Ökologische Landwirtschaft

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Weiterführende Literatur

Becker, H. (2011): Pflanzenzüchtung (2. Aufl.). Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

Miedaner, T. (2010): Grundlagen der Pflanzenzüchtung. DLG-Verlag, Frankfurt a.M.

Miedaner, T. (2011): Resistenzgenetik und Resistenzzüchtung, DLG-Verlag, Frankfurt a.M.

Lammerts von Bueren, E., Myers, J. R. (2012) Organic Crop Breeding, Wiley-Blackwell. Chichester.

1.2Anbausysteme im Ackerbau
1.2.1Fruchtfolgegestaltung

T. Döring

Einleitung

Die Fruchtfolge ist, allgemein formuliert, die zeitliche Abfolge von Feldfrüchten auf einem gegebenen Stück Land. Besonders für die ÖL gilt, dass eine gut geplante Fruchtfolge eine der zentralen Voraussetzungen für eine gelingende Pflanzenproduktion ist.

Dieses Kapitel hat zum Ziel, für die ÖL innerhalb der gemäßigten Klimazone zu erläutern,

 was die wesentlichen Beweggründe für das Einhalten von Fruchtfolgen sind,

 welche Wirkungen von verschiedenen Fruchtfolgen ausgehen und

 welche Regeln es für die Gestaltung von Fruchtfolgen gibt.

Obwohl der Schwerpunkt dabei auf Aspekten der pflanzlichen Erzeugung liegt, insbesondere auf Anbausystemen im Ackerbau, wird dieses Kapitel auch zeigen, dass gerade in der ÖL die Fruchtfolge eng mit der Tierproduktion zusammenhängt.

Als Einstieg für dieses Kapitel dient eine in Oberbayern durchgeführte Langzeitstudie, in der unterschiedliche Fruchtfolgen verglichen werden (Schneider et al., 2013). Seit 1997 werden auf der Versuchsstation Viehhausen der Technischen Universität München insgesamt sechs unterschiedliche Fruchtfolgen in einem Feldexperiment unter Bedingungen der ÖL untersucht. Die Bodenart am Standort ist ein lehmiger Sand, die langjährigen Mittel für Lufttemperatur und jährliche Niederschlagshöhe betragen 7,8 °C bzw. 786 mm. Drei der untersuchten Fruchtfolgen sind für viehhaltende Betriebe konzipiert, die anderen drei für viehlose Betriebe. Hier soll für jeden der beiden Betriebstypen jeweils ein Beispiel herausgegriffen werden:

Beispiel 1 (viehlos): Sojabohne – Winterweizen – Sommergerste

Beispiel 2 (viehhaltend): Kleegras – Kleegras – Kartoffeln – Winterweizen – Winterroggen

Im Beispiel 1 steht an erster Stelle (Jahr 1) die Sojabohne (Abb. 1.6a), gefolgt von zwei Jahren, in denen Getreide angebaut wird. Die Sojabohne wird am Versuchsort im späten Frühjahr (Ende April bis Anfang Mai) gesät und im Spätsommer bis Früherbst (Mitte September bis Mitte Oktober) geerntet. Auf die Sojabohnenernte folgt der typischerweise im Oktober gesäte Winterweizen, der bis zur Ernte im folgenden Sommer (meist Anfang August) im Feld steht (Jahr 2). In der zweiten Märzhälfte des darauffolgenden Jahres wird die Sommergerste gesät, die dann im Juli geerntet werden kann (Jahr 3). Der Zyklus dieser 3-feldrigen Fruchtfolge beginnt dann erneut im Frühjahr des vierten Jahres mit der Sojabohnensaat.


Abb. 1.6 Sojabohne (a) und Kleegras (b) am Standort Viehhausen (Oberbayern), September 2013 (Photo: T. Döring)

Das Beispiel 2 stellt eine 5-feldrige Fruchtfolge dar und beginnt mit einem zweijährigen Kleegras (Jahr 1 und 2) (Abb. 1.6b). Im Frühjahr darauf (Jahr 3) wird das Kleegras umgebrochen, d. h. untergepflügt. Anschließend, meist ca. Mitte April, werden dann die Kartoffeln gepflanzt. Die Ernte der Kartoffeln erfolgt abhängig von der Reifegruppe der verwendeten Sorte meist zwischen August und September. An diese sogenannte Sommerung schließen sich mit Winterweizen und Winterroggen zwei Winterungen an (Jahr 4 und 5). Das Kleegras wird dann als Stoppelsaat, d. h. unmittelbar nach der Winterroggenernte im August des fünften Jahres gesät. Damit steht das Kleegras insgesamt etwas über zweieinhalb Jahre im Feld, nämlich 3 bis 4 Monate ab der Saat bis zum Ende des fünften Jahres, 24 Monate in den Jahren 1 und 2, sowie zusätzlich 3 bis 4 Monate im Vorlauf der Kartoffeln im Jahr 3.

