Ökologische Landwirtschaft

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Vermeidung

Sowohl Krankheiten als auch einem Schadinsektenbefall kann teil­weise durch Vermeidungsstrategien begegnet werden. So können Aussaatzeitpunkte so gewählt werden, dass das Zusammentreffen von anfälligen Pflanzenstadien mit Schaderregern reduziert wird. Späte Aussaat kann die Überlappung von Kulturen und damit die Übertragung von Kultur zu Kultur reduzieren. So sollte die Getreideaussaat erst dann erfolgen, wenn das Ausfallgetreide im Betrieb und der Umgebung durch Ansaat von Zwischenfrüchten oder andere Hauptkulturen bereits eingearbeitet wurde. Dies reduziert die Übertragung von Blattläusen und Blattlaus übertragenen Virosen, aber auch von Mehltau und Rost und vielen anderen windbürtigen Blattkrankheiten. Frühes Pflanzen von Kartoffeln und Vorkeimung sorgt dafür, dass die Kartoffeln möglichst lange wachsen können, bevor die Kraut- und Knollenfäule, durch Phytophthora infestans verursacht, dem Wachstum ein Ende setzt. Auch der Befall mit den Larven des Erbsenwicklers (Cydia nigricana) kann entweder durch sehr frühe oder sehr späte Aussaat der Erbsen minimiert werden, damit die Blüte nicht während der Hauptflugzeiten der Wicklerweibchen stattfindet. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass frühe Aussaat kühlere Böden bedeutet und dies wiederum die Anfälligkeit gegenüber bodenbürtigen Pathogenen wie Phoma medicaginis oder Fusarium-Arten erhöht.

Für einige Schaderreger gibt es Quarantäneregelungen, die unbedingt zu beachten sind. Dies betrifft im Ackerbau vor allem Kartoffeln. Hier sind für die Bakterielle Ringfäule (Clavibacter michiganense ssp. sepedonicus, Schleimkrankheit (Ralstonia solanacearum, syn. Pseudomonas [Burkholderia] solanacearum), der Kartoffelkrebs (Synchytrium endobioticum) und der weiße und gelbe Kartoffelnematode (Globodera pallida bzw. rostochiensis, syn. Heterodera pallida, bzw. rostochiensis) zu nennen. Im Zierpflanzen- und Baumschulbereich ist besondere Aufmerksamkeit geboten, aber auch einige Insekten, die derzeit im Vormarsch sind, werden noch soweit möglich reguliert. Die Listen und Regelungen werden permanent von der European Plant Protection Organisation (http://www.eppo.int/) gepflegt und können im Internet abgerufen werden. Grundsätzlich müssen Quarantäneorganismen gemeldet und entsprechend vorgeschriebene Maßnahmen eingeleitet werden.

Die wichtigste und am häufigsten eingesetzte Vermeidungsstrategie gegen eine Vielzahl von Insekten im Gemüse und zunehmend auch im Obstbau sind Kulturschutznetzee (Abb. 1.17). Die Netze müssen in der Maschenweite auf die Schadinsekten abgestimmt sein und sind relativ teuer im Einsatz, weshalb sie nur bei hochwertigen Kulturen zum Einsatz kommen. Netze werden auch gegen Vogelfraß eingesetzt.


Abb. 1.17 Kulturschutznetz auf Kohl zum Schutz vor weißer Fliege und Kohlmottenschildlaus (Foto: H. Saucke)

Manipulation der Umweltbedingungen

Die Manipulation der Umweltbedingungen ist zentral im geschützten Anbau, aber auch im Freiland gibt es viele Möglichkeiten, die Bedingungen für Schaderreger weniger günstig zu gestalten. Dies betrifft sowohl die Manipulation des Mikroklimas, als auch der Bodenbedingungen. Auch die Lichtqualität kann eine wichtige Rolle spielen. So kann durch die Verwendung von Folien, die bestimmte Wellenlängen meist im UV-Bereich blockieren, die Sporulation von einigen pilzlichen Pathogenen deutlich behindert werden.

