Digitalisierung im Krankenhaus

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1.2 Fit für die zweite Hälfte der Dekade: Die Ziele des KHZF

Wie bereits beschrieben, ist das Zukunftsprogramm Krankenhäuser eine der Kernmaßnahmen im Bereich Gesundheit des Konjunkturpakets der Bundesregierung vom 3. Juni 2020. Neben der konjunkturellen Stärkung und Abfederung der Auswirkungen der Corona-Pandemie soll Deutschland mit einem umfangreichen Zukunftsprogramm gestärkt aus der aktuellen Krise hervorgehen. Im Rahmen des Beschlusses sind die wesentlichen Eckpunkte und Ziele skizziert, die die Grundlage des KHZF bilden. Dass hierbei ein besonderer Fokus auf Maßnahmen zur Stärkung der Digitalisierung liegt, ist in Anbetracht der eingangs beschriebenen Ausgangssituation folgerichtig.


Digitalisierungsmaßnahmen stehen und fallen mit der Akzeptanz derjenigen, für die sie gemacht sind.

Diese eigentlich banale Feststellung kann vermutlich jeder bestätigen, der schon einmal eine Smartphone-App installiert, sie nicht auf Anhieb verstanden und dann nie wieder angesehen hat. Im privaten Kontext mag diese Möglichkeit bestehen, im beruflichen Kontext für im Gesundheitswesen Beschäftigte gilt dies nicht. IT-Produkte im Gesundheitswesen sind hoch spezialisiert, häufig teuer und in der jeweiligen Einrichtung in der Regel verpflichtend anzuwenden. Umso wichtiger ist daher, dass die Perspektive der Nutzer:innen von Beginn an und durchgehend berücksichtigt wird.

Akzeptanz geht damit einher, den Nutzen von technischer Unterstützung herauszustellen und gleichzeitig erlebbar zu machen. Dies gilt für Angestellte im Gesundheitswesen wie für Versicherte oder Patient: innen. Im KHZF steht die Patientenorientierung entlang des gesamten Behandlungspfades daher im Kern der Digitalisierungsmaßnahmen sei es in der Notfallversorgung, der elektiven Aufnahme, der eigentlichen Behandlung oder der Entlassung.

Entscheidend für die Akzeptanz von Anwendungen ist hierbei zudem, dass Daten interoperabel – also ohne doppelte Eingaben – zwischen den verschiedenen digitalen Diensten ausgetauscht und weiterverarbeitet werden können. Datenaustauschprozesse sind nur so gut wie das schwächste Glied in der Verarbeitungskette. Wenn es an einem Punkt zu Medienbrüchen oder Informationsverlusten kommt, kann dies in späteren Prozessschritten nicht korrigiert werden. Insofern eröffnet das Zukunftsprogramm Krankenhäuser mittels der Umsetzung von Förderprojekten Spielraum, nachhaltig die Binnendigitalisierung der Kliniken zu stärken und die internen Prozesse fit für die zweite Hälfte des Jahrzehnts zu machen.


Neben Akzeptanz ist Vertrauen ein wesentlicher Erfolgsfaktor zur erfolgreichen Implementierung neuer technischer Lösungen.

IT-Sicherheitsvorfälle in den vergangenen Jahren (z.B. 2016 Lukaskrankenhaus in Neuss, 2019 Krankenhäuser Rheinland-Pfalz und Saarland, 2020 Universitätsklinik in Düsseldorf) haben gezeigt: Mit zunehmender Digitalisierung muss auch vermehrt in IT-Sicherheit investiert werden. Eine der wesentlichen übergeordneten Anforderungen des KHZF an Förderprojekte ist daher, IT-Sicherheitsmaßnahmen in jedem Projekt ausdrücklich mit zu berücksichtigen. Hierfür sind mindestens 15% der beantragten Förderung für entsprechende Maßnahmen einzusetzen und nachzuweisen.

