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NEUNZEHN





Zurück im Büro fand ich zwar nicht meine beiden Chefs, dafür aber einen vollen Schreibtisch. Angesammelt hatten sich ein paar Seiten handgeschriebener Notizen von Andreas und ein Stapel der noch offenen Vermisstenakten der letzten Jahre, die eine Verbindung zu den aktuellen Fällen haben könnten. Ich rief Andreas an.



„Hallo. Ich bin wieder zurück. Leider hat mir Stefan Oberste den Obduktionsbericht nicht gegeben und mir auch nichts über den Inhalt verraten. Ruf ihn besser selbst an. Oder sprich mit Carlo – vielleicht kann er Dir sein blödes Vorgehen erklären.“



„Da könnte ich ausrasten!“, hörte ich ihn in den Hörer brüllen. Er war wirklich sehr wütend und es klang, als hätte er das ganze Telefon mit dem Frust über die stockenden Ermittlungen in die Ecke geschmissen. Ich musste mich erst mal schütteln, bevor ich weitermachen konnte. Obwohl ich genau wusste, dass er mit seinem Ausbruch diesmal nicht mich meinte, fühlte ich mich wieder angegriffen und brauchte ein paar Minuten, um mich zu beruhigen. Aber die Zeit drängte und für Befindlichkeiten gab es keinen Raum. Zuerst setzte ich mich daran, den Bericht zu verfassen.



Das Schreiben war definitiv meine Stärke und hatte mir im Bewerbungsverfahren durch meine Arbeitsprobe einen großen Vorsprung zu den zahlreichen Mitbewerbern verschafft, die scharf auf den Posten waren. Gelegentlich wurden sogar Auszüge oder ganze Texte für Presseberichte weiterverwendet. Bevor ich gedanklich und selbstverliebt abdriftete und mich schon als Pressesprecherin der Polizei Köln sah, holte ich mir noch einen Kaffee aus unserem wunderbaren Kaffeeautomaten, der das Heißgetränk auf Knopfdruck schäumend in meinen Becher tröpfelte. Er lief durch, wie eine zu schnell eingestellte Infusion und duftete wundervoll. Wie beim Italiener. Bei geschlossenen Augen begab ich mich gedanklich in die Bar Fondi in Rom, lauschte dem Palaver der Einheimischen und genoss den Geschmack des Espressos, wie ihn nur die Italiener rösten. Und schon hatte ich die Ansage von Andreas vergessen. Mehr oder weniger jedenfalls.



Vor seinem Ausraster hatte er seine eigenen Gedanken auf verschiedenen Zetteln notiert. Einer davon klebte jetzt an meinem Bildschirm: „TOWER FLUGHAFEN!!!“ Er wollte wohl die Fluglotsen dort nach Auffälligkeiten der letzten Wochen befragen. Zumindest war das meine Interpretation seines Hinweises und machte im Hinblick auf den Fundort auch Sinn. Häufig wurden aus der Vogelperspektive, und das bot der Tower mit seiner Gesamthöhe von 56 Metern definitiv, Situationen wahrgenommen, die dem normalen Beobachter verborgen blieben. Ich tippte die Notizen ab, formulierte sie und brachte den Bericht in Form. Bis auf ein paar kleine Änderungen übernahm Andreas diesen Entwurf und stellte ihn zur elektronischen Akte, die auch alle anderen Kollegen mittels Kennwort einsehen konnten. Es war wichtig, und das war mir von Anfang an eingebläut worden, dass alle immer einen einheitlichen Wissensstand hatten und jeder Mitwirkende jederzeit auf vorhandene Informationen zugreifen konnte. Egal wo und wer man im Team war.







ZWANZIG





Auf einem weiteren gelben Post-it hatte Andreas in Großbuchstaben „MIETWAGEN“ gekritzelt. Der Zettel klebte unübersehbar mitten auf meinem Bildschirm, der im Übrigen voll von diesen Dingern war. Wie das Pickelgesicht eines 16-Jährigen in der Blütezeit der Pubertät. Ein Arbeiten mit diesem PC war nicht möglich, ohne die Zettel abzunehmen und alle Punkte wegzuarbeiten. Ein paar Unklarheiten blieben und ich ging drei Zimmer weiter in das Büro von Andreas, um ihn zu fragen. Als wäre nichts gewesen, saß er innerlich aufgeräumt an seinem Schreibtisch und war die Ruhe in Person.



