Begriffe der Psychologie

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•Mangelnde Bereitschaft zur Selbstenthüllung (bei privaten Inhalten)

•Motive zur Selbstdarstellung, Effekt der sozialen Erwünschtheit (bei Interviewpartnern einer Befragung einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen, sich nicht zu blamieren etc.)

•Befürchtung negativer Konsequenzen (Zweifel an anonymer Verarbeitung der Daten)

•Sponsorship-Bias (Vermutungen über die Absichten der Auftraggeber von Befragungen)

•Kontext-Effekte (z. B. Einfluss von Stimmungen)

•Urteilsheuristiken (pragmatische, zeitsparende und oft unlogische Art der Schlussfolgerungen)

•Anwesenheitseffekte (Beeinflussung des Antwortverhaltens durch anwesende Personen)

In Anlehnung an Bortz & Döring (1995).

Attraktivität siehe S. 149

Interessanterweise werden solche Gesichter als besonders schön empfunden, die aus vielen Fotografien mittels Computer als sogenannte → Durchschnittsgesichter erzeugt wurden (Rhodes, 2006), wobei die Ausmaße der einzelnen Gesichtsmerkmale (Augen, Nase, Mund, Stirn) und deren Abstände gemittelt sind. Eine besonders umfangreiche deutsche Untersuchung zur Attraktivität von Gesichtern (Braun et al., 2001; s. auch Carbon, 2010) hat darüber hinaus noch weitere Einflussfaktoren aufgezeigt, die für beide Geschlechter gelten: 1. Bräune und Reinheitsgrad der Haut, 2. ein eher schmales Gesicht, 3. geringer Fettansatz, 4. volle Lippen, 5. dunkle Augenbrauen und dunkle Wimpern (unabhängig von der Haarfarbe), 6. eher hohe Wangenknochen, 7. nur bei Frauengesichtern: eine Annäherung an das Kindchenschema (größere gewölbte Stirn, größere runde Augen, kleinere kürzere Nase, runde Wangen, kleines Kinn). Hinsichtlich der Auswirkungen der Attraktivität eines Gesichtes auf die Beurteilung der Persönlichkeit zeigte sich in der zuvor genannten Untersuchung ein massiver Vorurteilseffekt (→ Halo-Effekt): Attraktiveren Gesichtern wurde mit 60 bis 80 % Wahrscheinlichkeit auch eine positivere Eigenschaftsstruktur zugeschrieben (erfolgreicher, sympathischer, intelligenter, zufriedener, aufregender, kreativer…).

Attributionen siehe S. 323, 333

Im täglichen Leben bilden wir uns Attributionen, das sind Ursachenzuschreibungen. Als internale Attribution gilt, wenn ein Verhalten oder eine Leistung im Wesentlichen sich selbst zugeschrieben wird, wenn jedoch überwiegend andere Faktoren verantwortlich gemacht werden (Aufgabe, Situation), spricht man von externaler Attribution.

Audiogramm siehe S. 158

Ein Audiogramm gibt den Verlauf der akustischen Schwellen für die einzelnen Frequenzen grafisch wieder. Je nachdem, ob der Schall über Kopfhörer oder über einen Schwingkörper hinter dem Ohr verabreicht wird, kann auch der Ort einer Störung eingegrenzt werden (Außenohr – Mittelohr – Innenohr). Mittels Ableitung von Gehirnströmen von der Kopfhaut (»Evoked Response Audiometrie«, ERA) kann sogar bei Säuglingen und Kleinkindern eine sogenannte »objektive Audiometrie« durchgeführt werden, bei der allein auf Basis der elektroenzephalografischen Reaktion des Hörzentrums auf Töne das Hörvermögen beurteilt werden kann (s. etwa Guttmann, 1982).

Audiometrie siehe S. 158

Zur Prüfung der Hörleistung wird eine Audiometrie (»Schwellen-Audiometrie«) durchgeführt, bei der Töne verschiedener Lautstärke und Frequenz in zufälliger Abfolge dargeboten werden und von der Testperson identifiziert werden müssen.