Neben diesen für alle Digitalisierungsprojekte geltenden Anforderungen besteht zudem die Möglichkeit, dezidiert Maßnahmen mit dem ausschließlichen Ziel, die IT-Sicherheit zu stärken, fördern zu lassen. Durch die feste Ausgabenquotierung von Sicherheitsmaßnahmen soll sichergestellt werden, dass die neuen Digitaldienste konsequent in der IT-(Sicherheits-)Strategie der jeweiligen Klinik nach dem Paradigma „Security by Design“ verankert werden – und dies nicht nur bei sogenannten KRITIS-Häusern.

1.3 Ungleiche Geschwister: Strukturfonds und Zukunftsfonds

Das Ziel des Konjunkturprogramms im Allgemeinen und des Zukunftsprogramms Krankenhäuser im Besonderen war es, entsprechende Maßnahmen schnell und zielgerichtet umzusetzen. Vor diesem Hintergrund stellte es sich als zweckdienlich heraus, bei der Umsetzung der Förderung nach dem KHZF auf bereits bestehende und etablierte Verfahren zur Förderung von Investitionen in Krankenhäusern zurückzugreifen und entsprechend vorhandene Expertise nutzbar zu machen. So wurden die näheren Voraussetzungen für das Förderverfahren des KHZF in der Krankenhausstrukturfonds-Verordnung (KHSFV) festgelegt. Die KHSFV wurde bereits mit der Errichtung des Krankenhausstrukturfonds (KHSF) zum 1. Januar 2016 erlassen. Der KHSF dient dazu, die Strukturen in der Krankenhausversorgung zu verbessern. Er war zunächst auf die Förderung von Schließungen, Konzentrationen sowie Umwandlungen von Krankenhäusern fokussiert, wurde mit dem Pflegepersonal-Stärkungsgesetz jedoch für die Jahre 2019 bis 2022 (mit dem KHZG mittlerweile sogar bis 2024) verlängert, hinsichtlich seiner bisherigen Förderzwecke geschärft sowie um weitere Zwecke wie die Bildung von Zentren, telemedizinischen Netzwerkstrukturen oder integrierten Notfallstrukturen, (IT)-technische Anpassungsmaßnahmen sowie die Erhöhung pflegerischer Ausbildungskapazitäten in Krankenhäusern erweitert.

Im Rahmen des KHSF konnten sowohl beim Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) wie auch aufseiten der Länder und Krankenhausträger bereits wichtige Verfahrensabläufe und Prozesse etabliert werden, an denen sich die Förderung nach dem KHZF anlehnen konnte. Gleichzeitig war es jedoch notwendig, gezielt Anpassungen vorzunehmen, um der besonderen Bedeutung einer zeitnahen und effektiven Förderung von Digitalisierungsmaßnahmen gerecht zu werden:

Anders als beim KHSF werden die Mittel des KHZF nicht aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds, sondern aus Bundesmitteln aufgebracht. Die Aufteilung der zur Verfügung stehenden Fördermittel auf die Länder erfolgt analog der Regelungen zum KHSF nach dem Königsteiner Schlüssel. Vorgesehen ist ebenfalls, dass die Länder Förderanträge beim BAS stellen, welches diese entsprechend bescheidet und die Fördermittel bewilligt. Mit dem Ziel, Fördervorhaben kurzfristig auf den Weg zu bringen und zu gewährleisten, dass die verfügbaren Bundesmittel in Höhe von 3 Mrd. Euro schnell und möglichst umfassend genutzt werden, ist eine Antragsfrist der Länder bis 31. Dezember 2021 vorgesehen. Um gleichzeitig sicherzustellen, dass mit den Fördermitteln ausschließlich neue, aus Anlass der Errichtung des Krankenhauszukunftsfonds initiierte Vorhaben gefördert werden, ist Fördervoraussetzung des Weiteren, dass die Umsetzung des jeweiligen zu fördernden Vorhabens frühestens am Tag des Kabinettbeschlusses des KHZG, dem 2. September 2020, begonnen haben darf.

