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Ungeachtet solch kritischer Konstellation führt der nicht endende Versuch der Annäherung an GOTT zu einer Endlosschleife ritualisierter Kommunikationsversuche, für die sich durch Überlieferung und Fortschreibung liturgische Abfolgen einstellen, welche in einer institutionalisierten Kirche aufgehen, innerhalb derselben weiterentwickelt und bis in Feiertagskalender, Liturgie, Anbetungs- und Gebetsrituale verwaltet werden. Kirche erfährt daraus das Bewußtsein, sie sei erster, einziger und unabdingbarer Verwalter des Zugangs zu GOTT, begreift die Erkenntnisse der Gemeinde als Auftrag, solche Erkenntnis zu verbreiten, zu verkünden, ignoriert das nach Glaubensauffassung von Gott geschaffene Wesen, verneint damit die Glaubensgrundlage. Katholische Kirche zieht aus solchem Vorgang die irrige Schlußfolgerung, sie sei einzig zulässiger Weg zum Christengott, verkennt, sie ist hervorgegangen aus der freiwilligen Verbindung einzelner, gleichgesinnter Individuen untereinander. Kirche ist Folge, nicht Ursache, nicht Urheber des Glaubens. Kirche ist verwaltende Institution. Kirche ist Glaubensstillstand.

Im günstigsten Fall flüchtet sich der Gottessucher aus der Krise in den von Dritten angebotenen Glauben, will diesen als Kontaktanzeige, als Angebot an Gott verstanden wissen: Schau her, hier ist ein Mensch, der DICH sucht, der mit DIR in Verbindung treten möchte. Kirche wird hier zum Medium, zum Organ, in welchem die Kontaktanzeige öffentlich wird. Der Inserent bedient sich der Verwaltungsfunktion, nutzt das Medium Kirche als Mittler zur scheinbaren Herstellung des Kontaktes, eines direkten oder initiierten Kontaktes zu GOTT. Den kann das Medium weder herstellen, noch ersetzen, nicht den Kontakt, erst recht nicht GOTT. Kirche kann nicht einmal die Kommunikation zwischen Mensch und GOTT ersetzen, überführt die Vielzahl der Kontaktanfragen in gemeinsam vorgetragene Formulierung, läßt Individuum in liturgischer Ritualität münden, dekretiert Form, bis Form Inhalt ersetzt, zu Formalismus erstarrt. Allenfalls könnte Kirche über reine Administration hinaus für das Gespräch vermittelnd helfen, Aufgehobenheit in der Gemeinde, der Gemeinde Raum, Tempel, Kirchengebäude, Gebetshaus zur Anrufung Gottes anbieten; auch hier nicht aus sich heraus, sondern kraft der von der Gemeinde erbrachten materiellen Leistungen und des von ihr verliehenen Amtes. Der Versammlungsraum der Gläubigen, versehen mit der Bezeichnung Gotteshaus, erhält diese Bezeichnung durch Versehen der Gläubigen. In Erwartung, ein Gasthaus nach dem ‘Geschmack’ Gottes errichtet zu haben, wollen Gläubige annehmen, Gott sei der Wirt, lassen sich vom Kellner, vom sogenannten Priester abspeisen, zahlen Kirchenbesucher die Zeche und bekommen den Wirt nicht zu Gesicht, außer im Spiegel, in welchen gläubige Gäste gelegentlich und keineswegs uneitel blicken, darin nur Physis, das Menschliche gespiegelt finden, Gott im Gotteshaus nur des Menschen Gusto findet. Streift nicht der Herbergsvater, einem guten Gastwirt gleich, durch den Speisesaal, sich seinen Gästen zu zeigen, sie zu begrüßen, sich ihrer Zufriedenheit und ihres Wohlwollens zu versichern? Das Personal legt Beschwerdebücher für die Gäste aus, und nicht einmal die Kirchenangestellten nehmen sich unmittelbar der verzeichneten Beschwerden an. Gleich einem von Legislative verhängten Kontaktsperregebot wacht Kirche eifernd darüber, jeden persönlichen Kontakt zur höchsten Instanz zu verhindern, gestaltet verwalteten Instanzenweg. Ehe ein Kontakt zwischen Suchendem und GOTT nicht hergestellt ist, bleibt Gott die Krise des Menschen, damit der Kirche sowieso, verfügt diese doch ausschließlich über Verbindungen abwärts in die Gemeinde, nicht über solche aufwärts zu Gott.

