Panitzsch

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Das Panitzscher Gemeindegebiet mit dem Gelände der Trabrennbahn und den umliegenden Feldern wurde in den 1930er Jahren von verschiedenen Flak-Einheiten und Truppenteilen der Wehrmacht zu Übungen genutzt. In diesen Zeiten mussten die Ackergeräte sowie das Vieh entfernt werden. Nicht selten kam es durch die Truppenübungen zu Vieh- und Flurschäden. Im Januar und September 1940 verursachte die Flakgruppe Leipzig N 24 in der Trabrennbahngaststätte Schäden durch die Belegung mit einer Flak-Abteilung in der Gemeinde Panitzsch sowie durch Aufschüttungen und Ausschachtungen einschließlich Bunkerbau, Bau von Geschützstellungen und zwei bis drei Meter tiefen Unterständen und Gräben. Die Grundstückseigentümer bzw. Pächter der Trabrennbahn und des Gartenbaubetriebes Sommerfelder Str. 83 b stellten erhebliche Schadenersatzansprüche. Noch 1944 fanden Übungsschießen der Flakartillerie um Taucha und Panitzsch ohne die sonst übliche Absperrung des Schussgebietes statt. Der Leipziger Polizeipräsident und der Landrat in Leipzig forderten lediglich, dass die „Bevölkerung … sich selbst bewusst verhalten“ sollte. Die Besatzungen der in Panitzsch in der Nähe der Rennbahn und am Ortseingang in der Borsdorfer Straße stationierten Flakscheinwerferstellungen wurden Anfang April 1945 nach Leipzig abgezogen.

Strenge Regeln galten für die Verdunklungsmaßnahmen während der Zeit der zahlreichen Fliegeralarme. Allerdings hatten die Gemeinde bzw. der Ortspolizist immer wieder Verstöße zu ahnden. Auf die Anzeigen des Luftschutzwarts Paul Fritzsche wegen fehlender oder ungenügender Verdunklung folgten meist Geldstrafen. Bei dem schweren Luftangriff der britischen Luftwaffe gegen Leipzig am 20. Oktober 1943 wurde neben Borsdorf ebenso Panitzsch um 20.35 Uhr schwer getroffen. Die Verbände überquerten aus östlicher Richtung kommend Panitzsch, Engelsdorf und Sommerfeld Richtung Leipzig. Bomben fielen vor allem auf das Gelände der Obstverwertung Engelhard, wo ein Gebäudetotalschaden entstand. An verschiedenen Stellen im Ort traten Brände in Stallungen und Scheunen in insgesamt elf weiteren Grundstücken, darunter an der Windmühle, auf.

Mehrere Gebäude in der damaligen Adolf-Hitler-Straße (Neue Straße) wiesen leichte Schäden an Fenstern und Türen auf, andere erlitten schwere Schäden v. a. an den Dächern, so dass innerhalb des Ortes Umquartierungen erforderlich waren. In Panitzsch fanden zur gleichen Zeit Ausgebombte, vor allem aus Leipzig und Berlin, zeitweise ein neues Dach über dem Kopf. Bei den weiteren Luftangriffen auf Leipzig verzeichneten die Einwohner in Panitzsch trotz der zahlreichen Überflüge meist nur geringe Schäden. Im Jahr 1944 wurde nur das Verwaltungsgebäude der Trabrennbahn schwer getroffen. Waren Brandstellen bekämpft, leistete die Freiwillige Feuerwehr Löschhilfe im Umland und unterstützte vor allem die Leipziger Ostwache.


Siegel/Wappen der Gemeinde Panitzsch, vor 1945.

Mit einem Appell am 12. November 1944 in Panitzsch fand die Verpflichtung der Volkssturmmänner aus Althen, Hirschfeld und Panitzsch auf den Adolf Hitler statt. Im Februar 1945 wurden Volkssturmmänner teilweise in die Feuerwehrbereitschaften sowie die Werkfeuerwehren eingegliedert. Im Zweiten Weltkrieg ließen 72 von 287 zum Kriegsdienst Verpflichtete Panitzscher an verschiedenen Frontabschnitten ihr Leben für das im Frühjahr 1945 untergehende „Tausendjährige Reich“. Ebenso wie die Gemeinden im Umland wurde Panitzsch Mitte April 1945 von amerikanischen Truppen besetzt. Zunächst leitete Paul Graupner kommissarisch ab 1. Mai 1945 die Gemeindeverwaltung, bis Franz Rudolph (KPD) als erster Bürgermeister nach dem Krieg eingesetzt wurde. Rudolph, der am 10. August 1900 in Panitzsch geboren wurde, saß aufgrund seiner Tätigkeit als politischer Leiter der KPD während der NS-Zeit 53 Wochen in Leipzig und Sachsenburg/Sa. in Haft.


