Gaias Garten

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Warum ist Gärtnern so viel Arbeit?

Ein Ziel eines ökologischen Gartens besteht darin, die natürlichen Zyklen wiederherzustellen, die durch konventionelle Gartengestaltung und Landwirtschaft unterbrochen wurden. Haben Sie sich jemals gefragt, warum ein Wald oder eine Wiese perfekt aussehen und kaum Krankheiten haben, ohne gepflegt zu werden, während ein Garten mühsame Arbeitsstunden erfordert? In einem Garten kommen Unkräuter noch immer hoch wie, na, Unkraut eben, und jede Pflanze scheint ihre eigenen seltsamen Flecken und Fraßinsekten zu haben. Dies geschieht, weil die meisten Gärten die Regeln der Natur ignorieren.

Sehen Sie doch, wie sich Gärten von natürlichen Landschaften unterscheiden. Die Natur tut nie nur eine Sache, und sie verabscheut nackte Erde, große Blöcke einer einzigen Pflanzensorte und Vegetation, in der alle Pflanzen die gleiche Höhe und Wurzeltiefe haben. Die Natur gräbt auch nicht um – in der Wildnis wird der Boden eigentlich nur dann durcheinandergebracht, wenn ein Baum umfällt und seine nach oben gewandten Wurzeln die Erde aufwühlen. Doch unsere Gärten sind virtuelle Schaukästen all dieser unnatürlichen Methoden. Ganz zu schweigen von unserem breit angelegten Einsatz von Pestiziden und chemischen Düngemitteln.

Jede dieser unnatürlichen Gartentechniken wurde zu einem bestimmten Zweck entwickelt. Die Bodenbearbeitung z. B. vernichtet Unkräuter und bringt Luft an die Mikroben, die metabolisch aufgeladen eine Flut von Nährstoffen für ein schnelles Pflanzenwachstum freisetzen. Dies sind kurzfristig fantastische Vorteile für die Pflanzenden. Doch wir wissen mittlerweile, dass die Bodenbestellung langfristig die Fruchtbarkeit herabsetzt (diese aufgedrehten Mikroben verbrennen alle Nährstoffe und sterben dann), mehr Krankheit verursacht und die Bodenstruktur ruiniert, was eine Verdichtung des Ortsteins und massive Erosion zur Folge hat.

Die nackte Erde in einem typischen Garten, ob in einem frisch bestellten Beet oder zwischen sauber angeordneten Pflanzen, ist der perfekte Lebensraum für Unkrautsamen. Unkräuter sind einfach Pionierpflanzen, die durch Milliarden Jahre Evolution geformt wurden, um schnell gestörten, offenen Boden zu bedecken. Das tun sie unerbittlich auf dem kahlen Boden eines Gartens. Die nackte Erde wird auch mit dem Regen weggespült, wodurch mehr Bodenbearbeitung zum Auflockern der am Ende verschlammten, zerklüfteten Erde und mehr Dünger zum Ersetzen verlorener Nährstoffe nötig ist.

Dicke/Solide Blöcke der gleichen Pflanzenart sind zwar leicht zu säen und zu ernten, aber sie wirken wie ein »All you can eat«-Schild für Insektenplagen und Krankheiten. Schädlinge fressen sich an diesem ununterbrochenen Feld reichhaltiger Nahrung satt, während sie von Pflanze zu Pflanze springen und sich so stark vermehren, dass sie zur Plage werden.

Jede der oben genannten gebräuchlichen Techniken entstand, um ein bestimmtes Problem zu lösen, doch wie jeder zielgerichtete Ansatz lassen sie sich oft nicht so gut mit anderen Methoden kombinieren, die nur einem Zweck dienen, und verlieren das große Ganze aus den Augen. Das Gesamtbild ist hier, im typischen Garten, kein glückliches. Viel mühsame Arbeit, kein Platz für einheimische oder seltene Arten, kränkelnde Pflanzen auf der Intensivstation, Abhängigkeit von Ressourcen verschlingenden giftigen Chemikalien und, ganz allgemein, ein Rückgang von Gesundheit, Ertrag und Schönheit im Garten, wenn wir nicht ständig und mühsam eingreifen. Dennoch haben wir all dies als Teil der Gartenarbeit akzeptiert.

