Der Televisionär

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

»Aufklärung mit dem Mittel spannender Unterhaltung. Menge ist in den Jahren danach häufig kopiert, jedoch kaum wieder erreicht worden. Auch von ihm selbst nicht. Das hat vor allem mit der Gunst der Stunde zu tun. Das Fernsehspiel war damals reif, entdeckt zu werden. Er hat zugegriffen. Es hat vor und nach ihm gute Fernsehspiele gegeben, Filme von großer Virtuosität und Meisterschaft. Doch kaum je wurde die Besonderheit des Fernsehens so genau getroffen wie in diesen beiden Stücken.«82

Zwar verfasste Menge im Laufe der siebziger Jahre noch zwei weitere faktionale Drehbücher, Planübung83 über ein Bundeswehrmanöver und Grüss Gott, ich komm von drüben84 über die denkbare Erbfall-Übernahme eines bundesdeutschen Betriebs durch DDR-Funktionäre. Doch blieben diese Arbeiten eher zweitrangig. Während sich Menge sukzessive von der Faktion als medialer Spiel-Form für Mögliches verabschiedete, gelang einem anderen erfahrenen Faktionen-Autor wenig später die ästhetische Realisierung dessen, was alle faktionalen Experimente seit ihren Anfängen betrieben hatten: die Infragestellung und Dekonstruktion jener indexikalischen Referenz, welche der industriellen Reproduktion von Bild und Ton durch Realitätsabdruck Authentizität garantierte. Mit F for Fake, ursprünglich von einem der Produzenten als TV-Dokumentarfilm über einen Kunstfälscher geplant, vollendete Orson Welles in Paris, was er mit dem Hörspiel War of the Worlds 1938 so spektakulär in New York begonnen hatte.

Wollten Dokumentarfilme – zu jenen analogen Zeiten jedenfalls noch – Wirklichkeit abbilden, so hielt Welles dagegen, dass authentische Abbildung nicht nur prinzipiell unmöglich, sondern auch intellektuell wie ästhetisch wenig wünschenswert sei. Indem er danach strebte, vom Arrangeur des vermeintlich Authentischen zum Entwickler von Einsichten zu werden, vom äußeren zum inneren Kinoauge, zum Bilderdenker, ließ er die etablierten Grenzen zwischen Original und Fälschung, Dokumentation und Fiktion, Wahrheit und Lüge, Kunst und Magie, vorgefundenen und inszenierten beziehungsweise getricksten Ereignissen erst verschwimmen, dann verschwinden. Zu dieser inhaltlichen Absicht fügte sich die formale Realisierung: der – für die Zeit verblüffend – rasante Schnitt und die Nutzung filmischer Bilder verschiedenster Provenienz als arbiträr manipulierbares Rohmaterial. Indem F for Fake mit analogen Mitteln gewissermaßen die Effekte und Qualitäten digitaler Medialität simulierte, entwickelte Welles mit seinem letzten Film nichts weniger als eine neue filmische Form: den schnell montierten und nonlinear argumentierenden audiovisuellen Essay.85 Damit schlug er in der Blütezeit televisionärer Faktionen thematisch wie ästhetisch die Brücke von den Anstrengungen einer früheren Epoche und ihren Medien, dem Radio und dem Tonfilm, zu einer späteren Zeit, deren virtuelle Faktionen allererst zu erfinden waren – und schuf dabei, wie Dan Schneider 2006 schrieb, »a work of art so far ahead of its day that even now, nearly four decades after it was conceived and begun, it still may be more aptly called a work of prophecy than documentary.«86

In ihrer Gesamtheit weisen die damals unternommenen Experimente – die Dokumentation eines Atomschlags auf die britische Provinz; ein Wiedervereinigung-wider-Willen-Szenario als Magazinmosaik; Menschenjagd als in den Alltag entgrenztes TV-Spiel; menschliche Schicksale in der Umweltkatastrophe als Reality-Show; die trickreiche Demonstration der Fabrizierbarkeit aller Originale – auf mediale Praktiken und ästhetische Formen voraus, die heute vertraut sind, damals jedoch kaum erahnt werden konnten. Dies gelingt gerade Wolfgang Menges Faktionen, weil sie, wie Lisa Gotto schreibt, »televisuelles Wissen nicht proklamieren, sondern durch spekulative Verfahren überhaupt erst generieren.«87 Imaginiert und partiell antizipiert wurde dabei dreierlei:

