Spannende Kurzgeschichten für unterwegs

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BÄRENERINNERUNG


Es war ein warmer, angenehmer Tag. Dr. Peter Bender schrieb an seinem Buch. Die Terrassentür quietschte bei jeder Bewegung. Little Jim machte sich wohl einen Spaß daraus. Das kleine Löwenbaby ging immer wieder hinein und hinaus aus dem Haupthaus. Peter störte das nicht, er schrieb weiter über seine Begegnungen und Geschichten mit den vielen Tieren im Nationalpark.

Gerade schrieb er darüber, wie er einem riesigen Bären gegenüberstand. Der hatte sich die Pfote gebrochen, um den Hals eine Schlinge und bei jeder Bewegung zog sie sich weiter zu. Peter hatte keine Betäubungspfeile mehr in seinem Gewehr. Der Bär ließ ihn ganz nah an sich heran. Er bemerkte die positiven Schwingungen und das beruhigende Flüstern von Peter. Nun ja, das war jetzt schon viele Jahre her.

Dr. Peter Bender war ein sehr erfolgreicher Schönheitschirurg. Täglich sorgte er dafür, dass die Menschen noch besser und schöner aussahen.

Irgendwann saß ein kleines Kätzchen vor der Klinik. Niemand hatte Zeit, außer Bender. Er nahm sich des Tieres an und versorgte es. Der kleine Kater war verletzt und Peter Bender spürte, dass der kleine Stubentiger eine gewisse Liebe zu ihm aufbaute. Er wurde nachdenklich und überlegte, vielleicht doch in die Tiermedizin zu wechseln.

Diesen Gedanken hatte er schon oft verfolgt. Das viele Geld und der Ruhm als Schönheitschirurg machten ihn nicht mehr glücklich. Er konnte einfach diese verrückten und eingebildeten Leute nicht mehr sehen. Seine Kinder waren durch gute Ausbildungen versorgt. Lisa, seine Frau, war sehr früh verstorben.

Peter wollte einen neuen Weg einschlagen und verkaufte alles, was er besaß. Er kaufte neue Ausrüstungen. Und – welch ein Zufall, oder war es etwa eine Fügung – sein Freund, Tierarzt Dr. Jack Lahome, gab seine Praxis aus Altersgründen auf.

Jedoch suchte Lahome noch eine Herausforderung. Beide bauten im Nationalpark schließlich die Animal Home Station auf. Mit weiteren fünf Helfern versorgten sie sämtliche Wildtiere. Oft war es ein sehr gefährliches Unterfangen.

Gerade kam Dan zur Station zurück. Mit seinem Jeep umkreiste er großräumig das Gelände, um herannahende gesunde Tiere zu entdecken, die auf Beutefang waren und meinten, in der Station einen leckeren Happen zu bekommen. Dan übernahm das Funkgerät.

Peter wollte nur eine kurze Zeit am Wasserfall verbringen. Später wollte er an seinem Buch weiterschreiben. Den Jeep tankte er noch voll und verstaute die Betäubungspfeile. Nun fragte er Dan, wo sich die anderen Freunde befänden.

Etwa fünfzehn Meilen entfernt war ein Wasserfall. Es gab keinen befestigten Weg und manchmal mussten Äste und ganze Bäume aus dem Weg geräumt werden. So manche Achse am Jeep musste aus diesem Grund schon gewechselt werden.

Am Wasserfall angekommen, nahm Peter ein Bad. Danach beobachtete er mit dem Fernglas einige Affen. Peter amüsierte sich sehr über ihr Verhalten. Er musste sich zwangsläufig an die Katze erinnern, wie sie die Kissen zerlegt und die Schuhbänder aus den Schuhen gezogen und versteckt hatte.

Allerdings bemerkte er nicht, dass er beobachtet wurde. Tatsächlich bewegte sich im nahe gelegenen Gebüsch etwas. Peter war in Gedanken, denn wenn er seine Umgebung aufmerksamer betrachtet hätte, so hätte er wahrgenommen, dass große, schwere Stiefel und ein Gewehrlauf zu erkennen waren. Aber leider achtete er nicht darauf.