Es gibt auch andere Wege des Gärtnerns. Konventionelle Landschaften haben das Gewebe der Natur zerrissen. Wichtige Fäden fehlen. Wir können viele dieser unterbrochenen Verbindungen wiederherstellen und mit der Natur arbeiten, um unsere eigene Last zu verringern, ganz zu schweigen von den Kosten für die Umwelt. Warum soll man z. B. umgraben und enorme Mengen Dünger einarbeiten, wenn Würmer und anderes Bodenleben, kombiniert mit Fruchtbarkeit steigernden Pflanzen, ohne viel Arbeit die feinste Erde erzeugen? So macht die Natur das. Dann müssen wir nur die kleinen Mengen an Nährstoffen ergänzen, die durch die Ernte verloren gegangen sind. (Pflanzen bestehen überwiegend aus Wasser sowie etwas Kohlenstoff aus der Luft. Die winzigen Mengen an Mineralien, die sie aus der Erde holen, lassen sich leicht ersetzen, wenn man die richtigen Techniken anwendet.)

»Lass es die Natur machen« lässt sich auch auf Schadinsekten anwenden. In einer ausgeglichenen Landschaft geraten Krankheiten und Insektenprobleme selten außer Kontrolle. Denn in dem bunt gemischten, vielfältigen Garten, den wir durch dieses Buch gestalten lernen, ist jedes Insekt, jeder Pilz, jedes Bakterium oder jede potenziell invasive Pflanze von einem natürlichen Netz der gegenseitigen Kontrolle umgeben. Wenn eine Art zu zahlreich wird, macht ihre schiere Verfügbarkeit sie zu einer schmackhaften, unwiderstehlichen Nahrungsquelle für etwas anderes, das sie auf ein überschaubares Maß zurückschraubt. So funktioniert die Natur und das ist ein nützlicher Trick für den ökologischen Garten.

Einen gut ausgewogenen Garten schaffen bedeutet, etwas darüber zu wissen, wie sich die Natur verhält. Zu diesem Zweck bietet dieses Buch ein Kapitel über Ökologie für Gärtner und in den anderen Kapiteln sind viele Beispiele für die Prinzipien der Natur bei der Arbeit eingeflochten. Indem man die Methoden der Natur anwendet, sei es zum Anbau von Gemüse, Blumen oder Pflanzen für wildlebende Tiere, macht der Garten weniger Arbeit, ist weniger anfällig für Probleme und deutlich mehr wie die dynamischen, lebhaften Landschaften in der Natur. Diese Garten-Ökosysteme sind enorm einladend für die wilde Welt und die Menschen, bieten Nahrung und andere Produkte zur Selbstversorgung sowie Schönheit und Inspiration.

Ganz weit über natürliches Gärtnern hinaus

Manches, was Sie bisher gelesen haben, klingt vielleicht vertraut. In den letzten 20 Jahren haben wir gesehen, wie Gärten und Landschaften mit heimischen Pflanzen entstanden, die natürliche Vegetationsgruppierungen nachahmen, ein Stil, der allgemein als natürliches Gärtnern bezeichnet wird. Viele dieser Gärten versuchen, heimische Pflanzengemeinschaften nachzustellen, indem sie Pflanzen im Garten zu Prärien, Waldstücken, Feuchtgebieten und anderen wilden Lebensräumen gruppieren. Somit ist Gärtnern mit der Natur für viele Leser keine neue Idee.

Ökologische Gärten nutzen auch Prinzipien, die aus der Beobachtung und dem Leben in wildem Land abgeleitet wurden, doch mit einem anderen Ziel. Natürliche Gärten bestehen fast ausschließlich aus heimischen Pflanzen und wollen Lebensraum schaffen und wiederherstellen. Ein geringer Prozentsatz der gepflanzten Arten könnte bedroht sein, obwohl sie normalerweise verbreitete heimische Arten sind. Diese Gärten werden, wie Ken Druse in The Natural Habitat Garden schreibt, oft als »unentbehrlich für die Zukunft des Planeten« beschrieben. Ich unterstütze den Einsatz heimischer Pflanzen in der Landschaft zu Hause. Aber natürliche Gärten, die kaum etwas für den Menschen bieten, werden nie mehr als einen winzigen Einfluss auf den Umweltschaden haben. Hier ist die Erklärung.

In den USA beträgt die Fläche aller bebauten und bewohnten Grundstücke – Städte, Vororte und ländliche Gemeinden, einschließlich Straßen, Gebäude, Gärten und so weiter – nur etwa 6 Prozent der gesamten Landesfläche. Man könnte jeden Garten und Stadtpark mit heimischen Pflanzen bepflanzen und hätte damit noch nicht einmal im Ansatz begonnen, den Verlust an einheimischen Arten und Lebensraum einzudämmen.

