Historische Begegnungen

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Alles ist offen: der Kampf um die Vorherrschaft zwischen Bodensee und Genfersee

Am 28. September 1343, ein knappes Jahr nach dem eingangs geschilderten Eheversprechen in Brugg, gipfelt die Versöhnung zwischen der Stadt Zürich, den 1336 verbannten Räten und dem Haus Habsburg beziehungsweise Habsburg-Laufenburg in einem weit gehenden Bündnis zwischen den mittlerweile mündigen Söhnen Johanns von Habsburg-Laufenburg – Johann II. und Gottfried – und der Stadt Zürich. Die Stadt Rapperswil wird in das Bündnis miteinbezogen. Rudolf Brun kann seinen Einfluss am oberen Zürichsee stärken und die Grafen von Rapperswil, die bei verschiedenen Zürcher Bürgern Schulden haben, stärker an die Stadt Zürich binden. Herzog Albrecht – seit Ende 1337 wieder ständig in Wien – scheint in dieses Bündnisprojekt nicht involviert zu sein. In der Folge schliessen weitere Verbannte Frieden mit der Stadt. Die Wunden sind aber nicht verheilt, wie die Konspiration zur Zürcher Mordnacht nur sechs Jahre später zeigen wird.

In welcher politischen Grosswetterlage stehen aber die Stadt Zürich und Habsburg-Österreich zueinander in diesen Jahren? Dazu noch einmal eine kurze Rückblende vor den Umsturz von 1336. Nach dem Tod des Gegenkönigs Friedrich von Habsburg im Januar 1330 begannen seine Brüder Otto und Albrecht mit König Ludwig dem Bayern eine definitive Beilegung des nun schon 15 Jahre dauernden Konflikts zu suchen. Bereits am 6. August 1330 kam es zum Vertrag von Hagenau, in dem der König den beiden Habsburgern für ihre Dienste die Reichsstädte Zürich, Schaffhausen, St. Gallen und Rheinfelden verpfändete. Das bedeutete für Zürich eine unmittelbare Bedrohung, die Gefahr, in den habsburgischen Machtbereich integriert zu werden und den Status als Reichsstadt längerfristig zu verlieren. Schaffhausen wird erst 1415 wieder den Ausstieg schaffen, Rheinfelden gar nicht mehr. Die Stadt Zürich konnte sich zwar wie St. Gallen innert kurzer Zeit aus der Verpfändung freikaufen, ein gutes Einvernehmen mit Habsburg-Österreich blieb aber wichtig. Die Herzöge Otto und Albrecht riefen 1333 einen allgemeinen Landfrieden aus, dem neben vielen anderen auch die Städte Bern und Zürich beitraten. Mit Baden, Winterthur, Regensberg, Zug und den Laufenburgern in Rapperswil hatte Habsburg-Österreich zahlreiche starke Positionen rund um Zürich inne.

Auch im Westen stehen die Zeichen für Habsburg-Österreich günstig. Nach dem Laupenkrieg zwischen Bern und dem burgundisch-kyburgischen Adel 1339 und der Anfang August 1340 in Königsfelden von Agnes von Ungarn angeleiteten Versöhnung begibt sich auch die Reichsstadt Bern Ende November 1341 in ein Bündnis mit Habsburg-Österreich. Schultheiss Johann II. von Bubenberg nutzt diese Situation, indem er sich die umstrittene Herrschaft Spiez definitiv als habsburgisches Lehen sichert. Ende 1347, nach dem Tod von König Ludwig dem Bayern, erneuern die Berner das Bündnis mit Habsburg. In den unsicheren Zeiten nach dem Tod eines Königs erscheint es den Bernern angebracht, sich mit der neben Savoyen im Südwesten wichtigsten Regionalmacht, eben den Habsburgern, die auch Herren der Nachbarstadt Freiburg sind, gut zu stellen.

