Vegane Ernährung

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Zink

Funktion: Neben seiner Funktion als Bestandteil bzw. Aktivator zahlreicher Enzyme fördert Zink das Wachstum und die Proteinsynthese und wirkt antioxidativ. Als essenzielles Spurenelement übernimmt es eine bedeutende Rolle bei der Zellteilung, beeinflusst Hormone und das Immunsystem. Ein Zinkmangel kann daher zu unterschiedlichen Symptomen führen. Als Mangelerscheinungen eines schweren Zinkmangels sind u. a. Wachstumsstörungen, eine gestörte Wundheilung, Nachtblindheit, Geschmacksstörungen und eine gestörte Spermatogenese bekannt (vgl. EKMEKCIOGLU und MARKTL 2006, S. 40, 47f).

Bedarf: Richtwerte für die Zinkzufuhr für Jugendliche und Erwachsene (vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018): 7–10 mg/Tag.

Vorkommen und Bioverfügbarkeit: Pflanzliche Quellen wie Haferflocken, Weizenkeime, Kürbiskerne, Buchweizen, Sojabohnen und Paranüsse sind im Vergleich mit tierischen Quellen gute Zinklieferanten. Brot gilt in Deutschland neben tierischen Quellen als Hauptlieferant für Zink.

Tab. 2-27: Vorkommen von Zink in ausgewählten Lebensmitteln (BLS 3.01).


Pflanzliche Lebensmittel Tierische Lebensmittel
Buchweizen Austern
Hafer Käse
Nüsse Fleisch
Sojabohnen
Kürbiskerne

[60] Zu beachten ist die geringere Bioverfügbarkeit aus pflanzlichen gegenüber tierischen Zinkquellen. Vitamin C, Zitronensäure (Citrat) und Komplexbildner wie die Aminosäuren Histidin und Cystein können die Zinkaufnahme steigern, Ballaststoffe, Tannine (z. B. Kaffee, Tee) und Phytinsäure (Phytat) hemmen hingegen die Absorption (vgl. DUNKELBERG et al. 2012, S. 289f). Bei hohem Verzehr von Getreide und Hülsenfrüchten wird durchschnittlich ein hohes Phytat-Zink-Verhältnis (> 15 : 1) erreicht. Dadurch ist die intestinale Zinkabsorption herabgesetzt, wodurch der Zinkbedarf um bis zu 50 % erhöht sein kann (IOM 2002, SCHMIDT 2004). Durch einige Untersuchungen konnte jedoch festgestellt werden, dass bei der Zufuhr phytatreicher Lebensmittel über einen längeren Zeitraum eine Adaptation der intestinalen Resorptionsleistung des Organismus erfolgt, sodass eine ausreichende Resorption von Zink möglich ist (vgl. LEITZMANN 2009, S.110). Durch die Zubereitungsart zahlreicher Lebensmittel kann der Gehalt an Phytinsäure vermindert und damit die Bioverfügbarkeit von Zink verbessert werden (GIBSON 2015). Eine dazu zielführende Möglichkeit ist beispielsweise, rohes Getreide, Nüsse, Samen sowie Hülsenfrüchte vor dem Verzehr für mehrere Stunden in Wasser einzuweichen resp. keimen (6 bis 38 Stunden) oder fermentieren zu lassen.

Phytinsäure

Phytinsäure ist eine bioaktive Substanz. Sie kommt natürlicherweise z. B. in Hülsenfrüchten sowie in den Randschichten von Getreide und Ölsaaten vor. Sie dient der Pflanze als Speicher für Phosphat und Kationen (z. B. Kalium oder Magnesium), die der Keimling zum Wachstum benötigt. Aufgrund ihrer komplexbildenden Eigenschaften kann sie mit der Nahrung aufgenommene Mineralstoffe wie Eisen, Calcium und Zink im Verdauungstrakt unlöslich binden, sodass diese dem Körper nicht mehr zur Verfügung stehen. Entsprechend sinkt deren Bioverfügbarkeit. Die Wirkung der Phytinsäure ist jedoch von mehreren Faktoren abhängig, so z. B. von ihres Konzentration, von der Zubereitungsart einer Mahlzeit sowie von Phytase (vgl. WATZL und LEITZMANN 2005, S. 46). Durch das Enzym Phytase kann die Bioverfügbarkeit erhöht werden. Phytase kommt natürlicherweise in Pflanzen, unter anderem im Keim und der Kleie von Getreidekörnern sowie in Mikroorganismen vor. Nach Aktivierung durch physikalische Einwirkungen (mahlen, quellen) bzw. durch Mikroorganismen (Milchsäurebakterien und Hefen, die der Gärung dienen) führt Phytase zur hydrolytischen Spaltung der Phytinsäure im Lebensmittel (z. B. bei der Herstellung von Sauerteig) (SCHLEMMER 2009). Zudem können einige organische Säuren den aufnahmehemmenden Effekt der Phytinsäure positiv beeinflussen (z. B. Vitamin C, Zitronen-, Äpfel-, Wein- und Milchsäure) (vgl. LEITZMANN und KELLER, 2013, S.222, 240).