Auffälligkeit siehe S. 332

Die Aufnahme von sozialen Informationen wird besonders durch die Aufmerksamkeitsausrichtung und die Auffälligkeit der Reize gesteuert. So etwa werden in Diskussionen Personen, die besser beleuchtet oder auffälliger gekleidet sind, häufiger beachtet und infolgedessen als einflussreicher im Diskussionsprozess angesehen (Taylor & Fiske, 1975). Auch sind seltene Ereignisse oder Merkmale im Allgemeinen auffälliger als häufige, sodass ihnen bei kognitiven Urteilen mehr Gewicht zukommt. Dies trifft insbesondere auf negative Personenmerkmale zu, die wahrscheinlich aufgrund der gesellschaftlichen Höflichkeitsregeln in Gesprächen seltener zum Ausdruck kommen und deshalb bei Personenbeschreibungen mehr Wirkung zeigen (»Negativitätsbias«). Die Auffälligkeit von Reizen wird aber natürlich nicht nur von äußerlichen Merkmalen oder deren Auftrittswahrscheinlichkeit bestimmt, sondern auch von deren subjektiver Bedeutung.

Aufmerksamkeit siehe S. 105

In der Psychologie werden oft jene Prozesse, auf die sich die Aufmerksamkeit richtet, als bewusst und alle anderen als neben-, unteroder unbewusst charakterisiert.

Aufnahme von Wissen siehe S. 227

Entscheidend für die Gedächtnisleistung ist die Form, in welcher Informationen dem Gedächtnis zugeführt werden (z. B. als Melodien, sprachliche Inhalte, Vorstellungen, Gedanken usw.), und die Bedingungen, unter denen dies geschieht (z. B. Aufmerksamkeit, Bedürfnislage, Kontext, Gliederung der Inhalte, Reihenfolge der Einprägung usw.). Wie erwähnt, geht jeder Enkodierung von Speicherinformation bereits eine Filterung voraus, die durch Gestaltbildung, Aufmerksamkeitsausrichtung und Begriffskategorisierung zustande kommt, wobei auch irrelevant wirkende Details Einfluss ausüben, wie etwa die jeweilige Stimmung, der räumliche Kontext, verbale Kommentare oder Ähnliches.

Augenbewegungen siehe S. 150

Während wir ein Wahrnehmungsbild scheinbar ruhig betrachten, reizen die optischen Muster kaum länger als Bruchteile von Sekunden dieselben Netzhautbereiche; verschiedenartige unwillkürliche und willkürliche Augenbewegungen (»Drift«, »Nystagmus« und »Sakkaden«) erzeugen vielmehr laufend Veränderungen in der Bildprojektion. Sobald durch experimentelle Kunstgriffe ein stabiles Netzhautbild erzeugt wird – wie zum Beispiel durch Lähmung der Augenmuskeln oder durch Aufbringen eines Kleinstdiaprojektors auf die Haftschale eines Auges –, löst sich das optische Bild noch innerhalb von Sekunden auf und wird vom sogenannten »subjektiven Augengrau« abgelöst (Pritchard, 1972). Damit also von unserer Umwelt trotz ständiger Kopf- und Augenbewegungen ein stabiler visueller Wahrnehmungseindruck entsteht, muss das Gehirn die bewegungsbedingten Veränderungen im Bild kompensieren. Es verrechnet hierfür einerseits nervöse Signale aus dem Gleichgewichtsorgan (welches bei Extremreizungen optische Störungen auslöst, wie etwa Drehschwindel nach Walzertanzen) und nützt andererseits die neuronalen Begleitinformationen von willkürlich oder unwillkürlich ausgelösten Augen- und Körperbewegungen (so etwa erzeugt eine vorgetäuschte Augenbewegung durch seitlichen Druck mit dem Finger auf den Augapfel eine ruckartige Verschiebung des visuellen Bildes). Diese bewegungsorientierten Kompensationsleistungen sowie die Fähigkeit, bewegte oder statische Objekte kontinuierlich mit

den Augen zu fixieren, gewährleisten hauptsächlich der → optokinetische und der → vestibulookuläre Reflex (Pritzel et al., 2003).

Ausführung siehe S. 201

Begriff aus der → sozial-kognitiven Lerntheorie: Eine Verhaltensweise wurde durch Beobachtung innerlich (»latent«) gelernt (→ Erwerb) und tritt erst dann offen (»manifest«) zutage, wenn dafür Anreize und günstige Verstärkungsbedingungen vorhanden sind.

Ausgangszustand siehe 251

Der Ausgangszustand eines Problems wird durch den → Problemkenntnisstand (»initial knowledge state«) kognitiv abgebildet, die Transformationen vom Ausgangszum → Zielzustand in Form kognitiver Operationen (»mental operators«). Es muss ein mentales Modell über die gegebene Problemsituation konstruiert oder aus dem Gedächtnis abgerufen werden, anhand dessen die Übergänge vom Ausgangszustand zum Zielzustand geistig simuliert werden können (Wüstenberg, Greiff & Funke, 2012).

