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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil

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4.
Weitere Verlagsthätigkeit

Gleich im Beginne seiner Verlegerlaufbahn entwickelte Brockhaus auch auf andern Gebieten der Literatur einen nicht minder regen, vielseitigen und für einen Anfänger kühnen Unternehmungsgeist als den eben geschilderten in der Herausgabe von Journalen.

Von Cramer verlegte er außer den »Individualitäten« zunächst noch Uebersetzungen von sechs Dramen der von diesem enthusiastisch verehrten und Shakspeare zur Seite gestellten englischen Dichterin Joanna Baillie (geb. 1762, gest. 1851). Sie erschienen noch 1806 unter dem von Cramer herrührenden Titel »Die Leidenschaften« in drei Theilen, deren jeder wieder einen ähnlichen charakterisirenden Titel führt: »Die Liebe«; »Der Haß«; »Der Ehrgeiz«, später (1808 und 1809) auch einzeln in sechs Separatausgaben unter ihren Originaltiteln.

Außerdem veröffentlichte er noch (1807 und 1808) Cramer's deutsche Bearbeitung der Werke des Engländers Pinkerton und des Franzosen Mercier über das damalige Paris unter dem Titel: »Ansichten der Hauptstadt des französischen Kaiserreichs vom Jahre 1806 an« (zwei Bände, jeder mit einem Titelkupfer), von Cramer durch eigene Beiträge vervollständigt. Die Idee zu diesem Werke scheint von Brockhaus ausgegangen zu sein; Cramer sagt darüber in dem Vorberichte:

Mein Freund Wilibald, Pflegevater meiner »Individualitäten«, glaubte daher (und vielleicht nicht mit Unrecht), daß dieses Gemälde eines Engländers (Pinkerton) ... eines deutschen Kupferstichs nicht unwerth ... Er trug mir dieses Geschäft auf ... bat mich endlich sogar, von dem Meinigen noch hinzuzuthun und Pinkerton's Gemälde mit einigen (wie ich es für gut finden würde) Verzierungen oder hors d'œuvres zu vermehren. Wenn ich (wünschte er weiter) den ersten großen Vorläufer aller dieser Maler — »notre maître à nous tous!« — Mercier, dazu bewegen könnte, mir sein Atelier zu öffnen ... so (meinte er) würde diese Vereinbarung eines Engelländers, Deutschen und Franzosen eine vielleicht nicht unpikante Sache sein, und an jener ursprünglich hauptsächlich britischen Zeichnung wenigstens nichts verderben.

Neben Cramer war Jens Baggesen, der bekannte dänische Dichter, der gleichzeitig auch in deutscher Sprache schrieb (geb. 15. Februar 1764 zu Korsör, gest. 3. October 1826 zu Hamburg), einer der ersten Schriftsteller, mit denen Brockhaus in geschäftliche und freundschaftliche Verbindung trat. Er schloß mit Baggesen schon am 17. Juni 1806 in Amsterdam, wo dieser damals zum Besuche war, einen Contract über eine neue umgearbeitete Auflage seines idyllischen Epos »Parthenais oder Die Alpenreise«, die 1808 erschien, und wenig Tage darauf (21. Juni) über eine Sammlung seiner Briefe, die aber erst 25 Jahre später (1831), als beide Contrahenten gestorben waren, herausgegeben wurde. Im folgenden Jahre (16. Juli 1807) wurde dann ein neuer Contract über Baggesen's neueste Gedichte abgeschlossen, die fast gleichzeitig mit der »Parthenais« (auch 1808) unter dem Titel: »Heideblumen. Vom Verfasser der Parthenais. Nebst einigen Proben der Oceania«, erschienen. Von der »Parthenais« verlegte er außerdem eine französische Uebersetzung in Prosa, von dem bekannten Gelehrten Fauriel gefertigt; hieran knüpfte sich eine längere Correspondenz zwischen Brockhaus und Fauriel über das durch Baggesen's Schuld vielfach getrübte Verhältniß zwischen diesem und Brockhaus, worüber wir weiter unten Näheres mittheilen.

Allein nicht blos journalistische und poetische Werke waren es, mit denen sich der junge Verleger beschäftigte; er wagte sich sofort auch an strengwissenschaftliche Werke größern Umfangs, deren Verlag zu allen Zeiten mit Opfern verbunden zu sein pflegt.

Schon 1807 erschien in seinem Verlage der erste starke Band einer lateinisch geschriebenen Geschichte der Botanik von dem gelehrten Arzt und Botaniker Kurt Sprengel in Halle: »Historia rei herbariae«, und im nächsten Jahre folgte der zweite Band; eine deutsche Bearbeitung desselben Werkes unter dem Titel: »Geschichte der Botanik«, erschien erst 1817-18 in seinem Verlage.

Fast gleichzeitig begann er ein noch umfangreicheres Werk desselben Verfassers zu verlegen: »Institutiones medicae«, in sechs Bänden, wovon der erste 1809 ausgegeben wurde, während die übrigen Bände in den Jahren 1810, 1813, 1814 und 1816, in einer für den Verleger theils seiner persönlichen, theils der politischen Verhältnisse wegen sehr schwierigen Zeit, erschienen. Indeß wurde bei diesem Werke sein Muth belohnt, indem er bereits wenige Jahre nach der Vollendung (1819) eine zweite vermehrte und verbesserte Auflage desselben veranstalten konnte.

