Erfolgreich als Solo-Trainer und -Berater

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Ein Beratungsunternehmer mit Angestellten hat demgegenüber immer die Situation von Kennzahlen im Kopf, wie ein neues Projekt seine Leute auslastet und welchen Deckungsbeitrag ein neues Projekt für die monatliche Erfolgsrechnung bringt. Ob der beauftragte angestellte Berater in seinem neuen Projekt »flow« erlebt, ist bei einem Beratungsunternehmer nie ein Thema. Dasselbe gilt in noch stärkerem Maße für die »dressierten Affen« in großen Beratergruppen, für die angepasstes produktives Funktionieren als oberste Maßgabe gilt. »Flow« kennt man dort nur als Begriff und nicht als selbsterlebte Life Styling-Kategorie.

Damit ein Solo-Berater »fIow« zu einem überlegeneren Marktauftritt machen kann, muss er sich vorab mit seinen personalen Stärken und seiner Einzigartigkeit befassen. Nur dann, wenn man als Person in der Beratung ein nicht austauschbares Produkt vermittelt, kann man langfristig als Solo-Berater erfolgreich sein. Damit wird einem Solo-Berater empfohlen, sich intensiv mit den »basics« von Life Styling zu befassen, denn die personalen Daten bestimmen in hohem Maße die Strategie des Solo-Beraters.

Im Einzelnen sollten Sie sich dabei mit Fragen befassen wie (beispielhaft):

1. Was sind meine Interessen und Werte in meiner Lebensgestaltung?

2. Was macht mich als Solo-Berater einzigartig?

3. Was sind meine Stärken gegenüber Mitbewerbern im Markt?

4. Was sind meine Schwächen gegenüber Mitbewerbern im Markt?

5. Von welchen Projekten, die ich heute durchführe, möchte ich mich trennen? (Warum?)

6. Von welchen Projekten, die ich heute durchführe, möchte ich zukünftig mehr annehmen? (Warum?)

7. Wie sieht mein Wunschauftraggeber aus?

8. Wie viele fakturierte Beratertage strebe ich an?

9. Was kann ich unternehmen, damit der für mich relevante Markt erfährt, was ich an Projekten verfolge?

10. Woran merke ich, dass ich auf dem richtigen / falschen Weg bin?

11. Welche besonderen »kicks« möchte ich in meiner Solo-Beraterarbeit erleben?

12. Was darf unter keinen Umständen in meiner Arbeit passieren?

13. Wer sind die wichtigen Anderen in meinem Umfeld und wie können sie mich unterstützen?

14. Wann starte ich mit dem ersten Schritt in der Überprüfung / Weiterentwicklung meiner Solo-Beraterstrategie?

Die intensive Auseinandersetzung mit Life Styling bringt einem Solo-Berater zwei vordergründige Ergebnisse:

• Ihm ist am Ende klarer, in welche Richtung sich seine berufliche Geschäftsstrategie bewegt.

• Er erwirbt mit der persönlichen Auseinandersetzung gleichzeitig ein Produkt im Bereich »work life-balancing«, das auch im Management heute verstärkt an Bedeutung gewonnen hat und das er überzeugender als andere vertreten kann.

»Gibt es andere Persönlichkeitsmerkmale als Erklärungsgröße für den Erfolg von Solos?«

Ich habe mich schon immer gefragt, warum einzelne Solos erfolgreich werden und die Phase des Nobody-Solos verlassen und andere Solos sehr lange in der ersten Phase des Nobody-Solos verharren. Schließlich verfügen die meisten Solos in unserer Szene über eine sehr ähnliche akademische Ausbildung – Wirtschafts- und / oder Sozialwissenschaften – und haben eine sich gleichende berufliche Sozialisation hinter sich, eine Tätigkeit in einer betrieblichen Weiterbildungs- und PE-Abteilung.

Insofern darfvermutet werden, dass die Persönlichkeit eines Solos die entscheidende Größe ist, die mehr als andere Parameter erfolgreiche von erfolglosen Solos unterscheidet.

Vorab eine begriffliche Klärung der Ergebnisgröße »Erfolg« bei einem Solo. Für die Beurteilung reichen drei Erfolgskategorien, nämlich

• Höhe des finanziellen Ergebnisses;

• Aufbau einer Anbieterautorität als potentieller zukünftiger Umsatz;

• Erfüllungsgrad der Erwartungen an subjektive Lebensqualität.

