Das große Buch der Affirmationen

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Was aber passiert, wenn wir unseren inneren Grundzustand von „traurig“ zu „zuversichtlich“ ändern möchten, indem wir bewusst häufiger „Ich schaffe das schon“ zu uns sagen? Dann bekommen unsere Zellen ihre tägliche Dosis an vertrauten Chemikalien nicht. Da der Körper immer auf die Erhaltung seines Gleichgewichtes ausgelegt ist, schicken die Zellen eine Botschaft über das Rückenmark an das Gehirn, indem sie ihm sagen, dass sie diese gewohnten Chemikalien brauchen. Das Gehirn fängt dann an, Bilder zu produzieren, zum Beispiel von traurigen Erfahrungen in unserem Leben, und wir beginnen, darüber nachzudenken, warum wir so traurig sind. Das Gehirn aktiviert vergangene Erinnerungen und Erfahrungen und sendet diese an den Frontallappen, um den Körper dazu zu bringen, die gewünschten Chemikalien herzustellen. Die Folge davon ist eine endlose Feedback-Schleife von den Organen zum Gehirn und zurück. Unser internes Dauergespräch – der stete Strom an Bildern, Stimmen, Erinnerungen, halb- oder unbewussten Gedanken – dient also dazu, unsere Chemikalien auf dem vertrauten Level zu halten. Paradoxerweise ist es dabei egal, ob wir das Gefühl mögen oder nicht.

Wenn wir beschließen, etwas Neues zu denken, zu fühlen oder zu tun, dann reagiert der Körper mit einem Gefühl des Unbehagens (eine Art Entzugserscheinung) und der Irritation. Je unbewusster wir sind, desto stärker bestimmt der Körper unseren Geist. Wenn man aber diesen Mechanismus kennt und weiß, dass viele unserer Grundzustände „lediglich“ biochemische Gewohnheiten und nicht eine angemessene Reaktion auf die Realität sind, dann fällt es sehr viel leichter, diesen Kreis zu durchbrechen und eine neue biochemische Gewohnheit, z.B. der Zuversicht, zu entwickeln. Ich persönlich habe auch die Erfahrung gemacht, dass EFT diesen Prozess sehr erleichtert und wenig oder keine „Entzugserscheinungen“ bei diesem Übergang entstehen lässt.

Gene/Genexpression

Aber Gedanken und Einstellungen wirken nicht nur auf unser neurologisches und biochemisches System, sondern auch auf unsere Gene. Das ist eine relativ neue Erkenntnis. Während die Forschung früher davon ausgegangen ist, dass Gene unser Leben weitgehend bestimmen, wurde in den 1990er-Jahren der Beweis erbracht, dass die Erfahrungen, die wir machen, und die Umwelt, in der wir leben, auf die Gene eines Organismus zurückwirken. Das heißt, dass Gene auch durch Einstellungen und Erfahrungen an- und abgeschaltet werden und damit sehr viel flexibler sind, als bisher angenommen. Gene sind sozusagen das Eröffnungsangebot der Natur, bei dem wir aber viel mehr Verhandlungsspielraum haben, als wir dachten.

Der Forscher und Autor Dr. Dawson Church schreibt dazu in seinem Buch Die neue Medizin des Bewusstseins:

„Ein Faktor, der beeinflusst, welche Gene aktiv sind, sind unsere Erfahrungen, und das ist völlig unvereinbar mit der Doktrin des genetischen Determinismus.

Doch unsere Erfahrungen an sich sind nur ein Teil der Erklärung: Wir nehmen die Fakten und Erfahrungen wahr und schreiben ihnen eine Bedeutung zu. Welche Bedeutung wir ihnen mental, emotional und spirituell verleihen, ist oft ebenso wichtig für die Genaktivierung wie die Tatsache an sich. Wir stellen nämlich fest, dass die Gene im Einklang mit unserem Bewusstsein „tanzen“. Gedanken und Gefühle schalten Gengruppen in komplexen Mustern an und ab. Forscher entdecken derzeit, dass wir zwar eine festgelegte Gensequenz in unseren Chromosomen haben, doch welche dieser Gene aktiviert werden, hat viel mit unseren subjektiven Erfahrungen zu tun und damit, wie wir diese verarbeiten.“ (Church: Die neue Medizin des Bewusstseins, S. 23 f.)

