneln Schilfblättern, mit ihrer Länge um die 7 cm kleine Verwandte der Dolche ihrer Zeit (Abb. 68).

So unterschiedlich wie die Pfeilspitzen, sind auch die Befestigungstechniken. Manche Enden sind als Tüllen in Verlängerung einer mehr oder weniger ausgeprägten Mittelrippe ausgeführt und werden über den Schaft gestülpt. Wieder andere enden in einem mitunter runden, mitunter vierkantigen Zapfen oder nagelähnlichen Fortsatz, mit dem sie in das Schilfrohr eingesetzt werden, bei anderen greift die Schaftkerbe bis fast zur Klingenmitte. Scheint bei den eingesetzten Spitzen die Klebung aus Harz für den Halt nicht ausreichend, wird der Überstand des Schaftes mit einer Wicklung dünner Riemen aus Leder oder feinen Schnüren aus Pflanzenfasern zusammengepresst.


Abb. 67: Pfeilspitzen des Neuen Reiches.

Foto: Walther Wolf (1926)


Abb. 68: Lanzettförmige Pfeilspitzen des Neuen Reiches.

Foto: Walther Wolf (1926)

Bereits bei den ersten Kontakten mit den Asiaten lernten die Ägypter eine Waffe kennen, die ebenso wirkungsvoll wie preiswert zu beschaffen war und deren erfolgreicher Einsatz im Alten Testament der Bibel beschrieben wird26:

 

Und David tat seine Hand in die Tasche und nahm einen Stein daraus und schleuderte und traf den Philister an seine Stirn, daß der Stein in seine Stirn fuhr und er zur Erde fiel auf sein Angesicht.

Also überwand David den Philister mit der Schleuder und mit dem Stein und schlug ihn und tötete ihn.

Die Schleuder (rwD) bestand aus einem Band oder Riemen mit einer taschenähnlichen Erweiterung zur Aufnahme eines Steins in der Mitte und wurde aus Leinen, Leder oder geflochtenem Riedgras hergestellt. Als Stein wurde genommen, was zur Verfügung stand und möglichst rund war, vorzugsweise harte Kiesel.

Bei Versuchen mit solchen Schleudern wurden Reichweiten bis zu 200 Metern erzielt; über die Treffgenauigkeit wurde jedoch keine Aussage gemacht, da die Versuche von mehr oder weniger im Schleudern ungeübten Archäologiestudenten durchgeführt wurden.

Nachgewiesen ist die Schleuder seit dem frühen Mittleren Reich, doch ist sie mit hoher Wahrscheinlichkeit schon weit früher im Gebrauch gewesen.

Eine Wandmalerei in einem Grab in Beni Hassan zeigt einen ägyptischen Schleuderer (Abb. 69), der seine Waffe zum Einsatz bereit macht, einen Beutel mit weiterer „Munition“ trägt er an einem schräg über die Schulter gelegten Riemen oder einer Schnur vor der linken Brust.

Beide Enden der Schleuder hält er in der rechten Hand, die linke Hand umfaßt die mit einem Stein gefüllte Schleudertasche und zieht sie nach links unter die Hüfte.


Abb. 69: Schleuderer aus einem Grab in Beni Hassan.

Zeichnung: J.G. Wilkinson (1853)

Mit der Rechten wird die Schleuder dann nach oben gerissen und über dem Kopf geschwungen, bis im richtigen Moment soviel Finger geöffnet werden, daß sich das eine Ende der Schlinge löst und die Tasche damit das „Geschoss“ freigibt.

Eine im Grab Tutanchamuns gefundene Schleuder läuft an einem Ende in einer kleinen Schlaufe zur Aufnahme des kleinen Fingers aus, was den Vorgang etwas vereinfacht haben dürfte.

Doch ob mit oder ohne Schlaufe, das zielsichere Treffen verlangt Übung von Kindesbeinen an und so ist es nicht erstaunlich, daß in Kindergräbern in Kahun und Abydos solche Schleudern als Beigaben gefunden wurden.

Der Sohn Pepis, Merenre I., widmet sich verstärkt Nubien, wahrscheinlich sogar mit einem Feldzug, denn Felsinschriften auf Elephantine (#bw), auf dem befestigten Weg von Assuan nach Philae und südlich des 1. Katarakts berichten, daß Merenre die Unterwerfung der nubischen Fürsten entgegengenommen habe.

Damit ist der Weg zu den nubischen Steinbrüchen gesichert.

