Arthritis heilen

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Ankylosierende Spondyloarthritis (AS)

Die ankylosierende Spondyloarthritis ist eine chronisch entzündliche Erkrankung, die leicht verlaufen oder aber zu starken Einschränkungen führen kann. Die Hauptsymptome sind starke, chronische Rückenschmerzen und Steifheit – was logisch ist, denn ankylosis bezeichnet das Steifwerden eines Gelenks und spondylos bezieht sich auf einen Wirbel. Bei dieser Erkrankung bildet sich zwischen den Wirbelgelenken neue Knochenmasse. Es entstehen knöcherne Verbindungen, wodurch die Wirbelsäule immer steifer wird. Ohne rechtzeitige Behandlung können die Wirbel bei manchen Menschen dauerhaft miteinander verwachsen. Die ankylosierende Spondyloarthritis betrifft Männer etwa doppelt bis dreimal so häufig wie Frauen.

Die Diagnose einer ankylosierenden Spondyloarthritis wird gestellt, wenn jemand jünger als 45 Jahre alt ist und die folgenden drei Merkmale aufweist:

1. Chronische Rückenschmerzen, die über drei Monate anhalten,

2. auf dem Röntgenbild oder der MRT-Aufnahme erkennbare Entzündung der Sacroiliacalgelenke und

3. positiver Gentest auf das Protein HLA-B27. Dieser Gentest ist bei etwa 90 Prozent der AS-Patienten positiv.

Ohne diese drei Merkmale ist es unwahrscheinlich, dass die Erkrankung bei Ihnen vorliegt. In diesem Fall müssen Sie mit Ihrem Arzt weiter nachforschen. Wenn ich bei einem Patienten eine ankylosierende Spondyloarthritis vermute, ordne ich einen HLA-B27-Test an. Ist dieser positiv, so schicke ich ihn zur Bestätigung zum Röntgen oder zu seinem Rheumatologen. Ohne HLA-B27-Nachweis ist eine AS-Diagnose zwar möglich, aber sehr ungewöhnlich. Bei negativem Testergebnis sind Sie wahrscheinlich von etwas anderem betroffen.

Etwa 4,6 bis fünf Prozent aller Menschen mit Schmerzen im unteren Rücken haben AS. Der Anteil an der Gesamtbevölkerung wird in den USA auf 0,2 bis 0,5 Prozent geschätzt. Dabei gibt es auch ethnische Unterschiede. Europäer beispielsweise sind zu 7,5 Prozent HLA-B27-positiv. Das ist der höchste Anteil aller ethnischen Gruppen. (Zum Vergleich: Afroamerikaner stellen mit 1,1 Prozent den niedrigsten Anteil.) Allerdings erkranken nur fünf bis sechs Prozent der Menschen mit einem positiven Test auf HLA-B27 an einer ankylosierenden Spondyloarthritis. Diese Zahlen klingen vielleicht nicht besonders hoch, doch wenn man die Gesamtzahl der Menschen bedenkt, sind sie doch besorgniserregend. Eine genetische Vorbelastung heißt jedoch keineswegs, dass Sie nichts tun könnten. Wie bei der rheumatoiden Arthritis müssen wir die jeweiligen Auslöser der Entzündung finden und behandeln, damit sich die Symptome bessern. Auch bei AS spielt die Darmgesundheit eine Rolle. Darauf gehen wir in Teil 2, „Heilung für den Darm, Heilung für die Gelenke“, näher ein.

Abschließend möchte ich Ihnen noch von zwei meiner Patientinnen erzählen. Die eine ist Sharon, die Jahre nach einer schweren Episode von Morbus Crohn – einer entzündlichen Erkrankung des Dünndarms – Arthritis entwickelte. Sharon war eine kerngesunde Frau, die täglich ihre sechs Kilometer lief und Fußball spielte. Nach dem Verzehr von Himbeeren, die mit einem bestimmten Parasiten infiziert waren, erkrankte sie an schlimmem Durchfall. Viele andere Infizierte starben offenbar an diesem Befall. Sharon lag eine Woche im Krankenhaus und benötigte viele Antibiotika und Mittel gegen den Parasiten.

