Jahrbuch der Baumpflege 2019

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5.7 Nachbereitung der baumfachlichen Baubegleitung

Nach Beendigung der Baubegleitung werden die ausgefüllten Wurzelprotokolle an die Tiefbaufirma und die zuständige Behörde geschickt, sofern Stadtbäume betroffen sind. Zudem werden die Protokolle zum Nachweis der Arbeiten im Archiv der beauftragten Firma abgelegt. Sollten Lichtbilder besonders beschädigter Wurzeln erstellt worden sein, werden diese den Dokumenten als Anlage beigefügt.

5.8 Kronenausgleichsschnitt

Ist ein Verlust größerer Teile eines Wurzelsystems zu verzeichnen, kann neben der Behandlung der Schnittstellen und des verbleibenden Wurzelsystems ein so genannter Kronenausgleichsschnitt nötig werden. Die Notwendigkeit einer solchen Maßnahme ist im Einzelfall von der baumfachlichen Baubegleitung bzw. der Baumeigentümerin oder deren Vertreter zu beurteilen.

Ein Kronenausgleichsschnitt soll dabei helfen, größere Versorgungsengpässe zwischen dem Wurzelsystem und der Krone zu verhindern. Zudem wird durch den Schnitt auch das Wurzelwachstum angeregt, da es zu einer Beeinflussung des Phytohormon-Haushaltes zugunsten der Wurzelneubildung kommt. Der Kronenausgleichsschnitt ist als nachsorgende Folgemaßnahme einer baumfachlichen Baustellenbegleitung zu verstehen. Er wird stets separat beauftragt und erfolgt in aller Regel nach Beendigung der Tiefbaumaßnahmen.

Die Intensität des Eingriffs in die Krone wird bereits während der Wurzelfreilegung festgelegt und ist in erster Linie vom Ausmaß des Wurzelverlustes abhängig. Allerdings müssen weitere Faktoren wie die Schnittverträglichkeit, örtliche Gegebenheiten, der Zeitpunkt der Schnittmaßnahme und der allgemeine Baumzustand in die Vorüberlegungen einfließen.

Hinzukommend können verschiedene Maßnahmen zur Baumumfeldverbesserung dazu beitragen, die sich aus der Baumaßnahme noch nachträglich ergebenden Beeinträchtigungen abzumildern. Diese betreffen vor allem den Boden am Standort und reichen von dessen Auflockerung über das Einarbeiten oder die Injektion von Bodenhilfsstoffen bis hin zu einem Austausch des Bodens in dessen potenziellen Wurzelraum.

5.9 Maßnahmen bei Wurzelverletzungen
5.9.1 Feststellung des Schadensumfangs

Kommt es zu einer Wurzelverletzung, so muss zunächst der Umfang bzw. die Schwere des Schadens festgestellt werden. Von oberflächlichen Rindenabschürfungen durch den Spateneinsatz bis zum Abriss von Starkwurzeln durch einen Bagger ist alles möglich. Rindenschäden sind oft nicht zu vermeiden, da die Rinde der Wurzel extrem empfindlich ist und selbst bei behutsamer Handschachtung beschädigt werden kann. In diesem Fall ist das Austrocknen der Wunde bzw. des gesamten geschädigten Bereiches zu verhindern. Dies wird durch das Auftragen von Wundverschlussmitteln auf die schadhaften Stellen und ein Umwickeln der freigelegten Wurzel erreicht.

Kommt es zu flächigen Rindenverletzungen schwacher Wurzeln (d. h. mit Durchmessern bis 2 cm), kann die Kappung der Wurzel eine Alternative zum Umwickeln sein. Die Wurzeln treiben nach dem sauberen Abschnitt zumeist neu aus und können den Verlust mitunter schnell kompensieren.

Abrisse von Starkwurzeln, z. B. durch Maschinen, sind kritischer zu betrachten. Hier kann es zu einem Verlust der Standsicherheit des Baumes kommen. In derartigen Fällen ist die Baumeigentümerin bzw. der Auftraggeber umgehend zu informieren.

Die eingesetzte Baubegleitung ist in dieser Situation berechtigt, einen Baustopp einzuleiten, um das weitere Vorgehen mit der Baumeigentümerin und den für den Schaden Verantwortlichen zu besprechen. Der Schaden muss zudem stets fotografisch dokumentiert werden. Hierzu werden mindestens drei Aufnahmen erstellt: eine des Baumes in seinem Umfeld, eine des Schadens in der Übersicht und eine des Schadens im Detail.

