Leben im Rhythmus des Kirchenjahres

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Sonntag: Der Tag des Herrn

Es ist Sonntag, draußen scheint die Sonne. Was tun wir an diesem Tag? Ist der Sonntag für uns ein Tag der Erholung, an dem wir endlich mal Zeit für uns haben? Oder ist mehr der Gemeinschaftsaspekt im Vordergrund, sei es in der Familie, mit Freunden, in der Eucharistiefeier?

In alter Tradition wird der Sonntag »Tag des Herrn« genannt. Doch was macht einen Tag zum »Tag des Herrn«? Unser Sonntag steht sowohl in christlicher als auch in jüdischer Tradition.

Als Christen feiern wir die Auferstehung Jesu Christi, die nach den Evangelien »am ersten Tag der Woche« stattfand. Gleichzeitig erleben wir den Sonntag als Teil des Wochenendes. Er gilt auch gesetzlich als letzter, also siebter Tag der Woche. Das lässt uns anknüpfen an die jüdische Tradition des Sabbat. »Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er geschaffen hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk vollbracht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn für heilig«, so lesen wir im Schöpfungsbericht (Gen 2,3).

Also ein Tag vollkommener Ruhe. Jesus bricht das auf, denn er heilt am Sabbat, und das nicht nur einmal. »Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat« (Mk 2,27). Welch eine Interpretation von »Tag des Herrn«: Gott ist für uns da, nicht wir für ihn!

In diesem Bewusstsein dürfen wir den Sonntag leben. An diesem einen Tag sollen und dürfen wir das »Machen« aus der Hand geben und Gott die Initiative überlassen. Also ein »Tag des Herrn«. Mögen wir den Mut haben, Gott diese Initiative zuzugestehen!

Veronika Jodlbauer

Advent (I) – oder: Was auf uns zukommt!

Das Ausrufezeichen ist wichtig! Verleitet doch die Stimmung unserer Tage oft eher zu einem bangen Fragen: Was wohl auf uns zukommt? Was wohl werden wird? Nicht ohne Grund angesichts täglicher Katastrophen und schier unlösbarer Probleme. Dennoch, der Glaube setzt ein Ausrufezeichen, kein Fragezeichen! Advent! Wir haben etwas zu erwarten, es wird tatsächlich Rettung geschehen. Nicht, weil unsereinem plötzlich die großen Lösungen einfielen, nein, weil ein Anderer, Gott selbst, in unsere menschlichen Begrenztheiten kommen will. Seine Gegenwart wird Horizonte öffnen und Verkrampftes heilen. So ist es verheißen.

Eine große Botschaft der Hoffnung und der Zukunft! Sie befreit uns aber nicht so ohne weiteres aus unseren Ängsten und Sorgen. So trostvoll Advent daran erinnert, dass wir wirklich Heilendes erwarten dürfen, so sehr spüren wir in der Zeit vor Weihnachten, wie mühsam es sein kann, Erwartung wirklich zu leben: Weil wir besetzt sind von so vielem, weil eine Fülle von Eindrücken uns die Luft nimmt, weil Druck und Hektik nicht zur Ruhe kommen lassen.

Da lohnt es sich, auf die liturgischen Texte im Advent zu hören, auf die Themen, die sie aufgreifen, auf die Personen, die sie vorstellen, auf die Visionen, denen sie nachgehen. Wo sie uns berühren, werden sie uns öffnen und bereit machen für das, was auf uns zukommt. Und nicht zuletzt die Musik wird solche Aufmerksamkeit und Wachheit wecken helfen. Sie lädt ein, sich dem Fest der Menschwerdung zu nähern: Auch heute hörend auf die Rufer in der Wüste oder in den Lobpreis Mariens einstimmend, der unser Leben ändern kann: Groß preist meine Seele den Herrn – voll »Freude im Herrn« in ausgelassener Besinnlichkeit der Erwartung nachspürend –, um schließlich vor den Toren Bethlehems zu stehen, wo der Stern Jakobs aufgehen wird. Auch für uns!

Bernd Franke SJ

Advent (II) – O Heiland,
reiß die Himmel auf!

In diesen Wochen singen wir wieder das alte Adventslied »O Heiland, reiß die Himmel auf«. Die Bilder, die es gebraucht, finden sich schon bei Jesaja (63,19; 45,8); die Sprache des Liedes aber steigert sie zu einem wiederholten und drängenden Rufen:

O Heiland, reiß die Himmel auf, herab, herab, vom Himmel lauf! Reiß ab vom Himmel Tür und Tor, reiß ab, wo Schloss und Riegel vor. O Gott, den Tau vom Himmel gieß, im Tau herab, o Heiland, fließ. Ihr Wolken, brecht und regnet aus den König über Jakobs Haus.