GOTT bleibt Krise auch der Kirche, weil sie einerseits nur aus der Gemeinschaft der Glaubenden hervorgegangene Institution, andererseits nicht selbst Suchender und letztlich nicht Sachwalter Gottes ist, sondern ausdrücklich und ausschließlich Interessen des Menschen formuliert und wahrnimmt, Gemeinschaft der Gläubigen darstellt. Wie könnte Kirche wohl die Interessen GOTTES wahrnehmen? Weder Liturgie, noch Exegese, weder Regularien noch Katechese bringen das Institut Kirche näher oder nur auf den Weg zu GOTT. Christliche Kirche zieht zudem aus der hierarchischen scheinbaren Ordnung des dienstverpflichteten Zwölfergremiums der Apostel selbst noch nach 2000 Jahren konstituierten Beherrschungsanspruch gegenüber der Gemeinde, obwohl mit dem für kurzfristig angenommenen Weltende und Jüngsten Gericht die Institution nicht für ein Überdauern über die Apostelgeneration hinaus konstituiert ist. Nicht aber Herrschaft war und ist ihr Auftrag, sondern Dienst und Verkündung. Nicht Einsetzung als Oberhäupter und Kontrollorgan über die Gemeinschaft der Gläubigen ist Wesen des apostolischen Auftrages, so er angenommen werden darf, sondern Mitteilung der Botschaft. Boten sind Diener, Knechte ihres Herrn, nicht Herrscher über sein Volk. In Inquisition und Ohrenbeichte unter Vorgabe eines ubiquitären, allwissenden Gottes raubt Kirche Privatsphäre, verliert der Glaubende durch Kirche das Recht auf Unverletzlichkeit der Persönlichkeit, setzt Kirch gegen die angeblich frohe Botschaft Angstpotentiale, gleicht darin vollständig dem Faschismus.

Khalil Gibran, Dichter und Literat, Libanese arabischer Herkunft, kosmopolitischer Pendler zwischen westlicher Wertegesellschaft europäisch-angloamerikanischen Anspruchs und arabischer Gesellschaft, zugleich gläubiger Christ, glaubt zu wissen und schreibt: Und Gott ist das Gewissen der vernünftigen Welt. Eine gewaltige, eine gewagte These angesichts einer vergleichsweise gewissenlosen, von vorgeblichen Glaubenswissern dominierten Welt gewissenloser Gesellschaften im besinnungslosen Strudel der Unvernunft.

Wo Sprachphilosophie à la Bertrand Russel/Ludwig Wittgenstein das Buchstäbliche des Wortes über den Inhalt, Sinn über Wahrheit stellt, sich von Philosophie und ihrem Wesen abwendet, bedeutet Hinwendung zu Glaubensinhalten weder Freundschaft zum Wissen, noch Liebe zur Wahrheit, schon gar nicht Wahrheitsliebe.

Sprache als Ausdrucksmittel auch des Denkens beschreibt im Idiom des Deutschen gegenüber der zu Unrecht gelobten angelsächsischen Sprachkargheit bis in die Herkunft der Wörter hinein eine logisch nachvollziehbare Gedankenkette in knapper Reflektion. Entsprechend umfaßt das Wort Gewissen den Gedanken, etwas vor dem Tun ge-wußt zu haben und zu wissen. Sprachgebrauch hat diesem Begriff eine Wertigkeit dahingehend beigegeben, daß Handlungen im Einklang mit dem Gewußten, also wissenskonformes Handeln Regelmaß sind, ein Maß, welches bei Beachtung der Regel nicht erwähnenswert scheint, immer dann aber Bedeutung erlangt, handelt ein vernunftbegabtes Wesen wissentlich, ‘bewußt’ gegen sein Wissen und/oder dessen Maß, gegen Gewußtes.

Gewissen setzt damit dreierlei voraus: ‘unfehlbare’ Vernunft, Erkenntnis, Wissen. Erst aus mit den Mitteln der Vernunft erkennend gewonnenem ‘richtigen’ Wissen unter im Erkennen Ausschluß des dem Wissen Widersprechenden folgt freie willentliche Entscheidung zum Handeln für oder gegen Gewußtes, was Be-wußtsein, Vergegenwärtigung des Wissens für die betreffende Handlung voraussetzt. Zweifellos aber läßt sich nicht und nie der Vernunftirrtum ausschließen.

Wäre nun Gott das Gewissen der vernünftigen Welt, setzte dies vernünftiges Handeln aller vernunftbegabten Wesen – Gott eingeschlossen – ebenso voraus, wie eine vollkommene Welt. Andernfalls, also dort, wo Welt nach den Maßstäben der Vernunft unvollkommen zu sein scheint, hätte Gott gegen Vernunft, gegen Gewußtes, gegen ein wie auch immer geartetes Wissen gehandelt. Solches behaupten zu wollen, setzt besonders den Gläubigen zwangsläufig dem Vorwurf der Blasphemie aus, stellte er doch seinen ‘unfehlbar’ geglaubten Gott auf eine Stufe mit dem fehlbaren Menschen. Nicht zuletzt gelangt der Glaubende damit an die Frage der Theodizee, bleibt ohne Antwort, erlebt ein Mal mehr GOTT als Krise.