Ein drittes wissenschaftliches Verlagswerk, das er gleich im Anfange seiner Verlegerthätigkeit übernahm, war die berühmte Naturgeschichte der Eingeweidewürmer von dem greifswalder (später berliner) Professor Karl Asmund Rudolphi (aus Stockholm); sie erschien unter dem Titel: »Entozoorum sive vermium intestinalium historia naturalis« (2 Bände, Band 2 in 2 Abtheilungen, 1808-10, mit 12 Kupfertafeln).

Ein viertes ebenfalls naturwissenschaftliches Werk, das er indeß wahrscheinlich nur als Commissionsartikel übernahm (auf dem Titel sind die Gebrüder van Cleef im Haag als Verleger genannt, während Heinsius' »Bücher-Lexikon« das Kunst- und Industrie-Comptoir in Amsterdam als solche bezeichnet) ist das Werk des bekannten französischen Botanikers Brisseau-Mirbel (damals im Haag, später in Paris) über eine Theorie des Gewächsbaues, mit französischem und deutschem Titel, herausgegeben von dem holländischen Dichter Bilderdijk, der sich vielfach auch mit naturwissenschaftlichen Studien beschäftigte. Eigenthümlicherweise ist der Text des Werks gleichzeitig französisch (links) und deutsch (rechts), während die Widmung an den König von Holland, die Vorrede Bilderdijk's und die ausführlichen Noten blos französisch sind. Bilderdijk entschuldigt sich in der Vorrede, daß er, in Amsterdam geboren, weder das Französische wie ein Pariser, noch das Deutsche wie ein »Sachse« schreibe; hiernach scheint auch die deutsche Uebersetzung von dem holländischen Dichter herzurühren.

Dem Jahre 1807 gehören noch drei Werke an, die von geringerer Bedeutung sind, aber gleich von Anfang an erkennen lassen, daß der Verleger die möglichste Vielseitigkeit seines Verlags erstrebte: ein französisches Reisehandbuch für Deutschland: »Itinéraire de l'Allemagne« (von dem Postmeister Raabe in Holzminden verfaßt), mit einer Karte; eine deutsche Uebersetzung des hauptsächlich nach Bossuet's Katechismus bearbeiteten, vom päpstlichen Legaten in Paris approbirten und von Napoleon obligatorisch eingeführten »Katechismus zum Gebrauche in allen Kirchen des französischen Kaiserreichs«; endlich eine deutsche Uebersetzung der berühmten Memoiren des französischen, in englische Dienste getretenen Schriftstellers Louis Dutens, der 1812 als britischer Historiograph in London starb, unter dem Titel: »Dutens Lebensbeschreibung oder Memoiren eines Gereiseten, der ausruht« (2 Bände), von dem durch sein Bibelwerk bekannten Johann Friedrich von Meyer in Frankfurt a. M. bearbeitet.

In dieser Zeit kam Brockhaus auch zuerst mit Villers in Beziehungen, die sich bald in freundschaftliche verwandelten und bis zu des Letztern Tode fortdauerten. Er veröffentlichte nämlich dessen berühmten »Brief an die Gräfin Fanny von Beauharnois«, worin Villers die Erstürmung Lübecks durch die Franzosen am 6. November 1806 und die dabei von denselben verübten Greuel als Augenzeuge schildert.

Charles François Dominique de Villers, geboren 4. November 1765 zu Bolchen in Lothringen, 1792 Artilleriehauptmann, floh bei Ausbruch des Revolutionskriegs 1793, von den Jakobinern bedroht, nach Deutschland, das fortan seine zweite Heimat wurde, und lebte meist in Lübeck, wo er viel mit der Familie Rodde verkehrte, besonders mit seiner geistreichen Freundin Dorothea Rodde, der Tochter des Geschichtschreibers Schlözer; 1811 wurde er zum Professor der Philologe an der Universität Göttingen ernannt, nachdem ihm 1809 wegen seiner »ausgezeichneten Verdienste um die deutsche Literatur« und besonders auch wegen seiner Bemühungen um das Wohl der Freien Hansestädte das Ehrenbürgerrecht von Bremen ertheilt worden war. Er wurde erst von französischer, dann von deutscher Seite mehrfach belästigt und starb 26. Februar 1815 in Leipzig.23 Villers machte es sich zur Lebensaufgabe, deutscher Literatur und deutschem Wesen dieselbe Anerkennung und Achtung in Frankreich zu verschaffen, die er selbst dafür empfand, und so beiden Ländern zu nützen. Wurm bemerkt über Villers:

Wie sehr es ihm Ernst war mit der wissenschaftlichen Erforschung deutscher Zustände, das beweisen seine größern Arbeiten: die Darstellung der Kant'schen Philosophie, und die gekrönte Preisschrift über die Folgen der Reformation für die politische Lage der verschiedenen Staaten Europas und für den Fortschritt der Aufklärung. Das letztere Werk ist in wiederholten starken Auflagen und in einer holländischen, zwei englischen und drei deutschen Uebersetzungen verbreitet.