5.9.2 Festlegung eingehender Untersuchungen

Im Einzelfall kann es aufgrund umfangreicher Schäden oder des Verdachts auf bereits fehlende bzw. abgestorbene/zersetzte Wurzeln notwendig werden, den betreffenden Baum auf seine Erhaltensfähigkeit und Standsicherheit zu überprüfen. Auch in derartigen Situationen darf die baumfachliche Baubegleitung einen Baustopp einleiten, um das weitere Vorgehen mit der Baumeigentümerin und den für den Schaden Verantwortlichen zu besprechen. In jedem Fall ist die Frage einer ausreichenden Standsicherheit umgehend zu klären.

Hinsichtlich der fotografischen Dokumentation gilt auch hier, dass für die Beweissicherung drei grundlegende Perspektiven von Bedeutung sind:

 Aufnahme 1: Der Baum und dessen Umgebung

 Aufnahme 2: Totale der freigelegten Wurzel (nach Möglichkeit mit einem Maßstab)

 Aufnahme 3: Detailaufnahme des Schadens (stets mit Maßstab)

6 Fazit

Eine baumfachliche Begleitung von Tiefbauarbeiten in Baumnähe gibt allen Beteiligten die nötige Sicherheit, den geforderten Schutz des Baumbestandes einzuhalten. Zudem wird das Bestreben der ausführenden Stellen unterstützt, die Baumaßnahmen unter Erfüllung der Auflagen rasch und effizient durchzuführen.

Schnelle Entscheidungsprozesse vor Ort und eine ebenso schnelle Umsetzung notwendiger Schutzmaßnahmen kennzeichnen eine qualifizierte Baubegleitung und behindern Baumaßnahmen nicht, sondern lassen diese zu einem umfassenden Erfolg werden.

Durch die eingesetzte Baubegleitung wird sichergestellt, dass ein Baum, der durch eine Baumaßnahme im Wurzelbereich verletzt wurde, keine bleibenden Schäden davonträgt. Das Wurzelprotokoll der Baumfachkraft stellt zudem eine belastbare Dokumentation aller durchgeführten Maßnahmen dar. Diese Zuverlässigkeit sorgt dafür, dass Baumaßnahmen in Baumnähe durch eine fachliche Begleitung sowohl in ökologischer als auch ökonomischer Sicht erfolgreich abgeschlossen werden können.

Literatur

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Autoren

Markus Streckenbach leitet das Sachverständigenbüro für urbane Vegetation in Bochum und bearbeitet schwerpunktmäßig Fragestellungen zum unterirdischen Teil von Bäumen.


Sachverständigenbüro für urbane Vegetation

Dipl.-Biol. Dr. rer. nat.

Markus Streckenbach

Dirschauer Straße 15

44789 Bochum

Tel. (0234) 79463299

info@urbanevegetation.de

Jan Dreß leitet das Hauptbüro der Baumpflege Bollmann GmbH in Ellerau und beschäftigt sich seit vielen Jahren intensiv mit der baumfachlichen Baubegleitung.


Baumpflege Bollmann GmbH

Dipl.-Ing. (FH) Jan Dreß

Moortwiete 74–75

25479 Ellerau

Tel. (04106) 8090930

j.dress@baumpflege-bollmann.de

1Das CODIT-Prinzip nach DUJESIEFKEN & LIESE (2008) ist eine umfassende Weiterentwicklung des von A. SHIGO entwickelten CODIT-Modells und beschreibt die Reaktionen eines Baumes von der Verletzung bis zur Einkapselung einer Fäule als aufeinander folgende Phasen.

Baumschutz auf Baustellen vorausschauend planen, ausschreiben und überwachen
Proactive planning, tendering and monitoring of tree protection on construction sites

von Thomas Amtage

Zusammenfassung

Eine stete Nachverdichtung im urbanen Bereich, anhaltende Instandhaltungs- und Baumaßnahmen an bestehender Infrastruktur sowie der Austausch bodengebundener Medien führen regelmäßig zu Konflikten hinsichtlich des Baumschutzes auf Baustellen im Bereich des Hoch-, Tief-, Straßen- und Ingenieursbau. Hauptursache hierfür ist die oft unterschiedliche Interpretation des Stellenwerts des Baumschutzes auf Baustellen bei den beteiligten Akteuren. Häufig sind den verantwortlich handelnden Parteien die für die Planung und Ausführung der Baumaßnahme geltenden Normen und Regelwerke (u. a. DIN 18920, ZTV-Baumpflege, RAS-LP 4) in der notwendigen Detailschärfe unbekannt oder sie werden nicht hinreichend gewürdigt. Gleichwohl sind diese Vorschriften zu berücksichtigen und zumindest bei öffentlichen Bauvorhaben über die VOB auch Bestandteil des Bauvertrages. Die Nichtberücksichtigung des Baumschutzes kann zu erheblichen Störungen im Bauablauf führen und das Haftungsrisiko deutlich erhöhen.

