Future Skills in Medizin und Gesundheit

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Carolin Lüdemann

Carolin Lüdemann ist Juristin, ausgebildeter Business-Coach und mehrfache Buchautorin. Sie hilft Menschen und Unternehmen dabei, souverän aufzutreten, besser zu wirken und mehr zu erreichen.

5Gelassenheit Marina Leonie Moskvina

„Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ (Reinhold Niehbur)

‚Durchschnittlich sieben Meetings, über zehn Telefonate und über 150 E-Mails habe er täglich und die Zeit dazwischen füllt sich meist mit spontanen, jedoch notwendigen Mitarbeitergesprächen‘, berichtete uns kürzlich der Geschäftsführer eines großen Krankenhauses über seinen Alltag. Und damit ist er sicherlich kein Einzelfall: der Arbeitsalltag vieler Manager auch im Gesundheitswesen ist geprägt von vielen E-Mails, Telefonaten und Meetings; mehrere Projekte laufen parallel, eine Veränderung löst die nächste ab; es bleibt kaum Raum zum Nachdenken und Reflektieren. Zum einen müssen sich ständig ändernde gesetzliche und regulatorische Vorgaben umgesetzt werden, zum anderen stellt der immer weiter zunehmende wirtschaftliche Druck im Gesundheitswesen Manager und Organisationen permanent vor neue Herausforderungen. Die digitale Transformation scheint dabei als Beschleuniger zu wirken. Digitale Arbeitswelten machen uns ständig erreichbar, lassen uns schneller kommunizieren und verdichten damit die Projekt- und Alltagsarbeit. Digitale Leistungs- und Steuerungsangebote im Gesundheitswesen verbessern Prozesse, Qualität und Management, stellen die Mitarbeitenden und Führungskräfte aber ebenfalls vor ständig neue Lern- und Anpassungsaufgaben. In diesem Umfeld müssen Manager erfolgreich ihre Aufgaben erfüllen und mit dem Stress umgehen, dem sie ausgesetzt sind. Sie müssen eine Vielzahl von Informationen verarbeiten, Entscheidungen treffen, Teams und die Organisation zielorientiert führen, motivieren, die Zusammenarbeit koordinieren, Veränderungen erklären, Umsetzungen und Ergebnisse nachhalten. Dabei müssen sie selbst dafür sorgen, dass sie gesund, handlungsfähig und motiviert bleiben. Mit all dem rückt eine erweiterte Führungskompetenz stark in den Fokus: Gelassenheit.

5.1 Gelassenheit im Managementalltag des Gesundheitswesens

Was verstehen wir als Kliniker und Praktiker unter Gelassenheit und was bringt sie in der Führungsebene?

Befragt man Manager aus dem Krankenhaus- und Gesundheitswesen, was sie unter Gelassenheit als Führungskompetenz verstehen, ergeben sich die folgenden Attribute:

Selbstsicherheit verinnerlichen, die Situation lösen und bewältigen zu können

Ruhe und Nerven bewahren, statt affektiv zu handeln

Distanz und Vogelperspektive zur Bewertung der Situation und zur Lösungsfindung

sachlich und professionell bleiben

Konzentrationsfähigkeit und Zielorientierung trotz äußerer Ereignisse, Einflüsse und Gegebenheiten

Gesamtsituation im Blick behalten, statt sich von einzelnen Herausforderungen in der Zielerreichung ausbremsen zu lassen

Panik- und Affektreaktionen vermeiden und sachlich sowie professionell im Arbeitskontext bleiben

Konstruktiver, ziel- und lösungsorientierter Umgang mit anderen trotz herausfordernden Gesprächs- sowie Interaktionsszenarien

Kalibrieren der eigenen Emotionen und der eigenen Haltung bezüglich anderer Kollegen oder Mitarbeitenden und Vermeidung von subjektiven Interpretationen von Äußerungen oder Verhaltensweisen

