Glaube

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5.1. Gerecht nicht durch Werke des Gesetzes, sondern durch Glauben an Jesus Christus



In Gal 2,16 formuliert Paulus erstmals eine klare Alternative zwischen Glauben an Jesus Christus und Werken des Gesetzes. Röm 3,28 (vgl. auch 3,21; 4,6) wird diese Aussage erneut aufnehmen. Die in beiden Aussagen beschlossene Einsicht stellt die Basisformulierung der Rechtfertigungslehre des Paulus dar, deren Ausarbeitung der Galater- und der Römerbrief vollziehen:





Wir wissen, dass ein Mensch nicht gerechtfertigt wird aus Werken des Gesetzes (ἐξ ἔργων νόμου), sondern durch Glauben an Jesus Christus (διὰ πίστεως Ιησοῦ Χριστοῦ), und wir sind zum Glauben an Christus Jesus gekommen (εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν ἐπιστεύσαμεν), damit wir gerechtfertigt werden durch den Glauben an Christus (ἐκ πίστεως Χριστοῦ/aus Glauben Christi) und nicht aus Werken des Gesetzes (οὐκ ἐξ ἔργων νόμου), denn aus Werken des Gesetzes (ἐξ ἔργων νόμου) wird niemand gerechtfertigt (Gal 2,16).





Dieser Satz begegnet erstmals in der Besprechung des sog. antiochenischen Zwischenfalls (Gal 2,11–21). Die Mahlgemeinschaft von Heiden- und Judenchristen in der Stadt Antiochia ohne Beachtung der jüdischen Speisevorschriften war dem Bericht zufolge von Petrus zeitweise geteilt, nach dem Auftreten Jerusalemer Judenchristen in Antiochia aber wieder zurückgenommen worden. In der Folge seiner Entscheidung zogen sich auch die anderen Judenchristen Antiochias und selbst der theologische Ziehvater des Paulus, Barnabas, von der Mahlgemeinschaft zurück. Dies bedeutete, dass in Antiochia der Versuch, Heidenchristen und Judenchristen in einer Gemeinschaft ohne Beachtung der jüdischen Tora(vorschriften) zu verbinden, gescheitert war. Paulus bewertet im Rückblick das Verhalten des Barnabas und der anderen Judenchristen als Heuchelei (Gal 2,13) und hält Petrus u.a. die Konsequenz seines Verhaltens vor: Wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz kommt, dann ist Christus umsonst gestorben (Gal 2,21).



|49|Im Rückblick auf diesen Zwischenfall formuliert Paulus den Gegensatz von Glaube an Jesus Christus und Werken des Gesetzes und er trägt ihn in die Darstellung des antiochenischen Konflikts ein. Was aber ist mit diesen beiden Syntagmen gemeint und worauf zielt die Entgegensetzung? Die sog. New Perspective on Paul hat mit Recht darauf hingewiesen, dass es bei den Werken des Gesetzes keineswegs um eigene verdienstliche Werke gehe, die der Rechtfertigung entgegenstehen. Vielmehr eröffnet Paulus einen Gegensatz zu den von der Tora geforderten Handlungen oder Vorschriften. Innerhalb der New Perspective dachte man hierbei an diejenigen von der Tora geforderten Handlungen, die zur Identität des jüdischen Lebens in paganer Umgebung beitragen und sie erkennbar machen: Beschneidung, Sabbat, Reinheits- und Speisegebote. Distanziert Paulus sich von diesen Werken des Gesetzes, so eröffnet er Heiden einen Zugang zum Gottesvolk, ohne sie an jüdische Identitätsmerkmale zu binden. Diese Werke des Gesetzes haben im Zusammenhang der Rechtfertigung des Menschen vor Gott oder durch Gott keine Bedeutung mehr, an ihre Stelle tritt ausschließlich der Christusglaube. Man darf nun nicht im Umkehrschluss meinen, dass das Judentum eine Religion der Selbstrechtfertigung durch Werke des Gesetzes gewesen sei. Die Ausrichtung an der Tora diente vielmehr der Bewahrung des Bundes. Allerdings tritt jetzt, da die christlichen Gemeinden sich aus Juden und Heiden zusammensetzen, die Tora in dieser Funktion ganz zurück und an ihre Stelle tritt der Glaube an Jesus Christus als einzige Bedingung und Aneignungsform des Heils. Paulus weitet im Galater- und Römerbrief den Gegensatz zu den Werken des Gesetzes zunehmend aus und bezieht ihn nun auf die Tora insgesamt. Christus wiederum ist das Ende des Gesetzes (Röm 10,4).



