Die Hormonkur

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

Ein Wort zum Nachweis

Vor nicht allzu langer Zeit brachte die New York Times einen Artikel über Frauen, die sich selbst das Schwangerschaftshormon hCG spritzen, um abzunehmen. Als Gynäkologin und als Frau weiß ich sehr wohl von Menschen, die versuchen, sich schlank zu spritzen. Aber ich war fassungslos, dass der Wahn einen Siedepunkt erreicht hatte – dass Frauen bereit waren, Tausende von Dollar für eine „Behandlung“ von Symptomen mit einem „Schuss“ Schwangerschaftshormon hinzublättern, bei denen es sich in Wahrheit um Hormonschwankungen, emotional aufgeladenes Essverhalten und Ernährungslücken handelt. Meiner bescheidenen medizinischen Meinung nach ist das völlig aberwitzig.

Ich habe mich intensiv mit der Literatur über das humane Choriongonadotropin (hCG) beschäftigt. In zwölf randomisierten Forschungsstudien seit 1954 zeigt hCG nachweislich keinen Abnehmeffekt. Schlimm genug, dass sich die Vorteile, mithilfe von hCG-Spritzen abzunehmen, als haltlos erwiesen, ist es überdies wirklich erschreckend, dass es keine Studien gibt, die garantieren, dass das Injizieren des Hormons zu diesem Zweck risikolos ist. Und dennoch gibt es eine erhebliche Anzahl von Frauen, die es damit versuchen.

Der Nachweis zählt. An der Uni hat man mir beigebracht, Frauen über 40, die über Nachtschweiß, Schlaflosigkeit, Angstzustände und/oder Depressionen klagen, ein einschlägiges Kombinationspräparat aus Östrogenen und Gestagen zu verschreiben. Diese Östrogene haben nichts mit denen zu tun, die ihr Körper selbst bildet, sie stammen aus dem Urin trächtiger Stuten, und Progestin, eine künstliche Abart von Progesteron, kann Depressionen verursachen. (In Deutschland und Europa werden ebenfalls solche Präparate, wenn auch inzwischen in der geringst möglichen Dosierung und für die kürzest mögliche Zeit in der konventionellen Hormonersatztherapie verwendet; Anm. d. Übers.). Die Schulmedizin behauptete, dies sei das „Wunder-Gespann“ der Hormonersatz-Therapie, denn es hatte in Beobachtungsstudien wie der als Nurses‘ Health Study (zu Deutsch etwa: „Studie zur Gesundheit von Krankenschwestern“) bekannt gewordenen Untersuchung nachweislich die Rate der Herzerkrankungen verringert.

Beobachtungsstudien halte ich aber nicht gerade für die beste Art des Nachweises, denn die Informationen stammen von Menschen, die bereits ein Medikament einnehmen, und nicht von Probanden, die dafür zufällig ausgewählt werden und es in einem kontrollierten Umfeld einnehmen, zusammen mit einer weiteren, ebenfalls zufällig ausgewählten Gruppe, einer sogenannten Kontrollgruppe, deren Teilnehmer stattdessen ein Placebo bekommen. Der beste Nachweis besteht meiner Ansicht nach in der randomisierten placebokontrollierten Studie, die gut konzipiert und deren Fallzahl groß genug ist, um die Wirkung zu zeigen – wenn es eine gibt –, und der Nutzen sich idealerweise in mehr als einer Studie reproduzieren lässt. (Wenn drei randomisierte Studien mit denselben Ergebnissen aufwarten, führe ich einen Jubeltanz auf).