Gelassenheit versteht sich in Summe als elementare Fähigkeit, in stressigen, hektischen, kritischen oder unerwarteten Situationen eine reflektierte, ziel- und lösungsorientierte Kommunikations- und Handlungsweise beizubehalten und unsachliches Verhalten oder Affekt(re)aktionen zu vermeiden. So strahlt eine Führungskraft auch in kritischen Situationen innerliche Ruhe aus und bleibt entscheidungsfähig, vertrauenserweckend und konstruktiv. Bei exzellenten Notfallmedizinern und Chirurgen, Einsatzleitern wie auch Schockraumteams beispielsweise, lässt sich diese Fähigkeit immer wieder beobachten – je kritischer und hektischer die Situation wird, desto ruhiger werden diese Menschen und treffen dann schnell, zielgerichtet und klar die richtigen oder situationsangemessenen Entscheidungen.

Für eine Führungskraft ist diese Fähigkeit insbesondere vor dem Hintergrund von nahezu dauerhaften Veränderungsprozessen ebenfalls enorm wichtig, auch wenn es nicht um „Leben und Tod“ geht. Zum einen hat die Führungskraft die Verantwortung für das Funktionieren der Organisation inklusive dazugehöriger Prozesse, zum anderen ist sie Vorbild für die Mitarbeitenden – in einem hektischen, fordernden und veränderungsgeprägten Arbeitsumfeld. Veränderungen sowie die daraus abgeleiteten Maßnahmen können aber nur erfolgreich umgesetzt sein, wenn die Mitarbeitenden eingebunden und nicht mit unbeweglichen Lösungen lediglich konfrontiert werden.

5.2 Ebenen und Situationen der Gelassenheit

Gelassenheit ist im Arbeitsalltag einer Führungskraft auf zwei Ebenen relevant: auf der Ebene der einzelnen Führungskraft im individuellen Selbstmanagement sowie interaktiv in der Führung des Teams und Zusammenarbeit mit dem Kollegium.

Im Selbstmanagement dient Gelassenheit als Grundlage für eine langfristige Arbeitsfähigkeit und einen gesunden Selbsterhalt, zur Vermeidung von Burn-Out und anderen psychischen wie auch physischen Erkrankungen und als wichtiges Element in der Steigerung der eigenen Zufriedenheit. Hier geht es insbesondere um die Fähigkeit, auch bei hoher Arbeitsbelastung, vielen Aufgaben und Stressoren reflektiert und entscheidungsfähig zu bleiben und die richtigen Prioritäten in der eigenen Arbeit zu setzen. Zugleich ist Gelassenheit im Selbstmanagement damit auch wesentliche Voraussetzung für Gelassenheit in der Interaktion mit Mitarbeitenden und in Teams – und damit für die Wirksamkeit als Manager.

In der Interaktion mit Mitarbeitern und im Team zeichnet sich Gelassenheit bei Führungskräften durch reflektierte, nicht-affektive und konstruktive Kommunikation aus (sowohl non-verbal als auch verbal), welche zielorientiert bleibt und die anderen Teammitglieder wertschätzend einbindet. Wichtig ist dabei auch die Lösungsorientierung und nicht das Reagieren auf eine Emotion mit Konsequenzen für die Teamebene. Basisbildend ist dabei die Vorbildfunktion im Team und Kollegium: denn das Verhalten einer Führungskraft wirkt sich immer auf ihr gesamtes Team aus und spiegelt sich in Einstellung und Verhalten der Mitarbeitenden wider.