Diese Grundentscheidung verdichtet Paulus abschließend im Proömium des Römerbriefs im Blick auf das Evangelium: » denn es ist eine Macht Gottes zum Heil für jeden, der glaubt, für den Juden vor allem und auch für den Heiden. Denn Gottes Gerechtigkeit wird in ihm offenbar aus Glauben zu Glauben, wie geschrieben steht: Der aus Glauben Gerechte wird leben« (Röm 1,16f.). Die Bestimmung ›für jeden, der glaubt‹ wird zweimal im Blick auf Glauben aufgenommen. Mit der Präpositionalverbindung ›aus Glauben zu Glauben‹ deutet Paulus auf einen Anfang und ein Ziel, also auf eine nicht überbietbare Totalität, die vom Glauben umschlossen wird. Bestätigend für diese Sicht führt er das Schriftzitat aus Hab 2,4 an, das er bereits in Gal 3,11 eingesetzt hatte. Dieses Zitat soll neben Gen 15,6 (aufgenommen in Röm 4,3; Gal |50|3,6) belegen, dass diese Verbindung von Gerechtigkeit und Glaube bereits im Alten Testament angesprochen worden ist. Dieses Zitat ist wohl so aufzunehmen, dass die Zuordnung von ἐκ πίστεως (»aus Glauben«) zu δίκαιος (»gerecht«) und nicht zu ζήσεται (»er wird leben«) gesetzt wird, also: der aus Glauben Gerechte wird leben.



Ich rufe an dieser Stelle einen Einspruch auf, den der Jakobusbrief gegen diese Position vorträgt. Der Einspruch in 2,14–26 richtet sich gegen die Position des Paulus, was daran erkennbar wird, dass Jakobus die entscheidenden Stichworte aufnimmt, aber neu bestimmt: den mehrfachen Gegensatz von πίστις (»Glaube«) und ἔργα (»Werke«; allerdings nicht ἔργα νόμου ), das Syntagma πίστις χωρὶς (τῶν) ἔργων (»Glaube ohne Werke«) (Röm 3,28/Jak 2,18), μόνον (»allein«) (Röm 3,29/Jak 2,24), die Verknüpfung dieses Themas mit dem Abraham-Beispiel (Jak 2,21–23/Röm 4), das Zitat von Gen 15,6 (Röm 4,3/Jak 2,28), das in beiden Texten von der LXX leicht abweicht. Wir wissen nicht, ob der Galater- oder der Römerbrief dem Verfasser des Jakobusbriefs bekannt war und er sich also direkt gegen beide Schriften und deren Verfasser wandte. Möglicherweise sind ihm die entscheidenden Stichworte durch Christen paulinischer Gemeinden oder auch von antipaulinisch gesinnten Christen übermittelt worden. Daneben wird allerdings auch die These vertreten, dass Paulus und Jakobus unabhängig voneinander auf den frühjüdisch/frühchristlich bezeugten Zusammenhang von Glaube und Rettung eingehen. Von Werken

des Gesetzes

 spreche Jakobus aber gerade nicht (Konradt 2013: 552f.). Gegenüber dieser Entgegensetzung von Glaube und Werken betont Jak 2,22: der Glaube wirkt zusammen mit seinen Werken, und durch die Werke wird der Glaube vollendet. Dies bedeutet nach 2,17: Der Glaube, der keine Werke hat, ist für sich allein tot.



