Engel und Dämon

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Cido wollte etwas sagen, doch da schlug der Zwerg erneut nach ihm, wobei dieser schadenfroh auflachte und der Junge begann sich auf dem Boden zusammen zu kauern, während er weiter versuchte diese Geschichte als Lüge abzustempeln: „Nein, das glaube ich dir nicht. Du hast nur getötet, weil du dich verteidigen musstest. Nicht weil es dir Spaß macht. Du bist kein Mörder. Das hat alles bestimmt seinen Grund.“

Tränen liefen über seine Wangen. Er konnte nicht glauben, dass er sich mit einem Mörder verbunden fühlte. Dass sein Leben immer und immer wieder in den Händen dieses skrupellosen Monsters lag. Warum hat er ihn nicht getötet? Es wäre doch so leicht gewesen.

„Oh wie rührend. Das hast du dem Jungen noch gar nicht erzählt? Wie dumm von mir das Ganze aus zu plappern. Böser Sensio, böser Sensio“, mischte sich der Sensenmann höhnisch ein, wodurch Xenio seinen Kopf wütend zu diesem wandte. Er begann dieses Knochengestell zu hassen. Mehr als er jemals etwas gehasst hat. Er verspottete ihn und versuchte sein Leben zu zerstören. Zwei Dinge, die Xenio niemals akzeptieren konnte, wodurch seine Hand im nächsten Moment nach dem Stiel der Sense griff und bevor Sensio reagieren konnte, riss Xenio die Waffe von seinem Hals weg, verpasste ihn einen Schlag gegen die Rippen und packte die Kutte des Sensenmannes, um diesen über sich hinweg zu schleudern.

Der Zwerg wollte gerade noch einmal nach Cido treten, doch als er bemerkte, wie sein Verbündeter auf den Boden aufprallte, stoppte er mitten in der Bewegung und sah den Kämpfer entsetzt an. Dieser erhob sich, zog sein Schwert und deutete damit auf den Sensenmann. „Du wartest schön brav.“

Dem Tod selbst würde er sich später vornehmen. Auch wenn er noch nicht wusste, wie er das Skelett besiegen sollte, wollte er es zumindest versuchen. Eine andere Möglichkeit gab es für ihn nicht, wodurch er sich wieder zu Cido und dem Zwerg umwandte.

Seine Schritte waren sicher und das Schwert lag ruhig in seiner Hand, während der Umhang sanft unter seinen Bewegungen tanzte. Das Weiß der Kleidung war gesprenkelt mit dem Blut seiner Opfer, doch Xenio war es egal.

Das Kettenhemd unter seinem Anzug raschelte leicht und durchbrach die Stille mit dem Geräusch der Schritte auf dem trockenen Boden, bevor er dann nur eine Armlänge vor Zwerginio stehen blieb. Der Zwerg trat noch einmal nach Cido, um Xenio zu provozieren, wodurch dieser seine Klinge vor das Gesicht des Kleineren hielt. „Ich bin dein Feind.“

„Zwerginio hat dich schon einmal besiegt. Er wird es auch ein zweites Mal schaffen.“ Der Zwerg grinste siegessicher, doch Xenios Lächeln wurde breiter. „Bist du dir da sicher? Ich weiß schließlich jetzt, wie du kämpfst. Aber du nicht, wie ich meine Waffen verwende.“

Kurz wurde der Zwerg unsicher, doch dann trat er von dem Jungen weg. „Okay, Zwerginio kämpft gegen dich. Aber ohne Schwert. Schwert ist unfair.“

„Ja, da könntest du direkt recht haben. Gut, ohne Schwert.“ Xenio steckte die Waffe zurück in die Scheide und ging ebenfalls ein paar Schritte von Cido weg, sodass er außer Gefahr war. Er konnte das siegessichere Grinsen des Zwerges erkennen, doch Xenio hatte noch den ein oder anderen Trumpf im Ärmel, mit dem Zwerginio nicht rechnen wird.

Er spürte den Dolch an seinem Knöchel, der ihm Sicherheit gab und in diesem Kampf würde er dank ihm gewinnen, wodurch die beiden Kontrahenten schon aufeinander zuliefen. Zwerginio versuchte erneut seinen Kopf in den Körper des anderen zu schlagen, doch Xenio wich elegant aus, hob seinen Fuß, zog den Dolch aus der Scheide und rammte die Klinge in die Wirbelsäule des Zwerges, wodurch dessen Beine einfach unter seinem Gewicht nachgaben und er unsanft auf dem Boden landete.