Drei besondere Punkte im Zusammenhang mit Gelassenheit von Führungskräften in Interaktionen mit Anderen scheinen in diesem Kontext besonders wichtig:

1.Häufig begegnet man noch der impliziten Erwartungshaltung, dass nur ein auch nach außen hin sichtlich gestresster Manager besonders wichtig und erfolgreich ist. Die eigene Bedeutung scheint mit dem Level an Stress zu korrelieren. Wirksamkeit als Manager ist allerdings meist genau das Gegenteil. Ein Manager, der gelassen und ruhig bleibt, Entscheidungen nachvollziehbar trifft und transparent kommuniziert statt sie auszusitzen und Vertrauen, Respekt und Wertschätzung ins Team spiegelt, ist langfristig wirkungsvoll und erfolgreich – wie auch sein Team innerhalb der Gesamtorganisation.

2.Damit zusammenhängend scheint sich immer noch das Klischee zu halten, ein guter und erfolgreicher Chef müsse unberechenbar und durch seine Härte unbeliebt sein (dürfen). Das Zerrbild des cholerischen, aber genialen Chefarztes mag hier eine Blaupause sein. Auch hier ist das Gegenteil der Fall. Erfolgreiche und wirksame Manager sind für ihre Teammitglieder berechenbar, da sie ihre Erwartungen, Ansprüche und Werte klar kommunizieren und vorleben. Unberechenbarkeit und cholerisches Verhalten sind ein Ausdruck fehlender Selbstkontrolle und mangelndem Umgang mit eigenen Emotionen und einer wenig ausgeprägten Impulskontrolle ohne Sinn für Konsequenzen.

3.Wenn es Führungskräften in kritischen, stressigen Situationen nicht gelingt, Gelassenheit zu zeigen, sondern sie gestresst, überfordert und cholerisch reagieren, zeigen sie ihren Mitarbeitenden, Co-Führungskräften und ggf. auch externen Gesprächs- und Verhandlungspartnern ihre „Trigger-Punkte“. Damit machen sie sich zum einen angreifbar und in gewisser Weise auch manipulierbar. Zum anderen unterdrücken sie damit eine vertrauensvolle Kommunikation und das offene Ansprechen von Fehlern und Problemen. Derartig geführte Abteilungen weisen geringe Innovations- Weiterentwicklungs- und Veränderungsquoten und dafür umso höhere Fluktuationsquoten, Langzeitkrankmeldungen sowie Fälle von Mobbing und hohem Mediationsbedarf auf.

 

Das Selbstmanagement von Führungskräften und ihre Interaktionen in Teams haben Auswirkungen auf die gesamte Organisation. Instabile, destruktive Teams wirken sich insofern negativ auf die Gesamtorganisation aus, als dass sie mittelfristig durch fehlende Kooperation innerhalb der Gesamtorganisation, mangelnde Mitarbeiterbindung oder große Probleme in der Nachbesetzung von Stellen wirtschaftlichen Problemen begünstigen. Ein positiver, zukunftsorientierter und nachhaltiger Wandel der Gesamtorganisation gelingt nur mit konstruktiven, lösungsorientierten, offenen Teams und letztendlich Managern, die kommunikationszugewandte angstfreie Arbeitsumgebungen erzeugen.

Neben den Wirkungsebenen von Gelassenheit können zwei unterschiedliche Situationstypen unterschieden werden, in denen Gelassenheit wirken kann und die unterschiedliche Coping-Strategien ermöglichen: (1) unmittelbare Situationen und (2) mittelbare Situationen.

Eine unmittelbare Situation zeichnet sich dadurch aus, dass die Interaktion im „hier und jetzt“ stattfindet und einer Entscheidung oder Handlung bedarf, die nicht verschiebbar ist und der man nicht entkommen kann. Für das medizinische Personal kann es sich dabei beispielsweise um eine Notfallsituation im OP oder Schockraum handeln. Für den Manager einer Gesundheitseinrichtung kann es ein Meeting sein, in dem auf eine unerwartete Situation spontan reagiert werden muss. Gelassenheit zeigt sich in solchen Situationen durch überlegte, ruhige Kommunikation und lösungsorientierte Führung; fehlende Gelassenheit in negativ emotionalen Verhaltensweisen wie Augen verdrehen, verbalem Ausrasten und unangemessenem Tonfall. Die Auswirkung von Gelassenheit ist in solchen Situationen unmittelbar und wirkt direkt auf die anderen Teammitglieder, welche die Reaktion wahr- und aufnehmen. Durch den Bedarf gemeinsamer Handlungsweisen können Lösungen und Entscheidungen dadurch stagnieren.

