Oberhausen: Eine Stadtgeschichte im Ruhrgebiet Bd. 2

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7. Ohne Konkurrenz:


Die Entwicklung der JHH bis zur Ankunft der Eisenbahn



Mit der Gründung der JHH waren alle Eisen erzeugenden Anlagen des Ruhrgebiets, die 1810 existierten, in einem Unternehmen vereint. Auf diesem Gebiet erwuchs dem Unternehmen erst Mitte der 1820er Jahre in der Region neue Konkurrenz. Ab 1824 produzierte die Eisenhütte Friedrich Harkort & Comp. auf der Burg Wetter und für 1826 wird eine Stahlfabrik Tacke in Steele erwähnt. 1828 nahm dann die zwei Jahre zuvor gegründete Eisenhütte Westfalia bei Lünen den Hochofenbetrieb auf. Vier Jahre später erhielt auch die Friedrich-Wilhelm Hütte in Mülheim an der Ruhr, die aus einer Eisenschmelze der Brüder Dinnendahl hervorgegangen war, die Konzession zum Betrieb zweier Holzkohlehochöfen, von denen aber nur einer 1841 angeblasen wurde. Gussstahl erzeugten in der Region ab 1812 (versuchsweise) Friedrich Lohmann in Witten und ab 1816 (regelmäßig) Friedrich Krupp in Essen.

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 Auch Gottlob Jacobi soll 1809 schon Versuche zur Herstellung von Gussstahl durchgeführt haben.

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Maschinen nach Dinnendahls Vorbild als Zukunftsmarkt





Neben der Gesamtleitung der JHH übernahm Gottlob Jacobi auch die technische Betriebsführung der Hütte Gute Hoffnung in Sterkrade. Auf der St. Antony-Hütte und der Hütte Neu-Essen wurden Hütten- bzw. Platzmeister eingestellt.

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 1810 standen jeweils ein Hochofen auf St. Antony und auf Gute Hoffnung unter Feuer. Beginn und Ende der Hüttenkampagnen, aber auch Neu- und Umbauten boten den Arbeitern Anlass, mit größeren Mengen Bier und Branntwein zu feiern.

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 Verhüttet wurden weiterhin örtliche Erze. In einem Schreiben von 1816 werden sie von der JHH näher beschrieben: Es handele sich um Rasen- oder Heideeisenstein, der drei bis zwölf Zoll unter trockener Heide liege, aber nur drei bis sieben Zoll mächtig sei. Er wäre vor allem an den Stellen zu finden, wo im Winter Wasser stehe. Weiter nutze man Mooreisenstein aus sommertrockenen Mooren, das sechs bis zwölf Zoll mächtig in sechs bis fünfzehn Zoll Tiefe liege, sowie Sumpfeisenstein, das in einer Mächtigkeit von sechs bis zwölf Zoll in zwölf bis vierundzwanzig Zoll Tiefe unter Strauch- und Erlenholz lagere.

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Die modernere der Hüttenanlagen war zu diesem Zeitpunkt noch die St. Antony-Hütte. Gottlob Jacobi skizzierte den dortigen Hochofen von 1812/​14 in einem Notizbuch. Der Ofen hatte eine Gestellhöhe von 8,70 Meter, die ▶ Gichtöffnung war etwa 80 Zentimeter groß. Er war rund gebaut und besaß zwei gegenüberliegende ▶ Blasformen.

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 Die St. Antony-Hütte wurde um einen Koksmeiler zur Herstellung von Koks aus Steinkohle für den Einsatz in den ▶ Kupolöfen ergänzt. Auch kam hier die erste von der JHH 1813/​14 in Sterkrade gemeinsam mit Franz Dinnendahl gebaute Dampfmaschine zum Einsatz. Sie pumpte das Aufschlagwasser des Wasserrades zur nochmaligen Verwendung zurück und begegnete so dem Wassermangel.

