Kapitalmarktrecht

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c) Offenlegungsverbot

aa) Grundsatz

413

Nach Art. 14 lit. c MAR ist das unrechtmäßige Offenlegen von Insiderinformationen verboten. Eine Konkretisierung des Begriffs findet sich in Art. 10 MAR.

→ Definition:

Unrechtmäßige Offenlegung ist gegeben, wenn eine Person über Insiderinformationen verfügt und diese gegenüber einer anderen Person mitteilt oder zugänglich macht (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1, 1. HS MAR).

Voraussetzung ist damit


das Verfügen über eine Insiderinformation,
deren Mitteilung oder Zugänglichmachung bzw Offenlegung,
die unrechtmäßig geschieht, und dass

Beispiel:

Ein Kennwort wird weitergegeben, sodass ein PC nebst darin gespeicherten Insiderinformationen benutzt werden kann.

Der Täter gibt also nicht die Information als solche weiter, schafft aber die Voraussetzungen, dass ein Dritter diese durch zusätzliches eigenes Handeln erlangen kann[129]. Die Offenlegung setzt nach hM voraus, dass der Dritte tatsächlich die Kenntnis erlangt hat[130].

414

Ziel des Offenlegungsverbots ist es, den eine Insiderinformation kennenden Personenkreis so klein wie möglich zu halten, sodass die Gefahr von Insidergeschäften so gering wie möglich ist. Nicht erforderlich ist, dass es auch zu einer die Interessen der Anleger verletzenden Wertpapiertransaktion kommt. Nicht vom Offenlegungsverbot erfasst ist die Weitergabe oder Verbreitung von Informationen in den Medien, sofern sie vom sog. Journalistenprivileg des Art. 21 MAR gedeckt ist[131].

415

Die Insiderinformation muss zudem unrechtmäßig offengelegt worden sein. Durch dieses Merkmal wird der Tatsache Rechnung getragen, dass unternehmerische und betriebliche Erfordernisse die Offenlegung von Insiderinformationen gebieten können. Bei dem Erfordernis der Unrechtmäßigkeit handelt es sich nach hM um einen Teil des gesetzlichen Verbotstatbestands und nicht lediglich um ein allgemeines Verbrechensmerkmal, das die Rechtswidrigkeit der Offenlegung nur entfallen lässt, wenn das Handeln des Täters gerechtfertigt wäre[132]. Erfolgt die Offenlegung befugt, liegt in diesem Verhalten kein Unrechtsakt.

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Eine Offenlegung ist unrechtmäßig, wenn sie nicht aus betrieblichen oder rechtlichen Gründen erforderlich ist (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1 MAR)[133]. Die Offenlegung an nicht dem Emittenten angehörende Dritte ist nur dann befugt, wenn diese die Information tatsächlich für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben benötigen.

Beispiel:

Eine Aktiengesellschaft stellt dem Abschlussprüfer die benötigten Informationen zur Verfügung, wozu eine gesetzliche Verpflichtung besteht (§ 320 Abs. 2 HGB, § 145 Abs. 2 AktG).

Befugt ist die Offenlegung an einen Dritten auch dann, wenn dieser nur so seine gegenüber dem Emittenten rechtsgeschäftlich begründete Verpflichtung (zB aus einem Geschäftsbesorgungsverhältnis iS des § 675 BGB) erfüllen kann (Rechtsanwälte, Notare usw). Das ist bspw gemeint, wenn Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1 MAR von einer Offenlegung „im Zuge der normalen Erfüllung von Aufgaben“ spricht[134]. Ebenso liegt eine befugte Offenlegung vor, wenn diese „im Zuge der normalen Ausübung einer Beschäftigung“ erfolgt. Nicht ausreichen kann aber eine bloße Vertragspflicht zur Offenlegung[135].

bb) Marktsondierung (Art. 11 MAR)

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Eine rechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen „im Zuge der normalen Ausübung einer Beschäftigung oder eines Berufs oder der normalen Erfüllung von Aufgaben“ (Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1, 2. HS MAR) kann auch die sog. Marktsondierung sein, wenn der offenlegende Marktteilnehmer (Art. 3 Abs. 1 Nr. 32 MAR) bestimmte Verpflichtungen erfüllt (Art. 11 Abs. 4 MAR)[136].

