Briefe über den Yoga

Tekst
Loe katkendit
Märgi loetuks
Kuidas lugeda raamatut pärast ostmist
Šrift:Väiksem АаSuurem Aa

*

Das eigentliche Mental gliedert sich in drei Teile – denkendes Mental, dynamisches Mental und sich ausdrückendes Mental – ersteres befasst sich mit Ideen und Wissen um ihrer selbst willen, das zweite mit dem Hervorbringen mentaler Kräfte zur Verwirklichung einer Idee, das dritte mit deren Ausdruck im Leben (nicht nur durch die Sprache, sondern in jeder Weise). Die Formulierung „physisches Mental“ ist ziemlich zweideutig, da sie entweder das sich ausdrückende Mental oder insgesamt das Mental im Physischen bedeuten kann.

Das eigentliche vitale Mental ist eine Art Mittler zwischen vitalem Gefühl, Begehren, Impuls usw. und dem eigentlichen Mental. Es drückt Begierden, Gefühle, Erregungen, Leidenschaften, besitzergreifende und aktive Neigungen des Vitals aus und presst sie in mentale Formen (die reinen Phantasien oder die Träume von Größe, Glück usw., denen die Menschen sich hingeben, sind eine besondere Tätigkeitsform des vitalen Mentals). Es gibt ein noch niedrigeres Stadium des Mentals im Vital, das lediglich vitalen Stoff ausdrückt, ohne ihn irgendwie dem Verstand zu unterwerfen. Durch dieses mentale Vital erheben sich vitale Leidenschaften, Impulse und Begierden und gelangen in die buddhi, um diese entweder zu umwölken oder zu verzerren.

So wie das vitale Mental durch die vitale Anschauung und das vitale Gefühl gegenüber den Dingen begrenzt ist (während der dynamische Verstand dies nicht ist, denn er wird von der Idee und Vernunft geleitet), so ist auch das Mental im Physischen oder im Mental-Physischen durch die physische Anschauung und Erfahrung der Dinge begrenzt; es mentalisiert die Erfahrungen; die durch Kontakte mit dem äußeren Leben und den Dingen entstehen, geht aber über diese nicht hinaus (obwohl es dies auf sehr schlaue Weise zu tun vermag); es gleicht nicht dem sich ausdrückenden Mental, das sich mit den Dingen mehr vom Standpunkt der Vernunft und ihrer höheren Einsicht beschäftigt. Doch in der Praxis werden diese beiden gewöhnlich miteinander vermischt. Das mechanische Mental ist eine viel niedrigere Tätigkeitsform des mentalen Physischen, das, wäre es sich selbst überlassen, nur die gewöhnlichsten Ideen registrieren würde sowie die natürlichen Reflexe des physischen Bewusstseins auf die Kontakte mit dem äußeren Leben und den Dingen.

Das niedere Vital, das sich vom höheren unterscheidet, ist nur mit kleinen Lüsten, Leidenschaften und Begierden beschäftigt, die den täglichen Lebensstoff für den normal empfindenden Menschen ausmachen, während das eigentliche Vital-Physische das Nerven-Wesen ist, das vitale Reflexe auf den Kontakt von Dingen mit dem physischen Bewusstsein zeigt.

*

Es ist ganz normal für den dynamischen und formgebenden Teil des Mentals, schneller tätig zu sein, als der reflektierende und unterscheidende Teil kontrollieren kann. Das Problem ist, eine Art Gleichgewicht und Harmonie zwischen beiden herzustellen.

*

Das denkende Mental lenkt weder die Menschen, noch übt es einen Einfluss auf sie aus; es sind die vitalen Neigungen und das vitale Mental, die das Übergewicht haben. Das denkende Mental ist bei den meisten Menschen in den Fragen des Lebens lediglich ein Instrument des Vitals.

*

Das wahre denkende Mental gehört nicht zum Physischen, es ist eine Kraft für sich. Das physische Mental ist jener Teil des Mentals, der sich nur mit physischen Dingen befasst. Es hängt vom Sinnen-Mental ab, sieht nur Objekte und äußere Tätigkeiten und bezieht seine Ideen aus den Daten, welche die äußeren Dinge ihm liefern; allein aus ihnen zieht es seine Rückschlüsse und kennt keine andere Wahrheit, bis es von oben erleuchtet wird.

*

Das physische Mental kann sich nur mit äußeren Dingen befassen. In anderen Dingen muss man mit dem eigentlichen Mental denken (buddhi) und entscheiden, nicht mit dessen physischem Teil.

