Zweiter Sieger

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„Was?“ stöhnte ich entsetzt? „Wie viel muss mein Mann denn bezahlen?“

„Das weiß ich nicht, Frau Woods. Das sollten Sie Ihren Mann fragen, oder die Frau Schwerte. Aber das hätte ich Ihnen vielleicht besser nicht erzählt. Tja, tut mir leid!“ Echtes Bedauern klang aus seinen Worten.

An diesem Abend kam mein Mann so spät und so betrunken nach Hause, dass ich ihn nicht fragen konnte.

Erst am nächsten Abend hatte ich die Gelegenheit meinen Mann auf den Unfall anzusprechen. „Sag mal, was musst du denn für das kaputte Taxi bezahlen? Und wann wolltest du mir das denn mal sagen, was du für eine Scheiße gebaut hast?“

Robert reagierte genervt: „Das geht dich nichts an, kümmere dich um deine Kinder. Ich regle das schon selbst.“ Mit diesen abweisenden Worten glaubte er mich beruhigt zu haben.

„Wie soll ich das denn verstehen? Wenn du einen Schaden bezahlen musst, den du verschuldet hast, geht mich das nichts an? Von welchem Geld willst du das denn bezahlen? Hast du eigenes Geld, von dem ich nichts weiß? Oder nichts wissen darf, weil du mich hintergehst? Das wird ja immer schöner!“ ging ich in die Luft, wie eine Rakete.

Mit erhobener Hand kam Robert auf mich zu, dabei drohte er: „Halt dein Maul oder ich hau dir drauf! Ich verdiene die Kohle während du dir den Arsch wärmst. Also bestimme ich auch was mit dem Geld passiert! Klar?“

„Papa, was machst du? Willst du die Mama hauen?“ fragte unsere Tochter mit entsetztem Tonfall hinter uns, die in diesem Moment ins Zimmer kam.

Wie aus einem Traum erwacht fuhr mein Mann herum, wobei er die Hand sinken ließ. „Nein Mona, das sah nur so aus.“ Log er und ging schnell aus dem Zimmer.

Hoffnung, dachte ich im Stillen, wo bist du geblieben?

charmanter Trost

Unsere Ehe war in einer tiefen Krise und ich wusste nicht, wer mir raten oder gar beistehen konnte.

Robert kam nun jeden Tag betrunken und sehr spät nach Hause, und immer fuhr er unser Auto selbst. Einige Versuche mit ihm darüber zu reden blockte er bösartig ab, sodass ich es schließlich aufgab. Das ging einige Wochen so weiter. Erst als meine Schwiegereltern mitbekamen, wie ihr Sohn gegen jegliche Regeln verstieß, gab es die erste Hilfestellung für mich.

Als Robert eines vormittags lange ausgeschlafen hatte, weil er die Nacht zuvor volltrunken gewesen war, stoppte ihn seine Mutter, als er aus dem Haus gehen wollte, und rief ihn rein. Ich konnte nicht mitbekommen was sie ihm sagte, aber es musste wohl eine gründliche Kopfwäsche gewesen sein, denn ab diesem Tag besserte sich das Verhalten meines Mannes.

Er kam wieder zu halbwegs normalen Zeiten nach Hause, roch zwar nach Alkohol, aber war nicht wirklich betrunken, und er suchte das Gespräch mit mir. Eine richtige Entschuldigung kam ihm zwar nicht über die Lippen, aber zumindest fragte er nach Ramonas schulischen Leistungen und nach Renes Fortschritten mit der Krankengymnastik.

Auch wurde mein Leben wieder abwechslungsreicher, denn wir gingen des Öfteren am Wochenende aus. Zwar immer in die gleiche Kneipe, auch immer in Ralfs Gesellschaft, aber gerade der war für mich ein Lichtblick. Ralf war charmant, lustig, spendabel und hofierte mich ganz deutlich. Solche Sprüche wie: Was so eine schöne Frau mit dir Trottel will, Robert, werde ich nie verstehen. Oder: Warum lässt du dich nicht einfach scheiden und heiratest mich, Ruth? Bei mir hättest du es viel besser. Ich würde dich auf Händen tragen!

Derartige Redensarten sagte Ralf mit schelmischem Lachen aber seine Augen sagten mir, dass er es ernst meinte.

Meinen Mann schien das weder zu beeindrucken noch zu stören, Robert lachte nur darüber und flachste manchmal: Ja, nimm sie doch, ich überlass sie dir gerne.