 Zum Ersten die Zukunft des Fernsehens selbst – Formate, Erzählweisen, Genres, insbesondere Varianten intimer panoptischer Beobachtung. Diese Sehnsucht, den Alltag medial zu erschließen, trieb um 1970 keineswegs allein TV-Faktionen. Vergleichbare Bemühungen fanden sich etwa im amerikanischen Direct Cinema, in Avantgarde-Filmen wie denen Andy Warhols oder den Techniken intimer (Selbst-) Beobachtung und narrativer (Re-) Konstruktion, mit denen der New Journalism beziehungsweise Gonzo Journalism etablierten Neutralitäts- und Objektivitäts-Idealen opponierten.

 Zum Zweiten die Zukunft aller audiovisueller Medien – die sowohl medientechnische wie medienästhetische Überwindung der indexikalischen Referenz fotorealistischer Reproduktion und damit die Aufhebung des industriellen Abbildparadigmas. Sämtliche TV-Faktionen offerierten Bilder ›dokumentarisch-historischer‹ Situationen, die so nie stattgefunden hatten und daher auf die softwaregestützte Herstellung ›unmöglicher‹ audiovisueller Dokumente vorausdeuteten, wie sie erst in den 1990er Jahren zur technischen Machbarkeit fortschreiten sollte, etwa mit den frühen CGI-gefälschten Szenen rund um John F. Kennedy.88 In diesem avantgardistischen Streben partizipierten die TV-Experimente ebenfalls an einer Reihe ähnlich gerichteter Wendungen gegen das Authentizitätsmonopol der industriellen Medien. Die hyperrealistische Malerei der späten sechziger und frühen siebziger Jahre89 etwa nahm – von der handwerklichen Pixeltechnik bis zur simulierten fotorealistischen Qualität – deutlich die digitale Bildproduktion vorweg, den Umstand also, dass, wie zuerst Lev Manovich schrieb, die Herstellung stehender wie laufender fotorealistischer Bilder zu einer Unterkategorie der Malerei werde.90

 Zum Dritten die Zukunft der analogen Medien – ihre Aufhebung im digitalen Transmedium.91 Der Ursprung des Genres audiovisueller Faktionen lag in der spezifisch industriellen Erfahrung von Medialität: dass vor allen einzelnen visuellen, auditiven, audiovisuellen Kommunikationsakten und Kunstwerken Medien existieren – die Fotografie, das Radio, der (Ton-) Film –, die sich gleichermaßen und gleichzeitig zu künstlerischen wie kommunikativen Zwecken nutzen lassen, zu Inszenierung wie Dokumentation, Unterhaltung, Propaganda und Aufklärung. Die jeweilige Gestalt der Vermittlung hängt dabei wesentlich an der Beziehung der Medien zu ihrem Gegenstand. Die Bedingungen der Produktion von fiktionaler Audiovisualität – im Tonfilmstudio etwa – unterschieden sich drastisch von den Umständen, unter denen dokumentarisches Material einzufangen war, ob nun in Krieg oder Frieden, in Ausnahmesituationen oder im Alltag. Aus dieser Differenz resultierten bei dem Versuch, alltägliche oder inszenierte Ereignisse medial zu erfassen, sehr verschiedene Formen und Formate, die ihre ästhetische Gestalt, ihre für jeden erfahrenen Rezipienten erkennbare Form, wesentlich einem Kompromiss schuldeten: zwischen den Inhalten, die gestaltet werden sollten, und den Gestaltungsmöglichkeiten, welche die industriellen Medien zum gegebenen Zeitpunkt boten. Mit der Ausbildung formaler Distinktionen war dann deren Hybridisierung prinzipiell gesetzt, wenn sie auch in der Praxis nur schwer zu realisieren war, sozusagen nicht regulär, sondern nur als special effect.