Die beste aller Welten, so sie als kosmologisches Ganzes, der Blaue Planet Erde als Teil im Kosmos gesehen wird, ist schon deshalb DIE beste aller Welten, weil es zu ihr keine alternative, keine denkbare Anderwelt gibt, sie nicht nur einzigartige, sondern einzige Welt ist. Über Unendlichkeit des Raumes hinaus sich getrennte Welten vorstellen, sie in Himmel und Hölle einteilen zu wollen, abgesehen davon, daß in solcher separierenden Vorstellung dem unendlichen Raum zweierlei Begrenzung widerfährt, mag als Pons asino, als Eselsbrücke der bildhaften Vorstellungswelt kindlichen Glaubens hinnehmbar sein, widerspricht zugleich Vernunft, Erkenntnis und Wissen. Alleine schon deswegen müßte besonders der Gläubige ein fortwährend schlechtes Gewissen haben, glaubt er doch wider besseres Wissen.

Heftig ließe sich darüber streiten, ob die Benutzung der Eselsbrücke nur Eseln gestattet ist, Eseln mit dauerhaft schlechtem Gewissen. Fehlt dem Gläubigen andererseits das ständige schlechte Gewissen über und wegen Glauben, bedeutet dies im Umkehrschluß, er müsse unwissend, wenn nicht gar dumm sein, Glaube gründe, könne nur in Unwissenheit gründen. - Gut möglich, das katholische Rom weiß das, verfügt über speziell diese Erkenntnis, und ihm bleibt zur Selbstrechtfertigung und zur Selbstrettung, quasi als Autoimmunreaktion keine andere Möglichkeit, als Aufklärung und Wissenschaft vehement abzulehnen. Vieles spricht dafür, genau das tue Rom! Jene Versuche eines Joseph Ratzinger oder Hans Küng, Wissenschaft heute mit der Bibel von vorgestern in Kongruenz bringen zu wollen, können darüber nicht hinwegtäuschen. -

Als eine vernünftige setzt der Dichter Khalil Gibran seine/unsere Welt voraus, übersieht vorsätzlich den Ursprung aller Unvernunft, verschweigt darin GOTT, jenen zugleich Schöpfer auch der Unvernunft. In welcher Weise über den Homo sapiens hinaus andere Wesen ‘vernunftbegabt’ sein mögen, vermag Wissenschaft nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zweifelsfrei zu entschlüsseln. Wäre nun das übergeordnete Wesen, wäre GOTT ein mit Gewissen ausgestattetes Wesen, setzt das nicht nur die Befähigung des göttlichen Wesens zum Handeln wider besseres Wissen, sondern die gegen besseres Wissen gerichtete Handlung selbst voraus. – Berichten der Torah und des Alten Testaments nach handelt GOTT in Bezug auf Luzifer/Hölle, Adam – Lilith – Eva, Paradies/Volk Israel wider besseres Wissen, nach Neuem Testament der Christen durch Jesus bis in dessen Auswahl der zwölf Apostel und der Hinnahme des Kreuzestodes. – Im Handeln wider besseres Wissen, und GOTT ist nach landläufiger Auffassung allwissend(!), in solchem Tun verlöre die geglaubte Gottheit alles Göttliche, würde ihrer Unfehlbarkeit beraubt. Nichts anderes spiegelt sich im Höllensturz gefallener Engel, im Sündenfall des Paradieses, im Schicksal des Volkes Israel, im Kreuztod Jesu, im Wirken Mohammeds, im Fortwirken päpstlicher Anmaßung. All diese Schilderungen „bezeugen“, ein allwissender Gott, so es ihn gibt, müsse wider besseres Wissen Engeln, den Menschen, seinem Sohn und dem Propheten und christlichen Glaubensverkündern die Wahl zwischen Gut und Böse gelassen haben, obwohl er gewußt hat und nach den ihm zudiktierten Eigenschaften hätte wissen müssen, die Wesen werden gegen besseres Wissen handeln, gegen ihr Gewissen, werden alle von GOTT in sie gesetzten Erwartungen und Hoffnungen enttäuschen, was der Allwissende zuvor weiß. Mithin enttäuscht GOTT sich selbst, täuscht die - seine - Schöpfung über Verantwortung und Verantwortlichkeit, stellt sich die Frage der Theodizee gleichwohl nicht. Gott wird so zur besonderen Krise des glaubenden Menschen, des Gläubigen. Ist Gott unschuldig, wird er als Schöpfer des Himmels in der Erschaffung der Hölle und der Erde, des Menschen schuldig. Doppelt schuldig wird er, indem er all seine Schöpfung, all seine Geschöpfe sich selbst und selbstzerstörerisch überläßt. Ist GOTT also das personifizierte ‘schlechte Gewissen’?