Als schließlich 1999 randomisierte placebokontrollierte Studien zu dem weiter oben erwähnten Medikament stattfanden, zeigten die Ergebnisse, dass es zu mehr Herzerkrankungen führte. Im Jahr 2002 wurde dies durch eine weitere langandauernde randomisierte Studie, die Women’s Health Initiative (zu Deutsch etwa: „Initiative für die Gesundheit der Frau“), bestätigt. Da kam es plötzlich zum großen Erwachen: 57 Jahre lang hatte die schulmedizinische Ärzteschaft Frauen künstliche Hormone verschrieben, bevor sie überhaupt eine Ahnung davon hatte, wie diese sich wirklich auf deren Gesundheit auswirken. Wie Tausende anderer Geburtshelfer, Gynäkologen, Internisten und Hausärzte hatte auch ich die falschen Ratschläge unter die Frauen gebracht. Für mich war das ein dramatischer Wendepunkt der Ereignisse: Ich musste meinen Glauben an den „besten Nachweis“ mit der Tatsache in Einklang bringen, dass die Methode des besten Nachweises weder gelehrt, noch von den meisten Ärztinnen und Ärzten in den USA praktiziert wurde. Die Wahrheit ist, dass die meisten Verschreibungen bei Hormonproblemen nicht von exakter Wissenschaft gestützt und dass die Kriterien für den besten Nachweis nicht einheitlich angewandt werden. Diese Erfahrung lehrte mich, der Hormontherapie mit wesentlich größerer Skepsis zu begegnen und den besten Nachweis zu verlangen, bevor ich überhaupt ein Hormon verschreibe. Ohnehin gilt es, zuerst einmal Veränderungen im Lebensstil herbeizuführen. In meiner Praxis empfehle ich manchmal als allerletzte Option eine Hormontherapie in der kleinsten und dennoch wirksamsten Dosierung für den kürzestmöglichen Zeitraum wie Sie in den Kapiteln 4 bis 9 sehen werden.

Seit 2002 haben 80 Prozent der Frauen ihre Hormontherapie abgebrochen. Doch der Schaden war schon angerichtet – die Frauen bekamen Angst und wurden gegenüber dieser Therapie und den Ärzten, die sie dazu drängten, misstrauisch. Das war aus mehreren Gründen von großem Nachteil: Erstens gab es für die Frauen sehr viel weniger Möglichkeiten, um mit dem hormonellen Chaos in den Wechseljahren fertig zu werden; zweitens vereinfachten und verzerrten die Medien die Ergebnisse zu sehr – für die Erörterung von Nuancierungen in den Daten und inwieweit sie auf eine Untergruppe von älteren Frauen (ab 66 Jahre) zutrafen, gab es wenig Raum; drittens, ein paar faule Eier (künstliche Hormone) ruinierten den Ruf aller Hormone, der künstlichen wie der natürlichen oder bioidentischen; und viertens, kein Gesprächsstoff polarisierte mehr als der über Hormone. Die Einschränkung von Wahlmöglichkeiten ist niemals gut, vor allem nicht für eine Frau im mittleren Alter, die sich durch Schlaf- und Progesteronmangel fühlt, als wäre sie leicht bis mittelgradig verrückt.

Die Kurzversion: Randomisierte placebokontrollierte Studien liefern bessere Daten. Das kann ich stichhaltig nachweisen, und zwar aufgrund wissenschaftlicher Erhebungen von bester Qualität, einschließlich validierter Fragebögen und randomisierter placebokontrollierter Studien – und ich kann es kaum erwarten, sie Ihnen zu präsentieren. Selbst heute werden nur 15 Prozent der in der Schulmedizin verschriebenen Arzneimittel durch solche Studien gestützt. In meiner Praxis basieren darauf 85 Prozent der Empfehlungen – und die restlichen 15 Prozent bergen ein hinreichend geringes Risiko (wie Vitamine oder eine Veränderung der Denkweise), sodass Probleme durch sie wahrscheinlich nicht zu erwarten sind.

Ein neues Paradigma

Die Schulmedizin ist großartig bei Knochenbrüchen und wirkt wahre Wunder, wenn es um eine lebensbedrohliche bakterielle Infektion oder um einen Herzinfarkt geht. Doch es ist uns etwas abhandengekommen, als wir immer technischer, spezialisierter und geradezu zu einer Gesundheitsindustrie geworden sind. In den Vereinigten Staaten dauert der durchschnittliche Termin beim Arzt sieben Minuten. Man stelle sich vor: Sieben Minuten. Ich denke aber, die gesundheitlichen Probleme von Frauen, ihr Lebensstil und ihre Symptome sind sehr komplex und man braucht Zeit, um sie zu entschlüsseln. Daher dauert ein Termin in meiner Praxis mindestens 50 Minuten.