Eine mittelbare Situation zeichnet sich dadurch aus, dass Entscheidungs- und Handlungskompetenzen nicht völlig unerwartet und sofort umgesetzt werden müssen. Meist sind Führungskräfte in solchen Situationen allein oder zumindest nicht direkt in Interaktionen. Es kann sich dabei um die Vorbereitung eines wichtigen Termins handeln, um das Treffen einer sehr wichtigen Entscheidung oder auch einfach um einen überfordernden Arbeitstag, in dem viele Themen parallel bearbeitet werden müssen und man das Gefühl hat, nicht zu wissen, wo man anfangen und wie das zu schaffen sein soll. In diesen mittelbaren Situationen hat man die Möglichkeit, „einen Schritt zurückzutreten“, die Situation zu reflektieren und angemessen zu reagieren.

Der Unterschied zwischen beiden Situationstypen liegt im unterschiedlich langen Spielraum zwischen der der Situationswahrnehmung und der Reaktion, den man sich für die Verarbeitung und Reaktionsauswahl einräumen kann.

„Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit.“ (Viktor Frankl)

In beiden Situationstypen ist es für Führungskräfte wichtig, die Situation und das eigene Erleben zu reflektieren, erste affektive Handlungsimpulse und Emotionen zu unterdrücken und zu einer konstruktiven, ziel- und lösungsorientierten Reaktion zu finden. Es geht – um bei den Worten von Viktor Frankl zu bleiben – darum, den Raum zwischen Reiz und Reaktion kontrolliert, sinnvoll und zielführend zu nutzen. Das gelingt in mittelbaren Situationen natürlich einfacher, da keine sofortige Reaktion notwendig ist. Hier hat die Führungskraft mehr Zeit, die Situation und das eigene Empfinden zu reflektieren, Affekte zu hinterfragen und Handlungsstrategien bewusst anzuwenden. In unmittelbaren Situationen müssen Impulskontrolle, Reflexion und zielführende Handlungsauswahl sofort erfolgen und daher erlernte und verinnerlichte Verhaltensweisen sein.

Wie können konkrete Handlungsstrategien entwickelt, gelernt und durch Reflexionstechniken verinnerlicht werden?

5.3 Gelassenheit für den Führungs- und Berufsalltag: Reflexions-und Handlungsstrategien

Als Manager ist es wichtig, von der Freiheit Gebrauch zu machen, wie man eine Situation interpretiert und darauf reagiert. Dazu ist es entscheidend, sich zum einen selbst immer wieder zu reflektieren und damit die kritischen Situationen und Trigger-Points für eigene affektive und destruktive Reaktionen kennenzulernen. Zum anderen müssen Coping-Strategien entwickelt und angewendet werden, um diese Reaktionen zu vermeiden und in unmittelbaren als auch mittelbaren Situationen die Gelassenheit zu bewahren, um richtige Entscheidungen zu treffen und Vorbild zu sein. Diese Selbstreflexionen und Coping-Strategien lassen sich am besten in ruhigen Phasen lernen und trainieren, um sie in der nächsten hektischen, stressigen Situation anwenden zu können.

In unserer Befragung haben wir die Manager auch dazu befragt, wie sie Gelassenheit im Alltag ein- und umsetzen. Dabei können zwei Ebenen unterschieden werden: individuelle, mentale Gelassenheitsstrategien, die den Umgang mit Stresssituationen verbessern, sowie Gelassenheitsstrategien auf System- und Teamebene, welche die Rahmenbedingungen der Arbeitswelt von Managern beeinflussen.