Ihr Darm erholte sich ihrer Aussage nach nie wieder davon, und sie hatte regelmäßig mit Blähungen, Aufstoßen und immer wieder auch mit Durchfall zu kämpfen. Solche Geschichten höre ich häufig: Eine schwere Erkrankung verändert dauerhaft das Wohlbefinden, obwohl sie angeblich längst ausgeheilt ist. Einige Jahre nach dieser Infektion bekam Sharon Fieber, Schmerzen und wieder Durchfall. Diesmal lautete die Diagnose Morbus Crohn. Der Nachweis wurde endoskopisch erbracht. Das Endoskop mit Kamera wurde über den Rachen in den Magen und Dünndarm eingeführt. Sharon erhielt den immunmodulierenden Wirkstoff 6-MP, von dem sie allerdings so müde wurde, dass sie ihren Job kündigen musste und nur noch schlief. Immerhin gesundete sie damit so weit, dass sie schwanger wurde. Als sie mich aufsuchte, lag die Geburt ihres ersten Kindes acht Jahre zurück. Sharon ging es nicht gut, aber sie kam zurecht. Nach der Geburt ihres Kindes hatte sie drei- bis viermal täglich lockeren Stuhlgang, ihr war oft übel, und sie hatte Schmerzen im rechten Unterbauch.

Es ging ihr jedoch gut genug, um das 6-MP abzusetzen, doch dann setzten Rückenschmerzen ein. Sie waren so schlimm, dass Sharon nicht mehr laufen konnte. „Die Rückenschmerzen überlagerten meine Verdauungsprobleme“, sagt Sharon. Nach einem Termin beim Rheumatologen erfuhr Sharon, dass sie HLA-B27-positiv war. Das Röntgenbild zeigte eine Entzündung ihrer Sakroiliakalgelenke, und fast ihre gesamte Wirbelsäule war von Arthritis befallen. Aufgrund dieses Symptomkomplexes und der Testergebnisse wurde bei ihr eine ankylosierende Spondyloarthritis diagnostiziert. Hinzu kamen steife Hände mit entzündeten Sehnen, doch am schlimmsten waren die Rückenschmerzen.

Drei Jahre lang probierte Sharon es mit unterschiedlichen Arzneimitteln, darunter Steroide und zwei Biologika, welche das Immunsystem unterdrückten: Adalimumab gegen die Rückenschmerzen und Infliximab gegen Morbus Crohn. Da sie daraufhin Hefepilzinfektionen entwickelte – was bei einer Ausbremsung des Immunsystems gut möglich ist –, brach sie diese Therapie ab. Irgendwann nahm sie gar keine Medikamente mehr, doch da kehrte der Morbus Crohn so vehement zurück, dass sie ins Krankenhaus musste und wieder mit Antibiotika behandelt wurde.

Kurz nach ihrem Klinikaufenthalt stellte Sharon fest, dass sie erneut schwanger war. Sie freute sich sehr auf das zweite Kind, doch für ihren Körper war diese ungeplante Schwangerschaft eine große Belastung. Schließlich war sie so matt und müde, dass sie Infusionen benötigte, um die neun Monate zu überstehen. Ihre Medikamente nahm sie nicht mehr, hatte jedoch schlimme Rückenschmerzen und große Angst. Der Morbus Crohn gelangte nie mehr in Remission, sondern köchelte vor sich hin und bescherte ihr Monat für Monat anfallsweise wässrige Durchfälle. Nachdem Sharons Kind geboren war, erhielt sie gegen den Morbus Crohn den entzündungshemmenden Wirkstoff Mesalazin. Daraufhin beruhigte sich ihr Darm, und seitdem ist sie bei dieser Medikation geblieben.

Zwei Jahre nach der Geburt ihres zweiten Kindes machten die Rückenschmerzen ihr das Leben so schwer, dass es ihr schließlich reichte. Sie probierte ein neues Immunbiologikum, Certolizumab, das alle zwei Wochen gespritzt werden musste. Dieser Therapie unterzog sie sich schon zwei Jahre, als sie mich aufsuchte. Das Certolizumab linderte ihre Beschwerden etwa zehn Tage lang. Danach ließ die Wirkung nach, und Sharon litt die vier verbleibenden Tage bis zur nächsten Spritze unter furchtbaren Schmerzen. Trotz all ihrer Medikamente hatte sie weiterhin mit lähmenden Rückenschmerzen zu kämpfen, und auch die Achillessehnen machten Beschwerden. Zu diesen erheblichen Einschränkungen gesellten sich Angst und Stress, sodass sie kaum den Tag überstand und sich abends nicht mehr um ihre Kinder kümmern konnte, die damals erst vier und sechs Jahre alt waren. Um nachts schlafen zu können, nahm sie das angstlösende Mittel Lorazepam sowie Hydrocodon, ein Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide. Zusätzlich erhielt sie Duloxetin, ein Antidepressivum, das auch gegen Schmerzen hilft, und Pregabalin gegen die Nervenschmerzen im Bein, die von einem Bandscheibenvorfall herrührten.