Ralfs Art schmeichelte mir, aber mir wäre es nie in den Sinn gekommen, mich für einen Mann seines Alters ernsthaft zu interessieren und für einen Verwandten meines Mannes schon mal gar nicht, deshalb maß ich Ralfs Werben keine Bedeutung bei. Es amüsierte mich.

Inzwischen hatte Robert wieder einige Nachhilfestunden in Buchhaltung hinter sich gebracht und der nächste Termin des kaufmännischen Prüfungs-Teiles rückte näher. Zeitgleich wurden auch Ralfs Lackieraufträge weniger, sodass Robert mir erklärte: „Wenn ich den Meisterbrief habe mache ich mich selbständig!

„Wie? Und was ist mit dem Ralf und seinen Lackierarbeiten?“ fragte ich verwundert.

Robert winkte ab: „Der Ralf wird die Tankstelle sowieso bald abgeben, das ist kein Dauerzustand da. Nur der Benzinverkauf reicht nicht um ohne Nebenarbeiten zum leben. Aufträge gibt es doch nicht mehr viel, und die paar Autos lackier ich am Wochenende mal eben nebenbei. Nee, die Zeit ist vorbei. Als Maler selbständig sein, das bringt die dicke Kohle, glaub mir!“

Ungläubig fragte ich weiter: „Wie soll das gehen, so einfach mal? Brauchst du dafür nicht Geld und auch ein anderes Auto? In den Käfer kriegst du doch kaum Farbeimer rein, aber schon gar keine Leitern und größere Materialien. Du stellst dir das so einfach vor.“

Robert erklärte in herablassendem Ton: „Dummchen! Hab ich alles schon längst geklärt! Ich tausche doch den Käfer gegen den blauen VW-Bus, den wir gerade reingekriegt haben. Wozu sitze ich denn beim Ralf an der Quelle? Und das Startkapital krieg ich von der Mami. Die hat doch den Prozess gewonnen. Das Geld wird in den nächsten Tagen frei gegeben. Zehn Mille krieg ich davon. Ja, da staunste? Watt?“

„Was? Das Geld von Onkel Karls Erbe? Kriegt sie? Toll! Aber wieso gibt die dir denn so viel Geld ab? Das glaub ich nicht! Du willst dir doch nicht so viel Geld leihen? Da möchte ich aber auch gefragt werden!“ protestierte ich, denn die Sache war mir nicht geheuer.

„Quatsch! Nix geliehen! Das ist mein Anteil von dem Erbe! Wenn der Mami das nicht zugestanden hätte, wäre ich der nächste Erbe gewesen, so steht es nämlich in Onkel Karls Gemeinschafts- Testament mit der Tante Emmi. Der Onkel Karl durfte das weder an seine zweite Ehefrau noch irgendjemand Anders vererben, ich war der nächste rechtmäßige Erbe. So, nun weißt du es. Aber davon hast du natürlich keine Ahnung, denn bei deiner Familie gibt es ja nix zu erben. Die sind alle zu arm! Ha, ha, ha!“ Hielt mein Mann sich den Bauch vor Lachen.

Ich stutzte, überlegte einen Moment, dann wollte ich wissen:

„Und wieso hat dann doch deine Mutter das Geld gekriegt? Oder war der Passus in dem Testament nicht genauso wie bei deinem Opa und deiner Oma? Vermutlich hatten die den gleichen Notar und auch den gleichen Wortlaut genommen, oder? Dann hättest du ja alles kriegen müssen, und deine Mutter nichts mehr. Die hatte sich ja schon als abgefunden erklärt, als der Onkel Karl wieder geheiratet hat.“

Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren, ich ahnte eine Hinterlistigkeit!

„Ich hatte ihr ja unterschrieben, dass ich ihr die Vollmacht gebe“, erwiderte Robert.

Nun war ich hellwach, die Hinterlist lag so klar auf der Hand: „Welche Vollmacht? Dass sie für dich bei Gericht handeln darf, oder dass du deine Ansprüche an deine Mutter abtritts, Robert?“

Ihm war wohl unter meinem prüfenden Blick unbehaglich in seiner Haut, er trat einen Schritt zurück und zischte: „Was willst du eigentlich? Sind Zehn Mille nicht genug? Kriegst den Hals nicht voll? Kommst aus den ärmsten Verhältnissen und willst jetzt die Riesenknete? Guck mal erst, dass du überhaupt was lernst, hast ja nicht mal nen Beruf. Blödes Frauenzimmer!“

Dann drehte er sich rum und rannte zur Tür hinaus.