Vielleicht wissen Sie ja, dass das Problem in der amerikanischen Schuldmedizin nicht daher kommt, dass zu wenig ausgegeben wird. Das Gesundheitswesen der USA verschlingt 2,5 Billionen Dollar im Jahr – Tendenz weiter steigend. Doch 70 Prozent der Kosten entfallen auf Diagnoseverfahren und Behandlungen, die durch eine gesündere Lebensweise vermieden werden könnten. Die US-Bevölkerung leidet zunehmend unter Hormonschwankungen und Übergewicht, und das Grundübel liegt in unserer Ernährung, in der Art, wie wir uns bewegen (oder nicht), dem Mangel an Nährstoffen, altersbedingten Veränderungen und in zunehmendem Maße in der Freisetzung hormonell wirksamer Umweltgifte, den sogenannten endokrinen Disruptoren. Doch bisher hört man aus schulmedizinischen Kreisen so gut wie nichts von einem Ansatz, der den Lebensstil zur Grundlage macht; er wird von ihnen vollkommen unterschätzt. Das ist ganz besonders schockierend, wenn man die Forschung anschaut und feststellt, wie sich allein eine entsprechende Lebensgestaltung auf die Hormone, die Stimmung, ein langes Leben, stressbedingte Probleme und die Krankheitsvorbeugung auswirkt.

Die meisten Verordnungen haben mit „Heilung“ nichts zu tun. Meiner Ansicht nach haben die meisten Schulmediziner keine Ahnung, was Hormone körperlich und psychisch bei einer Frau anrichten können; die Auswirkungen dieser Schwankungen haben sie nicht auf dem Schirm. Sie tendieren zur Ausstellung eines Rezepts – allzu oft für das gerade gängige Antidepressivum. Antidepressiva können nicht nur zu Gewichtszunahme, Schlaganfällen, geringer Libido, vorzeitigen Wehen und Krämpfen beim Neugeborenen führen, nach neuester Datenlage werden sie auch mit Brust- und Ovarialkrebs in Verbindung gebracht. Und als ob diese Nebenwirkungen nicht schon schlimm genug wären, sehe ich auch keinen Hinweis darauf, dass die Verordnung von Medikamenten bei psychiatrischen Erkrankungen zur Heilung führt. Ohne Frage, solche Medikamente haben ihre Zeit und ihren Platz im Gesundheitswesen, und manche Menschen sind dringend darauf angewiesen. Doch ich bin der Meinung, dass Rezepte für Psychopharmaka zu schnell ausgestellt werden, wenn die zugrunde liegende Ursache und die ganzen zusätzlichen Faktoren wie hormonelle Schwankungen noch gar nicht ganz aufgedeckt wurden. Durch eine Heilung wird die Gesundheit wiederhergestellt, doch die meisten Verordnungen führen nicht zur Heilung – sie kaschieren lediglich die Symptome. Wenn Sie sich um die eigentlichen Ursachen einer schlechten Gesundheit und eines neuroendokrinen Ungleichgewichts kümmern, dann sind Sie einer Heilung viel näher, als wenn Sie eine ganze Flasche teurer Pillen geschluckt haben.

Es muss einen besseren Weg geben. Vor zehn Jahren, als ich mich noch in den Niederungen der Schulmedizin bewegte, bevor ich meine Praxis für integrative Medizin eröffnete, wurde mir klar, dass es einen besseren Weg geben musste, um die Lücken zu schließen, zwischen die die Frauen geraten – bei unsere Bemühungen und dem, was die Schulmedizin zu bieten hat. Dabei entdeckte ich die wichtigste Lücke: die Funktion der Nebennieren. Das sind die kleinen endokrinen Drüsen, die wie Kappen oben auf den Nieren sitzen und mehrere Stresshormone, unter anderem Cortisol und DHEA (Dehydroepiandrosteron) ausschütten. Während des Studiums lernte ich etwas über Tumoren an den Nebennieren und was zu tun ist, wenn ein Patient an einem extremen Cortisolüberschuss (Cushing-Syndrom) oder einem totalen Nebennierenversagen (Morbus Addison) leidet. Ich war dafür ausgebildet worden, um im Nachhinein zu identifizieren, was geschehen ist, aber nicht für das Aufspüren der frühen und leisen Anzeichen einer heraufziehenden Erkrankung. Ihre Nebennieren sind vielleicht die wichtigsten Organe, deren Gesundheit wir fördern müssen.

 

Sie sehen, in der Schulmedizin tendiert man zum Schwarz-weiß-Denken. Entweder Ihre Leber funktioniert oder Sie haben eine Lebererkrankung. Entweder Ihre Schilddrüse funktioniert oder Sie haben eine Schilddrüseninsuffizienz. Entweder Ihre Nebennieren funktionieren oder Sie haben ein Nebennierenversagen. Es gibt keine Graustufen. In Wahrheit leben wir aber mehrheitlich in einem weiten Bereich zwischen diesen beiden Extremen, die ich Fehlfunktion oder Fehlregulation nenne. Ich glaube, es lohnt sich nicht nur, Sie sind sogar letztendlich selbst dafür verantwortlich (mithilfe eines zuverlässigen Arztes), einzugreifen – und zwar bevor Ihre Organe erkranken. Eine Intervention vor dem Versagen, vor der Insuffizienz, trägt nachweislich zu bleibender Gesundheit und einem längeren Leben bei.

