ALL BECOME REALIZED

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
ALL BECOME REALIZED
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Remington Queens

ALL BECOME REALIZED

AWAKENING OF FORGOTTEN ILLUSTRATIONS

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1: So bin ich eben…

Kapitel 2: Neue Bekanntschaft?

Kapitel 3: Meine beste Freundin…

Kapitel 4: Sechzehn Uhr fünfundvierzig.

Kapitel 5: Klischees in der Familie

Kapitel 6: Im Garten bei der Villa.

Kapitel 7: In Edoardos Appartement.

Kapitel 8: Anders anders, als Du denkst…

Kapitel 9: Elternprobleme

Kapitel 10: In der Villa.

Kapitel 11: Dienstagmittag, dreizehn Uhr fünfundfünfzig.

Kapitel 12: Fremde Gefühle

Kapitel 13: An einem Imbissbüdchen.

Kapitel 14: Neunzehn Uhr.

Kapitel 15: Bei einem Kunsthändler.

Kapitel 16: Ein folgenschwerer Tag

Kapitel 17: Vom Unwissenden zum Pseudowissenden

Kapitel 18: Hinter dem Eingang des Zoos.

Kapitel 19: Wieder zurück in der Villa

Kapitel 20: Nicht tierisch, nicht menschlich

Kapitel 21: Auf den Schock…

Kapitel 22: Näher als Du denkst

Kapitel 23: In der Schule.

Kapitel 24: Sechzehn Uhr fünfundvierzig.

Kapitel 25: Erfahrung mit der Außenwelt

Kapitel 26: Ungeahnte Geheimnisse…

Kapitel 27: Jeder Wille hat seine Konsequenzen…

Kapitel 28: Es schellt.

Kapitel 29: Samstagabend.

Kapitel 30: Neuer Morgen, neue Bedingungen.

Kapitel 31: Neugier der Unwissenden

Kapitel 32: Falsche Natur; echte Gefahr

Kapitel 33: Auf der Verfolgung…

Kapitel 34: Gefahr vorüber?

Kapitel 35: Ein Mann mit Doppelleben

Kapitel 36: Mission geht weiter…

Kapitel 37: Während der Suche

Kapitel 38: Weder Hoffnung noch Glück…

Kapitel 39: Nicht jede Lösung ist die Deines Problems.

Kapitel 40: Was die nicht wissen…

Kapitel 41: Mission abbrechen?

Kapitel 42: Einen Tag später…

Kapitel 43: In einem Café.

Kapitel 44: Einen Monat später.

Kapitel 45: Bei einem Fjord.

Impressum neobooks

Kapitel 1: So bin ich eben…

>> Hey, Leute. ---Entschuldigt. Ich sollte mich erst einmal vorstellen. Ich habe eigentlich keinen Namen, also nennt mich einfach Steve. So nennen sie mich hier alle und außerdem hat mir der Name schon immer gefallen. Vielleicht zunächst ein paar persönliche Dinge, damit Ihr wisst, mit wem Ihr`s zu tun habt. Keine Sorge, ich will Euch keineswegs langweilen, also halte ich mich kurz: Ursprünglich komme ich aus Europa. Vor wenigen Jahren bin ich adoptiert worden und lebe seither genau vier Jahre in Kanada. Mit meiner Mutter und meinem Bruder Lucas wohne ich hier in einer Villa in einer Stadt der Moderne. Klingt etwas bescheuert, ich weiß. Aber so ist das hier: In den Schulen wird nur noch mit Tablets und Computer gearbeitet. Die Autos fahren hier auch längst nicht mehr mit Benzin. Und in der Innenstadt soll jetzt ein Freizeitpark mit völlig modernen Attraktionen eröffnet werden. Unser Bürgermeister Mr. Mayor rühmt sich andauernd damit, dass „seine“ Stadt in Sachen Technik so weit vorangeschritten ist. <<

Sitzt an seinem Schreibtisch.