Diesen historischen Stand indizieren die TV-Experimente mit Faktionalität, zu denen es um 1970 kam. Peter Watkins schloss mit The War Game als erster im Medium der Television an die faktionale Tradition des Stumm- und Tonfilms an. Wolfgang Menges Faktionen gingen dann, indem sie im Medium Fernsehen dessen ohnehin hybriden Formen fingierten und dabei nicht zuletzt auch die spezifische mediale Befähigung zur audiovisuellen Live-Berichterstattung simulierten, weit über alles hinaus, was bis dato audiovisuell geleistet worden war. F for Fake schließlich suchte das Genre der TV-Faktion in einer neuen, der industriellen opponierenden Audiovisualität aufzuheben.

Als kollektive Anstrengung bezeugen diese Faktionen daher das verbreitete Bedürfnis nach einer freien Verfügbarkeit und Kombinierbarkeit ästhetischer Formen. Technisch möglich werden sollte sie – eine von materieller Medialität abgelöste Simulation historisch entwickelter Effekte – erst mit der Digitalisierung der Medien, ihrem Aufgehen im digitalen Transmedium. Insgesamt verschoben so die Faktionen, die um 1970 entstanden, den etablierten Grenzverlauf zwischen audiovisueller Fiktion und Dokumentation – und schrieben zugleich mit einiger Hellsicht intra- wie intermediale Entwicklungen in Richtung jener Zukunft fort, die unsere Gegenwart ist.

1976, als Orson Welles’ F for Fake schließlich in die bundesdeutschen Kinos kam, hatte Wolfgang Menge sein Interesse allerdings bereits auf Anderes fokussiert, auf jenen einzigartigen Aspekt televisionärer Medialität, der Radio- wie TV-Faktionen auszeichnete: liveness, die Befähigung der Rundfunkmedien zur Live-Übertragung.92



1 Der folgende Teil basiert auf Freyermuth, Gundolf S.: »Faktion // Intermedialität um 1970. Wolfgang Menges TV-Experimente zwischen Adaptation und Antizipation«, in: Grisko, Michael/Münker, Stefan (Hg.), Fernsehexperimente: Stationen eines Mediums, Berlin: Kadmos 2008, S. 121-147.

2 Žižek, Slavoj: Tarrying with the Negative: Kant, Hegel, and the Critique of Ideology, Durham: Duke University Press 1993, S. 88.

3 Horkheimer, Max/Adorno, Theodor W.: Dialektik der Aufklärung: Philosophische Fragmente, Amsterdam: Querido 1947.

 

4 Zitiert nach N.N.: »Einführung ins Reich des Scheins. Die Regeln des Fernsehjournalismus«, Neue Zürcher Zeitung, 23. Februar 2007.

5 Vgl. z. B.: »Inwiefern Filme Authentizität vermitteln konnten, wurde zum Quali­täts- und Beurteilungskriterium vieler Filmschaffender, Kritiker und auch des allgemeinen Zuschauers.« (Rüdiger, Mark: ›Goldene 50er‹ oder ›Bleierne Zeit‹?: Geschichtsbilder der 50er Jahre im Fernsehen der BRD, 1959 - 1989, Bielefeld: transcript 2014, S. 167.)

6 McLuhan, Marshall: Understanding Media: The Extensions of Man, Berkeley: Gingko Press (Kindle Edition) 2013 (*1964).

7 Zur differenzierenden Definition Fiktivität und Fiktion, Faktizität und Dokumentation vgl. Werle, Dirk: »Fiktion und Dokument. Überlegungen zu einer gar nicht so prekären Relation mit vier Beispielen aus der Gegenwartsliteratur«, Non Fiktion 1, 2 (2006) Insbesondere: »Fiktion kommt von fingere, lateinisch für gestalten, darstellen, sich vorstellen, erdichten, vorgeben. Ein fiktiver Gegenstand ist also ein erdachter Gegenstand, ein fiktionaler Text aber ein in bestimmter Weise gestalteter Text, der Gegenstände und Sachverhalte darstellt, welche sich der Autor so vorstellt und vorgibt, es verhielte sich mit ihnen so, wie er es darstellt.« (Ebd., S. 112.)

