Die Geschichte des Untergangs der RMS Titanic

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Die Geschichte der Titanic

DIE »UNSINKBARE« TITANIC STREIFT EINEN EISBERG UND SINKT – HUNDERTE MUSSTEN EINEN PLÖTZLICHEN UND SCHRECKLICHEN TOD STERBEN, DA NICHT AUSREICHEND RETTUNGSMÖGLICHKEITEN VORGESEHEN WAREN – DIE FAKTEN ZUM UNTERGANG

Die mächtige Titanic – der Triumph des Schiffbaus – und glückliche Menschen voller Vertrauen, gespannt auf ihre erste Fahrt und den zu vollbringenden Geschwindigkeitsrekord an Bord* traten ihre Reise über den ruhig und glatt daliegenden Atlantik an. Mitten im vergnüglichen Zeitvertreib oder im angenehmen Traum kam der erste Schreck: das Glitzern eines Eisberges, nur wenige Minuten des Unglaubens … Und dann der unbeschreibliche Horror! Der Titan der Natur und der Titan der Mechanik trafen sich inmitten des Ozeans. Der Eisberg riss die Schiffsseite auf* und entblößte die Kessel dem Eiswasser, brachte sie zur Explosion und stürzte Hunderte von Menschen in nur zwei Stunden in den Tod.

Dies ist die tragische Geschichte des wunderschönen Ozean–Palasts, der am 10. April 1912 so erhaben seine Jungfernfahrt antrat und nun begraben unter 2.000 Faden Wasser liegt, zusammen mit 1595 unglücklichen Passagieren.

Wir kennen kein ungeheuerlicheres Unglück, keinen vergleichbare Geschichte über menschliche Aufopferung und Heldentum.

Die Titanic war das Maximum der Schiffsbaukunst, mit einer unfassbar luxuriösen Ausstattung, wunderschönen Salons, Lesesälen und Lounges, Palmengärten, Türkischen Bädern, privaten Bädern, Sportbereichen, Swimmingpool, Tanz- und Billiardsaal – alles, was man sich vorstellen kann, um eine Riese komfortabel zu gestalten. Man hielt ihre Konstruktion für perfekt, die Passagier glaubten fest an ihre »Unsinkbarkeit«. Sie war fast vollständig ausgebucht, es waren – wie generell erklärt wurde – 2.340 Personen an Bord, inklusive der Crew, aber es gab nur zwanzig Rettungsboote – sechzehn kleinere und vier Faltboote. Platz für gerade einmal ein Drittel der Passagiere. Unter diesen waren einige der wohlhabendsten und prominentesten Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks: John Jacob Astor, Major Archibald Butt, Benjamin Guggenheim, Isidor Straus, Charles M. Hays, Arthur Ryerson, Henry B. Harris, William T. Stead, Jaques Futrelle und viele andere, die ihr Leben gemeinsam mit den gewöhnlicheren Passagieren des »Zwischendecks«* lassen mussten.

Nach dem Sonntagabendkonzert am 14. April lagen die meisten Passagiere bereits zu Bett oder amüsierten sich noch in den Kartenspiel- oder Lesesälen. Einige flanierten auf Deck, um den wunderbaren Abend zu genießen – klar und mild, mit einem vollkommen ruhig daliegenden Meer. Plötzlich gab es einen leichten Ruck, so leicht, dass manch einer ihn erst gar nicht mitbekam. »Wir haben einen Eisberg gestreift, nichts Schlimmes«, war der übliche Kommentar der Männer, die nur kurz ihr Kartenspiel unterbrochen hatten. Das war um 23:40 Uhr. Viele gingen daraufhin zu Bett, ohne einen weiteren Gedanken an den Zwischenfall zu verschwenden. Der Eisberg wurde nur rund fünfhundert Meter voraus gesichtet, viel zu nah, um mit dem Schiff noch ausreichend reagieren zu können. Daher rauschte es ungehindert in die Eismasse, von der nur rund 25 Meter über der Wasseroberfläche ragten, während der Rest gefährlich weit in die Tiefe reichte. Der Aufprall war zu leicht, als dass er die ahnungslosen Passagiere hätte erschrecken können. Aber nichtsdestotrotz war es ein Todesstoß. Denn die Titanic, die von dem gewaltigen Drehmoment ihrer Maschinenkraft mit 21 Knoten* vorangetrieben wurde, touchierte einen messerscharfen Vorsprung und schlitzte sich die Bordwand auf. Dies leitete ihren Untergang ein. Das Eiswasser drang ein und traf auf die unter Hochleistung laufenden Heizkessel und brachte diese schließlich zur Explosion brachte. Innerhalb von anderthalb Stunden nach dem Zusammenstoß mit dem Eisberg sank sie auf den Meeresgrund.*

