Sprachenübergreifendes Lernen

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

2.3 Sprachlernkompetenz

Aus fremdsprachendidaktischer Perspektive gilt das lebenslange Lernen als eines der übergeordneten Lernziele: “Language teaching should above all seek to make learners autonomous, i.e. teach them to learn languages by themselves by developing a reflective approach to how they learn“ (Beacco, 2007, S.67). Lernende sollen kommunikative Erfahrungen auch außerhalb des schulischen Fremdsprachenunterrichts zum Sprachenlernen nutzen können. Grundvoraussetzung hierfür ist eine reflexive Haltung gegenüber dem Sprachenlernen, die darauf abzielt, Sprachlernprozesse bewusst zu gestalten und eigenständig zu initiieren, was unter dem Begriff der Sprachlernkompetenz (SLK) gefasst werden kann. Die Bildungsstandards für die fortgeführte Fremdsprache weisen SLK als eigenen Kompetenzbereich aus (vgl. KMK, 2012, S.11)1. SLK umfasst die Fähigkeit und Bereitschaft der Lernenden, das eigene Sprachenlernen zu analysieren, um daraus Erkenntnisse für die Planung und Durchführung weiterer Sprachlernprozesse zu ziehen, „wobei die Schüler auf ihr mehrsprachiges Wissen und auf individuelle Sprachlernerfahrungen zurückgreifen“ (ebd., S.25). Es wird unterschieden zwischen dem grundlegenden und dem erhöhten Niveau2 (ebd., S.25f.). Das grundlegende Niveau beinhaltet die Fähigkeit

 den Sprachlernprozess zu reflektieren und zu optimieren (S 1),

 die eigenen rezeptiven und produktiven Kompetenzen zu prüfen und z. B. durch geeignete Strategien zu erweitern (S 2),

 eine Selbsteinschätzung der sprachlichen Kompetenzen vorzunehmen und diese als Grundlage für die Planung weiterer Lernprozesse zu nutzen (S 3),

 Begegnungen mit / in der Fremdsprache für das Sprachenlernen nutzbar machen zu können (im Gespräch mit Angehörigen der Zielsprache, durch TV, Internet, …) (S 4),

 durch Erproben sprachlicher Mittel die eigene Kompetenz zu festigen und dafür auch auf Kompetenzen zurückzugreifen, die in anderen Sprachen erworben wurden (S 5).

Anhand der Standards für SLK wird ersichtlich, dass deren Verständnis „auf einer Lernkonzeption beruht, die Fremdsprachenlernen als einen aktiven und reflexiven Konstruktionsprozess des lernenden Subjekts modelliert“ (Martinez & Meißner, 2017, S.225). Die Auseinandersetzung mit der eigenen Lernersprache findet sich bspw. in Standard 5 wieder, der die Erprobung sprachlicher Mittel mit dem Ziel der Festigung und unter Fruchtbarmachung von Vorwissen beschreibt. So kann die Aktivierung des mehrsprachigen Vorwissens zur Bedeutungserschließung bei der Rezeption zielsprachlicher Texte hilfreich sein, was allerdings impliziert, dass dies als Strategie wahrgenommen und bewusst eingesetzt wird (vgl. ebd., S.228). SLK ist also maßgeblich an der Förderung individueller Mehrsprachigkeit beteiligt und beinhaltet neben deklarativem und prozeduralem Wissen auch eine persönlichkeitsbezogene Komponente, wie Martinez & Meißner (2017, S.221) festhalten:

SLK bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, Fremdsprachen zu lernen. Dies impliziert, den eigenen Fremdsprachenlernprozess (selbst) steuern und kontrollieren zu können. SLK umfasst neben der Entfaltung entsprechender (Lern-)Strategien Einsichten in attitudinale sowie motivationale Faktoren. SLK ist entscheidend nicht nur für die Ausbildung der individuellen Mehrsprachigkeit, sondern auch des lebenslangen Lernens und der Pflege von Fremdsprachenkenntnissen.