Spät in der Nacht kam mein Mann volltrunken nach Hause.

Die ganze Nacht hatte ich wach gelegen, konnte die ketzerischen Gedanken einfach nicht abschalten. Was war das nur für eine Mutter? Betrog ihren eigenen Sohn um sein Erbe. Bei ihrem ersten Versuch hatte ich das ja gerade noch verhindern können, als es um Opas Vermächtnis gegangen war. Damals hatte sie die Grundstücks-Überschreibung auf meinen Mann mit dem Märchen verhindert, es stünde im Testament, dass er erst seinen Meister machen müsse.

Okay, dass ihre Befürchtung sogar eingetroffen war, Robert werde das Grundstück verkaufen, und das Geld versaufen, rechtfertigte nicht ihren Unterschlagungs-Versuch. Aber ich hatte die Sache aufgedeckt und auf die rechtmäßige Übertragung bestanden. Dass mein Mann zu feige gewesen war, das ererbte Baugrundstück zu nutzen, weil er Angst vor Schulden hatte, war auch einer meiner Scheidungsgründe gewesen. Aber auch das rechtfertigte nicht die erneute Hinterlist um das Familien- Erbteil, was Robert zustand.

Nun hatte es tatsächlich geklappt mich im Unklaren zu lassen und zu umgehen. Meine Schwiegermutter hatte unsere ständigen Ehe-Streitigkeiten zu nutzen gewusst. Und ich ahnungsloses Schaf war noch jeden Samstag ihre Privat-Friseurin gewesen, hatte nichts Böses geahnt und mich von ihrer berechnenden Freundlichkeit einlullen lassen. Klar, deshalb die großzügige Geld-Leiherei, die Dummköpfe mit Kleingeld abspeisen und mit einem miesen Trick das dicke Geld kassieren. Diesen Plan hatte sie mit Bravur durchgesetzt. Nun war es zu spät, die Sache war gelaufen.

Ich war voller Abscheu und Zorn. Ich wusste nicht, wie ich diese Hinterlist kommentarlos schlucken und einstecken konnte. Denn es widerstrebte meiner Natur einfach stillzuhalten wenn mir Unrecht geschehen war.

Aber es war sinnlos, aufzubegehren, denn zurückdrehen ließ sich die Abwicklung nicht mehr. Der Trottel, der mein Ehemann war, der sich großer Meister nannte, hatte sich wie ein dummer Schulanfänger von seiner Mutter über den Tisch ziehen lassen.

Wenn es nicht zum weinen wäre, hätte ich laut gelacht. Es raubte mir den Schlaf.

Aber was konnte ich machen? Nichts! Ich hätte lediglich einen riesengroßen Familienkrach heraufbeschworen, davon gehabt hätte ich gar nichts.

 

Doch, die Ächtung von den Schwiegereltern und mein Mann würde mir wieder genauso in den Rücken fallen wie bei der damaligen Erbschaftsgeschichte auch. Punkt.

In der darauf folgenden Zeit war die Stimmung recht angespannt. Zwar sprachen wir nicht mehr über die Sache, aber die unruhige Nacht konnte ich genauso wenig einfach wegstecken wie diese unselige Sache selbst.

Dann passierte etwas, was meine ganze Einstellung zu meinem Ehemann veränderte.

Während einer feucht-fröhlichen Bierrunde in unserer Stammkneipe geriet die eheliche Treue in den Mittelpunkt des Gesprächs.

Es entwickelte sich eine heiße Diskussion zwischen Ralf und meinem Mann. Während der Cousin die Meinung vertrat, Treue sei ein wichtiger Faktor in der Ehe, fand Robert das unwichtig, ja langweilig.

„Man muss doch mal ein bisschen Abwechslung haben, schließlich kann kein Mensch immer nur Eintopf essen. Ein leckeres Steak muss mal ab und zu sein.“ behauptete mein Mann voller Ernst.

Ich fühlte mich als Betroffene zum Eintopf degradiert und hatte empört gefragt: „Gilt das nur für die Männer oder auch für die Ehefrauen?“

„Ach das ist doch mal wieder typisch Weiber“, erwiderte mein Mann verächtlich. „Ihr habt doch gar nicht den Nerv mal einen Stich nebenbei zu machen. Weil ihr euch doch immer gleich verlieben müsst. Eure Gefühlsduselei steht euch doch immer im Weg. Selbst schuld wenn ihr dann das geile Gefühl des Neuen verpasst. Ha, ha, ha“, zog Robert das Thema ins Lächerliche.