Doch selbst wenn bebautes Land in Städten und Vororten mit Gärten gefüllt wäre, in denen nur Einheimisches wächst, wäre es niemals wild. Durch Straßen in winzige Fragmente geteilt, mit Häusern und Autobahnen zugekleistert, die Bäche in den Untergrund verbannt, voller räuberischer Katzen und Hunden, ist dies Land, das von Menschen und unseren Verbündeten an sich genommen und aus größeren Ökosystemen herausgelöst wurde, und so wird es auch bleiben. Ich leugne nicht, dass wir einige wenige Arten retten könnten, wenn wir die Vorstädte mit ungewöhnlichen, gefährdeten einheimischen Pflanzen bepflanzen würden. Doch viele einheimische Arten, vor allem Tiere, sind mit dem vom modernen Menschen bewohnten Land unvereinbar und benötigen große Flächen unberührten Terrains, um zu überleben. Die Bepflanzung vorstädtischer Gärten mit einheimischen Pflanzen wird sie nicht retten.

Der echte Schaden an der Umwelt geschieht auch nicht durch die Städte und Vororte selbst, sondern durch die Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Wir, die wir in den bebauten 6 Prozent des Landes wohnen, haben einen unstillbaren Appetit und nutzen zwischen 40 und 70 Prozent der Landfläche der USA (die Schätzungen schwanken je nachdem, wie »nutzen« definiert ist), um uns zu versorgen. Monokultur-Farmen und Wirtschaftswälder, Weideland und Mastbetriebe, Stauseen, Tagebau, Militärsperrgebiete und all die anderen Errungenschaften der modernen Zivilisation verbrauchen sehr viel Platz, und fast nichts davon funktioniert als ursprüngliche oder gesunde natürliche Umgebung. Jede nicht einheimische Mahlzeit, jeder Besuch im Holzhandel, in der Apotheke, im Bekleidungs- oder einem anderen Geschäft autorisiert dazu, den einst ursprünglichen Lebensraum in eine ökologische Wüste zu verwandeln. Das Bauholz für ein typisches US-amerikanisches Haus mit einer Fläche von 230 m2 skalpiert ungefähr 1,2 Hektar Wald und macht daraus einen öden Kahlschlag – somit hilft es einheimischen Arten deutlich mehr, wenn man in einem bescheidenen Heim lebt, statt ein paar Berglorbeeren auf einem kleinen Vorstadtgrundstück zu pflanzen.

Heimische Pflanzen sollten in unseren Gärten sicher nicht fehlen, doch Gärten mit einheimischen Gewächsen werden unseren Raubbau an wildem Land nicht sehr viel verringern, wenn wir nicht auch unseren Ressourcenverbrauch zurückschrauben. Ein Garten mit heimischen Pflanzen ist für die Umwelt zwar einfacher als ein Rasen, doch er ändert nichts an der Tatsache, dass der Besitzer überall einen immensen Verlust an Lebensraum verursacht, den er nicht sieht. Aber ein ökologischer Garten kann das ändern.

 

Jedes bisschen Nahrung, jedes Stück Bauholz, jedes Heilkraut oder andere menschliche Produkt, das aus dem Garten von jemandem stammt, bedeutet, dass ein Stück Land weniger außerhalb unserer Heimatstadt seiner heimischen Pflanzen beraubt und für den menschlichen Gebrauch erschlossen werden muss. Massentierbetriebe und Industriewälder – mit Pestiziden versetzt, in Monokultur angebaut, von allem steril gehalten außer einer einzigen Art – sind biologisch weitaus verarmter als jeder Vorstadtgarten. Aber Bauernhöfe und Baumplantagen sind die Ländereien, die tatsächlich wieder wild werden könnten. Städte und Vororte sind bereits außerhalb des natürlichen Kreislaufs, daher sollten wir uns bemühen, sie für die Menschen so nutzbringend und multifunktional wie möglich zu machen, nicht einfach nur Büroparks und Schlafzimmer. Und städtisches Land kann unglaublich produktiv sein. In der Schweiz z. B. stammen 70 Prozent des gesamten Bauholzes aus Gemeindewäldern. Unsere Städte könnten die Materialien für viele menschliche Bedürfnisse liefern und einigen Ackerflächen und Baumschulen erlauben zu renaturieren.