Wie könnte die Schulmedizin von den althergebrachten Traditionen profitieren? Die Schulmedizin richtet ihren Blick tendenziell eher auf das, was nicht funktioniert, als auf das, was funktioniert. Schulmediziner sind darin ausgebildet, zu reparieren, was im Körper kaputt ist; sie konzentrieren sich auf das Entfernen des Schlechten, ob das nun ein erkrankter Blinddarm ist oder Krebszellen. Manchmal wird die alleinige Konzentration auf das „Reparieren des Schlechten“ zu einem kontraproduktiven Kreislauf, in dem wir nur das sehen, was nicht funktioniert. Wenn wir unseren Blick ein wenig weiten, um auch zu sehen, was funktioniert, können wir begreifen, wie man sich am besten um das Gute kümmert und dabei die positive Wirkung verstärkt. Dieses erweiterte Blickfeld ermöglicht es uns, klüger zu arbeiten anstatt schwerer. Wenn wir unseren Stärken zum Durchbruch verhelfen, anstatt uns auf unsere Schwächen zu konzentrieren, gelingt uns die tief greifendste und nachhaltigste Veränderung. Dieser auf den Stärken beruhende Ansatz wird maßgeblich von der Forschung gestützt.

Das Paretoprinzip für Hormone. Ich habe in meiner Praxis beobachtet, dass Sie mit nur 20 Prozent Anstrengung satte 80 Prozent Ihres Hormongleichgewichts wiederherstellen. Dies ist die Anwendung des sogenannten Paretoprinzips oder der 80/20-Regel: Die generelle Auffassung, dass 20 Prozent der Anstrengung für 80 Prozent der Ergebnisse verantwortlich sind. In meiner Praxis zieht die 80/20-Regel unweigerlich eine grundlegende Frage nach sich: Wie können Sie sich Ihre Ressourcen am besten zunutze machen, um Ihre Hormone zu optimieren? Anstatt willkürlich nach jeder möglichen Ursache für ein neurohormonelles Problem zu suchen, finden wir zuerst heraus, welche geringfügigen Veränderungen die größte Auswirkung haben.

Viele Frauen kommen in meine Praxis und suchen nach Antworten, von denen sie intuitiv wissen, dass es sie gibt, aber innerhalb des begrenzten Spielraums der Schulmedizin offenbar nicht zu finden sind. Sie kommen auf mich durch eine Empfehlung ihrer verblüfften Gynäkologin oder ihres Gynäkologen; durch eine Freundin, die fast 14 Kilo abnahm, als sie sich nach meinen Plänen richtete; durch ein Interview, das ich im Rundfunk gab oder eine Rede, die ich hielt, oder durch mein Internetblog auf www.saragottfriedmd.com; oder am Ende einer verzweifelten Suche nach Informationen im Internet, was sie tun können, um wieder Spaß am Liebesleben zu haben. Sind wir ins Gespräch gekommen, berichten sie oft voller Erstaunen von einem Aha-Erlebnis: Sie haben endlich eine Partnerin in Sachen Gesundheit gefunden, jemanden, der wirklich zuhört und ihnen sichere und erprobte Möglichkeiten aufzeigt.

Nutzen Sie dieses Buch als persönliche „Sprechstunde“ bei mir, um Ihre hormonelle DNA zu entschlüsseln, damit es Ihnen großartig geht und sich das auch im Aussehen ausdrückt, damit Sie den degenerativen Alterungsprozess entschieden verhindern und Ihre mittleren Lebensjahre schwungvoll gestalten können, egal, in welchem Alter Sie gerade sind. Wir werden eine neue hormonelle Landkarte für Sie kreieren, nur für Sie ganz allein.

Frauen suchen verzweifelt nach Antworten

Vor Kurzem arbeitete ich mit einer Soziologie-Professorin wegen einer Umfrage unter meinen Klientinnen zusammen: 26 Prozent der Befragten waren jünger als 40,57 Prozent waren zwischen 40 und 54 Jahre alt und 17 Prozent waren 55 und älter.

Hier sind unsere Ergebnisse:

– 64 Prozent kämpfen mit Speckfalten am Bauch („Rettungsringe“).