Captain Smith befahl direkt nach dem Aufprall, die Maschinen zu stoppen. Dieser plötzliche Geschwindigkeitsabfall und die Vibrationen der stoppenden Maschinen zog mehr Aufmerksamkeit seitens der Passagier auf sich als die Kollision selbst. Man befahl den Passagieren unmittelbar, Rettungswesten anzulegen und machte die Rettungsboote klar. Die meisten glaubten allerdings, es handele sich lediglich um eine übertriebene Vorsichtsmaßnahme.

Im ersten Rettungsboot saßen fast ausschließlich Männer, da sich zu dieser Zeit noch keine Frauen auf Deck befanden. Man befahl den Stewards und Stewardessen, unter Deck alle Passagiere zu informieren, und als diese ins Freie strömten – einige in Nachtgewändern, andere in Abendkleidern – gehorchten sie zwar den Anweisungen, wähnten sich aber nicht in Gefahr. Die Regel »Frauen zuerst« wurde als oberstes Gebot ausgerufen. Die Frauen mussten gegen ihren Willen von den Ehemännern getrennt oder von diesen persönlich in die Boote gesetzt werden, versichernd, ihnen in einem anderen Boot zu folgen. Auf diese Weise wurden die Rettungsboote mit Frauen und Kindern, zwar unter Protest, aber dennoch in aller Ruhe belegt. Lediglich drei oder vier Männer waren dabei nötig, um ein Boot zu fieren. Die gesamte Szene machte einen äußerst gesitteten Eindruck, keine Kämpfe um den lebensrettenden Platz im Boot. Die Männer standen dabei im Hintergrund und schickten ihre Frauen fort. Es gab auch hier kaum Zwischenfälle. Man sagte ihnen, dass es für die Männer weitere Rettungsboote auf der anderen Schiffsseite gäbe, in die man ganz einfach ein wenig später gehen könne. Viele gingen zudem davon aus, dass man alle Boote nur wenig später wieder einholen würde, dass es sich nur um einen kleinen »Ausflug« handele. So ließ man die Rettungsboote also zu Wasser.

Erst als man auf dem Wasser angekommen war, konnte man erkennen, dass wirklich Gefahr bestand. Und dann mussten sie alle dem verzweifelten Todeskampf der Titanic zuschauen.

Als die Titanic tief genug im Wasser lag, erreichte das Wasser schließlich die Maschinen und eine Explosion zerriss die Decks. Die Situation geriet erst jetzt mehr und mehr zur großen Katastrophe. Die Rettungsboote wurden weiter mit Frauen und Kindern beladen, bis das letzte gerade noch rechtzeitig zu Wasser gehen konnte.

Der Rest der verschreckten Menge verblieb an Bord, das Schicksal teilend. Einige sprangen ins Meer und klammerten sich an treibende Gegenstände, andere verblieben auf dem sinkenden Schiff, bis auch sie sich schließ im Wasser wiederfanden. Die meisten wurden mit in die Tiefe gerissen, nur wenige entkamen auf wundersame Weise und wurden von den Rettungsbooten aufgenommen oder konnten sich auf treibende Türen oder Möbel retten.