Für eine erste Charakterisierung dieser und anderer Fruchtfolgen ist es sinnvoll, vier einfache Fragen zu stellen; diese können auch als Leitfragen zur Gestaltung von Fruchtfolgen dienen:

 Welche Arten an Kulturpflanzen werden angebaut?

 Welche Anteile nehmen diese einzelnen Pflanzenarten in der Fruchtfolge ein?

 In welcher Reihenfolge tauchen die Arten auf?

 Welche Anbaumaßnahmen erfolgen mit den jeweiligen Fruchtarten?

Anhand dieser Fragen sind bereits einige zentrale Charakteristika von typischen Fruchtfolgen der ÖL bei den beiden Beispielfruchtfolgen herauszuheben:

 Zu 1.: Arten: Durch ihre Fähigkeit zur Stickstoff-Fixierung spielen Leguminosen (Familie Fabaceae) eine außerordentlich wichtige Rolle im Ökolandbau und sind als tragendes Element in praktisch jeder ökologisch geführten Fruchtfolge vorhanden. Körnerleguminosen wie die Sojabohne aus Beispiel 1 werden als Marktfrüchte oft von viehlosen Betrieben den Futterleguminosen (z. B. Kleegras) vorgezogen. Statt Sojabohne werden allerdings häufiger andere Arten von Körnerleguminosen eingesetzt, v. a. Erbse und Ackerbohne, daneben auch Lupinen (s. Kap. 1.2.6). Im Beispiel 2 besteht das Kleegras aus einer Mischung von Gräsern und Futterleguminosen (s. Kap. 1.2.6), z. B. verschiedenen Kleearten. Diese Futterleguminosen stehen repräsentativ für die Leguminosen in Fruchtfolgen viehhaltender Betriebe der ÖL. Jedoch bauen auch viehlose oder viehschwache Betriebe Futterleguminosen an, dann allerdings in meist geringeren Anteilen an der Fruchtfolge.

 Zu 2.: Anteile: Die Leguminosen machen in Beispiel 1 einen Anteil an der Fruchtfolge von einem Drittel aus. In Beispiel 2 sind zwei Hauptnutzungsjahre den Leguminosen zuzurechnen, d. h. 40 %. Diese Werte sind als relativ typisch für die ÖL anzusehen. Wesentlich geringere Anteile der Leguminosen an der Fruchtfolge würden dazu führen, dass insgesamt nicht genug Stickstoff für die anderen Fruchtarten bereitgestellt werden kann. Wesentlich höhere Anteile der Leguminosen könnten demgegenüber – v. a. bei Körnerleguminosen – zu Problemen mit Krankheiten und Schädlingen führen (s. Kap. 1.2.1 u. 1.2.4).

 Zu 3.: Reihenfolge: In Beispiel 1 steht der Winterweizen als relativ anspruchsvolle Kulturart an erster Stelle nach der Leguminose (Sojabohne), um den Stickstoff, den diese hinterlässt, bestmöglich zu nutzen. In Beispiel 2 steht der vergleichsweise anspruchslose Winterroggen am Ende der Fruchtfolge. Vor allem auf eine höhere Stickstoffversorgung reagiert der Winterroggen weniger stark mit erhöhten Erträgen als der Winterweizen. Daher ist es sinnvoll, den aus dem Kleegras nach den Kartoffeln noch im Boden verbleibenden Stickstoff zunächst mit dem Winterweizen zu nutzen. Dies gilt insbesondere, weil bei der Ernte der Kartoffeln eine vergleichsweise starke Mineralisierung von Stickstoff aus der organischen Bodensubstanz erfolgt.

 Zu 4.: Anbaumaßnahmen: Zu den beiden Beispielfruchtfolgen gehören neben den oben angesprochenen Saat- und Erntezeiten auch weitere Anbaumaßnahmen, insbesondere die Bodenbearbeitung und der Einsatz von Zwischenfrüchten. Insbesondere in Beispiel 1 fällt auf, dass im Herbst und Winter vor den Sommerungen (d. h. vor der Sommergerste bzw. vor der Sojabohne) jeweils keine Hauptkultur angebaut wird. Ohne Zwischenfrüchte, z. B. in der Zeit nach der Sommergerste und vor der Sojabohne wäre somit der Boden unbedeckt, was u. a. zu einem erhöhten Erosionsrisiko führen würde. Insofern ist die Fruchtfolge erst mit den jeweils zugehörigen Zwischenfrüchten vollständig (Abb. 1.7, Kap. 1.2.1 u. 1.2.6).

