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Geschichte von England seit der Thronbesteigung Jakob's des Zweiten. Siebenter Band: enthaltend Kapitel 13 und 14.

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Verschwörung unter den in englischen Diensten stehenden französischen Truppen

Während der Herzog so seine Zeit anwendete, gafften die Irländer sein Lager an, ohne einen Angriff auf dasselbe zu wagen. Bald aber tauchten in diesem Lager zwei Uebel auf, welche gefährlicher waren als der Feind: Verrath und Krankheit. Zu den besten Truppen, die er commandirte, gehörten die französischen Verbannten. Jetzt entstanden sehr ernste Zweifel an ihrer Treue. Den wirklichen hugenottischen Refugiés konnte allerdings unbedingtes Vertrauen geschenkt werden. Der Widerwille, mit dem der eifrigste englische Protestant das Haus Bourbon und die römische Kirche betrachtete, war ein laues Gefühl im Vergleich zu dem unauslöschlichen Hasse, der in der Brust des verfolgten, mit Einquartierung gequälten, aus seinem Vaterlande vertriebenen Calvinisten des Languedoc glühte. Die Irländer hatten schon bemerkt, daß die französischen Ketzer niemals Pardon weder gaben noch annahmen.183 Jetzt aber zeigte es sich, daß mit diesen Emigranten, die dem reformirten Glauben Alles aufgeopfert hatten, Emigranten ganz andrer Art vermischt waren, Deserteurs, welche in den Niederlanden ihrer Fahne entlaufen waren und ihr Verbrechen dadurch bemäntelt hatten, daß sie vorgaben, sie seien Protestanten und ihr Gewissen gestatte ihnen nicht, für den Verfolger ihrer Kirche zu kämpfen. Einige von diesen Leuten setzten sich in der Hoffnung, durch einen zweiten Verrath Verzeihung und zugleich Belohnung zu erlangen, mit Avaux in Correspondenz. Die Briefe wurden jedoch aufgefangen und ein furchtbares Complot ans Licht gebracht. Es stellte sich heraus, daß, wenn Schomberg schwach genug gewesen wäre, dem Andringen Derer, welche eine offene Schlacht wünschten, nachzugeben, mehrere französische Compagnien in der Hitze des Gefechts auf die Engländer gefeuert haben und zum Feinde übergegangen sein würden. Ein solcher Abfall würde auch in einer besseren Armee als die bei Dundalk lagernde, einen allgemeinen Schrecken hervorgerufen haben. Hier mußte mit Strenge verfahren werden. Sechs von den Verschwörern wurden aufgehängt, und zweihundert ihrer Mitschuldigen in Eisen nach England zurückgeschickt. Selbst nach dieser Ausmerzung wurden die Refugiés von der übrigen Armee noch lange mit zwar ungerechtem, aber nicht unnatürlichem Argwohn betrachtet. Einige Tage lang hatte man sogar allen Grund zu fürchten, der Feind werde mit dem Schauspiele eines blutigen Kampfes zwischen den englischen Soldaten und ihren französischen Verbündeten unterhalten werden.184