Nicht ganz so gesichert scheint die innere Stabilität des Reiches zu sein; Merenre verfügt in einem Dekret, daß die bislang in der Hauptstadt Memphis residierenden Gaufürsten und Vorsteher ihre Ämter in ihren jeweiligen Provinzen auszuüben haben. Untermauert wird das königliche Gebot mit der Anordnung, daß sie sich dort auch beisetzen lassen müssen.

Nach einer Regierungszeit von wahrscheinlich nur etwa sechs oder sieben Jahren stirbt Merenre.

Eine Rüstung hat der ägyptische Fußsoldat nie getragen. Wie es auch bei den Kriegern aus dem Grab des Meseheti zu sehen ist, trugen die Soldaten lediglich einen Schurz (bs#w) und gingen barfuß.


Abb. 70: Die Riemen der altägyptischen Sandale, Vorlage für das Anchzeichen.

Ob die Barfüßigkeit zum Standard gehörte, ist unsicher. Die beiden lebensgroßen Wächterfiguren im Grab Tutanchamuns sind mit vorne spitz zulaufenden Sandalen ausgestattet. Die Riemen (rwD) der ägyptischen Sandale (Abb. 70) bieten übrigens die Vorlage für das „geheimnisvolle“ Anchzeichen, das Symbol für Leben: Nur die Lebendigen tragen Sandalen (wX#tj).

Der übliche Schurz (bs#w) war ein spitzwinkliges, leinenes Dreieckstuch mit leicht nach innen gebogener Basis, deren Enden von hinten um die Hüften geschlungen und vorne in einem Knoten zusammengefaßt wurden (Abb. 71). Das spitze Tuchende (ns) wurde zwischen den Beinen hindurchgezogen und von unten über den Knoten nach vorn gelegt.


Abb. 71: Ein Schurz aus dem Grab Tutanchamuns. Die Struktur entstand durch die Faltung.

Die schwarzen Bogenschützen des Meseheti tragen bunte Schurze, von denen angenommen werden kann, daß sie entweder ganz aus Leder gefertigt wurden oder aber aus Leinen und mit ledernen Applikationen versehen sind. Zu der Bedeutung der Farben gibt es keinen Hinweis, Vermutungen, daß es sich um Kennzeichnungen des Ranges oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Truppe handelt, haben sich bislang nicht bestätigt.

Durch Funde aus dem Neuen Reich sind Lederschurze nachgewiesen, die über dem Leinenschurz getragen wurden und überwiegend von Gazellen stammen. Ob sie tatsächlich zur feldmäßigen Ausstattung gehörten, ist fraglich, ebenso wie die oft dargestellte Dekoration der Schurze mit breiten Bändern oder Tierschwänzen. Praktische Überlegungen legen nahe, daß es sich hier um „Paradeuniformen“ handeln könnte.

Bei den Lanzenträgern kann angenommen werden, daß sie Perücken tragen, bei den nubischen Bogenschützen belegen Mumienfunde das eigene Haar in einheitlichem Schnitt, unterstützt durch ein Kopf-, bzw. Stirnband (Abb. 72).

Nach dem frühen Tod Merenres wird sein Halbbruder Pepi II. im Alter von nur 6 Jahren zum König erhoben; die Regierungsgeschäfte werden von seiner Mutter geführt. Wann Pepi zum alleinigen Souverän wurde, ist unbekannt.

Ebenso unbekannt ist die Dauer seiner Regentschaft, die Annahmen schwanken zwischen 63 und 94 Jahren.

Gestützt auf sein Militär, führt er das durch, was bereits unter seinen Vorgängern als das Entsenden von Expeditionen bezeichnet wurde. In seinem Totentempel in Saqqara-Süd wird er als Sieger über die Feinde dargestellt und in gleicher Weise als Sieger über libysche Fürsten, gegen die er nie gekämpft hat.

Auch die vorgefundenen Figürchen, Gefangene darstellend, haben nicht viel in dieser Hinsicht zu bedeuten; solche fanden sich auch im Grab des Königs Neferefre aus der 5. Dynastie, der nachweislich nie einen Feldzug geführt hatte.

Nachgewiesen sind Pepis vier Expeditionen in das Gebiet des sudanesischen Kerma am 3. Nilkatarakt und eine Expedition nach Punt, ebenso militärische Unternehmungen zur Bekämpfung asiatischer Beduinen sowie zur Befriedung des stets zum Aufruhr neigenden Nubiens. Diese Neigung ist verständlich, denn die Ägypter warben in Nubien im großen Stil Arbeitskräfte und Soldaten, deren Auszug nach Ägypten die Wirtschaft Nubiens enorm schwächte.