Ausprägungen siehe S. 61

Die verschiedenen Belegungen von Variablen nennt man ihre Ausprägungen oder – wenn diese aus Zahlen bestehen – ihre Werte.

Autogenes Training siehe 116, 426

Autogenes Training ist eine Entspannungstherapie. Entspannungs und → Hypnosetherapien bezwecken eine Harmonisierung der physiologischen und vegetativen Körperfunktionen, insbesondere eine Senkung des allgemeinen Aktivierungsniveaus und eine Senkung der Intensität emotionaler Aktivierungs- und Stressreaktionen.

Automatisierungsphase siehe S. 196

Beim Erwerb von Fertigkeiten können mehrere Phasen unterschieden werden. In der Automatisierungsphase laufen die Handlungen bereits ohne bewusste Kontrolle ab und werden immer schneller ausführbar. Die Zunahme des Lernerfolgs lässt sich wie bei den meisten Lernprozessen durch eine Potenzfunktion beschreiben.

Autorität siehe S. 348

Das Verhalten von Menschen kann auch durch verschiedene Arten sozialer Macht beeinflusst sein (in Anlehnung an French & Raven, 1959): soziale Macht durch Legitimität, Ressourcen, Wissen, Identifikation oder Zwang. Autorität ist das Ansehen aufgrund von sozialer Macht.

Autoritätsgläubigkeit siehe S. 346 f.

Wer als Autorität oder Experte auftritt, genießt im Allgemeinen größere Glaubwürdigkeit und hat entsprechend mehr Einfluss auf andere. Innerhalb von Organisationen wirkt sich zusätzlich die Höhe der Position in der Hierarchie positiv auf die Überzeugungsmacht einer Person aus. Bei dieser tendenziell beobachtbaren, jedoch individuell variablen Autoritätsgläubigkeit, handelt es sich offenbar um ein nützliches Prinzip der Meinungsanpassung, welches jedoch im sozialen Kontext durch Vortäuschung von Autorität und Erfahrung auch missbraucht werden kann.

B

Begriffe im Überblick

 

Basisemotionen • Bayes-Logik • Bayes-Theorem • bedingte Wahrscheinlichkeit • Bedürfnishierarchie • Bedürfniskomplementarität • Bedürfnispyramide • Bedürfnisse • Befragung • Begriffe • Begriffslernen • Behaviorismus • behavioristische Perspektive • Belohnungssystem • beobachterabhängige Urteilsverzerrungen • Beobachtung • Beobachtungslernen • Bestätigungsfehler • Bestrafung • Bestrafungssystem • Betroffenheit • Bewältigungsarbeit • Bewegungsparalaxe • Bewegungstäuschung • Bewertungsfunktion • Bewertungssystem • Bewusstsein • Bewusstseinslage • Bewusstseinszustände • Beziehungsabbruch • Beziehungsregeln • Bicameral Mind • Bindungsstil • Bindungsverhalten • binokulare Tiefenhinweise • Binomialverteilung • Biofeedback • biologische Perspektive • biologischer Rhythmus • biologischer Speicher • biopsychosozialer Ansatz • Biorhythmus • Bumerang-Effekt • Bystander-Phänomen

Basisemotionen siehe S. 308

Lange Zeit beschäftigte man sich mit der Frage, ob es eindeutige Abgrenzungen zwischen emotionalen Zuständen gibt bzw. ob man sogenannte Basis-, Primäroder Grundemotionen annehmen kann. Je nach theoretischem Ansatz ergaben sich zwischen zwei und über zwanzig solcher Basisemotionen, sodass manche Forscher die Sinnhaftigkeit derartiger Klassifikationen bezweifeln (Ortony & Turner, 1990). In mimischen Ausdrucksuntersuchungen jedenfalls wurden kulturübergreifend zwischen sechs und sieben Grundemotionen relativ übereinstimmend klassifiziert (Elfenbein & Ambady, 2002, 224): Glück/Freude (79 %), Trauer (68 %), Überraschung (68 %), Ärger (65 %), Ekel (61 %), Furcht (58 %) und Verachtung (43 %). Kulturintern sind die Werte zutreffender Emotionseinschätzung um etwa zehn Prozentpunkte besser. Ebenfalls als Grundemotionen vorgeschlagen wurden von verschiedenen Forschern Interesse, Schmerz, Mut, Verzweiflung, Schuld, Scham, Hass, Erleichterung, Bedauern, Neid, Enttäuschung, Zorn, Verwunderung und Hoffnung.