Doch ich ließ nicht locker, wollte es genau wissen: „Aha, das heißt also, dir würde es nichts ausmachen wenn ich fremd ginge?“

„Nö, deine Pflaume ist doch kein Stück Seife, die nutzt doch nicht ab!“ gab mein Mann sich großspurig und hielt sich den Bauch vor lachen.

Während mir das Blut vor Verlegenheit ins Gesicht schoss, schweiften meine Augen ab und ich erwischte Cousin Ralfs begehrlichen Blick, der mich zu fragen schien: auf was warten wir denn noch?

Ausgerechnet an diesem Abend wollte mein Mann noch weiter ziehen.

Als es Zeit wurde nach Hause zu fahren, lehnte Robert ab: „Heute musst du mal alleine nach Hause gehen, Ruthchen. Ich habe noch keine Lust, ich mach noch eine Reintour, mal hier rein und mal da rein. Der Ralf fährt dich sicher gerne nach Hause. Oder, lieber Vetter, das machst du doch?“

Ahnte mein Mann denn gar nicht, dass er mich seinem Cousin in die Arme trieb? So blind konnte er doch nicht sein, dass er nicht mitbekommen hatte wie sein Cousin mich die ganzen Monate schon mit den Augen verschlang und ganz offen anbaggerte. Oder war ihm das wirklich egal?

Ralf stand sofort auf, ging zur Theke die Rechnung bezahlen, und dann bot er mir an: „Wir können fahren, ich stehe zu deiner Verfügung.“

Anfangs sprachen wir kein Wort, denn es lag eine unsichtbare, knisternde Spannung in der Luft.

Ralf fuhr ungewöhnlich langsam und einen unbekannten Weg, der durch ein kaum bewohntes ländliches Gebiet führte.

„Wo sind wir hier? Wo willst du hin?“ brach ich nach einer Weile das Schweigen.

„Kennst du diese Gegend nicht? Hier kann man sich in Ruhe und ungestört unterhalten. Nur falls du dich mit mir alleine unterhalten möchtest. Oder hast du Angst mit mir alleine zu sein?“ fragte er und hielt am Rande eines Feldweges an.

Nur der Vollmond spendete uns sein schwaches Licht als Ralf den Motor und die Scheinwerfer ausschaltete.

„Warum sollte ich Angst vor dir haben und warum?“ gab ich mich mutig, aber meine Stimme erschien mir seltsam fremd.

Ralf drehte sich zu mir, rückte näher, und während er meine Wange streichelte sagte er: „Weil du weißt, dass ich schon lange verrückt nach dir bin und dass ich dich jetzt endlich küssen werde.“

Als sein heißer Atem mich streifte war ich wie gelähmt, wusste weder eine Antwort, noch konnte ich mich bewegen. Dann zog er meinen Kopf ein wenig näher an sich heran und sein Mund suchte meine Lippen. Als sein voller Mund mich berührte durchfuhr ein heißer Strom meinen Körper, sodass ich ihm mein Gesicht entgegen hob, und willig die Lippen öffnete, um seine Zunge in meinen Mund zu lassen.

Seine Arme umschlangen mich, während seine Küsse so leidenschaftlich und intensiv wurden, dass sie jeden noch so schwachen Widerstand im Keim erstickten. Auch die zarten Berührungen seiner kräftigen Männerhände bewirkten dass ich vor Sehnsucht dahin schmolz. Selbst als seine Hände immer mutiger in meine intimsten Zonen vordrangen, wehrte ich mich nicht, sondern gab mich ihm wie verzaubert hin. Zu lange hatte ich keine solchen Zärtlichkeiten mehr bekommen. Als er meine Brüste entblößte, und die Nippel mit zartem Saugen liebkoste, öffnete ich seiner vortastenden Hand freiwillig die Schenkel und genoss seine geschickten Bewegungen in meiner Scham. Ralf war ein großartiger Liebhaber, der die erogenen Punkte einer Frau ganz genau kannte und wusste wie er eine Frau glücklich machen konnte. Ich zitterte dem Höhepunkt entgegen.

Als er endlich in mich eindrang zerfloss ich vor Begehren, und in heißer Ekstase dachte nur: welch ein Mann.

In diesem Moment genoss ich es nur begehrt und geliebt zu werden und bereute es keine Sekunde.

andere Wege

Erst am nächsten Tag wurde mir klar auf was ich mich eingelassen hatte, in welch eine prekäre Situation ich mich gebracht hatte.