>> Kommen wir aber zurück zu mir. Insgeheim habe ich keine Hobbies. ---Na gut, ok: Es gibt da tatsächlich etwas, aber ich möchte ja, dass Ihr weiter aufmerksam dabei bleibt. Jedoch möchte ich Euch auch nichts verschweigen. So wird niemand hinterher behaupten können, er hätte nicht gewusst, was für ein Freak ich bin. Also ich habe da so ein Handbuch. Ich trage es im Grunde genommen seit meiner Geburt mit mir rum. Von wem ich es habe, weiß ich gar nicht so genau. Na ja, meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt verstorben. Und mein Vater, der ist verschwunden, als ich klein war. Jedenfalls befinden sich in diesem Buch bereits eine Menge Zeichnungen von verschiedenen Vogelarten. Ich bin ein absoluter Vogelliebhaber. Die meisten habe ich skizziert, als ich sie das erste Mal in freier Natur gesehen habe. Zugegeben sind auch ein paar wenige von ihnen erfunden, aber das müsst Ihr ja niemandem erzählen. Was gibt es sonst noch… Ach ja, früher wollte ich immer mal nach Skandinavien. Ich bin ein Typ, der Kälte braucht und muss nicht satte zwölf Stunden am Tag die Sonne sehen. ---Warum ich das alles kundgebe? –Ich bin nicht anders als Ihr, weil ich wie Ihr anders bin. Ich denke anders, schreibe anders, spreche anders… Aber eine Sache, die unterscheidet mich nicht bloß von Euch, nein. Sie unterscheidet mich von der Wirklichkeit, von der Ihr glaubt, Ihr würdet sie kennen. <<

Schritte auf der Treppe.

Lucas?

>> Es gibt da etwas, was ich Euch unbedingt erzählen muss! <<

Lucas!

>> Ich habe eine besondere Gabe. Eigentlich ist es sogar eher ein Fluch. <<

Oh, hey Steve!

Mom! Was gibt’s?

Ich muss mit Deinem Bruder reden. Seine Lehrerin Ms. Patterson hat gerade angerufen. Sie bittet mich wieder einmal um ein Gespräch. Ich soll am Montag in die Schule kommen.

Hat Lucas etwa Ärger gemacht?

Er hat einen Mitschüler geschlagen. Die Gründe dafür hat er ihr nicht verraten.

Das ist nicht das erste Mal, dass er negativ auffällig geworden ist.

Bedauerlicherweise… Hey! Vergiss nicht, dass wir um siebzehn Uhr auf Masons Geburtstag gehen. Dina meinte, er freue sich schon darauf, Euch beide wiederzusehen.

Keine Panik. Ich weiß Bescheid. Und ein Geschenk habe ich auch schon.

Da wird er sich freuen.

Bestimmt.

Wie auch immer. Ich gehe mal zu Lucas rüber.

Alles klar!

Lucas?

Klopft an die Tür.

Ich bin es.

Drückt die Klinke runter. Verschlossen.

Lucas, Du weißt, dass Du die Tür nicht ständig abschließen sollst.

Was willst Du?

Deine Lehrerin hat bei mir angerufen. Warum, brauche ich Dir, glaube ich, nicht zu erläutern.

Lass mich in Ruhe!

Na schön. Ich gehe jetzt wieder nach unten und hoffe für Dich, dass Du nachkommen und mir das erklären wirst.

Geht die Treppe hinunter.