In einer interessanten Studie (KRITIKOS / FOSSEN / CALIENDO 2011, S. 12), die die Persönlichkeit von Unternehmern untersucht hat, wurden drei Merkmale identifiziert, die das Unternehmertum positiv beeinflussen:

• Emotionale Stabilität

• Extrovertiertheit

• Offenheit für Erfahrungen

Zudem hat die Studie erbracht, dass hinsichtlich des Einflusses der Persönlichkeit auf die Fortführung der Selbstständigkeit drei Merkmale ausschlaggebend sind:

• Hohe Kontrollüberzeugung (eine Person führt ihre erzielten unternehmerischen Ergebnisse auf ihre eigenen Entscheidungen zurück);

• Niedrige Ausprägung bei der Verträglichkeit (verträgliche Menschen gelten als nachgiebig und tolerant, kooperativ, gutmütig und weichherzig);

• Mittlere Werte bei der Risikobereitschaft (weder risikoscheu noch unkontrollierte Risikomaximierung).

Speziell der Aspekt der niedrigen Verträglichkeit mag für manche Marktteilnehmer als Erfolgsparameter in einer späteren Phase ihrer Selbstständigkeit überraschend sein, zumal es in unserer Szene fast schon zu einer unhinterfragten positiv besetzten Spielregel gehört, sich in Netzwerken zu engagieren und zu arrangieren, statt eigene Vorstellungen zum persönlichen Vorteil zu verfolgen.

Für mich ist die niedrige Ausprägung der Verträglichkeit als ein Erfolgsparameter in späteren Solo-Phasen eine wichtige Erklärungsgröße für die Bewertung des »Datenmaterials«, das sich bei mir im Laufe der Jahre aus Erfahrungen mit Solos angesammelt hat. Ich würde heute die Hypothese für Erfolg in dieser angesprochenen Hinsicht für unsere Szene so differenzieren:

• Konzilianter Umgang mit anderen unter Einsatz einer emotionalen Intelligenz;

• Klare und sehr präzise Vorstellungen über ein Geschäftsmodell oder ein Projekt;

• Klarheit und Offenheit über allfällige Veränderungsnotwendigkeiten in nachgeordneten Bereichen;

• Keine Kompromisse im Durchsetzen der essentiellen Eckpunkte der eigenen Vorstellung.

Wenn ich in meinem eigenen Berufsleben an strategisch bedeutsame Situationen zurückdenke, dann kann ich die Auffächerung des Erfolgsparameters »niedrige Verträglichkeit« in dieser vierfachen Form durchaus wiederfinden.

Eine besonders gefährliche Kombination von Persönlichkeitsmerkmalen sehe ich in der Verbindung von hoher Verträglichkeit und ausgeprägter Risikofreude bei Solos. Wenn es Typen mit dieser Konstellation überhaupt in eine fortgeführte Phase ihrer Selbstständigkeit schaffen, dann sind sie in ihrem angestrebten Erfolg ständig hochgradig gefährdet.

Mögliche Zielgruppen im Markt mit ihrer veränderten Bedeutung

Im Markt für PE-Leistungen gibt es nur eine kleine nennenswerte Anzahl von Zielgruppen, für die man als Solo in unserer Szene arbeiten kann. Dazu gehören PE-ler in Unternehmen, HR-Leiter, GF-Mitglieder, andere Trainer und Berater sowie Führungskräfte selbst, die als direkt zu bearbeitende Zielgruppe in Frage kommen.

»Wie haben sich klassische Zielgruppen im Markt für Solos in ihrer Bedeutung für die Marktbearbeitung verändert?«

Wenn man heute mit nachhaltigem Erfolg bestehen will, dann muss man sich als echter Unternehmer begreifen und ständig danach fragen, welche Kräfte am Markt sichtbar sind und wie sich diese Kräfte als hemmende und fördernde Faktoren auf die Präsenz und das Portfolio von Produkten und Serviceleistungen auswirken. Auch wenn eine diesbezügliche Kraftfeldanalyse nicht zu dem ständigen Begleiter eines Solos werden muss, sollte man zumindest einmal jährlich – am besten zu Beginn eines neuen Kalenderjahres – systematischer überprüfen, welche Veränderungen sich auch im eigenen Marktumfeld niederschlagen.