Und der Forscher Dr. Carl Ratner von der Humboldt State University schreibt:

„Gene können einfache körperliche Merkmale wie die Augenfarbe direkt festlegen. Psychische Merkmale bestimmen sie jedoch nicht direkt. Für Letztere liefern Gene nur eine verstärkende Grundlage.“ (Ratner: „Genes and Psychology in the News“, in: New Ideas in Psychology, 2004)

Wir sind damit nicht mehr festgelegt auf die Fähigkeiten, aber auch Einschränkungen unserer Eltern und Großeltern, sondern können durch unsere Einstellungen und unser Bewusstsein aktiv etwas für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit tun.

Welche Auswirkungen haben unsere Programme auf uns und unser Leben?

Sehen wir uns jetzt noch einmal etwas genauer an, welche Folgen diese Programme für uns und unser Leben haben.

Das erste Problem, das durch unser „Leben auf Autopilot“ entsteht, ist Unbewusstheit. Das heißt, wir haben keine oder kaum willentliche Kontrolle über das, wer oder was wir sind. Wir funktionieren auf der Basis eines oft schon ziemlich veralteten Betriebssystems, das sehr viele negative Botschaften über uns und die Welt enthält. Diese Selbstbeschränkungen sind dafür verantwortlich, dass wir unsere Wünsche, Träume und Ziele und damit uns selbst nur eingeschränkt verwirklichen können und oft gar nicht wissen, wer wir wirklich sind. Und je unbewusster wir sind, desto schwieriger sind Veränderungen – dafür müssen wir ja zuerst bemerken, dass etwas nicht in Ordnung ist, und dann, was genau es ist und wie es zustande kommt. Das erfordert Bewusstsein. Solange wir unbewusst sind, merken wir zwar unterschwellig oder über den Körper bzw. äußere Situationen, dass etwas nicht stimmt, können es aber nicht ausdrücken und auch nur sehr schwer etwas daran ändern.

Ein zweites Problem, das durch das „Leben auf Autopilot“ entsteht, ist die Tatsache, dass viele unserer Programme nicht gut für uns sind. Zum einen, weil sie, wie gesagt, sehr viele negative Botschaften über uns und die Welt enthalten, die uns in unserer Entfaltung sehr einschränken, und zum anderen, weil sie oft nicht unserer eigenen Wahrheit entsprechen. Anders als beispielsweise Tiere müssen wir nicht alles durch direkte Erfahrung lernen, sondern können das Wissen und die Erfahrung anderer Mitglieder unserer Art übernehmen. Das ist für Sachinformationen wie das Bedienen eines Computers oder Telefons sehr sinnvoll, kann aber bei Einstellungen, Meinungen, Wahrnehmungen und Konzepten schwierig sein. Denn was ist, wenn diese Einstellung falsch ist oder nicht unserer Wahrheit entspricht? Dann wird unser Gehirn mit Fehlinformationen gefüttert. Und da wir in dem jungen Alter, in dem wir hauptsächlich vom Weltwissen anderer lernen, noch nicht überprüfen können, ob dieses Wissen gut für uns ist, haben wir eine Menge unüberprüfter, problematischer und widersprüchlicher Programme im Unterbewusstsein gespeichert, auf die wir immer wieder automatisch zurückgreifen.

Ein weiteres Problem ist, dass die neurologische Verarbeitungskapazität des Unterbewusstseins der des Bewusstseins haushoch überlegen ist. Während das Unterbewusstsein mehr als 20 Millionen Bits an Informationen in der Sekunde verarbeiten kann, sind es im Bereich des bewussten Wahrnehmens gerade mal 40. Wenn also unsere bewussten Wünsche den Programmen des Unterbewusstseins widersprechen, gewinnt immer das Unterbewusstsein. Das ist auch der Grund dafür, warum Affirmationen oft nicht funktionieren. Sie funktionieren dann, wenn das unterbewusste Programm und der bewusste Wunsch übereinstimmen, d.h. wir kongruent sind. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns zuerst mit unseren Programmen beschäftigen, bevor wir anfangen, mit neuen Zielen und Affirmationen zu arbeiten. Sonst können wir uns tausendmal sagen, dass wir liebenswert sind oder kein Asthma mehr haben – wenn uns als Kind immer wieder gesagt oder unterschwellig vermittelt wurde, dass wir wertlos und schwächlich und der Welt nicht gewachsen sind, wird das Unterbewusstsein alle bewussten Bemühungen untergraben. Das tut es nicht, weil es fies ist oder uns schaden möchte, sondern weil wir bei inneren Widersprüchen immer auf alte, vertraute Programme zurückgreifen.