Lebenslauf von Franz Rudolph, 03.11.1945.

Die Gemeinde Panitzsch unterstand der Amtshauptmannschaft Leipzig. 1939 wurde die Amtshauptmannschaft Leipzig in Landkreis Leipzig umbenannt. Der Landkreis Leipzig bestand bis zur Verwaltungsreform im Juli 1952 in der DDR fort und ging dann in den Kreis Leipzig-Land im Bezirk Leipzig über.

Nachkriegszeit und Alltag in der DDR

Die schwierige Versorgungslage nach dem Kriegsende brachte viele Reglementierungen mit sich. Der Leipziger Landrat forderte im Auftrag der amerikanischen bzw. ab Anfang Juli 1945 der sowjetischen Besatzungsmacht die Bürgermeister ständig zur Berichterstattung auf. Abgefragt wurden NSDAP-Mitgliedschaften, der Stand der Entnazifizierungsverfahren, der Aufenthalt von ausländischen Arbeitskräften sowie von ehemaligen SS- und Wehrmachtsangehörigen oder der Durchzug von Flüchtlingen und Vertriebenen. Anders als für Borsdorf, wo eine Reihe von Augenzeugenberichten und Niederschriften für diesen Zeitraum vorliegen, ließen sich für Panitzsch nur fragmentarische Daten ermitteln. Am 25. April 1945 wies die amerikanische Militärregierung die Bürgermeister des Landkreises an, sämtliche Waffen und Munition abzuliefern und zu ermitteln, ob sich deutsche Soldaten in Zivil oder Uniform im Gebiet aufhielten. Den Orten, die sich den Anweisungen der Besatzungsmacht widersetzen sollten, wurde „Gewalt durch Artilleriefeuer“ angedroht. Ende April und Anfang Mai 1945 lieferten die Panitzscher mehrere Waffen, darunter Revolver und Jagdgewehre mit einer erheblichen Menge Munition ab.

Die Frage der allgemeinen Sicherheit spielte in den ersten Nachkriegswochen eine nicht unerhebliche Rolle. Oft war eine geregelte Bewirtschaftung der Felder und Höfe in den damals in Panitzsch erfassten 28 Bauernwirtschaften kaum möglich oder rentabel. Häufig kam es zu Felddiebstählen, Plünderungen oder Überfällen. Nicht nur die hungernden Leipziger, sondern auch ehemalige Zwangsarbeiter aus den Lagern in Leipzig und Umgebung überfielen Bauerngehöfte und deren Insassen. Nicht selten kam es dabei zu Verletzten oder zu Todesfällen wie auf dem Universitätsgut Cunnersdorf, wo im April 1945 der Verwalter bei einem nächtlichen Überfall durch polnische Fremdarbeiter ums Leben kam. Noch im Frühjahr 1947 verpflichtete ein von den Gemeindeverordneten erlassenes Ortsgesetz alle im Ort ansässigen arbeitsfähigen Männer zwischen 18 und 60 Jahren zu „Nachtwachen zum Schutz der Ernte und des Eigentums gegen Diebstahl“.

Aus heutiger Sicht lässt sich kaum mehr nachvollziehen, wie die alltägliche Versorgung mit Nahrungsmitteln oder Heizmaterialien sichergestellt werden konnte. Genauso schwierig war die Zuweisung und Lieferung von Fensterglas, Dachpappe, Zement oder Baukalk. Die Baumaterialien wurden zur Reparatur oder zum Wiederaufbau der luftkriegsgeschädigten Einfamilienhäuser, insbesondere in der Neuen Straße, sowie zur Errichtung von Notwohnungen oder Behelfsheimen dringend benötigt. Selbst wenn man einen Bezugsschein durch den Landrat des Kreises Leipzig erhielt, war nicht immer sofort ein Kauf der begehrten Materialien möglich.

Die Sozialkommission der Gemeindeverordneten entschied bis in die 1950er Jahre über die Vergabe von Unterstützungen in schweren Erkrankungsfällen, zahlte Schulentlassungsbeihilfen, verteilte Braunkohlenkontingente sowie Lebensmittelzusatzkarten und vermittelte bedürftige Kinder in Erholungseinrichtungen. Die Mitglieder der Volkssolidarität und engagierte Einwohner sammelten Spenden und Lebensmittel, um beispielsweise Kinderfeste mit Brötchen und Würstchen oder bedürftige Rentner in der Weihnachtszeit mit Stollen zu versorgen. Im Ort ansässige Firmen wie die Obstverwertung Panitzsch spendeten Obstweine oder Saft.