Die meisten pilzlichen und bakteriellen Krankheitserreger, die oberirdische Pflanzenteile befallen, sind auf freies Wasser auf der Pflanzenoberfläche zur Etablierung und Infektion angewiesen. Eine wichtige Ausnahme stellt hier der echte Mehltau dar, dessen Sporen zwar eine hohe Luftfeuchte brauchen, um zu keimen und erfolgreich zu infizieren, in freiem Wasser aber schnell absterben. So ist es z. B. für einzelne Zierpflanzen möglich, durch regelmäßiges Bespritzen von Oberflächen den echten Mehltau zurückzudrängen. Für die landwirtschaftlich-gärtnerische Praxis ist dies jedoch nicht anzuraten, da Blattnässe vor allem die falschen Mehltaupilze und alle anderen Pilze und Bakterieninfektionen fördert.

Unter Glas kann Blattnässe und damit viele Blattkrankheiten durch gezielte Temperaturführung und Lüftung, die die Taubildung unterbinden, und bodennahe Bewässerung vermieden werden. Im Freiland ist es insgesamt schwieriger, die Blattnässe zu reduzieren. Hier muss auf optimale Durchlüftung der Bestände durch Regulation der Pflanzendichte, aber auch auf Regulation der Bodenfeuchte geachtet werden. Abhängig von den Temperaturschwankungen kann die Auswirkung von Bewässerung sehr verschieden sein. Abendliche Bewässerung, vor allem wenn beregnet wird, führt meist zu feuchteren Beständen und fördert damit meist den Krankheitsbefall. Fast immer ist eine wurzelnahe Tröpfchenbewässerung vorzuziehen. Freies, relativ warmes Wasser verhindert in kalten Zeiten Frost und in warmen Zeiten Taubildung und kann so vor Frostschäden und Blattnässe schützen. Im Freiland kann der Anbau auf Dämmen und die gezielte Strukturierung der direkten Umgebung die Feuchtigkeit im Bestand massiv beeinflussen. So sollten Hecken, die an Felder grenzen, möglichst in den Jahren auf den Stock gesetzt werden, wenn sehr empfindliche Kulturen wie z. B. Kartoffeln angebaut werden, um die Durchlüftung zu fördern. Ist dies nicht möglich, sollten entsprechende Abstände zu den Hecken gehalten werden um Beschattung vor allem am Morgen zu vermeiden.

Die Bodenstruktur (s. Kap. 1.2.3) insgesamt ist von hoher Wichtigkeit, um Krankheiten zu vermeiden und die Pflanzen bei der Krankheitsabwehr zu unterstützen. Zu hohe Bodenfeuchte fördert viele bodenbürtige Pathogene, Bodenverdichtungen reduzieren die Sauerstoffversorgung der Wurzeln und behindern Wachstum und Nährstoffaufnahme der Pflanzen sowie die Drainage. Ein optimiertes Management der organischen Substanz im Boden führt zu erhöhtem Humusgehalt und damit einer verbesserten Bodenstruktur. Einerseits verbessert sich damit die Infiltration und Wasserhaltekapazität, andererseits aber auch die Drainage. Damit können extreme Schwankungen im Wasserhaushalt reduziert werden.

Fruchtfolgen

Die N-Regenerierung über vielfältige Fruchtfolgen bedingt entscheidende Mitnahmeeffekte für den Pflanzenschutz im ÖL. Da viele Schaderreger auf bestimmte Pflanzen spezialisiert sind und im Boden und/oder auf Pflanzenresten überdauern, können sie durch Anbaupausen deutlich reduziert werden, wenn darauf geachtet wird, dass einerseits die Pflanzenreste abgebaut werden und andererseits keine Wirtspflanzen zur Verfügung stehen. Hier muss eine adäquate Beikrautkontrolle beachtet werden. So können z. B. alle Brassicaceen von der Kohlhernie (Plasmodiophora brassicae) befallen werden und auch einige Gräser, vor allem die Quecke (Elymus repens) vom Erreger der Schwarzbeinigkeit des Weizens (Gaeumannomyces graminis var. tritici). Wichtig in diesem Zusammenhang ist es, in die Planung auch die Zwischenfrüchte einzubeziehen, die als Wirtspflanzen für Erreger an Hauptkulturen dienen können.