Ich bin neulich durch Zufall in meiner Bibliothek vor einer umfangreichen Loseblattsammlung über »Erfolgskontrolle im Verkaufstraining« (1982) von einem der bekanntesten Verkaufstrainer in jener Zeit, Max MEIER-MALETZ, stehengeblieben. Er gehörte einer sich sehr elitär gebenden Netzwerk-Gruppe, der »Meerbusch 8«, an, in der sich acht, sich selbst als führende Vertreter ihres Fachs definierende Verkaufstrainer organisiert hatten. Man hatte mich in der ersten Hälfte der 80er-Jahre einmal zu einem Workshop über Lerntransfer-Sicherung eingeladen, in dem ich auch die persönlichen Erfolgskategorien dieser Verkaufstrainer kennen lernte – großes Auto, Zweitdomizil auf Mallorca oder den Kanaren etc. Erfolgreiche Verkaufstrainer rangierten zu jener Zeit eben ganz oben auf der Einkommensskala.

Die Zeiten haben sich geändert. Die damalige Meerbusch 8-Elite können Sie nicht mehr fragen, weil sie entweder im Augustinum weilt oder verstorben ist. Aber die, die heute noch mit Verkäufern als Trainer zu tun haben, merken den massiven Schwund dieser Zielgruppe und deren Bedeutungsverlust durch das immer bedeutsamere Internet im Verkauf. Verkaufstrainer sind ganz hart auf dem Boden der Realität gelandet.

Der Bedeutungsverlust betrieblicher PE-Abteilungen und ihre immer geringere Rolle bei der Vergabe von Aufträgen ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Falls Sie als Führungstrainer so unbeweglich waren und noch immer die traditionellen Beziehungen zu angestellten PE-lern pflegten, um Trainings zu verkaufen, hat Ihnen die Wirklichkeit als »school of hard knocks« auf schmerzhafte Weise vermittelt, dass der Entscheidungsprozess über die Vereinbarung von neuen Seminaren heute anders läuft. PE-ler sind in ihrer Rolle für ihr Geschäft als Solo und als Trainergruppe weniger bedeutsam geworden. PE-ler haben als Zielgruppe zwar selbst noch einen großen Lern- und Entwicklungsbedarf, der aber von ihrem Unternehmen immer mehr als akzeptable Unvollkommenheit gesehen wird. Die Beträge, die ich während meiner Karriere für die Qualifizierung von PE-lern fakturiert habe, sind heute und in naher Zukunft undenkbar geworden.

 

Es gibt einen eindeutigen Trend, dass die Qualität des PE-Personals im zeitlichen Längsschnitt abgenommen hat, während die Bedeutung der PE-Funktion in seiner zunächst strategieumsetzenden Positionierung und – darauf aufbauend – in einer strategiebeeinflussenden Positionierung gewachsen ist.

In reifen Märkten läuft der Wettbewerb in vielen Branchen über die rasche Umsetzung von neuen strategischen Initiativen ab. Der Faktor Zeit ist ein Parameter, der sehr stark von der Art der Führung und dem Verhalten der Mitarbeiter beeinflusst wird – beides Ergebnisgrößen, die mit den direkten Interventionen (z. B. Coaching von Schlüsselpositionsinhabern) oder der Einrichtung von verhaltensbeeinflussenden Systemen als indirekte Maßnahme (z. B. Lernen vom Kunden als Bonuskriterium) einer PE-Abteilung zu tun haben. (STIEFEL 2019)

Man muss sich die Situation in vielen Firmen konkret vor Augen führen:

• Eine PE-Funktion könnte wertvolle Projekte für die GF übernehmen, ohne dass jedoch der Auftrag dafür explizit vergeben wird. Diesen Auftrag muss man sich holen, muss Mut haben, Neuland zu betreten, die Bereitschaft für ein allfälliges Scheitern aufbringen – insgesamt einen neuen Auftritt als PE-ler wagen, bei dem ein nachvollziehbarer Nutzen für die GF entsteht.