>> Habt Ihr das gerade mitbekommen? So läuft es hier leider ständig. Mein Bruder Lucas ist, wie soll ich sagen, ein Problemkind. Auch ihn hat Buku erst vor wenigen Jahren adoptiert. Vor drei, um genau zu sein. Ein echter Unruhestifter! Das ist sehr schade, denn er hat viel Talent. Zu mir ist er immer sehr nett. Ich denke, dass er einfach noch etwas Zeit braucht, um sich in seine neue Familie einzuleben. Es ist nicht schön, von der eigenen verstoßen zu werden. Seine Eltern wollten ihn nicht und gaben ihn zur Adoption frei. Das ist natürlich hart, aber wie er sich Mom gegenüber verhält, ist nicht fair. Sie gibt sich sehr viel Mühe, um uns das Gefühl zu geben, hier in einer richtigen Familie zu leben. Dabei ist sie selber gerademal Anfang dreißig. Wo wir schon von ihr sprechen: Sie war mal Regisseurin und noch dazu sehr erfolgreich, aber dann hörte sie auf, um mehr Zeit mit uns Kindern verbringen zu können. Heute gibt sie solche Kurse, wo mehrere Menschen zusammen kommen, um über deren persönlichen Probleme zu sprechen. Ihr wisst schon, was ich meine. Selbsthilfegruppe nennt man das, glaube ich. Was gibt es noch über sie zu sagen?- Nun, sie teilt mit mir die Leidenschaft des Zeichnens… Oh, und sie trägt immer diese Kette mit dem versilberten Anhänger in Form eines Herzens. Darin bewahrt sie ein Foto von sich und ihrer Großmutter auf, als sie klein war--- meine Mutter versteht sich, nicht ihre Großmutter. Mich überrascht es, dass mir gerade das einfällt, aber wenn ich so drüber nachdenke, glaube ich, sie noch nie ohne diese Kette gesehen zu haben… Ok, genug von ihr. War eigentlich nicht so geplant, aber jetzt wisst Ihr ebenso gut über meine Familie Bescheid. Nun kommen wir aber endlich wieder zurück zu mir. Also ich habe da, wie gesagt, diese Gabe. <<

 

Wechselt ins Badezimmer.

>> Das ist echt verrückt. Ich lernte sie kennen, da war ich elf. Aber ich kann mir denken, dass sie schon viel länger in mir schlummert, nur habe ich es vorher nie so richtig gemerkt. Das läuft folgendermaßen: Manchmal schließe ich die Augen und es passiert etwas Seltsames. Zunächst kommt es mir wie ein Traum vor, aber später merke ich, es ist die Realität. Vor meinem inneren Auge spielen sich Handlungen ab, als würde ich etwas zeichnen. Anfangs kann es niemand außer mir sehen, aber sobald der Gedanke vollendet ist, tritt das Bild, welches einst nur in meinem Kopf existierte, plötzlich vor allen Anwesenden auf. Ich kann es nicht zügeln, es geschieht einfach. Wenn ich einmal mit einer Zeichnung angefangen habe, kann ich nichts mehr dagegen unternehmen und stehe nur so da--- wie gelähmt. Weil ich nicht weiß, wie gefährlich diese Eigenart für meine Mitmenschen werden könnte, verlasse ich kaum das Grundstück. Das ist eigentlich auch nicht nötig, denn ich habe hier alles, was ich brauche: Ich werde zu Hause unterrichtet, unser Garten ist groß wie eine Parkanlage, -inklusive eines Springbrunnens, auf der Dachterrasse haben wir noch einen Pool und die Einkäufe erledigt meine Mom. Von meinen Fähigkeiten wissen außer mir nur zwei Personen: Meine Mutter und mein Heimlehrer, Bairre O´Neill. Ihm wollte ich eigentlich gar nichts davon erzählen, aber er hatte so oft nachgehakt, da habe ich mich ihm doch anvertraut. Und dann stellte sich heraus, dass auch er diese Gabe in sich trägt. Wahrscheinlich konnte er deshalb auch vermuten, dass ich seines Gleichen bin. Seitdem er es weiß, hilft er mir dabei zu versuchen, sie zu kontrollieren. Nun sind es schon zwei, die die Wirklichkeit neu definieren. <<

Schmiert sich Zahnpasta auf seine Zahnbürste. Putzt sich die Zähne. Spuckt den verflüssigten Schaum ins Waschbecken und spült sich den Mund aus.