Die biochemischen Folgen unserer unbewusst ablaufenden Programme – vor allem der negativen – für unseren Organismus haben wir weiter oben ja schon behandelt. Die chemische Signatur von Angst und Selbstablehnung ist eine ganz andere als die von Mitgefühl oder Selbstachtung, und das, was wir unbewusst gewohnheitsmäßig denken, verursacht unseren biochemischen Grundzustand. Negative Programme halten uns in Angst und Anspannung und verursachen chronischen Stress, während positive, auf Lösungen und Selbstunterstützung ausgerichtete Programme das Immunsystem stärken und die Zellgesundheit fördern (einmal abgesehen von dem vollkommen anderen Lebensgefühl, der dadurch entsteht).

Der letzte Punkt, auf den ich hier noch kurz eingehen möchte, ist der der unbewussten Resonanz. Je unbewusster wir sind, desto stärker werden wir von außen bestimmt. Jeder Reiz löst dann eine vorprogrammierte, reflexartige Reaktion aus und wir sind der Gnade der jeweiligen Umgebungsreize ausgeliefert. Natürlich sind äußere Bedingungen sehr wichtig dafür, ob wir uns wohlfühlen oder nicht, aber letzten Endes bestimmt das Bewusstsein unseren Zustand.

Je klarer, sortierter und „aufgeräumter“ wir werden, je klarer wir unsere bewusste Aufmerksamkeit auf etwas richten können, desto stärker wird die bewusste Resonanz. Wir haben nicht mehr so viele Knöpfe, die die Umgebung drücken kann und unsere eigene Resonanz wird kongruenter und dadurch stärker (es gibt nicht mehr die vielen „Ja-Nein-Vielleicht“-Stimmen in uns, sondern nur noch ein klares Ja oder Nein). Auf diesen Punkt gehe ich später bei Resonanz/Isomorphismus noch einmal genauer ein.

Fassen wir noch einmal kurz zusammen: Wir haben gesehen, dass die Gehirnchemie, die wir täglich durch unsere eigenen Gedanken produzieren, bestimmt, wie wir uns fühlen. Jeder einzelne Gedanke oder jedes einzelne Gefühl setzt eine bestimmte Kaskade von biochemischen Stoffen in unserem Organismus frei und viele dieser Stoffe lösen genetische Veränderungen in unseren Zellen aus.

 

Das, was wir wiederholt denken und worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, bestimmt neurologisch, wozu wir werden, und dieses neurologische Muster sorgt wiederum dafür, dass wir mehr vom Gleichen denken und unsere Aufmerksamkeit darauf richten. Wenn ich glaube, dass ich ungeschickt bin, werde ich unsicher und dadurch ungeschickter. Ich merke mir die Gelegenheiten, bei denen mir etwas heruntergefallen ist, dann auch sehr viel besser als all die Gelegenheiten, bei denen ich meine Sache sehr gut gemacht habe. Das schafft eine Art Standardeinstellung (hoffnungslos, ungeliebt, dumm, selbstbewusst, optimistisch etc.), die unser ganzes Leben als Grundton begleitet und viele unserer Handlungen, Gedanken und Gefühle bestimmt. Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns mit unseren unbewussten Programmen und Standardeinstellungen beschäftigen und bewusst neue, bessere und produktivere wählen – und ebenfalls zur Gewohnheit werden lassen.

Und ein Leben in Liebe hat einfach mehr Qualität als ein Leben in Angst.

Können wir uns verändern? Und wenn ja, warum ist es oft so schwer?

Lange Zeit lautete die Antwort auf den ersten Teil dieser Frage: „Ja, aber nur in engen Grenzen.“ Besonders in den Neurowissenschaften herrschte die Überzeugung, dass die Nervenbahnen im Gehirn eines Erwachsenen starr und unveränderlich sind und dass wir uns ab einem Alter von etwa 25 Jahren gehirnphysiologisch nicht mehr verändern. Diese Ansicht geht wiederum auf den spanischen Neuroanatom Santiago Roman y Cajal zurück, der sie 1913 in einem Grundlagenwerk veröffentlichte, und sie blieb fast 100 Jahre das Dogma der Neurowissenschaften.