• Auf der anderen Seite hat man kostengünstige Berufsanfänger oder anderweitig »preiswertes« Personal in die PE-Abteilung bekommen, das nicht auffallen möchte, Anweisungen braucht, im wahrsten Sinne des Worts »überleben« will, weil man keine beruflichen Alternativen hat. Dazu kommt, dass es nicht mehr allzu viele PE-ler gibt, die mit der »Persönlichkeit« und der Kompetenz ausgestattet sind, um ein Gespräch mit einem GF-Vertreter »auf Augenhöhe« führen zu können, das die Bedingungen für eine andere strategieumsetzende PE-Arbeit einfordert. Und dies vor dem Hintergrund, dass der Ressortverantwortliche auf der GF-Etage – in Großunternehmen der P-Vorstand – oft eine nach oben gespülte personaljuristisch geprägte »Flasche« ist oder eine gewerkschaftlich geprägte »Mitbestimmungslösung« verkörpert, womit völlig andere Interessen als die der strategieumsetzenden Positionierung der HR- und PE-Arbeit verfolgt werden.

Diese Situation ist natürlich nicht nur eine Gefahr für die PE-ler, die den Ernst dieser Situation für sich noch nicht erkannt haben. Diese Bildbeschreibung bedeutet für die Marktbearbeitung von Solos, dass sie mit ihren anspruchsvollen Serviceleistungen von immer weniger potentiellen Klienten richtig eingeschätzt werden können.

Wo Zielgruppen verschwinden oder bedeutungsloser werden, entstehen aber auch ganz neue Gruppen, an die man in der Bedarfsbearbeitung gar nicht gedacht hat – und die man nur entdeckt, wenn man sich als Unternehmer versteht, den Markt und die Gesellschaft im Auge hat und regelmäßig seine Hausaufgaben macht. Man kann den disruptiven Wandel sehr gut mit dem folgenden Beispiel unterlegen:

Seit man in der deutschen Politik den Flüchtlingen in der Welt eine Willkommenskultur gezeigt hat, gibt es geradezu eine Invasion, die alle Grenzen der Vorstellung sprengt. Diese angekommenen Migranten aus unterschiedlichen Ländern und Kulturkreisen müssen untergebracht werden. Für diese neu eingerichteten Zentren braucht man Betreuer, Wach- und Aufsichtspersonal. Es gibt in diesem Umfeld zahlreiche neue Firmen, die beraten werden müssen, dessen Leitungspersonal Führungskompetenz benötigt, aber sehr häufig über keinerlei Erfahrung in dieser Richtung verfügt und deren operatives Personal für ihren Einsatz eine Ausbildung braucht. Das Wach- und Aufsichtspersonal in Flüchtlingsheimen ist eine erfolgskritische Zielgruppe in der deutschen Flüchtlingspolitik, weil entstehende Randale unter den Migranten und der falsche Umgang damit sofort Eingang in die internationale Presse findet. Wird dann noch festgestellt, dass einzelne Personen in dieser Zielgruppe eine schillernde oder dubiose Vergangenheit haben, dann ist der Eklat perfekt.

Solos oder Trainergruppen könnten mit ihrer programmplanerischen Erfahrung in der Anwendung der verschiedenen Formen der Aufgabenanalyse bei dieser erfolgskritischen Zielgruppe der deutschen Flüchtlingspolitik einen richtig großen Markt für sich »aufbohren«.

»Wie verhält man sich angesichts der fachlich immer schwächer werdenden PE-ler unter den Auftraggebern?«

Diese oder eine sehr ähnliche Frage oder Beobachtung ist mir in letzter Zeit wiederholt zugetragen worden. Die Situation überrascht mich nicht, sie entsteht zwangsläufig aus der Juvenilisierung von PE-Positionen mit Novizen, die ihre »Hörsaal-PE« herunterdeklinieren und nicht bemerken, dass die echten Herausforderungen für eine PE-Abteilung anders aussehen.

Hier einige Anregungen zum Umgang mit diesem Dilemma:

1. Eine radikale Position besteht darin, die immer schwächer werdende Riege von Auftragebern in PE-Abteilung zu meiden und direkt mit der GF und dem OFK in Beziehung zu treten. Wenn Sie sich als strategieumsetzender PE-Berater verstehen, werden Sie gar nicht darum herum kommen. Schwache PE-ler suchen »pädagogische Handwerker« und Trainer, mit denen sie dann über Honorare sprechen können. Wenn man in diese Gespräche mit dem Ansatz der strategieumsetzenden PE hineingeht, dass die meisten Bedarfe der schwachen PE-ler tolerierbare Schwachstellen für das Unternehmen darstellen, bei denen man enorme Ressourcen sparen könnte, erntet man nur Kopfschütteln.