Ich spreche nicht davon, jeden Garten in Reihenkulturen zu verwandeln. Wenn man ökologisch gärtnert und multifunktionale Landschaften entwirft, die Nahrung und andere Güter für uns selbst liefern, während sie eine natürliche Umgebung für andere Arten schaffen, können wir unsere Städte wirklich zum Blühen bringen. Doch ein Garten voller heimischer Pflanzen, ohne eine einzige für den menschlichen Gebrauch, bedeutet nur, dass es woanders und außer Sichtweite einen Bauernhof mit ausländischen Pflanzen und Fabrikwald gibt, die mit der damit einhergehenden Umweltzerstörung für die Bedürfnisse dieses Vorstädters sorgen, der heimische Pflanzen liebt. Selbst Biobauernhöfe sind gewöhnlich Monokulturen. Im Kontrast dazu vermindert ein Garten mit sorgfältig ausgesuchten Exoten (und auch einigen Einheimischen) den ökologischen Schaden durch die menschlichen Bewohner weitaus mehr als ein Garten, der nur heimische Gewächse aufweist. Wenn wir uns in unseren eigenen Gärten versorgen, können Massentierbetriebe und Wirtschaftswälder schrumpfen. Irgendwo muss ein Landwirt nicht mehr ganz so nah an einem Bach pflügen und rettet Uferarten, die nie auf einem Vorortgrundstück gedeihen würden.

Die Debatte Einheimische versus Exoten

Zunächst ein Wort zur Terminologie. Der Begriff invasiv ist emotional mit negativen Konnotationen aufgeladen. Das Wort impliziert, dass eine Art von sich aus eindringen kann, doch die Fähigkeit zum Eindringen ist nicht auf bestimmte Arten begrenzt. Ob ein Organismus in eine neue Landschaft eindringt, hängt von der Interaktion zwischen ihm und seiner Umgebung ab, der lebenden und unbelebten. In einem neuen Zuhause kann eine Art gedeihen, in einem anderen kann sie völlig versagen. Eine Spezies »invasiv« zu nennen, ist keine gute Wissenschaft. Ich folge David Jackes Beispiel, der in seinem Buch, Edible Forest Gardens, das Wort opportunistisch verwendet. Dieses Wort gibt viel genauer den Sinn wieder, dass eine Art bestimmte Bedingungen benötigt, um sich so zu verhalten, wie sie es tut. Viele widerspenstige exotische Arten sind in ihrer Heimat langweilig zahm. Selbst die Begriffe einheimisch und exotisch haben ihre Schwierigkeiten, doch ich verwende sie weiterhin. Bedeutet exotisch, eine Art war nicht da, bevor Sie auftauchten, vor der Ankunft des ersten Botanikers, vor Kolumbus, dem ersten Menschen oder was? Die Arten sind ständig in Bewegung. Wir müssen diese Begriffe neu überdenken und auch, warum wir sie einsetzen.

Das Gärtnern mit heimischen Pflanzen ist in den letzten Jahren nicht nur populär geworden, sondern eine cause célèbre. Unterstützer von natürlichem Gärtnern können sich richtig in Rage reden, wenn jemand nicht einheimische Pflanzen empfiehlt. Regierungen, die Agrarwirtschaft und Schutzgruppen haben Millionen in dem Bemühen ausgegeben, »exotische« Arten auszurotten. Parkabteilungen landesweit haben Grundsätze für Wanderwege, Spielplätze und andere öffentliche Plätze. Die Argumente für heimische Pflanzen haben ihre Berechtigung: Natürlich wollen wir unsere einheimischen Arten und ihren Lebensraum schützen. Doch viel von der Energie, die darauf verwandt wird, exotische Arten auszureißen und Einheimische zu pflanzen, ist fehlgeleitet und zwecklos, wie der Misserfolg so vieler Reaktivierungsprojekte belegt, bei denen sich die nicht heimischen Gewächse langsam, aber sicher wieder ausbreiten, nachdem die Finanzierung oder der Arbeitskräftepool versiegt ist. Ohne größere Veränderungen in unseren Landnutzungspraktiken läuft die Kampagne, exotische Pflanzen zu beseitigen, ins Leere. Ein wenig ökologisches Wissen zeigt warum. Sehen Sie sich die opportunistischsten Pflanzen an. Baumwürger und Japanisches Geißblatt überwuchern die Waldränder von New England. Die Kopoubohne oder Kudzu erstickt die Straßenränder und Waldränder im Süden. Blutweiderich durchsetzt die Wasserwege beider Küsten und des Mittleren Westens und Schmalblättrige Ölweide schießt im Westen in kleinen Forsten empor. In fast jedem Fall dringen diese Pflanzen in devastierte Flächen und gestörte Ökosysteme ein, die durch Beweidung, Abholzung, Staudämme, Straßenbau, Verschmutzung und andere menschliche Aktivitäten fragmentiert und degradiert sind. Weniger gestörte Ökosysteme sind viel widerstandsfähiger gegenüber opportunistischen Arten, obwohl Opportunisten auch dorthin gelangen, wenn sie sich an Eintrittspunkten wie Straßeneinschnitten und Holzeinschlagstellen etablieren.