Vereinzelt finden sich in den Akten der Gemeindeverwaltung Zahlen zur Bodenreform sowie zur Landverteilung und Ansiedlung von Neubauern. Im Rahmen der Bodenreform wurden in Panitzsch insgesamt rund 118 Hektar Land enteignet, darunter Flächen der Familie Achilles (Lange Straße mit dem Gebäudekomplex des „Blauen Engels“) sowie des Jacobschen Besitzes (Sommerfelder Straße mit dem Gutshaus einschließlich des zum Gut gehörigen Parks). Davon wurden knapp 90 Hektar an 46 besitzlose oder landarme Bauern zugeteilt, unter ihnen 14 Neubauern. 23 Hektar dienten dem Landaustausch mit den Städten Leipzig und Taucha, fast fünf Hektar Fläche fiel an verschiedene Organisationen, darunter die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB). Die Gemeinde erhielt eine Fläche von rund drei Hektar mit dem Herrenhaus, fünf Wohnhäusern, zehn Ställen und acht Scheunen in eigene Verwaltung. Ein Teil dieser Gebäude wie das Gutshaus sollte auf Anweisung der Kreisverwaltung abgebrochen und das Baumaterial für die Errichtung von Neubauerngehöften verwendet werden. Das Gutshaus blieb jedoch aufgrund von Einsprüchen der Gemeinde erhalten und wurde schon 1948 zur Schule umgebaut. In freiwilligen Arbeitseinsätzen leisten die Panitzscher bis 1949 beim Schulbau über 4.000 Arbeitsstunden. Sie beräumten Schutt, bargen Steine, klopften diese ab und führten Planierungsarbeiten aus. Im Januar 1949 befürworteten die Gemeindeverordneten den Antrag, die neue Grundschule nach Margarete Blank zu benennen.

Im Januar 1946 wurden für Panitzsch 146 „Ansiedler“ gemeldet, deren Aufnahme in die Gemeinde zum Teil von einer Reihe von Hilfsmaßnahmen, wie dem Bereitstellen von Bettstellen oder der Zahlung von einmaligen Unterstützungen begleitet wurde. Die Zahl der Umsiedler wuchs bis zum Mai 1947 auf 348 Personen an, darunter 83 Männer, 154 Frauen sowie 111 Kinder. Im Oktober 1946 wies das Umsiedlerlager Taucha der Gemeinde erneut vier Männer, 14 Frauen und zwölf Kinder als Umsiedler zur Einbürgerung in Panitzsch zu. Die Eingliederung verlief allerdings nicht immer reibungslos, zumal für die Einrichtung der 14 Neubauernstellen in den geforderten Landgrößen mit Alteigentümern Grundstücksflächen getauscht werden mussten. Neubauernstellen befanden sich unter anderem an der Tauchaer sowie an der Plösitzer Straße (hinter der Bäckerei Hoffmann). Die Neubauern erhielten Steuervergünstigungen, staatliche Unterstützungen beim Viehankauf, Zuweisungen von Altmaterialien sowie die Gewährung günstiger Kredite im Rahmen des Bodenreform-Bauprogramms, alteingesessene Familien hingegen nicht. Größere Maschinen und Traktoren wurden im Zuge der Bodenreform zwar ebenfalls enteignet, aber nicht aufgeteilt, sondern in Maschinenausleihstationen (MAS) bzw. Maschinen-Traktoren-Stationen (MTS) zum Verleih an die Bauern verwaltet. Das Eigentum ging später erst leihweise, dann durch Ankauf in die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) über.

 

Im Mai 1947 übermittelte Bürgermeister Rudolph an den Landrat in Leipzig folgende Angaben: Einwohner insgesamt 1.652, davon 539 Männer, 725 Frauen sowie 388 Kinder (davon 186 Jungen, 202 Mädchen). Zu dieser Zeit befanden sich noch 125 Panitzscher in Kriegsgefangenschaft, davon 43 in englischer, 62 in amerikanischer, einer in französischer sowie 19 in „russischer“ (sowjetischer) Gefangenschaft. 70 Panitzscher hatten im Zweiten Weltkrieg bei der Infanterie (53), der Luftwaffe (12) und der Marine (5) gedient.