In diesem Kapitel wurde die sog. individuelle Mehrsprachigkeit als Grundlage der mehrsprachigen Kompetenz herausgestellt, deren Ausbildung bereits mit dem Erwerb der Mutter- bzw. Erstsprache beginnt3. Mit Blick auf die Lerngruppe lässt sich festhalten, dass die SchülerInnen über ein mehrsprachiges, individuell unterschiedlich ausgeprägtes Repertoire verfügen (vgl. Kap. 4.1).4 Insofern ist der Frage nachzugehen ob es den SchülerInnen gelingt, aus ihrer individuellen Mehrsprachigkeit eine Kompetenz zu machen, um z.B. bisher unbekannte Sprachen zu erschließen (vgl. Forschungsfrage 1). Darüber hinaus wurde dargelegt, dass mehrsprachige Kompetenz auch die Fähigkeit der Lernenden umfasst, diese eigenständig zu erweitern. Diese Kompetenz zur Mobilisierung entsprechender Ressourcen steht in enger Verbindung zu SLK, sodass sich die Frage ergibt, inwieweit es den SchülerInnen gelingt, eine reflexive Haltung zu ihrem Sprachlernprozess einzunehmen und wie dies im Rahmen der Unterrichtsreihe systematisch gefördert werden kann (vgl. Forschungsfrage 2).

3. Untersuchungskontext und Gütekriterien
3.1 Lerngruppe und Forschungsfragen

Beim Forschungskontext handelte es sich um den Französischunterricht der E-Phase (Einführungsphase der dreijährigen Oberstufe), in dem die Unterrichtsreihe durchgeführt wurde. Die qualitative Studie fokussiert einen Teilbereich, nämlich die Förderung von individueller Mehrsprachigkeit und SLK. Sie zielt daher nicht auf verallgemeinerbare Ergebnisse ab. Vielmehr soll durch eine mehrmethodische Herangehensweise (siehe Abbildung 1) ein vertiefter Einblick in die mehrsprachige Kompetenz der SchülerInnen ermöglicht und ermittelt werden, inwieweit diese eine reflexive Haltung zu ihrem Sprachlernprozess einnehmen (können). Für den umrissenen Teilbereich werfen die Ergebnisse Fragen für die Weiterarbeit und pädagogische Praxis auf (vgl. Kap. 5).

Als Gütekriterien qualitativer Forschung kommen in dieser Studie insbesondere empirische Verankerung (z.B. durch den Rückgriff auf Daten wie SchülerInnenprodukte oder Lernprotokolle) sowie reflektierte Subjektivität zum Tragen (vgl. Steinke, 2000, S.319f.). Die sog. reflektierte Subjektivität impliziert einen selbstreflexiven Umgang bei der Durchführung und Dokumentation der Unterrichtsreihe. Selbstreflexion verstehe ich als innere Haltung, die ich als wesentlich sowohl für den Forschungsprozess als auch meine unterrichtliche Tätigkeit auffasse. Selbstreflexion ist ebenfalls eines der wesentlichen Grundsätze von Aktionsforschung, die nach Altrichter & Posch (2018, S.13–18) folgende Merkmale umfasst:

1 Forschung der Betroffenen

2 Fragestellung aus der Praxis

3 In-Beziehung-Setzung von Aktion und Reflexion

4 Längerfristige Forschung und Entwicklungszyklen

5 Konfrontation unterschiedlicher Perspektiven

6 Einbettung der individuellen Forschung in eine professionelle Gemeinschaft

7 Vereinbarung ethischer Regeln für die Zusammenarbeit

8 Veröffentlichung von Praktikerwissen

9 Wertaspekte pädagogischer Tätigkeit

10 Erkenntnis (als Ergebnis von Reflexion) und Entwicklung (als Ergebnis von Aktion) als Ziele von Aktionsforschung

Die mehrmethodische Vorgehensweise eröffnet die Möglichkeit zur Triangulation. Es werden verschiedene Arten von Triangulation unterschieden wie Daten-, Investigator-, Theorien- und Methoden-Triangulation (Denzin, 1989, S.237f.; vgl. auch Aguado & Riemer, 2001, S.247). Sie dient v. a. der Erkenntniserweiterung, indem versucht wird, durch Kombination verschiedener Datensätze und Methoden die Grenzen einzelner Erhebungsverfahren auszugleichen, um so zu einem umfassenden Verständnis des Untersuchungsgegenstandes zu gelangen. Grundlegend ist dabei die Annahme, dass es bei qualitativer Forschung nicht darum geht, eine objektive Wahrheit anzustreben. In der vorliegenden Untersuchung wurde eine Datentriangulation angewandt (vgl. Flick, 2000, S.310f.). Hierbei werden Daten aus mehreren Quellen, deren Erhebung zu verschiedenen Zeitpunkten bzw. bei verschiedenen Personen erfolgte, aufeinander bezogen. So wird der Gegenstandsbereich möglichst facettenreich erfasst, um die forschungsleitenden Fragen (vgl. Kap. 1) beantworten zu können. Das folgende Kapitel gibt einen Einblick in die unterschiedlichen Erhebungsverfahren.

3.2 Datenerhebung: Instrumente und Auswertungsmethode

Es liegen insgesamt vier Datensätze vor. Der Fragebogen zur Selbsteinschätzung (Datensatz I) wurde zu Beginn der Unterrichtsreihe erhoben, während die Lernprotokolle von den SchülerInnen lernprozessbegleitend ausgefüllt wurden (Datensatz II). Der Fragebogen zur Unterrichtswahrnehmung wurde nach Durchführung der Unterrichtsreihe eingesetzt (Datensatz III). Darüber hinaus liegen SchülerInnenprodukte vor, die während der Unterrichtsreihe entstanden sind (Datensatz IV).

Die Datensätze weisen eine unterschiedliche Wertigkeit auf, die sich u.a. daraus ergibt, dass nur der Fragebogen zur Unterrichtswahrnehmung anonym erhoben wurde. Den SchülerInnen war bekannt, dass der Fragebogen zur Selbsteinschätzung sowie die Lernprotokolle von mir gelesen würden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Antworten gemäß der ‚sozialen Erwünschtheit‘ gegeben wurden. Durch die Tatsache, dass die Datensätze teilweise nicht-anonymisiert erhoben wurden, können jedoch zusätzliche SchülerInnenprodukte herangezogen werden, um so die Datentriangulation zu erweitern. Die Auswertung der Fragebögen zur Selbsteinschätzung und zur Unterrichtswahrnehmung erfolgte zahlenmäßig. Bei den Lernprotokollen hingegen erschien es wichtig, die Fallebene, also den Lernenden zu fokussieren, um begründete Rückschlüsse auf die Forschungsfragen zu erzielen. Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die verschiedenen Datenerhebungsinstrumente sowie den Erhebungszeitpunkt:


Datenerhebungsinstrument Anzahl Erhebungszeitpunkt
Datensatz I Fragebogen zur Selbsteinschätzung 16 SchülerInnen vor Beginn der Unterrichtsreihe
Datensatz II Lernprotokolle 64 (4 x 16 SchülerInnen) während der Unterrichtsreihe
Datensatz III Fragebogen zur Unterrichtswahrnehmung 16 SchülerInnen nach Beendigung der Unterrichtsreihe
Datensatz IV SchülerInnenprodukte 16 SchülerInnen während der Unterrichtsreihe

Abbildung 1: Übersicht über die Datensätze

 