„Was? Das ist unfair! Du hast versprochen, dass du dein Schwert nicht gegen Zwerginio verwenden wirst“, begehrte der Schwarze sofort auf, wobei er Blut spuckte und zu röcheln begann. Xenio trat dagegen an ihn heran und grinste breit, bevor er ihm die blutverschmierte Dolchklinge vor die Nase hielt. „Das habe ich auch nicht. Aber von meinem Dolch war nie die Rede. Hätte ich das Schwert verwendet, dann wärst du jetzt ihn zwei Teile geschnitten. Ich halte mein Wort, doch du solltest vielleicht darauf achten, was du verlangst.“

Dann wischte er das Blut der Klinge an der Kleidung des Zwerges ab. „Hier, das gehört dir.“ Erst jetzt steckte er den Dolch zurück in seine Scheide, um sich dann zu erheben. Er ignorierte die größer werdende Blutlache unter dem Zwerg und dessen Todeskampf, während er zu Cido ging und sich zu dem Jungen kniete, bevor er ihm zärtlich eine Strähne aus dem schmerzverzerrten Gesicht strich. „Ruh dich aus. Ich werde uns beschützen.“

Er erhob sich und wandte sich zu Sensio um. Dieser saß immer noch wie erstarrt auf den Boden und sah seinen Partner an, der mittlerweile aufgehört hatte zu atmen, wodurch sein Blick auf den Kämpfer glitt. „Du?! Du hast ihn umgebracht! Eiskalt ermordet!“

„Ja, habe ich. Aber hast du nicht selbst gesagt, dass ich so ein Mörder bin. Warum überrascht es dich also?“ Xenio zog das Schwert heraus und ließ es kurz in seiner Hand kreise, bevor er dann einen Meter von Sensio stehen blieb. „Ich hoffe, dass ich dich nicht allzu lang warten ließ. Aber ich habe mich eh beeilt. Also, du und ich?“

Sensio knurrte nur dunkel, bevor er nach seiner Sense griff und sich aufrichtete. Auch Xenio ging in Angriffsstellung, doch der Sensenmann rührte sich nicht. Drei Herzschläge lang beobachtete der Kämpfer seinen Feind nur, bevor er dann den Schwertgriff fester umschloss und im nächsten Moment losstürmte.

Die Sense bewegte sich, um den Angriff abzuwehren, doch Xenio duckte sich unter ihr hindurch und vollzog eine Drehung bei der er sein Schwert durch die Wirbelsäule des Sensenmanns gleiten ließ. Sofort kippte der Oberkörper von seinem Platz und fiel mit der schweren Kutte in den Staub. Doch die Beine standen noch und im nächsten Moment traten sie nach dem Kämpfer, der von dieser Handlung überrascht wurde und schon den Boden unter den Füßen verlor.

Sein Schwert glitt ihm aus der Hand und rutschte von ihm weg, doch Xenio hatte keine Sekunde um sich darüber Gedanken zu machen, denn sofort waren die Beine bei ihm und begannen nach seinem Gesicht zu treten, doch der Kämpfer wich so gut es ging aus.

Stieß mit der flachen Hand nach der Hüfte und schaffte es so die Beine aus dem Gleichgewicht zu bringen, wodurch sie ebenfalls im Staub landeten.

Ein erleichterter Seufzer schlich sich über die Lippen des Blonden und er hoffte, dass dies nun das Ende war, doch die Beine zappelten weiter und begannen sich erneut in die Höhe zu stemmen, wodurch auch Xenio sich beeilte auf die Füße zu kommen. Es konnte doch nicht sein, dass sie nicht aufhörten sich zu bewegen. Sie hatten doch keinen Geist mehr, der sie befehligte.

Sofort eilte er zu den Gebeinen und trat erneut nach ihnen, sodass sie zurück auf den Boden fielen, bevor er dann mit aller Kraft, die er aufbringen konnte, auf die Hüfte eintrat. Er brauchte drei Versuche, bei denen die Füße ebenfalls nach ihm traten, bevor sie dann splitternd nachgab. Doch die Beine hielten nicht still, konnten sich aber nicht mehr großartig bewegen, weil sie sich gegenseitig keinen Halt mehr gaben.

Erst jetzt erlaubte sich Xenio einmal auszuatmen, bevor er sich dann zu seinem Schwert wandte und es aufhob. Das wollte er zumindest, doch als er sich zu der Waffe bückte, wurde er plötzlich von der Seite angesprungen und erneut landete er auf dem staubigen Boden, wobei sich zwei knöchrige Hände um seinen Hals legten und zudrückten.