→ Definition:

Marktsondierung ist die v.a. durch den Emittenten vorgenommene „Übermittlung von Informationen vor der Ankündigung eines Geschäfts an einen oder mehrere potenzielle Anleger“ (Art. 11 Abs. 1 MAR).

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Bevor ein Verkäufer Finanzinstrumente öffentlich auf dem Markt anbietet (zB Aktienemission, Verkauf einer wesentlichen Beteiligung[137]) oder ein Erwerbsangebot im Rahmen einer Unternehmensübernahme macht, wird er häufig erst das Interesse potenzieller Anleger abschätzen wollen, um die Bedingungen festlegen zu können, unter denen er das Finanzinstrument verkaufen kann (Preisgestaltung, Umfang, Struktur, vgl Erwägungsgrund Nr. 32 und 33 MAR). Zu diesem Zweck führt er im Vorfeld eine Marktsondierung durch und stellt das Finanzinstrument potenziellen Investoren vor[138]. Ziel ist es, „das Interesse potenzieller Anleger an einem möglichen Geschäft, seiner preislichen Gestaltung, seinem Umfang und seiner Struktur abzuschätzen“[139].

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Bei der Sondierung legt der Verkäufer oftmals auch Insiderinformationen offen. Da der europäische Gesetzgeber in der Marktsondierung dennoch ein wertvolles Instrument zur Gewährleistung des Funktionierens der Finanzmärkte sieht (zB Wiederherstellung eines geschwächten Vertrauens in die Märkte), soll eine solche nicht per se als Marktmissbrauch, dh als unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen, gelten (Erwägungsgrund Nr. 32 MAR)[140].

420

Umstritten ist, ob eine Marktsondierung nur erfolgen darf, wenn die Informationsweitergabe „unerlässlich“ bzw erforderlich ist. Da eine solche Voraussetzung in Art. 10 MAR nicht vorgesehen ist und ansonsten für Art. 11 MAR kaum ein Anwendungsbereich bliebe, ist dies abzulehnen[141]. Unklar bleibt zudem, ob Art. 11 MAR als sog. „safe harbour“, dh als Bereichsausnahme iS eines Tatbestandsausschlusses, zu sehen ist. Dann würde die Einhaltung der Voraussetzungen des Art. 11 MAR das insiderrechtliche Offenlegungsverbot von vornherein ausschließen. Andere sehen die Regelung als „Konkretisierung eines Tatbestandsmerkmals im Wege einer gesetzlichen Vermutung“[142]. Die hM geht jedoch zu Recht davon aus, dass es sich bei Art. 11 MAR um einen sog. safe harbour handelt[143], wobei u.a. mit dem Aspekt der Rechtssicherheit argumentiert wird.

421

Zwei Konstellationen sind nach Art. 11 MAR denkbar[144]. Nach Art. 11 Abs. 1 MAR ist die Marktsondierung die Übermittlung von Informationen vor der Ankündigung eines Geschäfts durch den Emittenten, einen Zweitanbieter oder einen beauftragten Dritten an einen potenziellen Anleger, um dessen Interesse an einem Geschäft sowie die Konditionen auszuloten.

422

Nach Art. 11 Abs. 2 MAR kann eine Marktsondierung des Weiteren erfolgen, wenn durch einen potenziellen Bieter eines Übernahmeangebots Insiderinformationen gegenüber Inhabern von Finanzinstrumenten iS des Art. 2 Abs. 1 MAR offengelegt werden[145]. Die Informationen müssen erforderlich sein, um ihnen die Meinungsbildung über ihre Verkaufsbereitschaft zu ermöglichen. Außerdem muss die Verkaufsbereitschaft nach vernünftigem Ermessen für den Beschluss des potenziellen Bieters zur Veröffentlichung des Übernahmeangebots erforderlich sein.