Gedichtet hat dieses Lied der Jesuit Friedrich von Spee 1622 in Paderborn. Es gibt die Erfahrung seines Lebens und seiner Zeit wieder. Im Land wütete der Dreißigjährige Krieg. Spee erlebte die bittere Not der Menschen, einmal wurde er selbst überfallen und schwer verwundet. In besonderer Weise erfuhr Spee menschliches Elend, als er den Opfern des Hexenwahns begegnete. Er stand ihnen bei, begleitete sie oft bis zur Hinrichtung, erhob seine Stimme in einer Streitschrift und wäre deswegen fast aus seinem Orden ausgeschlossen worden. 1635, noch nicht 45-jährig, starb Spee an einem epidemischen Fieber, das er sich bei der Pflege kranker Soldaten geholt hatte.

Lied und Geschick des Friedrich von Spee erinnern uns daran, wie sehr wir selbst und unsere Welt noch immer ausschauen nach Heil und Erlösung. Aber wissen wir, was »Heil« ist und woher es kommt? Sind wir Menschen nicht manches Mal versucht zu sagen: Wir selbst müssen es machen?

Aber Heil kommt letztlich nicht vom Menschen, es kommt »von oben«, von dem, der über uns Menschen ist. Der Advent macht es uns bewusst, und darum müssen und dürfen wir rufen, wie es unser Lied tut.

Theo Beirle SJ

Advent (III) –
Da kommt noch etwas auf uns zu

Schwerter zu Pflugscharen! (Jes 2,1–5). Macht die erschlafften Hände wieder stark und die wankenden Knie fest! Sagt den Verzagten: Habt Mut, fürchtet euch nicht! (Jes 35,1–6). Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe (Röm 13,11).

Die biblischen Texte zum Advent sind voller umstürzlerischer Dynamik, voller Aufbruch, voller Visionen einer neuen, nahen Zukunft. Mal ehrlich: Warten wir auf Gott? Oder worauf warten wir? Auf einen neuen Frühling der Kirche? Oder haben wir unsere Erwartungen und Wünsche schon abgelegt, weggeräumt, abgestellt und aufgegeben?

Advent meint kein »so tun als ob«, und am Ende ist doch alles wie immer, wie in jedem Jahr. Sondern: Da kommt noch etwas auf uns zu, da ereignet sich etwas, da passiert noch etwas – und es lohnt sich zu warten, aufmerksam, gespannt, offen, frei …

Christen und Christinnen warten nicht auf irgendetwas, sondern auf »jemanden«, darauf, dass Gott spürbar wird, heilend, befreiend, belebend – ganz konkret. Warten heißt dann: Ich setze auf mehr als auf mich, mein Tun, mein Denken, meine Macht. Ich warte darauf, dass noch etwas kommt, was meinen Horizont weit übersteigt.

Und wie? Seit Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist, führt kein Weg zu Gott am Menschen vorbei. Advent übt den Perspektivenwechsel: Vom Haben-, Besitzen- und Gelten-Wollen zum Teilen, Loslassen, Annehmen; von der Gleichgültigkeit zur Achtsamkeit, von der Egozentrik zur Solidarität. Das sind keine frommen Utopien für Tagträumer. Wer die Perspektive wechselt, verändert die Machtverhältnisse. Mögen wir adventliche Menschen werden: frei, verletzlich, mutig, echt.

»Niemand besitzt Gott so, dass er nicht mehr auf ihn warten müsste. Und doch kann niemand auf Gott warten, der nicht wüsste, dass Gott schon längst auf ihn gewartet hat« (Dietrich Bonhoeffer).

Gabriela Grunden

Weihnachten –
Ist Gott ein Philanthrop?

Ein Philanthrop, so die Auskunft des Lexikons, ist ein »Menschenfreund«. Auf das selten gebrauchte Wort stieß ich in einem Magazin-Artikel über »Die Retter der Welt«. Diese werden dort »Philanthropen« genannt, Menschenfreunde. Dabei sind vor allem Ex-Politiker und schwerreiche Männer und Frauen gemeint, die Netzwerke aufbauen, gewaltige Geldsummen sammeln und Hilfsprojekte in aller Welt in Gang bringen.