Bayes-Logik siehe S. 275

Wenn sich in Denk- und Schätzprozessen die im → Bayes-Theorem aufgezeigten Verhältnisse zumindest annähernd abbilden, spricht man auch von → statistischem Denken oder von Bayes-Logik (»Bayesian reasoning«).

Bayes-Theorem siehe S. 78

Das nach dem britischen Mathematiker und Geistlichen Thomas Bayes (1702– 1761) benannte Theorem erlaubt wahrscheinlichkeitstheoretisch korrekte Schätzungen über die Gültigkeit von Hypothesen:


p(H) ist die → Apriori-Wahrscheinlichkeit einer Hypothese, p(D/H) ist die → bedingte Wahrscheinlichkeit von Daten unter der Bedingung einer Hypothese und p(H/D) ist die Wahrscheinlichkeit für eine Hypothese nach deren Revision aufgrund neuer Erfahrungen, die man → Aposteriori-Wahrscheinlichkeit nennt.

bedingte Wahrscheinlichkeit siehe S. 274

Die bedingte Wahrscheinlichkeit p(D/H) ist die Wahrscheinlichkeit, mit der eine hypothesenkonforme Erfahrung bei Gültigkeit der Hypothese auftritt (z. B., wie wahrscheinlich es ist, dass ein Lügner lügt).

Bedürfnishierarchie siehe S. 313

Maslow (1943), ein Vertreter der Humanistischen Psychologie, wollte das Spektrum menschlicher Motivation nicht nur auf biologische oder überlebenswichtige Bedürfnisse beschränkt sehen, sondern bezog auch kulturelle und geistige Triebkräfte mit ein. Er postulierte eine Bedürfnishierarchie, gemäß der die unteren bzw. Basisbedürfnisse (»Mangelbedürfnisse«) weitgehend erfüllt sein müssen, bevor die höheren Bedürfnisse wirksam werden (»Wachstumsbedürfnisse«). Auch wenn der empirische Nachweis einer solchen Rangreihung kaum zu führen ist, entspricht diese doch der Alltagserfahrung und der Lebensweisheit, dass ohne ausreichende Befriedigung der vitalen Grundbedürfnisse sich die »höheren« Motive kaum entwickeln können.

Bedürfniskomplementarität siehe S. 354

Je weiter private Beziehungen fortgeschritten sind, desto bedeutsamer wird die Übereinstimmung in den Bedürfnissen (»Kompatibilität«) bzw. deren Verträglichkeit. Der populäre Spruch »Gegensätze ziehen sich an« dürfte nur dort stimmen (wenn überhaupt), wo durch den Partner bei weitgehender Bedürfnisübereinstimmung ein Ausgleich eigener Schwächen gewünscht oder erwartet wird. Wichtige partnerschaftliche Bedürfnisse, in denen Übereinstimmung erzielt werden sollte, sind Intimität, Ebenbürtigkeit und Vertrauen (Kelley & Burgoon, 1991).

Bedürfnispyramide siehe S. 313

Jene Motive, die in unterschiedlicher Stärke auch gleichzeitig vorhanden sein können, werden oft als → Bedürfnisse bezeichnet. Schaefer (1992) unterscheidet diesbezüglich physische (z. B. Nahrung, Freizeit), mentale (z. B. Liebe), soziale (z. B. Freunde) und Umweltbedürfnisse (z. B. gute Luft). Ein Beispiel für eine Klassifikation von Bedürfnissen hinsichtlich ihres Stellenwerts für das Überleben des Menschen ist die weithin bekannte Bedürfnispyramide von Maslow (1943; Maslow & Lowery, 1998). siehe → Bedürfnishierarchie.

Bedürfnisse siehe S. 312 f.

Motive oder Bedürfnisse sind mentale Repräsentationen (Vorstellungen) wertbesetzter zukünftiger Zustände, die angestrebt oder vermieden werden bzw. verhaltensregulierend wirksam sind.