423

Art. 11 Abs. 4 MAR macht die Rechtmäßigkeit der Informationsweitergabe von der Einhaltung bestimmter verfahrensrechtlicher Vorgaben abhängig (Art. 11 Abs. 3, Abs. 5 MAR, Art. 1 ff MarktsondierungsVO). Damit eine Offenlegung von Insiderinformationen als im Zuge der normalen Ausübung der Beschäftigung oder des Berufs oder der normalen Erfüllung der Aufgaben erfolgt angesehen wird (vgl Art. 10 Abs. 1 UAbs. 1 MAR), muss der Offenlegende umfassende Informations- und Dokumentationspflichten einhalten (Art. 11 Abs. 3 und 5 MAR, Art. 11 Abs. 4 MAR)[146]. Vor der Marktsondierung muss er überlegen, ob er dadurch, und wenn ja, welche Insiderinformationen offenlegt und warum das erforderlich ist[147]. Das muss er schriftlich niederlegen und die Aufzeichnung der zuständigen Behörde auf Anforderung vorlegen (Art. 11 Abs. 3 MAR). Der Verkäufer soll dadurch angehalten werden, den potenziellen Anlegern nur diejenigen Informationen offenzulegen, die nötig sind, um die Verkaufsbedingungen für die anschließenden Transaktionen auf dem öffentlichen Markt festlegen zu können.

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Das Verfahren zur Durchführung der Marktsondierung ist gemäß Art. 2 MarktsondierungsVO festzulegen[148]. Zu beachten ist dabei der Grundsatz der Gleichbehandlung. So ist zu gewährleisten, „dass keine unnötigen, potenziell sensiblen Informationen verbreitet werden und dass allen Personen, die die Marktsondierung erhalten, Informationen gleichen Umfangs zugehen“[149]. Es ist „ein Standardsatz von Informationen“ vorzugeben, der den Adressaten bereitgestellt wird[150].

 

425

Zudem soll auch auf Seiten des potenziellen Investors („Person, die die Marktsondierung erhält“) die Vertraulichkeit der Information gewahrt bleiben (vgl Art. 11 Abs. 5 UAbs. 1 lit. d MAR). Deshalb muss der Verkäufer die Zustimmung des potenziellen Anlegers einholen, dass er eine Insiderinformation erhält (Art. 11 Abs. 5 UAbs. 1 lit. a MAR), dh er muss ihn über die Eigenschaft der Information als Insiderinformation in Kenntnis setzen. Außerdem ist der potenzielle Anleger darüber aufzuklären, dass er erstens die Insiderinformation nicht zum Erwerb oder der Veräußerung von Finanzinstrumenten (inklusive der Stornierung und Änderung bereits erteilter Aufträge) nutzen darf (Art. 11 Abs. 5 UAbs. 1 lit. b und c MAR) und zweitens sich der potenzielle Anleger mit seiner Zustimmung verpflichtet, die Insiderinformation weder unrechtmäßig offenzulegen noch auf der Grundlage der Insiderinformation einem Dritten zu empfehlen, ein Finanzinstrument zu erwerben oder veräußern bzw einen bereits erteilten Auftrag zu stornieren oder zu ändern oder ihn dazu anzustiften (Art. 11 Abs. 5 UAbs. 1 lit. d MAR).