Das hegemoniale Netz von Habsburg-Österreich im Mittelland ist in diesen Jahren eng geknüpft. Die starken Adelsparteien in den Städten Zürich und Bern stehen dem habsburgischen Dienstadel nahe. In Luzern, das seit dem Frühling 1291 zu Habsburg gehört, sich aber seit 1332 den Innerschweizer Ländern deutlich angenähert hat, existieren ebenfalls noch starke Beziehungen zu Habsburg-Österreich. Schwyz und die Waldstätte stehen nach den Konflikten um das Kloster Einsiedeln und dem Gefecht am Morgarten seit 1318 in einem Waffenstillstand mit den Habsburgern und verlängern diesen auch 1336, nach Unruhen in der Stadt Luzern, im Jahr des Umsturzes in Zürich.

So präsentiert sich die politische Grosswetterlage Ende der 1340er-Jahre. Es ist jedoch ein äusserst labiles Gleichgewicht, das innert kürzester Zeit wieder aus den Angeln gehoben wird. Rudolf Brun und Agnes von Ungarn spielen dabei erneut zentrale Rollen im Konflikt, der 1350 zwischen der Stadt Zürich und Habsburg-Österreich ausbricht. Nicht zu unterschätzen als Hintergrund der politischen Umwälzungen dieser Jahre ist aber auch die verheerende Pestepidemie, die 1348/49 durch Mitteleuropa zieht und auch in Städten und Ländern des Mittellandes gravierende Auswirkungen hat. Konkrete Folge davon sind massive Judenverfolgungen, auch in Zürich. In der Stadt selbst herrscht nicht nur deswegen grosse Unruhe. Das Brun’sche Regiment in Zusammenarbeit mit den verschwägerten Mülnern hat in der Stadt verschiedene Konflikte aufbrechen lassen. Insbesondere eine Privatfehde der Mülner mit Basler Bürgern sorgt für grossen Ärger. Die Zürcher nehmen etwa 100 Basler und 70 Strassburger, die sich auf einer Wallfahrt nach Einsiedeln befinden, in Geiselhaft. Damit handelt sich Zürich die Feindschaft der elsässischen Städte ein. Viel Zündstoff ist vorhanden.

Die Mordnacht von Zürich und die letzte Vermittlung der Agnes von Ungarn

Am 17. August 1349 treffen sich die sogenannten «Äusseren» von Zürich, die Verbannten von 1336, auf der Burg Rapperswil mit Johann II. von Habsburg-Laufenburg. Bereits im Frühling 1348 hat der junge Graf die Burg Pfäffikon überfallen und Konrad II., den Abt des Klosters Einsiedeln, vorübergehend gefangen genommen. Pfäffikon liegt mitten in den Höfen, die Jakob Brun, der Bruder des Bürgermeisters, pfandweise aus dem ehemaligen Rapperswiler Besitz übernommen hat. Der Konflikt kann zwar durch die Vermittlung des habsburgösterreichischen Hauptmanns Hermann von Landenberg und durch Rudolf Brun selbst rasch wieder beigelegt werden. Der friedliche Status quo steht aber auf Messers Schneide. Graf Johann II. verspricht sich von einem erneuten Zusammengehen mit Bruns Gegnern einen Ausweg aus seiner Verschuldung beziehungsweise die Möglichkeit, die Höfe in der March, die er an die Familie Brun verloren hat, wieder auszulösen. Die Parteigänger Bruns in Zürich bekommen aber Wind vom geplanten Putsch. Auch dass der Rapperswiler im Bodenseeraum Söldner anwirbt, ist in Zürich ruchbar geworden.

In der Nacht vom 23. auf den 24. Februar 1350 schlagen die Verschwörer schliesslich los. Um Mitternacht dringen sie in die Stadt ein mit dem Ziel, Rudolf Brun und seine wichtigsten Anhänger aus dem Weg zu räumen. Die Angegriffenen sind auf den Überfall vorbereitet und können sich erfolgreich wehren. Im blutigen Strassenkampf behält Bürgermeister Brun mit seinen Leuten die Oberhand, Graf Johann wird gefangen genommen und im Wellenberg-Turm eingekerkert, viele seiner Parteigänger finden den Tod oder werden kurz darauf hingerichtet. Der militärische Auszug der Stadt Rapperswil, zur Unterstützung der Verschwörer per Schiff nach Zürich unterwegs, kehrt nach der Nachricht von der misslungenen Aktion wieder um. Rudolf Brun hingegen schlägt rasch und unbarmherzig zurück. Eine Woche nach der Mordnacht zieht der Zürcher Auszug seeaufwärts nach Rapperswil. Nach dreitägiger Belagerung ergibt sich die Stadt. Mit dem gefangenen Grafen und dem Besitz von Rapperswil scheint Brun alle Trümpfe in der Hand zu haben. Die Stadt Zürich steht aber alleine da. Die Mülner-Fehde mit Basel und Strassburg belastet die Beziehungen zu den Reichsstädten. Und Habsburg-Österreich steht sowohl auf der Seite der Grafen von Habsburg-Laufenburg wie auch der Städte Basel und Strassburg.