Ein Gartenautor, der für heimische Pflanzen wirbt, beschreibt das mit seinen Worten als »Kudzu-Phänomen, bei dem ein Exot heimische Arten verdrängt, wenn wir nicht ständig eingreifen«. Aber unser Eingriff ist das Problem. Wir gehen davon aus, dass die Natur einen Fehler macht, wenn sie hybride, schnell heilende Dickichte erzeugt, also anstatt einer gestörten natürlichen Umgebung zu erlauben, sich zu stabilisieren, stören wir sie immer weiter. Wir können Baumwürger und Geißblatt so viel besprühen und ausreißen, wie wir wollen, doch sie kommen immer wieder zurück.

Dies sind Arten, die sonnendurchflutete Randbereiche lieben, und wir haben die Wälder in so viele kleine Stücke zerschnitten, dass wir mehr Rand- als Innenbereiche haben, wodurch der perfekte Lebensraum für diese Exoten entsteht. Dasselbe gilt für die Kopoubohne, Weiderich und fast alle anderen. Im Osten folgte der Blutweiderich den Kanälen des 19. Jahrhunderts in die Feuchtgebiete; und im Westen hat er sich schnell entlang von Bewässerungsgräben in Sumpfgebieten und Teichen ausgebreitet. Die Menschen schaffen perfekte Bedingungen, in denen exotische Arten gedeihen. Ich habe oft gehört, dass die eine oder andere opportunistische Art dafür verantwortlich gemacht wurde, wenn einheimische Arten lokal verschwinden. Das ist verständlich. Wenn wir etwas verlieren, das wir lieben, suchen wir einen Schuldigen, und eine kürzlich eingeführte Art ist ein leichtes Ziel. Aber wirklich jedes Mal, wenn ich einer solchen Anschuldigung nachgegangen bin, hat sich herausgestellt, dass der Platz zuerst massiv durch Erschließung, Holzfällerei oder andere menschliche Nutzung gestört worden war. Der Opportunist kam an, nachdem der erste Schaden erfolgt war und oft in direkter Reaktion darauf.

Opportunistische Pflanzen brauchen Störung und sie lieben Randzonen. Eine Erschließung bringt beides in hohem Maße. Wenn wir nicht aufhören, Randbereiche und Störung zu kreieren, werden unsere Vernichtungsmaßnahmen vergeblich sein, außer in kleinen Fleckchen. Die langfristig beste Hoffnung für die Beseitigung der meisten opportunistischen Arten liegt darin, eine Störung des Bodens zu vermeiden, intakten Wald herzustellen und die Neulinge mit anderen Arten zu überschatten. Mit anderen Worten, wir müssen Landschaften schaffen, die ökologisch reifer sind. Opportunistische Pflanzen sind, mit ein paar Ausnahmen wie Efeu, fast ausschließlich Pionierarten, die Sonnenlicht, aufgebrochene Erde und oft auch mageren Boden brauchen. Kudzu, Besenginster und Schmalblättrige Ölweide sind beispielsweise Stickstoffbinder, deren Rolle darin besteht, Bodenfruchtbarkeit aufzubauen. Sie gedeihen daher in überwirtschafteten Feldern und überweidetem Weideland und sind eine Möglichkeit, wie die Natur Fruchtbarkeit mit dem zurückgewinnt, was verfügbar ist.