426

Auch hier muss der Verkäufer eine Aufzeichnung darüber erstellen, welche Insiderinformationen er wann und welchem potenziellen Anleger offengelegt hat[151]. Die Aufzeichnungen muss er der zuständigen Behörde auf deren Ersuchen zur Verfügung stellen (Art. 11 Abs. 5 UAbs. 2 MAR). Anders als bei Art. 11 Abs. 3 MAR fehlt hier zwar der Zusatz „schriftlich“, der Emittent soll aber eine Liste über die potenziellen Anleger führen („sounding list“), was nur schriftlich möglich ist. Zudem hat der potenzielle Anleger als Adressat der Marktsondierung in eigener Verantwortung zu prüfen, ob die Informationen, die er vom Verkäufer erhält, Insiderinformationen sind (Art. 11 Abs. 7 MAR)[152]. Sobald die Information nach Einschätzung dessen, der diese offenzulegen hat, ihren Charakter als Insiderinformation verliert, ist der Empfänger so rasch wie möglich davon zu unterrichten (Art. 11 Abs. 6 MAR; „Cleansing“).


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d) Ausnahme: Rückkaufprogramme und Stabilisierungsmaßnahmen (Art. 5 MAR)

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Nach Art. 5 MAR[153] sind unter bestimmten Voraussetzungen der Handel mit eigenen Aktien im Rahmen von Rückkaufprogrammen sowie der Handel mit Wertpapieren oder damit verbundenen Instrumenten zur Kursstabilisierung von Wertpapieren nicht vom Insiderhandelsverbot erfasst (Art. 5 Abs. 1, 4 MAR). Das sind, anders als bei Art. 9 MAR (legitime Handlungen)[154], sog. Bereichsausnahmen („safe harbour“)[155]. Die Handlungen des Art. 5 MAR fallen daher nach hM generell nicht in den Anwendungsbereich der MAR, sodass ein Entlastungsbeweis nicht erforderlich und ein „Belastungsbeweis“ nicht möglich ist[156].

428

Ein Aktienrückkauf stellt dann keinen Insiderhandel dar, wenn er entweder ausschließlich zu dem Zweck der Kapitalherabsetzung erfolgt (Art. 5 Abs. 2 lit. a MAR), oder die aus einem Schuldtitel entstehenden Verpflichtungen erfüllt, welcher in Beteiligungskapital umgewandelt werden kann (Art. 5 Abs. 2 lit. b MAR; Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen sowie -genussrechte), oder die Verpflichtung aus einem Belegschaftsaktienprogramm bzw einer anderen Form der Zuteilung von Aktien an Mitarbeiter des Emittenten oder einer Tochtergesellschaft erfüllt (Art. 5 Abs. 2 lit. c MAR)[157]. Bei anderen als den in Art. 5 MAR geregelten Aktienrückkäufen gelten dagegen die Regeln des Insiderrechts[158].

429

Zulässige Kursstabilisierungsmaßnahmen sind nur zeitlich befristet erlaubt (Art. 5 Abs. 4 lit. a MAR). Kursstabilisierung ist dabei jeder Kauf bzw jedes Angebot zum Kauf von Wertpapieren, den bzw das ein Kreditinstitut oder eine Wertpapierfirma mit dem alleinigen Ziel tätigt, bei Verkaufsdruck den Marktkurs der Papiere für einen im Voraus bestimmten Zeitraum zu stützen (Art. 3 Abs. 2 lit. d MAR). Spätestens nach sieben Handelstagen nach den Maßnahmen ist mitzuteilen, ob tatsächlich Maßnahmen ergriffen worden sind (Art. 5 Abs. 4 lit. b, Abs. 5 MAR).

3. Rechtsfolgen eines Verstoßes

a) Strafrechtliche Folgen und Ordnungswidrigkeit

430

Ein Verstoß gegen das Insiderhandelsverbot des Art. 14 MAR kann eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat darstellen (§§ 119 f WpHG). Bei der Abgrenzung kommt es nicht auf die Stellung des Insiders als Primär- oder Sekundärinsider, sondern allein darauf an, ob der Täter vorsätzlich (Straftat) oder leichtfertig (Bußgeld) handelte. Zu unterscheiden ist zwischen den einzelnen verbotenen Handlungen. Es gelten die Art. 30–34 MAR, § 120 WpHG (verwaltungsrechtliche Sanktionen und Maßnahmen) sowie § 119 WpHG (Straf- und Bußgeldvorschriften). Da die strafrechtlichen Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein sollen (Art. 7 Abs. 1 CRIM-MAD), sieht Art. 30 Abs. 2 MAR einen Mindeststrafrahmen vor[159], der bei der Umsetzung (§ 120 WpHG) einzuhalten war.