5.3.1 Gelassenheitsstrategien auf individueller Ebene

Alltagsstrukturen: Um täglich das Gefühl zu haben, dass die Themen nicht entgleiten, hilft es sich mittels folgender Leitfragen – auch wenn unerwartete Situationen eintreten werden – eine Alltagsstruktur zu schaffen.

1.Beginn des Arbeitstages: Welche Ziele sind heute zu erreichen? Welche außerordentlichen Termine und Besprechungen stehen an? Wie sieht mein Zeitplan aus?

2.Unerwartete Gegebenheiten reinlassen und Grenzen kennen: Habe ich heute Lücken für Mails, der Lösung von unerwarteten Situationen, ein Ohr für Mitarbeitende oder Kollegen? Wenn ja, wann? Wann definitiv nicht? Setzen Sie klare Grenzen: Selbsthilfe geht immer vor Fremdhilfe, wie im Flugzeug beim Aufziehen der Sauerstoffmasken.

3.Selbstführsorge um gelassen zu bleiben: Was brauche ich (heute), um meinen Energiestand hochzuhalten? Wo kann ich das aktiv einbauen? Was und wer hilft mir in stressigen Situationen?

4.Vogelperspektive und Metaebene: Was ist gerade Status quo? Und was meine Wahrnehmung? Was ist jetzt wirklich wichtig? Wo muss ich zur Lösung anregen, wo selbst eingreifen?

5.Einplanung des Nichtplanbaren: Gibt es Herausforderungen, die heute zu lösen sind? Was ist dazu wichtig? Wer kann dabei ggf. unterstützen oder zur Reflexion helfen? An wen kann ich welchen Baustein delegieren?

6.Zum Abschluss des Arbeitstages/der Arbeitswoche: Wie ist es gelaufen? Habe ich alle Ziele erreicht? Was musste ich umpriorisieren? Welche Learnings habe ich heute/im Wochenverlauf generiert?

Situationsanalyse und -reflexion: In welcher Situation haben Sie es nicht geschafft, gelassen zu bleiben und zufriedenstellend zu reagieren? Reflektieren Sie Ihre Trigger und Faktoren, die dazu geführt haben, dass Sie so reagiert haben. Verurteilen Sie sich nicht – lernen Sie aus der Situation für die Zukunft und ziehen Sie weiter. Erweitert kann es nützlich sein, ein Situationstagebuch anzufertigen, um den eigenen Progress über einen längeren Zeitraum zu erfassen. Halten Sie darin die Situation inkl. der Trigger fest, die Sie aus dem Gelassenheitszustand gebracht hat. Schreiben Sie sich für die nächste Situation auf, was der Auslöser war, was Sie das nächste Mal anders machen wollen.

Check-In-Technik: Wenn Sie das Gefühl bekommen, dass der Alltag Ihnen über den Kopf wächst, suchen Sie sich für wenige Minuten einen stillen Ort und vergegenwärtigen Sie sich, was gerade los ist: Atmen Sie tief durch und nehmen Sie ganz bewusst die Gegenwart an: wo sind Sie gerade? Was sehen und hören Sie? (Warum) Stressen mich gerade meine Emotionen oder Gegebenheiten? Setzen Sie Ihre Situation in realistische Relation: im Gegenzug zu schlimmen Schicksalsschlägen, können Sie sich Ihrer Herausforderungen annehmen. Seien Sie demütig und freundlich sich selbst und dem Leben gegenüber.

Sparringspartner und Netzwerk: Bauen Sie sich in Ihrer Arbeitsumgebung ein Netzwerk auf und verbinden Sie sich mit professionellen Sparringpartner, die Ihnen offene Diskussionen verschiedener Themen und Herausforderungen auf Augenhöhe ermöglichen. Mit welchen Personen aus Ihrem Arbeitsumfeld können Sie ehrlich und offen über das Alltagsgeschehen reflektieren? So bekommen Sie neue Perspektiven und Impulse, können sich und Ihre Ansätze sowie Wahrnehmungen reflektieren und Sie fühlen sich nicht allein.