Pestilenz in der englischen Armee

Einige Stunden vor der Hinrichtung der Haupträdelsführer wurde eine allgemeine Musterung der Armee vorgenommen, und man sah, daß die Reihen der englischen Bataillone stark gelichtet waren. Viel Kranke hatte es vom ersten Tage des Feldzugs an unter den Rekruten gegeben, aber erst zur Zeit des Aequinoctiums nahm die Sterblichkeit in beunruhigendem Maße zu. Die Herbstregen sind in Irland gewöhnlich stark, dieses Jahr aber waren sie stärker als sonst, das ganze Land war überschwemmt, und das Lager des Herzogs wurde ein förmlicher Sumpf. Die Enniskillener waren an das Klima gewöhnt, und die Holländer waren gewohnt in einem Lande zu leben, das, wie ein Witzling der damaligen Zeit sagte, funfzig Fuß Wasser zieht. Sie hielten ihre Lagerhütten trocken und reinlich und sie hatten erfahrene, aufmerksame Offiziere, welche die Unterlassung keiner Vorsicht duldeten. Die Landleute von Yorkshire und Derbyshire aber hatten weder Constitutionen, welche dem verderblichen Einflusse zu widerstehen vermochten, noch verstanden sie es, sich gegen denselben zu schützen. Die schlechten Lebensmittel, welche das Commissariat lieferte, verschlimmerte die durch die klimatischen Verhältnisse erzeugten Krankheiten. An Heilmitteln fehlte es fast ganz, Aerzte waren nur wenige vorhanden, und die Arzneikästen enthielten nicht viel mehr als Charpie und Wundpflaster. Die Engländer erkrankten und starben zu Hunderten. Selbst Diejenigen, welche nicht von der Seuche ergriffen wurden, waren entkräftet und muthlos und erwarteten, anstatt die Energie zu entfalten, welche das Erbtheil unsrer Nation ist, mit der hülflosen Apathie von Asiaten ihr Schicksal. Umsonst versuchte Schomberg sie zu lehren, wie sie ihre Quartiere verbessern und den feuchten Erdboden, auf dem sie lagen, mit einem dicken Teppich von Farrnkräutern bedecken konnten. Körperliche Anstrengung war ihnen noch schrecklicher geworden als selbst der Tod. Es stand nicht zu erwarten, daß Leute, die sich selbst nicht helfen konnten, einander gegenseitig helfen würden. Niemand beanspruchte und Niemand bezeigte Theilnahme. Die Vertrautheit mit grauenvollen Scenen erzeugte eine Gefühllosigkeit und eine verzweifelte Gottlosigkeit, die selbst in der Geschichte ansteckender Krankheiten so leicht nicht ihres Gleichen haben dürften. Das Schmerzensgestöhn der Kranken wurde durch die Flüche und unzüchtigen Reden ihrer Kameraden übertäubt. Zuweilen konnte man auf dem Leichname eines am Morgen gestorbenen Unglücklichen einen andren Unglücklichen sitzen sehen, der die kommende Nacht nicht mehr erleben konnte und der fluchend und Schandlieder singend auf die Gesundheit des Teufels Branntwein trank. Wenn die Leichen weggetragen wurden, um begraben zu werden, murrten die Ueberlebenden. Ein Todter, sagten sie, sei eine gute Decke und ein guter Stuhl. Warum sollten die Leute, wenn ein so reichlicher Vorrath eines so nützlichen Möbels vorhanden sei, der kalten Luft ausgesetzt und genöthigt sein, sich auf die nasse Erde zu legen?185

Viele Kranke wurden von den englischen Schiffen, welche nahe der Küste lagen, nach Belfast gebracht, wo ein großes Hospital errichtet war. Aber kaum die Hälfte von ihnen erlebte das Ende der Reise. Mehr als ein Schiff lag lange in der Bai von Carrickfergus, angefüllt mit Leichen und den Geruch des Todes ausströmend, ohne ein lebendes, Wesen an Bord.186

Die irländische Armee hatte viel weniger zu leiden. Der Kerne von Munster oder Connaught befand sich im Lager ganz eben so wohl als wäre er in seiner eignen Lehmhütte gewesen und hätte die Dünste seines heimathlichen Sumpfes eingeathmet. Natürlich freute er sich über das Elend der sächsischen Ketzer und hoffte, daß sie ohne einen Schwertstreich zu Grunde gehen würden. Mit Entzücken hörte er den ganzen Tag die Salven, welche über den Gräbern der englischen Offiziere knatterten, bis endlich die Begräbnisse zu zahlreich wurden, als daß sie noch mit militärischem Pomp hätten begangen werden können, und auf die schauerlichen Töne ein noch schauerlicheres Schweigen folgte.

Die Ueberlegenheit an Streitkräften war jetzt so entschieden auf Seiten Jakob’s, daß er es unbedenklich wagen konnte, fünf Regimenter von seiner Armee zu detachiren und nach Connaught zu senden. Sarsfield befehligte dieselben. Er stand allerdings nicht so hoch in der Achtung des Königs, als er es verdiente. Der König erklärte ihn mit einer Miene geistiger Ueberlegenheit, welche Avaux und Rosen ein spöttisches Lächeln abgezwungen haben muß, für einen wackeren Burschen, der aber sehr stiefmütterlich mit Verstand bedacht sei. Nur mit großer Mühe bewog der Gesandte Se. Majestät dazu, den besten Offizier der irischen Armee zum Range eines Brigadiers zu befördern. Sarsfield rechtfertigte jetzt vollkommen die vortheilhafte Meinung, die sich seine französischen Gönner von ihm gebildet hatten. Er vertrieb die Engländer aus Sligo und sicherte mit gutem Erfolg Galway, das in ernster Gefahr gewesen war.187