Er sah in die glutroten Augen von Sensio, der sich verzweifelt an den blonden Kämpfer klammerte und versuchte dessen Luftzufuhr zu blockieren. Das war doch nicht möglich! Wie konnte dieser Kerl immer noch leben? Xenio konnte es nicht glauben. Jedes normale Wesen wäre schon lange tot. Doch die Kraft in den Händen, die ihm das Atmen schwer machte, wurde nicht schwächer, wodurch Xenio nach dem Brustkorb griff und damit begann den Angreifer von sich zu drücken.

Er spürte wie seine Kraft schwand, weil er immer weniger Sauerstoff bekam, doch er fühlte auch, dass die Knochen immer mehr unter seinem Druck nachgaben, wodurch er noch einmal all seine Energiereserven mobilisierte, um ein letztes Mal zu drücken.

Unter einem grauenvollen Krachen brachen die Arme aus den Schultergelenken heraus und der Torso flog mit großem Schwung davon, wobei der Druck der Hände immer noch nicht nachließ.

Xenio rappelte sich erst einmal auf, bevor er die Hände dann einzeln von seinem Hals löste. Er warf sie so weit es ging weg, damit sie ja nicht mehr so schnell zurückkamen. Erst jetzt schritt er auf den Torso zu, wobei der Zorn in den roten Augen keine Spur geringer wurde.

„Du bist wirklich zäh“, meinte Xenio ruhig, „das muss der Tod wohl sein. Doch jetzt ist es Zeit, dass auch der Tod einmal stirbt.“

„Der Tod kann niemals sterben. Ich vielleicht. Aber ich werde dann in dir weiterleben. Du wirst noch viele Seelen fordern, Xenio Achmaras. Sehr viele Seelen.“ Sensio lachte auf und obwohl er verloren hatte, erkannte man Siegesfreude in seinen Augen. Xenio konnte den Zorn über diesen Glanz nicht bändigen und ohne sein Zutun trat er nach dem Kopf des Sensenmanns bis dieser krachend nachgab und die Bewegung in sämtlichen Knochen stoppte.

Cido hatte die Kämpfe mit Entsetzten verfolgt. Die Präzision mit der Xenio sie geführt und die Brutalität mit der er getötet hatte waren doch nicht normal. Der Blonde war ein Mörder. Ein skrupelloser Mörder und er war zu diesen zurückgekehrt. Sein Schicksal sollte mit diesem Menschen verbunden sein. Das konnte doch nicht wahr sein. Nein, das durfte einfach nicht wahr sein. Cido wollte es nicht glauben, doch er hatte den Beweis gerade selbst gesehen. Er war mit einem Mörder unterwegs. Einem Mörder, der in allem ein Opfer sah.

 

Es würde nur eine Frage der Zeit sein, wann Cidos Blut die Klinge benetzte. Ja, er war sich sicher. Er würde durch diesen Menschen sterben.

Irgendwann…

Xenio hatte endgültig gewonnen. Der Sensenmann war besiegt. Xenio war mächtiger als der Tod selbst. Er konnte es kaum glauben, wodurch er sich freudig zu Cido umwandte, doch was er dort sah, ließ sein Blut in den Adern gefrieren.

Die Angst und Panik waren in die Augen des Jungen zurückgekehrt und er sah wie der Körper des Jüngeren bebte. Nein, das durfte nicht passieren. Sofort eilte er auf ihn zu, doch der Schrei von Cido stoppte ihn: „Nein! Bleib weg!“

„Cido, bitte du musst mir zuhören“, flehte Xenio den Braunhaarigen an, doch das Zittern ließ nicht nach und in den grünen Wald trat Zorn, wodurch die Stimme des Jungen nur noch ein Zischen war: „Mörder!“

Dieses Wort schmerzte Xenio mehr, als es jede körperliche Verletzung je getan hatte. Doch was sollte er tun? Wenn er in das Gesicht des Jünglings sah, dann erkannte er, dass er einfach keine Chance hatte. Keine Chance auf ein Gehör oder gar die Möglichkeit verstanden zu werden.