[61] Versorgung bei Veganern: Die durchschnittliche Zinkaufnahme entspricht den Empfehlungen von 7 bis 10 mg/Tag. Einen zuverlässigen Marker für den Zinkstatus im Plasma gibt es derzeit nicht, sodass die physiologische Versorgung nicht hinreichend bestimmt werden kann (FOSTER et al. 2013).

Tab. 2-28: Durchschnittliche Zinkzufuhr von Veganern (mg/Tag).


Schlussfolgerung: Untersuchungen zeigen, dass der Zinkbedarf bei Veganern im Durchschnitt entsprechend der Empfehlungen der Fachgesellschaften gedeckt ist. Hemmende Effekte durch Ballaststoffe und Phytate sollten vermindert werden, um eine möglichst hohe Resorption zu gewährleisten.

Jod

Funktion: Jod ist ein zentraler Bestandteil der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4). Die Schilddrüsenhormone sind am Kohlenhydrat-, Eiweiß-, und Fettstoffwechsel beteiligt und beeinflussen u. a. das Nervensystem, die Herzfrequenz und den Grundumsatz. Jod hat auch eine essenzielle Bedeutung für Wachstum und Entwicklung (vgl. EKMEKCIOGLU und MARKTL 2006, S. 116f). Bei einer unzureichenden Jodversorgung treten als Mangelerscheinung Struma (pathologische und kompensatorische Vergrößerung der Schilddrüse) und Kretinismus auf (vgl. BÖCKER und AGUZZI 2008, S. 392). Auch eine Überversorgung mit einer täglichen Menge von > 500 μg/Tag kann zu einer gestörten Schilddrüsenfunktion, Hyper- oder Hypothyreose und Strumabildung führen (vgl. BfR 2007).

Bedarf: Richtwerte für die Jodzufuhr für Jugendliche und Erwachsene (vgl. DGE und ÖGE 2018: 180–200 µg Jod/Tag; SGE 2015: 150 µg Jod/Tag).

Vorkommen und Bioverfügbarkeit: Mit Jod angereichertes Salz ist die wichtigste Jodquelle in Deutschland (Arbeitskreis Jodmangel 2015) und den angrenzenden Ländern. Seit Anfang der 1990er-Jahre trägt die Jodierung von Lebens- und Futtermitteln dazu bei, die Versorgung der Bevölkerung zu optimieren. Nahrungsmittel wie Salz, Öle, Brot und Wasser werden entsprechend [62] mit Jod angereichert (vgl. BFR 2012). Ein Großteil des Salzverzehrs, schätzungsweise 80 %, erfolgt jedoch nicht über im Haushalt zubereitete Speisen, bei deren Herstellung das mit Jod angereicherte Salz zum Einsatz kommen würde, sondern über industriell oder handwerklich gefertigte Lebensmittel, bei deren Herstellung jedoch selten mit Jod versetztes Salz verwendet wird. Da Fertiglebensmittel aber von der Bevölkerung immer häufiger verzehrt werden, ergeben sich auf diese Weise Versorgungslücken (Arbeitskreis Jodmangel 2015). Feldsalat, Champignons, Broccoli und Karotten enthalten natürlicherweise Jod. Der Jodgehalt der Pflanzen unterliegt jedoch Schwankungen, da er vom Gehalt des Bodens abhängt. Felder im Inneren der Kontinente sowie in Gebirgsregionen weisen einen deutlich geringeren Jodgehalt als küstennahe Regionen auf. Getrocknete Algen und Seetang enthalten Jod in relevanten, teilweise sogar sehr hohen Mengen. Die Jodgehalte schwanken je nach Algenart stark. Daher wird empfohlen, die Produkte zu verwenden, auf deren Verpackung Angaben zu Verzehrsmengen gegeben werden, um eine Überdosierung zu vermeiden (vgl. BfR 2007). Mit einer Konzentration von bis zu 720 µg/l kann jodhaltiges Mineralwasser einen Beitrag zur alimentären Versorgung leisten.