Immer mehr Gewehre und Stiefel wurden sichtbar. Da waren Wilderer unterwegs. Zu spät bemerkte er sie. Sie saßen auf der Motorhaube ihres Jeeps und zerschlugen das Betäubungsgewehr. Peter hatte keine Chance.

„Hands up!“, riefen die Wilderer.

Zu spät. Sie saßen bereits in seinem Jeep.

„Was wollt ihr von mir?“, rief er. „Geld, Elfenbein oder sonstige Reichtümer besitze ich nicht.“

Vor kurzer Zeit waren zwei Wilderer gefangen genommen worden und nun wollten ihre Freunde sie befreien, indem sie versuchten, Peter zu erpressen. Sie wussten, dass er gute Kontakte zum Park Officer hatte. Nur bemerkten die Gauner nicht, dass auch sie beobachtet wurden. Sie waren sich ihrer Sache sehr sicher. Die Vorräte im Jeep wurden geplündert und Peter gefesselt.

Dumpfe Schritte und ein Raunen waren zu hören. Noch ein paar schwere Schritte und die Wilderer lagen am Boden. Die Hiebe waren so kräftig, dass alle Gauner bewusstlos waren. Peter erkannte ihn sofort. Es war der gerettete Bär mit der gebrochenen Pfote und der Schlinge um den Hals. Die Halsabdrücke waren unverkennbar.

Die ganze Aktion wurde vom Officer über das Funkgerät mit angehört. Er lokalisierte den Tatort und fuhr mit seinen Leuten los.

Der Bär und Peter verabschiedeten sich mit einem Augenzwinkern. Wieder war sich Peter sicher, dass er seine Lebenszeit nur der Gesundheit der Tiere widmen wollte, aber nie wieder dem Schönheitswahn der Menschen.

BESTSELLER


Robert war der Sohn des Bestsellerautors Stan Wenesh. Wer erinnert sich nicht gern an die Kriminalgeschichten mit Inspector Drabens, auch an die Romane „Untergang der Westburns“ und „Der letzte Held“. Robert war immer im Hintertreffen, er verdiente sein Geld als Redakteur, schrieb Gedichte, Kurzgeschichten und Liebesgeschichten. Es hätte aber auch anders kommen können, völlig anders.

In jungen Jahren, Robert war fünfzehn, schrieb er all die Gräueltaten auf, die sein Vater Stan ihm und seiner Mutter Lydia antat. Robert entwickelte eine gewaltige Fantasie. Jeden Abend überlegte er, wie er den Vater zur Rechenschaft ziehen könnte. In seinen Tagebüchern entstand der Killer Drab. Robert sah sich selbst als Killer. Unendliche Geschichten und verschiedenste Mordarten entwickelten sich. Tagsüber – aus Angst vor dem Vater – der Musterschüler, abends der Killer. Robert sah die Qualen seiner Mutter, Schläge, Vergewaltigung, Betrügereien. Die ganze Palette übte der angeblich so saubere Stan Wenesh aus.

Damals war Stan noch ein Nichts, ein kleiner Angestellter der New Day Post. Irgendwann fand er das Tagebuch. Raffiniert, wie er war, kopierte er die Seiten und veröffentlichte sie in etwas geänderter Form in der Zeitung. Der Verlag DDST wurde aufmerksam und wollte ein Buch daraus veröffentlichen, aber nicht aus der Sicht des Killers, sondern eines Inspektors. So entstand Inspector Drabens.

Das Buch wurde ein Bestseller. Je mehr Bücher verkauft wurden, desto gemeiner wurde Stan zu seiner Familie. Immer mehr schrieb Robert, immer spannender wurden die Morde. Stan hielt ihn und seine Mutter an der ganz kurzen Leine. Er hatte Freundinnen, den teuersten Wagen und die modernste Technik. Heimlich nahm er alles in seiner Familie Gesprochene auf, auch bei den Treffen der Autoren, er war einfach immer über alles informiert.