„Du hast sie alle getötet“, begehrte Cido weiter, „ohne mit der Wimper zu zucken. Du hast keine Sekunde gezögert, bevor du dein Schwert in die Hand genommen hattest. Wie kannst du hier stehen und mir in die Augen sehen ohne dass du dich auch nur eine Sekunde lang für das schämst, was du bist?“

„Ich. Ich habe es doch nur getan, um uns zu beschützen. Sie wollten uns töten. Hätten wir sie nicht umgebracht, dann wären es jetzt unsere Körper, die hier in diesem Staub liegen. Wäre dir das lieber?“, begann sich Xenio dennoch zu verteidigen, obwohl er wusste, dass es eigentlich sinnlos war. Dieser Starrsinn, der ihm begegnete, war nicht zu brechen. Nicht mit der Vernunft von außen, sondern nur mit der eigenen Erkenntnis, die der Junge selbst bekommen musste. Er musste es eigens verstehen, was hier passierte und dass sie keine andere Wahl hatten, als gegen diese Herrscher der Dunkelheit, wie sie sich nannten, zu kämpfen und diese im Kampf zu besiegen.

Und nachdem diese nicht fähig waren aufzuhören, bevor der letzte Atemzug ihre Lungen verließ, hatte Xenio keine andere Wahl als ihnen ihr Leben zu rauben. So einfach war es. Dennoch wollte es Cido nicht verstehen.

„Ich will nichts mit einem Mörder zu tun haben“, begehrte Cido erneut auf, wodurch Xenio nur seufzte und enttäuscht den Kopf schüttelte, „und du bist ein Mörder. Ein erbärmlicher Mörder, der in jedem Wesen ein Opfer sieht. Wie lange wird es wohl dauern bis du mich töten wirst? Wann wird es mein Blut sein, dass deine Klinge benetzt und den Boden tränkt? Das ist alles doch nur eine Frage der Zeit, oder?“

Xenio fuhr ein Dolch ins Herz und ein schwerer Stein legte sich in seinen Magen. Denn alleine bei der Vorstellung, dass er diesen Jungen einmal verletzten könnte, wünschte er sich vorher lieber selbst zu sterben. Doch dies würde ihm Cido niemals glauben.

„Nein“, der Kämpfer wollte mehr sagen, doch der Jüngere schnaubte nur abfällig: „Du lügst! Jedes Wort, das deine Lippen verlässt, ist eine einzige Lüge.“

„Cido. Bitte hör mich an“, versuchte es Xenio erneut, doch Cido schnaubte nur: „Vergiss es. Ich verschwende meine Zeit nicht mit einem verlogenen Mörder. Meine Zeit ist mir zu kostbar dafür.“

Diese Worte schürten den Hass in Xenios Herzen, wodurch er selbst schnaubte und den Braunhaarigen zornig anfunkelte: „Bitte! Wenn es das ist, was du willst, dann werde ich gehen. Schließlich will ich nicht schuld daran sein, dass du deine ach so kostbare Zeit verschwendest. Aber wage es ja nicht zu mir zu kommen, wenn dich noch einmal ein Herrscher der Dunkelheit bedroht. Ich werde dir nicht noch einmal deinen Arsch retten.“

Damit wandte sich Xenio ab und schritt davon. Er ignorierte die Worte, die Cido ihm noch hinterher rief: „Ja, geh ruhig! Ich brauch dich nicht! Niemand braucht dich! Es wäre besser, wenn du tot wärst! Dann würde die Welt friedlicher werden!“

Ja, er wünschte sich, dass er dies nicht gehört hätte, doch er konnte seine Ohren nicht gänzlich verschließen und der Dolch in seinem Herzen drang tiefer ein, bevor er dann schmerzhaft umgedreht wurde. Wie konnte dieser Junge nur so grausam zu ihm sein? Er hatte ihm doch gar nichts getan. Im Gegenteil, so oft hatte er das Leben des Braunhaarigen gerettet und dennoch wurde er von diesem verachtet. Wieso? Womit hatte er sich diesen Hass eingehandelt? Xenio begriff es nicht. War es wirklich nur der Tod von Sebastian?

Sie wussten ja nicht einmal wie viele Gegner sie noch hatten. Wenn Cido erneut gegen einen antreten musste, würde der Junge sterben. Da war sich Xenio sicher. Der Jüngere war ein Nichts ohne ihn. Ja, er würde schon bald bereuen, dass er den Kämpfer weggeschickt hatte. Und dann würde er zurück gekrochen kommen oder sterben.