– 40 Prozent leiden unter Haarausfall.

– 50 Prozent haben das Gefühl, dass sie von einer Arbeit zur nächsten hasten (wie ein aufgescheuchtes Huhn).

– 80 Prozent haben mindestens einmal pro Woche Schlafprobleme, 20 Prozent jede Nacht.

– Mehr als die Hälfte hat das Gefühl, dass der Tag nicht ausreicht, um all die Dinge zu erledigen, die erledigt werden müssen.

– 48 Prozent haben Kopfschmerzen, entweder im Rahmen der Menstruation oder unabhängig vom Zyklus.

– 48 Prozent haben Hautprobleme, von Ekzemen bis zum Dünnerwerden der Haut oder vorzeitiger Hautalterung.

– Mehr als die Hälfte der Frauen fühlten sich an mindestens drei oder mehr Tagen in der vorangegangenen Woche antriebslos.

– 37 Prozent leiden unter Scheidentrockenheit (atrophische Vaginitis).

– 9 Prozent haben erhöhten Blutdruck.

Damit ist es aber nicht genug. Viele meiner Klientinnen streben bestimme Ergebnisse an, zu denen ihnen die Schulmedizin aber nicht verhelfen kann: 91 Prozent wünschen sich mehr Energie, 80 Prozent mehr Lust auf das Liebesleben, 69 Prozent eine bessere Stimmung und 26 Prozent sehnen das Ende ihrer Hitzewallungen oder der nächtlichen Schweißausbrüche herbei.

Die Angaben zeigen auf, was moderne Frauen quält. Es geht den Frauen wahrlich nicht nur darum, gut auszusehen. Sie wollen sich innerlich und äußerlich gut fühlen. Ich stelle in meiner Praxis fest, dass viele Frauen zunächst einmal glauben, nur ein Rezept für ein Medikament könne ihnen helfen, alles andere sei reine Zeitverschwendung. Bei Erwähnung des Wortes „ganzheitlich“ suchen sie das Weite. Aber ich bitte Sie eindringlich, zu bleiben. Sie (und Ihre Familie) werden letzten Endes froh darüber sein.

Meine Gedankenkarte: Die Grundlagen des Hormonausgleichs

– Die dem Körper innewohnende Weisheit anerkennen: Die natürliche Ordnung, insbesondere, was die Steuerung des Hormonstoffwechsels betrifft, ist auf Gleichgewicht ausgerichtet. Wenn wir Hindernisse aus dem Weg räumen, bewegen wir uns auf dieses Gleichgewicht zu. Dabei geht es oft eher darum, die Hindernisse zu erkennen und sie aus dem Weg zu räumen, und weniger darum, Medikamente zu verschreiben. Zu lernen, was die Hindernisse für einen bedeuten und wie man sie bearbeitet – das macht einen wesentlichen Teil des Heilungsprozesses aus.

– Die Ursachen des Ungleichgewichts identifizieren: Eine nachhaltige Gesundheit ist das Ergebnis einer Behandlung der Ursachen und nicht einer Unterdrückung der Symptome.

– In Bezug auf den Hormonersatz systemorientiert und proaktiv intelligent handeln: Arbeiten Sie lieber mit Ihrem Kontrollsystem im Gehirn zusammen, anstatt jedes Hormon zu ersetzen, dessen Spiegel niedrig ist. Richten Sie Ihren Fokus sowohl auf das, was funktioniert, als auch auf das, was nicht funktioniert.

– Keinen Schaden anrichten: Zieht man die besten Nachweise heran, auch den Goldstandard der randomisierten Studien, kommt man zu Behandlungen, die nachweislich sicher und wirksam sind.

– Eine aktive Partnerin sein: Stellen Sie sicher, dass Sie bei Ihrem Bemühen um einen ausgeglichenen Hormonhaushalt aktiv eingebunden werden. Je mehr Sie sich als gleichberechtigte Partnerin und Teilnehmerin bei Ihrem Arzt einbringen, desto besser werden Sie die Veränderungen unterstützen, die Sie gemeinsam herbeiführen.