1964 kaufte er eine dieser neuen Errungenschaften, die Kompaktkassette. Es war fast wie ein Agentenkrimi. Stan nahm alles auf, wirklich alles. In seinem Aktenkoffer hatte er stets den Kassettenrekorder zur Aufnahme bereit. Oft ließ er ihn, sozusagen aus Versehen, in Büros stehen. Danach hatte er häufig Buchtitel und Inhalte spioniert. Daher wurden auch seine anderen Bücher Erfolge, denn das Buch „Der Untergang der Westburns“ hieß im Original von Mike Dewenger „Der Untergang einer Dynastie in Dallas“. Nur war Stan mit einer ähnlichen, aber eben gestohlenen Geschichte schneller auf dem Markt. Stan wurde geliebt und gehasst, als Genie bezeichnet. 1968 trennte er sich von seiner Familie.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere verunglückte er mit seinem Sportwagen. Ein Genie war tot, so schrieb man es. Wie viele Konkurrenten und Freunde er aber betrogen hatte, das stand auf einem anderen Blatt Papier.

Dort fanden sich auch Robert und seine Mutter wieder. Sie kämpften zu Stans Lebzeiten nicht um eine große Abfindung, sie waren mit den 1.800 Dollar zufrieden, Hauptsache, sie hatten ihre Freiheit und waren weit weg von diesem Tyrannen.

Robert löste das Büro seines Vaters auf. Er stieß auf die Kassetten, rechnete mit guter Musik. Als er sie kontrollierte hatte, war er wie versteinert. Das Denkmal Stan Wenesh brach zusammen. Der Skandal wuchs. Fairerweise überließ Robert alle Einnahmen der gestohlenen Werke den eigentlichen Eigentümern.

Der Verlag kam auf Robert zu und wollte, dass er alle Bücher neu verfasste, nun aus Sicht des Killers. Die Bücher wurden Robert aus der Hand gerissen, aber auch seine Gedichte. Das wahre Genie war geboren, Robert S. Wenesh.

BITTERE KÄLTE IN KANADA


Es war Dezember. In Kanada lag der Schnee meterhoch. Die Holzfäller-Familie Jack und Helen Smith saß in ihrem Holzhaus fest, das sie sich mit viel Liebe vor Jahren aufgebaut hatte. Es war bitterkalt in diesem Winter und die erbarmungslose Kälte griff um sich. Trotz Ofen und anderer Möglichkeiten, sich warmzuhalten, gelang es ihnen nicht, der Kälte zu entrinnen.

Jack hatte vor vielen Jahren damit angefangen, in den Wäldern von Kanada selbstständig zu arbeiten und Holz zu schlagen. Er musste dann mit den entsprechenden Gerätschaften die Stämme zur nahe gelegenen Holzverarbeitungsfirma bringen. Das war stets mit vielen Risiken verbunden, denn wenn die Maschinen nicht mehr funktionierten, konnte er kein Geld verdienen. Dies war in der Vergangenheit sehr häufig der Fall gewesen. Die teuren Reparaturen konnten sie sich nicht immer leisten. Sie lebten quasi von der Hand in den Mund und nichts konnte zur Seite gelegt werden. Ganz schlimm war, dass sie sich kaum Vorräte für die Versorgung angeschafft hatten.

 

Fast alles in ihrem Leben war bis dahin schiefgelaufen. Auch Jacks Vater übte diesen Beruf aus und hatte damals seine Familie sehr gut davon ernähren können. Helens Eltern besaßen einen riesigen Holzvertrieb, den sie aber wegen der schweren Krankheit des Vaters verkaufen mussten. In diesem Betrieb lernte sie Jack kennen, der dort als Schreiner arbeitete. Sie nahmen sich vor, in Ottawa zu heiraten und dort sesshaft zu werden. Nur kam alles ganz anders.

Nun hingen sie in den tiefsten Wäldern Kanadas fest und standen kurz vor dem Erfrieren. Um ihren Magen zu füllen, tranken sie warmes Wasser. Jack und Helen waren der Verzweiflung nahe und glaubten, ihren Verstand zu verlieren. Nein, sie wollten nicht aufgeben.