 

Auf die englischen Verschanzungen vor Dundalk wurde jedoch kein Angriff gemacht. Inmitten der sich stündlich mehrenden Schwierigkeiten und Unfälle zeigten sich die glänzenden Eigenschaften Schomberg’s immer deutlicher. Nicht im vollen Strome des Glücks, nicht auf dem Schlachtfelde von Montes Claros, nicht unter den Mauern von Mastricht hatte er die Bewunderung der Menschheit so wohl verdient. Seine Entschlossenheit wankte nie; seine Umsicht schlummerte nie; trotz vielfacher Verdrüßlichkeiten und Provocationen war er stets froher und heiterer Laune. Der Effectivbestand seiner Mannschaften, selbst wenn man alle die, welche nicht am Fieber darnieder lagen, als effectiv mitrechnete, überstieg jetzt nicht mehr fünftausend. Diese waren kaum noch dem gewöhnlichen Dienste gewachsen, und sie mußten jetzt zu doppelten Dienstleistungen angetrieben werden. Dessenungeachtet traf der alte Mann seine Dispositionen so meisterhaft, daß er mit diesen geringen Streitkräften mehrere Wochen lang einer von einer Menge bewaffneter Banditen begleiteten Truppenmacht von zwanzigtausend Mann die Spitze bot.

Die englische und die irische Armee beziehen ihre Winterquartiere

Zu Anfang des November zerstreuten sich endlich die Irländer und begaben sich in ihre Winterquartiere. Der Herzog brach nun ebenfalls sein Lager ab und zog sich nach Ulster zurück. In dem Augenblicke als die letzten Reste seiner Armee sich in Bewegung setzen sollten, verbreitete sich das Gerücht, daß der Feind in bedeutender Stärke heranrücke. Hätte dieses Gerücht auf Wahrheit beruht, so wäre die Gefahr sehr groß gewesen. Obgleich aber die englischen Regimenter auf den dritten Theil ihrer Vollzähligkeit zusammengeschmolzen waren und obgleich die Leute, die sich noch am wohlsten befanden, kaum das Gewehr zu schultern vermochten, so legten sie doch bei der Aussicht auf eine Schlacht eine außerordentliche Freude und Munterkeit an den Tag und schwuren, daß die Papisten für alles Elend der letzten Monate bezahlen sollten. „Wir Engländer,“ sagte Schomberg, sich heiter mit der Nation des Landes, das ihn adoptirt hatte, identificirend, „wir Engländer sind immer kampflustig; schade daß wir nicht eben so viel Lust zu einigen anderen Zweigen des Soldatenhandwerks haben.“

Der Alarm erwies sich als grundlos. Die Armee des Herzogs zog unbelästigt ab, aber die Straße, auf der sie dahin marschirte, bot einen eben so beklagenswerthen als abschreckenden Anblick dar. Ein langer Zug von mit Kranken beladener Wagen bewegte sich langsam über das holprige Pflaster. Bei jedem Stoße gab ein Unglücklicher den Geist auf und der Leichnam wurde hinausgeworfen und unbeerdigt den Füchsen und Krähen preisgegeben. Die Gesammtzahl Derer, welche im Lager vor Dundalk, im Hospital von Belfast, auf der Straße und auf der See starben, belief sich auf mehr als sechstausend Mann. Die Ueberlebenden wurden für den Winter in den Städten und Dörfern von Ulster untergebracht. Der General nahm sein Hauptquartier in Lisburn.188

