Die Stunde Gottes

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Kapitel 2
Erste Definitionen und Beschreibungen

Es gibt im Yoga vier Mächte und Ziele: Reinheit, Freiheit, Seligkeit und Vollkommenheit. Wer diese vier Mächte im Wesen des transzendenten, des allumfassenden, des lila-maya und des individuellen Gottes zur vollen Entfaltung gebracht hat, ist der vollendete und absolute Yogi.

Alle Manifestationen Gottes sind Manifestationen des absoluten Parabrahman.

Das absolute Parabrahman ist für uns unerkennbar, nicht weil Es die Nichtigkeit all dessen ist, was wir sind – denn was auch immer wir in Wahrheit oder dem Anschein nach sind, ist nichts als Parabrahman, – sondern weil Es präexistent und supraexistent ist selbst gegenüber den höchsten und reinsten Methoden, selbst gegenüber den wirksamsten und weitreichendsten Instrumenten, derer die verkörperte Seele sich bedienen kann.

In Parabrahman hört Wissen auf, Wissen zu sein, und wird zu einer unbeschreiblichen Wesenseinheit. Werde Parabrahman, wenn du willst und wenn Es dich lässt, aber bemühe dich nicht, Es zu erkennen, denn mit diesen Werkzeugen und in diesem Körper wirst du keinen Erfolg haben.

In Wirklichkeit bist du schon Parabrahman und warst es immer und wirst es immer sein. Um Parabrahman in irgendeinem anderen Sinne zu werden, musst du die manifestierte Welt und sogar die Welt-Transzendenz ganz und gar verlassen.

Warum aber sollte es dich danach gelüsten, aus der Manifestation auszuscheiden, als ob die Welt ein Übel wäre? Hat nicht Das sich in dir und in der Welt manifestiert, und bist du weiser und reiner und besser als das Absolute, oh denkgenarrte Seele im Sterblichen? Wenn Das dich zurückholt, dann ist dein Fortgehen von hier unvermeidlich; solange aber Seine Kraft in dir ist, ist es unmöglich, mag auch dein Mental noch so inbrünstig und jammernd danach verlangen. Deshalb sollst du die Welt weder begehren noch meiden, sondern allein die Seligkeit, Reinheit, Freiheit und Größe Gottes in jedwedem Zustand und in jedweder Erfahrung und Umgebung suchen.

Solange du irgendeinen Wunsch hegst, sei es auch der Wunsch, nicht mehr geboren zu werden, oder der Wunsch nach Befreiung, solange kannst du Parabrahman nicht erlangen. Denn Das hat keine Wünsche, weder nach Geburt noch danach, nicht geboren zu werden, weder nach der Welt noch nach dem Ausscheiden aus der Welt. Das Absolute bleibt unbegrenzt durch deine Wünsche, genauso wie Es unzugänglich bleibt für dein Erkennen.

Wolltest du Paratpara Brahman kennen, so kenne Es, wie Es Sich in der Welt manifestiert und wie es die Welt transzendiert – denn auch Transzendenz ist eine Beziehung zur Welt und nicht das reine Absolute. Auf andere Weise ist Es nicht erkennbar. Dies ist das gleichzeitige Wissen und Nichtwissen, von dem im Vedanta die Rede ist.

Von Parabrahman sollten wir nicht sagen, „Es“ sei welttranszendent oder weltimmanent oder stehe zur Welt in Beziehung oder habe keine Beziehung zu ihr. Alle diese Vorstellungen von Welt und Nicht-Welt, von Transzendenz und Immanenz und Beziehungen sind Ausdrucksweisen des Denkens, durch die das Mental seine eigenen Werte der Selbst-Offenbarung des Parabrahman gegenüber Seinem eigenen Erkenntnisprinzip beilegt. Und von keinem dieser Werte, nicht einmal dem höchsten unter ihnen, können wir behaupten, er sei die wahre Wirklichkeit dessen, was zugleich alles und jenseits von allem, nichts und jenseits des Nichts ist. Ein tiefes und gedankenfreies Schweigen ist die einzige Haltung, die die in der Welt manifestierte Seele dem Absoluten gegenüber einnehmen sollte.

Wir wissen von Parabrahman, dass Es ist, und zwar in einer Weise, in der kein Gegenstand und kein Zustand in der Welt ist. Wann und in welche Richtung auch immer wir nämlich an die äußersten Grenzen der Seelenerfahrung oder der Gedankenerfahrung oder der Körpererfahrung oder jeder anders gearteten wesentlichen Erfahrung gelangen, wir kommen an Seine Pforten und werden gewahr, dass Es auf unerkennbare Weise ist, ohne die Möglichkeit zuzulassen, darüber irgendeine weitere Wahrheit in Erfahrung zu bringen.