„Du musst die am Flughafen ansässigen Autovermieter aufsuchen und Dir die Listen der regelmäßigen Mieter der letzten 12 Monate geben lassen.“



„Okay und dann?“



„Schau sie Dir an und mach daraus eine, auf der nur noch diejenigen stehen, die mehr als einmal ein Fahrzeug gemietet haben. Und das machst Du bei allen Firmen und vergleichst auch diese miteinander auf Parallelbuchungen.“



Das macht Sinn

.



„Zieh denen alles aus der Nase. Wirklich alles. Und notier es – auch wenn es Dir nicht wichtig erscheint.“



Gespräche mit den Fluglotsen im Tower würde Andreas selbst übernehmen. Er begeisterte sich für die Fliegerei und liebte Besuche im Tower. Der Eingang war allerdings so ohne weiteres nur wenigen Menschen vorbehalten und ein freier Zugang für Bürger ausschließlich im Rahmen eines „Tag der offenen Tür“ möglich. Und dafür gab es in der Regel meterlange Wartelisten. Offenbar interessierten sich viele Menschen für das Wirken dort oben und Technikfreaks schauten den Lotsen gerne über die Schultern. Da Andreas einen der Beschäftigten gut kannte, stand er hin und wieder mit auf dieser Liste und konnte seinem Hobby frönen. Aber so, mit beruflicher Notwendigkeit, war es natürlich einfacher. Es war zwar nicht zu erwarten, dass die Lotsen etwas gesehen hatten, manchmal jedoch meldeten Piloten Auffälligkeiten, die sie im Landeanflug aus geringer Höhe wahrnahmen. Hier und da hatte es zum Beispiel in der Region kleinere Flächenbrände gegeben, die dadurch rechtzeitig bemerkt und gelöscht werden konnten.



Die Befragung dort überließ ich gerne meinem Chef. Mir schien die Arbeit in einem Tower ohnehin zu unruhig, als dass ich mich in dem kleinen Raum, den sich bis zu sechs Lotsen pro Schicht teilten, wohlfühlen könnte. Und mit den verschiedenen, gleichzeitig zu beobachtenden Bildschirmen pro Arbeitsplatz, viel zu technisch. Also recherchierte ich deutlich lieber die Mietwagenanbieter und nahm mir meinen Besuch dort für morgen Vormittag vor. Vielleicht hatte ich dann sogar Zeit, im Flughafengebäude zu frühstücken und konnte mich bei einem Latte macchiato im Bistro Leysieffer auf den Spirit des Gebäudes einlassen. Hier würde ich mich deutlich wohler fühlen.



Ich liebte es, die Menschen auf ihren persönlichen Reisen und dem Weg dorthin zu beobachten. Manche liefen hektisch die Gänge entlang, um noch rechtzeitig einzuchecken. Einige hatten alle Zeit der Welt, weil sie dem Flughafen einfach nur einen Besuch abstatteten oder sich Stunden vor dem Check-in auf den Weg gemacht hatten. Andere wiederum gingen ihren Berufen nach. Das Flughafenpersonal an erster Stelle, aber natürlich auch Piloten oder Stewardessen. Meistens zogen sie in einer Gruppe durch die Abflughalle und trugen sehr coole Sonnenbrillen. Weil sie glaubten, sie seien sehr cool. Dass bei dem einen oder anderen genau das Gegenteil der Fall ist, hatte ich allerdings nach einem One-Night-Stand mit einem Co-Piloten erfahren müssen. Ich war mit einer Gruppe Mädels morgens gegen sechs Uhr von Köln nach Mallorca geflogen, um den Junggesellinnenabschied meiner besten Freundin am Ballermann zu feiern. Das hatten wir auch getan. Ausgiebig. Und auf dem Rückflug, am selben späten Abend, war ich die Einzige meiner zwölfköpfigen Reisegruppe gewesen, die einigermaßen nüchtern war. Deshalb blieb es mir auch nicht verborgen, dass besagter Co-Pilot bei seinem Gang ins Flugzeuginnere auf dem Weg zur Bordtoilette über seine obercoole Ray-Ban schaute und Augenkontakt zu mir suchte. Und fand. Mit unwiderstehlichem Blick schaute er mir erst in die Augen und checkte binnen Sekunden den Rest. Genauer betrachtete er meine Körperregionen dann zumindest zu Beginn der folgenden Nacht, die wir spontan im Holiday Inn am Flughafen verbrachten. Was vielversprechend begann, entpuppte sich schnell zum gewöhnlichen Einerlei. Ich war schon genervt, als er statt mir und sich die Kleider vom Leib zu reißen, fein säuberlich jedes Teil seiner Uniform über den stummen Diener hängte. Sogar Socken und Unterhose. Seine körperliche Ausdauer reichte gerade mal für einen Orgasmus, nämlich seinen. Und nach nur wenigen Sekunden war alles schon wieder vorbei. Danach schlief er ein, schnarchte durch seine offenbar verstopfte Nase, die ich mir ob seines Mundgeruchs auch gewünscht hätte, und ließ sich durch nichts mehr aus der Nachtruhe bringen. Um wenigstens dem Schnarchen ein Ende zu bereiten, hätte ich ihm gerne die Nase immer mal wieder zugehalten. Die Versuchung war wirklich groß gewesen, aber die Angst, den schleimigen Glibber berühren zu müssen oder dass der mir dabei unter den Händen wegstirbt, war zu groß. Statt einfach zu gehen, ärgerte ich mich die ganze Nacht neben ihm und starrte für 109 Euro ohne Frühstück endlose Stunden lang die Zimmerdecke an.