Der Jakobusbrief bietet mehr als diese Antithese (dazu Niebuhr 2009) und sein Verfasser hat den von Paulus eröffneten Gegensatz von Glaube und Werken nicht in der von diesem beschriebenen Tiefendimension aufgenommen. Das Gesetz (1,25; 2,8–12; 4,11) ist für Jakobus die Norm christlichen Lebens, Sünde besteht im Missachten der Gesetzesforderung. Paulus hingegen kann das Gesetz im Galater- und Römerbrief jedoch nicht mehr so uneingeschränkt als Norm anerkennen, da in der Begegnung mit dem Gesetz gerade die Begierde erweckt wird, die zur sündigen Tat führt. Auch würde sich Paulus nicht von den Beispielgeschichten in Jak 2,15f., die einen Glauben ohne Werke illustrieren sollen, getroffen fühlen, wie das Insistieren auf Nächstenliebe in Röm 13,8–10; Gal 5,6.14; 6,2; 2 Kor 8,13f. u.a. zeigt.






|51|5.2. Abraham – Urbild des Glaubens



Geradezu als Konsequenz der Ausführungen in Röm 1–3 wird Abraham in Röm 4 als Urbild des Glaubens eingeführt. Einerseits hatte Paulus bereits vor dem Römerbrief in Gal 3,6 Bezug genommen auf die Schriftstelle Gen 15,6, in der die Stichworte ›Glaube, anrechnen und Rechtfertigung‹ vorgegeben sind. Jetzt greift er erneut auf dieses Zitat zurück, um darzulegen, dass die Glaubensgerechtigkeit ohne Werke ist. Mit dieser Auffassung des Glaubens hebt sich Paulus von der jüdischen Rezeptionsgeschichte von Gen 15,6 markant ab, für die Abraham Beispiel eines wahren Frommen und Gerechten ist. In 4QMMT C 31, einem Text aus der Frühzeit der Qumrangemeinde, wird im Anschluss an Gen 15,6 festgestellt:



Und es wird dir zur Gerechtigkeit angerechnet werden, weil du das getan hast, was recht und gut vor ihm (Gott) ist (Übersetzung nach J. Maier; zur Verwendung von Gen 15,6 im Judentum vgl.: Schließer 2007: 79–220).



Das weitere Zitat Ps 31,1–2 in Röm 4,6–8 nimmt nämlich das Stichwort »anrechnen« (λογίζεσθαι) auf und führt dahin, dass Gott die Gerechtigkeit ohne Werke anrechnet. Nach Wolter kam auf diesem Weg eines exegetischen Schlusses in Gal 3,6 überhaupt erst die Verknüpfung von Glaube und Gerechtigkeit in die Theologie des Paulus, zumal der hier beschriebene Vorgang der Rechtfertigung eines Menschen aufgrund seines Glaubens in der Antike ausschließlich in der Abrahamüberlieferung bezeugt ist (Wolter 2011: 345–348; 2014: 276). Andererseits aber kann Abraham als Beispiel der Glaubensgerechtigkeit von Juden und Heiden (so Röm 1,16f.) eingeführt werden, da seine in Gen 15,6 angesprochene Glaubensgerechtigkeit zeitlich noch vor dem Beschneidungsbund (Gen 17) lag. Abraham bezieht sich in seinem Glauben ganz auf die im Wort gegebene Verheißung und eben nicht auf das Gesetz (Röm 4,22). Insofern kann Paulus in Röm 10,4 die These formulieren: Christus ist das Ende des Gesetzes für jeden, der glaubt. »Dem Glauben Abrahams kommt somit im Rahmen der identitäts- und stabilitätsstiftenden Funktion des Glaubens eine besondere Rolle zu. Er präfiguriert nicht nur den Glauben des einzelnen Menschen, sondern ist zugleich bestimmendes Merkmal für die Zugehörigkeit zum Gottesvolk« (Schließer 2011: 30; umfassend ders. 2007).