*

Dieser Teil des Wesens kennt keine Vernunft [das physische Mental], er kennt allein seine Launen, seine Gewohnheiten oder die Neigung, tamasisch zu sein.

*

Es ist das physische Mental, das sich gern alles leicht macht.

*

Wiederholung ist eine Gewohnheit des mentalen Physischen, die nicht vom wahren denkenden Mental gewollt wird, sondern vom mentalen physischen oder vom niederen Teil des physischen Mentals.

*

Dein Irrtum liegt hauptsächlich in der Beschreibung des physischen Teils des Mentals – was du beschrieben hast, ist das mechanisch-mentale Physische oder das Körper-Mental, das, sobald es sich selbst überlassen ist, einfach fortfährt, frühere gewohnte Gedanken und Regungen zu wiederholen, oder ihnen bestenfalls weitere mechanische Reaktionen auf Dinge und Reflexe, wie sie im gewöhnlichen Leben vorkommen, hinzufügt. Das wahre physische Mental ist der empfangende und formgebende Verstand, der zwei Funktionen hat – erstens, auf äußere Dinge einzuwirken, ihnen eine mentale Ordnung zu verleihen mit der Möglichkeit, sich praktisch mir ihnen auseinanderzusetzen; und zweitens, ein Kanal für die Materialisierung zu sein und alles zur Auswirkung zu bringen, was das denkende und dynamische Mental zu diesem Zweck herabsendet.

*

Das mechanische Mental ist eine Art Maschine – was immer es empfängt, steckt es in diese Maschine und hört nicht auf, es ständig darin herumzuwälzen, gleichgültig was es ist.

*

Die Natur des mentalen Physischen ist, ziellos die stattgefundene Bewegung fortzusetzen. Wir nennen es das mechanische Mental – es ist in der Kindheit stark ausgeprägt, da das denkende Mental noch nicht entwickelt ist und zudem nur einen engen Interessenkreis besitzt. Später wird sie [die mental-mechanische Bewegung] zu einer Unterströmung in den mentalen Tätigkeiten. Sie muss sich [bei dir] mit anderen Eigentümlichkeiten des mentalen Physischen erhoben haben, da unsere Arbeit [der Mutter und meine Arbeit der Umwandlung] jetzt bis hinunter ins Physische gelangt ist. Manchmal kommen diese Dinge auch auf, wenn das Schweigen des Mentals eintritt, doch letzten Endes werden auch sie sich beruhigen.

*

Du scheinst, deiner Beschreibung zufolge, mit dem mechanischen Mental in Berührung gekommen zu sein, dessen Natur es ist, sich fortwährend mit den eintretenden Gedanken im Kreise zu bewegen. Dies geschieht manchmal, wenn das denkende Mental still ist, und ist eine Eigenart des physischen Mentals; du solltest dich dadurch weder stören noch beunruhigen lassen, sondern erkennen, was es ist und es zur Ruhe bringen oder Kontrolle über seine Bewegungen erlangen.

*

Das vitale Mental ist meist energisch und schöpferisch selbst in seinen mehr mechanischen Regungen, daher muss es [bei dir] das physische Mental sein, das sich im Kreise dreht. Dieses und das mechanische Mental sind am beharrlichsten doch werden auch sie ruhig, sobald der Friede und das Schweigen mächtig und vollständig werden. Nachher beginnt das Wissen von den höheren Ebenen zu kommen – zunächst vom Höheren Mental, was eine neue Art Gedankentätigkeit, ein neues Wahrnehmungsvermögen schafft, die das gewöhnliche Mental ersetzen. Dies geschieht zuerst im denkenden Mental, dann aber auch im vitalen und physischen Mental, so dass sie alle eine Umwandlung erfahren. Diese Art des Denkens ist nicht ziel- und rastlos, sondern genau und sinnvoll – sie findet nur dann statt, wenn man sie braucht oder ruft, und sie stört das Schweigen nicht. Überdies ist das Element dessen, was wir Gedanken nennen, dort zweitrangig, und an seine Stelle tritt das, was man als erkennende Wahrnehmung bezeichnen könnte (Intuition). Doch solange das Mental einer vollständigen Stille nicht fähig ist, kommt entweder dieses höhere Wissen, Denken und Wahrnehmen nicht herab oder nur zum Teil, wobei sie aber dann Gefahr laufen sich mit dem niedrigeren [Wissen] zu vermischen oder von ihm nachgeahmt zu werden – und das ist lästig und hinderlich. Daher ist die Stille notwendig.