 

In der Würdigung deutschen Geistes wetteiferten mit ihm Benjamin Constant und Frau von Staël. Mit Beiden war Villers innig befreundet. Constant hatte in Deutschland eine geistige Heimat gefunden, nur nach und nach söhnte er mit dem Entschluß sich aus, den die Ereignisse ihm fast wider Willen aufdrängten, seine wissenschaftliche Thätigkeit mit einer politischen in Paris zu vertauschen. Frau von Staël gefiel sich eine Weile in dem Gedanken, mit Villers vereint dahin zu arbeiten, daß der Gegensatz zwischen deutschem und französischem Wesen sich ausgleichen möge. Bald aber fand sie sich verletzt durch seine ausgesprochene Vorliebe für Deutschland, die sie ihm in tadelnden, selbst in harten Worten vorwarf. Als ihr selbst derselbe Vorwurf — freilich von ganz anderer Seite her und in ganz anderm Sinn — zurückgegeben ward, da flüchtete sie mit ihren Klagen zu dem alten Freunde.

Während ihrer langen Verbannung, der endlich der Sieg der fremden Waffen ein Ziel setzte, hatte ihre Liebe zur Heimat nur noch stärkere Wurzeln geschlagen. Anders war es mit Villers. Lebensschicksale, geistige Gewohnheiten hielten ihn von Frankreich fern, nicht irgendeine äußere, gebieterische Nothwendigkeit. In den frühern geflügelten Worten der Frau von Staël lag ein Stachel, den er tief und schmerzlich empfand. Glücklich, selbst inmitten einer ehrenvollen und vielbewunderten Thätigkeit, ist seine Lage nicht gewesen. Sie konnte es nicht sein.

Wir Deutschen sind am spätesten zu dem Bewußtsein gelangt, daß die Nationalität nichts Zufälliges, daß sie nicht ein Ding ist, das man nach Belieben festhalten oder abstreifen und vertauschen mag. Es würde besser um unser Vaterland bestellt sein, wenn wir eher aus unsern weltbürgerlichen Träumen erwacht wären. Nicht daß es an kräftigen Stimmen gefehlt hätte, die uns zuriefen, das heilige Feuer zu hüten. Aber wir, wir schliefen und träumten.24

In dieser beschämenden Betrachtung liegt gutentheils der Schlüssel zu demjenigen, was Villers' Ruhm und was sein Unglück ausmachte. Gewiß, wenn irgend Einer, so war er berufen, den geistigen Verkehr zwischen Deutschland und Frankreich zu vermitteln. Aber er fand sich zwischen beide Nationen gestellt. Und er trat zu uns herüber, als die Gewaltherrschaft seiner Landsleute, ein unholder Alp, über unser Vaterland sich ausbreitete, und jegliches Eigenthümliche zu erdrücken drohte. Das Ritterliche seines Charakters hat ihn herübergeführt. Aber seinen Landsleuten gegenüber, wie sollt' er da den Schein abwehren, als habe er die eigene Heimat verleugnet?

Daß er uns näher angehörte, können wir nicht bezweifeln, da er selbst es eingestanden hat. Der Anlaß aber, bei welchem ihm das Bekenntniß entschlüpfte, war der bitterste, der unverdienteste, der ihm widerfahren konnte. Es war die unerhörte Behandlung, die er von der wiederhergestellten hannoverschen Regierung erfuhr; das absichtsvolle Misverständniß, als wär' er in Göttingen eben nur ein Eindringling des westfälischen Zwitterreichs gewesen; das Abfinden durch einen Gnadengehalt, in der Voraussetzung, er werde denselben in Frankreich verzehren. Durch die spätere Erlaubniß, in Göttingen zu bleiben, und durch eine Pensionszulage war das nicht wieder gut zu machen. Die Kränkung hat sein Herz gebrochen.

Uns Deutschen geziemt es, eingedenk zu sein, was er uns zum Opfer gebracht hat.

Villers' Brief an die Gräfin von Beauharnais wurde dadurch veranlaßt, daß diese, die Tante der Kaiserin Josephine, nach den schrecklichen Ereignissen von Lübeck der Villers wie ihr befreundeten Familie Rodde Theilnahme ausdrücken und ihre Hülfe anbieten ließ. Villers benutzte dies, um der einflußreichen geistvollen Dame, die in Paris seine persönliche Bekanntschaft gesucht hatte, die traurige Lage Lübecks vorzustellen. Der Brief, vom 15. December 1806 datirt, ging erst am 12. Februar 1807 an seine Adresse nach Paris; am 4. März traf die Antwort ein, daß die Gräfin bereit sei, dem Kaiser den Brief vorzulegen und aufs wärmste zu befürworten. Inzwischen hatte Villers denselben in Lübeck als Manuscript drucken lassen und sandte am 5. März vier Exemplare nach Paris, darunter eins an Bernadotte und eins an Daru. Gleichzeitig schickte er auch ein Exemplar an Brockhaus; dieser ließ schon im Aprilhefte seines »Conservateur« den Brief abdrucken (vgl. S. 78) und außerdem Separatausgaben davon in französischer und deutscher Sprache erscheinen, die großes Aufsehen erregten und rasch drei Auflagen erlebten. Auch zu diesen Separatausgaben hatte Brockhaus jedenfalls Villers' Zustimmung, denn in einem (nicht unterzeichneten) Vorberichte heißt es: der Brief sei erst blos als Manuscript gedruckt worden, »da aber diese Schrift schon hier und da herumgekommen und ihr Verfasser sah, wie zweifelhaft es sei, einer voreiligen unerlaubten Bekanntmachung zuvorkommen zu können, so hat er unserm Wunsche gern nachgegeben und uns den Druck erlaubt« u. s. w. Der Brief war gleichzeitig in Paris gedruckt, aber dort wie später auch in Amsterdam confiscirt worden. Wurm sagt darüber:

Hat nun bei den »hohen und höchsten Herrschaften« diese beredte Fürsprache irgend Etwas ausgewirkt? Nein, nicht das Mindeste. Aber die Darstellung selbst, die, wie sich erweisen läßt, nur für das Auge einiger Wenigen bestimmt war, hat mit einem male die größte Oeffentlichkeit erlangt. Wenige Flugschriften in jener bewegten Zeit sind so verschlungen worden. Der Eindruck war tief und nachhaltig. Ein richtiger Instinct sagte den Feldherren, daß der französischen Herrschaft, daß dem Vertrauen der Völker zu französischer Gerechtigkeit und zu französischem Schutz ein sehr schlechter Dienst geleistet sei, indem die Wahrheit an den Tag komme.