Im weiteren Verlauf dieses Kapitels werden die hier in Kürze besprochenen Aspekte weiter erläutert. Zunächst werden dafür einige Begriffe geklärt, die für die Fruchtfolgegestaltung wichtig sind (Kap. 1.2.1). Danach werden die vielfältigen Wirkungen von Fruchtfolgen besprochen (Kap. 1.2.1). Diese Wirkungen beziehen sich auf Pflanzenkrankheiten, Schädlinge, Unkräuter, verschiedene Bodeneigenschaften, Pflanzenerträge, sowie weitere ökologische und ökonomische Aspekte. Im darauffolgenden Kapitel 1.2.1 werden dann Fruchtfolgeregeln und konkrete Beispiele ausgeführt.

Begriffsbestimmungen

Die oben angegebene Definition der Fruchtfolge ist nur eine erste Näherung, da sie die zugehörigen Anbaumaßnahmen nicht angemessen berücksichtigt. Demnach kann eine Fruchtfolge besser definiert werden als geordnete Abfolge von Fruchtarten auf einem gegebenen Stück Land, inklusive aller zu diesen Fruchtarten gehörenden Anbauverfahren und -techniken. Hierzu zählen u. a. Saat- und Erntezeiten, Düngung, etwaige Pflanzenschutzmaßnahmen, Bodenbearbeitung, sowie der Einsatz von Zwischenfrüchten. Die Fruchtfolge ist damit der planmäßige Anbauablauf in einem bestimmten Bereich der Feldflur. Sie bestimmt wesentlich die zeitliche und räumliche Struktur eines landwirtschaftlichen Bodennutzungssystems.


Abb. 1.7 Anbauablauf für Fruchtfolgebeispiel 1 für das Fruchtfolgepaar Sommergerste-Sojabohne

Bei der Einteilung und Charakterisierung von Fruchtarten innerhalb von Fruchtfolgen werden oft folgende Begriffe verwendet:

Die Blattfrüchte sind alle Nichtgetreidearten (z. B. Leguminosen, Kartoffeln, Kreuzblütler), sowie Grünmais und Silomais, Ackergras und Kleegras sowie weitere Gemenge aus Gräsern und Futterleguminosen. Blattfrüchte werden traditionell auch als tragende Früchte bezeichnet.

 

Als Halmfrüchte gelten alle Getreide einschließlich Körnermais, sowie die Menggetreide (insbesondere Artenmischungen von Getreide und Körnerleguminosen, wobei der Anteil der Leguminosen weniger als 30 % betragen muss). Die Halmfrüchte werden auch als abtragende Früchte bezeichnet. Diese alte Nomenklatur der tragenden und abtragenden Früchte suggeriert, dass ein Auf- bzw. Abbau von Bodenfruchtbarkeit mit diesen Gruppen einhergeht. Dies ist aus heutiger Sicht so nicht mehr haltbar. So tragen z. B. insbesondere Kartoffeln als humuszehrende Kultur (vgl. Kap. 1.2.1) nicht zu einer Mehrung der Bodenfruchtbarkeit bei.

Eine weitere Unterscheidung stellt die Hauptfrüchte den Zwischenfrüchten gegenüber:

Hauptfrüchte stehen den gesamten oder überwiegenden Teil der Vegetationszeit auf der Fläche und werden in jedem Fall geerntet. Alle in den Fruchtfolge-Beispielen 1 und 2 genannten Fruchtarten sind Hauptfrüchte.

Zwischenfrüchte werden zwischen zwei Hauptfrüchten angebaut, schließen Vegetationslücken während des Jahres und führen damit zu einer besseren Ausnutzung der Vegetationszeit und dienen dem Schutz des Bodens. Zwischenfrüchte, insbesondere wenn sie nur für kurze Zeit im Feld stehen, werden oft nicht geerntet. Die gebildete Biomasse dient dann insbesondere der Gründüngung. Typische Zwischenfrüchte sind Phacelia und Senf. Eine ausführliche Beschreibung von Zwischenfrüchten ist in Kapitel 1.2.6 gegeben.

Zweitfrüchte sind Fruchtarten, die im Frühjahr nach einer Winterzwischenfrucht angebaut werden.

Hinsichtlich der Fruchtfolgestellung und Fruchtfolgewirkungen werden folgende Begriffe verwendet:

Die Vorfrucht ist die einer Hauptfrucht auf einer Fläche vorausgehende Hauptfrucht. Im Beispiel 1 (s. Kap. 1.2.1.) ist die Sommergerste die Vorfrucht der Sojabohne. Im Beispiel 2 ist der Winterweizen die Vorfrucht des Winterroggens.