Befragung siehe S. 32, 91

Die Befragung ist ein sehr häufig eingesetztes sozialwissenschaftliches Verfahren der Datenerhebung, welches in strukturierter Form auch einer statistischen Auswertung zugeführt werden kann. Da die verschiedenen Varianten der Befragung zu den häufigsten Methoden der Datengewinnung in den Sozialwissenschaften zählen, werden sie auch manchmal als deren »Königsweg« bezeichnet (Ebster & Stalzer, 2003). »Befragung bedeutet Kommunikation zwischen zwei oder mehreren Personen. Durch verbale Stimuli (Fragen) werden verbale Reaktionen (Antworten) hervorgerufen: Dies geschieht in bestimmten Situationen und wird geprägt durch gegenseitige Erwartungen« (Atteslander, 2003, 120) Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal von Befragungen ist der Grad ihrer Standardisierung. Hinsichtlich der Freiheitsgrade bei der Durchführung von Gesprächen mit Untersuchungspersonen unterscheidet man standardisierte, teilstandardisierte und nichtstandardisierte Befragungen (Interviews).

Begriffe siehe S. 197 f.

Begriffe sind mentale Repräsentationen einer bestimmten Konfiguration von Merkmalen, die mit einem Namen versehen sein können.

Begriffslernen siehe S. 263

Beim Begriffslernen sollen für Gruppen von Objekten, Situationen oder Prozessen jene Merkmale und Merkmalsrelationen herausgefunden werden, die ihnen gemeinsam sind. Der Prozess ist vergleichbar mit jenem in der → Inferenzstatistik, wo von Fällen mit variierenden Variablenausprägungen auf einen gesetzmäßigen Zusammenhang der Variablen geschlossen wird.

Behaviorismus siehe S. 24

Vor allem in den USA dominierendes wissenschaftstheoretisches Konzept, bei dem das Verhalten des Menschen durch einfache »Reiz-Reaktions-Modelle« erklärt wird. Etwa ab 1960 löste der → Kognitivismus (»Kognitive Wende«) den Behaviorismus ab. Das Verhalten des Menschen wird nun durch komplexe, hierarchische Regulationsprozesse eines kognitiven Systems erklärt, dem psychische Funktionen zugeschrieben werden (Interpretation, Klassifikation, Lernen, Denken, Urteilen etc.).

behavioristische Perspektive siehe S. 50

Ein auf das »objektiv« beobachtbare Verhalten (amerikan.: »behavior«) des Menschen (und von Tieren) ausgerichteter Ansatz, bei dem die gesetzmäßige Aufklärung von Reiz-Reaktions-Beziehungen im Vordergrund steht und der auf Aussagen über »innere« – bewusste oder unbewusste – Prozesse verzichtet.

Belohnungssystem siehe S. 302

Die neuronale Steuerung von Annäherungs- und Vermeidungsprozessen im Gehirn wird einerseits dem Belohnungssystem (Tegmentum, Nucleus accumbens, …) und andererseits dem → Bestrafungssystem (Zentrales Höhlengrau, Amygdala, Septum, Hippocampus,…) zugeschrieben. Angenehme Konsequenzen bzw. Belohnungen führen üblicherweise zu einer Fortführung bzw. späteren Wiederausführung des aktuellen Verhaltens (»behavioral activation system«), während negative Konsequenzen bzw. Bestrafungen dieses hemmen (»behavioral inhibition system«).

beobachterabhängige Urteilsverzerrungen siehe S. 82

Störeffekte in psychologischen Experimenten, engl.: »observer bias«; entstehen durch persönliche Motive und Erwartungen und sollten vonseiten der Forscherinnen und Forscher beachtet werden.

Beobachtung siehe S. 90

Die Selbst- und Fremdbeobachtung zählt zu den ältesten Forschungsinstrumenten der Psychologie. Die wissenschaftliche Beobachtung unterscheidet sich von jener des Alltags durch ihre Theoriegeleitetheit und Systematik. »Unter Beobachtung versteht man das systematische Erfassen von wahrnehmbaren Verhaltensweisen, Handlungen oder Interaktionen einer Person oder Personengruppe zum Zeitpunkt ihres Auftretens« (Ebster & Stalzer, 2003, 221). Grundsätzlich sollte die Beobachtung als Mittel der Informationsgewinnung in allen Untersuchungen zumindest begleitend eingesetzt werden, und auch die beschriebenen Gütekriterien von Tests sollten eigentlich für alle Datengewinnungsverfahren in der Psychologie gelten. So sind auch Beobachtungen einer Objektivitätsprüfung zu unterziehen, indem die Übereinstimmung verschiedener, unabhängiger Beobachterinnen oder Beobachter festgestellt wird.