So fehlte es denn auch nicht an den Maßregeln, durch welche das böse Gewissen sich zu verrathen pflegt. Die Schrift von Villers ward in Paris confiscirt25: Baggesen, in einem ergötzlichen Brief, wünschte dem Verfasser Glück dazu. Die Aufregung unter den Franzosen war so groß, daß selbst die lübecker Censur sich endlich gemüßigt fand, die Buchhändleranzeige, welche die Schrift zum Verkauf anbot, zu streichen.

Bedenklicher war, daß Villers von sicherer Hand erfahren mußte, auch Bernadotte habe an der Schrift Anstoß genommen. Doch war das gute Vernehmen, wie man aus dem Schreiben eines Adjutanten des Prinzen ersieht, dadurch nicht auf die Dauer gestört. Keinenfalls ließ Villers sich irre machen. Er war sich keiner Uebertreibung bewußt, und erklärte dies öffentlich im Vorwort zu einer spätern Auflage.

Der von Wurm erwähnte Brief Baggesen's an Villers, aus Hamburg vom 27. Juni 1807 datirt, lautete:

Ich schicke Dir hier die ganze Saisirungsgeschichte aus Amsterdam und Paris, die, wie ich hoffe, Dich mehr freuen als befremden wird. In der That war es nicht leicht möglich, Dir und der Sache einen größern Dienst zu erweisen, als eben durch diesen erzdummen Streich der pariser Polizei geleistet worden ist. Eine Schrift, wovon schon mehrere tausend Exemplare im Umlauf sind, zu confisciren, hieß derselben außer dem Umlauf auch Einlauf — Interesse ins Unendliche — außer dem moralischen auch religiösen Einfluß und selbst (das Höchste, was in unsern Tagen ein Buch gewinnen kann) den Reiz der Sünde, vel quasi des Verbotenen, verschaffen. Wüßte ich nur mit Gewißheit, daß man auch meine Sachen auf diese Weise saisiren würde, den Augenblick gäbe ich die göttlichsten Dinger heraus — allein ich fürchte, man würde mich statt der Sachen saisiren. So wird dem großen Sieger mitgespielt! Wäre ich an seiner Stelle, ich setzte meine Polizei den Augenblick ab. Das Buch hätte sie, wenn sie ihr Geschäft recht verstanden, laufen lassen sollen und dagegen von einem lübecker Rathsherrn öffentlich bekannt machen lassen, daß der Verfasser nicht gewußt, was er geschrieben, daß sie (die Lübecker) betheuern können, es sei gerade das Gegentheil wahr u. s. w. Die Pariser, die nicht nach Lübeck laufen können, um Syndicus den oder den zu fragen: »Haben Sie das wirklich geschrieben?«, wären angeführt worden, wenigstens im Zweifel — jetzt wissen sie, was an der Sache ist.

Diese Schrift sollte aber für Villers doch noch verhängnißvoll werden. Vier Jahre nach ihrem Erscheinen, als er eben im Begriff stand, Lübeck zu verlassen, um einem Rufe an die Universität Göttingen Folge zu leisten, ließ ihn Marschall Davoust wegen derselben verhaften und seine Papiere durchsuchen. Da man nichts ihn Compromittirendes fand, ward er wieder freigelassen, aber aus den »von den französischen Waffen besetzten« Ländern verwiesen. Er verließ Lübeck am 8. März 1811, die Verfolgung ruhte auch in Göttingen nicht, und es ist unzweifelhaft, daß, wie Wurm sagt, die damit verknüpften Kränkungen sein Herz gebrochen haben; er starb, wie schon erwähnt, vier Jahre darauf (1815), kaum 50 Jahre alt.26

Brockhaus verlegte bald nach jenem Briefe noch ein anderes kleines Werk von Villers: eine französische Uebersetzung der 1808 bei Friedrich Perthes in Hamburg erschienenen Schrift »Der Kaufmann« von Johann Albert Heinrich Reimarus, dem eigentlich auf einem andern Gebiete, als Physiker, bekannten Sohne des Verfassers der »Wolfenbüttelschen Fragmente«, Hermann Samuel Reimarus. Die Uebersetzung führt den Titel »Le commerce« (1808) und ist mit einem Vorwort von Villers versehen.

Außerdem druckte Brockhaus 1807 in dem ersten Hefte seines »Conservateur« eine längere Abhandlung von Villers: »Sur la manière essentiellement différente, dont les poètes français et les allemands traitent l'amour«, und 1809 eine Schrift »Coup d'oeil sur l'état actuel de la littérature ancienne et de l'histoire en Allemagne«, die als ein Bericht an das Institut de France und in einer Nachschrift als eine Rechtfertigungsschrift seines »Coup d'oeil sur les universités allemandes« (Kassel 1808) bezeichnet ist.