In den letzten Jahren hat sich dieses Bild vom menschlichen Gehirn und seiner Formbarkeit allerdings stark gewandelt. Die Ergebnisse einer Reihe neuer Untersuchungen deuten darauf hin, dass unser Gehirn noch bis ins hohe Alter hinein extrem flexibel und wandelbar ist und dass ganze Bereiche sich strukturell und funktional verändern können. Das Gehirn verfügt über eine erstaunliche Fähigkeit zur Plastizität und kann sich neu formen und verschalten.

Der Begriff „Plastizität“ wurde erstmals 1890 von William James, dem Vater der experimentellen Psychologie in den USA verwendet und wird heute oft als „Neuroplastizität“ bezeichnet.

Neuroplastizität beschreibt unsere Fähigkeit, die Nervenzellen im Gehirn neu zu verschalten und neue herzustellen. Übersetzt in alltägliche Erfahrung entspricht das unserer Fähigkeit, unsere Meinung zu ändern, uns selbst und die Wahrnehmung der Welt um uns herum – das heißt unsere Realität. Wir sind nicht festgelegt auf das Gehirn, mit dem wir geboren werden, sondern sind in der Lage, selbst zu bestimmen, welche Funktionen wir verstärken und welche wir abschwächen möchten, welche Gefühle und Werte wir haben wollen und welche nicht.

Allerdings erfordern solche willentlich herbeigeführten Veränderungen des Gehirns Konzentration, Übung und Durchhaltevermögen. Und damit sind wir bei der Frage, warum es so schwer sein kann, mit dem Rauchen aufzuhören oder eine positivere Lebenseinstellung zu bekommen.

Warum ist es dann so schwer, sich zu verändern?

Wahrscheinlich haben Sie schon verschiedene eigene Erfahrungen mit neuen Zielen im Allgemeinen oder mit Affirmationen im Speziellen gemacht. Wie waren Ihre Erfahrungen?

Viele Menschen, die mit positivem Denken und Affirmationen gearbeitet haben, sind nach der anfänglichen Euphorie schnell enttäuscht und oft desillusioniert. Das Prinzip scheint vollkommen klar und einleuchtend zu sein, warum funktioniert es dann so oft nicht? Woran liegt das?

Einige Antworten auf diese Frage haben wir schon angesprochen: Zum einen ist es bequem, auf automatisch ablaufende, vertraute Programme zurückzugreifen, und je stärker wir unter Stress stehen, desto reflexartiger wird dieser Rückgriff. Zum zweiten haben wir eine biochemische Abhängigkeit vom Status quo und beides zusammen schafft unsere individuelle Komfortzone oder Standardeinstellung. Es gibt aber noch zwei andere Faktoren, die dazu beitragen, dass wirkliche Veränderung schwierig ist – Identität und ein ungeübter Geist.

Wir haben eine tief verwurzelte Angst, dass wir unsere Identität verlieren, wenn wir uns verändern. Das liegt daran, dass wir uns oft vollständig mit unseren Meinungen, Überzeugungen und Gedanken identifizieren. Aber das ist nur unser konditioniertes, neurochemisches Selbst und nicht unser wirkliches Selbst. Wir sind in Wirklichkeit viel mehr, als wir selbst glauben können: Unsere innere Würde, unsere Essenz und unser Bewusstsein sind zeitlos und unveränderbar und gehen weit über alle Konditionierungen hinaus.

Der zweite Faktor ist unser im Allgemeinen untrainierter Geist. Viele Menschen haben keine oder kaum die Fähigkeit zur Selbstreflexion und sind keine guten Beobachter – weder ihrer eigenen, inneren Vorgänge noch ihrer Umgebung. Wir haben zwar ein Großhirn und ein hoch entwickeltes Bewusstsein mitbekommen, aber leider keine Gebrauchsanleitung dazu.

Die Kennzeichen eines untrainierten Geistes sind:

 pausenloser Lärm

 Langeweile

 mentale Unruhe

 ungelenkte Aufmerksamkeit, die nicht länger als ein paar Sekunden auf etwas gerichtet werden kann, bevor sie sich im Nebel unzähliger Ablenkungen auflöst

 fehlende bewusste Kontrolle oder Einflussmöglichkeit auf Geistesinhalte.