In dieser Situation sucht Rudolf Brun Wege, sich gleich auf zwei Seiten abzusichern. Mithilfe von Agnes von Ungarn erreicht er – einmal mehr – einen Waffenstillstand. Am 6. Juli 1350 ist es wieder Agnes, die in Königsfelden eine Vermittlung mit den Städten Basel und Strassburg in der Mülner-Fehde zuwege bringt. Und auf den 4. August ist sogar die Erneuerung eines wahrscheinlich von 1347 oder 1348 stammenden Bündnisses zwischen der Stadt Zürich und Habsburg-Österreich geplant. Dieses Bündnis liegt allerdings nur als Entwurf vor. Dass es definitiv ausgefertigt wurde, ist wenig wahrscheinlich. Und die Fehde mit Rapperswil geht trotz Waffenstillstand weiter. Die Zürcher plündern Rapperswiler Güter in der March, zerstören die Burg Alt-Rapperswil und legen Teile der Befestigungen der Stadt nieder, um sie wehrlos zu machen.

Diese unsichere Situation hält über den Winter an. Rudolf Brun sucht deshalb im Frühling 1351 Unterstützung in der Innerschweiz. Mit Schwyz hatte er bereits 1350 engeren Kontakt. Am 8. Februar 1350 war eine Zürcher Delegation in Einsiedeln bei der Beilegung des alten Marchenstreits zwischen dem Kloster und dem Stand Schwyz dabei, und im Herbst desselben Jahres kontaktierte Brun die Schwyzer bei seinem Auszug in die March. Am 1. Mai 1351 ist es dann so weit: Die Zürcher schliessen mit den Waldstätten und Luzern ein Bündnis auf gegenseitige Hilfeleistung, in einem sehr ähnlichen Wortlaut wie im nicht zustande gekommenen Abkommen mit den Habsburgern ein Jahr zuvor. Das Bündnis ist später zum Beitritt Zürichs zur Eidgenossenschaft hochstilisiert worden. In der Zeit selbst war es ein Schachzug Bruns, sich in seiner schwierigen Lage etwas Luft zu verschaffen. Selbst die Zürcher Stadtchronistik aus der Zeit erwähnt das Bündnis mit keinem Wort.

Die neue Situation veranlasst Herzog Albrecht II., selbst in den Konflikt einzugreifen. Anfang August 1351 erscheint er nach 14 Jahren Abwesenheit erstmals wieder in den Vorlanden und lässt sich vorübergehend mit seinem Gefolge in Brugg und Königsfelden nieder. Er verlangt von Zürich die im September 1350 besetzten Gebiete in der March zurück. Mit seinen Rittern und Knechten legt er sich vor Zürich und brandschatzt die Umgebung der Stadt. Für eine lange Belagerung reichen seine Kräfte jedoch nicht. Bevor der Konflikt vollends eskaliert, gelingt es der Stadt Bern, die sowohl mit Habsburg-Österreich wie mit den Waldstätten in Bündnissen steht, eine Verhandlungslösung anzubahnen. Am 1. Oktober 1351 gelobt Rudolf Brun, in acht Tagen mit seinen Schiedsleuten im Kloster Königsfelden zu erscheinen. Zürich stellt dazu 16 Geiseln, die in Baden in Gewahrsam genommen werden. Herzog Albrecht zieht mit seinem Ritterheer von der Stadt ab. Innert vier Tagen soll ein Schiedsgericht unter der Leitung der Agnes von Ungarn den Konflikt zwischen Habsburg-Österreich und Zürich beziehungsweise den eidgenössischen Orten schlichten.