Das Gottfried-Programm

Es ist wissenschaftlich erwiesen: Ihre Gene steuern zwar die biologischen Vorgänge, doch mit einem ziemlich einfachen, Medikamentenfreien „Rezept“ – einer nährstoffreichen Ernährung für fehlende Vorläuferstoffe und Veränderungen im Lebensstil – können Sie dafür sorgen, dass die Gene ständig im „Reparatur“-Modus bleiben. Selbst wenn in Ihrem genetischen Programm die Entwicklung von Depressionen oder Krebs vorgesehen ist, kann die Art, wie Sie essen, sich bewegen und welche Nahrungsergänzungen Sie einnehmen, die Expression – also die Transkription und Übersetzung – Ihres genetischen Codes verändern. Das gerade im Entstehen begriffene Gebiet der Epigenetik untersucht den Einfluss aus der Umwelt auf die Genexpression. Beschleunigt durch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms stellt die Epigenetik ein faszinierendes Gebiet dar, das Informationen über genetische Modifikationen ohne Veränderung der DNA-Sequenz liefert. Das heißt im Klartext, wie ein Gen, das zum Beispiel für Fettleibigkeit kodiert, dadurch verändert werden kann, dass man stärkearmes Gemüse anstatt Törtchen isst. Sie erfahren im Laufe des Buches noch mehr darüber, wie Sie sich die Epigenetik zunutze machen können, um Ihre genetischen Veranlagungen außer Kraft zu setzen.

Ihre Gene sind nichts weiter als eine Schablone. Mit anderen Worten, Ihr Körper verfügt über eine große Anzahl von Reparatur- und Heilungsmechanismen. Wenn Sie diese „eingebauten“ Mechanismen pflegen und erweitern, können Sie Krankheiten verhindern oder sogar rückgängig machen.

Und das ist die Grundlage des Gottfried-Programms: Ganz egal, um welches Hormonproblem es sich handelt, die Lösung beginnt immer damit, dass Sie Ihre Lebensweise umgestalten – einschließlich eines nährstoffreichen Ernährungsplans, der Feststellung und Ergänzung fehlender Vorläuferstoffe für die korrekte neurohormonelle Kommunikation sowie gezielter sportlicher Betätigung. Die Entwicklung einer entsprechenden Vorgehensweise zur Beurteilung, Unterstützung und Erhaltung des hormonellen Gleichgewichts für mich und meine Klientinnen nahm mehr als zehn Jahre in Anspruch. Ich bestimmte, testete und verfeinerte einen fortschrittlichen, systematischen Ansatz, der reproduzierbar und belegt ist.

Als ich mich mit meinen eigenen Hormonschwankungen befasste, wollte ich die Ursachen aufdecken, ein maßgeschneidertes Reparaturprogramm ausarbeiten und meine Fortschritte verfolgen. Ich schöpfte aus vielen Quellen, auch aus der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und der indischen Medizin (Ayurveda). Im Gottfried-Programm kombiniere ich die neuesten Fortschritte und Spitzentechniken in der Medizin mit den durch die moderne Forschung neu überprüften althergebrachten Behandlungsmethoden.

Die Empfehlungen in diesem Buch beruhen auf diesem evidenzbasierten integrativen Ansatz. Die Strategie in drei Schritten ist ein sequenzielles System, zu diesem gehören

1. die Lebensweise: Ernährung, medizinisch wirksame Lebensmittel, sogenannte Nutrazeutika, und gezielte sportliche Betätigung,

2. phytotherapeutische Maßnahmen sowie

3. bioidentische Hormone.

Für die meisten meiner Empfehlungen brauchen Sie kein Rezept. Frauen, die den ersten Schritt des Gottfried-Programms wirklich ernst nehmen und sich an einen individuellen Ernährungsplan halten, zu dem spezifische Nahrungsergänzungen gehören, die die fehlenden Vitamine, Mineralstoffe und Aminosäuren liefern sowie gezielt Sport treiben, stellen fest, dass die meisten ihrer durch die Hormonschwankungen verursachten Symptome verschwinden. Ist das nicht der Fall, machen wir mit dem zweiten Schritt weiter, den bewährten phytotherapeutischen Maßnahmen. In der Folge brauchen nur wenige Frauen noch die bioidentischen Hormone, die im dritten Schritt vorgesehen sind, und sie benötigen oft keine lang anhaltende oder hoch dosierte Therapie, weil im Vorfeld die ersten beiden Schritte bereits zum Tragen kamen.

 

Manchmal bedarf es nur kleiner Anpassungen, um große Veränderungen herbeizuführen. Ich genieße den Moment, wenn einer Patientin klar wird, dass sie dem befürchteten lebenslänglichen Libidoverlust durch eine spezielle Form der Meditation und einen Maca-Smoothie entgehen kann.