Übungen

1. Atemzüge zählen

Setzen Sie sich bequem hin und atmen Sie einige Male tief ein und aus. Beginnen Sie nun, Ihre Atemzüge zu zählen, indem Sie beim ersten Einatmen „eins“ denken und beim ersten Ausatmen „eins“, beim zweiten Einatmen „zwei“ und beim zweiten Ausatmen „zwei“ usw.; machen Sie das so lange, bis Sie bei zehn angelangt sind. Wichtig dabei ist, dass Sie wieder von vorne beginnen, sobald Sie merken, dass Sie nicht mehr auf das Atmen konzentriert, d.h. gedanklich abgeschweift sind.

Wenn Sie diese Übung bewusst, ehrlich mit sich und aufmerksam durchführen, werden Sie feststellen, wie schwer es ist, über „drei“ hinauszukommen. Wir merken oft erst viele Gedanken später, dass wir abgeschweift sind und nur noch mechanisch oder überhaupt nicht mehr gezählt haben. Gleichzeitig ist diese Übung aber auch ein gutes Training für Konzentration und für waches Bewusstsein – wenn Sie sie regelmäßig durchführen, werden Sie feststellen, dass sich Ihre Konzentrationsfähigkeit deutlich verbessert und Sie sich immer länger auf den Atem fokussieren können.

2. Sich eine Blume vorstellen

Diese Übung ist der ersten ähnlich, nur dass wir uns hier nicht auf den Atem, sondern auf ein Bild vor unserem geistigen Auge konzentrieren. Stellen Sie sich einen Küchenwecker auf zwei Minuten und schließen Sie die Augen. Stellen Sie sich jetzt eine Sonnenblume oder Rose vor – wahlweise auch einen Baum –, und betrachten Sie dieses Bild interessiert. Achten Sie auf jedes Detail, wie Farbe, Anzahl der Blütenblätter, Hintergrund und Form der Blüte. Bleiben Sie die ganze Zeit, bis der Wecker klingelt, nur bei dieser Vorstellung und lassen Sie sich nicht von anderen Gedanken ablenken. Sollen Sie feststellen, dass Sie doch in Gedanken abgeschweift sind, stellen Sie sich den Wecker erneut auf zwei Minuten und fangen Sie wieder von vorne an. Sollten Blumen oder Bäume für Sie nicht so interessant oder schwierig sein, nehmen Sie etwas, das Sie interessiert, z.B. ein Motorrad oder eine Landschaft.

Auch hier werden Sie wieder feststellen, wie schwer es ist, sich zwei Minuten auf ein einzelnes Bild zu konzentrieren, selbst wenn Sie fest entschlossen sind, diese Übung richtig zu machen und Sie das Bild interessiert.

3. Nicht an etwas denken

Lesen Sie die folgende Liste durch und denken Sie dabei nicht an das jeweils Aufgeführte:

– rotes Feuerwehrauto

– gelber Briefkasten

– Wasserball

– Sonne

Obwohl auch hier Anleitung und eigener Wunsch klar sind, eben nicht an etwas zu denken, löst das Wort eine automatische Reaktion aus, auf die wir keinen bewussten Einfluss haben. Genau das Gleiche passiert, wenn wir nicht mehr an etwas aus der Vergangenheit denken möchten, es aber noch nicht wirklich verarbeitet haben, oder wenn wir „nicht mehr krank“ oder „nicht mehr unzufrieden“ sein möchten. Andererseits arbeitet dieser Mechanismus aber genauso auch für uns, wenn wir mit Worten wie „Liebe“, „Glück“ oder „Erfüllung“ arbeiten, wie wir das im zweiten praktischen Teil tun werden.

4. Was wird mein nächster Gedanke sein?

Stellen Sie sich folgende Fragen und versuchen Sie, sie so gut wie möglich zu beantworten:

– Was wird mein nächster Gedanke sein?

– Was war mein vorletzter Gedanke?

Es ist erstaunlich, dass wir zum einen nicht wissen, was unser nächster Gedanke sein wird (obwohl es ja unser eigener ist), zum anderen aber auch nicht mehr wissen, was wir vor kurzem gedacht haben. Das zeigt, wie unbewusst wir normalerweise sind und welches Eigenleben unser (untrainierter) Geist hat.