Auch in späterer Zeit und bis zu Villers' Tode blieb Brockhaus mit demselben in geschäftlicher Verbindung. So verlegte er 1814 dessen letzte Schrift, in der die Wiederherstellung der drei Hansestädte warm befürwortet wird: »Constitutions des trois villes libres anséatiques, Lubeck, Brêmen et Hambourg. Avec un mémoire sur le rang que doivent occuper ces villes dans l'organisation commerciale de l'Europe.« Vorher noch hatte er auf Brockhaus' Wunsch und zugleich auf den der Frau von Staël eine Einführung zu ihrem berühmten Buche »De l'Allemagne«, datirt Göttingen, 20. Juli 1814, geschrieben, die mit einer neuen Ausgabe desselben 1815 bei Brockhaus erschien. Die erste 1810 in Paris in 10000 Exemplaren gedruckte Auflage dieses Buchs war dort vor der Ausgabe von der kaiserlichen Polizei confiscirt und vernichtet, die Verfasserin aber aus Frankreich verbannt worden. Sie ließ es darauf 1814 in London, 1815 in Genf und in Leipzig drucken und erst im folgenden Jahre konnte in Frankreich selbst wieder eine neue Auflage erscheinen.

 

Von größern Verlagsunternehmungen Brockhaus' aus dieser Zeit ist zunächst das »Historisch-militärische Handbuch für die Kriegsgeschichte der Jahre 1792 bis 1808« von dem ehemaligen niederländischen Oberstlieutenant A. G. Freiherrn von Groß (Amsterdam 1808) zu erwähnen. Dasselbe war von einem großen »Historisch-militärischen Atlas« in siebzehn in Kupfer gestochenen Tafeln begleitet, den Brockhaus in Weimar von Legationsrath Bertuch, Besitzer des Landes-Industrie-Comptoirs, herstellen ließ. Der Verfasser, 6. December 1756 geboren, diente zur Zeit der Revolutionskriege in der niederländischen Armee, vertheidigte unter anderm 1794 die Festung Grave gegen die Franzosen unter Pichegru, lebte dann zurückgezogen mit dem Titel eines herzoglich sachsen-weimarischen Kammerherrn in Weimar und starb daselbst am 18. November 1809. Er war als Militärschriftsteller geschätzt, namentlich wegen des genannten Werks und wegen eines frühern über die höhere Taktik (Gera 1804).

Im Jahre 1808 trat Brockhaus auch mit einem Manne in Verbindung, der ihn in die ersten, für ihn später so verhängnißvollen Conflicte mit der preußischen Regierung verwickelte. Es war der preußische Oberst August Ludwig Christian von Massenbach. Dieser, 1758 geboren, in dem unglücklichen Jahre 1806 Generalquartiermeister des Fürsten Hohenlohe, veranlaßte, wie es scheint durch eine irrthümliche Meldung, die Ergebung seines Corps bei Prenzlau. Deshalb in eine Untersuchung verwickelt, lebte er erst auf einem ihm vom Könige von Preußen geschenkten Landgute im Posenschen, dann in Würtemberg, und verfaßte dort drei Werke, die bei Brockhaus erschienen und großes Aufsehen erregten. Nachdem er wiederholt um seine Entlassung aus dem preußischen Kriegsdienste angehalten, stellte er 1817 an den preußischen Hof und an den König persönlich verschiedene Anträge, unter der Drohung, im Nichtgewährungsfalle wichtige in seinem Besitze befindliche Papiere zu veröffentlichen. Darauf in Würtemberg auf Ansuchen Preußens verhaftet, wurde er nach Küstrin gebracht, dort kriegsgerichtlich zu 14 Jahren Festungshaft verurtheilt (wegen beabsichtigten Landesverraths durch Bekanntmachung amtlicher Schriften), 1820 nach Glatz gebracht, aber 1826 vom Könige begnadigt. Er starb bald darauf, 27. November 1827.

Massenbach war ein geistvoller politischer und militärischer Schriftsteller, und seine Werke haben hohen Werth für die Zeitgeschichte. Indessen litt er an großer Selbstüberhebung, indem er fortwährend darzuthun suchte, daß er durch seine Rathschläge das Unglück des preußischen Staats abgewendet haben würde, wenn sie befolgt worden wären. Außerdem ließ er sich oft zu rücksichtslosen und unberechtigten Angriffen auf die leitenden Persönlichkeiten des preußischen Staates hinreißen.

Die erwähnten drei Werke Massenbach's sind: »Rückerinnerungen an große Männer« (2 Abtheilungen, Amsterdam 1808); »Memoiren zur Geschichte des preußischen Staats unter den Regierungen Friedrich Wilhelm II. und Friedrich Wilhelm III.« (3 Bände, Amsterdam 1809); »Historische Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Verfalls des preußischen Staats seit dem Jahre 1794 nebst meinem Tagebuche über den Feldzug von 1806« (2 Theile, Amsterdam 1809). Letzteres und das vorige Werk enthalten mehrere Karten und Pläne.