 

Für die Verhandlung Anfang Oktober 1351 in Königsfelden können beide Seiten je zwei Schiedsleute bestimmen. Zürich lässt sich vom Berner Schultheissen Peter von Balm und Philipp von Kien, einem weiteren Vertreter aus dem Berner Stadtadel und ehemaligen Schultheissen, vertreten. Auf der Seite Habsburg-Österreichs sind es die Räte Imer von Strassberg aus dem bernisch-solothurnischen Raum und Peter von Stoffeln, Kommenthur der Johanniterkommende Tannenfels am Sempachersee. Dass Agnes von Ungarn, der mittlerweile über 70 Jahre alten Dame aus Königsfelden, die Leitung übertragen wird, scheint im Verständnis der Zeit nicht ungewöhnlich gewesen zu sein. Zwar steht sie, auch weil ihr Bruder Albrecht vor Ort ist, klar einer Partei näher. Durch ihre Vermittlertätigkeit der letzten 15 Jahre scheint sie aber eine zumindest für Rudolf Brun glaubwürdige Position eingenommen zu haben. Das Schiedsgericht soll nicht nur den Konflikt zwischen der Stadt Zürich und dem Grafen von Habsburg-Laufenburg beziehungsweise dessen Lehensherrn, dem Herzog, schlichten, sondern ist auch dazu gedacht, die offenen Fragen mit Luzern und den Waldstätten zu lösen. Ersteres gelingt, Letzteres nicht.

Am 12. Oktober 1351 eröffnet Agnes von Ungarn ihren Entscheid. Sie fällt nicht einen Kompromissentscheid zwischen den zwei Positionen, sondern erhebt den Parteivorschlag der habsburgischen Seite zum Beschluss. Rudolf Brun lässt sich darauf ein und akzeptiert. Für die Stadt Zürich bedeutet dies eine Rückkehr zum Status quo ante, das heisst zur Situation vor der Mordnacht. Agnes’ Beschluss umfasst aber auch die alten Forderungen Habsburg-Österreichs gegenüber den Waldstätten. Diese beziehen sich einerseits auf Rechte, die nach 1315 faktisch verloren waren. Dazu kommen die de jure immer noch bestehenden Vogtei- und Besitzrechte über den ehemaligen Besitz des Klosters Murbach-Luzern, den die Habsburger im April 1291 dem elsässischen Kloster abgekauft haben. Es sind dies die Stadt Luzern sowie Rechte und Güter in Sarnen und Stans. Habsburg fordert aber auch alte landgräfliche Rechte in Schwyz und Unterwalden ein, die sowohl in der damaligen Zeit wie auch aus heutiger Sicht zumindest fraglich sind. Vor allem die Habsburg-Laufenburger berufen sich auf Forderungen aus der Fehdezeit der 1240er-Jahre, als sie in der anti-staufischen Koalition gegen Schwyz standen, übrigens in Konkurrenz zu ihrem nächsten Verwandten, dem damaligen Grafen und späteren König Rudolf. Diese Ansprüche bestanden real wohl gar nie oder wurden nie durchgesetzt. Es ist denn auch nicht ganz zufällig, dass die Luzerner im folgenden Fehdekrieg die Burg Neu-Habsburg bei Meggen zerstören. Die Burg war in den 1240er-Jahren von der Laufenburger Linie als Stützpunkt in der Innerschweiz ausgebaut worden.

Es ist klar, dass die Waldstätte auf solche Forderungen nicht eingehen können. Rudolf Brun verspricht zwar den Habsburgern, die Umsetzung des Schiedsspruchs zu unterstützen, stösst aber bei seinen neuen Bündnispartnern in der Innerschweiz auf wenig Gegenliebe. Die «ehrliche Maklerin» Agnes hat die Interessen ihrer Herkunft höher gewichtet als einen möglichen Ausgleich. Ihre letzte grosse Vermittlung scheitert.