Die Aussage, dass es Sharon bei unserem ersten Gespräch nicht gut ging, ist weit untertrieben. Ich erzähle hier von Sharon, um zu betonen, dass ankylosierende Spondyloarthritis Patienten massiv beeinträchtigen kann. Bei manchen Menschen ist mein erstes Ziel in der funktionellen Medizin die Schmerzlinderung, damit sie ihr Leben wieder leichter bewältigen können. Zudem ist Sharon ein Beispiel für den klassischen Zusammenhang zwischen chronisch entzündlicher Darmerkrankung und Spondyloarthritis. Dass zwischen diesen beiden Gesundheitsproblemen eine Verbindung besteht, ist seit Langem bekannt und unterstreicht alles, was ich in diesem Buch weitergebe: Es gibt Zusammenhänge zwischen dem Darm und körperweiten Entzündungen.

Auf Sharon und ihre Behandlung gehe ich in Kapitel 6, „Den Darm heilen“, näher ein. Wie alle meine Patienten mit entzündlich bedingter Arthritis befolgte sie meine Arthritiskur. Zum Zeitpunkt, während ich dies schreibe, arbeite ich seit einem Jahr mit Sharon zusammen. Obwohl wir noch einen langen Weg vor uns haben, hat sich ihre Lebensqualität erheblich verbessert. Inzwischen kann sie mit ihren Kindern umhertollen, was vorher nicht möglich war. Ihr Stuhlgang hat sich normalisiert, und wenn sie ihr Certolizumab nimmt, reicht die Dosis für die vollen 14 Tage aus. Das sind Trippelschritte, aber es geht sichtlich aufwärts.

Eine ankylosierende Spondyloarthritis beeinträchtigt nicht jeden so massiv wie Sharon. Ein perfektes Beispiel für eine Patientin mit einer nur leicht ausgeprägten Erkrankung ist die 52-jährige Pilates-Lehrerin Tina. Seit zehn Jahren leidet sie unter ankylosierender Spondyloarthritis, hatte die eher leichten Rückenschmerzen jedoch mit Meloxicam im Griff, einem Wirkstoff aus der Gruppe der nicht-steroidalen Entzündungshemmer (NSAID). Wenn sie zum Skifahren ging, erhöhte sie die Dosis leicht, um mit den Schmerzen klarzukommen. Von mir wollte Tina in erster Linie wissen, wie sie ihre Gesundheit über die Ernährung unterstützen könnte. Und sie wollte gern ihr Schmerzmittel absetzen. Inzwischen hat sie die Arthritiskur durchgeführt und schraubt die Medikation allmählich herunter. Ihre Rückenschmerzen sind verschwunden, und sie hat mehr Energie denn je. Ihr ist bewusst, dass ankylosierende Spondyloarthritis letztlich eine chronische Erkrankung sein kann, mit der sie gegebenenfalls leben muss. Aber sie ist fest entschlossen, einer möglichen Verschlimmerung konsequent vorzubeugen. So weit, so gut.

 

Konventionelle Medikation

Die Therapie sowie die Kriterien für die Beurteilung, ob eine Psoriasisarthritis in Remission ist, ähneln in vielerlei Hinsicht dem Vorgehen bei rheumatoider Arthritis. Da die Laborwerte bei Psoriasisarthritis in der Regel unauffällig sind, gilt das Fehlen von Symptomen als klinische Remission. Dieses Ziel wird auch für Menschen mit ankylosierender Spondyloarthritis zugrunde gelegt. Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis zielt die Behandlung somit auf minimale Krankheitsaktivität ab.