Angestrengt dachte ich darüber nach wieso ich mich hatte verführen lassen. Obwohl mein Mann mir doch quasi die Erlaubnis zum Fremdgehen erteilt hatte, konnte ich mich gegen mein schlechtes Gewissen nicht wehren. Wenn Robert tatsächlich so dachte und vermutlich selbst jede Gelegenheit nutzte, sich mit anderen Frauen zu amüsieren, hatte ich nichts unrechtes getan, versuchte ich mein Gewissen auszuschalten.

Ich hatte es einfach gebraucht. Punkt. Damit versuchte ich mich zu entschuldigen. Aber irgendwie war mir die Erinnerung doch unangenehm. Mir war klar, was ich getan hatte war einfach unmoralisch.

Vermutlich war mein Mann anderweitig so in Anspruch genommen, dass er an mir kein Interesse mehr hatte, zumindest verhielt er sich so.

Roberts Behauptung, die unterschiedliche Gefühlslage der Geschlechter sei der Grund, dass Männer einfacher mit wechselnden Liebschaften umgehen könnten, Frauen aber schwieriger Seitensprünge verkrafteten, konnte ich nicht akzeptieren. Das war sicher nur ein listiger Versuch, sich Vorteile zu verschaffen. Aber wie ging es nun weiter? Wie begegnete ich meinem Seitensprung? Wie stand ich zu der Sache, beziehungsweise zu Cousin Ralf? Und wie konnte ich mich zukünftig Ralf gegenüber verhalten?

Hatte ich mich in Ralf verliebt? Klar und deutlich, nein. Wollte ich die Sache wiederholen? Einmal oder gar öfter? Ein Neben-Verhältnis? Um Himmels willen, Nein.

Also beschloss ich, der Geschichte vorerst einfach mal aus dem Wege zu gehen.

Da mein Mann seine freie Zeit mit der Nachhilfe und lernen verbrachte, oh Wunder, vergingen die restlichen Wochen vor Roberts zweiter Meisterprüfung ohne Kneipen-Vergnügungen. Also auch ohne Ralf, was mir nur recht war.

Allerdings trat plötzlich ein unüberwindbares Hindernis auf, das für uns ein schwieriges Problem darstellte, worauf mein Mann völlig ratlos reagierte. In Roberts polizeilichem Führungszeugnis waren Strafeinträge.

„Das kann ich nicht bei dem Prüfungsausschuss abgeben. Ein vorbestrafter Meister? Nee, die lassen mich durchfallen!“ war der große Meister plötzlich hilflos.

„Quatsch, das sind doch alte Sünden, deine Führerschein-Strafen wegen Trunkenheit sind doch ewig her. Aber was ist das denn wegen Diebstahl? Hast du mal geklaut?“ wunderte ich mich.

Robert schimpfte: „Da habe ich beim Bund mal Stress gehabt, weil ich als Kellner in der Offiziers-Messe mal nicht korrekt bezahlt wurde, hab ich mir als Ausgleich ein paar Flaschen Wein mitgenommen. Das gab fünf Tage Knast wegen Diebstahl. Die sind doch bescheuert so eine Lappalie in mein Führungszeugnis zu schreiben. Aber was mach ich denn jetzt? Wenn der Prüfungsausschuss das sieht, kann ich den Meisterbrief vergessen. Dann war alles umsonst!“

„Nix da, das wollen wir doch mal sehen. Ich gehe morgen zum Einwohnermeldeamt und rede mal mit den Leuten!“ sagte ich entschlossen, dabei war ich voller Hoffnung doch noch einen Weg zu finden.

Der nette Beamte hörte mir sehr verständnisvoll zu und sagte mitleidsvoll: „Das tut mir zwar sehr leid, aber an den Einträgen können wir nichts ändern, das entscheiden wir hier nicht! Aber ich gebe Ihnen mal einen Tipp, junge Frau. Gehen Sie doch mal zum Regierungspräsidenten nach Düsseldorf und bitten Sie den um Hilfe. Vermutlich kommen Sie nur bis ins Vorzimmer, deshalb bereiten Sie sich gut vor. Schreiben Sie einen Bitt-Brief, in dem Sie Ihre Situation schildern und darum bitten, nur zur Vorlage vor dem Prüfungsausschuss ein eintragsfreies Führungszeugnis auszustellen. Drücken Sie richtig auf die Tränendrüse, von wegen, die Zukunft einer jungen Familie, erwähnen Sie ihre beiden Kinder, und dass Sie sich die Kosten für die Meisterschule vom Munde abgespart haben, vielleicht hilft es. Der Regierungspräsident hat die Macht ein solches Dokument ausstellen zu lassen. Und auch im Vorzimmer müssen Sie ein wenig bitten, dass man Ihnen zu Hilfe kommt und diesen Brief schnellstens weiterleitet. Das ist der einzige Weg der Ihnen helfen könnte. Ich wünsche Ihnen viel Glück. Nur Mut!“