aa) Folgen bzgl Verwendungsverbots (Art. 14 lit. a MAR)

431

Nach Art. 30 Abs. 1 MAR ist ein (leichtfertiger) Verstoß gegen das Nutzungsverbot des Art. 14 lit. a MAR eine Ordnungswidrigkeit, die von der zuständigen Behörde mit einer angemessenen verwaltungsrechtlichen Sanktion oder anderen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen zu ahnden ist. Die Behörde ist v.a. befugt, Untersagungsverfügungen zu erlassen, infolge des Verstoßes erzielte Gewinne oder vermiedene Verluste einzuziehen[160], die Zulassung einer Wertpapierfirma auszusetzen oder zu widerrufen, bestimmten Personen vorübergehend oder dauerhaft die Übernahme von Führungsaufgaben in einer Wertpapierfirma zu untersagen und ihnen vorübergehend Eigengeschäfte zu verbieten (Art. 30 Abs. 2 UAbs. 1 lit. a–h MAR; § 6 Abs. 6 ff WpHG)[161]. Daneben sieht die MAR bei leichtfertigem Handeln die Verhängung von Geldbußen vor („verwaltungsrechtliche finanzielle Sanktionen“; § 120 Abs. 14 WpHG iVm § 119 Abs. 3 Nr. 1 WpHG). Leichtfertig handelt, wer die gebotene Sorgfalt in außergewöhnlich hohem Maß unbeachtet lässt.

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Handelt es sich beim Verstoßenden um eine natürliche Person, kann der leichtfertige Verstoß mit einem Bußgeld bis zu 5 Mio. Euro geahndet werden (Art. 30 Abs. 2 UAbs. 1 lit. i Ziff. i MAR; § 120 Abs. 14, 18 Satz 1 WpHG). Bei einer juristischen Person beträgt das maximal mögliche Bußgeld mindestens 15 Mio. Euro oder 15 % des jährlichen Gesamtumsatzes (Art. 30 Abs. 2 UAbs. 1 lit. j Ziff. i MAR, § 120 Abs. 14, 18 Satz 2 Nr. 1 WpHG)[162]. Dieser Mindesthöchstbetrag kann sowohl für natürliche als auch für juristische Personen überschritten werden, wenn die Behörde ein Bußgeld in Höhe des mit dem Insidergeschäft erzielten Gewinns (bzw des vermiedenen Verlusts) multipliziert mit dem Faktor drei verhängt (Art. 30 Abs. 2 UAbs. 1 lit. h MAR, § 120 Abs. 14, 18 Satz 3 WpHG).

433

Bei Vorliegen von Vorsatz macht sich derjenige, der ein Insidergeschäft tätigt (Art. 14 lit. a, 8 Abs. 1 MAR), strafbar (§ 119 Abs. 3 Nr. 1 WpHG)[163]. Eine solche Straftat wird mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe geahndet[164].

bb) Folgen bzgl Empfehlungs- und Verleitungsverbots (Art. 14 lit. b MAR)

434

Im subjektiven Tatbestand muss die Empfehlung des Erwerbs oder der Veräußerung eines Wertpapiers bzw die Verleitung hierzu vorsätzlich oder leichtfertig erfolgt sein. Ein vorsätzlicher Verstoß gegen Art. 14 lit. b MAR stellt eine Straftat dar (§ 119 Abs. 3 Nr. 2 WpHG), während ein leichtfertiger Verstoß eine Ordnungswidrigkeit ist (§ 120 Abs. 14 WpHG). Die verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Folgen sind dieselben wie beim Verstoß gegen das Verwendungsverbot des Art. 14 lit. a MAR.