Noch drei andere Verlagswerke gehören in diese Zeit: »Parallelen« von Christian Daniel Voß (Professor des Staatsrechts und der Kameralwissenschaften in Halle, geb. 1761, gest. 1821), in zwei Theilen (1808 und 1811 erschienen), eine vergleichende Darstellung der Jahrhunderte Ludwig's XIV. und Napoleon's I.; Dschami's persischer Liebesroman »Medschnun und Leila«, aus dem Französischen übersetzt und erklärt von Anton Theodor Hartmann (damals in Oldenburg, später schwerinischer Consistorialrath und Professor in Rostock, verdienter Orientalist, geb. 1774, gest. 1838), 1808 in zwei Bändchen erschienen; endlich, ebenfalls 1808, das dramatische Gedicht »Aladdin oder die Wunderlampe« von Adam Oehlenschläger, dem bekannten dänischen Dichter (geb. 1779, gest. 1850), der seine meisten Werke gleichzeitig auch in deutscher Sprache veröffentlichte.

Mit diesen drei hervorragenden Schriftstellern trat Brockhaus dadurch in eine dauernde Verbindung, besonders mit Oehlenschläger.

Bei dieser für einen jungen Verleger mit beschränkten Mitteln staunenswerthen Ausdehnung seiner Unternehmungen war es nicht zu verwundern, daß Brockhaus bald wieder in finanzielle Verlegenheiten gerieth. Die Früchte seiner Arbeit, wenn es überhaupt zu solchen kam, reiften nicht so schnell, als seine sanguinische Natur es erwartete; auch war er als früherer Kaufmann noch nicht daran gewöhnt, daß der Verlagsbuchhändler im besten Falle ein Jahr lang auf das Erträgniß seiner Thätigkeit zu warten hat. Es handelte sich zwar nicht um so große Summen, wie in seinem frühern Geschäftsleben, aber um so ärgerlicher war ihm bei seinem regen Streben und dem guten Gang des Geschäfts das Ausbleiben der zum Fortbetriebe desselben erforderlichen mäßigen Gelder.

In seiner Sorge wandte er sich natürlich wieder an seinen »einzigen Freund«, wie er ihn oft nennt — seinen Bruder in Dortmund. Er schreibt ihm in dem bereits mehrfach erwähnten Briefe vom 25. August 1807:

In dieser Zeit faßte ich den Gedanken, vor meine Person und Familie aufs Land zu gehen und für mich nur die Direction der Verlagsunternehmungen zu halten, meine andere sehr lucrative, aber lästige Unternehmung27 zu verkaufen, wenn ich 10000 Fl. dafür erhalten könnte, da mir 6000 Fl. dafür geboten wurden, und die Sortimentsgeschäfte mit Jemandem in Compagnie zu treiben, der sie dann leiten sollte. Es war mein Lieblingsgedanke, der auch um so eher ausführbar war, da ich auf dem Lande mit der Hälfte hätte leben können und ich die mir vorbehaltenen Geschäfte von dort so gut wie von hier (Amsterdam) hätte besorgen können. Indessen aus diesem Idyllenplane wurde nichts, und ich fuhr dann fort, unser Geschäft immer zu erweitern und zu consolidiren. Im Herbst vorigen Jahres bekam ich von Hannover einen sehr geschickten Commis, der seitdem den eigentlichen Sortimentshandel dirigirt und das Meßgeschäft (er war auch Ostern in Leipzig), und mein Departement ist dagegen Verlagsgeschäft, Correspondenz mit den Gelehrten und andere dahin einschlagende Arbeit ... Das Geschäft ist übrigens vortrefflich, und es wird und kann, wenn es so fort geht, mich nicht blos zu einem wohlhabenden Manne machen, sondern auch recht innig zufrieden mit meinem Schicksale und meiner Lage. Von unsern ostensibeln und inostensibeln Verlagsunternehmungen haben wir bisjetzt an keinem Schaden gehabt, an mehrern aber viel gewonnen. Ich werde Dir von beiden Arten (unter den letztern sind die berühmten »Vertrauten Briefe über die innern Verhältnisse am preußischen Hofe«28, woran ich zum Viertel interessirt bin), mit Gelegenheit ein Exemplar senden, daß Du mal sehen kannst, was wir in diesem Fache getrieben haben. Außer diesen Verlagsunternehmungen ist unser Sortimentsgeschäft (Verkauf fremden Verlags hier im Lande) schon so bedeutend, daß wir monatlich im Durchschnitt an 3000 Fl. debitiren. Es wird Dir bekannt sein, daß man auf Bücher an 33 Procent Rabatt hat, und ist ein solcher Umsatz also sehr ansehnlich, und kann sich derselbe, besonders wenn wir mal Frieden bekommen, noch sehr vermehren. Da wir nun sogar unser Sortiment großentheils wieder gegen Verlag changiren und wir am Verlag wieder stark verdienen, so ist es mathematisch klar, daß mein jetziges Geschäft recht sehr vortheilhaft ist und ich, ohne daß ich mir unberufen schmeichele, die wahrhaft glücklichsten Resultate davon erwarten kann.