Opportunistische Pflanzen sind so erfolgreich, weil wir viele offene Nischen schaffen, wenn wir Land roden oder einen Wald in Fragmente zerstückeln. All dieser sonnige Platz und die nackte Erde schreien geradezu danach, von leichter und Fruchtbarkeit absorbierender grüner Masse kolonisiert zu werden. Die Natur möchte so viel Biomasse wie möglich zaubern, indem sie niedrig wachsende »Unkräuter« in eine Lichtung sät, oder noch besser ein riesiges Dickicht entstehen lässt, dass sich in alle drei Dimensionen ausbreitet, um das Licht noch wirksamer zu absorbieren und tiefe Wurzeln zu entwickeln. Deshalb sind Waldränder oft ein undurchdringliches Gewirr aus Büschen, Ranken und kleinen Bäumen: Hier ist viel Licht zu ernten. Direkt innerhalb der Randzone aber, wo es weniger Licht und kaum eine Störung gibt, sind Wälder gewöhnlich offen und weitläufig.

Wenn die Menschen eine Lichtung erschaffen, springt die Natur hinein und arbeitet wie wild daran, intakten Humus und eine Pilzschicht zu bilden, Energie zu gewinnen und all die Zyklen und Verbindungen wiederherzustellen, die unterbrochen wurden. Ein Dickicht aus schnellwachsenden Pionierpflanzen, die eine Menge Biomasse auf engem Raum ansiedeln, ist ein wirksamer Weg, um dies zu bewerkstelligen. Der Permakultur-Mitbegründer David Holmgren nennt diese ungezügelt wachsenden Mischungen aus Einheimischen und Exoten »rekombinante Ökologien« und glaubt, dass sie die wirkungsvolle Strategie der Natur sind, verfügbare Pflanzen zu versammeln, um beschädigtes Land zu heilen. Die aktuelle Forschung zeigt den Wert und die Heilkraft dieser neuen Ökologien. Wenn wir das Dickicht in dem fehlgeleiteten Glauben lichten, dass Wiesen für immer Wiesen bleiben sollten, selbst bei extremer Bewässerung, oder dass alle Waldränder saubere, offene Untergehölze haben sollten, werfen wir den Erholungsprozess zurück. Die Natur geht dann unerbittlich erneut an die Arbeit und füllt alles mit Pionierpflanzen. Und ihr ist es egal, ob ein Stickstoffbinder oder eine bodenstabilisierende Pflanze über Kontinentaldrift oder die Reifen eines Bulldozers dorthin gelangten, solange sie rasch ein funktionierendes Ökosystem zusammenflicken können.

Der abrupt endende Waldrand, an den sich eine Wiese oder ein Feld anschließt – wie es so häufig in Vororten der Fall ist – ist ein perfektes Zuhause für sonnenliebende exotische Arten. Wenn wir niedrige Bäume und Büsche pflanzen, um diese Ränder abzumildern, wodurch das Sonnenlicht geschluckt wird, das die Waldränder durchdringt, verschwindet die Nische für den Opportunisten. Entfernt man den Exoten einfach nur, hilft das nicht viel, es sei denn, der Garten wird gut gepflegt. Die Pflanze kommt gleich wieder in den perfekten Lebensraum, der auf sie wartet. Das ist ein Grund dafür, wieso Herbizidhersteller die Kampagne für heimische Pflanzen unterstützen. Sie erkennen einen Stammkunden sofort. Die Natur verabscheut ein Vakuum – schaffen Sie eines und sie wird mit allem, was ihr zur Verfügung steht, hineinstürmen. Um Opportunisten auszumerzen, muss die natürliche Umgebung dafür in eine gereiftere, weniger günstige Landschaft verändert werden. Die Bedingungen, die den Opportunisten unterstützen, müssen beseitigt werden.

Dieser Ansatz ist weit entfernt von »leben und leben lassen« und effektiver als ewiges Unkrautjäten. Pionier-Unkräuterlandschaften mögen der Weg der Natur sein, doch die meisten Leute wollen nicht, dass verworrenes Dickicht die Ränder ihres Gartens bildet. Gärten können von Opportunisten freigehalten werden, besonders kleinräumig, und wenn wir bereit sind, mehrere Saisonen lang auf der Hut zu bleiben. Aber es ist schwer, Erfolg zu haben, wenn man immer noch der alten Maxime »roden, sprühen und verteufeln« folgt. Eine einfachere und produktivere Strategie besteht darin, von den ausgereifteren Waldrändern in unserer Nähe zu lernen. Auch hier kann uns die Naturbeobachtung lehren, welche Arten es sich natürlich an den sonnigen Rändern alter Wälder gemütlich machen. Sehen Sie sich diese Plätze an und Sie finden möglicherweise Hartriegel, Kirsche, Holzapfel, Erle oder kleine Ahornsorten. Die Arten variieren landesweit, doch randbereichliebende Bäume und Büsche sind gute Kandidaten als Starthilfe für den Rand eines Gartens oder einer Waldparzelle, um eine reifere ökologische Phase einzuläuten. Man pflanzt sie an den überwucherten waldigen Rändern, um die Lücken zu füllen, ehe sich dort etwas festsetzt, das man nicht möchte. Sie können die Natur nicht bekämpfen – die Natur hat immer das letzte Wort – aber man kann ihr manchmal die gewünschte Richtung geben.