 

In „Kaspar Hauser“ gilt für Jakob Wassermann: ... unschuldig ist nur Gott. Khalil Gibrans These, Gott sei das Gewissen der vernünftigen Welt, widerfahren daraus zwei Konsequenzen: Der geglaubte Gott wäre zuerst ein Gott des schlechten Gewissens, ist IHM selbst doch nach ihm unterstellten Eigenschaften Handeln wider Wissen zueigen. Darüber hinaus wird zuletzt Welt an sich ihrerseits Produkt wider besseres Wissen, ergo unvernünftig. - Als letzteres stellt sie sich uns allerdings auch fortwährend dar, soweit sie den von Menschen besiedelten und erkundbaren Raum umfaßt. - Gefälliger, weil logischer erscheint die These, das Gewissen sei ein spezifischer Bewußtheitszustand des vernunftbegabten Menschen zur Gestaltung und Erhaltung eines/seines Lebensraumes nach freiem Willen innerhalb eines Kosmos, Welt genannt. Gott selbst und Gewissen aber sind einander aus dem gewissensinhärenten Dualismus zwischen Gut und Böse unvereinbarer Gegensatz.

Nicht selten läßt sich unsere Welt als eine unvernünftige wahrnehmen, eine Welt, in der an Gewissen Mangel, ein gutes Gewissen Mangelware ist. Vernunftbegabung und Erkenntnisfähigkeit ermöglichen bewußtes Handeln in Übereinstimmung mit unserem Wissen. Taten wider besseres Wissen, gegen Ge-wußtes sind jene Mechanismen, die das Gewissen ins Bewußtsein rufen, es als schlechtes Gewissen dastehen und bewußt werden lassen. All dies Tun jedoch ist Menschenwerk. Gewissen ist weder Eigenschaft noch Wesen Gottes, sondern bestimmender, wertehaltiger Handlungsfaktor des Menschen, emotionaler Zustand nach vollbrachter Handlung. Auf diesem Wege gelangt das Individuum zur freien Selbstbestimmung und innerhalb der Welt und ihrer Vergesellschaftung zwangsläufig zur Goldenen Regel, vorausgesetzt, der Mensch gibt der Vernunft den Vorzug. Regelmäßig gelangt der Mensch bei Verletzung dieser Regel zu einem schlechten Gewissen, welches er regelmäßig verdrängt. Nicht Gott ist das Gewissen, sondern dem Menschen ist Vernunft gegeben, ein solches zu entwickeln, zu pflegen. Der Verdacht, pfleglicher Umgang mit solchem Wissen könne gottgefällig sein, mag einem guten Gewissen förderlich sein, ersetzt keinerlei Entscheidung, macht keine Tat, macht nichts ungeschehen. Der Aspekt göttlicher Allwissenheit, nur einer der Aspekte, nur ein anderer Aspekt Gottes, trägt in sich als verpflichtende Ansicht über Gott das Gebot der Liebe des Menschen zu sich selbst und untereinander.

Fehlt in einer Welt vernunftbegabter Wesen Vernunft, schafft Menschheit wider besseres Wissen eine unvernünftige Welt, fehlt ihr bis zur Selbstverleugnung Gewissen, läßt das annehmen, in ihr fehle Anwesenheit Gottes, zumindest, wenn er existiert. Existiert er, fehlt Gott gleichwohl, und mit ihm fehlt Liebe, auch die seine zu den Menschen. Die Frage seiner Omnipräsenz, Ubiquität, zugleich Machtfrage und Erkenntnissuche, wirft die Frage nach einem Gegenspieler Gottes auf, da sinnentleerte Hemisphäre unter gleichzeitiger Annahme Gottes in den Denkkategorien des Menschen einander widersprechen. Überantwortung weg von jeder Verantwortlichkeit des Menschen und des im Menschen und menschlichen Denken angelegten Dualismus hin zu Gott zur Entscheidung, Fortsetzung des Menschengedanken kreiert Machtauseinandersetzung, Kampf, wobei gottähnliche Wesen, Engel gegen Gott rebellieren, Gott den Kampf für sich entscheidet, dem Widersacher trotz Verbannung Macht zugesteht, den Dualismus zuläßt, die von Menschen belebte Sphäre damit in Gut und Böse, in eine vernünftige und in eine unvernünftige Welt zerfällt. All dies denkt der Mensch und denkt es sich aus. Mit jedem gedachten Höllensturz, mit jeder Seele im Fegefeuer stürzt Gott in die Krise, wird zum unvollkommensten aller denkbaren Wesen.

Mit Denkkategorien des vernunftbegabten Menschen ist dieser Widerspruch im menschlichen Gedankengebäude weder auflösbar, noch bringt es den Menschen im Denken näher an und zu Gott. Einkleidung des Gedankenkonstruktes in Religion, seine fundamentale Verfestigung in Glaubensgrundsätze errichtet konfessionelle Strukturen unterschiedlichster Ausprägungen mit absolutem Wahrheitsanspruch, denen das Wesentliche fehlt: absolute Wahrheit! Unmöglichkeit der Verifizierung dogmatischer Glaubenstheorie, wider besseres Wissen behauptete Wahrheit ist quasi natürlicher Streitanlaß für die Auseinandersetzung zwischen Gläubigen und Ungläubigen als auch der unterschiedlichen Konfessionen untereinander. Krise, die Unvorstellbarkeit eines Gottes, an dessen Existenz der Mensch zugleich glaubt, ist mithin Wesensmerkmal des Menschen, zugleich Eigenschaft Gottes. Darin wird Glaube des Menschen an Gottheit Anlaß und Rechtfertigung für Unfrieden, kollidiert mit dem Gottesgebot Du sollst nicht töten. Gott ist mithin in auch seinen Geboten Krise der Menschheit.