Tab. 2-29: Vorkommen von Jod in ausgewählten Lebensmitteln (BLS 3.01).


Pflanzliche Lebensmittel Tierische Lebensmittel
Algen Fisch
Seetang Meeresfrüchte
Feldsalat
Champignons

Versorgung bei Veganern: Die durchschnittliche Jodaufnahme der Veganer, die im Rahmen der Deutschen Vegan-Studie untersucht wurden, lag deutlich unter der Empfehlung von 180–200 µg Jod/Tag.

Tab. 2-30: Durchschnittliche Jodaufnahme von Veganern (μg/Tag).


Schlussfolgerung: Veganer erreichen die empfohlene Zufuhrmenge von Jod im Durchschnitt nicht. Da bei der Verzehrerhebung nicht immer erfasst wird, [63] ob mit Jod angereicherte Lebensmittel verzehrt werden oder nicht, könnte die tatsächliche Versorgung jedoch über den hier dargestellten Werten liegen. Dennoch ist eine adäquate alimentäre Jodaufnahme generell, aber insbesondere auch bei einer veganen Ernährung schwierig, sodass eine Supplementation sinnvoll sein kann. Jod zählt zu den allgemein kritischen Nährstoffen und ist kein spezifisches Problem vegan lebender Menschen.

 

Sekundäre Pflanzenstoffe

Funktion: Sekundäre Pflanzenstoffe (SPS) sind bioaktive Substanzen. Bei ihnen handelt es sich um Nahrungsinhaltsstoffe, die als nicht nutritive Stoffe bezeichnet werden und denen eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird (vgl. Kap. 3). Neben den primären Pflanzenstoffen (Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten), zählen schätzungsweise 100 000 chemische Verbindungen zu den sekundären Pflanzenstoffen. Sie werden von Pflanzen gebildet und da sie nur in geringen Mengen vorkommen, werden ihre Funktionen als pharmakologische Wirkungen bezeichnet (vgl. WATZL und LEITZMANN 2005, S. 15). Gegenwärtig sind bereits viele gesundheitsfördernde Wirkungen der sekundären Pflanzenstoffe auf den Menschen bekannt (vgl. Kap. 3). Sekundäre Pflanzenstoffe erfüllen durch ihre z. B. antikanzerogene, antioxidative, antiphlogistische und blutdruckbeeinflussende Wirkung einen therapeutischen Zweck.

Vorkommen und Bioverfügbarkeit: In Tab. 2-31 sind eine Reihe ausgewählter sekundärer Pflanzenstoffe aufgeführt. Neben ihrer physiologischen Funktionen werden der Gehalt in Lebensmitteln und die geschätzten Aufnahmemengen angegeben.

Tab. 2-31: Sekundäre Pflanzenstoffe; Vorkommen und Aufnahme mit der Nahrung und Funktionen (vgl. ELMADFA und LEITZMANN 2015, S. 520ff; vgl. WATZL und LEITZMANN 2005, S. 23, 27–30; vgl. STEHLE 2012, S. 336; WATZL 2001; WATZL und RECHKEMMER 2001; vgl. DGE, ÖGE und SGE 2018).




[64]* nur Ellagsäure

[65]** Gesamtphytoöstrogene, westliche Populationen (Deutschland, Niederlande, USA), Mediane

*** in 100 g Trockensubstanz

– keine Daten verfügbar

Die unterschiedlichen Wirkungen sekundärer Pflanzenstoffe und ihre Bioverfügbarkeit sind von zahlreichen Faktoren abhängig; so hängt z. B. die Nutzung aus Gemüse in hohem Maße von der Art der Zubereitung ab. Einige sekundäre Pflanzenstoffe sind durch Hitze leicht zerstörbar (z. B. Glukosinolate), und/oder sie werden nur in geringer Menge resorbiert (z. B. Saponine) (vgl. WATZL und LEITZMANN 2005, S. 35f, 433).