Die Nachfrucht ist demgegenüber die einer Hauptfrucht auf der gleichen Fläche folgende Hauptfrucht.

Die Vorfruchtwirkung ist die Gesamtwirkung einer Vorfrucht auf die folgende Hauptfrucht.

Der Vorfruchtanspruch dagegen ist die Gesamtheit der Anforderungen der nachfolgenden Hauptfrucht an die vorher angebaute Hauptfrucht, insbesondere bezüglich agrotechnischer Termine (z. B. Saat), Bodenzustand und phytosanitärer Bedingungen. So hat in den oben genannten Beispielen 1 und 2 der Winterweizen die Anforderung, dass die vorhergehende Hauptfrucht – hier die Sojabohne bzw. die Kartoffel – geerntet ist, bevor der Saattermin des Winterweizens ansteht.

Bei der Gestaltung und Beschreibung von Fruchtfolgen wird unterschieden zwischen Fruchtfolgefeld und Fruchtfolgeglied:

Das Fruchtfolgefeld ist nicht identisch mit der genutzten Ackerfläche, sondern ist die kleinste Gliederungseinheit der Fruchtfolge. Damit entspricht das Fruchtfolgefeld einer Hauptfrucht mitsamt den zugeordneten Zwischen- oder Zweitfrüchten in einem Anbaujahr der Fruchtfolge.

Das Fruchtfolgeglied ist dagegen die Aufeinanderfolge von Fruchtfolgefeldern. Das Fruchtfolgeglied beginnt mit dem ersten tragenden Feld, d. h. mit der ersten Blattfrucht (BF) und endet mit dem letzten abtragenden Feld, d. h. der letzten Halmfrucht (HF) vor der nächsten Blattfrucht. Das Beispiel 1 (BF-HF-HF) besteht, ebenso wie das Beispiel 2 (BF-BF-BF-HF-HF) aus nur einem Fruchtfolgeglied.

Würden im Beispiel 2 Kartoffeln und Winterweizen getauscht, so ergäben sich damit zwei Fruchtfolgeglieder, nämlich das erste vom Kleegras bis einschließlich zum Winterweizen (BF-BF-HF) und das zweite von der Kartoffel bis zum Winterroggen (BF-HF). Abb. 1.8 gibt ein weiteres Beispiel zur Benennung von Teilen einer Fruchtfolge. In der Notation von Fruchtfolgen besteht die Konvention, mit einer Blattfrucht zu beginnen. Ökologische Fruchtfolgen, die ein Kleegras-Fruchtfolgefeld enthalten, werden in der Notation meist mit diesem begonnen (vgl. Beispiele 2 u. 3). Der einmalige Durchlauf einer Fruchtfolge wird als Rotation bezeichnet.

Beispiel 3: Kleegras – Kleegras – Kleegras – Winterweizen – Winterroggen – Ackerbohne – Winterweizen – Sommergerste

Im Beispiel 3 steht an erster Stelle als Blattfrucht ein dreijähriges Kleegras, darauf folgen zwei Halmfrüchte (Winterweizen und Winterroggen). Mit der Ackerbohne als weiterer Blattfrucht beginnt das zweite Fruchtfolgeglied, welches dann mit der Sommergerste endet. Die Fruchtfolge ist somit 8-feldrig und 2-gliedrig.


Abb. 1.8 Benennung von Fruchtfolgeeinheiten. Die dargestellte Fruchtfolge besteht aus fünf Fruchtfolgefeldern und zwei Fruchtfolgegliedern. Jeweils zwei zeitlich aneinandergrenzende Fruchtfolgefelder bilden ein Fruchtfolgepaar.

US = Untersaat, ZF = Zwischenfrucht

Die Anbaukonzentration (auch als Anbauverhältnis oder Ackerflächenverhältnis bezeichnet) beschreibt den prozentualen Anteil einer Fruchtart an der Ackerfläche oder an der landwirtschaftlichen Nutzfläche eines Betriebes. Die Anbaukonzentration kann sich auch auf Betriebsteile oder Rotationsbereiche beziehen. Üblicherweise wird die Anbaukonzentration über eine vollständige Fruchtfolge betrachtet. In diesem Fall können Flächenanteile und zeitliche Anteile gleichgesetzt werden. In den Beispielen hat dann der Winterweizen eine Anbaukonzentration von 33 % (Beispiel 1), 20 % (Beispiel 2), bzw. 25 % (Beispiel 3). Für den ökologischen Weizenanbau kann international eine Anbaukonzentration von ca. 30 % als typischer Wert angesehen werden (Döring, 2017). In 15 ökologisch wirtschaftenden Betrieben in Hessen fanden Brock et al. (2013) im Mittel ein Ackerflächenverhältnis von 54 % für Getreide, 10 % für Körnerleguminosen und Gemenge, 11 % für Hackfrüchte und 24 % für Futterleguminosen. Die gewünschte Anbaukonzentration bildet oft einen betriebswirtschaftlich wichtigen Ausgangspunkt der Fruchtfolgeplanung.