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Auf der Hütte Neu-Essen lag der Hochofen seit einigen Jahren still und ging auch nicht wieder in Betrieb. Hier arbeitete zunächst eine kleine Gießerei, die mit einem ▶ Kupolofen Potteriewaren und Munition herstellte, aber bereits 1821 wieder schloss.

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 In der Zwischenzeit baute das Unternehmen die Anlage an der Emscher zu einem Frischfeuer mit Schmiede- und Reckhammer um. Das Frischen war ein Prozess, in dem Roheisen zu Stahl umgearbeitet wurde. Dieser war dann in einer Schmiede oder in einem Walzwerk formbar. Am 15. Juni 1812 ging der Hammer in Betrieb, konnte aber nur mit zugekauftem Roheisen vom Mittelrhein und der Lahn betrieben werden, da das Eisen der eigenen Hochöfen nicht zum Frischen geeignet war. Neu-Essen produzierte nun Stabeisen und ab 1816 Brammen, die bei der Produktion von Maschinen und ab 1828 im Walzwerk benötigt wurden. Ab 1835 stellte man hier auch feuerfeste Steine her.

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 Gegen den Betrieb des Eisenhammers wendete der Duisburger Landrat 1825 ein, dass er durch die Stilllegung der dortigen Mahlmühle zu Korn- und Brotmangel geführt habe. Konsequenzen hatte dies für den Industriebetrieb aber nicht.

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Abb. 28: Hochofenskizze aus dem Notizbuch Jacobis von 1812









Abb. 29: Ansicht der Hütte Neu-Essen um 1835, Zeichnung von Jacob Weeser-Krell aus dem Jahr 1902












Abb. 30: Hochofen der Gutehoffnungshütte, nach 1832 entstandene Zeichnung





Den größten Umbau erlebte die Hütte Gute Hoffnung in Sterkrade. 1810 begannen hier Modernisierung und Ausbau der Anlagen. 1816 ersetzte ein 36 Fuß (= 11,30 Meter) hoher achteckiger den alten 20 Fuß (= 6,30 Meter) hohen rechteckigen Hochofen.

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 Die Roheisenherstellung verlagerte sich nun immer stärker nach Sterkrade, das sich zum neuen Zentrum des Unternehmens entwickelte. Auch verarbeitende Betriebe nahmen hier ihre Tätigkeit auf. Damit verbunden war eine Ausweitung des Produktionsprogramms. Zwar blieben weiterhin auch Potteriewaren ein wichtiges Produkt der JHH, aber die Herstellung von Maschinen und Maschinenteilen wurde immer umfangreicher. So lieferte das Unternehmen weiter Zylinder, Kolben, Röhren, Maschinenräder, Rohrpumpen, Luftpumpen oder Deckel aus Eisen an Franz Dinnendahl. Der Anteil der Maschinenteile an der Gesamtfertigung stieg stetig an. Zwischen Juli und Dezember 1809 waren auf der St. Antony-Hütte von einer Gesamtproduktion von 393.500 Pfund Gusswaren bereits 43.000 Pfund Dampfmaschinenteile.

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 Auf der Hütte Gute Hoffnung dürfte der Anteil noch wesentlich größer gewesen sein. Finanziert wurden die Investitionen weitgehend aus den Gewinnen des Unternehmens.

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 Ab 1820 war die Ertragslage dann so gut, dass hohe Dividenden an die Anteilseigner ausgeschüttet werden konnten.

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 Für den Verkehr zwischen den verschiedenen Werken in Osterfeld, Sterkrade und Oberhausen unterhielt die JHH seit dem Beginn der 1820er Jahre erstmals auch eigene Fuhrwerke.

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Zusammen mit Franz Dinnendahl baute die JHH eine Dampfmaschine, die ab 1813 auf der St. Antony-Hütte eingesetzt wurde. Doch verschlechterten sich in den folgenden Jahren die Geschäftsbeziehungen zu Franz Dinnendahl, was wohl in der schlechten Zahlungsmoral des Kunden begründet war. So schrieb Gottlob Jacobi am 15. Mai 1819 an Johann Dinnendahl, dass er die Geschäftsbeziehungen zu dessen Bruder Franz abbrechen werde, da er „nichts als Chikanen gegen uns spielte“ und Rechnungen unbezahlt lasse.