Beobachtungslernen siehe S. 200

Albert Bandura (1965) zeigte auf, dass das Lernen am Modell bei Kindern die vielleicht wichtigste Lernform ist, besonders im Bereich des Sozialverhaltens. In einem berühmten Experiment geht es um die → Imitation aggressiven Verhaltens durch vierjährige Kinder. Jedes Kind sah zunächst einen Kurzfilm, in dem ein Erwachsener aggressive Verhaltensweisen und Verbalisierungen gegenüber einem aufblasbaren Stehaufmännchen zeigte. Die erwachsene Modellperson bekam dafür im Film entweder Belohnungen wie Limonade, Süßigkeiten und Lob, oder sie wurde getadelt und bekam einen Klaps, oder aber es folgten keine beobachteten Konsequenzen. Danach wurde jedes der Kinder mit der Puppe allein gelassen und hinter einer Einwegscheibe beobachtet. Nach der Beobachtung eines aggressiven Modells zeigten die Kinder viele ähnliche aggressive Verhaltensweisen und Kommentare (wobei Jungen allgemein aggressiver waren als Mädchen). Jene Kinder allerdings, die beobachtet hatten, wie das Modell für sein Verhalten bestraft wurde, zeigten deutlich weniger Aggressionen.

Bestätigungsfehler siehe S. 264

Eine deutlich ausgeprägte, wahrscheinlich für viele Fehlleistungen des Alltags verantwortliche Denkneigung betrifft die Bestätigungstendenz beim Prüfen von Hypothesen. Wenn wir allgemeine Aussagen (z. B. Meinungen, Vorurteile) im Kopf haben, testen wir üblicherweise positiv, das heißt, wir suchen Beispiele, die der Annahme entsprechen, und nicht Gegenbeispiele, die Chancen für eine Widerlegung böten. Wason (1960) konnte diesen Bestätigungsfehler (»confirmation bias«) auch bei einfachen Hypothesen über Gesetzmäßigkeiten in Zahlenreihen überzeugend nachweisen.

Bestrafung siehe S. 191 f.

Allgemein findet instrumentelles Lernen dann statt, wenn wiederholt eine bestimmte Situation wahrgenommen wird (»diskriminativer Hinweisreiz«; SD), in der bestimmte Verhaltensweisen (R) zu bestimmten Konsequenzen führen (K). Wenn die Konsequenz die Auftrittswahrscheinlichkeit des Verhaltens erhöht, spricht man von → Verstärkung, wenn sie die Auftrittswahrscheinlichkeit senkt, spricht man von Bestrafung.

Bestrafungssystem siehe S. 302

Die neuronale Steuerung dieser Prozesse im Gehirn wird einerseits dem → Belohnungssystem (Tegmentum, Nucleus accumbens,…) und andererseits dem Bestrafungssystem (Zentrales Höhlengrau, Amygdala, Septum, Hippocampus, …) zugeschrieben. Angenehme Konsequenzen bzw. Belohnungen führen üblicherweise zu einer Fortführung bzw. späteren Wiederausführung des aktuellen Verhaltens (»behavioral activation system«), während negative Konsequenzen bzw. Bestrafungen dieses hemmen (»behavioral inhibition system«).

Betroffenheit siehe S. 278

Untersuchungen zur → Risikowahrnehmung von Slovic, Fischoff und Lichtenstein (1980, 1985; Slovic, 1987) ergaben insgesamt 18 differenzierende Charakteristika zur Klassifikation von Risiken mit interessanten Rückschlüssen auf die Risikoeinschätzung in der Bevölkerung. Ein Merkmal, das mit erhöhter Risikoeinschätzung verbunden war, ist Betroffenheit (»known to exposed«): Ereignisse, die einen selbst betreffen können, erscheinen gefährlicher.

 

Bewältigungsarbeit siehe S. 430

Klaus Grawe extrahierte aus den als wirksam nachgewiesenen einzelnen Therapietechniken vier allgemeine, schulenübergreifende → psychotherapeutische Wirkfaktoren, die er als zukünftige Therapierichtlinien einer »Allgemeinen Psychotherapie« oder als Wirkkomponenten einer idealen »Psychologischen Therapie« (Grawe, 1998) empfahl. Als wichtigsten und größten Wirkfaktor identifizierte Grawe die »aktive Hilfe zur Problembewältigung«. Sie fördert in Problemsituationen die Selbstwirksamkeitswahrnehmung und hilft, Hilflosigkeit zu reduzieren. Selbstsicherheitstraining, Entspannungstraining oder Angstbewältigungstraining sind Beispiele dafür, wie durch Vermittlung psychologischen Wissens und entsprechender Strategien kritische Lebenssituationen besser gemeistert und neue, positive Erfahrungen gemacht werden können.