*

Sobald das höhere Bewusstsein das mechanische Mental ergreift, ist dieses nicht länger mechanisch.

*

Die Ausdrücke manas usw. [Mental] gehören der gewöhnlichen Psychologie an und werden für das Oberflächenbewusstsein verwendet. In unserem Yoga verwenden wir eine andere Bezeichnung, die sich auf yogischer Erfahrung gründet. Zweierlei reagiert auf diese Regung des manas – ein Teil des physischen Mentals, das mit dem Physisch-Vitalen verbunden ist. Es empfängt etwas von den physischen Sinnen und übermittelt dies der buddhi,– das heißt dem einen oder anderen Teil des denkenden Mentals. Dann empfängt es wiederum von der buddhi zurück und übermittelt Idee und Willen den Organen der Sinneswahrnehmung und Tat. All dies ist unumgänglich in der gewöhnlichen Bewusstseinstätigkeit. Im normalen Bewusstsein jedoch wird alles miteinander vermengt, und es gibt keine klare Ordnung und Regel. Im Yoga hingegen wird man sich der verschiedenen Wesensteile und ihres eigentlichen Wirkens bewusst und ordnet jedem von ihnen unter der Kontrolle des höheren Bewusstseins oder auch der Göttlichen Macht seinen Platz zu. Zu einem späteren Zeitpunkt wird alles mit spirituellem Bewusstsein durchtränkt, und die verschiedenen Teile des Wesens gelangen zu einer automatisch richtigen Wahrnehmung, da sie gänzlich von oben kontrolliert werden und diese Anweisungen weder fälschen noch sich gegen sie auflehnen oder sie durchkreuzen können.

*

Im physischen Mental kann es eine denkende Vernunft und Koordinierung geben, die die buddhi aussendet und die von der alten Psychologie möglicherweise nicht dem manas zugeschrieben würde. Dennoch korrespondiert der größere Teil der physischen Mentaltätigkeit mit manas das jedoch viel von dem mit einbezieht, was wir dem vitalen Mental und dem Nerven-Wesen zuschreiben würden. Es ist ein wenig schwierig, die alte Ausdrucksweise mit derjenigen dieses Yoga gleichzusetzen, denn erstere geht von der vermischten Oberflächentätigkeit aus und versucht, diese zu analysieren, während in diesem Yoga das, was an der Oberfläche vermischt ist, getrennt und im Licht eines tiefen inneren Wirkens gesehen wird, das der oberflächlichen Sicht verborgen bleibt. Daher mussten wir eine andere Art der Bezeichnung übernehmen.

 

Das physische Mental muss sich zuerst dem höheren Bewusstsein öffnen, dann fallen seine Begrenzungen weg, es anerkennt das Überphysische und beginnt, die Dinge im Gleichklang mit dem höheren Wissen zu sehen. Es wird zu einem Instrument, das dieses Wissen in der praktischen Erkenntnis und den praktischen Tätigkeiten des physischen Lebens ausdrückt. Es sieht die Dinge, wie sie sind, und behandelt sie entsprechend der größeren Wahrheit und mit einer automatischen Richtigkeit der Wahrnehmung, des Willens und der Reaktion auf äußere Einwirkungen.

*

Ich gebrauche diese Ausdrücke im Allgemeinen nicht [manas, usw.] – sie gehören der psychologischen Ausdrucksweise des alten Yoga an.

*

Die Funktion von manas ist, Dinge zu fühlen, mental auf Objekte zu reagieren und diese Eindrücke der buddhi zu vermitteln.

*

Citta ist die allgemeine Substanz des mentalen Bewusstseins, die manas und alles Übrige stützt - sie ist ein unbestimmtes Bewusstsein, das in Gedanken und Erinnerungen deutlich wird, in Wünschen, Gefühlen, Wahrnehmungen, Impulsen und Empfindungen (cittavrtti).

*

Citta ist jenes Bewusstsein, aus dem alles geformt wird, doch geschieht dies mit Hilfe des Mentals, des Vitals oder einer anderen Kraft, die gleichsam die Instrumente der citta für deren Selbstausdruck sind.

*

Beides ist richtig. Die citta empfängt diese Dinge, gibt sie zur Gestaltung an das Vital und Mental, und alles wird der buddhi übermittelt; doch die citta empfängt auch Gedanken von der buddhi und wandelt diese in Begierden, Gefühle und Impulse um.