Bis zum 1. Oktober 1947 wuchs die Panitzscher Einwohnerzahl auf 1.660 Personen (ein Zuwachs von über 22 Prozent im Vergleich zu 1941 mit 1.359 Einwohnern). Die Gemeindefläche umfasste 924 Hektar. Pro Quadratmeter lebten durchschnittlich 180 Einwohner des Ortes.

1947 existierte in Panitzsch eine eigene Polizeistation, die sich in der Hauptstraße 62 c befand. Ab 1. April 1949 wurde das Meldeamt durch die Volkspolizei übernommen. Angestellte des Volkspolizeipräsidiums Leipzig hielten in Panitzsch einmal wöchentlich Sprechzeiten ab.

Am 1. Juli 1949 eröffnete in Panitzsch ein Land-Ambulatorium, in dem eine Gemeindeschwester sowie eine Hilfsschwester die Patienten versorgten. Die medizinische Betreuung oblag nach vertraglicher Regelung mit der Gemeindeverwaltung dem Betriebsarzt des Reichsbahnausbesserungswerks (RAW) Engelsdorf, Herrn Dr. Lehmann.

Im Amtlichen Straßenverzeichnis für die Stadt Leipzig und Umgebung wurden für 1947 folgende 14 amtliche Straßennamen in Panitzsch aufgeführt: Althener Straße, Borsdorfer Straße, Ernst-Thälmann-Straße (früher und heute wieder Neue Straße), Gerichshainer Straße, Hauptstraße, Kirchgasse, Krickauer Straße (heute Kriekauer Straße), Langestraße (heute Lange Straße), Margarete-Blank-Platz, Margarete-Blank-Straße, Plösitzer Straße, Sehliser Straße, Sommerfelder Straße und Teichstraße. Als Anfahrtsmöglichkeit nach Panitzsch wurde zu dieser Zeit die Nutzung der Straßenbahnlinie 4 in Leipzig bis Engelsdorf und der sich anschließende Fußweg, meist über die Dreiecksiedlung, ausgewiesen.


Blick in Richtung der Dreiecksiedlung.

Bereits kurz nach dem Kriegsende bildete sich die Ortsgruppe der KPD neu und Anfang 1946 folgte die politische Aktivierung der Ortsgruppe der SPD. Im April 1946 entstand in der sowjetischen Besatzungszone aus beiden Arbeiterparteien die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED), so dass sich in Panitzsch ebenfalls eine SED-Ortsgruppe organisierte. Aktiv war auch eine Ortsgruppe des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB). Neben der Freiwilligen Feuerwehr und dem Sportverein (ab 1950 Betriebssportgemeinschaft „Traktor Panitzsch“) agierten zu DDR-Zeiten in Panitzsch verschiedene andere gesellschaftliche Organisationen und Parteien. Die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) nutzte die gesamte Trabrennbahn mit der alten Schießanlage als Ausbildungsgelände, das zwischen 1987 und 1990 zu einem Bezirksausbildungszentrum ausgebaut wurde. Später waren vor allem die SED- und FDGB-Betriebsorganisationen für die politische Arbeit im Interesse des SED-Staates maßgebend.

Am 1. September 1946 fanden die ersten Wahlen für einen neuen Gemeinderat nach dem Kriegsende statt. Auf dem Stimmzettel konnten die 964 stimmberechtigten Panitzscher über Kandidaten der SED, der Christlichdemokratischen Union (CDU) und des Kommunalen Frauenausschusses abstimmen. Gewählt wurden jeweils acht Gemeindevertreter aus den Reihen der SED sowie der CDU. Formell arbeiteten die Gemeindeverordneten, der Bürgermeister und die Gemeindeverwaltung selbstständig, unterstanden jedoch der Rechtsaufsicht des zuständigen Landrates. Bürgermeister Rudolph war nicht berufsmäßig angestellt und erhielt eine monatliche Vergütung, die sich nach der Einwohnerzahl des Ortes errechnete. Als Franz Rudolph im Jahr 1949 erkrankte, übernahm der 1947 gewählte 1. Stellvertreter Otto Hanke (CDU) die Amtsgeschäfte. Im Januar 1951 wählten die Gemeindeverordneten mit dem Arbeiter Rolf Beyer (Demokratische Bauernpartei Deutschlands) wieder einen besoldeten Bürgermeister.