Verschiedene Meinungen über Schomberg’s Verfahren

Sein Verfahren wurde verschieden beurteilt. Einsichtsvolle und aufrichtige Männer sagten, er habe sich selbst übertroffen und es gebe keinen zweiten Feldherrn in Europa, der, mit ungeübten Truppen, unwissenden Offizieren und spärlichen Vorräthen, zu gleicher Zeit gegen ein feindliches Heer von großer Uebermacht, gegen ein betrügerisches Commissariat, gegen ein Nest von Verräthern im eignen Lager und gegen eine Krankheit, mörderischer als das Schwert, ankämpfend, den Feldzug ohne Verlust einer Fahne oder einer Kanone zu Ende geführt haben würde. Auf der andren Seite murrten viele von den neuernannten Majors und Hauptleuten, deren Unerfahrenheit seine Verlegenheiten vermehrt hatte und die keine andre Qualification für ihren Posten besaßen als persönliche Tapferkeit, über die Geschicklichkeit und Geduld, die sie vom Untergang gerettet. Ihre Beschwerden fanden jenseit des St. Georgskanals Wiederhall. Zum Theil war das Murren, wenn auch ungerecht, doch zu entschuldigen. Den Eltern, die einen tapfern Sohn in seiner ersten Uniform geschickt hatten, damit er sich den Weg zum Ruhm erkämpfe, konnte man es wohl verzeihen, wenn ihr Schmerz sie zur Heftigkeit und Unbilligkeit hinriß, als sie erfuhren, daß der unglückliche Jüngling auf einem Bund Stroh ohne ärztlichen Beistand gestorben und ohne religiöse oder militärische Ceremonie in einem Sumpfe begraben worden war. Aber in den Weheruf verwaister Familien mischte sich ein andres minder achtungswerthes Geschrei. Alle Die, welche gern Neuigkeiten hörten und wiedererzählten, schmähten den General, der ihnen so wenig Neuigkeiten zu hören und zu erzählen gab. Diese Art Leute haben eine solche Sucht nach Aufregung, daß sie viel eher einem Feldherrn verzeihen, der eine Schlacht verliert, als einem, der eine Schlacht ablehnt. Die Politiker, welche ihre Orakelsprüche im dicksten Tabaksrauche bei Garroway von sich gaben, fragten, ohne weder vom Kriege im allgemeinen noch von dem irischen Kriege im besondern das Geringste zu verstehen, sehr ernsthaft, warum Schomberg denn nicht losschlage. Daß er sein Handwerk nicht verstehe, wagten sie nicht zu sagen. Er sei ohne Zweifel ein vortrefflicher Offizier, aber er sei sehr alt. Er trage die Last seiner Jahre zwar mit Ehren, aber seine Geisteskräfte seien nicht mehr das was sie früher gewesen; sein Gedächtniß werde schwach und Jedermann wisse, daß er zuweilen am Nachmittag vergessen habe, was er am Vormittag gethan. Es dürfte wohl schwerlich je einen Menschen gegeben haben, dessen Geist im achtzigsten Lebensjahre noch eben so frisch und lebendig gewesen wäre als im vierzigsten; daß aber Schomberg’s Geisteskräfte durch die Jahre wenig geschwächt waren, das beweisen zur Genüge seine Depeschen, welche noch existiren und Muster von officieller Schreibweise sind: abgerundet, klar, voll bedeutender Facta und gewichtiger Gründe und in die möglichst geringe Wortzahl zusammengedrängt. In diesen Depeschen spielt er zuweilen, nicht hämisch, sondern mit ruhiger Verachtung, auf den Tadel an, den sein Verhalten von Seiten hohler Schwätzer, die in ihrem Leben keine wichtigere militärische Operation als das Ablösen der Wache in Whitehall gesehen und die sich einbildeten, es sei nichts leichter als in jeder Lage und gegen jede Uebermacht große Siege zu erkämpfen, sowie von Seiten vierschrötiger Patrioten erfahren, welche überzeugt seien, daß ein einziger englischer Fuhrmann oder Drescher, der noch nicht gelernt habe, ein Gewehr zu laden oder eine Pike zu tragen, es mit fünf Musketieren von König Ludwig’s Haustruppen aufnehmen könne.189

Marineangelegenheiten

So unbefriedigend die Resultate des Feldzugs in Irland gewesen waren, die Ergebnisse der Seeoperationen dieses Jahres waren noch weniger befriedigend. Man hatte zuversichtlich erwartet, daß zur See England im Bunde mit Holland der Macht Ludwig’s mehr als ebenbürtig sein werde; allein es ging Alles unglücklich. Herbert war nach dem unbedeutenden Scharmützel in der Bantrybai mit seinem Geschwader nach Portsmouth zurückgekehrt. Hier sah er, daß er die gute Meinung weder des Publikums noch der Regierung verloren hatte. Das Haus der Gemeinen dankte ihm für seine Dienste und er erhielt sprechende Beweise von der Gunst der Krone. Er war nicht bei der Krönung gewesen und hatte daher keinen Theil an den Belohnungen gehabt, welche bei Gelegenheit dieser Feierlichkeit unter die Hauptactoren der Revolution vertheilt worden waren. Dies wurde jetzt nachgeholt und er zum Earl von Torrington erhoben. Der König begab sich nach Portsmouth, speiste an Bord des Admiralschiffes, sprach sein vollstes Vertrauen zu der Tapferkeit und Loyalität der Flotte aus, schlug zwei tüchtige Kapitains, Cloudesley Shovel und Johann Ashby, zu Rittern und ließ ein Geschenk unter die Mannschaften vertheilen.190