Die Erwähnung nubischer „Gefangener“ auf ägyptischer Seite ist in den meisten Nennungen eine gelinde Übertreibung zur Überhöhung des Königs; die überwiegende Mehrzahl der „Gefangenen“ wurden mit dem Versprechen auf Lohn und Brot und ein besseres Leben für sich und ihre Familien in ägyptischen Diensten eingefangen.

Innerpolitisch geht die Saat auf, die von Userkaf, dem Begründer der 5. Dynastie, mehr als 200 Jahre zuvor gesät wurde. Da trotz emsiger Produktion der Harem nicht genügend Prinzen lieferte, wurden unter ihm auch Beamte nichtköniglicher Abstammung mit hohen Ämtern bekleidet.

Inschriften aus der 5. Dynastie weisen aus, daß die Provinzialbeamten unter Asosi größere Selbständigkeit zu Lasten der Zentralregierung erhalten haben.

Doch die Machtfülle der Beamten unter Pepi II. hat mit „größerer Selbständigkeit“ nicht mehr viel zu tun, sie liegt weit über dem, was der Begriff der Selbständigkeit zuläßt.

Ein Edikt Pepis für den Tempel des Min in Koptus läßt darauf schließen, daß höchste Beamte sogar eigenmächtig in die königlich verbrieften Rechte der Tempel eingegriffen haben, was einer Schmähung Pepis gleichkommt27:

[Horus NTrj-Xow – Jahr nach] der 22. Zählung.

[Der König befahl (an) …..] Ackerschreiber des Distriktes [von Koptus]

[(Betreffend) den Vorsteher der] Priester die sHd-Priester und alle Angehörigen des Min-Heiligtums der Gefolgschaft und des Tagesdienstes, die Arbeiter und Maurer …..

[Nicht erlaubt] die Majestät, daß man sie in die Königshürden setzt, in die Rinderweiden, Eselweiden (des) pr-z# (oder in) irgendeine Pflichtarbeit oder eine Steuer, die veranlagt ist in der königlichen Verwaltung, in alle Ewigkeit. [Sie sind exempiert für Min] von Koptus heute erneut auf Befehl zugunsten des Königs von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig.

[Bezüglich eines Vorstehers von Oberägypten, der ihre Aushebung tun sollte für] das Büro der königlichen Aufträge, der Landesverwaltung, der Registratur der gesiegelten Aufträge oder der Registratur, (oder) um sie in irgendeine Arbeit des Königshauses zu setzen. Das was der König haßt ist es [wahrlich].

[Bezüglich irgendeines Oberhauptes,] eines wr-mD Cmo, eines Vorstehers der Phylen von Oberägypten, eines Vorstehers der Kommissionen, eines rX-nswt, eines Vorstehers der opr (?) oder eines Vorstehers der Königsleute, der sie rekrutieren sollte, entsprechend einem Auftrag, der gebracht ist für das Büro der königlichen Aufträge, der Landesverwaltung, der Registratur der gesiegelten Dokumente oder der Registratur, (oder) um sie in irgendeine Arbeit des Königshauses zu setzen. Das was der König haßt ist es [wahrlich].

So befiehlt der König von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig.

Bezüglich eines Auftrags für den Distrikt, der gebracht wird zum Vorsteher von Oberägypten, um danach zu handeln, nachdem er zu den Magistraten [gebracht wurde:] Die Majestät befiehlt, daß er entferne die Namen der Priester dieses Tempels.

Bezüglich eines Magistraten, eines königlichen Urkundenschreibers, eines Vorstehers der Ackerschreiber, eines Schreibers der gesiegelten Urkunden oder (sonst) eines Funktionärs, der einen Auftrag erhalten wird oder der Befehle schreiben wird, um zu setzen [den Namen des Vorstehers der Priester,] der sHD-Priester oder Funktionäre und irgendwelcher Angehörigen des Heiligtums des Min in Koptus in irgendeine Arbeit des Königshauses. Das was der König haßt ist es wahrlich.

So befiehlt der König von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig.

Gebracht werde eine Urkunde über diesen Befehl, die auf eine Stele aus Kalkstein gesetzt werde am Torbau des Heiligtums des Min in Koptus, damit die Funktionäre des Distriktes (es) sehen, daß sie nicht nehmen sollen die Priester dieses Tempels zu irgendeiner Arbeit des Königs in alle Ewigkeit.