Die Fronten, die beide Seiten in der Folge errichten, sind mehr und mehr ideologisch geprägt. Auf dieser Basis gedeiht in den nächsten Jahrzehnten die «Erbfeindschaft» der Eidgenossen zu Habsburg-Österreich, eine Feindschaft, die in der eidgenössischen Geschichtsschreibung eine zentrale Bedeutung haben wird. Im Zürcher Bund mit Schwyz, Unterwalden und Luzern vom Mai 1351 wird auch das erste Mal der Begriff «Eidgenosse» verwendet. Ein Begriff, der dann auch in den folgenden Bündnissen mit Glarus, Zug und Bern Verwendung findet. Das Treffen in Königsfelden im Oktober 1351 wird zum wichtigen Markstein in der Entwicklung der Eidgenossenschaft.

Eskalation in den Jahren 1351–1354: ein Kurswechsel auf Zeit?

Einige Wochen nach dem Schiedsspruch der Agnes vom 12. Oktober kehrt Herzog Albrecht II. nach Wien zurück, da seine Frau Johanna von Pfirt am 14. November verstorben ist. Seine Söhne sind noch nicht volljährig, die Anwesenheit des Familienoberhaupts ist vonnöten. Nach dem Scheitern der Vermittlung von Königsfelden und in Abwesenheit des Herzogs ist die Bahn frei für Zürich und die Waldstätte, ihre Interessen mit Gewalt durchzusetzen. Über Weihnachten 1351 ziehen die Zürcher limmatabwärts. In Baden sind die 16 Zürcher noch immer in Geiselhaft, die Stadt wird von einer österreichischen Besatzung mit Verbündeten aus Strassburg, Basel und Freiburg gehalten. Die Bäderstadt hat unter den Habsburgern stark an Bedeutung gewonnen. Die Stadtherren fördern die Badgasthöfe und haben ihren Verwaltungssitz für die Vorlande auf die Burg Stein hoch über der Stadt verlegt, bei Föhnwetter in Sichtweite des Uetlibergs.

Der Überfall auf die Stadt gelingt den Zürchern nicht, sie plündern aber die Umgebung und zünden zumindest den rechtsseitig der Limmat liegenden Teil der Bäder, die sogenannten kleinen Bäder, an. Die Zürcher ziehen anschliessend das Siggenthal abwärts und zerstören die Freudenau, ein habsburgisches Burg- und Fahrlehen an der Aare. Sie überqueren die Limmat bei Turgi und ziehen plündernd über Gebenstorf und Birmenstorf in Richtung Dättwil und Baregg. Auf der Geländeterrasse im Bereich des Hochgerichts bei Dättwil fängt die Badener Besatzung unter der Führung des habsburgischen Hauptmanns Burkart von Ellerbach die mit Beute beladenen Zürcher ab. Die Zürcher können sich nach anfänglichen Schwierigkeiten des Angriffs erwehren und erkämpfen sich am folgenden Tag den Durchgang über den Heitersberg. Gemäss Klingenberger Chronik verlässt Rudolf Brun seine Mannschaft bereits zu Beginn des Gefechts, um sich in Zürich in Sicherheit zu bringen. Die Wendung zugunsten Zürichs soll eine Nachhut aus den Dörfern des linken Zürichseeufers gebracht haben, notabene aus denjenigen Höfen in Wollerau und Pfäffikon, die Brun 1337 den Rapperswilern abgenommen hatte. 135 Adlige auf Seiten der Habsburger sollen umgekommen sein. Sie werden teilweise im Kloster Wettingen bestattet. Die Stadt Baden beklagt gemäss den Eintragungen im ältesten Jahrzeitbuch 31 Tote, Mellingen und Brugg je 25. Agnes von Ungarn stiftet im Nachgang zum Gefecht in der Dreikönigskapelle in den Bädern eine Priesterpfründe, die die Erinnerung an die Toten aufrecht erhalten soll.