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 Die Fähigkeiten, die man sich bei der Zusammenarbeit mit Dinnendahl angeeignet hatte, nutzte man, um in Sterkrade im Frühjahr 1820 eine weitere Dampfmaschine für das Hochofengebläse der Hütte in Eigenkonstruktion zu bauen. Jetzt war man so weit, dass das Unternehmen am 22. Juli desselben Jahres in mehreren Zeitungen die Einrichtung einer eigenen Maschinenwerkstatt anzeigen konnte.

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 Die JHH bot „Dampf- und Gebläsemaschinen jeder Dimension, nicht allein für Berg, Hütten- und Hammerwerke, sondern auch für Spinnerein, Woll, Öl- und Mahlmühlen, sowie für andere Gewerke“ an. In Sterkrade entstand dann 1824 auch die erste Dampffördermaschine der JHH für den Bergbau, ein Produkt, das für das Unternehmen bis nach dem Zweiten Weltkrieg wichtig bleiben sollte.

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Abb. 31: Dampfmaschine Nr. 43 von Jacobi, Haniel

 &

Huyssen aus dem Jahr 1835. Sie war die erste Dampfmaschine der Gussstahlfabrik Fried. Krupp in Essen und steht heute im Deutschen Museum in München.



Die Leistungen des Unternehmens wurden schnell bekannt, so dass ab 1813 eine Zeit guter Geschäftslage folgte.

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 Die JHH wurde zu einem der wichtigsten Dampfmaschinenproduzenten Deutschlands.

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 Zur Bekanntheit des Unternehmens trug nicht zuletzt ein Ereignis des Jahres 1817 bei: Als James Watt jr. mit seinem Dampfschiff „Caledonia“ den Rhein hinauffuhr und auf der Höhe von Wesel einen Maschinenschaden erlitt, wurde er zur Reparatur an die JHH verwiesen. Gottlob Jacobi goss auf seinen Hütten für Watt einen neuen Balancier für die Dampfmaschine des Schiffes und konnte damit die Weiterfahrt der „Caledonia“ sicher stellen. Watt hielt Jacobi für „very obliging & intelligent“.

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 Die Geschäftsbücher zeigen, dass dennoch der größte Teil des Absatzes in der unmittelbaren Nähe zwischen Duisburg und Dortmund und vom Niederrhein bis ins Bergische bzw. bis Köln erfolgte. In einigen Fällen gingen die Geschäftsbeziehungen aber auch darüber hinaus ins Rheinland, nach Bremen oder in andere Regionen.

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Papier als Zukunftstechnologie?





Mit dem Ausbau der Anlagen in Sterkrade verlor die St. Antony-Hütte für die Eisengewinnung der JHH jegliche Bedeutung. 1820 blies das Unternehmen den dortigen Hochofen aus und wandelte den Osterfelder Betrieb in eine Papiermühle um. Um- und Neubauten waren erforderlich.

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 Ein Mann namens Carl Teschenmacher, der seine Mitarbeiter mitbrachte, wurde von der JHH für den Betrieb der Mühle gewonnen. 1821 produzierte er unter der Firma „Jacobi, Teschenmacher und Comp.“

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 Doch warf die Papiermühle offensichtlich keine ausreichenden Erträge ab, so dass Teschenmacher den Betrieb wieder aufgab. Am 29. Januar 1826 suchte die JHH mit einer Anzeige in den „Allgemeinen Politischen Nachrichten“ nochmals, offensichtlich erfolglos, einen neuen Pächter der Papiermühle.