Wenn deine Seele sich tiefer und tiefer nach innen zurückgezogen hat, wenn sie sich bis in das Unermessliche nach außen ausgeweitet hat und schließlich in der Stille ihres Wesens vor einem Unbekannten und Unerkennbaren steht, von dem aus gesehen und neben welchem die Welt wie etwas existiert, das weder materiell noch mental wirklich ist und doch nicht als ein Traum oder eine Lüge beschrieben werden kann, dann wisse, dass du im Allerheiligsten stehst, vor dem Schleier, der sich nicht zerreißen lässt. Weder in diesem sterblichen Körper noch in irgendeinem anderen Körper kannst du ihn zerreißen, weder im Zustand des verkörperten Selbst noch im Zustand des reinen Selbst, weder im Wachen noch im Schlafen noch in der Trance noch in irgendeinem Zustand oder unter Umständen ganz gleich welcher Art; denn du musst jenseits aller Zustände sein, ehe du in das Paratpara Brahman eintreten kannst.

Dies ist der unbekannte Gott, dem kein Altar errichtet und keine Verehrung dargebracht werden kann. Das Universum ist Sein einziger Altar, das Dasein Seine einzige Verehrung. Dass wir sind, fühlen, denken, handeln oder sind, ohne zu fühlen, zu denken und zu handeln, ist Ihm genug. Ihm ist der Heilige dem Sünder gleich, die Tätigkeit der Untätigkeit, der Mensch der Molluske, da alle gleichermaßen Seine Manifestationen sind. Diese Dinge treffen zumindest auf Parabrahman oder Para Purusha zu, d.h. auf das Höchste, was wir kennen, und das dem Absoluten Nächste. Was aber Das hinter dem Schleier ist, und wie Es sich selbst und seine Manifestationen hinter dem Schleier sieht, darüber kann sich kein mentaler Geist anmaßen, etwas auszusagen oder zu wissen. Ebenso unwissend und anmaßend ist derjenige, der Ihm einen Altar erbaut oder weiht, oder der vorgibt, das Unbekannte denen zu vermitteln, die wissen, dass sie Es nicht kennen können. Verwirre nicht die Gedanken, führe nicht die Seele des Menschen auf ihrem Vormarsch in die Irre, sondern wende dich dem Weltall zu und erkenne Jenes in diesem, tad va etat. Denn nur so und unter diesen Bedingungen hat Es sich denen, die im Weltall sind, zu erkennen gegeben. Lasse dich nicht von Unwissenheit täuschen, lasse dich nicht vom Wissen täuschen. Niemand ist gebunden, niemand ist frei, niemand strebt nach Freiheit: einzig Gott spielt mit diesen Dingen in der ausgedehnten Macht Seines selbstbewussten Seins, para maya, mahimanam asya, welches wir das Weltall nennen.

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Kapitel 3
Das Ziel unseres Yoga

Das Ziel unseres Yoga ist Selbst-Vollendung, nicht Selbst-Auslöschung.

Zwei Pfade bieten sich den Schritten des Yogin, Rückzug aus dem Universum und Vollendung im Universum. Das erste Ziel wird durch Askese erreicht, das zweite durch Tapasya. Das erste nimmt uns auf, wenn wir Gott im Sein verlieren; das zweite wird erlangt, wenn wir unser Sein in Gott erfüllen. Lasst unseren Pfad den der Vollendung und nicht den der Preisgabe sein. Lasst den Sieg in der Schlacht und nicht die Flucht vor allen Konflikten unser Ziel sein.

Buddha und Shankara nahmen an, die Welt sei von Grund auf falsch und elendig. Deshalb war für sie die Flucht aus der Welt die einzige Weisheit. Aber diese Welt ist Brahman, die Welt ist Gott, die Welt ist Satyam, die Welt ist Ananda. Falsch ist bloß die Fehldeutung der Welt durch unseren mentalen Egoismus; das einzige Elend ist unsere verkehrte Beziehung zu Gott in der Welt. Es gibt sonst nichts Falsches und nichts, dass Anlass gäbe zu klagen.