Die Pharmakologin Connie Grauds bemerkt dazu:

„Ein undisziplinierter Geist verliert Lebensenergie in einem unablässigen Strom von Gedanken, Sorgen und verdrehter Wahrnehmungen, von denen viele aufwühlende Emotionen und degenerative chemische Prozesse im Körper auslösen.“ (Grauds: The Energy Prescription, zitiert nach Church: Die neue Medizin des Bewusstseins, S. 30)

Die Kennzeichen eines trainierten Geistes dagegen sind:

 Klarheit

 Fokus

 die Fähigkeit, sich auf einen ausgewählten Geistesinhalt zu konzentrieren

 die Fähigkeit, Aufmerksamkeit schnell und wirksam zu wechseln

 Kontrolle und Wahl der Geistesinhalte

 die Fähigkeit, das eigene Verhalten zu beobachten, während es abläuft, zu unterbrechen und neue Verhaltensweisen zu entwickeln.

Unser Geist und Bewusstsein (und physisch der Frontallappen als Sitz des Bewusstseins) muss und kann durch mentales Training wie Meditation oder durch die im zweiten Teil vorgestellten Techniken, trainiert werden wie ein Muskel. Dass das nicht nur ein sprachlicher Vergleich ist, zeigt sich daran, dass ein trainierter Geist sich auch anatomisch von einem untrainierten Geist unterscheidet.

Besonders bei neuen Zielen und der Arbeit mit Affirmationen ist es ganz wichtig, dass wir uns lange genug und ohne die üblichen Ablenkungen auf dieses neue, innere Bild konzentrieren können. Je länger wir es in unserem Bewusstsein halten können, desto besser können wir unser Gehirn neu verschalten und desto einfacher ist es, andere Schaltkreise im Gehirn zu kontrollieren, die normalerweise die Ablenkungen hervorrufen bzw. unsere automatisch ablaufenden Programme starten.

Im nächsten Absatz werden wir uns damit noch etwas genauer beschäftigen und dieses Wissen dann im zweiten Teil praktisch umsetzen.

Wie funktioniert es, sich zu verändern?

Kommen wir jetzt zu dem Punkt, um den es in diesem Buch vor allem geht: Wie lässt sich dieses Wissen ganz bewusst und gezielt einsetzen? Wie funktioniert es, sich zu verändern?

Die wichtigsten Zutaten für Veränderung sind Bewusstsein, Intention und ein trainierter Frontallappen. Aber auch Faktoren wie emotionale Sicherheit, Spiritualität und Kongruenz spielen eine große Rolle.

Sehen wir uns diese Punkte noch einmal etwas genauer an, bevor wir dann zur Praxis übergehen.

Bewusstsein

Bewusstsein ist die wichtigste Voraussetzung, denn ich kann nur etwas ändern, das ich vorher bewusst wahrnehme. Wenn ich z.B. die Angewohnheit ändern möchte, jeden Satz mit einem „Äh“ zu beginnen, muss ich vorher merken, dass ich sie habe. Und ich muss so wach sein, dass ich diese Angewohnheit auf frischer Tat ertappe, also während ich „Äh“ sage. Nur dann kann ich mich bewusst entscheiden, es dieses Mal sein zu lassen, und das nächste Mal und auch das übernächste Mal – so lange, bis die Gewohnheit keine mehr ist und ich „Äh“-frei bin.

Allerdings ist diese Fähigkeit, wie gesagt, bei vielen von uns nicht gut entwickelt. Viele Menschen sind nicht oder kaum in der Lage, bewusst ihren Körper oder ihre eigenen inneren Vorgänge wahrzunehmen (z.B. einen Zeh von innen zu spüren, zu merken, ob und was man gerade fühlt, oder die eigenen Gedanken zu beobachten, anstatt mittendrin zu stecken). Das liegt an einem wenig aktiven bzw. trainierten Frontallappen.

 

Einige Funktionen des Frontallappens sind:

– Selbstbild

– Sitz des Bewusstseins

– Wahl

– Intention

– waches Bewusstsein

Der Frontallappen ermöglicht uns zu wählen, was wir denken, fühlen und tun möchten, und damit können wir unser Leben gestalten. Wir nutzen ihn jedoch oft nicht (wie gesagt: Es gibt leider keine Gebrauchsanleitung dazu), bzw. wenn wir ihn nutzen, dann nur für das endlose Wiederkäuen einer vergangenen Verletzung. Speziell im Präfrontalen Kortex liegt die Fähigkeit, unsere Automatismen und Programme, die wir unbewusst täglich erleben, zu unterbrechen – etwas, womit wir uns im zweiten, praktischen Teil noch ausführlicher beschäftigen werden.