Sowohl bei PsA als auch bei AS kommen regelmäßig nicht-steroidale Entzündungshemmer (NSAID) und Corticosteroide zum Einsatz. NSAID lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: nichtselektive und selektive Wirkstoffe. Zu den nichtselektiven NSAID, die frei verkäuflich sind, zählen Acetylsalicylsäure, Ibuprofen und Naproxen. Eine unerwünschte Nebenwirkung ist hier die Schädigung der Magenschleimhaut. Mögliche Folgen sind eine Magenschleimhautentzündung (Gastritis), die sich wie Sodbrennen anfühlen kann, oder ein Magengeschwür (Ulkus). Zudem werden aus Sicht der funktionellen Medizin die empfindliche Magen-Darm-Schleimhaut gereizt und eine übermäßige Darmdurchlässigkeit verschlimmert. Die selektiven NSAID, die sogenannten COX-2-Inhibitoren, sind hervorragende Schmerzmittel, die Magen und Darm weniger belasten. Beispiele aus dieser Gruppe sind die Wirkstoffe Diclofenac, Celecoxib und Indometacin. Sie erhöhen jedoch das Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko. Daher eignen sie sich nur für die vorübergehende Behandlung und nicht für herzkranke Patienten. In der PsA-Behandlung werden gern NSAID-Präparate mit Methotrexat kombiniert. Wie bei der rheumatoiden Arthritis ist Methotrexat auch bei Psoriasisarthritis und ankylosierender Spondyloarthritis ein Grundbaustein der Therapie, obwohl seine Wirksamkeit erst durch wenige Studien untersucht wurde. Die verfügbaren Studien kamen zu dem Ergebnis, dass Methotrexat in Dosen unter 15 Milligramm pro Woche nicht sehr wirkungsvoll ist. Am besten ist die Wirkung in Kombination mit einem biologischen DMARD wie Infliximab. Immunbiologika eröffnen ganz neue Ansätze zur erfolgreichen PsA-Behandlung. In den USA sind zur PsA-Therapie gegenwärtig die folgenden TNF-Inhibitoren zugelassen: Infliximab, Adalimumab, Certolizumab, Etanercept (ein TNF-Blocker) und Golimumab (ein TNF-Blocker, der nur einmal im Monat verabreicht wird). Insgesamt erscheinen die verschiedenen Wirkstoffe vergleichbar. Das heißt, wenn Sie auf den einen nicht gut ansprechen, könnte ein anderer besser helfen. Das habe ich häufig erlebt. Eine Dauertherapie mit diesen Arzneimitteln kann jedoch signifikante unerwünschte Wirkungen mit sich bringen. Deshalb nehme ich mir so viel Zeit für Gespräche, warum man diese Mittel so früh wie möglich wieder ausschleichen und absetzen sollte.

Ganz aktuell für die PsA- und AS-Therapie sind Arzneimittel, welche gezielt verschiedene Zellen des Immunsystems ansprechen. Wie Lenkraketen zielen sie unmittelbar auf die Immunreaktion in der Haut und den Gelenken ab. Viele dieser Substanzen werden auch für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis erforscht. Hierzu zählen Januskinase-Inhibitoren (JAK-Inhibitoren), welche die Aktivität einer ganzen Enzymfamilie hemmen, und der genetisch modifizierte monoklonale Antikörper Rituximab. Der Einsatz dieser Mittel wird mittlerweile an größeren Populationen mit PsA-Betroffenen untersucht. Da erste Studienergebnisse sehr vielversprechend ausfielen, sind viele Substanzen aus dieser Gruppe bereits in Gebrauch und verfügbar. Jedes Medikament hat eigene Nebenwirkungen, doch wie bei anderen Biologika greift jedes für sich stark in das Immunsystem ein und wirft damit Fragen zu möglichen Infektionen oder einer Reaktivierung schlummernder Viren wie Herpes zoster (Windpocken, Gürtelrose) oder das Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber bzw. infektiöse Mononukleose).

Bei der Spondyloarthritis (SpA) kommen auch ältere Mittel zum Einsatz, die in der rheumatoiden Arthritis nicht verwendet werden. Hierzu zählt insbesondere Sulfasalazin, ein Mittel gegen chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED). Wegen der Zusammenhänge zwischen CED und SpA liegt es nahe, dieses Mittel auch bei Menschen einzusetzen, die von dieser Arthritisform betroffen sind. Die Wirksamkeit von Sulfasalazin wurde in einer begrenzten Anzahl von Studien geprüft. Offenbar bessert sich bei manchen Menschen die Arthritis, doch das Fortschreiten der Gelenkschäden ließ sich nicht verhindern. Ein weiteres Mittel aus der Gruppe der DMARD, Leflunomid, erwies sich als erfolgreicher: In der behandelten Gruppe kam es bei 58,9 Prozent der Teilnehmer zu einer Besserung; in der unbehandelten Kontrollgruppe nur bei 29,7 Prozent. Allerdings schädigt Leflunomid die Leber (insbesondere in Kombination mit Methotrexat), sodass die Therapie sorgfältig überwacht werden muss.