[Bezüglich] dem, das gesagt wurde zur Majestät, daß Befehle ausgestellt sind für dieses Oberägypten, um zu tun eine Verpflichtung für die Arbeit des Königs, bestehend aus Trage- und Transportarbeit; (für) die Abgabe des Vorstehers von Oberägypten: Gold und Kupfer und Juwelen; (für) den Bedarf des pr-onX: die jährliche Abgabe, Nahrungsmittel, Viehfutter, Opfergaben (?), nwH-Seile, spw-Stricke, Häute; (für) oHt-Land von 19 5/​8 Aruren und den Pflugrechten – irgendwelche Steuern, irgendwelche Arbeit oder irgendwelches Aussenden zu Wasser und zu Lande – die in diesem Oberägypten zu tun befohlen sind. Indem es in diesen Befehlen heißt: „Nicht soll man irgendeine Exemption davon machen in den exemtierten Städten, die in diesem Oberägypten sind“. Nicht erlaubt die Majestät, daß diese Priester diese Sachen machen, die in diesem Oberägypten zu tun befohlen sind.

Es befiehlt der König von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig, daß sie exempiert und beschützt sind für Min von Koptus in alle Ewigkeit.

Die Majestät weiters veranlaßt, daß man ausführt den früheren Königsbefehl für ihre Exempierung für Min von Koptus. Du sollst danach handeln. Nicht aber erlaubt die Majestät, daß ein Emissär des Vorstehers von Oberägypten oder ein Magistrat hinausgeht zu der Höhe von Koptus ….. Min-Heiligtum.

So wahr der König von Ober- und Unterägypten Pepi-Neferkare‘, er lebe immer und ewig, lebt, dauert und gesund ist, du sollst sie nicht [zu diesen Sachen] nehmen ….., um das Eigentum gegen sie zu besteuern, (oder) um Steuern des Eigentums von ihnen einzuziehen, außer zur Ausführung ihres Dienstes für Min von Koptus. Das was der König von Ober- und Unterägypten Neferkare‘, er lebe immer und ewig, wünscht, ist das Handeln gemäß dem Wortlaut dieses Befehls.

 

Ein Vorsteher von Oberägypten oder irgendein Magistrat, irgendein Emissär oder Funktionär, der nicht handeln wird nach dem Wortlaut dieses Befehls, werde zur „Halle des Horus“ genommen und nicht erlaubt die Majestät, daß er Priester sei in der Pyramide Mn-oX-Nfr-k#-ro.

[Gesiegelt in der persönlichen Gegenwart des Königs (?)] ….. 4. Monat der Smw-Jahreszeit, Tag 28.

Gaufürsten und Landesvorsteher haben an Macht und Einfluß gewonnen, die staatliche Macht verlagert sich vom Hof in Memphis in ihre Hände. Am Ende der Regierungszeit Pepis wird sie nur noch von den Händen zweier Gaufürsten gehalten, denen des Gaufürsten von Meir und denen des Gaufürsten von Theben.


Abb. 72: Kopf der Mumie des nubischen Bogenschützen Maiherpri im Ägyptischen Museum, Kairo.

Foto: George Émilie J. Daressy (1902)

Pepis Sohn, Nemti-Emsaf, übernimmt eine Verwaltung, welche ihn allem Anschein nach völlig ignoriert.

Mit militärischem Nachdruck kann er seine Ansprüche nicht durchsetzen, denn das Militär steht hinter denen, welche die Priesterschaft und mit ihr die in den Tempeln ausgebildeten Beamten hinter sich haben28. Ob er als Regent tatsächlich nur ein Jahr überdauert hat, ist unbewiesen. Der Legende nach wird er nach einem vertanen Jahr königlichen Nichtstuns von seiner schönen Gemahlin Nitokris ermordet, die sich anschließend zur Herrscherin aufschwingt und sich nach einem weiteren Jahr schuldgeplagt das Leben nimmt.

Es ist das Ende des Alten Reiches und der Beginn der rund 100 Jahre andauernden Ersten Zwischenzeit, in der Ägypten zwischen Herakleopolis im Norden und Theben im Süden aufgespalten wird und es Nubien gelingt, sich des ägyptischen Einflusses zu entledigen. Mit dem Ende des Alten Reiches war nicht nur ein wesentliches Kapitel der ägyptischen Geschichte abgeschlossen, sondern auch die grundlegende Entwicklung der Waffen und des Militärs.

Es wird mehr als 500 Jahre dauern, bis ein neuer Waffentyp die Schlachtfelder erobert, der Streitwagen.


Abb. 73: Tutanchamun auf seinem Streitwagen im Kampf gegen die Syrer. Darstellung auf einer in seinem Grab im Tal der Könige gefundenen Truhe.

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