Mit Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) am 7. Oktober 1949, der Auflösung der Länder 1952 sowie der immer stärkeren Etablierung der SED-Diktatur wurden die Möglichkeiten für eine kommunale Selbstverwaltung weiter beschnitten, bis sie schließlich mit dem Gesetz über die örtlichen Organe der Staatsmacht vom 18. Januar 1957 gänzlich abgeschafft wurden. Wenn die gewählten „Volksvertreter“ der Gemeinde (Gemeindeverordnete) weiter wichtige Fragen der örtlichen Entwicklung berieten, anregten und beschlossen, waren sie von der Genehmigung durch die Planungsstellen des Rates des Kreises Leipzig sowie den Entscheidungen der SED-Führung abhängig. Entscheidungen waren ohne Zustimmung der SED-Ortsgruppe, den Parteifunktionären in den Betrieben und Produktionsgenossenschaften sowie der SED-Kreisleitung nicht möglich.

Wie in anderen Orten fanden in Panitzsch Veranstaltungen zu den gesellschaftlichen Feiertagen wie dem 1. Mai oder dem Tag der Republik statt. Überliefert sind für den Maifeiertag die Fahrten mit mehreren Pferdegespannen und motorisierten Fahrzeugen zur Kundgebung nach Taucha sowie der abendliche Maitanz im Gasthof. Auch die jährlichen Jugendweihefeiern und die späteren sozialistischen Namensweihen wurden im Ort meist in der Schule sowie im Kulturhaus der Gemeinde (Gasthof) begangen. Abwechslung im Alltag gab es durch zahlreiche Kultur- und Kinoveranstaltungen, Dorffeste sowie die Betätigung im Sportverein. Später war im Ort ein Dorfclub aktiv, der die kulturellen Aktivitäten koordinierte und unterstützte. In der Schule im Gutshaus stand den Einwohnern die in einem Raum untergebrachte Gemeindebücherei zur Verfügung.


Auftritt des Klampfenorchesters.

Schon in den 1950er Jahren entstanden in Panitzsch verschiedene soziale Einrichtungen, die besonders die Berufstätigkeit der Frauen erleichtern sollten. Am 31. Mai 1953 eröffnete die Gemeinde in der Borsdorfer Straße in einer umgebauten Tischlerwerkstatt einen Kindergarten, in dem zwei Kindergärtnerinnen und eine zusätzliche Beschäftigte bis zu 30 Kinder betreuten. Seit 1957 konnten in der Kinderkrippe der Gemeinde 20 Kleinkinder in den Räumen des ehemaligen „Cafés zur Mühle“ betreut werden. Die Konsumverkaufsstelle befand sich zunächst in der Hauptstraße in verschiedenen Gebäuden, ehe schließlich 1974 der Neubau an der Parthe in der Borsdorfer Straße (heute Sitz der Firma Abt Pumpentechnik) öffnete.

Maßgeblichen Anteil an der Entwicklung im Ort hatten die beiden Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG). Am 15. November 1952 wurde durch wenige Einzel- und Neubauern zunächst eine LPG Typ I gebildet. Diese bildete sich nach dem Beitritt fast aller Einzelbauern 1957 in eine LPG Typ III um und erhielt den Namen „Dr. Margarete Blank“. Damit war die Gemeinde außer den Obstbauern vollgenossenschaftlich organisiert. Mitte der 1960er Jahre zählte die LPG über 80 Mitglieder und bewirtschaftete rund 530 Hektar Fläche. Der Viehbestand der LPG wies neben Pferden insbesondere Kühe, Rinder und Schweine sowie Hühner auf. Mit zunehmender Technisierung verringerte sich der Pferdebestand im Laufe der Jahre. Neben der Arbeit in der LPG betrieben die Mitglieder zum Teil umfangreiche Hauswirtschaften und hielten privat Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen oder Pferde.


Hier befand sich die 1974 neu errichte Konsumverkaufsstelle.

1958 schlossen sich sieben Obstbaubetriebe mit einer Fläche von 36 Hektar als LPG Typ I „Prof. Dr. Friedrich“ zusammen und betrieben vorrangig Obstbau, produzierten aber daneben Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüse. Abgeliefert wurden außerdem Milch und Eier. 1974 zählte diese LPG jedoch nur noch drei Mitglieder, die 17,4 Hektar Land bewirtschafteten. Drei andere Obstbauern arbeiteten zu dieser Zeit auf einer Fläche von 33 Hektar wieder als private Obstbaubetriebe.