|52|5.3. Glaube, Liebe, Hoffnung



Der früheste Beleg der Trias Glaube, Liebe, Hoffnung findet sich im Proömium des 1. Thessalonicherbriefs. Hier dankt Paulus in 1Thess 1,3 dafür, dass in der Gemeinde Glaube, Liebe und Hoffnung gegenwärtig sind. Was diese drei Begriffe, die von ihrer Herkunft her nicht eine typisch theologische Sprache repräsentieren, je für sich aussagen, ist im Kontext des Briefes gut abzulesen. Der Glaube stellt das Verhältnis zu Jesus Christus als dem Herrn dar, die Liebe wird als Liebe zueinander (3,12) oder als Bruderliebe (4,9f.) angesprochen, also als Liebe der Christen zueinander, die Hoffnung schließlich richtet sich ganz auf Jesus Christus, dessen Parusie in naher Zukunft erwartet wird. Die Trias in 1Thess 1,3 ist in dieser Form jedoch neu und sie ist wohl eine Bildung des Paulus, um für die jungen christlichen Gemeinden in Thessalonich so etwas wie eine Summe der neuen religiösen Ausrichtung zu formulieren. Dabei darf nicht übersehen werden, dass Zusammenstellungen von Glaube und Liebe zu einem festen Begriffspaar noch weitaus prägnanter und häufiger in den Briefen des Paulus begegnen (1Thess 3,6; 5,8; Gal 5,6 u.ö.). Sie stellen möglicherweise eine christliche Variante des sog. hellenistischen Kanons der zwei Tugenden dar, in denen die Ethik auf zwei wesentliche Prinzipien, das rechte Verhalten gegenüber Gott und dem Menschen, konzentriert wird. Wenige Jahre später begegnet die Trias erneut, ebenfalls an prononcierter Stelle als Abschluss des Enkomions auf die Liebe in 1Kor 13,13 (Söding 1992).

 



Gegenüber einer intellektualistischen oder gefühlsmäßigen Verengung des Glaubensbegriffs ist die Gestaltwerdung des Glaubens im Bereich der Kirche und ihrer Ethik vor allem in der Liebe (Gal 5,6) anzuerkennen. Glaube kann geradezu als christlicher Lebensstil angesprochen werden (1Thess 1,8; 3,5f.; 2Kor 1,24; Röm 1,8), der sowohl um Wachstum (2Kor 10,15) als auch um Zweifel (Röm 14,1) weiß. Nach Schließer (2011: 99) fließen bei Paulus Christsein und Christusglaube ineinander. Der Glaube erscheint wie ein Raum, in dem man steht (1Kor 16,13; 2Kor 1,24; Röm 11,20) und sich bewegt, der Grenzen hat (Röm 12,3) und doch Freiheit eröffnet: Alles, was nicht aus Glauben kommt, ist Sünde (Röm 14,23).





5.4. Der Glaube Jesu Christi



Sehr umstritten ist, wie die Genitivverbindung πίστις (Ἰησοῦ) Χριστοῦ (»Glaube Christi«) zu interpretieren ist, die mit leichten Variationen in Gal 2,16; 3,22; Röm 3,22a.26, Phil 3,9 und Eph 3,12 begegnet |53|(dazu Ulrichs 2007; Hooker 2000: 951 stellt diese Frage in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen zu Paulus; ausführlich Schumacher 2012: 304–473). Liest man mit der Vielzahl angloamerikanischer Exegeten einen

Genitivus subiectivus

 (Hays 1983; Hooker 1989; kritisch Wolter 2014, 249f.), dann erkennt man die Treue Jesu gegenüber Gott, den Gehorsam Jesu im Weg zum Kreuz oder eben den Glauben Jesu Christi. In Gal 2,16a wäre dieser Glaube/diese Treue Jesu angesprochen, in Gal 2,16b die Glaubensantwort des Menschen. Liest man aber mit der Mehrzahl der deutschen Exegeten einen

Genitivus obiectivus

 (Konradt 2014), dann wäre Jesus Christus Objekt des menschlichen Glaubens.