Darüber hinaus gibt es noch die Gruppe der Immunsuppressiva. Am gebräuchlichsten ist hier Ciclosporin, das unter diversen Markennamen vertrieben wird. Genau wie Tacrolimus wirkt Ciclosporin stark hemmend auf bestimmte Immunzellen, die T-Lymphozyten. Zahlreiche Studien belegen, dass eine Behandlung mit Immunsuppressiva die Symptome von Psoriasis und Arthritis bessern kann, und dass die Kombination mit Methotrexat oder einem Biologikum (TNF-Inhibitor) noch besser anschlägt. Leider können Ciclosporin und Tacrolimus die Nieren schädigen, weshalb ihr Einsatz sorgfältig zu überwachen ist.5

Unabhängig davon, ob Sie an rheumatoider Arthritis, Spondyloarthritis oder einer anderen entzündlich bedingten Arthritisform erkrankt sind, muss das Ziel immer lauten, die Krankheit zu stoppen, um bleibende Gelenkschäden zu verhindern. Daher habe ich hier zwar die Medikation erläutert, doch Ihnen muss klar sein, dass diese Mittel die Grundproblematik nicht lösen. Und dass sie nicht der einzige Weg sind, die Krankheit zu stoppen und eine Remission einzuleiten. Bei starkem Stress können Medikamente erforderlich sein, um Sie vom Rande des Abgrunds zurückzuholen, aber dieses Buch erläutert, wie man die Entzündung tatsächlich in den Tiefen der Gelenke heilt. Löschen Sie die Glut, damit eine echte Remission eintritt, die über die bloße Besserung oder eine nur leichte Symptomatik hinausgeht. Mit diesem Therapieansatz können Sie Ihre Medikation rascher und leichter zurückfahren und das Rückfallrisiko senken.

KAPITEL 3
Arthrose

Wie viele Menschen hielt auch ich früher Arthrose für einen unausweichlichen, altersbedingten Gelenkverschleiß, an dem man nicht viel ändern kann. Ich ging davon aus, dass Arthrose etwas anderes wäre als die entzündlich bedingte Arthritis, deren verschiedene Erscheinungsbilder vom Darm ausgehen. Nach jahrelanger Tätigkeit mit Patienten wurde mir bewusst, dass auch Arthrose durch anderweitige Entzündungen im Körper (einschließlich des Darms) verschlimmert wird und durch die Lebensweise – zum Beispiel Ernährung und Bewegung – beeinflusst wird. Selbst Stress und Traumata wirken sich auf Arthrose aus. Als ich an diesem Buch arbeitete, stieß ich auf einen interessanten Arthrosefall bei der Patientin Barbara – meiner Mutter. Ihre Behandlung überzeugte mich noch mehr, dass Veränderungen der Lebensweise, die Entzündungen entgegenwirken, die Arthrosebehandlung unterstützen können. Folgendes geschah:

Meine Mutter kehrte von einer langersehnten Chinareise zurück, die ihr sehr gefallen hatte. Am letzten Tag der Reise konnte sie vor Knieschmerzen jedoch kaum noch laufen. Da sie für ihre 76 Jahre ausgesprochen aktiv und neugierig ist, war sie in diesen drei Wochen jeden Tag viele Kilometer gelaufen und hatte jedes Ausflugsangebot wahrgenommen. Selbst die Große Mauer hatte sie erklommen. Nach der Heimkehr stellte ein Orthopäde bei ihr Arthrose fest. Mein Großvater hatte mit Mitte 70 beidseitig Knieprothesen erhalten. Mein Onkel und meine Tante haben Arthrose in den Händen und Knien. Also hielt meine Mutter ihre Schmerzen für unausweichlich. Sie glaubte, sie müsse damit leben und sich darauf einstellen. Zum Beispiel dachte sie, sie könnte dann eben nicht mehr Golf spielen – genau wie ihr Vater – und nur noch Busreisen machen, aber keine Wandertouren mehr. Mütter haben zwar fast immer recht, aber diesmal bewies ich ihr das Gegenteil. Nach einigen wichtigen Veränderungen ihrer Lebensweise und nachdem sie das von mir entwickelte Programm befolgte, das eine entzündungshemmende Ernährung und Ergänzungsmittel (die Arthritiskur, die Sie noch kennenlernen werden) sowie ein Bewegungsprogramm beinhaltet, konnte meiner Mutter wieder zum Golfschläger greifen und schmerzfrei aktiv bleiben. Ihre Geschichte bewegte mich dazu, die aktuellsten Studien zu Arthrose zu lesen – weltweit die führende Ursache von Bewegungseinschränkungen –, und bestätigte mir, dass Arthrose mit der Arthritiskur gut behandelbar ist.