Hier aufscheinender Aspekt Gottes ist jene Eselsbrücke, wie alle übrigen Aspekte auch, die Glauben erleichtert, ermöglicht, ohne den Abgrund der Gottesferne, ohne die Kluft der Gottundenkbarkeit überbrücken zu können. All die Aspekte zusammen ergeben ein virtuoses Bild dessen, von dem der Mensch sich kein Bild machen kann, kein Bild machen darf. Gewaltige Akkorde und Harmonien täuschen nicht darüber hinweg, die Lobpreisung gilt Gott, dem unbekannten Wesen, ist plumpe Anbiederung, bringt den Menschen nicht näher zu Gott, sucht Gott näher an den Menschen heranzuziehen, IHN herabzuziehen, menschenähnlich zu machen, ist Ausdruck der Krise. Glaube ist der lauteste, der deutlichste Beweis der Krise.

Abgesehen davon, daß ein Darstellungsverbot zusammen mit Darstellungsunmöglichkeit in den bildenden Künsten religionsübergreifend längst marginalisiert, Relikt vorzivilisatorischen Kunstverständnisses bildet, Gottesabbilder im Christentum heute nahezu Regel sind, umgeht auch Sprache in ihrer Vielfältigkeit Verbot und Unmöglichkeit, gibt verbal dem Göttlichen Gestalt, schöpft aus menschlicher Erfahrungswelt, gleitet in Anthropomorphismen, kleidet Gott in das Gewand des gütigen Vaters oder zornigen Rächers samt aller dazwischen liegenden Schattierungen. Von Sprache und Kunst gemeinsam geprägte Bilder sind ihrem Grunde und ihrer Gestalt nach Menschenbilder. Wie könnte ein Abbild des Menschen GOTT spiegeln, ihn sichtbar machen?

Wo kein qualifizierbarer und/oder verifizierbarer Beweis Gottes, wird Glaube Zufluchtausweg des zweifelnden Menschen. Aufhebung der Zweifel mag mit und im Glauben einen schlichten, in Glaubensfragen narzißtischen Menschen zeitweilig oder auf Dauer von Zweifeln befreien, wird aber bereits den im Glauben angelegten Aspekten Gottes, zum Beispiel Nächstenliebe und Gewissen, nicht gerecht, produziert das Bild des letztlich nur Selbstgerechten, der im übrigen Verantwortlichkeit delegiert, an Gott weiterreicht. Den übrigen Gläubigen bleibt der Kampf mit und um ihren Glauben, welcher keineswegs Kampf mit Gott ist, sondern jene Auseinandersetzung, die im Islam Djihad, heiliger Krieg heißt und die Auseinandersetzung des Menschen mit der Krise, mit seiner Krise, mit seinem Gott kennzeichnet. Die mannigfachen Aspekte des geglaubten Gottes gerade sind es, welche einerseits Zweifel an seiner Existenz begründen, anderseits in den Werken, in den Taten, vor allem in den Untaten des Menschen, nicht und nie in den Werken Gottes(!), sowohl die Aspekte in Frage stellen, als auch die Frage nach der Verantwortlichkeit aufwerfen. Hier trifft der zweifelnde Gläubige auf den vom Glauben Überzeugten, und beide zusammen und jeder für sich sucht zur Beantwortung der Gewissensfrage die Verantwortung bei GOTT.

Immanuel Kants delphische Forderung Erkenne dich selbst umfaßt weit mehr als bloße Selbsterkenntnis. Sie beinhaltet über Selbsterkenntnis hinaus Anerkenntnis der Eigenschaften und Fähigkeiten im Guten wie im Bösen, umfaßt das Bekenntnis zu sich selbst einschließlich aller Fehlbarkeit, die sich noch und aus sich heraus auch auf Selbsterkenntnis erstreckt. Solcher Umgang mit der persönlichen Innenwelt macht unmißverständlich deutlich, Glaube, der Gedanke an Gott im hergebrachten Sinne ist ein Mißverständnis, welchem nicht zuletzt der Philosoph Kant gewaltig aufsitzt. Der Homo sapiens, der Verstandesmensch ist und bleibt unfähig, ein perfektes, ein fehlerloses Wesen, einen allmächtigen, einen allwissenden Gott zu denken. Ketzerisch ließe sich anfügen, aller Gottesglaube sei Mißverständnis. Selbst wenn und wo dies zutrifft, erfüllt er dennoch eine zumindest soziale Funktion, erfährt darin seine Berechtigung. Erst seine klerikale Überzeichnung, der Hang und Drang, persönlichen Glauben allgemeinverbindlich zu machen, ihn ex Cathedra zu dekretieren, Institutionalisierung führt zur Auseinandersetzung der Glaubensauffassungen untereinander, verkehrt die sozialisierende Komponente in ihr Gegenteil, gründet, fördert, begründet Krieg, jenes Element, das mit einem Schöpfergott völlig unvereinbar ist. Die Hintertür des gerechten Krieges ist nichts als die Anmaßung, der Mensch sei gerechter als Gott, entscheide aus eigener Machtvollkommenheit über die Zulässigkeit des Tötens. Und dieser Notausgang gestattet dem Menschen Töten ohne schlechtes Gewissen, spricht den bezahlten Töter, besoldeten Waffenbenutzer, spricht den Soldaten von Tat und grundsätzlich von Sünde, von der einzigen im Sinne des Wortes Todsünde frei!