cc) Folgen bzgl Offenlegungsverbots (Art. 14 lit. c MAR)

435

Eine unrechtmäßige Offenlegung (Art. 14 lit. c MAR) ist nach Art. 30 Abs. 1 MAR eine Ordnungswidrigkeit. Die zuständige Behörde ist befugt, dieselben verwaltungsrechtlichen Sanktionen und Maßnahmen, insbesondere Bußgelder, zu verhängen wie bei einem Verstoß gegen das Verwendungsverbot[165]. Für die Erfüllung des subjektiven Tatbestands ist Voraussetzung, dass der Insider bzgl der Mitteilung oder des Zugänglichmachens einer Insiderinformation vorsätzlich oder leichtfertig handelte[166]. Bloße einfache Fahrlässigkeit reicht nicht.

436

Vorsatz liegt vor, wenn der Täter weiß, dass es sich bei der relevanten Information um eine Insiderinformation handelt. Anders ist es, wenn er davon ausgeht, dass die Information bereits öffentlich bekannt gemacht worden ist. Außerdem muss er wissen oder damit rechnen und dies in Kauf nehmen, dass sich der Dritte Kenntnis von der Insiderinformation verschaffen wird. Daher liegt keine vorsätzliche Offenlegung vor, wenn jemand ein Papier, das Insiderinformationen enthält, in den Papierkorb wirft, ohne sich klar zu machen, dass das Raumpflegepersonal von dem Inhalt des Papiers Kenntnis nehmen könnte. Allerdings kann ein solches Handeln leichtfertig sein, da die gebotene Sorgfalt in einem ungewöhnlich hohen Maße verletzt wurde.

Beispiele:

Schriftstücke werden liegen gelassen oder Interna ausgeplaudert[167], Insiderinformationen werden in einer unverschlüsselten Email versendet[168] oder jemand lässt an seinem Computer eine passwortgeschützte Datei geöffnet, verlässt den Raum und ermöglicht so anderen den Zugang zu Insiderinformationen[169].

437

Ein Verstoß gegen Art. 14 lit. c MAR ist bei vorsätzlichem Handeln eine mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndete Straftat (§ 119 Abs. 3 Nr. 3 WpHG), bei leichtfertigem Handeln eine Ordnungswidrigkeit (§ 120 Abs. 14 WpHG). Das Gericht kann auch den Verfall des aus dem Insidergeschäft erzielten Gewinns anordnen (§§ 73 ff StGB).

dd) Anstiftung/Beihilfe

438

Art. 6 Abs. 1 CRIM-MAD verlangt, dass Anstiftung und Beihilfe zu einem verbotenen Insidergeschäft (Art. 14 lit. a, 8 Abs. 1 MAR) oder zu einer unrechtmäßigen Offenlegung von Insiderinformationen (Art. 14 lit. c, 10 Abs. 1 MAR) strafbar sind. Insofern gelten die allgemeinen strafrechtlichen Regelungen. Das setzt jedoch voraus, dass die Tat, zu der angestiftet oder Beihilfe geleistet wird, selbst unter Strafe gestellt ist. Eine Ordnungswidrigkeit reicht nicht aus. Das Insidergeschäft, zu dem angestiftet oder Beihilfe geleistet wird, muss also vorsätzlich begangen worden sein.

439

Auch bei der unrechtmäßigen Offenlegung der Insiderinformation muss der Haupttäter vorsätzlich handeln. Weil derjenige, der einem anderen ein verbotenes Insidergeschäft empfiehlt oder ihn dazu anstiftet, bereits Anstifter oder Gehilfe ist, sind Anstiftung und Beihilfe hier schon im Grundtatbestand des Art. 14 lit. b, 8 Abs. 2 MAR erfasst und fehlen deshalb in Art. 6 Abs. 1 CRIM-MAD.