Torrington’s schlechte Verwaltung

Wir können Wilhelm keinen begründeten Vorwurf deshalb machen, daß er eine hohe Meinung von Torrington hatte, denn Torrington galt allgemein für einen der tapfersten und geschicktesten Offiziere der Flotte. Jakob, der die Marineangelegenheiten besser verstand als irgend etwas Andres, hatte ihn zum Contreadmiral von England befördert. Diesen Posten, wie noch andere einträgliche Stellen hatte Torrington aufgegeben, als er sah, daß er sie nur behalten konnte, wenn er sich zum Werkzeug der jesuitischen Cabale hergab. Niemand hatte eine thätigere, gewagtere und nützlichere Rolle in der Revolution gespielt als er. Daher schien Niemand gegründeteren Anspruch darauf zu haben, an die Spitze der Marineverwaltung gestellt zu werden. Und doch eignete sich Niemand weniger für einen solchen Posten. Seine Moralität war stets locker, ja so locker gewesen, daß die Festigkeit, mit der er unter der vorigen Regierung seinem Glauben treu blieb, großes Erstaunen erregt hatte. Seine ruhmvolle Ungnade schien zwar einen heilsamen Einfluß auf seinen Character ausgeübt zu haben, denn in seiner Armuth und Verbannung erhob sich der Wüstling zu einem Helden. Sobald aber das Glück wiederkehrte, sank der Held wieder zum Wüstling herab, und dieser Fall war tief und hoffnungslos. Die Fäden seines Geistes, welche auf kurze Zeit straffer angespannt gewesen, waren jetzt durch das Laster dermaßen erschlafft, daß er zur Selbstverleugnung oder zu einer angestrengten Thätigkeit vollkommen unfähig war. Den rohen Muth des Seemanns besaß er wohl noch, aber als Admiral wie als erster Lord der Admiralität war er durchaus ungenügend. Monat auf Monat lag die Flotte, welche der Schrecken der Meere hätte sein sollen, unthätig im Hafen, während er sich in London amüsirte. Die Matrosen gaben ihm in spöttelnder Anspielung auf seinen neuen Titel den Namen Tarry-in-town.191 Als er endlich an Bord kam, war er von einem Schwarme von Courtisanen begleitet. Es gab kaum eine Stunde des Tages wie der Nacht, wo er frei von den Dünsten des Claret gewesen wäre. Sein unersättlicher Hang zum Vergnügen machte ihn naturgemäß auch unersättlich nach Reichthum. Doch liebte er die Schmeichelei fast eben so sehr als Reichthum und Vergnügen. Er war seit langer Zeit gewohnt, von seinen Untergebenen die kriechendsten Huldigungen zu verlangen. Sein Admiralschiff war ein kleines Versailles. Er erwartete, daß seine Kapitains sich sowohl des Abends, wenn er zu Bett ging, als auch des Morgens beim Aufstehen in seiner Kajüte versammelten; ja er ließ sich sogar von ihnen ankleiden. Der Eine kämmte ihm seine wallende Perrücke, ein Andrer stand mit dem gestickten Rocke bereit. Unter einem solchen Befehlshaber konnte von Disciplin nicht die Rede sein. Seine Theerjacken verbrachten ihre Zeit in Saus und Braus unter dem Pöbel von Portsmouth, und diejenigen Offiziere, die sich durch Servilität und Speichelleckerei seine Gunst erworben hatten, erhielten leicht Urlaub und blieben wochenlang in London, wo sie in den Wirthshäusern schwelgten, durch die Straßen schlenderten oder den maskirten Damen im Theater den Hof machten. Die Proviantlieferanten merkten bald, mit wem sie es zu thun hatten und schickten der Flotte Fässer Fleisch, das kein Hund angerührt haben würde, und Tonnen Bier, das schlimmer roch als fauliges Wasser. Währenddem war der britische Kanal den französischen Seeräubern preisgegeben. Unsere Kauffahrteischiffe wurden angesichts der Wälle von Plymouth gekapert; die Zuckerflotte aus Westindien verlor sieben Schiffe. Der Gesammtwerth der Prisen, welche in unmittelbarer Nähe unsrer Insel von den Kreuzern des Feindes weggenommen wurden, während Torrington sich mit seiner Flasche und seinem Harem beschäftigte, wurde auf sechsmalhunderttausend Pfund Sterling geschätzt. Das Geleit eines Kriegsschiffes war, außer wenn man große Summen auf Bestechung verwendete, so schwer zu erlangen, daß unsere Kaufleute sich gezwungen sahen, zu diesem Zwecke holländische Kaper zu miethen, die sie weit nützlicher und minder geldgierig fanden, als die Offiziere unsrer eignen königlichen Flotte.192