Nur in einem, aber in einem sehr wesentlichen Punkte finde ich mich gedrückt, und ich erzähle Dir diesen nun um so eher, da ich auf Sophiens Rath Dich darin zu meinem Vertrauten mache. Ich hätte es ohne diesen nicht übers Herz bringen können, da es nun einmal leider mein Charakter ist, daß ich mich lieber hindrücke und hinwürme, als über solche Sachen laut zu werden. Es ist dies, daß, da wir bei diesen Geschäften Alles und Alles auf Jahresrechnung stellen müssen und wir etwa nur ein Funfzigstel baar verkaufen, alles Andere aber nicht vor dem Anfang des folgenden Jahres einkommt, daß es mir da gegen Ende des Jahres knapp in Casse wird, weil wir so unsaglich viel an Porten, Frachten, Papieren, Buchdrucker- und Buchbinderlohnen beständig ausgeben müssen, dabei die schweren Haushaltungsausgaben, Miethen und Abgaben zu tragen haben, die alle so viele beständige Ausgaben erfordern, wogegen wir im Laufe des Jahres fast nichts, sondern Alles erst im Januar und Februar einnehmen. Dies genirt mich nun in diesem Jahre besonders, da ich für mehrere Unternehmungen ein Ansehnliches habe aufwenden müssen, das sich aber erst zu Ostern 1808 rentirt. Recht sehr wünschte ich also, mit einigen Fonds in diesem Jahre ausgeholfen zu werden, und ich frage Dich nun darum, ob Du das möglich machen kannst, sei es durch Dich selbst oder durch Deinen Credit ...

Es ist mir schwer gefallen, über diesen Punkt offen zu werden, und ohne das Zureden Sophiens hätte ich es unmöglich gekonnt. Ich füge weiter nichts hinzu, lieber Bruder, als daß jede Zeile, die ich Dir heute schrieb, lautere nackte Wahrheit ist, und daß ältere Schulden mich keine drückt noch ihrer mehr existirt.

Auf diesen Brief erfolgte sofort in echt brüderlicher Weise Hülfe durch Uebersendung einer ansehnlichen Summe. Brockhaus antwortete in einem Briefe vom 18. September, dessen Anfang eine gemüthvolle Erinnerung an seine Kinderzeit enthält:

Woran erinnerst Du mich, lieber Bruder, durch die Erzählung Deiner Reise zum guten lieben Onkel? An die auch für mich glücklichsten Stunden meines Lebens, das damals so eben und heiter dahinfloß wie ein rieselnder Bach! An die Jahre meiner Kindheit, meines Jünglingsalters, die des jungen Mannes, wo ich, noch unbekannt mit den Täuschungen des wirklichen Lebens, an der Pforte desselben stand und mit hochfliegendem Sinne und Herzen, ach! die schönsten Hoffnungen von der Zukunft und den Menschen überhaupt hatte und auch wol berufen und geeignet war, sie haben zu dürfen. Damals ahndete ich den giftigen Mehlthau nicht, der sich auf die Blume meines Lebens setzen und Jahre lang desselben würde vergiften machen! O die Zeiten, lieber Bruder! wie wir mit dem guten und geistvollen Onkel29 dann durch die langen und fruchtbaren Aecker und zwischen dem wogenden Meer der vollen sich niedersenkenden Aehren einhergingen nach dem Kloster Welver, oder nach Dinker oder zur Kirmeß — ich weiß nicht wo, wie heitere und seelenvolle Gespräche uns erquickten, ländliche Kost uns erfreute, wie wir von Alt und Jung gegrüßt, ehrerbietig gegrüßt wurden, von allen Menschen als Freunde behandelt und zärtlich gepflegt wurden.

Mir ist der Onkel immer wie der ehrwürdige Pfarrer zu Grünau, von dem Voß in seiner »Luise« ein so hinreißend entzückendes Gemälde aufgestellt hat. Damals litt der gute Onkel immer viel, er war kränklich und seinem Leben schienen nur noch kurze Tage zu harren. Es freut mich unendlich, daß unsere Furcht sich darin nicht bewahrheitet, und ich gebe noch keineswegs die Hoffnung auf, ihn noch einmal, ehe er oder ich jene furchtbare Reise antreten, von der kein Wanderer zurückkommt, an meine Brust zu drücken. Vielleicht ist diese Zeit selbst näher als ich noch vor kurzem hätte denken können. Es ist nämlich sehr wahrscheinlich, daß ich nächste Ostern selbst mit nach Leipzig gehen werde. Unsere dortigen Geschäfte und Berechnungen, Tausche, Einkäufe, Arrangements mit Druckereien, Papierhandlungen, Autoren u. s. w. sind wichtig und mannichfaltig genug, um die Kräfte eines Mannes alleine zu übersteigen und auch von zu bedeutenden Folgen, um sie einem auch noch so guten Commis anvertrauen zu können. Wenn es mir also nur irgend möglich ist, so habe ich zur Absicht, alle Jahre, so Gott will, selbst Ostern nach Leipzig zu gehen in Begleitung eines Gehülfen, der den mechanischen Theil des Geschäftes und der Berechnungen besorgt. Ich habe zu einer solchen Reise mehrere Reiserouten vor mir, werde aber gewiß, wenn meine dortigen Angelegenheiten einmal in Ordnung sind, wofür ich möglichst sorgen werde, zur Hin- oder Herreise immer die über Dortmund nehmen. Bei Lesung Deines letzten Briefs, lieber Bruder, ist mir dabei der Gedanke eingefallen, wie außerordentlich nützlich für Dein Geschäft, erhebend für Deine Seele und stärkend für Deinen Körper es sein würde, wenn auch Du es einrichtetest, alle Jahre einmal abwechselnd nach Frankfurt oder Leipzig zu gehen, und wir dann vielleicht dann und wann solche Reisen hin oder zurück zusammen machen könnten. Der Gedanke, theuerster Bruder, ist mir so ausführbar vorgekommen, daß ich ihn gar nicht loswerden kann! und doch ist es mir zu reizend, als daß ich es mir wieder zu schmeicheln wagen mag, daß er wirklich werde ausgeführt werden ...