Versorgung bei Veganern: Beim Verzehr einer großen Menge Obst und Gemüse, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten kann die Versorgung mit verschiedenen sekundären Pflanzenstoffen hoch sein. Dadurch, dass Veganer häufiger biologisch produzierte Lebensmittel kaufen, die höhere Gehalte an z. B. antioxidativ wirksamen Inhaltsstoffen aufweisen (BARANSKI et al. 2014), nehmen sie unter Umständen auch mehr sekundäre Pflanzenstoffe auf. Eine Studie aus Finnland liefert Hinweise auf eine erhöhte Serumkonzentration an Polyphenolen bei Veganern (ELORINNE et al. 2016). Ergebnisse der Adventisten Health Study 2 zeigen, dass Veganer, verglichen mit Anhänger anderer Ernährungsformen, die größten Mengen pflanzlicher Lebensmittel wie Gemüse und Obst aufnehmen.

[66] Tab. 2-32: Aufnahme von Lebensmitteln bei verschiedenen Kostformen (g/Tag) (www.adventisthealthstudy.org).


Fermentierte Lebensmittel

Fermentierte Lebensmittel gelten wie sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe als bioaktiv. Mit dem Begriff «Fermentation» wird die Umwandlung organischen Materials durch Mikroorganismen wie Bakterien oder andere Einzeller, Pilze bzw. deren Enzyme bezeichnet. Ursprünglich fungierte die Fermentation als Möglichkeit, erntefrisches Obst und Gemüse zu konservieren; heute stehen auch die gesundheitlichen Vorteile im Fokus. Zahlreiche physiologische Wirkungen fermentierter Lebensmittel gelten als wissenschaftlich erwiesen (vgl. WATZL und LEITZMANN 2005, S. 9). Nach FARNWORTH (2008) kann der physiologische Nutzen fermentierter Lebensmittel entsprechend ihren Eigenschaften wie folgt eingeteilt werden:

verbesserte Verdaulichkeit

Entstehung von erwünschten mikrobiellen Produkten (z. B. Enzymen)

erhöhte Bioverfügbarkeit

probiotische und prebiotische Wirkungen

erhöhter Mikronährstoffgehalt (z. B. Vitamine)

Eine verbesserte Verdaulichkeit ist dadurch begründet, dass durch die von Mikroorganismen gebildeten Enzyme die Aufspaltung der Nährstoffe unterstützt wird. Ähnlich wirkt sich der Verzehr fermentierter Lebensmittel auf die Bioverfügbarkeit von Nährstoffen aus: Die Mikroflora des Darms wird durch Mikroorganismen bzw. Enzyme ergänzt und durch Prebiotika und Probiotika (vgl. Kap. 3) positiv beeinflusst (vgl. FARNWORTH 2008, S. 501ff). Neben der Fähigkeit von Mikroorganismen, Folsäure zu bilden (ROSSI et al. 2011; HUGENHOLTZ und SMID 2002), produzieren Milchsäurebakterien auch Vitamin B2 und B12 (CAPOZZI et al. 2012).

2.2 Vegane Ernährung im (Leistungs-)Sport

[67] Die richtige Ernährung ist für jeden Sportler von großer Bedeutung. Sie ist Voraussetzung für optimale Leistungsentwicklung und Regeneration nach Belastungssituationen. Dies gilt vor allem für (Leistungs-)Sportler mit großem Trainingspensum. Die optimale Ernährung ermöglicht es ihnen, ihre Leistungsfähigkeit bei Wettkämpfen voll auszuschöpfen. Eine einheitliche Definition dafür, wer als Leistungssportler gilt, gibt es allerdings nicht. Als Richtwert kann man aber davon ausgehen, dass jemand dann als Leistungssportler zu klassieren ist, wenn der zeitliche Trainingsaufwand bis zu zwei Stunden pro Tag an mindestens fünf Tagen die Woche umfasst, und der sportbedingte Energieumsatz 4000 kcal oder mehr beträgt (vgl. SCHEK 2014, S. 371).