Xenio kam der Stadt immer näher, doch ein Geräusch ließ ihn stoppen, wodurch er sich langsam umdrehte und auf einen schwarzen Drachen blickte, der sich majestätisch über ihn aufbaute: „Hallo, Xenio. So trifft man sich also endlich einmal. Ich stelle mich nur kurz vor: Mein Name ist Drako. Ich bin der siebte der zwölf Herrscher der Dunkelheit. Und ich glaube, dass wir viel Spaß zusammen haben werden.“

„Der Siebte?! Das bedeutet, dass der Sechste bei Cido ist! Ich muss ihm helfen!“, Xenio wollte einfach an dem Drachen vorbei stürmen, doch nach drei Schritten stoppte er schon wieder und seufzte: „Nein, er will meine Hilfe ja nicht mehr.“

„Da hast du Recht. Er hat deine Hilfe auch nicht verdient. Dieser kleine Verräter. Erst schreit er um Hilfe, du rettest ihn daraufhin und was ist der Dank, den du bekommst? Er beschimpft dich als Mörder und vertreibt dich. Auf solch einen Freund kann man doch getrost verzichten oder nicht? Er hat deine Treue verraten. So wie er uns verraten hat. Wir haben den gleichen Feind, Xenio. Lass ihn uns gemeinsam töten“, die Stimme des Drachen war hypnotisch und Xenio konnte nicht anders, als ihm zuhören und ihnen Glauben zu schenken.

Er war von ihnen überzeugt, wodurch er kurz nickte: „Ja, du hast Recht. Cido ist mein Feind. Ich sollte ihn vernichten, bevor er mich tötet.“

Ein breites Grinsen trat auf die Lippen des Drachen, wodurch sein Kopf nah an Xenio herankam: „Gut, worauf wartest du dann noch? Schnapp ihn dir. Er hat es nicht anders verdient.“

Nur ein stummes Nicken kam von der Seite des Kämpfers, bevor er weiterging. Zurück zu den Braunhaarigen, um zu tun, was man von ihm verlangte. Er wusste nicht einmal, ob er das wirklich wollte, doch er konnte sich dagegen auch nicht wehren. Nichts war nun wichtiger als der Tod des Jungen.

Er spürte wie sein Herz bei diesem Gedanken aufschrie, doch es konnte nicht zu seinem Verstand durchdringen. Und selbst wenn er wollte, dass sein Körper stoppte. Er hörte nicht mehr auf ihn. Seine Füße trugen ihn einfach weiter den Weg entlang und nach wenigen Minuten erreichte er auch schon den Jüngling.

Ein gewaltiger schwarzer Greif stand bei diesem und sah die Neuankömmlinge freundlich an: „Ah, da ist ja mein Freund Drako. Und er hat auch Xenio dabei wie ich sehe. Welch entzückendes Bild.“

„Xenio! Bitte, du musst mir helfen“, Cido wich von dem großen Vogeltier zurück und näher zu dem Kämpfer, wobei er stoppte, als er in die Augen des Kämpfers sah: „Xenio?“

Sie waren leer und sahen an dem Jüngling vorbei, wodurch ein eiskalter Schauer über den Rücken von Cido glitt, bevor er sich aufrappelte und jetzt auch Abstand zu dem Menschen nahm.

„Was ist mit dir geschehen?“ Seine Stimme überschlug sich vor Angst und erneut bebte der zierliche Körper, wobei er erschrocken aufschrie, als die Hand des Kämpfers zu seiner Klinge wanderte und diese aus der Scheide zog, um sie ihm nächsten Moment in die Richtung des Braunhaarigen zu halten. Dazu bereit ihn mit ihr zu töten.

„Xenio ist nun auf unserer Seite. Er hat deinen Charakter auch endlich satt und ist der Meinung, dass du für immer schweigen solltest“, erklärte Drako ruhig, wobei er sich einfach auf den Boden niederließ, während Xenio den Griff des Schwertes fester umschloss und es zum Angriff erhob.

„Das wird ein Spaß“, jubelte der Greif und machte es sich ebenfalls gemütlich, als sich der Körper des Kämpfers schon in Bewegung setzte und auf den Jungen zustürmte. Cido wusste nicht, was gerade geschah. Warum griff in Xenio an? Er dachte, dass der Kämpfer sein Leben um jeden Preis verteidigen würde? Oder war er jetzt doch einmal zu oft gemein gewesen?

Aber was hatte diese Leere in den Augen des Blonden zu bedeuten? War er überhaupt Herr seiner Sinne oder wurde er von dem Drachen verhext?

Cido wich der Klinge vor Schreck aus, wodurch er unsanft nach hinten fiel und im staubigen Boden liegen blieb, denn das kalte Metall legte sich sofort bedrohlich auf seine Kehle.