 

Der Wissenschaftler Thomas Henry Huxley aus dem 19. Jahrhundert verglich die Natur mit einem brillanten Gegner beim Schach: »Wir wissen, dass er immer fair, gerecht und geduldig spielt. Doch wir wissen auch, zu unserem Schaden, dass er nie einen Fehler übersieht oder auch nur im Geringsten Unwissenheit zulässt.« Die Natur hat eine Geduld, die den Menschen fehlt. Wir reißen vielleicht für ein paar Saisonen Baumwürger oder Kudzu aus, aber die Natur sät sie immer wieder, Jahr für Jahr, und wartet, dass wir kampfmüde werden. Die Natur plant auf lange Sicht.

Es ist nur unser begrenzter Zeitrahmen, der die ganze »Einheimische versus Exoten«-Kontroverse verursacht. Wind, Tiere, Meeresströmungen und Kontinentaldrift haben schon immer Arten in neue Umgebungen gebracht. Denken Sie daran, dass es seit Millionen von Jahren Milliarden Vögel gab, die über Hunderte oder Tausende von Kilometern gereist sind, jeder von ihnen mit ein paar Samen im Bauch oder an den Füßen klebend. Und jeder dieser vielen Milliarden Samen, von Tausenden von Arten, ist bereit aufzugehen, wo auch immer der Vogel Rast macht. Seit Anbeginn des Lebens wurde der Planet von wogenden, schwärmenden Artenbewegungen überflutet. Die Tatsache, dass es sich nicht um ein großes homogenes Unkrautgewirr handelt, ist ein überzeugender Beweis dafür, dass es nicht so einfach ist, in intakte Ökosysteme einzudringen.

Unsere Mobilität im Jet-Zeitalter hat die Bewegung von Arten wohl auf beunruhigende und wirtschaftlich oft schädliche Weise beschleunigt. Aber irgendwann kommt eine opportunistische Art nach einer Periode des Auf- und Abschwungs in ein Gleichgewicht mit ihrer Umgebung. Es dauert vielleicht ein Jahrzehnt oder ein Jahrhundert, Zeitspannen, die für einen Hauseigentümer wie eine Ewigkeit scheinen mögen, der sich mit Baumwürger oder Flockenblume herumschlägt. Doch eines Tages wird die neue Art ins örtliche Ökosystem »hineingezogen«, entwickelt natürliche Feinde und erlebt ungünstige Umgebungen, die sie im Zaum halten.

»Einheimisch« ist schlicht eine Frage der Perspektive: Ist eine Art heimisch an diesem Hang oder in diesem Landkreis, der Bioregion, dem Kontinent oder vielleicht auf diesem Planeten? Ich sehe eine gewisse Ironie darin, dass US-Amerikaner, die von Immigranten abstammen, »invasive Exoten« verfluchen, weil sie einheimische Arten verdrängen. Und häufig spielt eine opportunistische Art eine wichtige Rolle, wo die Natur an einem Problem arbeitet, das wir vielleicht nicht erkennen, und die besten Werkzeuge einsetzt, die ihr zur Verfügung stehen. Blutweiderich z. B. ist vielleicht das Paradebeispiel, das Enthusiasten für die Beseitigung exotischer Arten ins Feld führen. Wie sich herausstellt, verträgt er verschmutztes Wasser ausgezeichnet und eignet sich perfekt, um es zu reinigen. Wie viele andere opportunistische Arten schreit er uns geradezu an, dass es ein Problem gibt – verunreinigtes Wasser – und er ist einer der besten Akteure der Natur, um das Problem zu lösen, indem er alle Verschmutzungen herausfiltert. Studien haben zudem gezeigt, dass der Weiderich abstirbt, sobald der Verschmutzungsgrad eine relative Sauberkeit erreicht hat. Andere Forscher haben herausgefunden, dass Weiderichstellen entgegen der Annahmen ebenso viele einheimische Bestäuber und Vögel unterstützen wie die sie umgebenden Bereiche heimischer Pflanzen. Dies zeigt, dass wir uns eingehender mit den Gründen für die Dämonisierung bestimmter Arten befassen müssen.