Die Schneestürme fegten über das instabile Dach. Ein Fenster zersprang und noch mehr Kälte kam herein. Helen Smith, die eigentlich aus den kritischsten Situationen immer noch das Beste herausholen konnte, kapitulierte. Sie kauerten eng zusammen.

Jack war ein guter Schütze und konnte immer für genügend Fleisch sorgen. Nun aber bestand keine Möglichkeit, etwas zu erlegen. Bei dieser Kälte hielten die meisten Tiere ihren Winterschlaf oder verkrochen sich in ihre Höhlen. An Nahrung war nicht zu denken.

Die Kälte wurde immer extremer. Zusätzlich kam Schnee durchs kaputte Fenster herein. Was sollten sie nur tun? Kaum, dass sie einen klaren Gedanken fassen konnten, brach schon der erste Dachbalken ein. Tagelang ging das schon so. Sie hungerten und ihre Glieder waren blau angelaufen. Die Kräfte waren am Ende.

Jack erinnerte sich daran, dass er noch ein altes Funkgerät im Kellerraum hatte. Es musste nur wieder funktionieren. „Bitte, Gott, hilf uns!“ So könnten sie eine Chance bekommen, lebend aus der schrecklichen Situation herauszukommen. Wenn nicht, waren sie für immer verloren.

Da seine Glieder schon fast starr und taub vor Kälte waren, kroch er auf allen Vieren zur Klappe des Kellerraumes. Sie war sehr schwer und er musste seine übrig gebliebene Kraft dafür aufwenden.

Helen schrie: „Bitte beeil dich, ich kann nicht mehr!“

Jack fand das alte, verstaubte Funkgerät. Es musste nur, wenigstens dieses eine Mal noch, seinen Dienst aufnehmen.

Die Stürme wurden immer stärker und der Schnee lag meterhoch auf dem Haus und vor dem Eingang. Sie würden nicht mehr hinausgelangen.

Helen verlor das Bewusstsein. Hunger und Kälte hatten ihr arg zugesetzt. Währenddessen versuchte Jack sein Bestes, um das Gerät wieder in Gang zu setzen. Er schickte ein Funksignal mit der Bitte um Hilfe. Es tat sich nichts und Jack gab auf. Auch er schloss mit dem Leben endgültig ab.

Gerade, als er versuchte, wieder nach oben zu klettern, vernahm er ein Piepsen. Noch sehr unklar, aber man konnte es verstehen.

„Hallo, hallo. Was gibt es?“

Er traute seinen Ohren nicht. Was war das? Doch eine Rückmeldung auf seine Hilferufe? Also funktionierte es noch.

Er meldete sich und gab den ungefähren Standort seines Hauses durch. Eigentlich war das Holzhaus schlecht zu finden, denn aufgrund der damaligen Arbeitslage mussten sie in der Nähe von Jacks Arbeitsplatz bauen.

Wieder bekam er Antwort: „Wir tun unser Bestes. Haltet durch. Wir fliegen mit dem Helikopter die Gegend ab. Versprechen können wir allerdings nicht, ob es klappt, denn das Wetter ist sehr schlecht.“

Helen kam wieder zu sich und rief nach ihrem Mann, der kurz vor der Bewusstlosigkeit stand. Der Erfrierungstod stand beiden ins Gesicht geschrieben. Warme Decken und ein Ofen, der eigentlich immer das ganze Haus erwärmt hatte, halfen nicht mehr. Ein zweiter Balken knallte auf den Dachboden. Jetzt war es nur noch eine Frage der Zeit, wann der mit Schnee gefüllte Dachboden durchbrechen würde.

Die Dunkelheit brach herein und es bestand kaum noch die Chance auf eine Rettung. Die Sicht war sehr schlecht und die Schneestürme nahmen immer noch zu.