Also schnell wieder ins Hier und Jetzt.



„Ist noch was?“, fragte Andreas, dem ich wohl eine Spur zu lange verharrt hatte.



„Nein, entschuldige. Ich habe nur nachgedacht“, rechtfertigte ich mich und verließ das Zimmer exakt auf dem Weg, den ich gekommen war. Wir warteten auf Oliver Neyer. Jeder in seinem eigenen Büro und mit seinen eigenen Gedanken. Ich wurde um 16.50 Uhr von unserer Pförtnerin Evelin Patsch über seine Ankunft informiert.



„Hallo Sara, Herr Neyer ist hier. Kommst Du ihn abholen oder soll ich ihn zu Euch rauf schicken?“



„Danke Evelin, ich komm ihn abholen. Bis gleich.“



Mit etwas mehr Zeit, hätten sie und ich jetzt ein wenig geplaudert. Wir kannten uns von den täglichen Begegnungen beim Betreten und Verlassen des Präsidiums und auch von der Karnevalsparty. Karneval verbindet eben. Er brachte die Menschen zusammen. Bildete Freundschaften oder Paare und es kam nicht selten vor, dass gut neun Monate nach Rosenmontag kleine Narren auf die Welt kamen.



Ich verzichtete auf den Aufzug und lief durch das Treppenhaus nach unten, um Oliver Neyer abzuholen. Er war sehr viel verschlossener und zurückhaltender als bei unserem ersten Treffen vor nur wenigen Stunden. Auf seinen Anruf und die Nachricht auf meiner Mailbox ging ich nicht mehr ein und brachte ihn ohne weiteren verbalen Zwischenfall in einen unserer Besucherräume, wo ich ihn über den Ablauf im Einzelnen informierte.

 



„Warten Sie bitte hier, Herr Neyer. Mein Kollege kommt Sie gleich abholen und wird mit Ihnen nach unten gehen.“



Wie abgesprochen, ließen wir ihn dann etwa zehn Minuten warten und über eine Kamera beobachten. Außer, dass er sich imaginär die Nägel reinigte und überschüssige kleine Hautfetzen von den Rändern des Nagelbettes abkaute, gab es nichts zu sehen. Wenigstens bohrte er nicht in der Nase. Frank Labonte übernahm die Leichenschau und begleitete Herrn Neyer in Halle 1 im Untergeschoss – wo unsere Toten aufbewahrt wurden, bis sie auf ihre letzte Reise gingen. Bei zwei Grad. Für ein Einfrieren zu warm und für die Beschleunigung des Verwesungsprozesses zu kalt. Es war demnach nicht davon auszugehen, dass sich ihr optischer Zustand noch weiter verschlechtert oder dramatisch verändert hatte. Schon nach ungefähr 10 Minuten waren die beiden wieder im Büro und berichteten Andreas und unserem Polizeipräsidenten vom Ergebnis. Es handelte sich definitiv um Lena Grimm, 42 Jahre alt, geboren in Siegburg, verschwunden vermutlich Anfang März – aufgefunden ungefähr sechs Wochen später. Tot. Oliver Neyer war immer noch geschockt, das konnte man ihm ansehen.



„Ich habe noch nie einen toten Menschen gesehen“, sprach er in den Raum, ohne mit jemandem Blickkontakt aufzunehmen. Schweißperlen hatten sich auf seiner hohen Stirn und oberhalb der Lippe gebildet, weshalb ich ihm vorsorglich einen Stuhl zuschob. Er sackte sofort hinein, blieb dankbar sitzen und für den Rest der Befragung sprachlos, sodass Frank für ihn das Wort übernahm.