8 The War Game (GB 1965, R: Peter Watkins).

9 F for Fake (F 1974, R: Orson Welles). – Welles plante diesen Kinofilm zunächst als eine TV-Dokumentation: Nachdem er Aufnahmen gesehen hatte, die der französische Dokumentarfilmer François Reichenbach von dem Kunstfälscher Elmyr de Hory und seinem Biographen, dem amerikanischen Autor Clifford Irving, gemacht hatte, erklärte er sich bereit, aus diesem Material eine TV-Dokumentation für die BBC zu schneiden. Während er daran arbeitete, wurde auch Clifford Irving spektakulär als Fälscher entlarvt. Daraufhin konzipierte Welles F for Fake als Kinofilm und begann, neues Material zu drehen. (Vgl. z. B. Cady, Brian: »F for fake«, in: TCM Turner Classic Movies o. J., http://www.tcm.com/this-month/article.html?isPreview=&id=1083885%7C93540&name=F-for-Fake)

10 Die Dubrow-Krise (D 1969, R: Eberhard Itzenplitz).

11 Das Millionenspiel (D 1970, R: Tom Toelle).

12 Smog (D 1973, R: Wolfgang Petersen).

13 Faction entstand als Verbindung von fact und fiction in den 1960er Jahren und wird definiert als eine »form of literature or filmmaking that treats real people or events as if they were fictional or uses real people or events as essential elements in an otherwise fictional rendition.« (http://www.yourdictionary.com/faction) Die Hybridisierung von Faktischem und Fiktivem beziehungsweise von fiktionalen und dokumentarischen Erzählweisen soll daher im Folgenden auf Deutsch Faktion heißen.

14 L‘Affaire Dreyfus (F 1899, R: Georges Méliès).

15 L‘Assassinat de McKinley (F 1901, R: Ferdinand Zecca).

16 Vertov, Dziga: »Kinoks - A Revolution«, in: Vertov, Dziga/Michelson, Annette (Hg.), Kino-Eye: The Writings of Dziga Vertov, Berkeley, Ca.: University of California Press 1984, S. 11-21. – Vertov verfasste bereits 1919 eine erste Fassung dieses Manifests: »WE. Variant of a Manifesto«, die ebenfalls 1922 erschien. Vgl. ebd. (Für diesen Hinweis habe ich Lisa Gotto zu danken.)

17 Nanook of the North (USA 1922, R: Robert J. Flaherty).

18 Vgl. z. B. Ellis, Jack C./McLane, Betsy A.: A New History of Documentary Film, New York: Continuum 2005, S. 3. – Die Rezension war zu Moana (USA 1926, R: Robert J. Flaherty).

19 Wobei natürlich auch Spielfilme dem technischen Prozess des Realitätsabdrucks unterliegen. Der analoge Film dokumentiert eben auch dort, wo er nicht dokumentieren will. Vgl. z. B: »Die photographische Technik des Films, primär abbildend, verschafft dem zur Subjektivität fremden Objekt mehr Eigengeltung als die ästhetisch autonomen Verfahrungsarten [...] Kraft dieser Differenz ragt die Gesellschaft ganz anders, weit unmittelbarer vom Objekt her, in den Film hinein als in avancierte Malerei oder Literatur.« (Adorno, Theodor W.: »Filmtransparente«, in: Tiedemann, Rolf (Hg.), Prismen. Kulturkritik und Gesellschaft I. Gesammelte Schriften, Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1977, S. 353-361, S. 357.)

20 Vgl. z. B. Pirker, Eva Ulrike/Mark, Rüdiger: »Authentizitätsfiktionen in populä­ren Geschichtskulturen: Annäherungen«, in: Klein, Christa, et al. (Hg.), Echte Ge­schichte: Authentizitätsfiktionen in populären Geschichtskulturen, Bielefeld: transcript 2010, S. 11-30. – Die Etablierung separater Ästhetiken des Fiktionalen und des Dokumentarischen seit den 1920er Jahren war begleitet von der intermedialen Durchsetzung der Reportageform in Literatur und Presse, Fotografie, Film und Rundfunk, wie sie Wolfgang Menge schätzte und transmedial beherrschte.