Eine ausreichende Zufuhr an Makro- und Mikronährstoffen ist wichtig für eine optimale Stoffwechselleistung. Internationale Organisationen wie die International Society of Sports Nutrition, das American College of Sports Medicine sowie das Internationale Olympische Komitee empfehlen Sportler/ innen mit einer veganen Ernährungsweise, auf eine adäquate Energie- und Proteinzufuhr zu achten. Zudem besteht bei ihnen das Risiko einer unzureichenden Versorgung mit Eisen, Calcium, Vitamin D, Vitamin B2, Zink und Vitamin B12, die mit Einbußen hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Gesundheit verbunden sind (ADA 2009b; POTGIETER 2013; BORRIONE et al. 2009).

2.2.1 Nährstoffe

Energie: Für die optimale Leistungsfähigkeit des Sportlers ist eine adäquate Energiezufuhr wichtig. Der Bedarf ist von der Sportart, der Trainingsbelastung (Intensität, Dauer, Frequenz) und dem Geschlecht abhängig. Je häufiger und intensiver trainiert wird, desto höher ist der Energiebedarf.

Die vegane Ernährung zeichnet sich durch eine vergleichsweise geringe Energiedichte aus. Durch den erhöhten Energiebedarf bei sportlicher Aktivität sollten vegan lebende Sportler insbesondere darauf achten, ein längerfristiges Energiedefizit zu vermeiden und die beim Training verbrauchte Energie wieder zuzuführen. In der Erholungsphase nach einer intensiven (Ausdauer-) Belastung kann es zu einer verringerten Wahrnehmung des Appetits kommen, sodass die verbrauchte Energie nicht wieder ausreichend zugeführt wird (vgl. SCHEK 2013, S. 72). Der hohe Gehalt an sättigenden Ballaststoffen in der veganen [68] Ernährung kann eine ausreichende Energiezufuhr zusätzlich erschweren. Energiereiche Lebensmittel wie z. B. Pflanzenöle, Avocado, Nüsse und Samen können gezielt genutzt werden, um den Energiebedarf des veganen Sportlers zu decken.

In Sportarten, die mit einem niedrigen Körpergewicht und starker Gewichtskontrolle des Sportlers assoziiert sind (z. B. Turnen, Gymnastik, Ballett), kann eine vegane Ernährung aufgrund der geringen Energiedichte ein Risiko darstellen. Bei einer stark restriktiven Durchführung der Gewichtskontrolle kann sie auch ein Hinweis für eine Essstörung sein. Trainer und Betreuer sollten insbesondere bei den genannten Risikosportarten entsprechend aufmerksam sein (ADA 2009a).

Fett: In der Sporternährung ist neben einer ausreichenden Fettmenge als Energielieferant eine gute Fettzusammensetzung von Bedeutung. So können Immunkompetenz und Leistungsfähigkeit positiv beeinflusst werden. Vegane Sportler sollten insbesondere auf ein Zufuhrverhältnis der ω-6- zu ω-3-Fettsäuren von 5:1 achten, um ein proinflammatorisches Milieu zu vermeiden. Samen und Nüsse (z. B. Lein-, Chia-, Hanfsamen, Walnüsse und daraus hergestellte Öle) sind reich an ω-3-Fettsäuren und können entsprechend eingesetzt werden. Nüsse und Samen sind zudem wertvolle Proteinquellen (FUHRMAN und FERRERI 2010).

Laut der International Federation of Sports Medicine (FIMS) haben Leistungssportlerinnen ein erhöhtes Risiko für eine Amenorrhöe (BORRIONE 2009). Ein Übersichtsartikel von BENSON et al. gibt Hinweise darauf, dass Energieaufnahme, Fettzufuhr, starker Gewichtsverlust sowie eine vegetarische Ernährungsweise hierbei eine Rolle spielen (BENSON et al. 1996). Ob sich dies auch auf die vegane Ernährungsweise übertragen lässt, ist bisher nicht untersucht worden, erscheint aber durchaus plausibel. Deshalb sollten auch vegane Leistungssportlerinnen auf eine ausreichende Energie-, Fett- und Eisenzufuhr achten. Eine Amenorrhöe ist reversibel. Die Bedarfsdeckung von Energie kann das Hormonprofil normalisieren und das Wiedereinsetzen der Menstruation bewirken (BORRIONE 2009).