Dass es den Vertretern der örtlichen Staatsmacht nicht immer gelang, alle Panitzscher Bewohner an den Ort zu binden, zeigte sich 1956. In diesem Jahr genehmigte der Rat des Kreises Leipzig den Bewohnern der Borsdorfer Straße 22 bis 34 die Ausgliederung aus dem Gemeindeverband Panitzsch und den Wechsel in die Gemeinde Borsdorf. Durch die unmittelbaren Randlage der Grundstücke an der Gemeindegrenze zu Borsdorf und der Entfernung von einer halben Stunde Fußweg, entlang am freien Feld, vom eigentlichen Panitzscher Ortskern fühlten sich die Bewohner stärker an Borsdorf gebunden und wollten ihren Kindern darüber hinaus den langen Fußweg nach Panitzsch ersparen. Diesen Argumenten hatten die Panitzscher Gemeindevertreter nichts entgegenzusetzen und der Landkreis stimmte der Neuordnung zu.

Später führte das ungenügende Wohnungsangebot in Panitzsch dazu, dass es immer schwieriger wurde, Fachkräfte im Ort dauerhaft anzusiedeln. Im Gegenteil, die LPG verlor oftmals gute Arbeitskräfte, weil andere Gemeinden oder Betriebe besseren oder überhaupt einen Wohnraum anboten oder in den 1980er Jahren den Eigenheimbau mit Hilfe der dortigen LPG stärker unterstützten. Darüber hinaus bestanden vor allem in der LPG „Dr. Margarete Blank“ vermutlich nicht nur ideologische Probleme, wie es in Berichten der SED-Kreisleitung Leipzig-Land in den 1970er Jahren heißt. Viel schwerer wogen die wirtschaftlichen Misserfolge in der Tierzucht, vor allem bei Rindern, aber ebenso im Pflanzenbau.

Daneben galt es, Versorgungsengpässen bei Dienstleistungen und Konsumgütern zu begegnen und die jährlichen „Ernteschlachten“ zu schlagen. Trotzdem gab es im Ort viele gemeinschaftliche Initiativen zur Verbesserung der aus heutiger Sicht oft bescheiden anmutenden Lebensverhältnisse. Davon zeugen die zahlreichen Einsätze im Rahmen des „Nationalen Aufbauwerks“ (NAW) sowie den späteren „Subbotniks“ mit unzähligen freiwilligen Arbeitsstunden wie beim Bau des Sportplatzes, des Sportlerheims und der Parkbühne Anfang der 1960er Jahre. Im Ort wurden entlang der Parthe Bäume gepflanzt, Grünflächen gestaltet und Parkbänke aufgestellt wie am Kirchberg. 1966 begannen die Renovierungsarbeiten an den bis dahin nicht mehr genutzten Gebäuden der Trabrennbahn.


Festplakette zur 700-Jahrfeier 1967.

Die Vorbereitung des Festprogramms „700 Jahre Panitzsch 1267 – 1967“ vereinte die Panitzscher Einwohner bei vielfältigen Aktivitäten. Das Festkomitee leitete das Ratsmitglied Karl Herbst, der gemeinsam mit einem Autorenteam die vom Rat der Gemeinde publizierte Chronik verfasste. Die Festwoche vom 26. Mai bis zum 3. Juni 1967 bot den Panitzschern und ihren Gästen bei der Festsitzung des Gemeinderates am 4. Juni 1967, dem Festumzug, bei verschiedenen kulturellen Darbietungen auf der Parkbühne, einem Volks- und Heimatliederabend, einem Volkssportfest sowie dem DDR-offenen Springreitturnier auf dem Gelände der Trabrennbahn ein vielfältiges Programm. Höhepunkte waren sicher der Auftritt des Schlagersängers Frank Schöbel sowie der Sommernachtsball als Festabschluss. Am Tag des Festumzuges, dem 27. Mai, konnten die Gäste Panitzsch mit Sonderbussen ab Leipzig-Paunsdorf und Leipzig-Thekla erreichen.

Bis zum Ende der DDR 1990 blieb Panitzsch ein Dorf mit ca. 1.000 Einwohnern, bestehend aus einem Dorfkern mit vielen charakteristischen Hofanlagen, neuerer Wohnbebauung Richtung Borsdorf an der Kreisstraße 22, dem Ortsteil Cunnersdorf, der Dreiecksiedlung sowie der Parksiedlung an der Kriekauer Straße, die vorwiegend von Erholungssuchenden an den Wochenenden genutzt wurde.