 

Die festländischen Angelegenheiten

Das einzige Departement, an dem sich nichts aussetzen ließ, war das der Auswärtigen Angelegenheiten. Hier war Wilhelm sein eigner Minister, und wo er sein eigner Minister war, da gab es keine Verzögerungen, keine Mißgriffe, keine Betrügereien und Verräthereien. Die Schwierigkeiten, mit denen er zu kämpfen hatte, waren jedoch groß. Selbst im Haag stieß er auf einen Widerstand, den seine ganze Klugheit und Festigkeit, unterstützt durch Heinsius’ kräftigen Beistand, kaum zu bewältigen vermochte. Die Engländer ahneten nicht, daß, während sie über die Parteilichkeit ihres Souverains für sein Geburtsland murrten, eine starke Partei in Holland über seine Parteilichkeit für sein Adoptivvaterland murrte. Die holländischen Gesandten zu Westminster beschwerten sich darüber, daß die Allianzbedingungen welche er vorschlug, erniedrigend für die Würde und nachtheilig für die Interessen der Republik seien, daß er überall wo die Ehre der englischen Flagge ins Spiel komme, übertrieben streng und obstinat sei; daß er peremtorisch auf einem Artikel bestehe, der allen Handelsverkehr mit Frankreich verbiete und der an der amsterdamer Börse schmerzlich empfunden werden müsse; daß er, als sie die Hoffnung ausgesprochen, daß die Navigationsacte aufgehoben werden würde, in ein Gelächter ausgebrochen sei und ihnen gesagt habe, daran sei nicht zu denken. Er setzte alle seine Bedingungen durch und es wurde ein feierlicher Vertrag geschlossen, durch den England und der batavische Bund sich verpflichteten, fest zu einander gegen Frankreich zu halten und nur mit beiderseitigem Einverständniß Frieden zu schließen. Aber einer der holländischen Bevollmächtigten erklärte, daß er fürchte, dereinst als Verräther betrachtet zu werden, weil er soviel zugestanden habe, und die Unterschrift eines andren verrieth deutlich, daß sie mit vor innerer Bewegung zitternder Hand geschrieben worden war.193

Inzwischen war unter Wilhelm’s geschickter Leitung ein Allianzvertrag zwischen den Generalstaaten und dem Kaiser geschlossen worden. Spanien und England traten diesem Tractate bei, und so waren die vier Großmächte, welche schon längst durch ein freundschaftliches Einverständniß mit einander verbunden gewesen, durch einen förmlichen Vertrag an einander gekettet.194

Bevor aber dieser förmliche Vertrag unterzeichnet und besiegelt war, standen alle contrahirenden Theile unter den Waffen. Zu Anfang des Jahres 1689 wüthete der Krieg über dem ganzen Kontinent vom Hämus bis zu den Pyrenäen. Das von allen Seiten zu gleicher Zeit angegriffene Frankreich vertheidigte sich auf allen Seiten nachdrücklich, und seine türkischen Alliirten gaben einer großen deutschen Truppenmacht in Serbien und Bulgarien vollauf zu thun. Im Ganzen genommen waren die Resultate der militärischen Operationen des Sommers den Verbündeten nicht ungünstig. Jenseit der Donau erfochten die Christen unter dem Prinzen Ludwig von Baden eine Reihe von Siegen über die Muselmänner. In den Gebirgen von Roussillon kämpften die französischen Truppen ohne irgend einen entscheidenden Vortheil gegen das kriegerische Landvolk Cataloniens. Eine deutsche Armee unter Anführung des Kurfürsten von Baiern hielt das Erzbisthum Cöln besetzt. Eine andre wurde von Karl, Herzog von Lothringen, befehligt, einem Fürsten, der, nachdem die Waffen Frankreich’s ihn aus seinen Landen vertrieben, ein Soldat des Zufalls geworden war und als solcher sowohl Auszeichnung erlangt als auch Rache geübt hatte. Er marschirte gegen die Verwüster der Pfalz, zwang sie sich über den Rhein zurückzuziehen und nahm nach einer langen Belagerung die wichtige und stark befestigte Stadt Mainz.