Gott erschuf die Welt in Sich durch Maya; die ursprüngliche, vedische Bedeutung von Maya ist jedoch nicht Illusion, sondern Weisheit, Erkenntnis, Vermögen, weite Ausdehnung des Bewusstseins. Prajna prasrta purani. Eine Allmächtige Weisheit erschuf die Welt; sie ist nicht der organisierte Missgriff eines Unendlichen Träumers. Eine allwissende Macht manifestiert sie oder hält sie in Sich oder Ihrer eigenen Wonne verborgen; sie ist keine dem freien und absoluten Brahman durch Seine eigene Unwissenheit auferlegte Fessel.

Wäre die Welt ein selbstauferlegter Alptraum Brahmans, so wäre es das natürliche und einzige Ziel unseres höchsten Strebens, daraus zu erwachen. Wäre das Leben in der Welt unwiderruflich mit Elend verbunden, dann wäre das einzige entdeckenswerte Geheimnis ein Mittel zur Flucht aus dieser Knechtschaft. Vollkommene Wahrheit im Weltdasein ist jedoch möglich, denn Gott sieht hier alle Dinge mit den Augen der Wahrheit. Vollendete Seligkeit in der Welt ist möglich, denn Gott freut sich aller Dinge im Bewusstsein unbeeinträchtigter Freiheit. Auch wir können uns dieser Wahrheit und Seligkeit erfreuen, die im Veda amrtam, Unsterblichkeit, genannt wird, wenn wir unser egoistisches Dasein abwerfen und aufgehen in vollkommener Einheit mit Seinem Wesen und somit einwilligen, die göttliche Wahrnehmung und die göttliche Freiheit zu empfangen.

Die Welt ist eine Bewegung Gottes in Seinem eigenen Sein. Wir sind die Zentren und Knotenpunkte des göttlichen Bewusstseins, die den Ablauf Seiner Bewegung zusammenfassen und tragen. Die Welt ist Sein Spiel mit Seiner eigenen selbstbewussten Freude – das Spiel dessen, der allein ist, der unendlich ist, frei und vollkommen. Wir sind die Selbstvervielfältigungen dieser bewussten Freude, die ins Sein ausgesandt wurden, um Seine Spielgefährten zu sein. Die Welt ist eine Formel, ein Rhythmus, ein System von Symbolen, durch das Gott Sich selbst Seinem eigenen Bewusstsein gegenüber zum Ausdruck bringt. Sie hat kein materielles Dasein, sondern existiert nur in Seinem Bewusstsein und als Sein Selbstausdruck. Gleich Ihm sind wir in unserem inneren Wesen Das, was zum Ausdruck kommt; in unserem äußeren Wesen aber sind wir Glieder jener Formel, Noten aus jenem Rhythmus, Symbole jenes Systems. Lasst uns Gottes Bewegung weiterführen, Sein Spiel zu Ende spielen, Seine Formel ausarbeiten, Seine Harmonie ausführen, Ihn durch uns in Seinem System zum Ausdruck bringen. Dies ist unsere Freude und unsere Erfüllung. Zu diesem Zweck sind wir, die wir über das Universum hinausreichen und es transzendieren, in die kosmische Existenz eingetreten.

 

Vollkommenheit gilt es zu erlangen, Harmonie zu verwirklichen. Unvollkommenheit, Begrenzung. Tod, Kummer, Unwissen, Materie sind nur die ersten Glieder der Formel – unverständlich bis wir die weiteren Glieder ausgearbeitet und die Formel neu interpretiert haben. Sie sind die anfänglichen Dissonanzen beim Stimmen der Instrumente. Aus Unvollkommenem müssen wir Vollendetes formen, aus Begrenzung die Unendlichkeit enthüllen, aus dem Tod heraus die Unsterblichkeit finden, aus Kummer die göttliche Seligkeit zurückgewinnen, aus Unwissen das göttliche Selbst-Wissen befreien, aus der Materie den Geist offenbaren. Dieses Ziel für uns und für die gesamte Menschheit zu erreichen ist das Anliegen unseres Yoga.

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Kapitel 4
Das vollständige Ziel des Yoga

Durch Yoga können wir uns aus Unwahrheit in die Wahrheit erheben, aus Schwäche in die Kraft, aus Schmerz und Kummer in die Seligkeit, aus Knechtschaft in die Freiheit, aus Tod in die Unsterblichkeit, aus Dunkelheit in das Licht, aus Verworrenheit in die Reinheit, aus Unvollkommenheit in die Vollendung, aus Selbst-Zersplitterung in die Einheit, aus Maya zu Gott. Jede andere Anwendung des Yoga geschieht spezieller und fragmentarischer Vorteile wegen, die zu verfolgen sich nicht immer lohnt. Nur was die Fülle Gottes zu besitzen zum Ziel hat ist Purna Yoga; der Sadhaka der Göttlichen Vollkommenheit ist der Purna Yogin.