Von den drei prophetischen Religionen übernommene, Gott zugeschriebene Forderung „Du sollst nicht töten“ wird unter Berufung auf den fordernden Gott zur Tötungserlaubnis umfunktioniert, an Menschenmaßstäben gemessen, gerichtet, den Kategorien judaisch-römischen weltlichen Rechts unterworfen, mit dem Wort „soll“ in eine Kann-Vorschrift transformiert, welche begründetes Töten erlaubt, dabei unterstellt, Gott selbst gebe, erlasse solche Begründung, befreie im Aufgehobensein in einer Glaubensgemeinschaft von persönlicher Verantwortung. Wäre Gott schlechthin Gewissen der Menschheit, würde er so zum schlechten Gewissen seiner selbst und der Menschheit. Für den Menschen geht damit einher der Verrat am persönlichen Glauben und Zuweisung der Verantwortung an die geglaubte Gottheit. Der Mensch wird zur Krise Gottes. Die Sendboten Gottes aber, welche die todbringenden Waffen segnen, verraten in und mit der symbolischen Segnungshandlung einmal mehr ihren Auftrag, die Menschheit und … ihren Gott.

Eine Frau, die ihr Leben der stillen Gegnerschaft wider solche asoziale Tötungsdekadenz gewidmet hatte, versucht hatte, die Folgen der Tötungsmechanismen von den Ärmsten der Armen abzuwenden, scheiterte in dieser Arbeit einer absoluten Hinwendung zu Gott scheinbar an Gott. Sie scheitert nur scheinbar an Gott, weil ihr Ringen um sein Bild, ihr Streben, ihm zu gefallen, solches einerseits als eitles Blendwerk ihr verdeutlichte, andererseits Menschen, die menschliche Gesellschaft in ihrer Unmenschlichkeit immer wieder aufs neue ihre Vorstellung von Gott zerstörten. Wissen um die Möglichkeit, Menschen können anders handeln, als sie es immer wieder tun, aus eigenem Handeln gewonnene Erfahrung, andere Handlungsweise ist notwendig und möglich, stellt die Gewissensfrage, läßt danach suchen, warum die Menschheit aus sich heraus nicht dazu in der Lage, nicht bereit zu positivem Handeln ist, nicht fähig sein will. Die mit dieser Gewissensfrage überforderte Einzelperson richtet ihr Auskunftsersuchen an die einzig ihr noch verbliebene Instanz: GOTT. Keine Antwort! Konnte, durfte sie von dort eine Antwort erwarten?

 

Nicht in ihrem Zweifel liegt das Dilemma der Mutter Theresa! Ist Gewissen ein Aspekt Gottes, was nach Kategorien der Logik ausscheidet, bleibt gleichwohl einzig Liebe bestimmender, erster und letzter Aspekt Gottes. Wie kann ER dann all das Elend zulassen, gegen das sie unter ausdrücklicher Hinwendung zu IHM ein ganzes Leben zu kämpfen hat? Eine unzulässige Frage an Gott für das von Menschen angerichtete Elend! Es hilft der Ordensfrau nicht zu wissen, jener Aspekt des Gewissens ist im Sinne der Lehre ihres Glaubens Erkennungsmerkmal, welches Gott dem Menschen gegeben, der Aspekt der Liebe einziges Merkmal, welches der vernunftbegabte Mensch mit Gott teilt, sofern der Mensch guten Willens ist, Gott existiert. Diese Kennzeichen, Wesensmerkmale einer Humanitas civile, ermöglichen menschliche Gemeinschaft, nicht mit Gott, sondern der Menschen untereinander. Für die Nonne Theresa bleibt die Kluft, und beseelt vom Wunsch, den Aspekten Liebe und Gewissen zu entsprechen, findet sie in der Hinwendung zu Gott unter ausdrücklicher Berufung auf den, an welchen sie glaubt, weder die Hilfe, die ihr die Menschen einschließlich der Gemeinschaft der Gläubigen und der Kirche schulden, aber versagen, noch die Gegenliebe, die sie von Gott erwartet, nicht einmal Trost. Ihre besitzergreifende Annäherung an das Wesen ihres Gottes scheitert in deren Unzulässigkeit. Ausbleiben besonders der göttlichen Tröstung läßt die Ordensfrau an Gott verzweifeln, beschert Glaubenszweifel, läßt an der Triftigkeit des Glaubens zweifeln. Erwartungshaltung ist eigentliches Hindernis. Wo die Gemeinschaft der Menschen versagt, wo asoziale Verhaltensmuster Gemeinschaft der Menschen untereinander unterbinden, mag es logisch sein und einem Grundbedürfnis entsprechen, die Nähe zu Gott zu suchen. Seiner Gemeinschaft unmittelbar teilhaftig werden zu wollen, bleibt versagt. So nimmt auch die Ordensfrau Gott wahr als Krise. Was wird die Amtskirche, was wird der Papst, welcher auch immer, daraus machen? Gierig werden sie eine bescheidene Frau als wundertätige Heilige vereinnahmen, die so dringend der Mildtätigkeit und der Barmherzigkeit der Mutter Kirche und ihrer Anhänger benötigt hätte, ohne sie je zu erhalten. Das Wunder daran ist einzig, sie hat ihren Glauben weder aufgegeben, noch je verloren.