Bewegungsparalaxe siehe S. 139

Wir nützen für die Rauminterpretation die Bewegungsparalaxe, das ist die – geometrisch begründete – stärkere Verschiebung der Objekte im Vordergrund verglichen mit jenen im Hintergrund, wenn wir uns quer zu ihnen bewegen (z. B. beim Blick aus einem Zugfenster).

Bewegungstäuschung siehe S. 150

Da die Wahrnehmung von Bewegungen für höher entwickelte Organismen eine lebensrelevante Bedeutung besitzt, haben sich dafür im Laufe der evolutionären Entwicklung einige relativ starre – und deshalb auch täuschungsanfällige – Wahrnehmungsmechanismen herausgebildet. Eine solche Bewegungstäuschung, die bereits von den Gestaltpsychologen vor etwa hundert Jahren untersucht wurde, besteht darin, dass zwei in Nachbarschaft kurz hintereinander aufleuchtende Lichtpunkte als ein bewegter Punkt wahrgenommen werden (»Phi-Phänomen«). Diese Täuschung entsteht auch dann, wenn nicht Lichtpunkte, sondern Bildelemente ihre Position schrittweise von einer Darstellung zu anderen verändern, was bekanntlich die Voraussetzung für die Entwicklung der Filmtechnik war: Bewegte Szenen, die mit 24 Bildern pro Sekunde fotografiert wurden, lösen bei gleichermaßen schnell aufeinanderfolgender Darbietung einen natürlichen Bewegungseindruck aus.

Bewertungsfunktion siehe S. 252 f.

Wenn für einen Problemtyp keine sichere Lösungsstrategie verfügbar ist (»Algorithmus«), dann muss mittels → Heuristiken eine schrittweise Annäherung an Zielzustände versucht werden. Um allerdings einschätzen zu können, ob und wie stark man sich dem Ziel nähert, ist den Zuständen im Problemraum eine Bewertungsfunktion zuzuordnen (z. B. Einschätzung der Entfernung zu einem gesuchten Ziel, Chanceneinschätzung für einen Gewinn, Attraktivität einer Situation). Ein vom Prinzip her auch in der Mathematik und Statistik eingesetztes heuristisches Verfahren zur Optimierung von Zuständen ist die

»Methode der Unterschiedsreduktion«, bei der jener Pfad im Problemraum ausgewählt wird, der schrittweise mit der größten Bewertungszunahme verbunden ist.

Bewertungssystem siehe S. 172 f.

Das Aktivierungssystem stellt nur einen groben Regulationsmechanismus zur biologischen Bewertung von Lebensumständen dar, sodass sich in der Phylogenese komplexer Lebensformen (Säugetiere) bald auch ein differenzierteres zentralnervöses Bewertungssystem, nämlich das → limbische System (→ Amygdala), herausbildete. Dieses nimmt laufend einen Vergleich zwischen Ist- und Sollwerten im biologischen und psychischen Bereich vor und stellt fest, ob die gegebene Situation grundsätzlich eher als günstig oder als ungünstig einzuschätzen ist (Critchley & Garfinkel, 2018). Führt dieser Vergleich zu einem positiven Ergebnis, dann manifestiert sich dies subjektiv in einem positiven Gefühl (Zufriedenheit, Freude, Glück,…), verbunden mit der Tendenz, den vorhandenen Zustand aufrechtzuerhalten und die gerade ausgeübte Tätigkeit fortzusetzen oder in Zukunft zu wiederholen (z. B. Essen, wenn etwas gut schmeckt). Weichen jedoch die Istvon den Sollwerten zu stark ab, dann kommt es zu einem negativen Gefühl, wie etwa Unruhe, Angst oder Aggression, verbunden mit der Tendenz, den vorhandenen Zustand zu verändern und in Zukunft zu vermeiden. In die Bewertung der Situation fließt auch die Wahrnehmung des eigenen Aktivierungsniveaus und der körperlichen Empfindungen mit ein (Critchley & Harrison, 2013).