Mein Mann sah mich an als zweifle er an meinem Verstand und meinte: „Ach, so ein Blödsinn, der Kerl hat dich verarscht. Nee, das glaub ich nicht!“

Aber meine Schwiegermutter stärkte mir den Rücken: „Ich glaube nicht dass der Beamte dich geflachst hat. Warum sollte er? Versuch es, Ruth, wenn das der einzige Weg ist, dann musst du es versuchen. Ich glaube, dass du es schaffst!“

In diesen Brief legte ich mein ganzes Herzblut, was ich nie zuvor gemacht hatte.

Schon am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg nach Düsseldorf. Vor dem imposanten Gebäude holte ich tief Luft und dann klopfte ich an das Vorzimmer des Regierungspräsidenten.

Die Sekretärin war sehr freundlich, hörte mir aufmerksam zu und versprach mir, den Brief schnellstens ihrem Chef zu übergeben.

Bereits eine Woche später erhielt mein Mann ein eintragsfreies, sauberes Führungszeugnis zur Vorlage zur Meisterprüfung.

Am Tage der Prüfung stand der Cousin plötzlich vor unserer Tür. Ich war perplex, denn das sah ja so aus als habe er die Abwesenheit meines Mannes abgepasst.

„Ich musste dich unbedingt sehen, denn ich habe dich in letzter Zeit so vermisst, dass ich auf diesen Tag gewartet habe.“

Damit bestätigte Ralf meine Ahnung. „Hast du denn gar keine Sehnsucht nach mir gehabt?“ fragte er mit Dackelblick.

„Ehrlich? Nein! Es ist einmal passiert, und bei einem Mal soll es auch bleiben Ich will kein Bratkartoffel-Verhältnis! “ erwiderte ich knallhart und wich ein paar Schritte zurück bis in die Küche.

Ralf folgte mir, sah mich mit traurigem Ausdruck an, aber er nickte demütig.

„Aber einen Kaffee bietest du mir schon noch an?“ fragte er und beschämte mich damit.

„Sicher, entschuldige. Es ist nur, du hast mich einfach überrumpelt. Ich hatte nicht mit dir gerechnet. Setz dich doch.“ Stotterte ich verlegen und begann die Kaffeemaschine zu befüllen.

Ralf trat hinter mich und während sein heißer Atem meinen Nacken streifte, streichelte er über meinen Rücken und flüsterte: „Ich bin so verrückt nach dir, dass ich an nichts anderes denken kann, als an deine geilen Brüste und diese schöne Stunde im Auto. Es macht mich fertig, dass du das vergessen hast, und dass es dir nicht genauso geht wie mir. Ich hatte so gehofft, dass du genauso fühlst und dich auch in mich verliebt hast. Habe ich denn gar keine Chance? Oder ist es wegen deiner Kinder?“ versuchte Ralf mich umzustimmen.

Wie gerufen klingelt es an der Tür.

„Oh, das wird Ramona sein. Die Schule ist zu Ende.“ war ich ganz erleichtert und bat ihn: „Bitte Ralf, ich möchte nicht, dass die Kleine etwas merkt. Bitte akzeptiere meine Entscheidung, warum auch immer. Ja?“ bat ich den Mann eindringlich.

Er stimmte sofort zu: „Ja natürlich. Keine Sorge. Muss ich ja!“

Als auch der Kleine nach mir rief, weil er aus dem Mittagsschlaf erwachte, war ich mit beiden Kindern so beschäftigt, dass ich einen natürlichen Schutzwall gegen Ralfs Begierde hatte.

Schnell trank der Cousin seinen Kaffee aus und verabschiedete sich schon nach wenigen Minuten. Erleichtert atmete ich auf.

 

Am frühen Abend präsentierte Robert mir stolz seinen Meisterbrief. Er hatte es beim zweiten Anlauf geschafft. Mit großer Freude beglückwünschte ich den frisch gebackenen Maler- und Lackierermeister.