Protein: Sportler haben einen erhöhten Proteinbedarf, da Aminosäuren zur Energiegewinnung und für den Aufbau von Muskelprotein genutzt werden (vgl. SCHEK 2013, S. 71). Um die Regeneration zu beschleunigen und Muskelschäden zu reduzieren, können Proteine mit Kohlenhydraten kombiniert im Verhältnis 1:3-4 direkt im Anschluss an eine intensive Belastung aufgenommen [69] werden (vgl. SCHEK 2013, S. 75). Dafür eignen sich pflanzliche Proteinquellen wie z. B. Soja-, Süßlupinen-, Hanf-, Erbsen-, Reis-, Kürbis- und Sonnenblumenprotein in Kombination mit Obstsaft und/oder Wasser bzw. pflanzlichen Milchalternativen auf Nussbasis. Einige Sportler supplementieren verzweigtkettige Aminosäuren (BCAA = branched chain amino acid) wie Valin, Leucin und Isoleucin. Diese sollen die trainingsbedingten Muskelschäden abschwächen und die Muskelproteinsynthese fördern (vgl. SCHEK 2013, S. 98). Einem Übersichtsartikel zufolge stehen wissenschaftliche Nachweise für diese Wirkung noch aus, sodass keine entsprechende Empfehlung ausgesprochen werden kann (NEGRO et al. 2008). Nahrungsergänzungsmittel aus isolierten Proteinen sind in veganer Form zu erwerben, sie haben jedoch im Vergleich zu natürlichen proteinreichen Lebensmitteln Nachteile; zum einen enthalten Präparate mit Isolaten nur wenige für den Sportler wichtige Mikronährstoffe, zum anderen können sie den krebsfördernden Insulin-like growth factor 1 (IGF-1) enthalten (FUHRMAN und FERRERI 2010). Somit sollte eine ausgewogene Ernährung den Isolaten vorgezogen werden. Für Kraftsportler ist die Empfehlung für die Proteinzufuhr erhöht, da Protein die Grundlage für die Muskelproteinsynthese darstellt. Oft wird dabei jedoch die benötigte Menge für den optimalen Muskelaufbau überschätzt. Da ein Kilogramm Muskel nur zu etwa 22 % aus Protein, dagegen zu 70 % aus Wasser und zu 7 % aus Fett besteht, werden zum Aufbau von 4 kg Muskulatur im Lauf eines Jahres täglich nur 2,41 g mehr Protein benötigt. Ob durch eine vegane Ernährung genügend Protein für einen optimalen Aufbau der Muskelmasse geliefert werden kann, wird von wissenschaftlicher Seite als noch nicht ausreichend geklärt angesehen (FUHRMAN und FERRERI 2010). Fallberichte zeigen jedoch, dass mit einer ausgewogenen Lebensmittelauswahl und einer ausreichenden Proteinzufuhr auch mit einer veganen Ernährungsweise gute Leistungen im Leistungssportbereich zu erbringen sind. Durch eine abwechslungsreich und gut geplante vegane Ernährung mit adäquatem Energiegehalt können Sportler ihren Proteinbedarf auch ohne Supplemente decken. Hierbei ist eine sinnvolle Kombination der Eiweißquellen notwendig, um alle – insbesondere die essenziellen – Aminosäuren zuzuführen (ADA 2009a). Es können z. B. Proteinshakes, je nach Bedarf auf Basis von Hülsenfrüchten wie Soja, Erbse und Süßlupine oder Getreide wie Reis, Amaranth, Quinoa und Hafer mit Nüssen, Samen und (Wild-)Pflanzen hergestellt werden. Zufuhrempfehlung (International Federation of Sports Medicine (FIMS); BORRIONE et al. 2009): Ausdauersportler: 1,2–1,6 g/kg Körpergewicht; Kraftsportler: 1,6–1,7 g/kg Körpergewicht.

 

[70] Vitamin B2: Der Bedarf an Vitamin B2 steht im Zusammenhang mit dem Energiebedarf und kann demnach bei Sportlern erhöht sein. Bei einer unzureichenden Aufnahme kann die Leistungsfähigkeit vermindert sein, da das Vitamin an der Energiegewinnung aus Makronährstoffen beteiligt ist (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 163f). Vitamin B2 ist überwiegend in tierischen Lebensmitteln enthalten. Vegane Sportler können Vitamin-B2-Quellen wie Pilze, grüne Gemüse, Nährhefen und Keimlinge in die Ernährung einbauen und auf eine nährstoffschonende Zubereitungsform achten (vgl. Tabellen im Anhang). Zufuhrempfehlung (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 163f): 0,6 mg Riboflavin pro 1000 kcal/Tag.