Es ist zwar möglich, Pflanzenreste durch tiefes Unterpflügen zu entfernen, oft aber kommen solche Pflanzenreste ein Jahr später weitgehend unverrottet wieder an die Oberfläche und stellen eine Gefahr für entsprechende Kulturen dar. Dasselbe gilt auch für Beikrautsamen (s. Kap. 1.2.5). Auf die Dauer ist es effektiver, durch die Förderung eines aktiven Bodenlebens und einer weniger tiefen, möglichst nicht wendenden Bearbeitung (s. Kap. 1.2.3) den Ab- und Umbau der organischen Reste zu fördern. Beispielsweise wurde gezeigt, dass durch Aufnahme und Verdauung der Pflanzenreste durch Regenwürmer Pathogene massiv reduziert werden und im Gegenzug viele nützliche Mikroorganismen, die Bodenstruktur und die Pflanzengesundheit gefördert werden (Elmer, 2009, Ke u. Scheu, 2008, Stephens et al., 1994).

Während die Fruchtfolge auf einzelne Wirte spezialisierte Erreger und Insekten reduzieren hilft, hat sie als zentraler Baustein des Nährstoffmanagements (s. Kap. 1.2.1) auch Auswirkungen auf die Nährstoffversorgung, sowie auf den Gehalt an organischer Substanz und damit der biologischen Aktivität im Boden. Damit wirkt sie sich auch auf weniger spezialisierte Pathogene aus, die oft im Konkurrenzkampf mit nicht-pathogenen Organismen im Boden stehen. Dies hat enormes Potenzial, Pflanzenschutz über Fruchtfolgemodifikation gezielt weiter zu optimieren.

Bodengesundheit und Nährstoffmanagement

Die Bodengesundheit und Nährstoffverfügbarkeit hängen eng mit der Rückführung organischen Materials in den Boden zusammen. Viele Pflanzenpathogene sind fakultative Saprophyten. Das heißt, sie konkurrieren mit anderen Bodenlebewesen um das frische organische Material im Boden. Es gilt, diese Konkurrenzbeziehungen und andere krankheitsunterdrückende Mechanismen im Boden durch entsprechendes Management zu fördern.

Der Einfluss organischer Substanz auf Pflanzenkrankheiten hängt stark vo deren C/N-Verhältnis und von der Zeit ab, die seit ihrer Einarbeitung in den Boden vergangen ist. Nach der Einarbeitung einer Zwischenfrucht können so Pythium und Rhizoctonia kurzfristig massiv zunehmen. Wird während dieser Phase gesät, kann es zu einem epidemischen Auftreten von Umfallkrankheiten kommen. Im Gegensatz zu solch leicht zersetzbaren Resten, können schwerer zersetzbare Materialien wie Lignin-reiche Pflanzenreste oder reife Grünabfall- oder Mistkomposte die Bodensuppressivität gegenüber Krankheiten fördern (Litterick et al., 2004).

Suppressive oder krankheitsunterdrückende Böden haben generell eine aktivere und vielfältigere Mikroflora als krankheitsfördernde Böden (Kinkel et al., 2011). Mikrobielle Nahrungskonkurrenz, die Produktion von antibiotischen Stoffen und Hyperparasitismus gegenüber Pathogenen spielen alle eine wichtige Rolle. Dazu kommen nützliche Nematoden, Regenwürmer, Collembolen und andere Bodentiere, die sich oft von Pilzen und Schadnematoden ernähren.

 

Unausgeglichene Nährstoffversorgung, also sowohl Mangel als auch Überschuss, kann ebenfalls die Anfälligkeit erhöhen. So werden Mehltau und Rostkrankheiten, aber auch Fusariosen durch zu hohe Stickstoffgaben gefördert. Neben Stickstoff wirken sich auch viele andere Nährstoffe, v. a. Phosphor, Kalium, Silikate und Spurenelemente auf Krankheiten aus (s. Datnoff et al., 2007). Auch ist bekannt, dass Blattläuse besser mit Stickstoff versorgte Pflanzen vorziehen, was v. a. die Virusübertragung fördert. So ist eine verhaltene Düngung, z. B. bei der Produktion von Kartoffelpflanzgut, ein wichtiger Faktor, der den Blattlausbefall und damit den Virusbefall reduziert (Letourneau u. van Bruggen, 2006).