2. Sie können den Auftrag eines schwachen PE-lers annehmen, aber relativ bald darauf hinwirken, dass Sie ein Review-Gespräch mit der GF haben wollen, um den redundanten »nice to have«- Seminarbetrieb durch ein strategieumsetzendes PE-Konzept zu ersetzen.

3. Gehen Sie davon aus, dass sich die PE in Unternehmen mit schwachen PE-lern immer mehr zweiteilen wird:

• Die »girl Friday«-PE-ler verwalten eine Art »Restposten-PE« aus einigen Seminaren, dem Trainee-Programm, der Berufsausbildung und dem E-Learning rund um das Internet, das in jüngster Zeit einen Bedeutungsverlust erfahren hat, nachdem es anfänglich so gepriesen wurde.

• Das strategieumsetzende »Geschäft« läuft woanders ab. Die jeweiligen diesbezüglichen Schlüsselpersonen zu finden, um dann mit ihnen zu arbeiten, ist Ihre eigentliche Herausforderung.

4. Wenn Sie es sich erlauben können: Nehmen Sie Ihre Erfahrungen mit den »girl Friday«-PE-lern in Ihrer Klientel zum Anlass, der GF einen Feedback-Bericht zu unterbreiten, verbunden mit dem Angebot, als Externer das strategieumsetzende PE-Geschäft zukünftig in eigener Regie zu übernehmen und dafür in Abstimmung mit der GF einen Lenkungs- oder Steuerkreis von OFK-Mitgliedern einzurichten. Die GF wird Ihren Empfehlungen folgen und einsehen, dass »Frischlinge« mit Hörsaal-Kompetenz weder fähig noch willens sind, strategieumsetzende Projekte anzupacken.

5. Es ist Ihnen unbenommen, Ihrem Auftraggeber gleichsam aus einer karitativen Überlegung heraus anzubieten, sich mit strategieumsetzender Fachliteratur zu befassen, um eine andere PE kennen zu lernen.

6. Für alle die, die ähnliche Erfahrungen wie der Fragesteller dieser Frage gemacht haben: Sie müssen grundsätzlich etwas unternehmen und können die Situation nicht einfach übergehen, wenn Sie an »flow« interessiert sind. Schwache Auftraggeber machen längerfristig den Spaß an der Arbeit kaputt.

»Wie könnten leitende PE-ler in Unternehmen als Zielgruppe speziell angesprochen werden?«

Wenn ich agierende PE-Berater und auch meine eigenen Einsätze als Trainer und PE-Berater in den letzten Jahren Revue passieren lasse, dann sehe ich die folgenden Bedarfsfelder, in denen betriebliche Auftraggeber aus der PE-Leitung Beratungshilfe erhalten haben, die man mit einer reflektierten Blickstellung zukünftig anders leisten könnte:

1. Ich wurde bei Schlüsselprojekten von PE-Abteilungen – großflächige Veränderungsprojekte, Durchführung von Development Centers statt tradierten ACs oder Neugestaltung eines Förderungsprogramms für eine bestimmte Zielgruppe – in der Regel zu spät zur Diskussion eingeladen und musste dann gemeinsam mit dem Auftraggeber feststellen, dass einige Design-Parameter bereits festgezurrt waren und nicht mehr zur Disposition standen. Bei neuen Einsätzen in dieser Richtung frage ich deshalb schon am Telefon, wie offen die Gestaltungsfelder eines anstehenden Projekts überhaupt noch sind. Es macht wenig Sinn, bei einem in großen Teilen bereits festgelegten Projekt beratend tätig zu werden: Die gegenüber dem Auftraggeber geäußerten Überlegungen, was alles hätte realisiert werden können, wenn man früher über das Projekt gesprochen hätte, lösen lediglich Frustrationen aus.

2. Ich weiche einer »Erste-Hilfe-Beratung« nicht aus, wenn mich beispielsweise ein PE-Leiter darum bittet, über eine sehr aktuelle Situation in einer Abteilung oder bei seinen Produkten und Serviceleistungen zu sprechen. »Notfall-Beratungen« haben jedoch immer eine Vorgeschichte. Es zeigt sich dabei, dass es sich für PE-Klienten lohnt, nicht zu warten, bis eine akute Beratungssituation nach externer Beratungshilfe verlangt, sondern dass drei bis vier feste Termine während des Jahres, in denen der Berater gleichsam zur »Tenniswand« für einen Klienten wird, auch eine hervorragende Vorbeugung für »Notfall-Situationen« sind. Leitende PE-ler scheuen meines Erachtens noch zu sehr diese drei bis vier »jour fix-Termine« und erkennen zu wenig den Wert von periodischen Sparring-Terminen und kritischen Sparring-Partnern.