Vitamin B12: Der Vitamin-B12-Bedarf ist bei Sportlern nicht erhöht. Da Vitamin B12 als kritischer Nährstoff gilt, sollten vegane Sportler auf eine ausreichende Zufuhr achten. Die Zufuhrempfehlung für Sportler entspricht den allgemeinen Empfehlungen für Erwachsene.

Vitamin D: Vitamin D beeinflusst die Resorption und den Serumspiegel von Calcium und ist darüber hinaus an der Muskelkontraktion beteiligt (vgl. RASCHKA et al. 2012, S. 109). Da Vitamin D einen potenziell kritischen Nährstoff darstellt, sollten insbesondere vegan lebende Sportler auf eine ausreichende Versorgung achten und gegebenenfalls zusätzlich supplementieren. Die Bestimmung des Vitamin-D-Status ist insbesondere für Sportler relevant, die sich wenig im Freien aufhalten (z. B. überwiegendes Hallentraining), eine dunkel pigmentierte Haut haben oder aus religiösen/kulturellen Überzeugungen die Haut verdecken (BORRIONE et al. 2009).

Eisen: Eisen ist einer der wichtigsten Nährstoffe für den Sportler, da es am Sauerstofftransport in die Muskeln und an der Energiebereitstellung beteiligt ist (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 381). Ein guter Eisenstatus ist Grundlage für eine gute Leistungsfähigkeit. Gefüllte Eisenspeicher können die kardiovaskuläre Fitness fördern (FUHRMAN und FERRERI 2010). Da Sportler einen erhöhten Eisenumsatz haben, entwickeln sie entsprechend häufiger einen Eisenmangel. Mögliche Ursachen sind:

starkes Schwitzen

Hämolyse (vor allem im Fußballen bei Läufern)

Sportler in der Wachstumsphase

Verletzungen

[71] höheres Blutvolumen

höhere Blutneubildungsrate

Hinzu kommen sportlerunspezifische Ursachen, wie gastrointestinale Blutungen (oft stressbedingt während der Wettkampfphase), Menstruationsverluste sowie die bei einer veganen Ernährung besonders zu berücksichtigende geringe Bioverfügbarkeit pflanzlichen Eisens (vgl. RASCHKA et al. 2012, S. 117f; BORRIONE et al. 2009; ADA 2009a). Besonders Sportlerinnen in der Altersgruppe von 14 bis 19 Jahren haben durch die Menstruation ein höheres Risiko für einen Eisenmangel und sollten ihren Eisenstatus regelmäßig kontrollieren lassen (ADA 2009a). Bei Vorliegen einer Anämie oder bei Frauen mit starken Menstruationsblutungen kann eine Supplementation in Absprache mit einem Arzt erfolgen (FUHRMAN und FERRERI 2010). Ob die adäquate Versorgung mit Eisen für Leistungssportler durch eine vegane Ernährungsweise erfolgen kann, ist bisher nicht untersucht worden. Bei einer veganen Kost sollten Sportler insbesondere eine sinnvolle Lebensmittelauswahl treffen sowie die Wirkung absorptionsfördernder und -hemmender Substanzen berücksichtigen. Zufuhrempfehlung (vgl. RASCHKA et al. 2012, S. 119): Ausdauersportler und Kraftsportler 30–40 mg/Tag.