Räumliche Vielfalt

Neben Fruchtfolgen, die für eine zeitliche Vielfalt sorgen, ist Vielfalt im Raum ein wichtiger Faktor, der sowohl für das Management von Krankheiten, als auch von Insekten eine wichtige Rolle spielt (Finckh u. Wolfe, 2015). Je größer ein Feld, desto effizienter kann sich ein einmal etablierter Schadorganismus vermehren, da das Nahrungsangebot unkompliziert erreichbar und fast unlimitiert ist. Räumliche Vielfalt kann einerseits die Verbreitung von Schaderregern behindern und andererseits auch natürliche Feinde unterstützen. Allerdings gibt es auch mögliche negative Effekte, die beachtet werden müssen.

Kleinere Felder mit Abständen zwischen Feldern derselben Fruchtart und möglicherweise Barrieren wie z. B. Hecken, die die Luftbewegungen beeinflussen, führen häufig zu einer Verringerung des Erregerdruckes. So kann die Anlage von Feldstreifen senkrecht zur vorherrschenden Windrichtung dazu führen, dass im Feld gebildete Pilzsporen durch den Wind aus dem Feld verblasen werden und auf Nichtwirtspflanzen landen (Bouws u. Finckh, 2008).

Feldrandstreifen, vor allem wenn mit Blühpflanzen bestückt, und auch Hecken können sowohl natürliche Feinde von Insekten, als auch die Schadinsekten selbst sowie Mäuse und Schnecken beherbergen (Finckh u. van Bruggen, 2015). Dies macht die Planung und das Management der Vegetation oft zu einer Herausforderung. So schützen sich die Möhrenfliegen (Psila rosae) vor Hitze und Trockenheit in Hecken, weshalb empfohlen wird, Möhren in gebührendem Abstand von Hecken anzupflanzen. Insgesamt ist aber durch die Förderung der strukturellen Vielfalt davon auszugehen, dass der natürliche Pflanzenschutz zunimmt. Dies umfasst die Förderung von Parasitoiden, die häufig ein Nektarangebot brauchen, insektenfressenden Vögeln und Raubvögeln sowie anderen Räubern, und Laufkäfer, die Schneckeneier fressen.

Neben der Vielfalt von Feldern und Feldrändern und reduzierter Feldgrößen kann gezielt die Resistenzvielfalt innerhalb von Kulturen erhöht werden, eine Maßnahme, die zum Teil spektakuläre Erfolge haben kann (s. Kap. 1.2.4). Auch der Anbau von alternierenden Reihen oder Streifen verschiedener Kulturen kann vor allem im Gemüsebau die Ausbreitung von Krankheiten reduzieren. Für Insekten spielen oft optische, taktile und chemische Reize eine wichtige Rolle. So kann mit Mulchen verschiedener Farbe und Struktur sowie mit Gerüchen (bestimmte Pflanzen oder Duftstoffe) gearbeitet werden.

Resistenzen

Zusammen mit der Fruchtfolge sind Resistenzen das wichtigste Standbein des Pflanzenschutzes in der ÖL. Hier wird deutlich mehr Gewicht auf Resistenzen gelegt als im konventionellen Anbau (Milliano et al., 2015). Die Sortenlisten des Bundessortenamtes geben die Resistenzen gegenüber wichtigen Erregern an und auch viele Gemüsesortenlisten geben Information. Grundsätzlich muss zwischen rassen-nichtspezifischen und rassenspezifischen Resistenzen unterschieden werden.

Rassen-nichtspezifische Resistenzen sind meist breit wirksame Resistenzen, die gegenüber allen Stämmen eines Pathogens wirksam sind. Hierbei ist zu beachten, dass Resistenz nicht bedeutet, dass die Pflanzen nicht krank werden (das wäre Immunität), sondern dass der Befall relativ zu einer anfälligen Sorte sichtbar geringer ist. Nicht-spezifische Resistenzen beruhen auf vielfältigen Mechanismen wie z. B. mechanischer Barrierebildung durch Wachsschichten, Verdickung von Zellwänden, Korkschichten, Verholzung, Harzfluss, Ausbildung sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe u. a. Fast alle Resistenzreaktionen werden nach versuchter Infektion verstärkt, d. h. wenn die Pflanze erkennt, dass ein Angriff erfolgt, wird eine Gegenwehr induziert (Hallmann et al., 2009). Dies ist effizienter als die permanente Ausbildung von Verteidigungsmechanismen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass nach der Auslösung bzw. Induktion einer Resistenzreaktion das Resistenzniveau höher ist als vorher und Pflanzen sich meist besser gegen weitere Attacken wehren können.