»Die Retter der Welt!« Im Singular formuliert, hätten wir Christen wohl an Jesus Christus gedacht und sein Geburtsfest und das Weihnachtslied »Christ, der Retter, ist da …!«. – Sein Kommen und Dasein werden im Brief an Titus mit den Worten ausgedrückt: »Erschienen ist die Menschenliebe Gottes«; die »Philanthropie« Gottes, heißt es im griechischen Urtext. Und darum dürfen wir sagen: Weihnachten ist das Fest der Philanthropie Gottes, das Fest der Liebe Gottes zum Menschen. Und von ihr heißt es: »Als die Güte und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien, hat er uns gerettet – nicht weil wir Werke vollbracht hätten, die uns gerecht machen können, sondern aufgrund seines Erbarmens« (Tit 3,4f.).

Gott ist Philanthrop und kein Misanthrop, kein Menschenhasser: »Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von allem, was du geschaffen hast. Denn hättest du etwas gehasst, so hättest du es nicht geschaffen« (Weish 11,24). Gott ist ein »Freund des Lebens« (Weish 11,26). Eigenartig der etwas gewundene Gedankengang des Weisheitslehrers, »nur« um zu sagen: Gott ist Liebe.

Mit seiner Menschenfreundlichkeit möchte Gott uns anstecken, »freundlich und gütig zu allen Menschen« (Tit 3,2) zu sein. – Was können wir uns mehr und Besseres wünschen im Zugehen auf das Fest der Geburt Jesu Christi, als die geschenkte Gottesliebe einander weiterzugeben?! Dazu braucht man nicht Politiker und schwerreich zu sein. Menschsein genügt.

Willi Lambert SJ

Namen Jesu (I): Größer als alle Namen

Die Kindheitsgeschichte Jesu im Lukas-Evangelium erzählt: »Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus« (Lk 2,21). So feierte die Kirche am Oktavtag von Weihnachten das Fest der Beschneidung Jesu und gedachte dabei seines Namens.

 

Schon im Altertum wurde die griechische Schreibweise des Namens »IHΣOYΣ« manchmal in IHΣ oder IHS abgekürzt. Im Mittelalter verlor sich vielfach die Kenntnis von der Herleitung dieses Zeichens aus dem Griechischen. Es finden sich dann Deutungen der lateinischen Buchstaben wie z.B.: »Iesus Hominum Salvator«, Jesus, Erlöser der Menschen. Seit dem späten Mittelalter erscheint das IHS immer häufiger. Es wird zum Zeichen einer besonderen Verehrung des Namens Jesu, wie sie im Christus-Hymnus des Philipper-Briefes grundgelegt ist: »Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen, damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihre Knie beugen vor dem Namen Jesu und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr – zur Ehre Gottes des Vaters« (Phil 2,9–11). Besonders Franziskaner und Dominikaner förderten die Namen-Jesu-Verehrung. Der Franziskaner Bernardin von Siena (1380–1444), der als der bedeutendste Prediger des 15. Jahrhunderts in Italien galt, zeigte oft am Ende seiner Predigt den Zuhörern eine Tafel mit dem IHS im Strahlenkranz und forderte sie auf, dem Namen Jesu zu huldigen. Viele Bürger in Siena und anderen italienischen Städten brachten am Hauseingang ein Schild mit dem IHS an, um sich so dem besonderen Schutz Jesu anzuvertrauen. Dieser Brauch, bei Katechesen Täfelchen mit dem IHS zu verwenden und das Monogramm Jesu an Gebäuden anzubringen, wurde durch die Franziskaner-Konventualen in ganz Europa verbreitet. So lernte wohl auch Ignatius dieses Zeichen kennen.

Für ihn gewann die Verehrung des Namens Jesu durch eine Vision vor den Toren Roms, in dem Kapellchen von La Storta, eine besondere Bedeutung. Dort empfing er die innere Sicherheit, dass der göttliche Vater ihn und seine Gefährten seinem Sohn Jesus zugesellt. Die Nachfolge des Kreuz tragenden Jesus war so für ihn und seinen Orden Programm; Gesellschaft Jesu wollten sie sein. Als die Ordensgründung vom Papst bestätigt war und 1541 ein erster Generaloberer gewählt werden sollte, setzte Ignatius den Namen Jesu an den Kopf der Kandidatenliste. Wer immer gewählt wurde, der eigentliche Obere dieser Gesellschaft ist Jesus. Und nach seiner Wahl bestimmte Ignatius das IHS im Strahlenkranz, verbunden mit dem Kreuz und drei Nägeln, zum Siegel des Jesuitengenerals.

Bis heute ist das IHS ein mit dem Jesuitenorden besonders verbundenes Namenszeichen Jesu. Wir sollten uns immer wieder daran erinnern, dass dieses Zeichen uns die Person Jesu nahebringen will und nicht nur ein Logo ist, das für die Produkte eines Unternehmens werben möchte. Es will uns mit der Person Jesu verbinden.

Bernd Paal SJ

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