Summary

A constant recompression of earth in urban areas, continuous construction and maintenance measures on existing infrastructure, as well as replacement of earthbound mediums frequently result in conflicts regarding the protection of urban trees on construction sites in the fields of building construction, civil engineering, road construction, and construction engineering. The main reason is the differing interpretation of prioritiesof tree protection on construction sites by various participating parties. Frequently, even the responsible parties are not aware of the relevant rules and regulations (a. o. DIN 18920, ZTV-Baumpflege, RAS-LP4) for the planning and execution of the construction project, or these are not adequately acknowledged. Nevertheless, these regulations must be taken into account accordingly at least in public construction projects and apply to the building contract via the VOB. Non-Consideration of tree protection on construction sites can lead to considerable disruptions in the construction process and significantly increase the liability risk. In addition, a damaged tree often requires even more inspection and care.

1 Einleitung

Die Anforderungen an einen fachgerechten Baumschutz auf Baustellen sind so alt wie das „moderne“ maschinell geprägte Baugeschehen selbst. Bereits 1973 wurde die erste DIN 18920 zum Schutz von Bäumen, Pflanzenbeständen und Vegetationsflächen bei Baumaßnahmen veröffentlicht. Fast 45 Jahre später ist diese Thematik aktueller denn je. Bedingt durch einen stetig steigenden Flächenbedarf für Bau- und Infrastrukturmaßnahmen, vor allem im urbanen Bereich z. B. durch Nachverdichtung und Lückenbebauung, führt dies zwangsläufig zu Konflikten mit der vorhandenen Vegetation.

Nur die ausreichende, bereits in der Planungsphase beginnende und bis zum Bauende konsequent fortgesetzte Berücksichtigung der Anforderungen an einen qualifizierten Baumschutz gewährleistet den Erhalt eines nachhaltigen Baumbestandes.

Zur fachgerechten Herstellung eines Bauwerkes sind zahlreiche Spezialisten notwendig. Ein Architekt als Generalist reicht hierfür bei weitem nicht mehr aus. Je nach Anforderungen an das Bauvorhaben werden u. a. Statiker, Planer für die technische Gebäudeausstattung und Landschaftsarchitekten hinzugezogen, so dass jede individuelle Fallgestaltung durch einen Sachverständigen bearbeitet werden kann. Daher ist es nur konsequent, bei der Thematik „Baumschutz auf Baustellen“ diejenigen mit einzubeziehen, die über ein fundiertes baumfachliches Wissen verfügen. Dies kann über die sogenannte Umweltbaubegleitung (UBB) erfolgen. Dabei prüft ein dem Bauherrn gegenüber unabhängiger Fachmann die Planung in Bezug auf den Baumschutz und berät die verantwortlichen Planer hinsichtlich möglicher baumschonender Bauweisen. Dabei ist es von großer Wichtigkeit, dass diese Umweltbaubegleitung „Baumschutz“ zum einen bereits in der Planungsphase installiert wird, zum anderen aber auch die geplanten Baumschutzmaßnahmen während der gesamten Bauzeit bis zum Ende hin fachlich begleitet und die verantwortlichen Planer und Bauleiter beraten werden. Da es sich in diesem Fall weniger um eine bauleitende Tätigkeit als eher um eine beratende Tätigkeit handelt, hat sich die Begrifflichkeit der Umweltbaubegleitung (UBB) für dieses Tätigkeitsfeld etabliert.

2 Baumschutz in der Planungsphase

Lange bevor der erste Spatenstich erfolgt, werden Infrastruktur- und Bauvorhaben geplant, Varianten entwickelt und Abwägungsentscheidungen getroffen. Dies erfolgt i. d. R. im Rahmen von Planfeststellungsverfahren bei umfangreichen Infrastrukturmaßnahmen und Straßenbauvorhaben oder im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens z. B. bei kleinmaßstäblichen Einzelbauvorhaben. Bei diesen Genehmigungsverfahren prüfen die Aufsichtsbehörden unter Beteiligung anderer Dienststellen und Behörden sowie von Verbänden und den Trägern öffentlicher Belange die Vereinbarkeit des jeweiligen Vorhabens mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Innerhalb dieses Prüfverfahrens findet eine intensive Abwägung statt.