Einige wichtige Pathogene, vor allem Rost, echte und falsche Mehltaupilze, aber auch Insekten, bilden Rassen aus, die Pflanzen mit bestimmten Resistenzen befallen können. Diese Rassen sind in der Lage, bestimmte Erkennungsmechanismen, auf denen die Resistenz der Pflanzen beruht, zu umgehen. Im Laufe der Evolution haben sich hier jeweils hoch spezialisierte rassen-spezifische Resistenzen und Virulenzen ausgebildet. Avirulente Rassen induzieren häufig Resistenzen, das heißt die Aktivierung von Resistenzreaktionen wie oben beschrieben. Wenn eine solche Reaktion bereits aktiv ist, kann sie dann auch häufig gegenüber virulenten Rassen wirksam sein.

Man geht davon aus, dass ein gewisses Maß an Resistenzinduktion in der natürlichen Umwelt ständig stattfindet, da immer Pilzsporen (meist von nicht-pathogenen Pilzen) in der Luft sind und Pflanzen durch Wind und Berührung auch verletzt werden (Walters, 2009). Pflanzen, die keinerlei Fremdeinflüssen ausgesetzt sind, sind oft anfälliger als Pflanzen, die normalen Bedingungen wie mechanischer Belastung (z. B. Wind und Staub) und moderatem Stress (Temperatur, Wasser) ausgesetzt sind. Gezielte Resistenzinduktion ist eine Alternative zu chemischem Pflanzenschutz, die auch für die ÖL von hohem Interesse sein könnte.

Vor allem in Systemen, bei denen rassenspezifische Resistenzen und Virulenzen vorliegen, kann genetische Vielfalt hoch effizient zum Pflanzenschutz eingesetzt werden. So wird die Ausbreitung von windver­breiteten Pathogenen in Mischungen von Sorten oder Linien, die sich in rassenspezifischer Resistenz unterscheiden durch Abstands- und Barriereeffekte, aber auch induzierte Resistenzen massiv behindert. In der ehemaligen DDR wurde durch den Einsatz von passenden Braugersten­mischungen der Fungizidverbrauch um bis zu 80 % reduziert. In den USA werden derzeit mehrere hunderttausend Hektar Weizensorten­mischungen mit großem Erfolg angebaut. Die kolumbianische Kaffee­sorte Castillo, die zwei Drittel der Anbaufläche Kolumbiens ausmacht, besteht aus insgesamt sieben unterschiedlichen Kaffeemultilinien, die genetisch einheitlich für Umweltansprüche und Qualität sind, aber vielfältig in ihrer Resistenz gegenüber dem Erreger des Kaffeerostes (Hemileia vastatrix). Jährlich werden durch den Einsatz dieser Multilinien mindestens 100 Mio $ US an Fungiziden eingespart (Finckh u. Wolfe, 2015). In Europa wird aktiv an der Entwicklung von diversifizierten Weizen­populationen gearbeitet, deren Widerstandsfähigkeit sowohl gegenüber Schaderregern, als auch gegenüber abiotischem Stress erhöht ist.

Saatgutgesundheit

Seit 2004 müssen Saatgut und Pflanzmaterial in der ÖL, wenn möglich, ökologisch erzeugt werden. Samenbürtige Pathogene sowie Fraßschäden, die entweder bereits im Feld bei der Produktion oder im Lager auftreten können (Abb. 1.18), beeinträchtigen die Keimfähigkeit und Keimkraft maßgeblich. Auch wenn Fraßschäden mitunter keine große direkte Beeinträchtigung darstellen, so eröffnen sie Pathogenen oft Eintrittspforten und fördern dadurch den Krankheitsbefall.