Unser Ziel muss es sein, vollkommen zu sein wie Gott in Seinem Sein und Seiner Seligkeit vollkommen ist, rein zu sein wie Er rein ist, glückselig zu sein wie Er glückselig ist, und wenn wir selbst siddha im Purna Yoga sind, die ganze Menschheit zu derselben göttlichen Vollkommenheit zu führen. Es macht nichts, wenn wir unserem Ziel jetzt noch nicht gewachsen sind, sofern wir uns nur mit ganzem Herzen dem Versuch hingeben und dadurch, dass wir völlig darin aufgehen, ein noch so kleines Stückchen auf dem Weg vorankommen. Selbst das wird dazu beitragen, die Menschen aus dem Kampf und dem Zwielicht, dem sie jetzt unterworfen sind, in die leuchtende Freude zu führen, die Gott für sie vorgesehen hat. Doch wie auch immer unser augenblicklicher Erfolg aussehen mag, unser festes Ziel muss es sein, die ganze Reise zu vollenden und uns nicht zufrieden an irgendeinem Wegesabschnitt oder einem unzulänglichen Rastort niederzulassen.

Jeder Yoga, der uns völlig aus der Welt entfernt, ist eine zwar erhabene, aber enge Spezialisierung göttlicher Tapasya. Gott in Seiner Vollkommenheit umfängt alles; auch wir sollten deshalb allumfassend werden.

Gott in Seinem äußersten Sein jenseits aller Manifestation und Erkenntnis ist das Absolute Parabrahman. In Beziehung zur Welt ist Er das, was alles kosmische Dasein transzendiert, ob es dieses nun betrachtet oder sich davon abkehrt. Er ist es, der das Weltall enthält und erhält; Er ist es, der zum Weltall wurde: Er ist das Weltall und alles, was darin enthalten ist.

Ebenso ist Er die Absolute und Höchste Persönlichkeit, als welche Er im Weltall und als das Weltall spielt. Im Weltall scheint Er dessen Seele und Herr zu sein; als das Weltall scheint Er die Bewegung oder das Wirken des Willens des Herrn zu sein und zu allen subjektiven und objektiven Ergebnissen der Bewegung zu werden. Alle Zustände Brahmans, der transzendente, der enthaltende, der kosmische und der individuelle, sind erfüllt und getragen von der göttlichen Persönlichkeit. Er ist zugleich das Seiende und der Zustand des Seins. Wir nennen den Zustand des Seins das Unpersönliche Brahman, das Seiende hingegen das Persönliche Brahman. Ein Unterschied zwischen den beiden besteht jedoch nur für unser Bewusstsein; denn jeder unpersönliche Zustand hängt von einer offenbaren oder verborgenen Persönlichkeit ab und kann die in ihm enthaltene und von ihm verschleierte Persönlichkeit enthüllen, und jede Persönlichkeit knüpft an sich eine unpersönliche Existenz und kann in diese eintauchen. Das ist deshalb möglich, weil Persönlichkeit und Unpersönlichkeit nur unterschiedliche Zustände des Selbstbewusstseins in ein und demselben Absoluten Sein sind.

Philosophien und Religionen streiten sich über den Vorrang der verschiedenen Aspekte Gottes, und verschiedene Yogis, Rishis und Heilige haben der einen oder anderen Philosophie oder Religion den Vorzug gegeben. Es ist weder unsere Sache, über irgendeinen oder irgendeine von diesen zu debattieren, noch auf irgendeinen Aspekt unter Ausschluss der Übrigen abzuzielen; vielmehr sollten wir alle realisieren und zu allen werden und Gott in all Seinen Aspekten sowie jenseits aller Aspekte umfangen.

Gott, der in vielerlei Formen in die Welt herabgestiegen ist, hat auf dieser Erde die mentale und körperliche Form zur Vollendung gebracht, die wir Mensch nennen.