„Jack, hörst du das auch?“, fragte Helen. „Dieses Geräusch, als wenn ein Flugzeug über uns kreisen würde!“

„Ja“, sagte er. „Das könnte der Helikopter sein.

Das Geräusch entfernte sich jedoch wieder. Alle Hoffnung war verflogen.

„Helen, wir müssen sterben. Es waren schöne Jahre, wenn auch manchmal sehr schwere Zeiten. Auch wenn wir uns gestritten haben, was sehr selten vorkam, so haben wir uns immer wieder zusammengerauft. Bitte verzeih mir, meine Liebe.“

Beide glitten in die Welt der tiefen Träume ab, sie merkten nichts mehr.

Jack und Helen Smith erwachten erst wieder im städtischen Krankenhaus von Ottawa. Mit schwersten Erfrierungen konnten sie im letzten Augenblick gerettet werden. Das Holzhaus mussten sie aufgeben und bauten später in Ottawa neu. Jack ging in seinen alten Beruf als Schreiner zurück und Helen arbeitete bei einer Bank. Die kanadischen Wälder waren nie mehr ein Thema für sie.

DAS DRAMA UM MARIA GORTALES


Jack war ein Seemann, er war sogar Kapitän des Kreuzers FLY AWAY und hatte sich mit seiner Frau ein wunderbares Anwesen in Ensenada gekauft. Beide stammten aus Dallas, es zog sie aber nun zum Pazifik, nah ans Wasser eben. Ihr Anwesen strahlte in herrlichem Weiß, die Mauern um das Anwesen herum waren in hellblauer Farbe gehalten.

Constanze Miller, Jacks Ehefrau, besaß das Computer-Unternehmen COMICOM. Gerade zu Zeiten des Internetbooms war sie mit ihrem Team unwahrscheinlich erfolgreich gewesen. Heute hatte sie einen festen Kundenstamm, Ferrari, Porsche, Rolex – für die Millers ein ganz gewöhnlicher Lebensstil.

Vor zwei Monaten hatte sich die neue Hausangestellte Maria Gortales vorgestellt, eine junge Frau mit gutem Ordnungssinn. Lediglich, dass sie versuchte, Mr. Miller schöne Augen zu machen, störte Mrs. Miller, aber, ach nein, daran war gar nicht zu denken.

Eines Tages bemerkte Stan Colbey, dass eine negative Front gegen COMICOM aufgebaut wurde. Gab es unzufriedene Kunden oder handelte es sich um Konkurrenz? Der Leiter der Computerfirma übergab das Problem der hausnahen Detektei. Für die Millers noch kein Grund zur Besorgnis. „Konkurrenz eben“, sagte Constanze in einem ärgerlichen Ton.

Diverse Drohbriefe hatte es ja auch schon einmal gegeben, erstaunlicherweise auch in der heutigen Post. Mrs. Miller verabschiedete sich von ihrem Ehemann und fuhr in Richtung Dallas zum Hauptsitz der Firma. In einer Konferenz wollte sie mit den Führungsspitzen, der Detektei und der Polizei den Fall erörtern.

Jack nahm sich eine etwas längere Auszeit, er konnte sich so etwas erlauben, denn ein Teil der Reederei war im Familienbesitz. Er freute sich immer über Maria, sie war fröhlich und erzählte jeden Tag, was in der Stadt so los war. Mit ihrem niedlichen Sprachfehler klang sie sehr sexy. Aber Jack kannte natürlich die Grenzen. Dafür liebte er seine Frau zu sehr, man konnte sagen, abgöttisch.

Heute Morgen erschien Maria Gortales in einem recht kurzen Röckchen, der Ausschnitt ließ ebenfalls tief blicken. Mr. Jack Miller korrigierte die junge Frau und verlangte eine andere Bekleidung. Er ging in der Zwischenzeit unter die Dusche. Maria aber zog sich nicht um, sondern kam völlig unverhüllt ins Bad.

Jack blieb in seiner überlegenen Art ruhig, viele Situationen hatte der gut aussehende Kapitän und Eigner schon bewältigen müssen. Er zog seinen Morgenmantel an, legte den seiner Ehefrau Maria Gortales um und führte sie aus dem Bad.