21 Berlin – Die Sinfonie der Grossstadt (D 1927, R: Walter Ruttmann).

22 Menschen am Sonntag (D 1930, R: Robert Siodmak).

23 Confessions of a Nazi Spy (USA 1939, R: Anatole Litvak).

24 Wobei Wochenschauen selbst, etwa die 1935 begründete und populäre March of Time, den Mangel an dokumentarischen Bildern, wie er dem Stand der Verbreitung audiovisueller Technik geschuldet war, häufig mit ›nachgestellten‹ Szenen und Dramatisierungen, mit Faktionen also kompensierten. Im Unterschied allerdings zu den vordokumentarischen Nachstellungen, die mit Schauspielern operierten, bediente man sich nun des historischen Personals.

25 Citizen Kane (USA 1941, R: Orson Welles).

26 Wells, H. G.: The War of the Worlds, New York, London: Harper & Brothers 1898. Eine Audiodatei der CBS-Originalsendung von 1938 findet sich unter: http://www.mercurytheatre.info/

27 »Radio Listeners in Panic, Taking War Drama as Fact«, lautete eine Schlagzeile der New York Times vom 31. Oktober 1938. Siehe Faksimile unter http://en.wikipedia.org/wiki/Image:WOTW-NYT-headline.jpg

28 Das neue Medium stand jedoch unmittelbar vor seiner Einführung: Im selben Jahr, als Citizen Kane in die Kinos kam – und zum Misserfolg wurde –, genehmigte die Aufsichtsbehörde den amerikanischen Fernsehstandard NTSC. Die Aufnahme des regulären Sendebetriebs war für 1942 geplant, musste jedoch nach Pearl Harbor wegen des Kriegseintritts der USA ausgesetzt werden.

29 Hickethier, Knut: »Das Millionenspiel. Die Wahrheit des Fernsehens liegt in seinen Fiktionen«, in: Grisko, Michael/Münker, Stefan (Hg.), Fernsehexperimente: Stationen eines Mediums, Berlin: Kadmos 2008, S. 67-82, hier S. 76. Vgl. auch: »[...] verstand sich das WDR-Fernsehspiel durchaus als Avantgarde im audiovisuellen Erzählen, indem es Filme ermöglichte, die das deutsche Kino zu dieser Zeit herzustellen nicht mehr in der Lage war [...]« (Ebd., S. 76.)

30 Ebd.

31 Münker, Stefan: »Subversion durch Transparenz. Wolfgang Menge als Talkmaster von III nach 9«, in diesem Band S. 353-376, hier S. 358.

32 The War Game (GB 1965, R: Peter Watkins).

33 Dort hatte der Film allerdings großen kritischen Erfolg. Unter anderem gewann The War Game 1967 den Oscar als bester Dokumentarfilm. Die BBC strahlte die eigene Produktion erst 1985 aus.

34 I. Wesseln: »Zwischen prophetischer Weitsicht und kritischer Stellungnahme«, S. 157.

35 Menge benannte den Handlungs-Ort nach der Zehlendorfer Straße, in der er damals wohnte.

36 I. Wesseln: »Zwischen prophetischer Weitsicht und kritischer Stellungnahme«, S. 159. – Ein Teil dieser Komik geht in der heutigen Rezeption verloren, da die aktuellen Anspielungen und einzelnen Prominenten von einem Großteil der Zuschauer nicht mehr erkannt werden.

37 Vgl. z. B. »Ich war davor allerdings noch nie im Osten gewesen, ich hatte auch niemanden dort gekannt.« (K. Kastan: »Wolfgang Menge im Gespräch«.)

38 Menge, Wolfgang: interviewt von Gundolf S. Freyermuth, Berlin, 20. September 2005.

39 Vgl. K. Kastan: »Wolfgang Menge im Gespräch«.

40 W. Menge: Berlin, 20. September 2005.

41 K. Hickethier: »Das Millionenspiel«, S. 77.

42 Die Kurzgeschichte erschien im Magazine for Fantasy and Science Fiction. Die erste Buchausgabe findet sich in: Sheckley, Robert: Store of Infinity, New York: Bantam Books 1960, http://www.baen.com/Chapters/9781625791412/9781625791412___2.htm

43 Ebd.

44 In der Vorlage endet die Jagd auf einem Friedhof: Der Gejagte stellt sich tot, bis er vom Auslaufen der Sendezeit gerettet wird. Bei Menge hingegen wird am Ende das Medium Fernsehen selbst zur Hauptsache, in einem Studio-Finale, das deutlich an das seit 1963 ausgestrahlte das aktuelle Sportstudio des ZDF und seine Torwand gemahnt.