Im Hinblick auf die Planung der entsprechenden Fördervorhaben aufseiten der Krankenhausträger ist vorgesehen, dass diese ihren entsprechenden Förderbedarf formalisiert beim jeweiligen Land anmelden, bevor dieses auf dieser Grundlage die Entscheidung trifft, für welche Vorhaben ein Förderantrag beim BAS gestellt werden soll. Um eine zeitnahe Antragstellung durch die Länder sicherzustellen, wurde diesen hierfür eine dreimonatige Frist nach Eingang der Bedarfsanmeldung vorgegeben. Innerhalb dieser Frist haben die Länder der Krankenkassenseite Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben – ein Einvernehmen der Kassen wie beim KHSF hingegen ist, da die Fördermittel nicht originär aus Beitragsmitteln der Gesetzlichen Krankenversicherung entstammen, nicht vorgesehen. Abweichend vom KHSF haben die Länder bzw. die Krankenhausträger lediglich eine Kofinanzierung der förderungsfähigen Kosten in Höhe von 30% je Vorhaben zu leisten, wodurch ein größerer Anreiz gegeben werden soll, Vorhaben zu initiieren. Anders als beim KHSF kann die Kofinanzierung der Kosten auch vollständig vom betroffenen Krankenhausträger – gegebenenfalls unter Inanspruchnahme eines Kredits der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – geleistet werden, da ein Vorhaben nicht aufgrund eines fehlenden Investitionsanteils des Landes ausgeschlossen sein soll.

Im Übrigen soll auch im Rahmen des KHZF ausgeschlossen werden, dass die Länder die Mittel des Fonds zum Anlass nehmen, die Höhe ihrer eigenen Mittel für die Investitionsförderung im Krankenhausbereich zu reduzieren. Aus diesem Grund sind sie auch im Rahmen des KHZF verpflichtet, das durchschnittliche Niveau ihrer Fördermittel im Referenzzeitraum für die Dauer der Laufzeit des Fonds beizubehalten.

Auch länderübergreifende Vorhaben können nach dem KHZF gefördert werden – für diese besteht anders als beim KHSF keine Eingrenzung auf 5% der Fördermittel. Schließlich sind auch Vorhaben von Hochschulkliniken sowie solche unter deren Beteiligung nach dem KHZF förderfähig: Anders als beim KHSF besteht hierbei keine Eingrenzung auf bestimmte Fördertatbestände; gleichwohl ist vorgesehen, dass die Länder maximal 10% der ihnen zustehenden Fördermittel für entsprechende Vorhaben verwenden dürfen.

Entsprechend seinem Auftrag nach der KHSFV hat das BAS zum 30. November 2020 die „Richtlinie zur Förderung von Vorhaben zur Digitalisierung der Prozesse und Strukturen im Verlauf eines Krankenhausaufenthaltes von Patientinnen und Patienten nach § 21 Absatz 2 KHSFV“ veröffentlicht. In dieser Fördermittelrichtlinie werden die Voraussetzungen für eine Förderung der einzelnen digitalen Dienste konkretisiert. Ebenfalls vorgesehen ist, dass das BAS ab dem 1. Januar 2021 geeignete Mitarbeiter:innen von IT-Dienstleistern berechtigt, festzustellen, ob die einem Förderantrag eines Landes zugrunde liegenden informationstechnischen Maßnahmen die Voraussetzungen für die Gewährung von Fördermitteln ausgewählter Fördertatbestände erfüllen. Die Länder haben im Rahmen ihrer jährlich gegenüber dem BAS zu erbringenden Nachweise über die zweckentsprechende Verwendung der Fördermittel unter anderem auch den Nachweis des beauftragten und berechtigten IT-Dienstleisters zu erbringen, dass die Förderrichtlinien des BAS eingehalten wurden.