*

Die citta empfängt nicht die Begierden und Gefühle von der buddhi. Sie empfängt die Gedanken von der buddhi und wandelt sie in Begierden um.

*

In der citta findet immer oder wenigstens im Allgemeinen eine abgewandelte Reaktion auf Gedanken statt, die von außen empfangen werden; es sei denn sie empfängt diese einfach und speichert sie, ohne sie an die Instrumente weiterzuleiten.

*

Da es die alleinige Aufgabe der citta ist, von oben oder unten oder aus dem Umkreis zu empfangen, muss sie dies immer tun und kann nicht von sich aus entscheiden, was sie empfangen soll und was nicht. Es muss ihr von der buddhi, dem vitalen Willen oder einer höheren Kraft geholfen werden. Später, wenn das höhere Bewusstsein herabkommt, beginnt sie, sich zu wandeln und wird einer automatischen Zurückweisung dessen fähig, was nicht wahr und Rechtens oder dem Wachsen des Göttlichen im Wesen nicht förderlich ist.

*

Citta bedeutet tatsächlich das gewöhnliche Bewusstsein, welches das Mental, Vital und das Physische mit einbezieht; doch in der Praxis kann sie als etwas Zentrales im Bewusstsein angesehen werden. Wenn diese im Göttlichen wurzelt, folgt das Übrige als ein natürliches Ergebnis mehr oder weniger rasch nach.

*

Die citta ist dem Herzen nicht nahe; wenn du die Substanz des niederen Bewusstseins meinst, so hat diese keinen bestimmten Ort. Alle Dinge dieses Lebens sind in diesem Bewusstseinsstoff enthalten, doch ist die Erinnerung an vergangene Leben verhüllt und woanders involviert. Das Herz ist für die meisten Menschen das Hauptzentrum dieses Bewusstseins, daher kommt es, dass du seine Tätigkeiten auf dieser Ebene zentriert fühlst.

*

Es gibt einen unterbewussten Teil der citta, der den vergangenen Eindruck von Dingen bewahrt und ihre Formen in das Traumbewusstsein sendet oder aber die Gewohnheit alter Regungen beibehält und diese emporsendet, wann immer sich Gelegenheit bietet.

*

Wenn das Wort vasana (im Yoga-vasistha) gebraucht wird, heißt es nicht „Begehren“. Es bedeutet gewöhnlich die Idee oder das mentale Gefühl, das sich aus der citta erhebt, wie Vorstellungen, Eindrücke, Erinnerungen usw.. Eindrücke von Gefallen und Missfallen, von Schmerz und Vergnügen. Was Vasistha sagen will, ist, dass Vorstellungen. Eindrücke und Impulse, die im gewöhnlichen Menschen zur Tat führen, sich aus der citta erheben, während jene, die sich im Jivanmukta erheben, direkt aus dem sattva stammen, dem essentiellen Bewusstsein des Wesens – in anderen Worten, bei ihm sind es keine mentalen, sondern spirituelle Formungen. Man könnte sagen, statt citta-vritti sind es sattvaprerana, direkte Hinweise des inneren Wesens auf das, was gedacht, gefühlt oder getan werden muss. Sobald die citta nicht länger aktiv ist und das Mental zur Ruhe gelangt, tritt mukti ein, und ohne sie kann niemand zum Jivanmukta werden; erst dann wird das, was bleibt und wahrnimmt und die Dinge fühlt, als essentielles Bewusstsein empfunden, das Bewusstsein des wahren Selbstes oder des wahren Wesens.

*

Ich glaube, mahat ist das essentielle und ursprüngliche Grundgefüge des Bewusstseins in der Prakriti aus dem die Individualität und Gestaltung kommen.

*

Tanmatra ist lediglich die Grundlage der Materie. Im Sankya ist die Grundlage der Prakriti Pradhana, aus der die buddhi und alles Übrige stammt. Im Vedanta ist es die spirituelle Substanz, aus der alles stammt.