Zink: Zink ist für die Funktion des Immunsystems und für Reparaturen der Muskeln essenziell. Besonders bei Ausdauersport wird Zink vermehrt über den Urin ausgeschieden. Zinkmangelsymptome wie Wundheilungsstörungen, Appetitlosigkeit und Immunschwäche können leicht mit dem Übertrainingssyndrom verwechselt werden und heben die Bedeutung einer adäquaten Zinkzufuhr hervor (vgl. BIESALSKI und ADOLPH 2010, S. 381). Vegan lebende Sportler haben ein erhöhtes Risiko für einen Zinkmangel (DE BORTOLI und COZZOLINO 2009). Die International Federation of Sports Medicine (FIMS) empfiehlt veganen Sportlern eine Supplementation mit Zink im Umfang der täglichen Empfehlung (BORRIONE et al. 2009). Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) stuft die Supplementation von Zink in einer mehrfachen Menge des täglichen Bedarfs aufgrund möglicher Gefährdung durch Nebenwirkungen und des Risikos einer Überdosierung in die höchste Risikoklasse ein (vgl. DOMKE und BfR 2004). Daher wird empfohlen, die Notwendigkeit einer Supplementierung von einem fachkundigen Arzt einschätzen und bestätigen zu lassen, und die Dosierung strikt zu beachten. Zufuhrempfehlung (vgl. RASCHKA et al. 2012, S. 119): Ausdauersportler: 15–20mg/Tag; Kraftsportler: 20–30mg/Tag.

[72] Antioxidantien: Durch die intensive Belastung wird der Organismus des Sportlers, insbesondere der eines Leistungssportlers, oxidativem Stress ausgesetzt. Die gesteigerte Bildung reaktiver Sauerstoffverbindungen schädigt Zellbestandteile wie Proteine, Fett und Nukleinsäuren. Die Zufuhr von Antioxidantien kann die Auswirkungen des oxidativen Stresses reduzieren. Dagegen spricht, dass der sportbedingte oxidative Stress vorübergehend ist und regelmäßiges Training den Körper dazu veranlasst, vermehrt enzymatische und nicht enzymatische Antioxidantien in den Muskelfasern bereitzustellen, um Schäden vorzubeugen (NIESS et al. 2002, POWERS et al. 2011). In einer Studie wurde Untrainierten sowie trainierten Männern über den Zeitraum von einem Monat täglich entweder 1000 mg Vitamin C und 400 I.E. Vitamin E oder ein Placebo verabreicht (RISTOW et al. 2009). Durch die Zufuhr der hoch dosierten Antioxidantien in Form von Supplementen wurde entsprechend die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) gehemmt, welche Signalmoleküle für die körpereigenen, antioxidativ wirksamen Enzyme darstellen. Diese waren folglich weniger aktiv. Die Supplementation mit hoch dosierten Antioxidantien könnte entsprechend den gesundheitsförderlichen Effekt sportlicher Aktivität hemmen (RISTOW et al. 2009). Das American Collage of Sports Medicine (ACSM) schlussfolgerte daraus, dass die Zufuhr von Antioxidantien in Form von Supplementen nicht uneingeschränkt positiv sei (FUHRMAN und FERRERI 2010). Einige der in der ACSM-Review berücksichtigten Studien wiesen sogar auf Nebenwirkungen wie erhöhte Lipidperoxidation und einen verringerten Level des antioxidativ wirksamen Enzyms Glutathion-Peroxidase hin. Bei Aufnahme von Antioxidantien aus natürlichen Quellen ist dieser negative Effekt nicht zu verzeichnen (RISTOW et al. 2009). Eine vegane Ernährung enthält besonders viel antioxidativ wirksame sekundäre Pflanzenstoffe, natürliches Vitamin C, E und ß-Carotin. Es ist daher für Sportler eine diesbezüglich ausgewogene und gut geplante Ernährung zu empfehlen (FUHRMAN und FERRERI 2010).

Kreatin: Kreatin wird vor allem für die Muskelkontraktion, aber auch für Hirnund Nervenfunktionen in Form von Kreatinphosphat benötigt. Es liefert der Zelle schnell verfügbare und kurzfristig wirkende Energie. Bei intermittierenden, hochintensiven Belastungen von weniger als 30 Sekunden Dauer kann Kreatin die Laktatakkumulation und damit die Ermüdung hinauszögern. Hierdurch wiederum lässt sich das Trainingspensum erhöhen (vgl. SCHEK 2013, S. 93). Die körpereigene Synthese von Kreatin erfolgt aus den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin, welche vorwiegend in tierischen Lebensmitteln [73] enthalten sind. Die Fachgesellschaften International Federation of Sports Medicine (FIMS) und American Dietetic Association (ADA) betrachten eine Supplementation jedoch lediglich für Kraftsportler als sinnvoll (BORRIONE et al. 2009; ADA 2009a). Da Kreatin ein kurzzeitig wirkendes Energiesubstrat ist, werden Ausdauerleistungen davon nicht beeinflusst.