Durch das Spiel der alles regierenden Seele mit ihrem eigenen formgebenden Willen oder Shakti hat Er in der Welt einen Rhythmus des Daseins geschaffen, dessen niedrigster Ausdruck die Materie und dessen höchster das reine Sein ist. Das Mental und das Leben gründen sich auf der Materie (Manas und Prana auf Annam) und machen zusammen mit ihr die untere Hälfte der Weltexistenz aus (aparardha). Reines Bewusstsein und reine Seligkeit gehen aus dem reinen Sein hervor (Chit und Ananda aus Sat) und machen zusammen mit diesem die obere Hälfte der Weltexistenz aus. Reine Idee (Vijnana) steht als das Bindeglied zwischen beiden. Diese sieben Prinzipien oder Grundformen des Daseins bilden die Grundlage der siebenfachen Welt der Puranas (Satyaloka, Tapas, Jana, Mahar, Swar, Bhuvar und Bhur).

Die untere Hemisphäre in dieser Einteilung des Bewusstseins setzt sich aus den drei vyahrtis der Veden zusammen, Bhur, Bhuvar, Swar. Dabei handelt es sich um Zustände des Bewusstseins, in denen die Prinzipien der oberen Hemisphäre unter andersartigen Umständen zum Ausdruck gebracht werden oder versuchen, sich auszudrücken. Rein in ihrer ursprünglichen Heimat, sind sie in diesem fremden Land widernatürlichen, unreinen und gestörten Verbindungen und Wirkungsweisen unterworfen. Das endgültige Ziel des Lebens besteht darin, sich alles Widernatürlichen, Unreinen und Störenden zu entledigen und jene Prinzipien unter diesen andersartigen Umständen in vollkommener Weise auszudrücken. Unser Leben auf dieser Erde ist ein göttliches Gedicht, das wir in irdische Sprache übersetzen, oder eine Melodie, die wir in Worte übertragen.

Das Sein in Sat ist eins in der Vielfalt, ein Eines, das seine Vielfalt betrachtet, ohne davon verwirrt zu werden oder sich darin zu verlieren, und ebenso ist es eine Vielfalt, die sich eins weiß, ohne die Fähigkeit zu vielfältigem Wirken im Universum zu verlieren. Unter den Bedingungen des Mentals, des Lebens und des Körpers wird ahamkara geboren. Die subjektive oder objektive Form des Bewusstseins wird fälschlich als ein selbständiges Wesen angesehen, der Körper als eine eigenständige Wirklichkeit, das Ich als eine unabhängige Persönlichkeit. Das Eine verliert sich in uns in seiner Vielfalt, und wenn es seine Einheit wiederfindet, dann fällt es ihm wegen der Natur des Mentals schwer, das Spiel der Vielfalt beizubehalten. So geschieht es, wenn uns die Welt ganz in ihren Bann zieht, dass wir Gott an Sich verfehlen, und wenn wir Gott schauen, entgeht Er uns in der Welt. Unsere Aufgabe ist es, das mentale Ego zu zerbrechen und aufzulösen und zu unserer göttlichen Einheit zurückzukehren, ohne unsere Fähigkeit zu individueller und vielfältiger Existenz im Universum zu verlieren.

Bewusstsein in Chit ist leuchtend, frei, grenzenlos und unmittelbar wirksam. Wessen es als Chit (Jnana-Shakti) gewahr ist, das erfüllt es unfehlbar als Tapas (Kriya-Shakti); denn Jnana-Shakti ist die statische und umfassende, Kriya-Shakti die dynamische und intensive Form eines einzigen aus sich selbst leuchtenden Bewussten Seins. Sie sind ein und dieselbe Macht der bewussten Kraft Gottes (der Chit-Shakti des Sat-Purusha). In der unteren Hemisphäre, d.h. unter den Bedingungen des Mentals, des Lebens und des Körpers, wird jedoch das Licht des Bewusstseins in ungleiche Strahlen zerlegt, seine Freiheit wird durch Egoismus und unangemessene Formen behindert, seine Wirksamkeit wird durch das unausgeglichene Spiel der Kräfte verhüllt. Daraus ergeben sich Zustände von Bewusstheit, Unbewusstheit und falscher Bewusstheit, von Wissen, Unwissen und falschem Wissen, von wirksamer Kraft, Trägheit und wirkungsloser Kraft. Unsere Aufgabe ist es, durch Verzicht auf unsere geteilte und ungleiche individuelle Macht des Handelns und Denkens zugunsten der einen, ungeteilten und universellen Chit-Shakti Kalis unsere egoistische Handlungsweise durch das Wirken der universalen Kali in unserem Körper zu ersetzen und somit Blindheit, Unwissenheit und die letztlich wirkungslose menschliche Stärke gegen Wissen und die vollwirksame göttliche Kraft einzutauschen.