Tab. 1.1 Empfohlene Anbaupausen für verschiedene Kulturarten, d. h. notwendiger Mindestabstand in Jahren bis zum Wiederanbau der Kultur auf derselben Fläche
LeguminosenNicht-Leguminosen
FruchtartAnbaupauseFruchtartAnbaupause
Erbse, weißblühend6–10Nicht-Getreide
Luzerne5–7Sonnenblumen7–8
Esparsette5–7Lein6–8
Rotklee5–7Zwiebeln5–6
Erbse, buntblühend5–6Beta-Rüben4–6
Linse5Raps3–5
Wicke4–6Möhren3–4
Ackerbohne3–6Kohl3–4
Inkarnatklee4–5Kartoffeln3–4
Blaue Lupine4–5
Gelbe Lupine4–5Getreide
Weiße Lupine4–5Hafer3–5
Alexandrinerklee3–4Winterweizen2–3
Perserklee3–4Wintergerste2–3
Soja1–4Silomais2–3
Schwedenklee2–3Roggen1–2
Weißklee2–3Sommergerste1–2
Serradella1–2Körnermais1–2

Begrenzt wird die maximal mögliche Anbaukonzentration u. a. durch die sogenannte Anbaupause. Diese ist definiert als notwendige Mindestzeitspanne in Jahren, die als Anbauabstand bis zum Wiederanbau derselben Fruchtart auf demselben Feld einzuhalten ist. Durch Einhaltung der Anbaupausen kann insbesondere die Gefahr der Schädigung durch bodenbürtige Schaderreger verringert werden (s. Kap. 1.2.1 u. 1.2.4). Die realisierte Anbaupause im Beispiel 1 für Sojabohne ist 2 Jahre. Im Beispiel 2 beträgt sie für die Kartoffel vier Jahre. Tabelle 1.1 gibt einen Überblick über empfohlene Anbaupausen für wichtige Kulturen. Dabei ist zu beachten, dass es kaum systematische Untersuchungen zu Anbaupausen im Ökolandbau gibt. Die Angaben beruhen zum großen Teil auf Erfahrungswerten. Zudem unterscheiden sich in verschiedenen Quellen angegebene Anbaupausen voneinander. Dies ist unter anderem auf regionale Unterschiede zurückzuführen. So wird für Hafer in Mitteleuropa eine Anbaupause von 3–5 Jahren als notwendig erachtet, in Schottland erfolgt der Haferanbau jedoch wesentlich dichter aufeinander.

Einige Kulturen, wie z. B. der Roggen gelten (je nach Quelle) als selbstverträglich, d. h. sie haben eine notwendige Anbaupause von Null Jahren. Bei solchen selbstverträglichen Kulturen kann ein zweijähriger Nacheinanderbau erfolgen, d. h. eine sogenannte einmalige Selbstfolge. Ein mehr als 5-jähriger wiederholter Anbau der gleichen Fruchtart wird als Monokultur bezeichnet. Damit unterscheidet sich die so im Zusammenhang von Fruchtfolgegestaltung definierte Monokultur von der umgangssprachlichen Verwendung des Wortes (‚großflächiger Anbau derselben Fruchtart‘). Der Begriff der Monokultur wird teilweise auch als Synonym für ‚Reinkultur‘ im Gegensatz zum Gemengeanbau verwendet.

Wirkungen und Funktionen der Fruchtfolge

Eine sinnvoll gestaltete Fruchtfolge hat etliche positive Wirkungen in ackerbaulicher, ökologischer und ökonomischer Hinsicht. Diese Vorteile lassen sich vor allem im Vergleich zum langjährigen Nacheinanderbau derselben Fruchtart, d. h. zu Monokulturen zeigen.