Eine der wichtigsten Funktionen des Frontallappens ist, dass er uns hilft, unsere konzentrierte Aufmerksamkeit auf etwas, für das wir uns entschieden haben, zu fokussieren. Das klingt vielleicht nicht weltbewegend, ist es aber in der Praxis. Zum einen müssen wir uns mindestens fünf Sekunden auf etwas konzentrieren, damit es als Erinnerung abgespeichert werden kann (ich weiß, fünf Sekunden klingen wenig, aber je nachdem, womit Sie beschäftigt sind, können fünf Sekunden ziemlich lang sein).

Wenn Sie sich also auf ein neues Ziel und Ihre dazugehörige Affirmation konzentrieren, müssen Sie in der Lage sein, dieses Bild möglichst lange in Ihrem Bewusstsein zu halten, damit es wirklich neue neuronale Netze bilden und als neue Seinsweise abgespeichert werden kann. Und wenn wir aufmerksam und konzentriert sind (und damit der Frontallappen aktiv), dann beruhigt der Frontallappen alle anderen Bereiche im Gehirn, die uns normalerweise ablenken würden (unser permanentes internes Dauergespräch). Er „kühlt“ dabei nicht nur das herunter, was unsere Sinne an Informationen aufnehmen und weitergeben, sondern auch das limbische System, das für unsere Emotionen zuständig ist. Das sind Momente, in denen wir so auf etwas konzentriert sind, dass die Welt um uns herum buchstäblich verschwindet und Zeit und Raum zu einem zeitlosen Jetzt werden. Physiologisch wechseln wir dann von einem Beta- in einem Alpha- und schließlich in einem Theta-Zustand. Das Denken verlangsamt sich, wir verändern die Frequenz unserer Gehirnwellenmuster und können jetzt ungewollte Muster verändern, da wir uns in dem Bereich befinden, in dem sie abgespeichert sind. Wir können also in Eigenregie mithilfe des Bewusstseins und des Frontallappens alte, überholte und nicht förderliche neuronale Netze löschen und neue bilden.

Wenn wir diesen Teil des Gehirns voll nutzen, dann stimmen unser Verhalten und unsere Ziele überein, unsere Aktivitäten und unsere Intention. Körper und Geist sind dann eins und wir sind kongruent (siehe unten). Wir leben dann unser höchstes Maß an Bewusstsein und unsere Fähigkeit, die Realität objektiv zu betrachten. Wenn wir unseren Präfrontalen Kortex benutzen und kontrolliert einsetzen, können wir uns selbst erkennen, kontrollieren und damit unsere Zukunft bewusst gestalten.

Welches immense Potenzial dieses Aufmerksamkeitstraining haben kann, zeigen Untersuchungen von Schwartz zu Zwangsstörungen8 und von Zindel, Segal, Teasdale, Williams zu Depressionen.9 In beiden Fällen wurde untersucht, ob sich eine Bewusstseinsveränderung auf das subjektive Empfinden, das objektive Krankheitsbild, aber auch auf die neurologische Situation im Gehirn der Teilnehmer positiv auswirkt. Der wichtigste Teil des Trainings bei beiden Untersuchungen war, dass die Patienten sich ihrer eigenen Gedanken bewusst wurden und sie als Abläufe im Gehirn und nicht als absolute Wahrheiten einordneten. Immer, wenn z.B. ein zwanghafter Gedanke aufkam, trat der Patient innerlich einen Schritt zurück und sagte sich, dass sein Gehirn nur einen weiteren zwanghaften Gedanken produziert hatte, der nicht real und nur durch einen fehlerhaften Schaltkreis im Gehirn zustande gekommen war. Je öfter es den Patienten gelang, so zu denken und den zwanghaften oder traurigen Gedanken nur zu beobachten, ohne auf ihn zu reagieren (z.B. zu kontrollieren, ob alle Türen auch wirklich abgeschlossen waren oder nach Gründen zu suchen, warum sie traurig und deprimiert waren), desto mehr verbesserte sich ihr Zustand. Aber nicht nur das subjektive Empfinden hatte sich verbessert – PET-Bilder z.B. zeigten, dass bei den Patienten mit Zwangsstörungen die Aktivität im orbitalen Frontallappen, dem Kernstück des sogenannten Zwangsstörungs-Schaltkreises, im Vergleich zu vorher deutlich gesunken war.