„Herr Neyer konnte sie anhand ihrer ca. 15 cm langen Kaiserschnittnarbe und dem darüber gestochenen Tattoo ‚Louisa‘ zweifelsfrei identifizieren“, übernahm Frank die Zusammenfassung. Das hieß, dass Herr Neyer sie definitiv auch unbekleidet kennen musste, was ihn natürlich in unseren Fokus setzte und spontan zu meinem persönlichen Verdächtigen Nr. 1 machte. Trotz seiner gezeigten Erschütterung.



„Sie hat vor fünf Jahren ihr ungeborenes Kind im neunten Monat bei einem Autounfall verloren. Ihr Bauch war auf dem Fahrersitz zwischen Sitz, Airbag und Armaturen eingeklemmt worden. Die Ärzte in der Uni-Klinik hatten wohl noch versucht, es per Kaiserschnitt lebend auf die Welt zu holen. Aber Louisa war regelrecht im Mutterleib zerquetscht worden. Ihr kleiner Brustkorb hatte sich komplett nach innen verschoben und nahezu alle Organe zum Versagen gebracht. So, als hätte sie keine Rippen“, wiederholte Frank, das was Herr Neyer ihm in den wenigen Minuten erzählt hatte.



„Frau Grimm hatte wohl gerade erst begonnen, die Ereignisse von damals hinter sich zu lassen“, gab Frank weiter, was Oliver Neyer wie unter Schock zu Protokoll gegeben hatte. Dieser nickte kaum merklich und kauerte mit gesenktem Kopf immer noch auf unserem Bürostuhl. Jetzt trat auch mir kalter Schweiß aus allen Poren und ich beneidete ihn um die Sitzgelegenheit, die er nicht zu verlassen beabsichtigte. Ich musste standfest bleiben und hielt mich mit der rechten Hand an der Schreibtischplatte fest.



Wir waren alle merkbar geschockt und empfanden tiefes Mitgefühl. Für Lena, aber auch für Herrn Neyer.



„Schrecklich!“, meinte Andreas und man konnte ihm anmerken, dass er sofort wieder in sein eigenes Schicksal abdriftete.



„Vielleicht war Neyer der Vater des ungeborenen Kindes und sie hatten sich über irgendetwas gestritten, was dann eskalierte“, überlegte Frank, als Herr Neyer nach der Toilette gefragt hatte und wir für einen kurzen Augenblick allein im Büro waren. Andreas schaute ihn scharf an und teilte die Auffassung offensichtlich nicht. So oder so war es für eine Vorverurteilung zu früh und wir mussten versuchen, an diesem Punkt neutral zu bleiben, bis sich gegebenenfalls ein konkreter Verdacht abzeichnete. Für einen Haftbefehl würde diese Annahme alleine nie und nimmer ausreichen. Herr Zartmann, unser zuständiger Staatsanwalt, würde nur müde lächeln. Da uns der Todeszeitpunkt von Frau Grimm unbekannt war, machte es auch keinen Sinn, Herrn Neyer nach einem Alibi zu fragen. Als Frank ihn zum Ausgang begleitete, bat er ihn, für weitere Fragen unbedingt erreichbar zu bleiben.



„Jetzt wissen wir definitiv, dass es Lena Grimm ist.“ Andreas ging schnell zur Normalität über und nahm mich ran. „Sara, sichte bitte alle Fakten im Hinblick auf Parallelen zu anderen Fällen – auch bundesweit. Und versuch, so viel wie möglich über sie und ihr Leben herauszubekommen.“



Wie aufregend – ich durfte endlich tief in die Theorien der Ermittlungen einsteigen. Ich freute mich so sehr, dass Andreas meinte:



„Sara, ganz ruhig. Wir befördern Dich nicht gleich zur Polizeipräsidentin. Das ist eine ganz normale Unterstützung, der wir uns bedienen und die wir von Dir erwarten!“



Ok!

 Ich war sofort wieder geerdet, wurde knallrot und machte mich schamerfüllt an die Arbeit.



„Ist schon gut, Andreas. Ich freu mich doch nur, dass ich endlich das tun kann, worauf ich so lange gewartet habe.“



Taktvoll ignorierte er, was ich sagte und ging nicht wieder auf das Thema ein.



„Ach ja und informier‘ die Presseabteilung. Sie sollen die Identifizierung bestätigen und veröffentlichen!“, rief er mir hinterher, als er mehr oder weniger schon auf dem Flur verschwunden war.