„Maria“, sagte Jack Miller, „Sie haben bei uns eine sehr gute Stellung, Sie sind fleißig, Sie sind ehrlich, wir geben Ihnen einen hohen Monatslohn, Ihre gesamte Familie ist dadurch versorgt, ich bitte Sie, machen Sie keinen Fehler!“

„Aber ich liebe dich“, flehte Maria Gortales.

„Maria“, erwiderte Jack, „es wird eine Verliebtheit, vielleicht eine Art der Bewunderung sein, aber die Liebe zu meiner Frau Constanze ist über viele, viele Jahre gewachsen. Am Anfang sagt man schnell ‚Ich liebe dich!‘ und dann wächst die Liebe täglich, sie nimmt immer mehr zu, immer mehr erkennt man gleiche Interessen, Vorlieben, mehr Vertrauen wird aufgebaut und dann, ja dann kommt der Tag, an dem man die Liebe an einem einsamen Ort erleben will, alles andere ist völlig egal. So war und ist es bei meiner Constanze und mir. Ich drücke Ihnen ganz fest die Daumen, dass auch Sie das erleben dürfen. Sie sind gerade neunzehn Jahre, alles kann passieren!“

„Aber ich muss dich lieben“, sagte Maria Gortales mit leiser Stimme.

Tage später kam Mrs. Miller zurück. Aufgeregt sagte sie zu ihrem Ehemann: „Was ist mit dem Ferrari passiert?“

„Ich habe nichts bemerkt“, wunderte sich Jack. „Maria ist auch schon zwei Tage nicht erschienen. Seltsame Anrufe habe ich erhalten!“

„Jack, mein Darling“, sagte Constanze leise, „wir werden erpresst. Die Polizei kommt gleich. Die Experten haben die Internetangreifer verfolgt, es ist das Haus, in dem Maria Gortales wohnt. Es werden wohl ihre Brüder sein. Was sie wollen, hat die Detektei noch nicht herausgefunden!“

Die Polizei erschien. Der Ferrari war mit Benzin übergossen worden. Der Zünder hatte aber nicht funktioniert. Im Haus fanden die Beamten versteckte Kameras. Maria Gortales war zum Mitmachen gezwungen worden. Jetzt erst verstand Jack Miller den Satz: „Aber ich muss dich lieben.“

Die Bande wurde verhaftet. Maria aber kam damit nicht zurecht. In ihrem Abschiedsbrief, den man neben ihrem Leichnam fand, stand:

Liebes Ehepaar Miller,

ich wollte das nicht, ich liebe Sie beide wie meine Eltern. Sie sind wunderbar. Sie sind ein Traumpaar. Ich hätte Ihnen nie wehtun können. Ich wurde von meinen Brüdern dazu gezwungen. Ich bitte um Verzeihung.

Maria Gortales

DAS DUELL


Es war das Jahr 1886. Sheriff Lee McAllister sorgte mit ruhiger Hand für Recht und Ordnung in der kleinen Stadt Red City. Der Ort war umgeben von rotem Gestein. Alles deutete auf Kupfer hin. Trotz der Goldgräberstimmung erkannten einige Bergleute, dass Kupfer eine neue Geldquelle war.

McAllister war einst in vielen Krisengebieten tätig gewesen und für sein Durchsetzungsvermögen bekannt. Auch für seine schnelle Hand. Jedoch suchte er heute keine Herausforderungen mehr. Er wollte nur noch mit seiner Frau und den drei Kindern seine Ruhe haben. Oft genug war er zum Duell herausgefordert worden. Aus vergangenen Zeiten steckte ihm noch immer eine Kugel in den Rippen. Irgendwann wollte er auch diese Kugel entfernen lassen, sodass keine Erinnerung mehr an seine turbulente Vergangenheit übrig blieb.