Beide Lesarten können verschiedene Argumente für sich in Anspruch nehmen und haben je in sich eine gewisse Plausibilität. Neuere Arbeiten versuchen, aus einer rein an grammatikalischen Aspekten orientierten Auslegung herauszukommen, indem sie Einsichten beider Auslegungstypen verknüpfen (Hooker 2000: 951f.; Schließer 2011: 98f.; Schnelle 2014: 281f.). Für Wolter ist eine Aussage über den Christusglauben (

Genitivus subiectivus

) nie eine Aussage an sich, sondern eine Annahme des Glaubens: »Mit πίστις Ἰησοῦ Χριστοῦ meint Paulus also den Glauben, der im Christusgeschehen das Handeln Gottes zum Heil der Menschen erkennt« (Wolter 2014: 250). Schumacher votiert nicht aus grammatischen, sondern aus Sachgründen wiederum für einen

Genitivus subiectivus

, bezieht die πίστις (»Glaube«) Jesu aber nicht auf Gott, sondern auf die Zuwendung zu den Menschen, deren Antwort wiederum in πιστεύειν (»glauben«) besteht (2012: 463). Seine Auslegung argumentiert wesentlich von einer vor allem durch Papyrus 46, den Majuskeln B D* F G (b) und MVict vertretenen Textvariante in Gal 2,20 her, in der πίστις für ein Verhalten Gottes und Christi gegenüber den Menschen steht (2012: 392f.).





6. Pastoralbriefe



Im Bereich der deuteropaulinischen Briefe belegen die Pastoralbriefe ein reflektiertes Glaubensverständnis, in dem sowohl ein Abstand zu Paulus als auch eine Anpassung an eine veränderte kirchliche Lebenswirklichkeit auffallen (umfassend und in sehr differenzierter Beschreibung: Mutschler 2010). Der häufige Gebrauch des Substantivs πίστις (»Glaube«) dominiert eindeutig (33 Belege) gegenüber dem Adjektiv (17 Belege) und wenigen Verwendungen des Verbs (6 Belege). In den Pastoralbriefen schlägt sich der Übergang von dem |54|existentiellen Vollzug des Glaubens zu einem Verständnis von πίστις nieder, für das ein klar beschreibbarer Glaubensgegenstand im Gegenüber zu davon abweichender Lehre kennzeichnend ist. Daher treten der Begriff der διδασκαλία (»Lehre«) und der Begriff πίστις an etlichen Stellen nebeneinander und interpretieren sich gegenseitig (1Tim 4,6; 2Tim 1,13; 3,10), wie überhaupt der Aspekt der rechten und gesunden Lehre in den Pastoralbriefen auf verschiedenen Ebenen wichtig wird (διδακτικός/»gelehrt«, διδασκαλία/»Lehre«, διδάσκειν/ »lehren«, διδαχή/»Lehre«).