3.2.1 Fragebogen zur Selbsteinschätzung – Lernen vorbereiten und anbahnen

Der Selbsteinschätzungsbogen (vgl. Anhang) erfüllte mehrere Funktionen: Zum einen diente er im Rahmen der Unterrichtsreihe als Diagnose- und Förderinstrument (vgl. Kraus, 2009, S.14), indem er schülerseitige Haltungen und Einstellungen zu Mehrsprachigkeit ermittelte (Fragen 5-9). Zum anderen wurde schülerseits eine Selbsteinschätzung in Bezug auf SLK vorgenommen (can do-Beschreibungen 1-4). Bei der Konzeption des Fragebogens orientierte ich mich an Tassinari (2008), die einen Selbsteinschätzungsbogen zu autonomem Lernen vorgelegt hat. Die Bereiche 1-3 sind diesem Fragebogen entnommen. Diese Fragen sind innerhalb der Bereiche savoir, savoir-faire und savoir-être verortbar, aus denen sich SLK zusammensetzt (vgl. Kap. 2.2). Zudem erschien es wichtig, auch Kompetenzbereiche zu Mehrsprachigkeit zu integrieren. Hierbei orientierte ich mich am Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (Candelier et al., 2012), der Deskriptoren zum Aufbau mehrsprachiger Kompetenz beinhaltet (vgl. Kap. 2.1). Die Auswertung des Fragebogens findet sich in der Lerngruppenanalyse wieder (vgl. Kap. 4.1).

3.2.2 Lernprotokolle – Lernprozesse sichtbar machen

Das Lernprotokoll diente in erster Linie dazu, schülerseitige Einblicke in individuelle Fremdsprachenlernprozesse zu gewinnen. Die Auswertung des Selbsteinschätzungsbogens (vgl. Kap. 3.2.1) in Bezug auf Erfahrungen mit dem reflexiven Lernen machte deutlich, dass hier Förderungsbedarf bestand: Keine(r) der insgesamt 16 SchülerInnen hatte bisher mit einem Lernprotokoll gearbeitet. Es erschien daher wichtig, den SchülerInnen konkrete Richtlinien an die Hand zu geben und eine strukturierte Variante anzubieten, bei der folgende Kategorien zu bearbeiten waren: sujet / tâches et activités / difficulté de la tâche / mes stratégies / mon plan de travail individuel. Ich überließ es den SchülerInnen, das Lernprotokoll auf Deutsch oder Französisch auszufüllen. Hierfür stellte ich Redemittel zur Verfügung.1 Bei der Auswertung des Selbsteinschätzungsbogens wurde z.B. deutlich, dass einige SchülerInnen Emotionen beim Fremdsprachenlernen als vergleichsweise wenig wichtig erachteten (vgl. Kap. 4.1), sodass auch diese Bereiche in Form der Kategorien interêt pour le sujet / motivation / mes réactions integriert wurden. Auf die Auswertung der Lernprotokolle komme ich in Kapitel 4 und 5 zu sprechen.

3.2.3 Fragebogen zur Unterrichtswahrnehmung – Lernen bilanzieren und reflektieren

Der Fragebogen zur Unterrichtswahrnehmung wurde innerhalb der Schule nach Abschluss von Unterrichtsreihen eingesetzt, um schülerseitiges Feedback einzuholen. Er bestand aus einem geschlossenen Teil zum Ankreuzen1 sowie einem offenen Teil. Die SchülerInnen kannten die Arbeit mit dem Fragebogen sowohl aus anderen Fächern als auch aus dem Französischunterricht. Die Erhebung erfolgte wie erwähnt anonym. Die Auswertung wird in Kapitel 5 diskutiert.

Bei den dargelegten verschiedenen Datenerhebungsinstrumenten flossen insbesondere die Ergebnisse des Selbsteinschätzungsbogens, der vor Beginn der Unterrichtsreihe ausgegeben wurde, in die Konzeption der Unterrichtsreihe ein.