EINUNDZWANZIG





Nach dem Auffinden von Nummer Zwei hatte er es dann doch ziemlich schnell in die Tagespresse geschafft. Natürlich nicht er selbst – aber sein Opfer. Genauso hatte er das gewollt. Sie sollte gefunden werden und vor allem noch als Lena Grimm zu identifizieren sein. Bravo Kripo! Da hatten sie mal rasch ermittelt und gute Arbeit geleistet. Gerade war die Identifizierung bestätigt und ihr Name öffentlich gemacht worden. Im Weiteren erbat sich die Polizei die Mithilfe der Bevölkerung, um Ermittlungsansätze zu erheben. Sie tappten im Dunkeln. Für ihn eine weitere Genugtuung. Zufriedenheit machte sich breit und schickte Millionen Endorphine durch seinen Körper, denn der fehlende Triumph bei seiner ersten Leiche war schlimm genug gewesen und hatte ihn wochenlang verzweifelt sein lassen. Das war nun Balsam auf seine geschundene Seele.



In ihrem Bericht wies die Kripo auf die Fundstelle und ihre Nähe zum Auffindungsort der Knochen hin – von einem möglichen Zusammenhang schrieben sie nichts. Noch nicht! Dass das Opfer laut dem Bericht nur leicht bekleidet gewesen war und keine Wäsche trug, war für ihn nicht neu. Als er sie traf, war er ebenfalls verwundert über ihr Sommerkleidchen, bei den doch empfindlichen Außentemperaturen – da trug sie aber immerhin noch ihre Wäsche, die er später als eine Art Trophäe mitgenommen hatte. Die Erinnerung an den Moment, als er seine Nase in ihren Schlüpfer steckte, erregte ihn auch jetzt noch. Daran merkte er, dass sich zu seinem eigentlichen Motiv inzwischen auch perverse Strukturen gesellt hatten und ein unkontrollierbar gewordener Trieb mehr und mehr Einfluss auf seine Taten nahm. Rache, Lust, Rache, Lust, Rache, Lust … Seine Vorfreude auf Opfer Nummer Drei strahlte Wärme durch seinen ganzen Körper und verharrte sichtbar im Zentrum. Die Erektion half ihm für einen Moment über die Sehnsucht auf seine nächste Auserwählte. Von der toten Nummer Eins waren nur Knochen übriggeblieben, als man sie nach einer gefühlten Ewigkeit fand. Ein paar Reste hatte er selbst noch bei der Entsorgung von Lena Grimm entdeckt.



Als er ihren Körper vom Auto zu ihrem vorgesehenen Platz geschleppt hatte, waren mehrere Pausen nötig geworden, da der Weg schwer zugänglich war und die wieder erschlaffte Leiche ihr Gewicht gefühlt verdoppelt hatte. Er war ins Sperrgebiet eingedrungen und hatte Umwege und Hindernisse in Kauf genommen, um sie schließlich doch am Rande eines offiziellen Weges abzulegen. Durch die Wahl dieser Route war er zwar das Risiko eingegangen, einer Mine zum Opfer zu fallen – er vermied dadurch aber, zu viele sofort erkennbare Spuren von sich zu hinterlassen, die der Polizei helfen konnten, aufmerksam zu werden und schon jetzt eine Verbindung zu ihm herzustellen. Zu einer Zeit, wo noch viel vor ihm lag. Unvorstellbar, wenn er gerade jetzt daran gehindert werden würde. Er musste professionell bleiben und immer auf der Hut sein. Mehr denn je. Im Zweifel Unwägbarkeiten, wie den gewaltigen und gefährlichen Umweg durch das Sperrgebiet, hinnehmen. Dabei war er immer mal wieder auf Knochen gestoßen. Er wusste genau, wem sie gehörten und dass diejenigen, die hier herumlagen, in der Schublade in Köln fehlten. Die schlampige Arbeit der Polizei war seiner unwürdig und machte ihn wütend. Sehr wütend. Definitiv hatten sie nicht alle Knochen gefunden. Mindestens vier Rippen und die linke Schulter mussten dem Gesamtwerk gefehlt haben. Er hasste es, dass sie so gleichgültig waren. Sie ließen ihm und seinen Opfern nicht die notwendige Aufmerksamkeit zukommen.



Wäre der Journalist nicht gewesen, der voller Stolz und triumphierend den Skalp in die Kamera gehalten hatte, hätte Nummer Eins nie und nimmer für eine Story im EXPRESS gereicht. Aber genau darum ging es doch. Um die öffentliche Demütigung der Frauen, wenn sie gefunden und zur Schau gestellt wurden. Am liebsten wäre ihm, sie könnten es noch fühlen. Die scheinheiligen Damen. Genau das m

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