* * *

X. Das vitale Wesen (Das Vital)

Es gibt vier Teile des vitalen Wesens – zuerst (1) das mentale Vital, das den Gefühlen, Begierden, Leidenschaften, Erregungen und anderen Bewegungen des vitalen Wesens mit Hilfe von Gedanken, der Sprache und anderem mentalen Ausdruck verleiht; dann (2) das emotionale Vital, das der Sitz verschiedener Gefühle, wie Liebe, Freude, Sorge, Hass usw. ist; (3) das zentrale Vital, das die stärkeren vitalen Sehnsüchte und Reaktionen beherbergt, wie Ehrgeiz, Stolz, Furcht, Neigung zu Ruhm, Angezogen- und Abgestoßensein, Begierden, Leidenschaften aller Art, und den Bereich vieler vitaler Energien; schließlich (4) das niedere Vital, das mit den kleinen Wünschen und Gefühlen beschäftigt ist, die den größeren Teil des täglichen Lebens ausmachen, zum Beispiel das Verlangen nach Nahrung, nach Sex, die kleinen Neigungen und Abneigungen, Eitelkeit, Streit, Ruhmsucht, Ärger bei Tadel, kleine Wünsche aller Art, und ungezählte andere Dinge. Ihre jeweilige Lage ist erstens der Bereich vom Hals bis zum Herzen, zweitens das Herz (es ist ein zweifaches Zentrum, das im Vordergrund dem Emotional und Vital angehört und dahinter der Seele), drittens vom Herz bis zum Nabel, viertens unterhalb des Nabels.

*

Es gibt einen Teil der menschlichen Natur, den ich das vitale Mental genannt habe; Aufgabe dieses Mentals ist nicht zu denken oder zu urteilen, Dinge wahrzunehmen, sie zu erwägen, ausfindig zu machen oder einzuschätzen – denn dies ist die eigentliche Aufgabe des denkenden Mentals, buddhi –, sondern zu planen, zu träumen oder sich vorzustellen, was getan werden könnte. Es lässt in sich Gestaltungen für die Zukunft erstehen, und der Wille kann versuchen, sie auszuführen, wenn Gelegenheit und Umstände günstig sind, oder sogar daran arbeiten, sie für sich günstig zu gestalten. Im Menschen der Tat ragt diese Fähigkeit hervor und beherrscht seine Natur; ausgeprägte Tatmenschen besitzen sie immer in hohem Ausmaß. Doch selbst wenn man nicht ein Mensch der Tat oder praktischen Verwirklichung ist, wenn die Umstände ungünstig sind oder man nur kleine und gewöhnliche Dinge tun kann, ist dieses vitale Mental gegenwärtig. Es wirkt dann in nur kleinen Umfang in einem, und wenn es ein Gefühl von Größe braucht, plant es sehr häufig ins Leere, wohl wissend, dass seine Pläne nicht verwirklicht werden können; oder aber es stellt sich große Dinge vor, große Taten, Abenteuer, in denen man selbst der Held oder die auslösende Kraft ist. Das, was in dir vorgeht, ist der Ansturm des vitalen Mentals oder der vitalen Phantasie, die ihre Formen schafft: sein Wirken ist nicht allein für dich kennzeichnend, es wirkt vielmehr auf ähnliche Weise in den meisten Menschen – doch in jedem so wie es seinen Neigungen und Interessen, seinen bevorzugten Ideen oder Wünschen entspricht. Du musst seiner Tätigkeit Herr werden und darfst ihm nicht erlauben, dein Mental zu ergreifen und mit sich fortzureißen, wann und wohin es will. Sobald die ersten Erfahrungen in der Sadhana stattgefunden haben, wird es außerordentlich wichtig, nicht mehr zu dulden, dass diese Macht mit dir tut, was sie will; denn sonst schafft sie falsche Erfahrungen, wie es ihrer Natur entspricht, und weiß den Sadhak zu überzeugen, dass es sich um echte handelt, oder sie formt unwirkliche Gebilde und überredet ihn, dass er diesen folgen soll. Einige wurden von dieser irreführenden Kraft fortgerissen, die, von den Mächten der Falschheit benutzt, diese glauben machte, sie hätten ein großes spirituelles, politisches oder soziales Werk in der Welt zu verrichten, was dann zu Enttäuschung und Versagen führte. Sie erhebt sich deshalb in dir, damit du verstehen lernst, was sie ist, und sie zurückweist. Denn es gibt Verschiedenes, was du aus der vitalen Ebene eliminieren musst, bevor die tieferen oder größeren spirituellen Erfahrungen sicher eintreten oder gefahrlos sich fortsetzen können.