Zwischen der Sambre und der Maas standen die Franzosen unter Anführung des Marschalls Humieres den Holländern gegenüber, welche der Fürst von Waldeck commandirte, ein Offizier, der den Generalstaaten lange mit Treue und Umsicht, wenn auch nicht immer mit besonderem Glück gedient hatte und den Wilhelm sehr hoch schätzte. Unter Waldeck’s Befehlen diente Marlborough, dem Wilhelm eine aus den besten Regimentern der alten Armee Jakob’s bestehende englische Brigade anvertraut hatte. Der Zweite nach Marlborough im Commando wie auch in militärischer Geschicklichkeit war Thomas Talmash, ein wackerer Soldat, aber zu einem Schicksale bestimmt, dessen man sich nicht ohne Beschämung und Unwillen erinnern kann.

183Nihill’s Journal. Ein französischer Offizier sagt in einem bald nach Schomberg’s Landung an Avaux geschriebenen Briefe: „Les Huguenots font plus de mal que les Anglois, et tuent force Catholiques pour avoir fait résistance.“
184Story; Erzählung, welche Avaux unterm 26. Nov. (6. Dec.) 1689 Seignelay übersandte; London Gazette vom 14. Oct. 1689. Merkwürdig ist es, daß, obgleich Dumont sich im Lager bei Dundalk befand, in seinem Manuscripte von der Verschwörung unter den Franzosen nichts erwähnt ist.
185Story’s Impartial History; Dumont-Manuscript. Die Gottlosigkeit und Unsittlichkeit, welche während der Krankheit im Lager herrschten, werden in vielen damaligen Pamphlets in Versen wie in Prosa erwähnt. Man sehe insbesondere eine Satyre betitelt: Reformation of Manners, Theil II.
186Story’s Impartial History.
187Avaux, 11. (21.) Oct., 14. (24.) Nov. 1689; Story’s Impartial History; Life of James, II. 382, 383. Orig. Mem.; Nihell’s Journal.
188Story’s Impartial History; Schomberg’s Depeschen; Nihell’s Journal und Life of James; Burnet II. 20.; Dangeau’s Tagebuch während dieses Herbstes; die Erzählung, welche Avaux an Seignelay einsandte, und das Dumont-Manuscript. Die Lügen der London Gazette sind haarsträubend. Während des ganzen Herbstes sollen die Truppen beständig in guter Verfassung gewesen sein. In dem albernen Drama, betitelt: The Royal Voyage, welches zur Belustigung des Londoner Pöbels im Jahre 1689 aufgeführt wurde, werden die Irländer dargestellt, wie sie einige von den kranken Engländern angreifen. Die Engländer schlagen die Angreifenden in die Flucht und fallen dann todt nieder.
189Siehe seine Depeschen im Anhange zu Dalrymple’s Memoiren.
190London Gazette vom 20. Mai 1689.
191Bleib’ in der Stadt. – D. Uebers.
192Commons’ Journals, Nov. 13. 23. 1689; Grey’s Debates, Nov. 13. 14. 18. 23. 1689. Siehe unter vielen Schmähschriften die Parable of the Bearbaiting; Reformation of Manners, a Satire; The Mock Mourners, a Satire. Außerdem auch Pepys’s Diary, Kept at Tangier, Oct. 15. 1683.
193Die beste Uebersicht über diese Verhandlungen findet man in Wagenaar, 61. Er hat die Witsen’schen Papiere zur Hand gehabt und denselben zahlreiche Citate entnommen. Witsen war es, der in heftiger Bewegung unterschrieb, „zo als,“ sagt er, „myne beevende hand getuigen kan.“ Die Verträge findet man in Dumont’s Corps Diplomatique. Sie wurden im August 1689 unterzeichnet.
194Der Vertrag zwischen dem Kaiser und den Generalstaaten ist vom 12. Mai 1689 datirt. Er befindet sich in Dumont’s Corps Diplomatique.