45 K. Hickethier: »Das Millionenspiel«, S. 73.

46 Rost, Alexander: »Einer wird gejagt«, in: Die Zeit, 23. Oktober 1970, http://www.zeit.de/1970/43/einer-wird-gejagt

47 Ebd. – Vgl. auch: »Fast jedes Element des Millionenspiels hatte irgendwo einen realen Bezugspunkt. [...] Der Fundus, aus dem das Spiel schöpfte, war von heute: Vom Goldenen Schuss bis zum ungelösten Aktenzeichen, vom Ratequiz bis zur flachköpfigen Show-Matrize war alles da, was uns die Television so Tag um Tag anliefert.« (Valentin Polcuch in Die Welt, 20. Oktober 1970, zitiert nach K. Hickethier: »Das Millionenspiel«, S. 70.)

48 Zitiert nach N. N.: »Deutsche Zeitungen zum ›Millionenspiel‹«, in: Hör Zu, Nr. 46, 1970, S. 58 zitiert nach: http://www.zuschauerpost.de (Suchbegriff Millionenspiel).

49 N. N.: »Vor der Flinte«, in: Der Spiegel, 26. Oktober 1970, S. 251-253, hier S. 251, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43787231.html

 

50 N. N.: »Hör-Zu-Leser zum ›Millionenspiel‹«, in: Hör Zu, Nr. 45, 1970, S. 8, zitiert nach: http://www.zuschauerpost.de (Suchbegriff Millionenspiel).

51 Lichtenfeld, Herbert »›Ich wär’ ein guter Killer‹«, in: ebd. – Vgl. auch Günter Rohrbach: »Das Erschreckende an dem Film war, daß viele Zuschauer offenbar damals schon ein solches Spiel für möglich hielten. In Tausenden von Anrufen wurde gegen die vermeintlich echte Sendung protestiert.« (Rohrbach, Günter: »Auf eine gepflegte Weise kauzig. Deutschlands erfolgreichster Autor für Fernsehspiele will aufklären und unterhalten«, in: Die Zeit, 6. April 1984, http://www.zeit.de/1984/15/auf-eine-gepflegte-weise-kauzig).

52 Zitiert nach der Fernsehdokumentation Geliebtes Ekel (D-ARD 1999/2004, R: Barbara Block).

53 Z. B. Sigrid Schmitt-Blum in der Frankfurter Rundschau: »was Satire hätte sein können, bleibt hier bloße Übertreibung [...] Es sei betont, daß sich die Produzenten dieser Sendung um die Chance einer Selbstironie zugunsten der nur spektakulären Show gebracht haben.« (N. N.: »Deutsche Zeitungen zum ›Millionenspiel‹«, in: Hör Zu, Nr. 46, 1970, S. 58, zitiert nach: http://www.zuschauerpost.de (Suchbegriff Millionenspiel).

54 Z. B. E.J. in der Frankfurter Allgemeine Zeitung: »[...] die Satire wird zum Vorwand, gerade das zu zeigen, was man zu verdammen vorgibt.« (Ebd.) – Vgl. auch: »Der Soziologe Willy Strzelewicz etwa kritisiert seiner Zeit, dass die angebliche Absicht, vor einer gefährlichen Entwicklung warnen zu wollen, nur ein Vorwand sei, mit der Überschreitung von Grenzen selbst Quote zu machen.« (Maack, Benjamin: »TV brutal«, in: Spiegel Online, 12. Mai 2010, http://www.spiegel.de/einestages/das-millionenspiel-a-948878.html).

55 N. N.: »Jagd ihn - er ist ein Mensch!«, in: Hör Zu, Nr. 42, 1970, S. 5, zitiert nach: http://www.zuschauerpost.de (Suchbegriff Millionenspiel).