>> Da ich das Haus so gut wie nie verlasse, habe ich hier in der Stadt bloß eine Freundin, Lena Marano. Auch sie ist anders, was mit einer tragischen Geschichte zusammenhängt. Vor ein paar Jahren starb ihr Vater bei einem Autounfall… Kurze Zeit später kam es für sie noch schlimmer: Wie aus dem Nichts konnte sie ihre Beine nicht mehr spüren. Bis heute sitzt sie im Rollstuhl und hofft, endlich wieder Gefühl in jene zu bekommen. Sie tut mir wirklich leid. Ich könnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was eine solche Umstellung für einen Menschen bedeutet. <<

Verlässt das Badezimmer. Geht nach unten in die Küche.

Hey, Steve. Wenn heute alles gut funktionieren sollte, ich meine so ganz ohne Pannen, dann könnten wir ja mal zusammen ins Kino gehen oder irgendwas in der Art. Und wenn Lucas lernt, sich zu benehmen, dann wird er auch mitkommen dürfen.

Klingt echt super!

Nicht wahr?

Hört eine Tür sich öffnen. Lucas kommt die Treppe hinunter. Macht einen gelangweilten Eindruck.

Guten Morgen, Lucas. Wir haben gerade von Dir gesprochen.

Bewegt sich, ohne auf Bukus Aussage einzugehen, in Richtung Kühlschrank.

Hi, Lucas.

Hey, Steve.

Öffnet die Kühlschranktür.

Lucas? -Ich erwarte immer noch eine Antwort auf die Sache mit Deinem Mitschüler.

Haben wir denn nichts mehr von den Käseschnittchen?

Was ist da vorgefallen?

Könntest Du mir bitte meine Frage beantworten?

Wie wäre es, wenn Du mir zunächst einmal auf meine Frage eine vernünftige Antwort geben würdest?

Was soll`s, dann eben `n Apfel.

Schnappt sich benannte Frucht aus der Obstschale und geht wieder nach oben.

Wenn Du schon raufgehst, dann mach´ wenigstens Deine Hausaufgaben für nächste Woche fertig.

Heute ist Samstag.

Irgendwann musst Du sie sowieso erledigen!

Ja, ja.

Knallt die Türe seines Zimmers zu.

Ich werde wohl nie zu ihm vordringen, egal wie sehr ich mich auch bemühe.

Gib Dir nicht die Schuld, Mom. Er braucht eben doch etwas länger Zeit, um sich an alles Neue zu gewöhnen. Das kann gerne auch mal mehr als drei Jahre in Anspruch nehmen.

Wahrscheinlich hast Du Recht. Eigentlich sollte ich Dir eine Stütze sein. Stattdessen stärkst Du mir den Rücken. Und ich sollte nicht nachgeben dürfen, wenn ich eine gute Mutter sein will.

In einer Familie ist jeder für jeden da. Und stell Dir mal vor: Wir sind alle nur Menschen.

Ha, frag mal, wie das andere Eltern hinkriegen. Auch die mögen mal verzweifeln, aber was ist, wenn tatsächlich die Adoption selbst das Problem ist? –Wenn mir wirklich die emotionale Bindung fehlte?

Hey, das ist doch Unsinn. Du liebst ihn doch, oder?

Natürlich. Ich liebe Euch alle zwei. Aber das meine ich ja gar nicht.

Schon klar. Aber auch er wird einen Schritt auf Dich zugehen müssen. Nur wenn er sich drauf einlässt, wird es so werden können, wie wir`s uns wünschen.

Ich hoffe, dass es so wird.

Vertrau mir! ---Wenn Du mich jetzt entschuldigst: Ich muss nochmal nach oben, ein paar Aufgaben erledigen, die mir Mr. O´Neill für Montag aufgegeben hat.

Wenigstens einer, der seinen Verpflichtungen nachgeht. Für welches Fach?