Die Herabkunft des Friedens ist häufig eine der ersten großen positiven Erfahrungen der Sadhana. In diesem Stadium des Friedens wird das normale denkende Mental (buddhi) still oder vermindert den größten Teil seiner Aktivität; sobald dies jedoch der Fall ist, bricht sehr häufig, sofern man nicht auf der Hut ist. das vitale Mental ein, oder aber eine Art von mechanisch-physischem oder ziellosem, unterbewusstem Mental beginnt aufzusteigen und zu wirken; dies stört die Stille am meisten. Oder aber das niedere Vital versucht zu stören; das lässt dann das Ego aufkommen und die Leidenschaften mit ihrem Spiel. All dies sind Anzeichen von Elementen, die man loswerden muss; denn wenn sie fortbestehen, und andere, höhere Mächte herabzukommen beginnen – die [göttliche] Macht und Kraft, das Wissen, die Liebe oder der Ananda –, dann stoßen sie auf diese niederen Dinge, mit dem Ergebnis, dass entweder das höhere Bewusstsein sich zurückzieht oder sein Herabkommen verdeckt und der Impuls, der von ihm ausgeht, für die Zwecke der niederen Natur missbraucht wird. Das ist der Grund, warum viele Sadhaks, nachdem sie große Erfahrungen hatten, in den Griff eines vergrößerten Egos geraten und Opfer von Umwälzungen und Ehrgeiz, übertriebenem Sex-Verlangen oder anderen vitalen Leidenschaften oder Verzerrungen werden. Es ist daher immer gut, wenn der positiven Erfahrung eine vollständige Läuterung des Vitals entweder vorausgeht oder mit ihr Schritt hält, zumindest in Naturen, die ein starkes Vital besitzen.

*

Das vitale Mental ist das Mental eines dynamischen (und nicht eines rationalisierenden) Willens und Tuns und Begehrens – es hat etwas mit Kraft zu tun, mit Leistung und Befriedigung, mit Besitzergreifung, mit Freude und Leiden, Geben und Nehmen, mit Wachstum und Ausbreitung, Erfolg und Misserfolg, Glück und Unglück usw. usw.

*

Das vitale Denken drückt vitale Regungen aus, das Spiel vitaler Kräfte, es beschäftigt sich mit ihnen, aber nicht frei und unabhängig, wie es das denkende Mental tun kann. Das wahre denkende Mental vermag über den vitalen Regungen zu stehen, sie frei wahrzunehmen, zu beobachten und zu beurteilen, so wie es äußere Dinge beobachten und beurteilen würde. In den meisten Menschen jedoch ist das denkende Mental (die Vernunft) vom vitalen Mental überflutet und nicht frei.

*

Die gewöhnliche Aktivität des vitalen Mentals besteht darin, sich immer etwas vorzustellen, zu denken und zu planen, was mit diesem zu tun ist und wie jenes geordnet werden kann. Es hat in der menschlichen Natur, im menschlichen Handeln offenbar seinen Wert, doch handelt es auf eine zufällige und übertriebene Weise, ohne Disziplin, ohne seine Macht einzuteilen, ohne Konzentration auf die Dinge, die wirklich geschehen müssen.

*

Was auf diese Weise im Wachen oder Schlafen zu dir kommt, ist charakteristisch für die Vorstellungen des vitalen Mentals, die es über die Dinge, die Arbeit und alles, das sich dem Mental darbietet hat, sowie für seine Art tätig zu sein. Die vitale Phantasie im Menschen ergreift alle diese sich dem Mental darbietenden Dinge und macht sich Vorstellungen, sinnt darüber nach, formt Ideen oder Pläne für die Zukunft usw. usw. Sie hat ihren Nutzen für das Bewusstsein im gewöhnlichen Leben, doch muss sie beruhigt und durch das höhere Wirken im Yoga ersetzt werden. Im Schlaf ist es ebenfalls die vitale Ebene, in die du eintrittst. Die Erfahrungen auf der vitalen Ebene sind, wenn sie richtig gesehen und koordiniert werden, von Wert und vermitteln sowohl ein nützliches Wissen als auch die Kontrolle über das vitale Selbst und die vitale Ebene. Doch die Ursache der Störung ist das, was in unzusammenhängender Weise über das Unterbewusste in dich eindringt. All das muss beruhigt werden, und wir werden versuchen, dass es geschehe. Als ich davon sprach, dass du dich öffnen solltest, meinte ich lediglich, du solltest dir einprägen, dass die Hilfe kommt, und den Willen haben, diese anzunehmen – nicht dass du dich unbedingt um das Sich-Öffnen abmühen solltest.