Auch die Waldstätte gehen nun in die Offensive. Nicht nur die Luzerner, die Neu-Habsburg bei Meggen brechen und in Richtung Sursee und Beromünster vorstossen, sondern vor allem die Schwyzer, die vorerst erfolglos das habsburgische Zug belagern. Das Land Glarus hat sich bereits Ende 1351 von den habsburgischen Vögten abgewendet, die Burg in Näfels gebrochen, den Bau einer Letzimauer begonnen und einen habsburgischen Rückeroberungsversuch abgewehrt. Unter starkem Schwyzer Druck gehen die Glarner am 4. Juni 1352 ein Bündnis mit Uri, Schwyz, Unterwalden und Zürich ein. Das später «böser Bund» genannte Bündnis ist allerdings mehr ein Schwyzer Protektorat als ein Zusammengehen unter Gleichen. Nach erneuter Belagerung ergibt sich am 22. Juni schliesslich auch Zug und tritt mit Urkunde vom 27. Juni wie Glarus in das Bündnis mit Zürich, Luzern und den Waldstätten ein, allerdings im gleichen Wortlaut wie Zürich Anfang Mai 1351, also mit wesentlich besseren Bedingungen als Glarus drei Wochen zuvor.

Für die Interessen Habsburg-Österreichs ist diese Entwicklung fatal. Herzog Albrecht sieht sich veranlasst, ein zweites Mal direkt in den Konflikt einzugreifen. Im Herbst 1352 kehrt er aus Wien zurück und nimmt den Feldzug gegen Zürich mit Unterstützung der Reichsstädte wieder auf. Allerdings kann er seine Verbündeten nicht lange bei sich halten beziehungsweise sie dafür entschädigen. In beiderseitigem Interesse kommt deshalb eine Vermittlung zustande, für die Markgraf Ludwig von Brandenburg, Sohn des ehemaligen Kaisers Ludwig von Bayern, gewonnen wird. Die zweite Belagerung von Zürich wird am 6. August aufgehoben. Nach längeren Verhandlungen in Zürich und Luzern kann am 23. September 1352 der sogenannte Brandenburger Friede abgeschlossen werden. Herzog Albrecht zieht sich nach Brugg zurück und gibt sein Einverständnis. Die habsburgische Herrschaft über Zug und Glarus soll wiederhergestellt, die Rapperswiler wieder in ihre Rechte in der March eingesetzt werden. Keine Rede mehr aber ist von den reklamierten landesherrlichen Rechten Habsburgs in Schwyz und Unterwalden. In Luzern bleibt der Status quo bestehen: de jure habsburgische Landstadt, de facto mit grosser Autonomie im Bündnis mit den Waldstätten und Zürich.

Der Friedensschluss ist für beide Seiten kein zukunftsfähiges Konzept. Beide suchen deshalb Anlehnung an neue Partner. Für die Waldstätte ist dies die Stadt Bern, mit der sie am 6. März 1353 ein Bündnis schliessen, in das auch Luzern und Zürich eintreten. Vor allem für Zürich ist die Verbindung mit Bern von grossem Wert; Bern notabene, das immer noch in Bündnispflichten mit Habsburg-Österreich steht. Herzog Albrecht selbst macht Reichspolitik. Er schmiedet ein grosses Bündnis mit dem böhmisch-luxemburgischen König Karl IV. Eine Doppelhochzeit seiner Söhne Albrecht und Rudolf mit Elisabeth von Mähren und Katharina von Böhmen sichert diese neue Verbindung, die ebenfalls im März 1353 zum Abschluss kommt. Der Konflikt wird damit definitiv zu einer Reichsangelegenheit. Karl IV. erscheint am 5. Oktober 1353 persönlich in Zürich und versucht zu vermitteln. Die Waldstätte zeigen ihre alten Privilegien aus dem 13. Jahrhundert vor und präsentieren sich als reichs- und königstreu. Dem haben die habsburgischen Vertreter wenig entgegenzusetzen. Der König reist nach einigen Tagen wieder ab, ohne etwas erreicht zu haben. Am 20. Oktober stattet er Agnes von Ungarn in Königsfelden einen Besuch ab. Trotz ihrem hohen Alter scheint sie in der Habsburger Dynastie noch immer eine wichtige Rolle zu spielen. Zudem ist der 1339 geborene Rudolf IV., der Sohn Albrechts und neu Schwiegersohn des Königs, zeitweise unter ihren Fittichen gewesen.