Physik.

Mm. Physik war nie so mein Ding in der Schule.

Dafür bist Du eine tolle Zeichnerin. Und eine fantastische Fotografin. Karriere hättest Du also genauso gut mit Grafikdesign oder etwas Ähnlichem machen können.

Du bist aber auch sehr talentiert, was das angeht.

Siehst Du? Man könnte meinen, dass wir verwandt seien.

Geht zurück auf sein Zimmer.

Viel Spaß beim Aufgabenlösen!

Werde ich haben.

Kapitel 2: Neue Bekanntschaft?

Ein blauer BMW fährt die Einfahrt rauf direkt vor die Haustüre. Buku scheint der Wagen bekannt und so öffnet sie prompt. Ein schlanker Mann mit Vollbart steigt aus dem Auto. Greift flink nach einem Blumenstrauß, den er wohl vorhin auf die Rückbank gelegt hatte.

Edoardo. Was führt Dich hierher?

Nun, ich war gerade auf dem Weg zur Arbeit und dachte mir, ich bringe Dir noch ein paar hübsche Blumen vorbei.

Oh, ---vielen Dank.

Nervös. Nimmt den Blumenstrauß entgegen.

>> Tja. Der Typ, der da unten bei meiner Mutter steht, ist Edoardo, ein großer Verehrer von ihr. Meine Mom hat Lucas und mir noch nichts von ihm erzählt. Könnte daran liegen, dass sie nur ungerne eine Beziehung pflegen möchte. Deshalb hält sie ihre Freundschaft zu Edoardo noch geheim, damit wir Kids nicht zu viel hineininterpretieren. Na gut, sie versucht es zumindest geheim zu halten. Aber so oft, wie der Typ bei uns aufläuft, ist es ja kein Wunder, dass Lucas und ich längst Bescheid wissen. Irgendwann wird sie rufen:

„Lucas, Steve! Kommt mal runter! Ich will Euch jemanden vorstellen.“

Lucas und ich täten dann so, als ob wir von nichts wüssten und dann wird Mom mit Begeisterung sagen:

„Das ist Edoardo, Euer zukünftiger Vater… denn ich werde ihn heiraten!“

Ok. Das dann vielleicht auch nicht. Aber der Rest wäre denkbar. <<

Na ja, ich würde Dich ja normalerweise reinbitten, aber Du sagtest ja, dass Du gleich zur Arbeit müsstest, also…

Oh nein, kein Problem. Ich muss jetzt tatsächlich los. Ich wollte auch nur wissen, ob ich Dich morgen zu einem Essen bei mir zu Hause abholen soll.

K-Klar.

Zögerlich.

Fein. Ich käme so um achtzehn Uhr bei Dir vorbei.

In Ordnung.

Dann bis morgen.

Dir noch einen schönen Arbeitstag!

Winkt ihm.

Fährt die Einfahrt raus, winkt zurück und brettert mit überhöhter Geschwindigkeit davon.

Was war das denn gerade?- Als ob ich gar nicht wollte, dass er reinkommt.

Schließt die Haustür.

>> Edoardo leitet eine Autofirma. Aber das Geld ist mit Sicherheit nicht der Grund, warum meine Mom ihn begehrt. Sie schwärmt eben besonders für Italiener. <<

Mit einem lauten Seufzer stellt Buku die Blumen in eine Vase.

Kann ich nicht normal mit ihm reden?

Kapitel 3: Meine beste Freundin…

Türklingel läutet.

Lena, hi!

Vor ihr ein dunkelhaariges Mädchen im Rollstuhl sitzend.

Guten Morgen, Ms. Karadeniz.

Ich nehme an, Du möchtest zu Steve.

Ja, ganz genau.

Einen kleinen Moment… Steve! Deine Freundin Lena ist hier!

Ich bin sofort da!

Er kommt gleich.

Zuversichtlich.

Schweigen.

---Wie geht es Dir?