Wille, Intention, Motivation

Bewusstsein ist das eine, eine Veränderung auch wirklich zu wollen, das andere. Oft haben wir unbewusste Einwände (manchmal auch bewusste, die wir uns nicht eingestehen) gegen eine Veränderung, und so lange diese nicht erkannt und gelöst sind, werden sie jede Bemühung verhindern oder zumindest sehr erschweren. Mit diesem Punkt werden wir uns im zweiten Teil noch ausführlicher beschäftigen. Aber auch wenn keine Einwände gegen eine Veränderung da sind – es kostet immer eine gewisse Mühe, Willenskraft und Durchhaltevermögen, alte Muster zu durchbrechen und mit neuen Zielen zu arbeiten. Techniken wie EFT und The Work können den Prozess zwar sehr erleichtern, regelmäßig an Ihren neuen Zielen arbeiten, müssen Sie aber trotzdem. Wie das Ganze dennoch zu einer angenehmen Erfahrung werden kann, werden wir im praktischen Teil sehen.

Aufmerksamkeit

Bewusstsein und Aufmerksamkeit sind nicht das Gleiche, bedingen sich aber gegenseitig. Aufmerksamkeit ist eine Funktion des aktiven Frontallappens, speziell des Präfrontalen Kortex, und kann trainiert werden wie ein Muskel. Veränderungen in unseren neuronalen Netzen treten nur dann auf, wenn wir dem Reiz, der diese Veränderung bewirkt, unsere volle Aufmerksamkeit schenken. Eine unkonzentriert gemurmelte Affirmation bewirkt also wesentlich weniger als die gleiche Affirmation, auf die wir uns bewusst und aufmerksam konzentrieren. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit gezielt auf etwas richten, dämpft das gleichzeitig die Aktivität der Nervenzellen und Gehirnbereiche, die nicht auf das Ziel unserer Aufmerksamkeit konzentriert sind. Und das scheint einer der wichtigsten Faktoren für Neuroplastizität zu sein. Die neuen bildgebenden Verfahren haben gezeigt, dass Aufmerksamkeit kein psychologisches Konstrukt ist, sondern eine ganz reale Anatomie, Physiologie und Chemie besitzt.

Kongruenz

Ein ganz wichtiger Punkt für Veränderung und das Erreichen neuer Ziele ist Kongruenz. Kongruenz bedeutet, dass alle Ebenen in Ihnen – bewusst und unbewusst, Körper, Geist und Seele, Kleinhirn und Frontallappen –„Ja“ zu einer neuen Seinsweise sagen. Das ist normalerweise in Lebensbereichen, die uns Probleme bereiten oder nicht so sind, wie wir sie uns wünschen, nicht der Fall. Deshalb ist es ganz wichtig, unsere unbewussten Programme und Einwände zu erkennen, sie zu überprüfen und bei Bedarf zu lösen. Das Ziel ist, dass sowohl unser Unterbewusstsein als auch unser Bewusstsein einverstanden mit einer Veränderung sind und beide zur Verwirklichung an einem Strang ziehen. Dann stehen die Chancen sehr gut, dass sich positiv und dauerhaft etwas in uns und unserem Leben verändert.

Gottesverständnis

Ein Punkt, der mich bei der Recherche für dieses Buch am meisten erstaunt hat, war die Wirkung unseres Gottesverständnisses auf die Gesundheit und viele andere Lebensbereiche. Dabei ist hier das Vertrauen in etwas Größeres gemeint und keine feste Definition von dem Gott einer bestimmten Religion (ich könnte hier auch Lebenskraft oder große Intelligenz schreiben). Stuart Hameroff, einer der Pioniere in der Erforschung der Schnittstelle zwischen Quantenphysik und Bewusstsein, hat den Begriff der „säkularen Spiritualität“ geprägt, eine Spiritualität, die – auch auf wissenschaftlichem Weg – eine Rückverbindung zur fundamentalsten Ebene des Universums bedeutet und für viele Menschen, die Probleme mit den organisierten Religionen, aber trotzdem Vertrauen in etwas Größeres haben, vielleicht einen neuen und freieren Zugang ermöglicht.

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