Bewusstsein siehe S. 103–106

Das Bewusstsein hat innerhalb der Psyche die besondere Funktion, den Output aus verschiedenen Systemen zu integrieren, den Transfer in Langzeitspeichersysteme zu bewirken und Informationen an psychische »Filterprozessoren« (z. B. Aufmerksamkeit) oder »Servomechanismen« (z. B. Sprachzentren) als modulare Informationsverarbeitungssysteme weiterzugeben. Als eine der wichtigsten Funktionen fällt dem Bewusstsein nach Mandler (1979, 78) »die Prüfung potenzieller Handlungsmöglichkeiten und die Bewertung der situativen Gegebenheiten« zu. Nach Solso (2005, 150) scheint das Bewusstsein »der hauptsächliche Prozess zu sein, mit dessen Hilfe sich das Nervensystem an neuartige, herausfordernde und informative Ereignisse in der Welt anpasst«.

Bewusstseinslage siehe S. 108

Mit Bewusstseinslage umschreibt man den Grad an bewusster Kontrolle psychischer Abläufe, der bei äußerster Konzentration im Wachzustand sein Maximum und im Tiefschlaf sein Minimum erreicht.

Bewusstseinszustände siehe S. 108–116

Als Bewusstseinszustände bezeichnet man Ausprägungen des Bewusstseins wie die Bewusstseinslage, Schlaf, Traum, Hypnose, Mediation und Zustände, die durch psychoaktive Medikamente und Drogen ausglöst werden.

Beziehungsabbruch siehe S. 358

Für das Scheitern romantischer Beziehungen (Liebesbeziehungen) führt Gottman (1998a, 1998b) vor allem vier Hauptgründe an, die zu einem Teufelskreis negativ dominierter Kommunikation führen:

•Tendenz zu Kritik (an der Person, nicht am Verhalten)

•Abwehr (z. B. von »Schuld«, Verantwortung, Einsicht, Selbsterkenntnis)

•Verachtung (z. B. Beleidigen, Beschimpfen, Spott, Sarkasmus)

•Abblocken (z. B. Schweigen, Zurückziehen, Mauern)

Der Wunsch, den anderen ändern zu wollen, führt häufig zu einem kommunikativen »Forderungs-Rückzug-Muster« (Malis & Roloff, 2006), welches häufig zur Verschlechterung in Partnerschafts- und Eltern-Kind-Beziehungen beiträgt. Um aber eine längerfristige erotische Partnerschaft erfolgreich aufrechterhalten zu können, ist nach Gottman (1998b) zumindest ein Häufigkeitsverhältnis von 5 : 1 zwischen positiven und negativen Verhaltensweisen nötig. Als Gründe für einen Beziehungsabbruch geben Frauen zu geringe Offenheit des Partners, zu wenig eigene Autonomie und einen Mangel an Aufgaben- und Verteilungsgerechtigkeit an, während Männer zu wenig »Romantik« im Zusammenleben beklagen (Baxter, 1986).

Beziehungsregeln siehe S. 357

Argyle und Henderson (1986) gehen in einer internationalen Studie der Frage nach, welche Beziehungsregeln für soziale Relationen (z. B. Arbeits-, Nachbarschafts-, Freundschafts- und Liebesbeziehungen) als die wichtigsten erachtet werden, und bezogen dafür Befragungspersonen aus vier Ländern ein (Großbritannien, Italien, Japan, Hongkong):

•Die Intimsphäre des anderen respektieren

•Vertrauliche Mitteilungen bewahren

•Den anderen nicht öffentlich kritisieren

•Während des Gesprächs immer wieder Augenkontakt halten

Häufige Verstöße gegen diese Regeln schwächen nach Meinung der Befragten eine Beziehung oder führen zu einem Beziehungsabbruch.

Bicameral Mind siehe S. 19

Julian Jaynes (Psychologieprofessor in Princeton) stellte aufgrund antiker Texte aus der Zeit von 3000 bis etwa 700 v. Chr. (Sumer, Babylon, Ägypten, Mayakultur,…) die Hypothese auf, dass die damaligen Menschen noch kaum über ein introspektives (sich selbst wahrnehmendes) Bewusstsein verfügt hätten, sondern nur über eine »bikamerale« Psyche. Darunter versteht Jaynes (1976/1993) eine relativ unabhängige Arbeitsweise beider Gehirnhälften, bei der die rechte Hälfte akustische oder visuelle Halluzinationen in die linke Gehirnhälfte projiziert, welche als »Stimmen« oder »Erleuchtungen« von Göttern interpretiert worden sein könnten. Jaynes bezeichnet solche halluzinierten »Götterstimmen« als neurologische Imperative, welche vielleicht erzieherische oder sittliche Anweisungen (soziale Kontrolle!) zum Ausdruck brachten.

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