Als Beispiel sei eine Kartoffel-Monokultur angenommen. Ökonomisch betrachtet ist die Kartoffel als Fruchtart gerade für viele Ökolandwirte attraktiv, u. a. weil sie sich gut zur Direktvermarktung eignet. Allerdings bringt der Anbau von Kartoffeln auch etliche Nachteile mit sich. Durch die intensive Belüftung des Bodens bei der Pflanzung, der Dammpflege und der Ernte der Kartoffeln (vgl. Kap. 1.2.6) kommt es zum Abbau von Humus im Boden. Auch werden bestimmte bodenbürtige Schaderreger, z. B. Nematoden, durch eine zu hohe Anbaukonzentration von Kartoffeln gefördert (s.u.). Zudem sind bestimmte Arten von Beikräutern wie z. B. der Weiße Gänsefuß (Chenopodium album) relativ gut an den Anbau von Hackfrüchten wie die Kartoffel angepasst. Bei Kartoffel-Monokultur würden sich daher die Populationen dieser Beikräuter massiv vermehren. Wegen solcher sich über die Zeit verstärkenden Negativwirkungen ist es nicht sinnvoll, Kartoffeln in zu kurzer Folge auf demselben Feld oder gar in Monokultur anzubauen.

Ähnliches gilt auch für andere Kulturarten. Zwar bereitet z. B. der Winterweizen keine Probleme mit übermäßigem Humusabbau, Kartoffel-Nematoden oder Weißem Gänsefuß, eine Winterweizen-Monokultur ist jedoch aus anderen Gründen nicht sinnvoll. In diesem Fall würden nämlich andere Schaderreger wie z. B. der Halmbrucherreger (Tapesia yallundae) und andere Beikrautarten wie z. B. Klatschmohn (Papaver rhoeas) von der hohen Anbaukonzentration des Weizens profitieren. Mittel- und langfristig würde damit der erreichbare Ertrag des Weizens deutlich gemindert.

Als ein wichtiges Ziel der Fruchtfolgegestaltung gilt somit, den Nachteilen von Monokulturen durch das Abwechseln unterschiedlicher Fruchtarten entgegenzuwirken. Dies wird erreicht, indem Fruchtfolgen die funktionellen Unterschiede verschiedener Fruchtarten ausnutzen. Diese funktionellen Unterschiede beziehen sich, wie in den folgenden Absätzen erläutert wird, auf:

 Pflanzenkrankheiten, Schädlinge und Unkräuter

 Wirkungen auf den Boden und auf die Nährstoffdynamik

 Gesamtwirkungen auf den Ertrag sowie ökonomische und ökologische Kosten und Leistungen.

Die erwünschten Gesamtwirkungen der Fruchtfolge umfassen dabei unter anderem ausreichend hohe und sichere Erträge, eine hohe Qualität des Erntegutes, sowie die langfristige Erhaltung und Mehrung der Bodenfruchtbarkeit. In der Fruchtfolgegestaltung geht es dann darum, auf diese Ziele hin die Anbaukonzentration, die Anbaupausen und die Reihenfolgen unterschiedlicher Feldfrüchte zu optimieren.

Wirkungen auf Pflanzenkrankheiten und Schädlinge. Die Grundidee zur Regulation von Pflanzenkrankheiten und Schädlingen durch Fruchtfolgegestaltung ist einfach: Durch ein vorübergehendes Aussetzen des Anbaus einer bestimmten Fruchtart wird dem Schaderreger zeitweise seine Wirtspflanze entzogen (vgl. Kap. 1.2.4). Durch eine Anbaupause können daher vor allem solche Schaderreger reduziert werden, die eine starke Spezialisierung auf ihre Wirtspflanze aufweisen. Schaderreger mit geringer Nahrungsspezialisierung, d. h. mit breitem Wirtspflanzenspektrum, können bei Wegfall der einen Kulturart auf eine andere Art ausweichen.

 

Ein Beispiel für eine stark spezialisierte Insektenart ist der Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata). Die Larven und adulten Käfer dieser Blattkäferart ernähren sich von wenigen Arten der Nachtschattengewächse (Familie Solanaceae), zu denen auch die Kartoffel gehört. Da Tabak, Aubergine, Paprika und Tomaten als alternative Nahrungspflanzen aus derselben Pflanzenfamilie in Mitteleuropa keine Rolle als ackerbaulich genutzte Kulturen spielen, nutzen Kartoffelkäfer und ihre Larven hier nahezu ausschließlich Kartoffelpflanzen als Nahrungsquelle. Durch den Entzug der Wirtspflanze, d. h. z. B. eine Anbaupause von vier bis fünf Jahren bei Kartoffeln, lassen sich daher die Populationen von Kartoffelkäfern indirekt reduzieren.

Ein Beispiel für einen Schadorganismus mit geringer Spezialisierung und breitem Wirtspflanzenkreis ist der Erreger der Wurzeltöterkrankheit der Kartoffel, welche von dem Pilz Rhizoctonia solani verursacht wird. Zusätzlich zu dem breiten Wirtspflanzenkreis besteht eine Schwierigkeit darin, dass der Pilz in der Lage ist, sich saprophytisch , d. h. von abgestorbenen Pflanzenresten ernähren zu können.