 

*

Der Ursprung, aus dem diese Phantasien stammen, hat mit Vernunft nichts zu tun und kümmert sich um keine rationalen Einwände. Diese kommen entweder aus dem vitalen Mental, nämlich jener Quelle, aus der all die schönen Phantasien und langen Geschichten stammen, welche die Menschen sich selbst erzählen, in denen sie Helden sind und große Dinge tun; oder aber sie stammen von kleinen Wesenheiten, die mit dem physischen Mental verbunden sind und zufällige Eingebungen irgendwo auflesen und sie dem Mental darbieten, nur um zu sehen, ob sie angenommen werden. Wenn man sich genau beobachtet, kann man erkennen, dass die seltsamsten, außergewöhnlichsten und unsinnigsten Dinge das Mental durchkreuzen, oder auf diese Weise zum Vorschein kommen. Meist lacht man darüber oder bemerkt sie kaum, und diese Dinge fallen in die Welt des unzusammenhängenden Denkens zurück, aus der sie kamen.

*

Es ist wiederum das vitale Mental. Es hat kein Gefühl für Proportion oder Maß und will auf einmal etwas Großes erreichen oder sein.

*

[Tagträume] All das ist das vitale Mental; die Gewohnheit solcher Vorstellungen ist in jedermann. Es ist nicht sehr wichtig, doch muss man sich davon befreien, da sie das Ego zur Grundlage hat.

*

Das vitale Mental kann in einer gewöhnlichen Natur ohne diese Vorstellungen nicht auskommen, und daher besteht die Gewohnheit lange Zeit fort. Sich davon abzulösen und gleichgültig zu werden ist das beste, dann kann es nach einer gewissen Zeit all dem überdrüssig werden und die Gewohnheit fallenlassen.

*

Diese Art, geistig zu einer anderen Person zu sprechen, ist durchaus charakteristisch für das vitale Mental. Es ist seine Eigenart, auf der feinstofflichen Ebene auf die Dinge, an denen es interessiert ist, einzuwirken, besonders dann, wenn man die körperliche Tätigkeit eingestellt oder eingeschränkt hat.

*

Die Frage des emotionalen und höheren Vitals ist ziemlich schwierig. In einer Einteilung, in welcher das Mental mehr ist als die denkende, wahrnehmende und wollende Vernunft, kann das Emotional als ein Teil des Mentals angesehen werden, nämlich als das Vital im Mental. In einer anderen Einteilung würde man es eher als den Teil der vitalen Natur betrachten, der am meisten mentalisiert ist. Im ersten Fall wird der Ausdruck „Höheres Vital“ auf jene größere Regung der bewussten Lebenskraft angewendet, deren Wirkungsfeld das Erschaffen ist, die Macht, die Kraft, die Besitzergreifung, das Geben und Selbstgeben, das Empfangen aus der Welt zu weiterem Wirken und Verausgaben der Macht, das Sich-Hinauswerfen in die umfassenderen Lebensregungen, die Empfänglichkeit für die größeren Ziele der Natur. In der zweiten Art der Einteilung steht das emotionale Wesen an der Spitze der vitalen Natur, und beide zusammen bilden das höhere Vital. Ihnen steht das niedere Vital gegenüber, das die kleineren Regungen des Handelns und Begehrens umfasst und sich bis hinunter in das Vital-Physische erstreckt, wo es das Leben der mehr äußerlichen Tätigkeiten unterstützt sowie alle körperlichen Gefühlsregungen, Begierden, Sehnsüchte, Befriedigungen. Der Ausdruck „niedriger“ darf nicht in einem herabsetzenden Sinne aufgefasst werden; er bezieht sich lediglich auf die Stellung in der Hierarchie der Ebenen. Denn obgleich dieser Teil in der Natur der Erdenwesen sehr zu Dunkelheit neigt und voller Verzerrungen ist – Lust und Gier aller Art, Eitelkeit, kleiner Ehrgeiz, Ärger, Neid. Eifersucht sind dort normalerweise zu Hause –, hat er dennoch eine andere Seite, die ihn zu einem unerlässlichen Mittler zwischen dem inneren Wesen und dem äußeren Leben macht.