Zu meinem jetzigen Geschäfte, wie es jetzt geht, bedarf ich durchaus noch einiger Fonds, und es ist nicht dem allermindesten Zweifel unterworfen, daß, wenn ich nur noch so viele habe, als ich oben gedachte, es mir möglich sein wird, dasselbe auf einen solchen Fuß zu halten und zu setzen, daß für mich und meine Familie die segensreichsten Folgen daraus entstehen werden. Die Zeiten der Chimären und der Luftschlösser sind bei mir vorbei: was ich jetzt thue und treibe, beruht auf dem sichersten Calcul. Nur der sehr gute Erfolg mehrerer unserer Unternehmungen hat übrigens auch nur diese noch nöthige Alimentation veranlaßt, da wir nicht im Stande sind, diese Unternehmungen aufzuhalten, die Fonds dafür aber erst im nächsten Jahre u. s. w. eingehen. So müssen wir von Villers' Briefe über Lübeck schon wieder zwei neue deutsche und französische Auflagen machen, ob wir gleich viele Tausend von der ersten haben drucken lassen. So von einem französischen Handbuche für Reisende durch Deutschland ebenfalls schon wieder die zweite Auflage, obgleich die erste von 2000 Exemplaren erst im Januar und Februar erschienen. So ist das Glück, das die »Vertrauten Briefe« machen, woran ich ein Viertel habe, außerordentlich. Aber diese glücklichen Unternehmungen erfordern gerade deswegen Nachschüsse, worauf ich nicht gerechnet, und die, da wir im Laufe des Jahres so wenig einnehmen, mich sehr en peine setzen für den Rest des Jahres, besonders da es hier platterdings gar keine Ressourcen für mich gibt, und ich Alles und Alles aus mir selbst schöpfen muß. Es sind indessen keine großen Summen, deren ich jetzt bedarf, und mit einigen tausend Gulden, die ehemals ein Tropfen im Eimer gewesen wären, kann ich über die kleinen Sorgen nun alle wegkommen. Und doch drücken solche außerordentlich und sie müssen auf immer weggeräumt werden.

Darauf folgt, unter herzlichem Danke für das zunächst Gewährte, die Bitte um eine weitere größere Summe, die er bestimmt im nächsten Jahre zurückerstatten will: »Du könntest darauf wie auf Deine Existenz rechnen!« Er schließt:

2323 Diese und die folgenden Notizen sind meist einer kleinen Abhandlung des 1859 verstorbenen verdienstvollen Geschichtschreibers und Publicisten Professor Christian Friedrich Wurm in Hamburg entnommen, die unter dem Titel: »Beiträge zur Geschichte der Hansestädte in den Jahren 1806-1814. Aus den nachgelassenen Papieren von Carl von Villers«, in einem 1845 gedruckten Lectionsverzeichniß des Hamburgischen Akademischen Gymnasiums enthalten ist.
2424 Es sei hier bemerkt, daß diese patriotischen Klagen Wurm's im Jahre 1845 erhoben wurden.
2525 Auch in Amsterdam, wie bereits erwähnt.
2626 Vgl. über ihn W. von Bippen: »Charles von Villers und seine deutschen Bestrebungen«, in den »Preußischen Jahrbüchern«, herausgegeben von H. von Treitschke und W. Wehrenpfennig (27. Band, 3. Heft, Berlin1871). Dieser interessante und werthvolle Essay macht den dankenswerthen Versuch, »die Erinnerung an einen Mann wieder zu erwecken, der, ein geborener Franzose, einst von vielen der Besten unsers Volks geachtet, von manchen geliebt, der Ehrenbürger einer deutschen Stadt, jetzt fast der Vergessenheit anheimgefallen ist«. Wir verfolgten mit obiger Darstellung (die vor dem Erscheinen jenes Aufsatzes geschrieben wurde) den gleichen Zweck, und so möge es uns gestattet sein, hier den Wunsch und die Hoffnung auszusprechen, daß der dazu gewiß vorzugsweise geeignete und berufene Verfasser jenes Aufsatzes auf Grund des auf der hamburger Stadtbibliothek befindlichen und dieser von Dorothea Rodde geschenkten literarischen Nachlasses ihres Freundes dem deutschen Volke ein Lebensbild von Charles von Villers liefern möge, das in der gegenwärtigen Zeit doppelt willkommen sein würde.
2727 Den Rest seines frühern kaufmännischen Geschäfts.
2828 Dieses damals großes Aufsehen erregende Werk, dessen weiterer Titel lautet: »seit dem Tode Friedrich's II.«, erschien 1807 anonym und war von dem vielgenannten Kriegsrath von Cölln verfaßt (geb. 1766, gest. 1820), der nach den für Preußen so traurigen Ereignissen von 1806 die preußische Verwaltung heftig angriff, deshalb 1808 in Untersuchung gezogen, später aber im Bureau des Staatskanzlers Hardenberg angestellt wurde. Die Schrift trägt die bekannte pseudonyme Firma »Peter Hammer« mit dem Verlagsort »Köln und Amsterdam«. Nach Obigem und nach andern Mittheilungen war Brockhaus jedenfalls bei dem Verlage derselben betheiligt, obwol sie in keinem seiner Verlagsberichte aufgeführt ist; in Heinsius' »Bücher-Lexikon« ist sein damaliger Commissionär in Leipzig, Heinrich Gräff, als Verleger genannt.
2929 Der früher erwähnte Pastor Adolf Heinrich Brockhaus in Meyerich bei Welver.