 

1.4 Die Vermessung des Digitalisierungsgrads

Der KHZF bietet durch die Breite an möglichen Förderthemen und die zu erwartende hohe Beteiligung von Kliniken die einmalige Chance, in Deutschland ein flächendeckendes Instrument zur Messung des Digitalisierungsgrades und der digitalen Reife zu etablieren. Insofern besteht eine weitere Besonderheit gegenüber dem bisherigen KHSF darin, dass eine breiter angelegte gesetzlich verankerte Begleitevaluation des KHZF (§ 14b KHG) unter Mitwirkung eines jeden geförderten Krankenhauses erfolgt. Das Vorhaben dient dem Zweck, ein digitales Reifegradmodell zu entwickeln, welches Kriterien bestehender und anerkannter Reifegradmodelle aufgreift und damit den Digitalisierungsgrad der deutschen Krankenhauslandschaft misst. Den Krankenhäusern wird im Rahmen des Forschungsvorhabens ein Tool für eine strukturierte Selbsteinschätzung zur Verfügung gestellt. Mittels des Modells soll der Reifegrad der Digitalisierung der Krankenhäuser auf aggregierter Ebene festgestellt sowie eine Evaluation der Wirkung des Krankenhauszukunftsfonds erreicht werden.


Das Modell wird sich hierbei im Spannungsfeld aus Aussagekraft, niedrigschwelliger Umsetzbarkeit und internationaler Vergleichbarkeit bewegen. Dabei soll es nicht nur den zuvor beschriebenen übergeordneten Zielen dienen, sondern Krankenhäusern auch die Möglichkeit der Orientierung und des Vergleichs mit anderen Kliniken bieten – ohne dass eine Veröffentlichung der Ergebnisse auf Einzelebene erfolgt.

Besonders relevant in diesem Zusammenhang ist, dass trotz der Besonderheiten des deutschen Gesundheitswesens ein Modell geschaffen werden soll, welches internationale Vergleiche ermöglicht. Auch wenn Deutschlands Gesundheitswesen weitläufig den Ruf als eines der besten weltweit genießt, gilt es durch die zunehmende paneuropäische Digitalisierung des Gesundheitswesens (z.B. europäischer Gesundheitsdatenraum), auch in Bezug auf Reifegradmodelle Interoperabilität herzustellen.

Die Begleitevaluation ist als Längsschnittanalyse angelegt und wird zu den Stichtagen 30. Juni 2021 und 30. Juni 2023 durchgeführt. Erste Ergebnisse werden im 4. Quartal 2021 erwartet. Für die Datenerhebung zum zweiten Stichtag werden Reifegradmodell und Erhebungsinstrument entsprechend den Erfahrungen und Erkenntnissen der ersten Erhebung überarbeitet, weiterentwickelt und angepasst werden. Hierbei wird auch den grundsätzlichen Fortschritten der Digitalisierung des Gesundheitswesens Rechnung getragen, um eine Verwendung des Modells über die Projektlaufzeit hinaus grundsätzlich zu ermöglichen.

1.5 Interoperabilität als Herausforderung und Chance

Der KHZF und die daran anknüpfende Förderrichtlinie geben einen Ausblick darauf, welche digitalen Dienste Patient:innen in der zweiten Hälfte dieses Jahrzehnts in der Krankenhausbehandlung erwarten werden. Es ist anzunehmen, dass insbesondere die nach § 5 Abs. 3h KHEntgG abschlagsbewährten Dienste durch die Fördermöglichkeiten des KHZF eine stärkere Verbreitung in der praktischen Versorgung erreichen und diese damit nachhaltig verändern werden.