 

Gesellschaftliche Veränderungen nach 1989/1990

Die am 17. Mai 1990 in Kraft getretene neue Kommunalverfassung ermöglichte die Wiedereinführung der kommunalen Selbstverwaltung in den Städten und Gemeinden auf dem Gebiet der DDR. Auf der Grundlage des „Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise“ von 1990 fanden am 6. Mai 1990 die ersten freien Kommunalwahlen in der DDR statt. In Panitzsch erhielten 15 Gemeindevertreter, unter ihnen Mitglieder der SPD und der CDU, das Vertrauen der Wahlberechtigten. Ende Mai 1990 trat der neue Bürgermeister Lothar Perschmann sein Amt an und übernahm die Leitung der Panitzscher Gemeindeverwaltung. Diese befand sich seit 1978 in dem von der Gemeinde errichteten Mehrzweckgebäude Am Rain 5 (heute Kindergarten) und bestand nur aus fünf hauptamtlich Beschäftigten: dem Bürgermeister, einem Stellvertreter und drei weiteren Mitarbeitern.

Auf der ersten Einwohnerversammlung am 13. September 1990 im Saal des Gasthofes standen die künftigen Bauvorhaben in Panitzsch, zu denen der Ausbau der Trabrennbahn zum Freizeitcenter sowie die Sicherung des Schulstandortes gehörten, im Mittelpunkt der Diskussionen. Die nach einer kurzen Bauplanung und Bauzeit am 20. August 1993 eingeweihte Grundschule „Dr. Margarete Blank“ bietet mit ihrer hellen und freundlich gestalteten Einrichtung, besonders dem überdachten Mittelbau (der Aula/des Atriums) vielfältige Nutzungsmöglichkeiten für Ausstellungen, Schulkonzerte und -feiern und wird oft für größere Veranstaltungen der Gemeinde wie Einwohnerversammlungen oder als Wahllokal genutzt.


Plan der Gemeinde Panitzsch, Stand Mai 1992.

In den folgenden Jahren beschäftigte sich der Gemeinderat in seinen meist öffentlichen Sitzungen, die in der Regel einmal im Monat stattfanden, mit folgende Themen: Schaffung von Arbeitsplätzen und Wohnraum, Erstellung von Bebauungsplänen, Untersuchungen zur Erhaltung und Gestaltung des Dorfkerns, Haushalts- und Finanzierungsfragen, Gebührenerhebung wie beispielsweise für die Betreuung in den Kindereinrichtungen, Grundstücksverkäufe für Eigenheime und Wohnbebauung, Ansiedlung von Gewerbe, Straßenbau mit einer Grunderneuerung der bis dahin meist noch einfach ausgebauten Straßen im Ort. Darüber hinaus wurden in den 1990er Jahren im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) Arbeiten am Friedhof bzw. dem Pfarrgelände (Wiedererrichtung der Mauern) ausgeführt. Über den Zweckverband Parthenaue erfolgte die Renaturierung der Parthe. Vor allem im Rahmen privater Initiativen nutzen mehr als 40 Panitzscher Fördergelder für Außensanierungen sowie grundlegende Innensanierungen an ihren Gebäuden. Langsam verbesserte sich das Erscheinungsbild der Gemeinde. Bereits im November 1992 belegte Panitzsch im Wettbewerb des Kreises „Unser Dorf soll schöner werden“ den 2. Preis und wurde durch den Rat des Kreises Leipzig mit 500 DM prämiert.


Sanierte Mauer des Kirchhofs.

Ein Höhepunkt für die Panitzscher und ihre Gäste war die 725-Jahrfeier, die zu Pfingsten 1992 vom 5. bis 8. Juni mit verschiedenen Veranstaltungen auf der Trabrennbahn begangen wurde. Gezeigt wurde die Ausstellung „725 Jahre Panitzsch“. Zum Festprogramm gehörte außerdem die feierliche Wiedereröffnung der renovierten Kirche.

Bei den Wahlen zum Gemeinderat 1994 erhielt Lothar Perschmann erneut das Vertrauen der Gemeinderäte und wurde als Bürgermeister des nunmehr 1.250 Einwohner zählenden Ortes wiedergewählt. Zur Lösung einzelner Verwaltungsaufgaben bildete der Gemeinderat einen Verwaltungs- sowie einen Technischen Ausschuss. In diesem Zeitraum entstand die Neubebauung an der Gerichshainer Straße mit Ein- und Mehrfamilienhäusern für ca. 1.000 Bewohner. Den hier als Straßennamen vergebenen Vogelnamen verdankt die Siedlung im Volksmund die Bezeichnung als „Vogelsiedlung“.


Blick in Richtung der Dreiecksiedlung.