„Was? Was passiert hier? Sterbe ich jetzt? Tötet er mich doch? Er hat doch geschworen es nie zu tun.“ Cidos Gedanken überschlugen sich vor Panik und er wusste nicht, was er tun sollte, um seinen Tod zu verhindern.

„Los! Töte ihn!“, drängte der Greif zur Eile, doch Drako beruhigte ihn: „Stress dich nicht, Falco. Er wird ihn schon noch umbringen. Lass ihn Zeit. Es ist auch nicht einfach für ihn. So viel wie ihm der Junge bedeutet. Es wundert mich eh, dass er die Hypnose überhaupt angenommen hat. Anscheinend sind seine Gefühle noch von Zweifeln durchdrungen. Anders hätte ich ihn dazu nicht bringen können.“

Cido konnte den Worten keinen Glauben schenken. Wie sollte er dem Kämpfer etwas bedeuten, wenn sie sich nicht einmal einen Tag kannten? Und vor allem nach all den Gemeinheiten, die er ihm ins Gesicht gebrüllt hatte? Dennoch kam die Klinge nicht näher und der Blick blieb unverändert auf dem Jungen liegen. Warum tötete er ihn nicht? Man hatte es ihm doch befohlen.

Langsam begann das Metall zu zittern und Tränen rannen über die Wangen des Kämpfers, wodurch auch Drako unruhig wurde. Er streckte seinen Kopf fragend nach zu den Zwei aus: „Was ist los? Warum bringst du es nicht zu ende, Xenio? Hast du schon vergessen, wie er dich beschimpft und verstoßen hatte? Du hast keinen Grund mehr ihn am Leben zu lassen.“

Die Tränen versiegten und die Hand legte sich enger um den Schwertgriff, bevor das Zittern erlosch und Xenio zum Schlag ausholte.

Die Klinge wollte er gerade auf den Jungen zurasen, als die ersten Sonnenstrahlen über das Land hereinfielen und die Bewegung des Kämpfers stoppten, als man schon die Flüche der Schwarzen hörte: „Nein, nicht jetzt. Hätte sie nicht noch eine Sekunde warten können?“

„Ruhig Blut, Falco. Wir kommen einfach in der nächsten Nacht wieder und bringen zu Ende, was wir begonnen haben“, sprach der Drache erneut beruhigend auf seinen Freund ein, bevor sie dann zusammen einfach verschwanden.

Xenios Augen gewannen langsam wieder an Leben und im nächsten Moment sah er den Jungen irritiert an. „Cido?! Was machst du hier? Und warum bin ich hier? Ich war doch schon weitergegangen und dem Drachen begegnet. Wo ist er? Sollte bei dir nicht auch einer der Herrscher sein?“

Doch der Junge reagierte nicht, wodurch Xenio die Klinge fallen ließ und sich zu diesem kniete. „Cido? Was ist los mit dir? Es ist alles gut. Ich bin wieder ich selbst. Es tut mir Leid, dass ich die Kontrolle über mich verloren habe. Aber es ist noch einmal alles gut gegangen. Bitte verzeih mir meine Schwäche.“

Sanft legte er eine Hand auf die Schulter des Jüngeren, doch es kam immer noch keine Reaktion, wodurch er damit begann ihn durchzuschütteln. „Cido! Cido! Hörst du mich?! Es ist alles wieder gut! Du musst dich nicht mehr tot stellen!“

Langsam schien der Geist in den Körper zurückzukehren, wodurch Cidos Augen wieder mit Leben erfüllt wurden und im nächsten Moment schmiss er sich verzweifelt um den Hals des Kämpfers, um hemmungslos zu weinen.

Xenio wusste nicht, was mit ihm geschah, wodurch er den Jungen gewähren ließ. Er kannte solche Situationen nicht. Darum ließ er sich einfach als übergroßes Taschentuch missbrauchen und hoffte, dass sich Cido irgendwann von selbst wieder beruhigte.

Der Wind wehte sanft über sie hinweg und nahm die Kälte der Nacht mit sich, während sich die Sonne immer weiter den Horizont empor kämpfte und die Welt in ein mystisches Rot tauchte. Nach und nach begann die Welt zu erwachen und die Stille mit Geräuschen zu erfüllen, wie das Zwitschern der Vögel und das Rascheln der Blätter.