Laut Schätzungen der italienischen Universität Catania war 2015 weltweit etwa die Hälfte der über 65-Jährigen von Arthrose betroffen, Frauen mehr als Männer. Auch beim Laufen und Treppensteigen verursacht Arthrose mehr Probleme als jede andere Krankheit. Lange galt Arthrose als reine „Verschleißkrankheit“, die auf eine übermäßige Beanspruchung der Knochen zurückginge und schließlich das Gewebe zerstöre, erst den Knorpel und dann den Knochen. Inzwischen gibt es eine Neudefinition. Arthrose wird heute als multifaktorielles Geschehen betrachtet, das auch durch den Lebensstil (Ernährung, Bewegung) und andere Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes beeinflusst wird.1 Sie ist die häufigste Arthritisform und der dritthäufigste Grund für eine jahrelange Behinderung.2 Synonyme sind Osteoarthritis (OA), degenerative Gelenkerkrankung oder degenerative Arthritis. Bei Arthrose wird der schützende Gelenkknorpel abgebaut, bis auch der darunterliegende Knochen angegriffen wird. Wenn die Schmerzen die Restbeweglichkeit einschränken, kann eine Atrophie der umliegenden Muskeln einsetzen, und die Bänder erschlaffen. Die klassische Behandlung kombiniert Schmerzmittel, Bewegung und Lebensstilveränderungen, doch trotz dieser Maßnahmen entscheiden sich viele Menschen für einen Gelenkersatz, weil die Schmerzen irgendwann zu schlimm werden und ihre Lebensqualität zu sehr belasten.3

Die Einteilung erfolgt nach Auswertung der Röntgenbilder auf einer Skala von 0 bis 4. Auf dem Röntgenbild wird nach einem oder mehreren spezifischen Erscheinungsformen gesucht, darunter Knochenneubildungen (Osteophyt oder Knochensporn) in Verbindung mit Knorpelabbau, einer Verengung des Gelenkspalts, einer anomalen Verhärtung des Gelenkgewebes (Sklerose), Zysten und Verformungen (Deformität). Ein Osteophyt zählt 2 Punkte, womit das Mindestkriterium für Arthrose erreicht ist. Zusätzliche Merkmale wie ein verengter Gelenkspalt, Sklerose, Zysten oder Deformierungen erhärten die Diagnose. Neben dem Punktwert kann der Arzt durch Vermessung und Beobachtung des Gelenkspalts feststellen, ob die Arthrose sich verschlimmert. Am häufigsten betroffen sind Knie, Hüften und Hände. Es besteht ein Unterschied zwischen Arthrose, die auf dem Röntgenbild erkennbar ist (radiografische Osteoarthritis), und Arthrose, die durch Symptome wie Schmerzen, Ziehen oder steife Gelenke auffällt. Nicht jeder Patient mit radiografischer Osteoarthritis hat Gelenkschmerzen und umgekehrt. Das ist wichtig: Nur weil ein Röntgenbild zeigt, dass Sie Arthritis oder Arthrose haben, müssen Sie nicht automatisch Schmerzen haben. Die Schmerzen werden durch andere Faktoren ausgelöst, insbesondere durch Entzündungen im Körper. Und daran können wir arbeiten.

Wir können das Risiko für Arthrosesymptome auch statistisch beleuchten. Das Risiko für Symptome in den Knien liegt für Männer bei 40 Prozent, für Frauen bei 47 Prozent. Bei einem Body-Mass-Index (BMI) von 30 oder mehr steigt das Risiko auf 60 Prozent. (Der BMI ist ein Hinweis auf die Körperfettmenge und beruht auf Gewicht und Größe.)4 Laut einer spanischen Studie an mehr als drei Millionen Menschen wird Arthrose in den Händen am häufigsten zwischen 60 und 64 Jahren diagnostiziert. Hüfte und Knie sind in höherem Alter stärker betroffen. Die jährliche amerikanische Gesundheitsumfrage der Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control) kam zu dem Ergebnis, dass Symptome einer Kniearthrose vor allem zwischen 55 und 64 Jahren erstmals einsetzen. Bei jungen Erwachsenen geht eine Arthrose in der Regel auf vorherige Gelenkverletzungen zurück und wird dann als posttraumatische oder sekundäre Arthrose bezeichnet.5