4. Didaktisch-methodische Überlegungen zur Unterrichtsreihe

Ziel der Unterrichtsreihe war es, die SchülerInnen für die mehrsprachige Wirklichkeit zu sensibilisieren und eine Handlungsfähigkeit für mehrsprachige Kommunikationssituationen zu entwickeln (vgl. Nieweler, 2001, S.6). Die Lernenden sollten dabei auf ihre Fremdsprachenkenntnisse zurückgreifen, „um Sprachgrenzen zu überwinden“ (HKM, 2011, S.11–12). Grundlage dafür war die individuelle Mehrsprachigkeit der SchülerInnen (vgl. Europarat, 2001, S.17, HKM, 2011, S.11–12), deren Erweiterung angestrebt wurde. Dafür ist die SLK essentiell, die die Lernenden bspw. dazu befähigt, ihr sprachliches Vorwissen zu aktivieren. Dieser Rückgriff auf Vorgelerntes sollte im Rahmen der Unterrichtsreihe systematisch gefördert werden, sodass der Aufbau und die Ausweitung eines mehrsprachigen Repertoires (Candelier et al., 2012) angestrebt wurden. Folgende Kompetenzbereiche standen dabei im Zentrum:

 savoir qu’il existe entre les langues […] des ressemblances et des différences ; (K 6)

 savoir observer / analyser des structures syntaxiques et/ou morphologiques ; (S 1.4)

 être sensible à la fois aux différences et aux similitudes entre des langues différentes ; (A 2.4)

 curiosité envers la découverte du fonctionnement des langues; acceptation positive de la diversité linguistique (A 3.2)

Das folgende Kapitel gibt einen kurzen Überblick über die Lerngruppe. Dieser basiert auf Unterrichtsbeobachtungen sowie dem Fragebogen zur Selbsteinschätzung (vgl. Kap. 3.1.1).

4.1 Zur Lerngruppe: Analyse der pädagogischen Situation

Die Lerngruppe umfasste 16 SchülerInnen und setzte sich aus sechs Jungen und zehn Mädchen zusammen1. Anhand des Deskriptors „Ich kann mich für mein Lernen motivieren“ aus dem Selbsteinschätzungsbogen zeigte sich, dass ein Großteil der SchülerInnen sich nach eigenen Angaben ihrer Motivation für das Fremdsprachenlernen bewusst war (s. Abb. 2, Item 1). Defizite bestanden hingegen bei der Selbstmotivation (Item 2), bei der immerhin sieben von insgesamt 16 SchülerInnen angaben, dies gern erlernen zu wollen. Auffällig sind die Antworten zu den Items 4 und 5, bei denen gut ein Drittel der SchülerInnen festhielt, dass Gefühle und Emotionen aus ihrer Sicht nicht wichtig für ihr Fremdsprachlernen seien:


das kann ich das möchte ich lernen nicht wichtig für mich
1. Ich bin mir meiner Motivation bewusst bzw. ich kann darüber nachdenken. 13 3 0
2. Ich kann mich selber neu motivieren, wenn ich merke, dass meine Motivation nachlässt. 8 7 1
3. Ich bin mir meiner Gefühle und Emotionen beim Lernen bewusst bzw. ich kann darüber nachdenken. 10 0 6
4. Ich kann erkennen, dass bestimmte Gefühle und Emotionen mich bei der Arbeit ermuntern oder unterstützen (z.B. Erfolgserlebnis). 6 5 5
5. Ich kann erkennen, ob mich bestimmte Gefühle und Emotionen daran hindern, eine Aufgabe zu lösen 11 3 2

Abbildung 2: Auswertung des Selbsteinschätzungsbogens; Deskriptor „Ich kann mich für mein Lernen motivieren“