Krankenhäuser unterliegen aktuell einer Vielzahl von technischen Entwicklungen, die sich nicht zuletzt aus den Gesetzesänderungen der letzten Jahre ergeben. Neben dem Anschluss an die Telematikinfrastruktur und dem seit 1. Januar 2021 bestehenden gesetzlichen Anspruch der GKV-Versicherten auf eine elektronische Patientenakte erfolgt insbesondere aus dem von der gematik koordinierten Bestätigungsverfahren Informationstechnische Systeme in Krankenhäusern (ISiK) gemäß § 373 SGB V eine Standardisierung der Datenhaltung und Informationsflüsse. Die im Rahmen dieses Verfahrens getroffenen Festlegungen richten sich zunächst „ausschließlich [an] Softwareprodukte, die als zentrales Informationssystem für ein Krankenhaus hergestellt und üblicherweise als Krankenhausinformationssystem (KIS) oder Klinisches Arbeitsplatzsystem (KAS) bezeichnet werden. In diesen werden regelmäßig Patientendaten, Diagnosen und Prozeduren zum Zwecke der Abrechnung oder im Sinne einer elektronischen Patientenakte zusammengefasst“ (DKG 2021). Gleichwohl deutet dieser Prozess jedoch schon an, wie Standardisierungsverfahren zukünftig gestaltet werden.

Gleichzeitig ergeben sich aus den Interoperabilitätsbedingungen des Förderprogramms, welche in der zugrundeliegenden Förderrichtlinie beschrieben sind, Anforderungen an die grundsätzliche IT-Infrastruktur der Kliniken. Insofern ist es sinnvoll, die Fördermaßnahmen in die individuelle Gesamt-IT-Strategie des Krankenhauses einzubetten und über die Laufzeit des KHZF hinweg anzupassen.


Der KHZF eröffnet folglich Spielräume, die eingangs beschriebene siloartige Datenhaltung im Krankenhaus zu überwinden und zukunftsfähige Strukturen aufzubauen.

Literatur

Bannister F (2004) Deep e-government. EGPA 2004, Annual Conference. Bannister, Frank & College, Trinity & Bannister@tcd, Frank & Ie, URL: https://www.researchgate.net/publication/228927155_Deep_e-government (abgerufen am 24.06.2021)

Berntzen L, Olsen MG (2009) Benchmarking e-Government – A Comparative review of three international benchmarking studies. Proceedings of the 2009 Third International Conference on Digital Society. DOI: https://doi.org/10.1109/icds.2009.55

Deutsche Krankenhausgesellschaft – DKG (2021) Bestätigungsrelevante Systeme. URL: https://simplifier.net/guide/​ImplementierungsleitfadenIsiK-Basismodul/​UebergreifendeFestlegungen​BestaetigungsrelevanteSysteme (abgerufen am 24.06.2021)

Schellong A (2007) Benchmarking EU e-government at the crossroads: A framework for e-government benchmark design and improvement. Transforming Government People Process and Policy 4(4):365-385

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Öffentliche Datenschätze bereichern die Krankenhausstrategie

Hannes Dahnke und Eberhard Hansis

Daten gelten als „das neue Öl“. Heute ist es Konsens im Krankenhauswesen, dass gute Entscheidungen auf einer breiten Datenbasis getroffen werden. Es gibt unzählige Datenquellen, die helfen, jedes Krankenhaus von innen und auch von außen in seinem Wettbewerbsumfeld besser zu verstehen. Täglich erzeugt jedes Krankenhaus große Datenmengen. Diese proprietären Daten eines Hauses sind sein wertvoller Rohstoff für eine optimale medizinische Versorgung, faktenbasierte Unternehmensführung sowie für effiziente Prozesse.

Jedoch passt bei öffentlichen Daten die Öl-Metapher weniger gut. Denn dieser Rohstoff ist für jeden frei verfügbar. Hier kommt es nicht auf den Besitz, sondern auf die Veredelung der Daten an: ihre sachkundige Analyse und Auswertung durch geeignete Werkzeuge. Wer öffentliche Daten profund nutzt, dem liefern sie tiefe Erkenntnisse für datenbasierte Entscheidungen zur Krankenhausstrategie.