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In diese Zeit fiel am 25. Januar 1823 der frühe Tod von Gottlob Jacobi. Neuer Direktor der JHH wurde Wilhelm Lueg (1792 – 1864), der im April 1812 als Hauslehrer zu Jacobi gekommen war.

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 Seit dem 1. März 1817 arbeitete er aber schon als Hüttenfaktor, nachdem er 1815 auf einer Reise in die Eifel und nach Belgien seine hüttentechnischen Kenntnisse erweitert hatte.

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 1825 und 1829 führten ihn dann weitere Reisen in die englischen Industriereviere.

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 Er stellte die Anteilseigner der JHH vor die Wahl, ihn als Direktor anzustellen oder sein Ausscheiden aus der Firma und die mögliche Gründung eines Konkurrenzunternehmens in Kauf zu nehmen.

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 Franz und Gerhard Haniel sowie Heinrich Huyssen entschieden sich für Wilhelm Lueg.

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 Da durch den Tod Jacobis die Leitungsstruktur des Unternehmens ohnehin zu reformieren war, führten die drei noch lebenden Besitzer der JHH nun zur Kontrolle Luegs eine gemeinsame Führung der Geschäfte ein. In einem Vertrag, dem auch die Witwe von Jacobi zustimmte, regelten sie die gemeinsamen Vollmachten, so dass jeder der Partner für alle Eigentümer entscheiden konnte.

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 Für jeweils einen Monat führte gemeinsam mit Wilhelm Lueg einer der Eigentümer im Wechsel die Geschäfte. Im März 1823 begann Gerhard Haniel als erster „Mitdirektor“ die monatlich wechselnde Direktorenschaft.

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 Dennoch verblieb Lueg eine sehr starke Position, zumal er bei Stimmengleichheit der Anteilseigner mit der eigenen Stimme den Ausschlag geben konnte. So prägte er bis zu seinem Tod 1864 die Unternehmenspolitik. Die Grundzüge dieser Regelung wurden bis in die 1870er Jahre nur wenig modifiziert. Ein neuer Gesellschaftsvertrag vom 7. November 1840 regelte nach dem Tod von Gerhard Haniel und der Vererbung seiner Anteile allerdings die Besitzverhältnisse neu.

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 Die Erben eines jeden der vier Stämme hatten nun aus ihrem Kreis einen Repräsentanten mit unbeschränkter Vollmacht zu benennen, der sie innerhalb der Gesellschaft vertrat.










Abb. 32: Wilhelm Lueg (1792 – 1864), Direktor der JHH ab 1834










Doch besser Eisen: Der weitere Ausbau der Werke unter Wilhelm Lueg





Mit Wilhelm Lueg blieb die JHH auf Expansionskurs. Die St. Antony-Hütte wurde im Laufe des Jahres 1826 wieder zu einer Eisenhütte umgebaut. Die im folgenden Jahr in Betrieb gegangene Anlage



„besteht nur aus einem Hochofen mit einem dazugehörigen Wasserrade und einer Dampfmaschine. Der Hochofen hat einen aus Ziegeln aufgemauerten achteckigen, 30 Fuß hohen, im Kohlensack 8 Fuß und auf der ▶ Gicht 33 Zoll weiten Schacht. Das Cylindergebläse, welches bei mangelndem Aufschlagewasser durch die Dampfmaschine betrieben wird, besteht nur aus einem Cylinder von 5 Fuß Höhe und 3 Fuß Durchmesser. Die 16zöllige Dampfmaschine, welche das Gebläse bewegt, hat 7 – 8 Pferde Kraft; der Kolbenhub beträgt 3 ½ Fuß. Das Wasserrad, welches in trockenen Jahreszeiten durch sie ersetzt werden muß, ist vorteilhaft konstruiert, hat 80 sehr engliegende, schräg eingesetzte, aus Eisenblech bestehende Schaufeln, und eine Breite von 5 Fuß. Es ist 16 Fuß hoch und ganz oberflächlig.“

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Der Hochofen war also knapp 9,50 Meter, das Wasserrad fünf Meter hoch. Im ersten Jahr produzierte der Ofen wöchentlich 40.000 Pfund Eisen. Noch 1827 entstand auch ein neuer ▶ Kupolofen für den Gießereibetrieb. Er war etwa zwei Meter hoch und wurde mit selbst hergestelltem und aus England, Schottland und Belgien zugekauftem Eisen betrieben.