Die Strategie des zeitlichen Wirtspflanzenentzuges durch Fruchtwechsel kann aber auch bei spezialisierten Schadorganismen an Grenzen stoßen. Da adulte Kartoffelkäfer flugfähig und relativ mobil sind, können sie von ihrer Überwinterungsfläche aus im neuen Vegetationsjahr auf benachbarte Kartoffelflächen umsiedeln. Aus diesem Grund sind Fruchtwechsel zur Reduktion von Schaderregern vor allem dann wirksam, wenn die Schaderreger bodenbürtig und wenig mobil sind (vgl. Tab. 1.2).


Tab. 1.2 Beispiele für Schaderreger, die durch zu kurze Anbaupausen gefördert werden
FruchtartSchaderregerart bzw. KrankheitOrganismengruppe
KartoffelKartoffelschorf (Streptomyces scabies)Bakterien
WinterweizenHalmbruch (Tapesia yallundae)Pilze
Schwarzbeinigkeit (Gaeumannomyces graminis var. tritici)Pilze
Sattelgallmücke (Haplodiplosis marginata)Insekten
Raps, KohlKohlhernie (Plasmodiophora brassicae)Pilze
HaferGetreidezystenälchen (Heterodera avenae)Nematoden
ErbseAscochyta-Komplex (verschiedene Arten)Pilze
Weiß-, Rotklee, LuzerneKleekrebs (Sclerotinia trifoliorum)Pilze

Dies ist vor allem bei zwei bodenbürtigen Getreidekrankheiten der Fall: Schwarzbeinigkeit (Gaeumannomyzes graminis var. tritici) und Halmbruch (Pseudocercosporella herpotrichoides, Synonym: Tapesia yallundae). Diese Fußkrankheiten befallen unter den Getreidearten vor allem den Winterweizen. Winterroggenist dagegen weniger anfällig. Da sie vor allem bei enger Getreidefolge auftreten, werden diese Krankheiten als typische Fruchtfolgekrankheiten angesehen. Insbesondere bei Weizen sollten Anbaupausen daher nicht zu kurz sein. Ähnliches gilt für Hafer zur Minderung der bodenbürtigen und wenig mobilen Hafernematoden (Heterodera avenae).

Obwohl Fruchtwechsel vor allem gegen bodenbürtige, wenig mobile Schaderreger wirken, hat auch bei mobileren Arten eine längere Anbaupause indirekt eine regulative Wirkung. Dies liegt daran, dass bei längerer Anbaupause notwendigerweise auch die räumliche Anbaukonzentration der Wirtspflanzenart vermindert wird. Damit wird auf dem Betrieb ein größerer Abstand zwischen den Flächen der gleichen Kulturart erreicht. Gleichzeitig wird die Wahrscheinlichkeit einer Besiedelung durch Schädlinge vermindert, die ausgehend von Flächen aus dem Vorjahr in die Kultur einwandern.

Aus der Logik des Wirtspflanzenentzugs folgt auch, dass Fruchtfolgen dann gegenüber Schaderregern besonders effektiv sind, wenn deren Lebenszyklus einjährig ist. Je länger Schaderreger in der Lage sind, im Boden zu überdauern bis die Wirtspflanze wieder angebaut wird, desto weniger kann der Fruchtwechsel als Regulativ greifen. Dies ist auch einer der Gründe dafür, dass einige bodenbürtige Pilzkrankheiten der Körnerleguminosen eine besondere Herausforderung im ÖL darstellen. Körnererbsen können vor allem bei feuchter Witterung durch den pilzlichen Ascochyta-Komplex stark geschädigt werden. Zu diesem Erregerkomplex gehören drei Arten (Ascochyta pisi, Mycosphaerella pinodes und Phoma medicaginis). Die Sporen der beiden letztgenannten Erreger, die außer Erbsen auch noch Lupinen und Wicken befallen, können bis zu zehn Jahre im Boden überdauern. Daher sind gerade bei Erbsen die bisher empfohlenen Anbaupausen von 5 bis 6 Jahren oft zu kurz, insbesondere bei den weißblühenden Erbsensorten, die eine höhere Anfälligkeit gegenüber den genannten Pilzkrankheiten aufweisen (vgl. Tab. 1.1).