Individuelle Gelassenheitsroutinen: Was kann Ihnen helfen, abzuschalten, sich zu sortieren und den Stress des Alltags proaktiv für einige Stunden loszulassen? Sport, Meditation, bewusstes Lesen, Spaziergänge, Hörbücher – finden Sie heraus, wobei Sie wirklich loslassen können. Planen Sie sich realistisch die Umsetzung in die Arbeitswoche ein.

5.3.2 Gelassenheitsstrategien auf System- und Teamebene

Plan und Strategie: Seien Sie auf verschiedene Entwicklungsszenarien vorbereitet und halten Sie nicht zu stark an Strukturen fest, die ggf. kontraproduktiv sind. Durchdenken Sie vorab und proaktiv, welche Szenarien eintreten können und welche Reaktionsoptionen Sie haben. Je besser Sie auf die Zukunft vorbereitet sind und diese durchdacht haben, umso lösungs- und zielorientierter können Sie agieren.

Kommunikations- und Informationskreislauf: Etablieren Sie feste Kommunikationsformate mit Ihrem Team, wichtigen KollegInnen und anderen Managern, um regelmäßig auf dem neuesten Stand zu sein. Dabei hilft es, fest terminierte Meetings zu haben, in denen man sich zu konkreten Inhalten austauscht. Vermeiden Sie es, ohne Agenda und Ziel in Termine zu starten – auch wenn Sie an Meetings teilnehmen.

Briefing und Debriefing: Wie bereiten Sie Ihr Team auf herausfordernde Situationen und Veränderungen vor? Aus der Notfallmedizin erweist es sich als hilfreich, vor anstehenden Herausforderungen und neuen Situationen ein gemeinsames Briefing umzusetzen. Im Anschluss gibt es dann ein Debriefing, in dem Learnings für das nächste Mal, die Reflexion dessen, was besonders gut und schlecht gelaufen, ist besprochen werden.

Feedbackprozesse nutzen: Nutzen Sie die Möglichkeit, in konstruktiven Feedbacksessions das zum Ausdruck zu bringen, was sehr gut, aber auch deutlich verbesserungswürdig ist. Vermeiden Sie es, sich über Mitarbeitende oder Strukturen, die Sie selbst beeinflussen und verbessern können, nur aufzuregen – vor allem Dritten gegenüber. Tragen Sie selbst dazu bei, ein Arbeitsklima zu schaffen, in dem Sie gern arbeiten möchten und vermeiden Sie dabei das Gefühl der Ohnmacht und füttern Sie keine destruktiven Dynamiken. Das bedeutet auch, andere zu Lösungen anzuregen und „Energievampire“, die nur lamentieren und dementieren, daran zu hindern – sowohl Ihnen als auch im Großen der Organisation gegenüber.

Teamstrukturen: Wie erleben Sie die Zusammenarbeit im Team und mit Ihren Mitarbeitenden? Was läuft dabei gut und was weniger? Reflektieren Sie, was Sie gemäß Ihrer anstehenden Ziele für eine Teamzusammensetzung brauchen. Haben Sie wirksame, kommunikationsstarke und proaktive Teammitglieder? Wo liegen Entwicklungspotenziale und wie können Sie diese erreichen? Zeichnen Sie sich eine Teamlandkarte auf und schauen Sie, wer – inklusive Ihnen selbst – welche direkte und indirekte Rolle hat, die Gruppendynamik positiv/ negativ beeinflusst und welche Veränderungen oder Weiterentwicklungsmaßnahmen vorgenommen werden müssen. Rufen Sie sich Experten oder Externe dazu, die Ihnen dabei Hilfestellungen und eine objektive Sichtweise geben können.