Oh, eigentlich ganz gut. Und Ihnen?

Ich kann nicht klagen.

Schritte auf der Treppe. Steve kommt an die Tür.

Lena!

Hey, Steve.

Dann lasse ich Euch beide allein.

Geht in die Küche.

Wollen wir in den Garten oder möchtest Du lieber nach drinnen kommen?

Garten klingt wunderbar.

In Ordnung.

Schließt hinter sich die Haustür.

Ist bei Dir alles ok soweit?

Ja, danke. Und bei Dir?

Auch.

Deine Mom ist wirklich sehr nett. Allerdings habe ich irgendwie das Gefühl, dass sie mich nicht besonders mag.

Was? –Quatsch! Sie--- macht sich bloß manchmal Sorgen.

Sorgen? -Weswegen?

Na ja, sie… Egal. Aber dass sie Dich mag, steht außer Frage.

Wie auch immer. Auf jeden Fall ist sie ganz anders als meine Mutter. Die ist beinahe rund um die Uhr geschäftlich unterwegs und findet kaum Zeit für mich.

Sie ist also kaum zu Hause? Und wie regelst Du das mit dem Rollstuhl? Was wäre, wenn Du beispielsweise fällst und Dir selber nicht mehr aufhelfen kannst?

Ich habe einen Not-Knopf. Meine Mutter bezahlt einen Pflegedienst. Sollte ich mir tatsächlich nicht mehr alleine helfen können, kommt sofort jemand bei mir vorbei.

Ist das denn schon oft vorgekommen?

Kein einziges Mal. Immerhin habe ich ja noch zwei funktionstüchtige Arme… Ich wollte Dir was erzählen.

Schieß los!

Na ja, Du weißt doch, dass ich mich bei diesem Café in der Innenstadt um eine Aushilfsstelle beworben habe.

Ja, richtig. Und hat es denn geklappt?

Ich kann nächsten Sonntag anfangen.

 

Hey, super.

Das ist ein riesen Ding für mich, auch wenn sich das im Augenblick vielleicht ein bisschen lächerlich anhört. So kann ich mir zumindest mal ein wenig Taschengeld dazuverdienen. Und ich werde versuchen, mit dem Rollstuhl zu arbeiten. Das ist eine gute Übung für später.

Das ist wirklich großartig.

Wo wir gerade bei „großartig“ sind: Am Dienstag ist die Eröffnung des neuen Freizeitparks. Ich hätte Lust hinzugehen und wollte Dich fragen, ob Du eventuell mitkommen möchtest.

Hast Du Dienstag nicht Schule?

Die Eröffnung ist um fünfzehn Uhr.

Aber das wird mit dem Bus mindestens eine halbe Stunde dauern, bis wir dort wären.

Na und? Du verlässt doch sonst nie das Grundstück. Jetzt komm doch wenigstens dieses eine Mal mit.

>> In jenem Moment muss ich wieder an meine Gabe denken. Unter Leuten könnte es zu einer Katastrophe führen. Aber ich darf Lena nichts davon erzählen, auch wenn es mich kränkt, sie weiter anzulügen. Eigentlich erzählen wir uns alles… Und da ich sie nicht enttäuschen will, muss ich es wohl dieses eine Mal riskieren. <<

Na gut. Für Dich!

Ehrlich? Klasse!

Am besten, ich hole Dich ab. Ich komme so um vierzehn Uhr bei Dir vorbei. Mein Heimlehrer geht um kurz nach eins. Da habe ich noch Zeit, mich fertig zu machen.

In Ordnung. Das wird sicher toll!

Ich muss gestehen, dass ich mich nur ungerne unter diesen Größenwahn der Moderne begebe.

Du wirst es überleben. Zugegeben fände ich es auch schöner, wenn hier ein paar mehr Bäume stünden. Aber gegen einen Freizeitpark ist für mich nichts einzuwenden.

Stadtkind!

Hey!

Beide lachen.