3. PE-Leiter haben zu wenig für Tele-Consulting-Möglichkeiten vorgesorgt, die ihnen bei Bedarf eine kürzere fernmündliche oder Internet-basierte Beratungshilfe bieten. Der virtuelle Sparring-Partner ist in dem Konzept der Beraterhilfe aus der Sicht von PE-Klienten kaum ausgeprägt oder überhaupt nicht existent. Dass fernmündlich zur Verfügung gestellte Beratungsleistung eine besondere Wertschätzung für einen Klienten darstellt, steht außer Frage und muss auch von Klienten mit einer finanziellen Wertschätzung verbunden werden.

4. Nach meinen bisherigen Erfahrungen hätte ich mir zudem im Interesse des Klienten gewünscht, dass PE-Abteilungen einen periodischen Audit-Beratungstag – einmal jährlich – mit ihrem Berater planen, um den gesamten PE-Produktionsprozess mit einer Außensicht zu versehen. Dies ist dann besonders hilfreich, wenn anschließend PE-strategische Fragen für die nächste Planperiode anstehen.

5. Ich bin in der Vergangenheit sehr zögerlich gewesen, auf einzelne meiner Klienten zuzugehen und ihnen einen Beratungstag auf meine Initiative hin anzubieten, wenn ich sie über relevante Entwicklungen für ihre Arbeit informieren wollte. Mittlerweile glaube ich, dass eine längerfristig eingerichtete Beziehung zwischen einem Berater und seinem PE-Klienten in jedem Fall sehr hilfreich ist – und ein vom Berater initiiertes Treffen nicht als zusätzliche Form der Fakturierung von Beratungsleistungen gesehen werden kann. Ein seriöser Berater wird sich sicherlich sehr gründlich überlegen, die Initiative zu ergreifen. Wenn er einem Klienten diese Beratung anbietet, dann scheint sie für mich vorderhand besonders wertvoll zu sein. Von dieser Möglichkeit wird in der Beratung von PE-Leitern bislang zu wenig Gebrauch gemacht.

6. Beratungshilfe für PE-Abteilungen muss nicht in einer übermäßig langen Zeitdauer enden. Was es periodisch braucht: eine kritische Überprüfung der Zusammenarbeit von Klient und Berater als Gegenstand der Beratung, die über die normale Prozessanalyse am Ende eines Beratungstags hinausgeht. Bei dieser kritischen Auswertung kommt man zum Teil erst an eigentliche Tabuthemen heran, die an den normalen Beratungstagen, in denen der Klient seine Agenda-Punkte einbringt, nur eine marginale Rolle spielen können. Dieser Bedarf in der Beratung muss zumeist vom Berater initiiert werden, und dies erfolgt nach meinen Erfahrungen zu wenig und zu spät. Man ist stattdessen eher bereit, auf beiden Seiten den »schleichenden Tod« der Beratungsbeziehung in Kauf zu nehmen.

7. Für PE-Berater, die über eine Reihe von Klienten verfügen, können Beratungsbeziehungen zu einem Klienten auch ein Element der Regie- oder Agenturleistung enthalten, indem Klienten mit ähnlich liegenden Bedarfen und Problemstellungen zusammengespannt werden, so dass aus der ursprünglichen Beratungshilfe eine Art Aktionslern-Projekt wird. Diese Veränderung des Beratungsauftrags, die darin besteht, an die Stelle einer eingekauften Beratungsleistung den Klienten im Rahmen des Action Learning zu einer größeren Eigenverantwortung mit einem anderen Klienten zu bringen, wird zu wenig wahrgenommen. Es spricht vieles dafür, dass diese Form des neuen Beratungsprojekts in den meisten Fällen ungleich wirksamer ist, zumal der Berater das Lernprojekt der beiden Klienten begleitet und sowohl die Funktionen eines Set-Advisers als auch die eines Experten aus dem »Connoisseur-Modell« der Evaluierungsliteratur für das erarbeitete Ergebnis übernehmen kann.