2.1 Reiche Datenlage im deutschen Krankenhaussektor

In Deutschland ist der Rohstoff öffentlicher Daten reich vorhanden: In kaum einem anderen Land findet sich eine solche Transparenz des Krankenhaussektors. Hier nimmt Deutschland eine Vorreiterrolle ein. Seit 2005 sind die Krankenhäuser in Deutschland gesetzlich dazu verpflichtet, Qualitätsberichte zu veröffentlichen. Seit 2014 geschieht dies jährlich.

Die Qualitätsberichte der Krankenhäuser sind die wichtigste öffentliche Datenquelle, um das Leistungsgeschehen im stationären Sektor zu analysieren. Sie liefern vielfältige Basisdaten des Hauses (z.B. Fachabteilungsstruktur, Bettenzahl, stationäre Fallzahl, Personalzahlen) sowie die Fallzahlen zu Hauptdiagnosen und Operationen/Prozeduren. Die zweite Komponente der Berichte sind Qualitätsindikatoren und Qualitätssicherung.

Wie können diese reichen Datenrohstoffe veredelt werden? Und wie können Leitungsteams in Krankenhäusern die öffentlichen Datenschätze für ihre strategischen Entscheidungen nutzen?

2.2 Daten bereinigen für verlässliche Ergebnisse

Manchmal werden Zweifel an der Qualität der berichteten Zahlen geäußert. Wir beobachten allerdings, dass die Qualitätsberichte der Krankenhäuser über die Jahre kontinuierlich zuverlässiger geworden sind. Zudem können Fehler durch interne Konsistenzprüfungen gefunden und ggf. aus der Analyse herausgenommen werden. Auf diese Weise bereinigte Daten liefern verlässliche Ergebnisse.

2.3 Mehrere öffentliche Datenquellen kombinieren

Die Qualitätsberichte sind aber nur eine der zahlreichen öffentlichen Datenquellen, mittels derer der Krankenhaussektor analysiert werden kann. Kombiniert man verschiedene Datenquellen, gepaart mit passenden Algorithmen, eröffnet sich eine breite Vielfalt von Analysemöglichkeiten, um ein genaues Bild von jedem deutschen Krankenhaus zu erhalten. Beispiele dafür zeigt Abbildung 1.

Dies erläutern wir im Folgenden anhand einiger relevanter Themen.

Abb. 1 Öffentliche Datenquellen (grau) und abgeleitete Informationen (grün) für das Krankenhauswesen

2.4 Demografische Prognosen hausspezifisch erstellen

In der langfristigen Krankenhausplanung spielt ein Faktor eine wichtige Rolle: die zukünftige Fallzahlentwicklung durch den demografischen Wandel. Diese lässt sich gut aus öffentlichen Daten modellieren. Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder veröffentlichen regelmäßig Berechnungen der zukünftigen Bevölkerungsentwicklung. Kombiniert man diese mit alters- und geschlechtsspezifischen Inzidenzdaten, kann man die Entwicklung der Krankheitsbilder bzw. Prozeduren vorhersagen, die ein Krankenhaus berichtet. Somit lässt sich eine demografische Fallzahlprognose berechnen, die die regionale demografische Entwicklung und das medizinische Profil eines Hauses mit einbezieht.

Diese Prognose fällt je nach Region und Fachbereich stark unterschiedlich aus: Während beispielsweise in Freiburg im Breisgau mit einem Anstieg der Geburtenzahl von mehr als 5% über die nächsten 10 Jahre zu rechnen ist, sinkt diese am westlichen Rand des Saarlandes um mehr als 10%. Die Nachfrage nach geriatrischer Versorgung steigt im Saarland jedoch um knapp 15% in dem gleichen Zeitraum, während sie in Freiburg um etwa 20% steigt.