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 Die Produktion war so erfolgreich, dass die JHH 1827 „die Gebäude durch Erbauung eines Holzkohlen-Magazins von der Größe einer gewöhnlichen Dorfkirche erweitern musste.“

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Leiter der St. Antony-Hütte war bis zu seinem Tod der Sohn von Gottlob Jacobi, August Ferdinand (1801 – 1842), der auch seinen Wohnsitz auf der Hütte hatte. Er konnte das Werk nur langsam weiter ausbauen. Eine Hypothekentabelle aus der Zeit um 1832 listete alle Anlagen auf:

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 Am Hochofen stand ein aus Fachwerk gebauter ▶ Gichtaufzug. In der Gießhalle arbeiteten nun zwei ▶ Kupolöfen und die Sandformerei. Daneben gab es ein Dampf- und Gebläsemaschinenhaus, die Lehmformerei mit zwei Dampfkesseln und Kamin, ein Gebäude mit Schmiede und Schreinerei, zwei Kohlenschuppen, einen Materialschuppen und ein Gusswarenmagazin mit Putzhaus sowie das Faktoreigebäude mit Platzknechtwohnung und Stallung. Bis 1842 blieb der Betrieb in dieser Form bestehen.

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 1835 produzierten auf St. Antony 45 Arbeiter 906.600 Pfund Gusswaren.

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 Bis 1838 stieg die Zahl der Beschäftigten auf 85, die Produktionsmenge auf 1.749.428 Pfund.

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Während die St. Antony-Hütte wie vor 1820 wieder schwerpunktmäßig für den Verkauf arbeitete, widmete sich die Gießerei in Sterkrade nun vor allem der Herstellung von Maschinenteilen für den eigenen Maschinenbau. Die Sterkrader Maschinenbauwerkstatt, zu deren Leitung die JHH 1820 mit dem vormaligen königlich-preußischen Maschinenbauinspektor Ernst Merker (?–1833) erstmals einen Ingenieur eingestellt hatte,

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 wurde 1828/​29 weiter ausgebaut.

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 Nach dem Tod Merkers übernahm 1833 Friedrich Kesten (1808 – 1891), der 1825 noch minderjährig in das Unternehmen eingetreten und von Merker angelernt worden war, die Leitung des Maschinenbaus.

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 Dieser Zweig entwickelte sich zu einem der wichtigsten Betriebe der JHH. Produktionsschwerpunkt war die Herstellung von Dampfmaschinen für den Bergbau und den Schiffsantrieb.

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 Seit 1829 baute das Unternehmen auf einer Werft in Ruhrort Dampfschiffe, für die die Maschinen benötigt wurden. Die Leitung der Werft hatte Nicolas Oliver Harvey (1801 – 1861) übernommen, der von der JHH bei der Fijenoordwerft in Rotterdam mit weiteren Arbeitern und Ingenieuren abgeworben worden war.

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 Ab 1838 ergänzte eine Kesselschmiede in Sterkrade die Produktion der Maschinenbauwerkstatt. Aber auch andere Arten von Maschinen wurden hergestellt. Anregungen hierzu hatten 1829 Wilhelm Lueg und Nicolas Oliver Harvey auch auf ihrer gemeinsamen Englandreise erhalten.

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 So baute das Unternehmen zum Beispiel nach englischem Vorbild unter anderem für den Kölner Hafen neuartige Krane, die großes Lob ernteten.

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Abb. 33 (links): „Hochofen der St. Antonihütte, 1826 erbaut“. Abb. 34 (rechts): Der 1827 auf der St. Antony-Hütte erbaute Kupolofen. Beide Zeichnungen stammen aus dem Notizbuch des Ingenieurs Friedrich Kesten.