 

»Warum sind KMU und ihre GF-Mitglieder als potentielle Zielgruppen von Solos für Sie so wichtig?«

KMU als Zielgruppe werden für Solos immer wichtiger, weil ihre Arbeit bei großbetrieblichen Einsätzen zunehmend erschwert wird. Wenn Sie meine Beobachtungen für dieses desillusionierende Fazit nachvollziehen wollen:

• Man kommt als Solo in großbetrieblichen Strukturen kaum an GF-Vertreter heran, um mit ihnen Bedingungen für strategische Entwicklungs- und Veränderungsprojekte zu besprechen.

• Es gibt in großbetrieblichen Strukturen wenig Wertschätzung für minimalinvasive Interventionen. Stattdessen favorisiert man die inszenierenden Auftritte größerer Trainer- und Beratergruppen (z. B. 360°-Feedback-Orgien).

• In großbetrieblichen Strukturen folgt man einer Art kodifiziertem und kanonischem Lehrbuchwissen, das in der Praxis von anspruchsvoll arbeitenden Solos als überholt gilt, massive Kollateralschäden in der Organisation verursacht, aber von den »Positionsmächtigen« abgesegnet ist und kein Hinterfragen erlaubt. Diskutieren Sie doch einmal mit einem HR-Vorstand eines DAX-Unternehmens die Zusammenarbeit mit einer Business School hinsichtlich der Förderung von mittleren und oberen Führungskräften des Unternehmens, wenn das Unternehmen gleichzeitig ein wichtiger Sponsor der externen Einrichtung ist – Sie würden als erfahrener Solo aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.

• Grundsätzlich tendiert in großbetrieblichen Strukturen die Positionsmacht über die Expertenmacht im HR- und PE-Geschäft.

Da für Solos die in der Vergangenheit übliche Zusammenarbeit mit erfahrenen und einflussreichen PE-lern jetzt immer weniger möglich ist, weil die Auftragsvergabe an Procurement-Abteilungen delegiert wurde, gibt es seltener kompetente und budgetpotente HR- und PE-Abteilungen in großbetrieblichen Strukturen als Ansprechpartner für Solos. Man muss schon tendenziell gaunerhafte Praktiken als Solo einsetzen, um im großbetrieblichen Umfeld an Aufträge zu kommen.

Demgegenüber haben KMU und der Mittelstand durchaus attraktive Bedingungen für anspruchsvoll arbeitende Solos, wenngleich es auch dort Barrieren und Hindernisse gibt.

Was zudem besonders herausfordernd und anders für Solos in der Zusammenarbeit mit GF-Vertretern aus KMUs sein dürfte, ist die Notwendigkeit, sich kompetenzmäßig wesentlich breiter aufzustellen. Wenn man als überzeugender Partner in dem KMU-Markt akzeptiert werden will, muss man neben seinem Repertoire in PE, FKE und Change Management insbesondere auch bei Strategie- und Strukturierungsfragen mitreden können. Und da die meisten KMU Familienunternehmen sind, gehört eine Kenntnis der dort vorhandenen Themen in jedem Fall zum »kognitiven Startkapital«, wenn man als Solo in diesem Markt reüssieren will.

Die Arbeit mit GF-Vertretern als Zielgruppe hat aber auch ihre spezifischen Tücken. Nicht jedes GF-Mitglied aus einer KMU-Struktur und nicht jeder Direktor aus einem Großbetrieb verfügt über das »Executive-Format«, das man erwartet, wenn man seinen Elliott JAQUES (1989) kennt.

»Sind KMU auch noch eine mögliche Zielgruppe, wenn nur wenig finanzielle Mittel zur Verfügung stehen?«

Diese Frage kam von einem PE-Berater, der nach einem Trainingseinsatz mit dem HR-ler des Unternehmens darüber sprechen wollte, welche möglichen Anschlussprojekte zukünftig denkbar sind. In diesem Gespräch wurde dem PE-Berater mitgeteilt, dass die GF nicht sehr viel von teuren Trainings hält und auch insgesamt sehr wenig finanzielle Mittel für neue PE-Projekte zur Verfügung stellt. »Die Leute sollen schaffen und das, was sie an Weiterbildung brauchen, lernen sie am Arbeitsplatz« – so etwa wurde die Einstellung der GF durch den HR-ler charakterisiert. Da der HR-ler vollauf mit den klassischen P-Aufgaben beschäftigt ist und sich selbst nicht besonders für PE engagiert, rief mich der Berater an und fragte mich, was in dieser eher aussichtslos erscheinenden Situation bei dem Unternehmen noch möglich sein könnte.