Die Habsburger reichen ihre Klagen gegen Zürich und die Waldstätte nun schriftlich beim König ein. Insbesondere beschweren sie sich, dass Glarus und Zug nicht unter ihre Oberhoheit zurückkehren wollen, dass die Waldstätte habsburgischen Besitz sperren und die Städte auf dem Land weiterhin sogenannte Ausbürger rekrutieren. Karl IV. erscheint deshalb bereits im April 1354 wieder in Zürich und vermittelt vorerst einen Waffenstillstand über den weiter herrschenden Kleinkrieg. Die Verhandlungen bringen aber wieder nichts, und der König bietet Herzog Albrecht an, im Namen des Reichs gegen Zürich zu ziehen.

Am 20. Juni erklärt Karl IV. Zürich und den Waldstätten den Krieg. Bevor das Reichsaufgebot den Habsburgern zuzieht, kauft Herzog Albrecht Ende Juli seinen Laufenburger Verwandten die Herrschaft Rapperswil ab und baut sie zu einem Stützpunkt gegen Zürich und Schwyz aus. Sein Sohn Rudolf lässt wenige Jahre später den Steg von Rapperswil nach Hurden bauen. Damit haben sich die Habsburger, gegen die Interessen Bruns und der Stadt Zürich, am oberen Zürichsee und in der March erst recht festgesetzt.

Anfang September 1354 beginnt schliesslich die gemeinsame, dritte Belagerung von Zürich. Die Truppen vereinigen sich auf der Forch und ziehen über die Klus und Hottingen vor die Stadt. Zum Reichsaufgebot gehören auch Städte wie Bern, Solothurn und Schaffhausen, die mit Zürich in Bündnissen stehen. König Karl IV. und Herzog Albrecht verfolgen jedoch unterschiedliche Ziele. Der König braucht eine Beilegung des Konflikts, nicht eine Unterwerfung Zürichs. Seine Pläne für eine Romreise zur Kaiserkrönung sind sehr konkret. Rudolf Brun zeigt sich deshalb mit seiner Stadt reichstreu, hisst die Reichsfahne und erwirkt eine Auflösung des Reichsheers nach wenigen Tagen. Mit Habsburg-Österreich verbleibt die Stadt im Kriegszustand. Karl IV. und Albrecht sprechen sich in Baden aus, bevor der König zu seiner Italienreise aufbricht.

Der nun bald fünf Jahre dauernde Konflikt kommt erst im Sommer 1355 nach der Rückkehr des zum Kaiser gekrönten Karl aus Italien zu einem Ende. Am 23. Juli 1355 vermittelt er in Regensburg den nach dieser Stadt benannten Friedensschluss. Rudolf Brun und Zürich verpflichten sich, den Schiedsspruch bedingungslos anzuerkennen. Kriegsmüde und innerhalb der Reichsstädte isoliert, muss sich Brun mit seiner Stadt auf Druck des Kaisers wieder auf Habsburg-Österreich zubewegen. Zürich wird verpflichtet, die Habsburger bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die Waldstätte und Luzern zu unterstützen. Folgerichtig tritt Brun 1356 wieder in ein Bündnis mit Habsburg-Österreich ein. Für Glarus und Zug bedeutet dies eine Rückkehr unter habsburgische Oberhoheit. In Glarus wird Brun gar Garant dafür. Ab 1359 diente er im herzoglichen Rat und erhält dafür eine Rente, die auf den habsburgischen Steuern in Glarus versichert ist. Vogt in Glarus ist sein Parteigänger Gottfried Mülner.

 

Mittel- und längerfristig, in Zug bereits ab 1365, erweisen sich aber die mit den Waldstätten und Zürich geschlossenen Bündnisse als tragfähiger. Entgegen den Interessen Habsburg-Österreichs bestätigt Kaiser Karl IV. den Eidgenossen ihre Bündnisse 1360 und 1362. Die Situation aus der Zeit vor 1350 scheint vordergründig wiederhergestellt. Und trotzdem zeichnet sich ein grundlegender Wandel ab, und zwar sowohl auf Seiten der habsburgischen Dynastie wie auch auf Seiten der Führungsgruppen in der Eidgenossenschaft. Darauf ist zum Abschluss noch einzugehen.