Nach einer schieren Ewigkeit drückte Xenio Cido langsam von sich und sah den Jungen ruhig an. „Es ist alles gut. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Komm, wir gehen in das nächste Dorf. Es ist nicht mehr weit. Dort können wir uns ausruhen und überlegen, wie wir weiter vorgehen wollen. Wir brauchen beide Schlaf.“

 

Noch einmal ging ein Beben durch den zierlichen Körper, bevor Cido dann nickte und sich langsam mit Xenio erhob, der ihm sanft eine Strähne aus dem Gesicht strich, wobei der Jüngere die Hand des Kämpfers fast augenblicklich von sich schob. Er mochte es nicht, wenn man ihn so berührte.

Der Blonde ließ es geschehen und wandte sich dann in die Richtung ihres Ziels, das weiter im Westen lag, bevor er den Jüngeren noch einmal anlächelte und dann losging. Cido setzte sofort zur Verfolgung an, denn auch wenn er es niemals zugeben würde. So wollte er den Schutz des Kämpfers nie wieder missen…

„Warum bist du vorhin zurückgekommen? Und dann auch noch als Verbündeter der Feinde! Du bringst mich immer wieder auf die Palme mit deinem widersprüchlichen Verhalten! Ich dachte, dass du nichts mehr mit mir zu tun haben willst. Dann stehst du plötzlich vor mir und willst mich auch noch umbringen!“, begann Cido plötzlich zu wüten, wobei Xenio sich davon nur bedingt beeindrucken ließ: „Ich hab dir doch gesagt, dass ich keine Kontrolle über mich hatte und außerdem finde ich es witzig wenn du wütend bist. Dann kommt Leben in deine sonst so traurigen Augen. Das gefällt mir. Doch ich kann dir nicht sagen, ob ich freiwillig zurückgekommen wäre.“

„Wie? Du weißt es nicht? Das ist wohl nicht dein Ernst. Du kannst mich nicht im Stich lassen. Das ist gegen deine Natur. Schließlich bin ich doch so etwas wie eine Familie für dich“, begehrte Cido sofort auf. Doch Xenio schwieg, was die Verzweiflung in den Jungen schürte und im nächsten Moment flatterte seine Stimme vor Angst: „Warum sagst du nichts? Du kannst mich nicht alleine lassen. Was machst du wenn ich sterbe. Das könntest du dir niemals verzeihen.“

Man hörte, dass der Junge gerne hinter seinen Worten gestanden hätte, doch dazu war die Angst zu groß, dass er sich in den Kämpfer geirrt haben könnte. Als jedoch ein breites Grinsen auf die Lippen des Blonden erschien, entspannte sich der Junge ein wenig.

Ja, Xenio konnte es nicht zulassen, dass sein Begleiter starb. So wie es auch Cido nicht zulassen könnte. Sie wussten nicht einmal woher dieses Verlangen kam, doch es war da und egal wie sehr sie sich wünschten, dass sie nicht so aneinander gekettet wären. Sie konnten es nicht ändern.

„Warum schweigst du? Jetzt sag doch endlich etwas. Du wärst doch freiwillig zurückgekommen, oder?“, versuchte es Cido weiter, wodurch Xenio seufzte und sich genervt eine Strähne aus dem Gesicht strich: „Ich hab es dir doch schon gesagt! Was willst du noch hören? Willst du hören, dass ich dich hasse? Dass mir deine andauernden Wutattacken auf den Sack gehen? Sag mir nur eines: Ich soll dich immer wieder retten, aber darf niemanden töten oder gar verletzten! Wie in aller Welt soll ich das anstellen?!“

Sein Blick bohrte sich durchdringend in die Augen des Jüngeren, wodurch Cido schwer schluckte, bevor er nervös mit seinem Hemd zu spielen begann: „Ich… ich…“

Er fand keine Worte, sodass er nur seufzte und dann einfach schwieg und seinen Blick betrübt auf den Boden richtete. Was sollte er auch sagen? Der Kämpfer hatte ja Recht. Er war hin und her gerissen. Wenn es nach Cido ging, müssten sie gar nicht erst kämpfen, dann müsste auch niemand zu Schaden kommen. Aber es war nun einmal anders. Ihr Leben war in Gefahr und Xenio hatte es bis jetzt immer tapfer verteidigt. So viele Wunden hatte der Kämpfer schon davon getragen und dennoch schritt er neben ihm her, als wäre nichts gewesen. Woher nahm er nur dieses Durchhaltevermögen?