56 Zitiert nach der Fernsehdokumentation Geliebtes Ekel.

57 N. N.: »Vor der Flinte«.

58 K. Hickethier: »Das Millionenspiel«, S. 77.

59 K. Kastan: »Wolfgang Menge im Gespräch«. – Die Ähnlichkeiten zwischen der Szene des Millionenspiels, als der Kandidat Lotz verletzt am Studio-Boden liegt und der Showmaster nach dem Arzt ruft, mit der Szene nach dem schweren Unfall von Samuel Koch in der von Thomas Gottschalk moderierten ZDF-Unterhaltungsshow Wetten, dass ...? vom 4. Dezember 2010 muten gespenstisch an.

60 Am deutlichsten demonstrieren die radikal-absurden Werbespots der fiktiven Spon­­soren-Firma »Stabilelite« das Locken des heraufziehenden postindustriellen Selbstverwirklichungs-Konsums.

61 K. Hickethier: »Das Millionenspiel«, S. 78.

62 Wilson, Jason: »›Participation TV‹: Early Games, Video Art, Abstraction and the Problem of Attention«, in: Convergence, September 2004, S. 83-100, S. 96.

63 Freyermuth, Gundolf S.: Games | Game Design | Game Studies: Eine Einführung, Bielefeld: transcript 2015, S. 235. Die Angaben in dem Zitat beziehen sich auf Berne, Eric: Games People Play: The Psychology of Human Relationships, New York: Grove Press 1964; Abt, Clark C.: Serious Games, New York: Viking Press 1970; Berlinger, Yehuda: »The History of the New Games Foundation: Play Hard. Play Fair. Nobody Hurt«, in: Yehuda: Gaming, Technology, Philosophy, and Life 2008, http://jergames.blogspot.com/2008/02/history-of-new-games-foundation.html

64 Vgl. z.B. »This ludic turn in art is not only related to discourses of a playful postmodernity, but it signals new expectations and creations of an active audience.« (J. Wilson: »›Participation TV‹: Early Games, Video Art, Abstraction and the Problem of Attention«, S. 91.

65 Vgl. vor allem Enzensberger, Hans Magnus: »Baukasten zu einer Theorie der Medien«, in: Kursbuch, Nr. 20 1970, S. 159-186.

66 Sklar, Robert: Movie-Made America: A Cultural History of American Movies, New York: Vintage Books 1976, S. 304. Sklar imaginierte, was ein Vierteljahrhundert später Apple Computer unter Steve Jobs mit dem Programm iMovie propagierte: »No one knows what the nature of communications and information distribution would be like if visual media were used with the frequency and dexterity of pen or typewriter […] Still, it would be a remarkable event in human history if American men and women could give up their roles as passive spectators before the motion-picture or television screen, as they once gave up their status as colonial subjects of a foreign king.« (Ebd., S. 317).

67 Lorenz Engell erwähnt als Praktiken der Rückkopplung die Messung des Stromverbrauchs, wie sie um 1970 in der Show Wünsch Dir Was praktiziert wurde, sowie das in den siebziger Jahren entwickelte Teledialog-Abstimmsystem (TED). (Engell, Lorenz: »Fernsehen mit Unbekannten. Überlegungen zur experimentellen Television«, in: Grisko, Michael/Münker, Stefan (Hg.), Fernsehexperimente: Stationen eines Mediums, Berlin: Kadmos 2008, S. 15-45, hier S. 32ff.)

68 J. Wilson: »›Participation TV‹: Early Games, Video Art, Abstraction and the Problem of Attention«, S. 95.

69 Ebd., S. 83.

70 Vgl. zum Verlauf der Auseinandersetzung um die Filmrechte: Roth, Wolf-Dieter: »Filmrechte: Ein Millionenspiel«, in: Telepolis, 17. April 2004, http://www.heise.de/tp/artikel/17/17199/1.html

71 K. Hickethier: »Das Millionenspiel«, S. 67.

72 Smog (D-WDR 1973, R: Wolfgang Petersen).

73 Zitiert nach der Fernsehdokumentation Geliebtes Ekel.

74 N. N.: »Signal unter die Haut«, in: Der Spiegel, 2. April 1973, S. 162-165, http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-42602599.html. Vgl. auch Günter Rohrbach: »Vor kurzem habe ich mir Smog noch mal angesehen. Das ist als eine heutige Auftragsproduktion überhaupt nicht vorstellbar – diese Fülle von Motiven. [...] Damals konnten wir es uns als Eigenproduktion leisten, 40 Drehtage oder mehr für einen Fernsehfilm zu haben. Das ist heute unmöglich.« (G. Rohrbach: »›Wolfgang Menge war mein erster Autor‹«, S. 522.)