Natürlich ist es unklug, absichtlich eine Art einzuführen, die als lokal opportunistisch bekannt ist. Permakulturisten verwenden bei der Auswahl von Pflanzen eine Sicherheitshierarchie. Verwenden Sie zunächst nach Möglichkeit eine einheimische, um die gewünschte Rolle auszufüllen. Falls für diese Nische keine heimische Pflanze existiert, verwenden Sie einen erprobten Exoten. Erst nach vielen Recherchen würde man die Einführung eines neuen Exoten in kleinem Maßstab in Erwägung ziehen. Und um ehrlich zu sein, habe ich das noch nie getan, kenne persönlich niemanden, der das getan hat, und ich empfehle es auch nicht. Es gibt Tausende von Arten, die in vielen Lebensräumen ausprobiert worden sind, und wenn eine aus dieser riesigen Auswahl nicht funktioniert, muss das, was Sie im Sinn haben, vielleicht auch gar nicht getan werden.

Ich liebe einheimische Pflanzen und pflanze sie an, wo immer es passt. Doch fast das gesamte Problem – von der Brandmarkung bestimmter sich schnell ausbreitender, bodenbildender Pionierpflanzen als böse bis hin zur Schaffung der Bedingungen, die ihre Ausbreitung begünstigen – stammt daher, dass man die Wege der Natur nicht versteht. Wenn man ökologisch denkt, verpufft das Problem entweder als Missverständnis oder eröffnet Lösungen, die im Lebenszyklus des Opportunisten stecken. Eine Pflanze gedeiht nur dann, wenn die Bedingungen dafür stimmen. Ändert man diese Bedingungen – Ränder beseitigen, nicht mehr umgraben, mit Bäumen Schatten schaffen, Verschmutzung beseitigen – wird der Opportunist fast immer aufhören, ein Problem zu sein.

Ich bin auch beunruhigt über das feindselige, polarisierte Verhältnis zu Pflanzen, das ein übereifriger Enthusiasmus für Einheimische fördern kann. Dies kann zu einer Geisteshaltung von »heimische Gewächse gut, alles andere schlecht« führen, was den Blutdruck des Gärtners beim Anblick jeder exotischen Pflanze zum Kochen bringt. Wut ist nicht die beste Emotion, mit der man in den Garten gehen sollte. Und wir alle sind für so viele unserer Bedürfnisse enorm auf nicht heimische Gewächse angewiesen. Sehen wir uns nur mal unser Essen an. Woher kam das Frühstück heute früh? Ich wäre überrascht, wenn viele US-Amerikaner regelmäßig eine Pflanze essen, die in ihrem Staat heimisch ist. So sind etwa die einzigen verbreiteten Nahrungspflanzen, die aus Nordamerika stammen, Sonnenblumen, Hopfen, Kürbis, einige Nüsse und Beeren. Fast alles, was wir essen, kam ursprünglich aus anderen Kontinenten. Wenn wir exotische Arten eliminieren, wären die meisten von uns ziemlich hungrig, bis wir lernen würden, örtliche Wurzeln, Beeren, Nüsse und Wildgemüse zu essen.

Daher plädiere ich für eine vernünftige Balance aus heimischen und exotischen Pflanzen in unseren Landschaften. Wir werden wohl kaum imstande sein, unsere Städte in heimische Wildnis zurückzuverwandeln, doch unsere Gärten können eine wichtige Rolle dabei spielen, die Funktionen und Dienste instandzusetzen, die von der Umwelt unseres Planeten geboten werden. Eine wichtige Annahme dieses Buches ist, dass unsere eigenen Gärten es uns ermöglichen, den unaufhörlichen Druck auf die Gesundheit des Planeten zu verringern. Die Techniken der Permakultur und der ökologischen Gestaltung ermöglichen es uns auf einfache, intelligente und schöne Art, einige unserer eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Wir können Landschaften schaffen, die in ähnlicher Weise wie die in der Natur agieren, aber ein wenig an ihnen herumbasteln, um ihren Ertrag für die Menschen zu steigern und gleichzeitig heimischen Lebensraum zu bewahren. Und wenn wir das tun, können einige Massentierhaltungsbetriebe und Industriewälder wieder zu Wildnis werden.