Fortwährend wurden jetzt die technischen Anlagen erneuert. 1829/​30 baute das Unternehmen in Sterkrade einen zweiten Hochofen. Für die Jahre 1832 und 1837 werden erneut Hochofenbauten in Sterkrade erwähnt.

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 Sämtliche ▶ Kupolöfen sollen zwischen 1836 und 1842 umgebaut worden sein.

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 Die Hochöfen wurden jetzt nicht mehr nur während relativ kurzer Kampagnen, sondern möglichst gleichmäßig über das ganze Jahr betrieben. Für den steigenden Erzbedarf reichte das Raseneisenerz aus der Umgebung nicht mehr aus. Nach ersten Versuchen 1815 kamen ab 1830 zugekaufte Erze von der Lahn hinzu. 1838 erwarb das Unternehmen dort dann eigene Gruben. Später kamen noch weitere Erzbergwerke an der Dill sowie rechts und links des Rheins hinzu.

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 Auf der Hütte Gute Hoffnung waren 1842 – mittlerweile arbeiteten hier 540 Personen – schließlich neben den zwei Hochöfen auch zwei Flammöfen und drei ▶ Kupolöfen in Betrieb. Für die Gebläse benötigte man mittlerweile drei Dampfmaschinen.

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Abb. 35: Ansicht der St. Antony-Hütte 1834, Zeichnung von Jacob Weeser-Krell 1902





1829/​30 erfolgte auch der Bau eines Walzwerks an der Emscher, wo die JHH in der Nähe der Hütte Neu-Essen eine Öl- und Mahlmühle besaß. Dort walzte das Unternehmen zunächst Kesselbleche aus den Brammen des Hammers Neu-Essen. Später kamen auch Schiffsbleche für die Ruhrorter Werft hinzu, nachdem dort 1838 das erste deutsche Schiff mit Eisenrumpf hergestellt worden war. Eine bereits in der Mühle installierte Dampfmaschine unterstützte den Wasserradantrieb in trockenen Sommern und frostigen Wintern.

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 1835 ergänzte das










Abb. 36: Lageplan der „St. Antoni Eisenhütte“ um 1835












Abb. 37: Ansicht der Hütte Gute Hoffnung in Sterkrade 1834, Zeichnung von Jakob Weeser-Krell 1902





Unternehmen dieses Walzwerk durch ein Puddelwerk, mit dem man sich das aktuelle, aus England stammende Verfahren der Stahlerzeugung aneignete, da die Produktion von Frischeisen auf dem Werk Neu-Essen den Bedarf nicht mehr decken konnte. Das Puddelverfahren war schon Gottlob Jacobi bekannt gewesen, wie ein Brief vom 30. Mai 1817 belegt, in dem er Eberhard Hoesch auf das englische Puddeln aufmerksam machte.

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 Wilhelm Lueg hatte sich auf seiner Englandreise 1825 das Verfahren ebenfalls genau angeschaut, ebenso wie neue Walzwerke und Koksöfen.

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 Am 6. Mai 1836 ging der erste Puddelofen in Betrieb. Eingesetzt wurde vor allem Roheisen aus England, Schottland, Wales und Belgien, vermischt mit deutschem Holzkohleroheisen.

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 Das eigene Eisen aus Raseneisenerz war zum Puddeln nicht geeignet. Zunächst mit vier Puddelöfen, zwei Schweißöfen, einem Dampfhammer und drei Walzstraßen ausgestattet,

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 wurde das Puddel- und Walzwerk immer weiter ausgebaut.

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 Diese Investitionen wurden jetzt nicht mehr nur aus Gewinnen, sondern auch aus Zubußen der Anteilseigner und Krediten finanziert.

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 Neben den Betrieben in Sterkrade entwickelte sich die Fläche an der Emscher zum zweiten Zentrum der JHH.

 





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