Freude in Ananda ist rein, unvermischt, eins und doch äußerst vielfältig. Unter den Bedingungen des Mentals, des Lebens und des Körpers wird sie zerteilt, begrenzt, verwirrt und fehlgelenkt. Außerdem bewirken die Zusammenstöße ungleicher Kräfte und die ungleichmäßige Verteilung des Ananda, dass sie der Dualität positiver und negativer Gefühlsregungen wie Kummer und Frohsinn, Schmerz und Vergnügen unterworfen wird. Unsere Aufgabe ist es, diese Dualitäten durch die Beseitigung ihrer Ursachen aufzuheben und in das Meer der göttlichen Seligkeit einzutauchen, die eins ist, mannigfaltig und gleichmäßig verteilt (sama), die sich an allem erfreut und vor nichts schmerzhaft zurückschreckt.

Kurzum, wir haben die Dualitäten durch Einheit zu ersetzen, den Egoismus durch das göttliche Bewusstsein, die Unwissenheit durch die göttliche Weisheit, das Denken durch die göttliche Erkenntnis, Schwäche, Kampf und Anstrengung durch die sich selbst genügende göttliche Kraft, Schmerz und trügerisches Vergnügen durch die göttliche Seligkeit. Dies wird in der Sprache Christi die Herabkunft des Himmelreichs auf die Erde und in moderner Sprache die Verwirklichung Gottes in der Welt genannt.

Hier auf Erden ist der Mensch die für dieses Aufwärtsstreben und seine göttliche Erfüllung vorgesehene Lebensform. Alle anderen Lebensformen brauchen es entweder nicht oder sind dazu unfähig, es sei denn, sie nähmen die menschliche Natur an. Die Besitznahme der göttlichen Fülle ist deshalb das einzige wirkliche Ziel des Menschen. Sie muss im Einzelnen vollzogen werden, damit sie in der gesamten Menschheit vollzogen werden kann.

Der Mensch ist ein mentales Wesen in einem lebenden Körper; seine Grundlage ist die Materie, sein Zentrum und Werkzeug das Mental und sein Ausdrucksmedium das Leben. Das ist die Beschaffenheit des durchschnittlichen oder natürlichen Menschen.

In jedem Menschen liegen jedoch die vier höheren Prinzipien verborgen (avyakta). Mahas, reine Idealität in Vijnana, ist kein vyahrti, sondern der Ursprung aller vyahrtis. Es ist gleichsam die Bank, von der das mentale, vitale und körperliche Handeln abheben, um deren unendlichen Reichtum gegen das Kleingeld der niederen Existenz einzutauschen. Vijnana ist das Bindeglied zwischen dem göttlichen Status und dem menschlichen Tier. Es ist deshalb für den Menschen das Tor des Entrinnens in das übernatürliche oder göttliche Menschentum.

Die tieferstehende Menschheit gravitiert vom Mental abwärts zum Leben und zum Körper. Die durchschnittliche Menschheit weilt stets in einem vom Leben und vom Körper eingeschränkten und auf diese ausgerichteten Mental. Die höhere Menschheit tendiert aufwärts entweder zu einer idealisierten Mentalität oder zur reinen Idee, zur direkten Wahrheit der Erkenntnis und zur spontanen Wahrheit des Seins. Die höchste Menschheit schwingt sich zur göttlichen Seligkeit empor, woraufhin sie entweder von dieser Ebene weiter aufsteigt zu reinem Sat und Parabrahman oder dort verweilt, um ihre niederen Glieder mit Seligkeit zu erfüllen und um dieses menschliche Dasein in sich selbst und anderen zur Göttlichkeit zu erheben.

 

Der Mensch, der den Schleier zerriss und in der höheren oder göttlichen und gegenwärtig verborgenen Hemisphäre seines Bewusstseins lebt, ist der wahre Übermensch und das letzte Erzeugnis jener fortschreitenden Selbstoffenbarung Gottes in der Welt oder des Geistes aus der Materie, die wir heute das Evolutionsprinzip nennen.

Sich in das göttliche Sein, die göttliche Kraft, das göttliche Licht und die göttliche Seligkeit zu erheben und das ganze weltliche Dasein in diese Form umzugießen, dies ist das höchste Anliegen der Religion und das ganze eigentliche Ziel des Yoga. Es besteht darin, Gott im Weltall zu verwirklichen, doch kann dies nicht geschehen ohne Gott zunächst außerhalb des Weltalls zu verwirklichen.

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