Die Auswertung des Fragebogens bezüglich der Frage Welche Sprache möchtest Du gern noch lernen? Warum? zeigte darüber hinaus, dass die SchülerInnen grundsätzlich am Erlernen weiterer Fremdsprachen interessiert waren.2 Drei der SchülerInnen interessieren sich insbesondere für Sprachen aus der romanischen Sprachfamilie: Marina möchte Italienisch lernen, weil ihr Großvater aus Italien stammt. Nicole möchte Spanisch erlernen – Gründe hierfür nennt sie nicht – obwohl sie angibt, dass ihr das Fremdsprachenlernen nicht gerade leichtfalle. Michael möchte Portugiesisch erlernen, da sein Onkel in Brasilien lebt, den er schon besucht hat. Die Bandbreite der genannten Sprachen (s. Fußnote 11, S. 46) spricht grundsätzlich für ein Interesse am Fremdsprachenlernen auch über den schulischen Fremdsprachenunterricht hinaus, was die Wichtigkeit von SLK unterstreicht.

Zwei Schüler wachsen zweisprachig auf. Djawed mit Französisch und Deutsch und Omran mit Deutsch und Berbisch. Auf die Frage Welche Sprachen hast Du ab wann gelernt? zeigt sich, dass sämtliche SchülerInnen Englisch bereits in der Grundschule gelernt haben. Petra lernt zudem seit drei Jahren Spanisch, Laura hat ebenfalls Kenntnisse in Spanisch durch ein Jahr Spanischunterricht, hat diesen aber mittlerweile aufgegeben. Die SchülerInnen sind also mehrsprachig. Die Frage, die sich hier anschließt ist, ob die SchülerInnen ihre individuelle Mehrsprachigkeit fruchtbar machen können, wenn sie beispielsweise unbekannte Texte auf der Basis ihrer Vorkenntnisse erschließen.

In Bezug auf den Deskriptor „Ich kann mein Lernen selbständig gestalten“ aus dem Selbsteinschätzungsbogen ergab sich folgendes Bild:


das kann ich das möchte ich lernen nicht wichtig für mich
1. Ich kann allein arbeiten (z.B. eine vorgegebene Aufgabe allein durchführen). 16
2. Ich kann von mir aus mit einzelnen Lernaktivitäten beginnen und auch durch schwierige Phasen aufrechterhalten. 5 11
3. Ich kann einzelne Aspekte der Fremdsprache analysieren und sie mit meiner Muttersprache oder mit anderen mir bekannten Fremdsprachen vergleichen. 4 6 2
4. Ich suche nach Wörtern in meiner Muttersprache, die neuen Vokabeln in Französisch ähnlich sind. 6 1 4 5
5. Ich suche nach Wörtern in mir bekannten Fremdsprachen, die neu gelernten Wörtern im Französischen ähnlich sind. 9 2 3 2
6. Ich versuche, die Bedeutung einer neuen Vokabel zu erraten. 8 2 2 4

Abbildung 3: Auswertung des Selbsteinschätzungsbogens; Deskriptor „Ich kann mein Lernen selbständig gestalten“

 

Die Auswertung zeigt, dass alle SchülerInnen nach eigener Einschätzung allein arbeiten können (Item 1). Bei der Initiierung von Lernaktivitäten und deren Aufrechterhaltung (Item 2), besteht hingegen noch Förderungsbedarf. Weiterhin zeigt sich, dass immerhin acht von 16 SchülerInnen nach eigenen Angaben die Strategie des intelligent guessing anwenden (Item 6). Bei der Analyse von fremdsprachlichen Strukturen und deren Vergleich mit der Mutter- oder vorgelernten Sprachen hingegen besteht noch Förderungsbedarf (Item 3). Interessant ist, dass fünf SchülerInnen es als nicht wichtig erachten, Wörter in der Muttersprache zu suchen, die neuen Vokabeln im Französischen ähnlich sind. Dies spricht dafür, dass hier ein Förderungsbedarf in Bezug auf die Bewusstheit besteht, auch interlinguale Ähnlichkeiten zwischen Französisch und Deutsch fruchtbar zu machen.