Stehen Bäume im zukünftigen Baubereich, stellt sich bereits hier die Frage, wie mit ihnen umgegangen wird. Ein einfacher Hinweis wie „Der Baumbestand ist zu erhalten“ ist oft zu kurz gedacht, da die Auswirkungen des geplanten Bauvorhabens auf den bestehenden Baumbestand selten in einer so zeitigen Planungsphase umfänglich geprüft werden. Daher ist bereits in dieser frühen Phase der Bauplanung die Hinzuziehung eines Baumsachverständigen in Form einer Umweltbaubegleitung zwingend angeraten. Dieser gleicht dann z. B. die tatsächliche Situation vor Ort mit der Planung ab und berät die an der Planung Beteiligten auf Grundlage seiner Erkenntnisse. So kann anschließend in der Planung oft schon mit einfachen Lösungen, wie der Verschwenkung eines Weges um wenige Meter oder der Veränderung der Baustelleneinrichtungsflächen, effektiv zum Baumschutz und damit Baumerhalt beigetragen werden.

Da in dieser frühen Planungsphase noch keine umfangreichen Detailpläne, Ausführungsunterlagen oder Ausschreibungen erstellt wurden, ist der zeitliche und monetäre Aufwand zur Änderung der Planungsunterlagen überschaubar. Eine spätere Anpassung der Planung, im schlechtesten Fall während der Bauphase, verzögert die Fertigstellung und steigert die Baukosten zum Teil deutlich. Je früher alle baurelevanten Belange – und dazu gehört auch der Baumbestand – berücksichtigt werden, desto reibungsloser verläuft die Planung und die Bauausführung (Abbildung 1).

Abbildung 1: Angepasste Planung zur Baustelleneinrichtung unter Berücksichtigung eines fachgerechten Baumschutzes

Kann jedoch auch unter bestmöglicher Berücksichtigung des Baumschutzes und intensiver Alternativenabwägung eine erhebliche Beeinträchtigung des Baumes nicht vermieden werden und besteht gleichzeitig weiterhin der Wille oder die Notwendigkeit zum Bauen, darf die Baumfällung kein Tabu sein, jedoch nur das letzte Mittel der Wahl. Ein Kompromiss zulasten der Gehölze, bei dem der Baumbestand irgendwie noch erhalten bleibt, jedoch in seiner ursprünglichen Form und Verkehrssicherheit stark beeinträchtigt wird, ist zu vermeiden (POMMNITZ 2016). Diese Vorgehensweise der „Problemverschleppung“ reduziert in erheblichem Maße die Akzeptanz in der breiten Öffentlichkeit.

Besteht nun für ein Bauvorhaben bereits Baurecht, bei dem auf Grundlage eines Abwägungsbeschlusses Auflagen zum Baumschutz enthalten sind, gilt es, diese Auflagen im Rahmen der Ausführungsplanung umzusetzen (Abbildung 2). Hierfür bieten die Regelwerke und Richtlinien DIN 18920, RAS LP4 und ZTV-Baumpflege praktikable Hinweise. Die alleinige Kenntnis dieser Regelwerke und Richtlinien reicht jedoch nicht aus. Da die Ausführung zum Baumschutz auf Baustellen nie eine Regelbauweise darstellt, ist hier die fachgerechte Interpretation dieser Vorschriften in Bezug auf den Einzelfall notwendig.

Abbildung 2: Detail zur fachgerechten Umsetzung des Überfahrschutzes

Beispielsweise kann der zu schützende Wurzelbereich anders verlaufen als vorher angenommen. So können Starkwurzeln eines Baumes in einem vor Jahrzehnten erstellten und mit grobporigem Material verfüllten Rohrleitungsgraben Dutzende Meter weit über die eigene Kronentraufe hinauswachsen. Die ungeprüfte Anwendung der DIN 18920 kann hier zu erheblichen Wurzelverlusten führen und den Baum nachhaltig schädigen. Um den für das einzelne Bauvorhaben bei dem dort vorhandenen Baumbestand geeigneten Baumschutz herzustellen, bedarf es spezieller Fachkenntnisse zum Lebewesen Baum und allgemeiner Kenntnisse zum Baugeschehen selbst.