Lachend entschied mein Mann. „Das müssen wir feiern! Mach dich fein, wenn die Kinder im Bett sind gehen wir aus. Die letzten Wochen war ich ja sehr fleißig und auch enthaltsam. Heute möchte ich mal wieder in gemütlicher Runde ein oder zwei Bier trinken. Schließlich muss ich doch meinen Cousin ein bisschen neidisch machen.“

Ich maulte: „Och nö, schon wieder in die doofe Kneipe? Wir können doch mal woanders hingehen. Immer Ralf, Ralf und noch mal Ralf. Den brauchst du doch jetzt nicht mehr!“

Robert stutzte, widersprach energisch: „Was hast du denn plötzlich gegen den Ralf? Du fandest die Abende doch immer so nett und außerdem muss ich noch wegen dem Bus mit ihm reden. Nein, wir gehen dahin, aber wenn du nicht mitkommen willst, geh ich auch alleine!“

„Nee, schon in Ordnung!“ grummelte ich und verwarf den Gedanken von Ralfs mittäglichen Besuch zu erzählen.

Mit großem Hallo wurden wir in unserer Stammkneipe begrüßt und speziell Ralf strahlte bei meinem Anblick. Heimlich warf er mir einen Handkuss zu, was ich diskret ignorierte.

Auch die Leute in unserer Stammtisch-Runde beglückwünschten meinen Mann und nahmen es zum Anlass auf Spendierrunden zu spekulieren. Der Abend wurde gemütlich und lustig, aber teuer.

Plötzlich fragte mich Robert: „Warum hast du mir denn nicht gesagt, dass der Ralf heute bei uns war?“

Mir wurde warm, ich fühlte das Blut hochsteigen und bemühte mich ganz beiläufig und harmlos zu klingen als ich antwortete: „Ach ja, Mensch das hab ich ganz vergessen. Er war ja nur ganz kurz da, ich hatte keine Zeit lange zu quatschen. Ramona kam gerade aus der Schule und ich musste den Kindern was zu essen machen.“

Mein Mann sah mich intensiv an und ich hatte Sekunden lang den Eindruck als sei er misstrauisch, aber dann lachte er und wandte sich der Tischrunde zu. Uff, war wohl glaubhaft.

Ich hatte das Thema schon längst abgehakt, dachte es sei in die Vergessenheit der Unwichtigkeit versunken, als Robert, mittlerweile stark alkoholisiert, plötzlich laut posaunte: „Leute ich hab einen guten Witz gehört, den muss ich euch mal erzählen. Hört mal zu: Kommt ein Mann abends nach Hause, findet seine Frau im Schlafzimmer als sie nackt vor dem geschlossenen Kleiderschrank steht, und er fragt was das soll, sagt sie, dass sie nichts mehr zum anziehen hat. Öffnet der Mann den Kleiderschrank, sortiert die Kleider, und sagt: guck mal hier: ein Grünes, ein Blaues, ein Rotes, Tag Ralf, ein Gelbes…..“

Alle lachen. Nur ich fand das gar nicht komisch.

Nachdem er sich vor Lachen geschüttelt hat fragt mich mein Mann: „Watt is Ruthchen, kannst du keinen Spaß vertragen? Oder ist das nicht lustig?“

„Und wie lustig! Du machst doch gerne die besten Witze auf anderer Leute kosten“, Knurrte ich genervt. „So mein lieber Ehemann, ich möchte jetzt nach Hause fahren. Kommst du mit oder wie gehabt?“ wollte ich entschlossen den verunglückten Abend umgehend beenden.

Wie schon so oft wollte mein Mann noch weiter saufen. Wir einigten uns, dass ich alleine mit dem Auto nach Hause fahren sollte. Unter dem Protest der Anderen brach ich umgehend auf.

Dass mein Mann doch etwas von meinem Ausrutscher geahnt hatte zeigte sich bei seiner nächtlichen Heimkehr. Bis zum Rand abgefüllt stolperte der Betrunkene ins Schlafzimmer und begann rücksichtslos laut zu schimpfen.

Ich sei eine Schlampe, denn ich könne ihm nichts vormachen, er wisse schon dass ich mich von anderen Kerlen vögeln lasse, ich solle mich ja nicht erwischen lassen, dann würde er mich erschießen. Er schimpfte so laut, dass ich ihn auf die Uhrzeit hinwies, dass er das ganze Haus wecken würde, bat ihn leise zu sein. Dabei blieb ich ganz ruhig und sachlich, versuchte ihn zu beruhigen. Offenbar brachte ihn das noch mehr in Rage.

Vor Zorn griff er nach der schweren Nachttischlampe auf seiner Bettseite, hob sie hoch um mich damit zu schlagen. Das Kabel hielt die Lampe in der Wand, sodass ich aus dem Bett sprang und aus dem Raum flüchteten wollte.