Diese Konzentration auf einen lehrmäßig erfassten Glaubensinhalt erklärt sich teilweise durch den Gegensatz zu einer von der Sicht des Briefschreibers abweichenden Position, der sich bereits einige aus seiner Gemeinde angeschlossen haben (1Tim 1,6). Die Gegenposition, in der Literatur oft als Irrlehre angesprochen, vertritt nach seiner Sicht solche Einstellungen, die ›dem Ratschluss Gottes und dem Glauben‹ nicht dienen (1Tim 1,4). Dem stellt der Verfasser einleitend als Ziel oder Summe der Unterweisung die Liebe aus reinem Herzen und aus gutem Gewissen und aus ungeheucheltem Glauben gegenüber (1Tim 1,6). Im Fortgang der drei Briefe wird der Glaube oftmals explizit oder implizit aus seinem Gegensatz zur Irrlehre begriffen (1Tim 1,2.4.19; 2,7; 3,9.13; 4,1.6.16; 5,8; 6,10.12.21; 2 Tim 2,18; 3,8; 4,7; Tit 1,1.4.13; 2,2.10). Die inhaltliche Füllung des rechten Glaubens wird neben theologischen und christologischen Aussagen ganz wesentlich mit solchen Attributen vorgenommen, die eher aus dem Bereich der Tugendethik stammen: Liebe (1Tim 1,14; 2,15; 4,12; 6,11; 2Tim 1,13; 2,22; 3,10f.; Tit 2,2), gutes Gewissen (1Tim 1,5.19; 3,9), Besonnenheit (1Tim 2,9.15), Heiligung (1Tim 2,15), Reinheit (1Tim 4,12), Gerechtigkeit, Frömmigkeit, Geduld, Sanftmut (1Tim 6,11). Wenn solcher Glaube vorhanden ist, dann schlägt sich dies in dem (guten) Gewissen als Bewusstsein der Übereinstimmung mit der Lehre nieder (1Tim 1,5.15.19; 3,9; 4,2). Es gehört zur Erfahrung des Verfassers, dass Abfall vom Glauben, so wie er ihn versteht, stattgefunden hat (1Tim 1,5f.; 4,1; 6,21), gerade in der Begegnung mit von seiner eigenen Position abweichenden Lehrern (1Tim 1,19; 2 Tim 2,18; 3,8; Tit 1,13).



Der Glaube, gefasst in der Gestalt einer Lehre, soll innerhalb der Gemeinde von verlässlichen Personen weitergegeben werden. Dies betrifft zunächst die Apostelschüler Timotheus und Titus. »Wenn du die Brüder dies lehrst, so wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein, erzogen in den Worten des Glaubens und der guten Lehre« (1Tim 4,6; außerdem 2Tim 3,10). Daneben tritt die Familie als |55|generationenübergreifender Ort der Glaubensweitergabe in Blick (2Tim 1,5). Dies ist umso bedeutsamer, als die Pastoralbriefe das Haus und die Hausgemeinschaft als den Ort begreifen, in dem christliches Leben Gestalt findet (1Tim 3,4.5.12.15; 5,4.8.14.16; 6,1f.; 2Tim 4,19).





7. Johannesevangelium



Das Johannesevangelium meidet den Gebrauch des Substantivs πίστις (»Glaube«), bietet aber 98 Belege für das Verb πιστεύειν (»glauben«), zumeist in der Kombination mit der Präposition εἰς (»auf/an«), also bezogen auf eine Person oder einen Gegenstand. Eine Erklärung für diesen Sachverhalt ist nicht sicher zu finden. Das Substantiv war im christlichen Sprachgebrauch fest verankert und es war dem Verfasser des Johannesevangeliums auch durch diejenigen der synoptischen Evangelien, die er kannte, vertraut. Ähnlich stellt sich der Befund im 1. Johannesbrief dar, hier stehen acht Verwendungen des Verbs immerhin einem einzigen Gebrauch des Substantivs gegenüber.



Das Johannesevangelium wurde ausweislich seines Schlusssatzes deshalb geschrieben, »damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben das Leben habt in seinem Namen« (20,31). Um dieses Ziel zu erreichen, hat der Evangelist einen Teil, aber nicht alle ihm bekannten Wundertaten Jesu in seinem Evangelium aufgeschrieben (20,30). Durch die Offenbarung der Herrlichkeit Jesu in den Wundern entsteht Glaube an ihn (1,50; 2,11.23; 4,39.53; 7,31; 10,38.42; 11,45.48; 12,11.37; 14,11; 20,30f.). Nur selten wird die Reihenfolge umgedreht, so dass der Glaube, wie in synoptischen Heilungsgeschichten, dem Wunder vorausgeht (4,50; 11,40). An dieser Zuordnung von Offenbarung der Herrlichkeit des Gesandten im Wunder und dem darauf be

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