Außer Nahrungsspezialisierung, Mobilität und Lebenszyklus haben auch natürliche Gegenspieler der Schaderreger einen Einfluss darauf, wie effektiv Fruchtfolgen im indirekten Pflanzenschutz eingesetzt werden können. Ein gut untersuchtes Beispiel ist die Schwarzbeinigkeit des Getreides (Weller et al., 2002). Zur Minderung dieser Krankheit werden meist etwa zwei Jahre Anbaupause empfohlen. Wenn Jahr für Jahr Weizen nach Weizen angebaut wird, so wird auch zunächst ein Ansteigen des Krankheitsbefalls beobachtet, da das Inokulum des Pathogens mit dem wiederholten Anbau der anfälligen Wirtspflanze zunimmt. Überraschenderweise setzt dann jedoch bei längerem Weizenanbau (mehr als 4 bis 6 Jahre) teilweise ein Rückgang des Befalls mit Schwarzbeinigkeit ein. Dieses Phänomen, das nach dem englischen Namen der Krankheit als „take-all decline“ bezeichnet wird, geht unter anderem mit einem Ansteigen bestimmter Populationen der Bakteriengattung Pseudomonas einher. Diese Bakterien produzieren einen Stoff (2,4-Diacetylphloroglucinol), welcher auf den Erreger der Schwarzbeinigkeit hemmend wirkt. Voraussetzung für diesen Effekt ist allerdings eine hohe biologische Aktivität des Bodens. Weiterhin wird die Suppressivität des Bodens gegenüber Schwarzbeinigkeit, d. h. sein Vermögen, den Schaderreger zu unterdrücken, vermindert, wenn die Weizen-Monokultur durch eine Nicht-Wirtspflanze unterbrochen wird, d. h. gerade durch einen Fruchtwechsel. Trotzdem kann das Beispiel nicht als Argument für eine Weizen-Monokultur gelten, da eben auch andere Schadpilze (z. B. der Halmbrucherreger) sowie Beikräuter bei Aussetzen eines Fruchtwechsels verstärkt ertragsmindernd wirken würden.

Die genannten Beispiele zeigen, dass Fruchtfolgen nicht in jedem Fall vermögen, Krankheiten und Schädlinge zu vermindern. Vielmehr ist die Fruchtfolgewirkung von etlichen Faktoren abhängig: Spezialisierung auf die Wirts- bzw. Nahrungspflanze, Mobilität und Überdauerungsfähigkeit der Schaderreger, räumliche Distanz zur Vorjahresfläche, sowie natürliche Gegenspieler. Eine genaue Kenntnis der Biologie der Schaderreger ist daher wichtig, um Fruchtfolgen für den Pflanzenschutz effektiv zu gestalten.

Wirkungen auf die Ackerbegleitflora. Eine wichtige Funktion von Fruchtfolgen ist die gezielte Beeinflussung von wildwachsenden Pflanzenarten (Beikräutern) im Feld (vgl. Kap. 1.2.5). Insbesondere in der ÖL ist hier die Doppelfunktion der Beikräuter im Auge zu behalten – einerseits als wertgebende Ackerbegleitflora und andererseits in ihrer Konkurrenz gegenüber Kulturpflanzen. Daher kann es nicht in jedem Fall Ziel sein, durch die Fruchtfolgegestaltung eine Minimierung der Beikrautpopulationen zu erreichen. Vielmehr ist die Zielstellung je nach Artenzusammensetzung der Beikrautflora zu entscheiden. So ist ein Besatz mit Ackerkratzdisteln (Cirsium arvense) oder Stumpfblättrigem Ampfer (Rumex obtusifolius) anders zu bewerten als ein Bestand mit dem Ackerfilzkraut (Filago arvensis) oder der Ackerröte (Sherardia arvensis). Während die beiden erstgenannten Pflanzenarten mehrjährig sind, sehr häufig auftreten und ein großes Schadpotenzial haben, d. h. eine starke Konkurrenz gegenüber den Kulturpflanzen ausüben können, sind Ackerfilzkraut und Ackerröte gefährdete Arten mit Schutzstatus und geringer Konkurrenzkraft.

Beikräuter sind oft durch Erzeugung großer Samenmengen, durch eine schnelle Entwicklung und Generationenfolge sowie durch eine leichte Verbreitung (z. B. sehr leichte Samen oder Flugapparate) gekennzeichnet. Darüber hinaus sind sie durch ihren Lebenszyklus in unterschiedlicher Weise an den Bewirtschaftungsrhythmus der Kulturpflanzen angepasst (Tab. 1.3).


Tab. 1.3 Gruppierung von Ackerbeikrautarten
SommerannuelleWinterannuelleAnnuelle ohne JahreszeitenbindungAusdauernde (mehrjährig)
KeimungFrühjahrHerbstdas ganze Jahr überunterschiedlich
KulturenHackfrüchteWintergetreideAlle AckerkulturenAlle Ackerkulturen
SommergetreideGrünland
BeispielartenAckersenfWindhalmVogelmiereAckerkratzdistel
HühnerhirseKlatschmohnHirtentäschelQuecke