Abb. 1.18 Fraßschäden von a) Ackerbohnenkäfer (Bruchus rufimanus) und b) Erbsenwickler-larven (Cydia nigricana) (Fotos: H. Saucke)

Wenn möglich, sollte zertifiziertes Saat- oder Pflanzgut verwendet werden. Die Zertifizierungsvorschriften in Deutschland sind für ökologische und konventionelle Herkünfte gleich. Da bei der Festlegung der Regeln davon ausgegangen wurde, dass Saatgut chemisch gebeizt wird, werden deshalb einige für die ÖL nicht bekämpfbare Erreger durch die Zertifizierung nicht ausreichend erfasst. Dies betrifft vor allem die Brandkrankheiten und auch Fusarien im Getreide, auf die deshalb ein besonderes Augenmerk gelegt werden muss. Vor allem bei Nachbau eigenen Saatgutes sollte bereits im Feld auf die allgemeinen Bedingungen bei der Saatreife geachtet werden und Chargen, die viel Feuchtigkeit in dieser Zeit ausgesetzt waren, gemieden werden.

Die wichtigste Methode zur Verbesserung der Saatgutgesundheit in der ÖL ist die Wärmebehandlung, meist mit heißem Wasser oder Dampf. Andere physikalische Methoden, wie z. B. die Elektronenbehandlung sind noch umstritten, teilweise aber sehr wirksam. Es gibt auch eine Reihe von Mitteln auf natürlicher Basis, die einen gewissen Schutz vor bestimmten Erregern bieten. Alle diese Methoden haben oft einen negativen Einfluss auf die Keimfähigkeit oder Triebkraft. Vor allem bei kleinsamigen Arten sind es oft wenige Sekunden, die den Unterschied zwischen erfolgreicher Bekämpfung von Pathogenen und der Abtötung der Samen machen (Koch u. Groot, 2015).

Die Bekämpfung von Insekten im Saatgut ist mitunter einfacher zu bewerkstelligen, da hier z. B. mit Entzug des Sauerstoffes im Lager (CO2-Begasung) oder durch Silikate (z. B. Kieselgur) die Insekten ersticken bzw. austrocknen und zum Teil einfach durch Kälte (Frost) gute Erfolge erzielt werden können. Die Fraßschäden aus dem Feld sind davon allerdings unberührt.

Bodenentseuchung

Die Bodenentseuchung spielt vor allem im geschützten Anbau eine Rolle, wo für hochwertige Kulturen häufig eine Bodenpasteurisation vorgenommen wird. In wärmeren Regionen (Südeuropa, Israel) kann dies auch im Freiland durch die Solarisation erfolgen, indem der leicht feuchte Boden bei Sonnenschein bis zu mehrere Wochen mit Plastikfolien abgedeckt wird, um eine Erwärmung der oberen 10 cm auf 40–50 °C zu erreichen. Durch die vorherige Einarbeitung frischen organischen Materials kann dieser Effekt verstärkt werden.

Alternativ wurde in den letzten Jahren auch viel mit der „Biofumigation“ experimentiert. Diese basiert auf der Idee, dass bestimmte Pflanzeninhaltsstoffe, die biozid sowohl gegen Pilze als auch teilweise gegenüber Nematoden, Insekten und Pflanzen (Beikräutern) wirken, durch den Anbau entsprechender Pflanzen direkt im Feld produziert und dann eingearbeitet werden, um vor Ort zu wirken. Brassicacea-Arten, aber auch Tagetes und andere Arten, können hierbei erfolgreich eingesetzt werden (Hallmann u. Kiewnick, 2015- Chellemi et al., 2015). Die Biofumigation ist nicht einfach zu handhaben. Es muss darauf geachtet werden, dass die Pflanzen zum Zeitpunkt maximaler Gehalte der wichtigen Inhaltsstoffe (meist kurz vor der Vollblüte) zerkleinert und sofort eingearbeitet werden und dann möglichst alles bewässert und/oder mit Plastikfolien abgedeckt wird. Dann ist es auch noch von der Temperatur abhängig, inwieweit dies funktioniert. Oft sind die zusätzlichen Wirkungen der so genutzten Zwischenfrüchte auf die Bodenfruchtbarkeit und -struktur mindestens so wichtig, wenn nicht wichtiger als die eigentliche Biofumigationswirkung.