In letzter Konsequenz entspricht Gott in allen Einzelheiten dem jeweils persönlichen Glauben des jeweiligen Menschen, folgt darin allen persönlichen Vorstellungen, wird zum vielgestaltigen Wesen, das unbegreifbar, unfaßbar bleiben muß, ansonsten es nicht GOTT wäre. Alle Gottheiten sind nur mehr oder weniger eitle Projektionsflächen der Wünsche und Sehnsüchte des Einzelnen, der spezifisch in ’seiner’ Gottheit besonders jene Kraft sieht, die ihm persönlich zur Wunschbefriedigung und Sehnsuchtserfüllung fehlt. Bleibt die Erfüllung trotz Anrufung göttlicher Macht aus, wird Gott für Scheitern verantwortlich gemacht. Eine scheinbar unausweichliche Konsequenz menschlicher Logik, die unausweichlich, direkt und erneut in die Krise führt. Die Krise heißt … GOTT, mündet in Schicksal.

Mit dem Versuch der Positionsbestimmung innerhalb dessen, was als Welt, Natur, Schöpfung begriffen wird, beginnt das Dilemma des Menschen. Auffassung vom Menschen und seinem Sein als Krone der Schöpfung, aus Betrachtungsweise religiöser Definition als das edelste Werk Gottes, ist zugleich unzulässiger Rechtfertigungsversuch, in dem sich der Mensch eine Stellung über allen wunderbaren Erscheinungen der Natur und Welt zubilligt, gleichzeitig das Recht ihres Gebrauchs bis in den Mißbrauch, ihrer Nutzung bis hin zur Ausnutzung. Aneignung von Sonderrechten in der Anmaßung herausgehobener Stellung generiert, neben der darin eingeschlossenen Selbstrechtfertigung, kausal eine Herrenmenschenattitüde, Wurzel des Unfriedens, Faschismus des Glaubens. Erst die angemaßte Sonderstellung ermöglicht dialektische und rechtliche Rechtfertigung für Tötungsdelikte, befähigt zum Kriegsvölkerrecht, ein Widerspruch in sich, fehlt doch jedem Volk das Recht zum Krieg grundsätzlich, besonders jedem religiösen, jedem gläubigen Volk. Aus solcher durchaus bekannten Erkenntnis beginnt Religion mit der Suche nach Gott in umgekehrter Richtung, quasi rückwärts, sucht darin Bestätigung der von Menschen gleich göttlichen Geboten verfaßten Rechtsnormen, die mit dem der Natur und dem Menschsein innewohnenden Gebot des Lebens, unabhängig von allen durch einen gedachten Gott manifestierbaren Regeln, nicht und nie übereinstimmen können. Fehlt Rechtfertigung des Handelns des Menschen aus angemaßter Sonderstellung heraus, bedingt dies einerseits Ein- und Unterordnung in den Kreislauf aller Naturerscheinungen. Unterwerfung unter den „Willen“ Gottes, hebt scheinbar freien Willen auf. Andererseits bewirkt mangelnde Rechtfertigung aus Sonderrecht Fehlen jeder (!) Handlungsrechtfertigung für Handeln des Menschen in und an Natur und Welt allgemein, gegen Menschen im besonderen. Statt dessen Rechtfertigung aus der Existenz einer wie auch immer gearteten Gottheit ziehen zu wollen, impliziert Verantwortlichkeit Gottes, eine Verantwortung, die Gott nicht aus sich heraus zukommt, sondern von Menschen zugewiesen, ihm abgerungen wird. Solches Ringen mündet folgerichtig in der Frage der Theodizee, welche durch keinerlei Theologie einer zufriedenstellenden Antwort zugeführt werden kann. Selbst wo aus Glaubensüberzeugung solche Abwälzung der Verantwortlichkeit scheinbar gelingt, beinhaltet dies weder Übertragung von Schuld noch Vergebung. Freie Willensäußerung, im Einklang mit Gewußtem oder dagegen zu handeln, Möglichkeit freier Entscheidung ist eigentliches Menschenwesen. Bei aller Glaubensgewißheit bleibt also eine „gewisse“ Verantwortlichkeit einschließlich eines gewissen Bewußtseins von Schuld, im Christentum zur Erbsünde mißbräuchlich hochstilisiert, weshalb auch eine gewisse Pflicht zur Buße und Sühne existiere. Gewissen aber ist nur Ausdruck gewußter Schuld. Es ersetzt kein Schuldeingeständnis, ist nicht Wiedergutmachung, heilt das Übel nicht. All dies geschieht im Bewußtsein der Depersonalisierung von Verantwortung und Schuld und ihrer Übertragung auf einen Gott. Letztlich bleibt auf solche Weise gedachte und erdachte Gottheit eine unzulässige Personalisierung, ein Abstraktum, dem die erwarteten Eigenschaften zur Vergebung von Schuld und das Wesen der Gnade nicht und nie eigen sind, andererseits ebensowenig diejenigen der Rache und Strafe. Gott bleibt mithin in beiderlei Hinsicht die Krise … des Menschen.