Aber Sheriff Lee McAllister besaß noch eine Leidenschaft: Er wäre gern ein Schmied. Vater und Großvater waren einst Schmiede und er selbst beherrschte dieses Handwerk ebenfalls gut. McAllister richtete sich eine Zelle in seinem Büro ein, um einige Schmiedearbeiten durchzuführen. Er entwickelte Sporen für sein Pferd. Diese Sporen konnten sein geliebtes Pferd nicht verletzen.

Derzeit aber arbeitete er an einer ganz wichtigen Sache, jedenfalls war sie für ihn sehr wichtig. Er entwarf den Umbau eines 8-Patronen-Revolvers. Seine Idee war es, einen zweiten Lauf auf der Pistole anzubringen, und eine größere Trommel sollte weitere Kugeln mit kleinerem Kaliber fassen können. Ein zweiter Hahn wurde ebenfalls integriert. Auf diese Weise wollte Lee weitere vier Schuss Munition zur Sicherheit bereitstellen. Sein erster Prototyp war geboren. Zum Einschießen ritt er in die Berge.

Des Öfteren kamen Fremde in der Stadt an. Viele suchten Arbeit im Bergwerk. Andere eröffneten einen Laden.

Kitty, im Saloon, fielen die tief sitzenden Revolver bei zwei Fremden auf. Sie war seit dreißig Jahren Bardame und hatte einen Riecher für Ärger. Kitty tippte auf Revolverhelden. Sie ging zum Klavier hinüber und gab Jimmy ein Zeichen. Die Gäste am Spieltisch durften nichts merken.

„Zwei Bier!“, rief der eine, „Schöne Stadt!“, der andere.

 

„Auf der Durchreise?“, fragte Kitty.

Ein kurzes „Ja“ war die Antwort.

Um die Stimmung aufzulockern, spendierte Kitty einen Schnaps. Der eine schluckte ihn, der andere nicht. Der sagte nur: „Ich muss einen klaren Kopf behalten. Wie heißt denn euer Sheriff?“

„McAllister, Sheriff Lee McAllister.“

„Schick deine Bedienung zu ihm, denn er ist in dreißig Minuten tot.“

Kitty tat es und versteckte einen Zettel in Jennys Hand, auf dem stand: Lee, sei vorsichtig, es sind zwei Kerle, die dich umbringen wollen.

Der Sheriff blieb ganz ruhig und sagte: „Hat man denn nie seine Ruhe? Warum muss denn das sein?“

Seine Frau rannte herbei. Sie wusste schon, was jetzt kommen würde. „Nein, tu es nicht, Lee! Du bist nicht mehr schnell genug, ich habe Angst!“

„Ich bringe sie nur zur Vernunft. Pack schon mal unsere Sachen zusammen. Wenn das hier vorbei ist, gehen wir in den Süden und fangen neu an.“

Der neue Revolver war noch nicht eingeschossen. Lee lud ihn trotzdem. Acht Schuss plus vier extra.

Einer der Revolverhelden kam auf die Straße und der andere war verschwunden. Der Sheriff verließ sein Büro und wollte mit dem Mann reden. Der rief nur: „Zieh endlich, du Feigling, gleich bist du tot!“

Lee beobachtete die Augen des Mannes. Er konnte genau abschätzen, wann der andere zog. Der Abstand zwischen den Männern war noch sehr groß. Der Revolverheld zog.

Der Sheriff verschoss alle acht Kugeln. Der Revolverheld brach zusammen und stand nicht wieder auf.

Zwei weitere Revolverhelden kamen mit gezogenen Eisen aus der Seitengasse. Sie wussten, dass die Trommel des Sheriffs leer war. Doch der Sheriff gab, ohne zu zögern, vier weitere Schüsse ab und vernichtete die Angreifer. Seine Erfindung hatte ihm das Leben gerettet.

Er kaufte sich und seiner Frau eine Farm, unten im Süden, und sie lebten dort glücklich mit ihren Söhnen.

Nun erntete er Gemüse, hauptsächlich Bohnen. Mit den blauen Bohnen wollte er nichts mehr zu tun haben. Den Revolver begrub er auf der Farm, irgendwo im Wilden Westen.

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