Es stimmt nicht, dass jede seelische Erfahrung sich in einer geläuterten und richtig gelenkten vitalen Strömung verkörpert; dies geschieht, wenn sie sich in einer Tat ausdrücken will. Seelische Erfahrung als solche ist etwas ganz Unabhängiges und besitzt ihre eigenen, charakteristischen Formen. Das seelische Wesen steht hinter allen anderen; seine Kraft ist die wahre Seelenkraft. Doch wenn es hervortritt, vermag es alles Übrige zu durchdringen, und Mental, Vital und das physische Bewusstsein können durch seinen Einfluss geprägt und umgewandelt werden. Wenn die menschliche Natur richtig entwickelt ist, dann hat sowohl das Mental als auch das Vital und Physische eine Seele. Erst wenn diese vorhanden und stark ist, können wir von jemandem sagen, er habe tatsächlich eine Seele. Doch es gibt Menschen, in denen dieses Element so sehr fehlt, dass wir uns an den Glauben halten müssen, wenn wir eine Seele in ihnen vermuten wollen. Das Zentrum des seelischen Wesens liegt hinter dem Zentrum des emotionalen Wesens; das Emotional ist es, das der Seele dynamisch am nächsten steht, und in den meisten Menschen kann die Seele am einfachsten durch das emotionale Zentrum erreicht und mit Hilfe der durchseelten Emotion ausgedrückt werden. Daher wird das eine mit dem anderen von vielen verwechselt, doch liegt eine Welt des Unterschieds zwischen beiden. Die Gefühle sind ihrem Charakter nach normalerweise vital und kein Bestandteil der seelischen Natur.

Man sollte nicht aus den Augen verlieren, dass diese Einteilung für eine psychologische Selbsterkenntnis, Disziplin und Übung zwar unerlässlich ist, am besten aber angewendet werden kann,wenn man sie nicht zu starr und formelhaft auffasst. Denn diese Dinge gehen stark ineinander über, und das Gefühl für die Synthese dieser Mächte ist ebenso notwendig wie die Analyse. So gibt es zum Beispiel überall ein Mental. Das physische Mental befindet sich genau genommen unterhalb des Vitals, und dennoch ist es eine Fortsetzung des eigentlichen Mentals und kann in seinem Bereich durch den direkten Kontakt mit der höheren mentalen Intelligenz wirken. Und es gibt auch ein dunkles Mentals des Körpers, selbst der Zellen, Moleküle und Korpuskeln. Haeckel, der deutsche Materialist, spricht irgendwo vom Willen im Atom; die Wissenschaft, welche in letzter Zeit die unberechenbare, individuell verschiedene Wirkungsweise der Elektronen erforscht, erkennt dunkel, dass dies keine Einbildung ist, sondern der Schatten einer geheimen Wirklichkeit. Dieses Körper-Mental ist eine sehr, spürbare Wahrheit; infolge seiner Dunkelheit, seines mechanischen Anklammerns an vergangene Regungen, seiner schnellen Vergesslichkeit, seiner Zurückweisung des Neuen sehen wir in ihm eines der Haupthindernisse für die Durchdringung durch die supramentale Kraft und für die Umwandlung der Körperfunktionen. Andererseits, wenn es einmal wirksam umgewandelt ist, wird es eines der kostbarsten Instrumente für die Stabilisierung des supramentalen Lichtes und der supramentalen Kraft in der stofflichen Natur sein.

*

Es ist nicht möglich, mit einiger Genauigkeit zu sagen, welcher Art der Widerstand in den höheren vitalen Teilen sein und welche Form er annehmen wird, da er in verschiedenen Naturen verschiedene Formen annehmen kann. Es ist ganz normal, dass beinahe an jedem Punkt ein gewisser Widerstand gegen die Herabkunft des höheren Bewusstseins vorhanden sein wird, denn jeder der verschiedenen Teile der gegenwärtigen Natur ist mehr oder weniger an seine eigene, festgefahrene Weise zu sehen, zu handeln und zu fühlen gebunden, an seine Reaktion auf Dinge und an die gewohnten Regungen und Gestaltungen seines eigenen Bereiches, die sich jede Individualität in einem vergangenen oder gegenwärtigen Leben gebildet hat. Was benötigt wird, ist eine allgemeine Plastizität des Mentals, des Vitals, des physischen Bewusstseins, eine Bereitschaft, alles Verhaftetsein an diese Dinge aufzugeben und anzunehmen, was immer das höhere Bewusstsein mit sich herabbringt, wie sehr es auch den bereits vorhandenen Ideen, Gefühlen und Gewohnheiten der Natur zuwiderlaufen mag. Je größer die Plastizität in einem Teil der menschlichen Natur, umso geringer ist der Widerstand dort.