Dank der im April 1993 erfolgten Anerkennung als „Programmdorf“ durch das Sächsische Staatsministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Forsten bzw. das Staatliche Amt für ländliche Neuordnung (mit Sitz in Markkleeberg) sowie die Zuweisung von Fördermitteln im Zeitraum bis 1998 konnten weitere kommunale und private Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen ausgeführt werden. Im Mittelpunkt der 3,78 Millionen DM umfassenden Planungsvorhaben standen die Erhaltung des historischen Erscheinungsbildes des Ortes, die Herausbildung eines Dorfmittelpunktes mit privaten und öffentlichen Einrichtungen sowie Dienstleistungsangeboten, eine maßvolle bauliche Verdichtung durch Neubau und Umnutzung von Bausubstanz im Dorfkern und in den Randbereichen sowie der grundlegende Ausbau bzw. die Verbesserung der kommunalen Verkehrsverhältnisse. Nicht zuletzt sollten historisch wertvolle Bauten erhalten werden, was allerdings wie beim Gebäudekomplex des ehemaligen „Blauen Engels“ nicht immer gelang. Die Planung für die Neubebauung dieses Geländes sah sogar bis zu 18 verschiedene Geschäfte vor. Anfang 1997 wurde die Wohnanlage „Blauer Engel“ fertiggestellt.



Wohnungen und Geschäfte prägen die neue Anlage auf dem Gelände des ehemaligen „Blauen Engels“. Re.: Das erhaltenes Hauszeichen vom „Blauen Engel“.

Viele Panitzscher Bürger erhielten damit die Möglichkeit zum Bezug einer modernen komfortablen Wohnung. Inzwischen war das Telefonnetz ausgebaut worden und jeder Hauseigentümer hatte die Möglichkeit, sich an das Erdgasnetz im Ort anzuschließen. Mit der Fertigstellung des neuen Gebäudes auf dem Gelände des alten Gutshofes gegenüber der neuen Grundschule 1993 entstanden neben der neuen Konsum-Verkaufsstelle mehrere 2- und 3-Raumwohnungen, deren Erbauung durch den Freistaat Sachsen gefördert wurde. 1998 beteiligte sich die Gemeinde Panitzsch am Kreiswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden – unser Dorf hat Zukunft“. Im Juli 1998 stellte die Bewertungskommission anerkennend fest: „Panitzsch hat sich in den letzten Jahren zum attraktiven großstadtnahen Wohnstandort entwickelt. Die enorme bauliche Entwicklung hatte einen starken Anstieg der Bevölkerung von 1.040 Einwohner 1990 auf derzeit ca. 3000 Einwohner zur Folge. Allerdings ist der dörflich-bäuerliche Charakter dabei weitestgehend verloren gegangen ...“ Hervorgehoben wurde die frühzeitige Aufstellung der Bebauungspläne, der Gestaltungssatzung, des Dorfentwicklungsprogramms und der Baumschutzsatzung. 96 Prozent der Grundstücke konnte an das neue Abwassertrennsystem im Ort angeschlossen werden. Weiter heißt es in der Begutachtung „Neben klein- und mittelständischen Unternehmen gibt es in Panitzsch eine breite Palette von Handwerksbetrieben, vor allem auf den Gewerbeflächen an der Borsdorfer Straße. Mit Kindergarten, Schule/Hort, verschiedenen Arztpraxen, Läden des täglichen Bedarfs, Friseur, Apotheke und Gaststätte gibt es ein verhältnismäßig breites Spektrum an sozialen und kulturellen Einrichtungen. Im Ort arbeiten 11 Vereine unter Mitwirkung der Dorfgemeinschaft. Jugendclub, Kunstgalerie, Bibliothek, Museum und ein mitgliederstarker Sportverein tragen dazu bei, dass die Integration der zahlreich zugezogenen „Neubürger“ unproblematisch erfolgte. Die neu entstandenen Wohngebiete am Ortsrand und der Dorfkern mit traditionellen Hofanlagen prägen das Ortsbild. Hier wurde auf entsprechende Begrünung geachtet, der Dorfteich wurde saniert und mit Schilfgürtel und Seerosen natürlich angelegt. Die Kirche einschließlich des Pfarrhofs wurden saniert. und stellen eine Dominante im Ort dar. Baumpflanzung an Wegen und Straßen, die Bepflanzung innerörtlicher Grünflächen, öffentlicher Plätze und privater Grundstücksflächen wurden umgesetzt.

Kritisch bewertet wurde allerdings, dass nicht immer die Bebauungsvorgaben eingehalten wurden: „Es sind allerdings Tendenzen der Abwendung von dorftypischen Strukturen, wie staudenreicher Vorgärten oder dorfuntypischer Laubgehölze zu verzeichnen.“