Besonders in Krisenzeiten, Zeiten allgemeiner und persönlicher Krise, begibt sich der Mensch auf die Suche nach Gott, nach ‘seinem’ Gott. Weder Selbsterkenntnis noch Eingeständnis eigener Fehlbarkeit liegen dieser Suche zugrunde. Vielmehr strebt der Mensch mit seinem aus Glauben gewonnenen Nichtwissen von und über Gott mit diesem zu einer Übereinkunft zu gelangen, einer für ihn persönlich möglichst positiven. So schachert er dann, probiert den Deal mit den himmlischen Mächten. Mancher nennt den Versuch der Geschäftsanbahnung Gebet. Von Fürbitten bis Danksagung spreizt sich ein Bogen von Begrifflichkeiten, welche nur notdürftig kaschieren, daß und wie sehr der angerufene Gott für eitle egoistische Zwecke in Anspruch genommen wird, mit welcher Vermessenheit der Gläubige der Überzeugung anhängt, persönliche Bevorzugung erlangen zu können, Gott Parteilichkeit unterstellt, parteiisches Urteil von IHM fordert. Dabei treibt der Blick aufs Ego zum Bestechungsversuch zu eigenen Gunsten. Bis zu einem gewissen Grade folgt der Versuch eigener Rechtschaffenheit. Mit dem Druck persönlicher Not, mit zunehmender Verzweifelung heiligt der Zweck die Mittel, soll harte Münze Gewogenheit herstellen, die Gottheit gefügig, willfährig machen. Dort droben aber in der Höhe ist noch jede Gottheit, so sie dort in solchen Höhen anzutreffen wäre, gegen derart schnöde Methodik mit Gleichmut gewappnet. Darf wirklich geglaubt werden, das Erpressungsgebet erreiche den himmlischen Lauscher, gilt doch nicht einmal erwiesen, ob und daß jemand lauscht?! Versprechen für künftiges Wohlverhalten, Hingabe eines Geldbetrages, Errichtung eines Ehrenmals im Tausch gegen die Bedingung göttlichen Beistandes?! Solch Beistand bleibt nach Gesetzen der Logik, nach mathematischer Regel der Menschenschicksale Vielzahl, nach Wahrscheinlichkeitsrechnung und nicht zuletzt nach glaubensethischen Grundsätzen schiere Unmöglichkeit, nach den Maßstäben allumfassender Gerechtigkeit Bestechung, dezidiertes Unrecht. Dennoch schöpft eine Vielzahl von Menschen ausgerechnet aus dem Gebet Hoffnung, festen Glauben an Überwindung einer Krise, ohne wahrzunehmen, selbst noch das Gebet ist Teil der Krise, ermangelt der ihm zugeschriebenen Magie, verzaubert GOTT nicht. Lobpreis der Gerechtigkeit Gottes konkurriert mit der Gebetsformel, welche konkrete Parteinahme fordert, herausfordert, heraufbeschwört. Und all jene Fälle, Zufälle, in denen der Beter ganz nebenbei und durch allerlei Umstände scheinbare Errettung erfährt, werden willig als billige Beweis der Gegenwart Gottes zitiert, eines darin und dadurch letztlich parteiischen, zu tiefst ungerechten, wundertätigen, wundertütigen Gottes. Zuletzt wird das scheinbar aus Glaubenskraft eingetretene Ereignis, Zeugnis göttlicher Ungerechtigkeit, als ’Wunder’ interpretiert, gereicht zur Heiligsprechung eines Menschen. Gott bleibt auch dann und besonders dadurch die Krise.