75 N. N.: »Signal unter die Haut«, S. 162.

76 Zitiert nach ebd., S. 165.

77 N. N.: »Smog alarmierte die Zuschauer«, in: Westfälische Rundschau, 17. April 1973.

78 W. Menge: Sylt, 21. Juni 1987. Carson, Rachel: Silent Spring, Boston, Cambridge (Mass.): Houghton Mifflin, Riverside Press 1962.

79 Zitiert nach G. S. Freyermuth: »Faktion // Intermedialität um 1970«, S. 140, Anm. 35.

80 Kuenheim, Haug von: »Qualm mir das Lied vom Tod«, in: Die Zeit, 13. April 1973, http://www.zeit.de/1973/16/qualm-mir-das-lied-vom-tod.

81 Bayer, Eva-Suzanne »Import von ›drüben‹«, in: Stuttgarter Zeitung, 10. Juni 1978.

82 G. Rohrbach: »Auf eine gepflegte Weise kauzig«

83 Planübung (D-WDR 1977, R: Wolfgang Petersen).

84 Grüss Gott, ich komm von drüben (D-WDR 1978, R: Tom Toelle).

85 Welles selbst behauptete, er habe keinen Dokumentarfilm produziert: »No, not a documentary – a new kind of film.«, Zitiert nach: Rosenbaum, Jonathan: »Orson Welles’s Purloined Letter: ›F For Fake‹«, in: Essay zur Criterion DVD Edition 2005, http://www.criterion.com/asp/release.asp?id=288&eid=412&section=essay

86 Schneider, Dan: »Review of ›F For Fake‹«, in: New York Review, 1. November 2006, http://www.cosmoetica.com/B464-DES397.htm

87 Gotto, Lisa: »Was der Fall sein könnte. Wolfgang Menges spekulative Fernsehspiele«, in diesem Band S. 285-312, hier S. 285f.

88 Für In the Line of Fire (USA 1993: R: Wolfgang Petersen) ließ der Regisseur seinem Hauptdarsteller Clint Eastwood als Kennedys Secret-Service-Agent den ersten digitalen Haarschnitt verpassen und ihn an die fiktive Seite des Präsidenten montieren. In Forrest Gump (USA 1994, R: Robert Zemeckis) konnte Tom Hanks im Weißen Haus gar JFKs virtuelle Hand schütteln.

89 Vgl. Chase, Linda: Hyperrealism, London: Academy Editions 1975.

90 Vgl. Manovich, Lev: »What is Digital Cinema?«, in: Telepolis, 14. Februar 1997.

91 Software ist ein Transmedium, da sich in ihr analoge Medien arbiträr simulieren lassen – inklusive jener Effekte, die Resultat ihrer spezifischen materiellen Qualitäten waren, vom Knistern der Schellack-Platte bis zur Körnigkeit bestimmten Filmmaterials, von der Positionierung des Mikrofons bis zur Bewegung der Kamera durch einen Bildraum.

92 Ebenfalls Anfang der siebziger Jahre charakterisierte Raymond Williams in seiner Theorie des flow das Fernsehen als ein Medium, das generell durch Flüchtigkeit gekennzeichnet sei (Williams, Raymond: Television: Technology and Cultural Form, London: Fontana 1974). Seitdem rückte liveness als medienspezifische Realisierung dieser Flüchtigkeit ins Zentrum der Auseinandersetzung mit dem Fernsehen. Vgl. z. B: »The ephemerality of broadcasting, encapsulated in the concept of ›liveness‹, has long been identified as a defining characteristic of television.« (Evans, Elizabeth: »Layering Engagement: The Temporal Dynamics of Transmedia Television«, Storyworlds: A Journal of Narrative Studies Vol 7 (2), 2015, S. 111-128, zitiert nach http://eprints.nottingham.ac.uk/30924/1/Evans%20-%20Layering%20Engagement%20(Storyworlds).pdf, S. 10)