Hier meine Hilfestellung:

• Als erster Schritt muss der HR-ler überzeugt werden, dass die Position der GF nicht völlig kontraproduktiv ist und es dem Unternehmen durch die fehlenden PE-Projekte nicht schlecht geht. Tatsächlich ist es ja gerade bei vielen mittelständischen Unternehmen so, dass sehr viel unbewusst ablaufendes Lernen am Arbeitsplatz erfolgt und allfällig neue PE-Maßnahmen dieses bereits vorhandene Lernen nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen sollen. In einem Treffen mit der GF, das der HR-ler initiieren sollte und bei dem er ebenfalls anwesend ist, sollte der PE-ler seine Vorstellungen von ergänzender PE zum arbeitsintegrierten Lernen im Unternehmen präsentieren.

• Als gewissenhaftem Profi war dem PE-Berater klar, welche Auszüge aus der strategieumsetzenden PE er bei einem solchen Treffen betonen muss. Ich riet dem PE-Berater noch, dem GF-Mitglied eine abgewandelte Version des Vorgehens zur »Ermittlung des strategischen Bedarfs« vorzuschlagen. Damit werden keine »schlafende Hunde« wie bei den üblichen Audits von Beratergruppen geweckt. Vielmehr kann man sich anschließend in Ruhe unterhalten, welche Bedarfe man in unterschiedlicher Form anpacken kann. Man kann aber auch völlig folgenlos ohne geweckte Erwartungen im Unternehmen entscheiden, dass man im Moment nichts weiter an zusätzlicher PE-Arbeit unternimmt. Ich empfahl dem PE-Berater, diese Datenerhebung mit dem GF, dem HR-ler und dessen Kollegen auf der direkt berichtenden Ebene an den GF vorzunehmen und für dieses Projekt einschließlich der Besprechung der Auswertung mit einem Treffen mit dem HR-ler und dem GF einen Pauschalpreis zu verlangen, der den PE-Berater nicht als »billigen Jakob« aussehen lässt, aber auch nicht prohibitiv für das Unternehmen sein sollte.

»Welche Probleme stellen sich Solos, wenn sie sich direkt um Führungskräfte in der Marktbearbeitung bemühen?«

Mir ist in der letzten Zeit eine eher beunruhigende Situation für externe Coaches, Teamentwickler oder für einzelne Berater aufgefallen. Wenn man direkt für Führungskräfte als Klienten im Markt tätig ist, dann fehlt es nicht an Bedarfen, für deren Bearbeitung man zum Einsatz kommen könnte, noch mangelt es an einem Budget. Die knappste Ressource bei der Bedarfsbearbeitung von Führungskräften ist deren fehlende Zeit für Entwicklung und Veränderungen.

Diese Situation bringt für allfällige externe Helfer eine Reihe von Problemen mit sich:

• Der ideale Zeitpunkt einer Bedarfsbearbeitung wird häufig verschleppt. Die ursprünglich vorhandenen Schwierigkeiten in einem Projekt, die man mit einer rechtzeitigen Intervention vernünftig lösen könnte, werden jetzt von anderen Problemen überlagert, was eine sorgfältige Diagnose erschwert und eigentlich zusätzliche Zeit verlangt, die ohnehin kaum vorhanden ist.

• Die überfälligen Interventionen der Bedarfsbearbeitung erhalten eine hohe Dringlichkeit, verbunden mit der Erwartung bei den Auftraggebern, dass der Externe stante pede zur Verfügung stehen kann.

• Über der gesamten Bearbeitungssituation lastet ein Zeitdruck, der für eine saubere Diagnose und für die entsprechenden Interventionen eher kontraproduktiv ist.

• Vereinbarte Termine werden häufig storniert, ohne dass man eine Stornoklausel faktisch geltend machen kann.

Wie kann man als Solo damit umgehen?

• Wenn man für Führungskräfte mit diesen Bedarfsmerkmalen arbeitet, muss man »verfügbar« sein. Dies bedeutet, dass man wesentlich kurzfristiger als früher zum Einsatz kommt. Hat man keine freien Tage, geht der Auftrag möglicherweise an einen Mitbewerber im Markt.