„Tut dir denn nichts weh?“, fragte er nach einer Weile, wodurch ihn Xenio irritiert ansah und anscheinend ein paar Sekunden brauchte um zu begreifen, was der Junge überhaupt von ihm wollte, bevor er dann abwinkte: „Nein, es geht schon. Ich bin so was gewohnt. Wenn wir in der Stadt sind, werde ich sie verarzten.“

Cido konnte den Worten keinen Glauben schenken. Er hatte das viele Blut gesehen, das von dem Horn des Einhornes geflossen war. Dann die Schläge von Zwerginio. Dennoch schritt der Kämpfer neben ihm her, wobei er durchaus den ein oder anderen blauen Fleck auf der Haut erkannte. Das musste doch alles höllisch wehtun. Dennoch lief Xenio unverändert weiter.

Sein Blick wanderte immer noch über die Gestalt neben sich. Die weiße Kleidung war an mehreren Stellen zerrissen und rot gefärbt. Doch die Blutungen schienen alle schon versiegt zu sein, was Cido ein wenig erleichtert aufatmen ließ. Trotzdem mussten da noch die Schmerzen sein. Sie konnten doch nicht einfach so verschwunden sein. Aber wenn Cido in die Augen seiner Begleitung sah, dann erkannte er dort nicht einmal den Hauch von Pein. Was musste dieser Mensch schon erlebt haben, um so robust zu sein? Er wollte es gar nicht wissen.

„Was ist los? Hab ich irgendwo einen Pickel?“, reagierte Xenio auf das Anstarren seines Körpers, wodurch Cido kurz zurückzuckte und entschuldigend die Hände hob: „Ähm, tut mir Leid. Und nein. Aber du siehst schrecklich aus und ich kann einfach nicht glauben, dass es dir gut geht. Du siehst nämlich nicht so aus.“

„Das haben schon viele gesagt. Aber es ist nun einmal so. Ich spüre die Schmerzen kaum noch und wie schon gesagt, sobald wir in meinem Heimatdorf sind, werde ich mich verarzten und dann wird alles besser werden“, versuchte er den Jungen zu überzeugen, doch dessen Blick zeigte deutlich, dass er den Worten keinen Glauben schenkte, wodurch Xenio nur seufzte: „Dann lass es halt, wenn du mir nicht glauben willst. Aber es geht mir gut. Und es ist auch nicht mehr weit. Man kann schon die Umrisse erkennen.“

Er wollte eigentlich nur ablenken, doch es klappte fabelhaft, sodass sich Cido wieder nach vorne wandte und ein Lächeln auf seine Lippen trat: „Endlich. Ich sehne mich so sehr nach einem gemütlichen Bett.“

„Nicht nur du“, stimmte ihm Xenio zu, wobei er sanft lächelte und seine Schritte ein wenig beschleunigte, als er merkte, dass der Jüngere dabei war ihm davon zu eilen. Sein Kettenhemd raschelte leicht unter seinen schnelleren Bewegungen, doch er ignorierte es und ging einfach weiter. Es gehörte zu seinen Schritten, wie der knisternde Staub unter seinen Füßen.

Er spürte, wie der Junge am Liebsten los gerannt wäre, doch die Sorge um sein Befinden ließ ihn langsamer werden, was Xenio zu einem leichten Lächeln verleitete. Cido war schon süß und irgendwie war er froh, dass er ihn getroffen hatte. Auch wenn die Umstände, die sie zusammen geführt hatten, nicht unbedingt die Besten waren, freute er sich darüber.

„Los, lauf schon einmal voraus. Es wird schon nichts passieren und ich komme ja auch gleich nach“, meinte der Kämpfer dann ruhig und im nächsten Moment war der Junge dann auch schon davon gestürmt. Er fühlte sich einsam, doch die Zuversicht, dass er den Braun­haarigen eh bald wieder sehen würde, ließ ihn sanft lächeln, während seine Füße ihn immer näher an die Stadt herantrugen.

Cido lief ruhig schneller. Er sehnte sich nach einem Bett und den Schlaf. Schließlich war er schon über einen Tag wach und er spürte, wie seine Kräfte langsam zu Neige gingen.

Immer wieder wandte er sich kurz um, damit er den Schatten des Kämpfers sehen konnte, denn es beruhigte ihn nicht alleine zu sein. Es fühlte sich gut an sich des Schutzes des Kämpfers sicher zu sein, denn er hatte noch niemanden getroffen, der so sicher mit dem Schwert umgehen konnte, wie dieser blonde Junge. Und das Alles obwohl er gerade mal ein Jahr älter war als Cido selbst. Wie musste sein Leben gewesen sein, dass er solche Fähigkeiten entwickelte? Welches Grauen musste er schon gesehen haben, um so gefühllos werden zu können?