Im gleichen Moment als ich die Tür öffnete stand unsere Tochter im Rahmen und fragte vorwurfsvoll: „Warum schimpfst du denn so laut, Papa? Was hat die Mama denn böses gemacht?“

Ramonas Erscheinen wirkte auf Robert wie eine kalte Dusche.

Er stellte die Lampe wieder ab und sagte reumütig:

„Nichts Mäuschen, geh wieder schlafen. Es ist alles in Ordnung.“ Nach diesen Worten warf er sich in voller Montur auf unser Bett und schlief in Sekundenschnelle ein.

„Gehst du mit in mein Bett, Mama?“ fragte meine kleine Retterin. „Bei dem Papa kannst du doch heute nicht schlafen. Der stinkt so schrecklich nach Bier. Komm, schlaf besser bei mir!“

Wieder einmal hatte unsere Tochter eine heftige Auseinandersetzung beendet, mich vor schlimmerem gerettet.

Als sei alles ganz normal erklärte Robert am nächsten Tag, er werde heute den Bus abholen und unseren Käfer dafür abgeben. Dann sei er in den kommenden Tagen mit dem Einkauf der Arbeitsmaterialien und Werkzeugen beschäftigt.

Danach werde er sein Geschäft anmelden, denn er habe schon einen Auftrag, den er in der nächsten Woche beginnen müsse. Falls ich Einkäufe zu erledigen hätte, müsse ich mich nach seinem Terminplan richten.

Nach dem Geld fragte ich nicht, denn aus diesem Thema hatte man mich erfolgreich ausgeschlossen. Ich war zum Abwarten verurteilt.

Als Robert am Nachmittag zurückkam war ich doch sehr überrascht wie geräumig das Fahrzeug war und was mein Mann alles in den VW-Bus hinein gepackt hatte. Leitern, kleine Böcke, mehrere Farbeimer, Farbkartuschen, Pinsel-Sortimente, 2 Tapeziertische, mehrere Tapeten-Musterbücher und eine Kiste mit diversen Werkzeugen lagen auf der großen Ladefläche.

„Wo willst du denn die ganzen Sachen unterbringen“? war das Erste was mir bei dem Anblick einfiel.

Robert sagte großspurig: „Darum brauchst du dir keine Gedanken zu machen, das habe ich alles schon geklärt. Natürlich kriege ich einen zusätzlichen Kellerraum, die Keller werden einfach anders aufgeteilt. Die Mieter brauchen keine großen Räume für ihr Gerümpel, meine Werkstatt ist schließlich wichtiger. Du brauchst also kein Angst zu haben, dass ich meine Leitern in unserem Schlafzimmer abstelle!“ lachte mein Mann belustigt.

„Blödmann! Natürlich nicht! Behandle mich nicht immer wie ein dummes Kind! Ich bin deine Frau, die Mutter deiner Kinder!“ Damit wendete ich mich verärgert ab und ließ ihn stehen.

Erst nach dem Abendessen, als die Kinder lange im Bett waren, änderte sich die Stimmung. Mein Mann rückte näher an mich heran, suchte Liebe. Danach war mir jedoch gar nicht zumute.

„Nur wenn du bumsen willst kannst du nett sein. Darauf habe ich aber keine Lust, so wie du mich behandelst“, knurrte ich und schob ihn weg.

Robert schnurrte wie ein rolliger Kater: „Ach Ruthchen, sei doch lieb und versuch doch mal mich zu verstehen.“ Schmeichelte er und fummelte an meinem Busen. „Ich will uns doch ein gutes Leben aufbauen, und die letzte Zeit war eben ziemlich anstrengend. Aber das ist jetzt alles vorbei und wird besser. Als selbständiger Meister verdiene ich endlich richtig Geld, habe nicht mehr die Schinderei wie beim Ralf, und du hast auch keine Sorgen mehr. Glaub mir, ich baue uns richtig was auf. Nun komm, sei wieder lieb!“

Auch wenn ich keine Lust auf Amore hatte, ich hatte keine Gegenargumente mehr. Deshalb kam ich meiner ehelichen Pflicht nach und ließ ich das Ganze über mich ergehen. Mein Mann war zufrieden und schlief danach selig auf dem Sofa ein. Ich saß noch lange nachdenklich neben ihm.

Nein, glücklich war ich wirklich nicht.

In unserem Leben vollzog sich tatsächlich ein Wandel.