Als das Schiff um 2:20 am Morgen mit wehenden Fahnen versank, dem Kapitän an seinem Platz auf der Brücke, mit flackernden Lichtern, standen die meisten der unglücklichen Seelen noch immer auf Deck und blickten auf das Meer. Und das Orchester spielte »Näher, Mein Gott, zu Dir«*. In diesem Moment waren sie zum letzten mal mit ihren Geliebten vereint, die sich in der Sicherheit der Rettungsboote befanden und hilflos zusehen mussten, wie die anderen dem Tode entgegen gingen.

Dann erloschen die Lichter und die schwarze Masse verschwand unter den Todesschreien Hunderter in der stillen Nacht.

Es ging schnell vorbei. Doch das Leiden in den Rettungsbooten sollte noch Stunden dauern. Durch die Nähe des Eisberges war es bitterkalt, manche Boote waren mit eisigem Wasser voll gelaufen, keiner der Insassen war ausreichend bekleidet. In manchen Booten mussten auch die Frauen zu den Riemen greifen und rudern bis die Hände blutig waren. Diese zerbrechlichen Ladies, trugen ihr Los aber genauso heldenhaft wie ihre Männer. Die Rettungsboote hatten weder Nahrungsmittel noch Wasser, Leuchtmittel oder irgendwelche anderen nützlichen Dingen an Bord. Und als die Carpathia – über Funk herbeigerufen – eintraf, konnte man nur durch das Verbrennen von Papierfetzen oder Streichhölzern auf sich aufmerksam machen.

Über vier Stunden trieben sie herum, voller Trauer, apathisch durch Kälte und Nässe, bis die gute Carpathia sie schließlich auflesen können. An Bord bekamen sie sofort Nahrung und einfache aber warme Kleidung. Nach ihrer Rettung hielt man eine Messe im Gedenken der Verlorenen ab. Eine der vielleicht herzzerreißendsten Szenen überhaupt.

So endete die Karriere der Titanic. Aber ihre Geschichte wird lange in den Herzen der Überlebenden bleiben, und für uns alle auf der Welt birgt sie eine Botschaft, die wir nicht ignorieren können – nämlich, dass man dem Gott der Gier keine Menschenopfer erbringen soll.

Als die galante Titanic, schön und falsch zu gleich, ihre Jungfernfahrt mit 2.340 Menschen an Bord antrat, da ahnte man wohl kaum, dass man mit ihr der Welt beweisen würde, mit welch krimineller Ignoranz die Schiffsbauer ihre Schöpfungen zwar mit allem Luxus, Komfort und jedem nur erdenklichen Detail ausstatten, nur nicht mit dem wichtigsten: Rettungsbooten.

Dieser gigantische Luxusliner – die Spitze der Schiffsbaukunst repräsentierend – ging an einem Eisberg zugrunde. Ein Unfall, der sicherlich vermeidbar war, hätte man bei so hoher Reisegeschwindigkeit einfach mehr Vorsicht walten lassen.

Zwanzig Rettungsbooten fiel die Aufgabe zu, 2.340 Menschen zu aufzunehmen, bis die ersehnte Hilfe kommt … Mit dem Ergebnis, dass lediglich 745 Passagiere dem Untergang entkommen konnten.

Der wahre Grund dieser Katastrophe ist nicht von der Hand zu weisen, deren Auslöser offensichtlich, die Schreckensberichte der Überlebenden bezeugen immer wieder: Es war der Mangel ausreichender Sicherheitsstandards, der einen grausamen Tribut von 1.595 Menschen an den Grund des Atlantik zollte.

Unvergleichlich schrecklich ist die Geschichte des Untergangs der Titanic. Die Kollision mit dem Eisberg, das Beladen der Boot, der Abschied von den Lieben, verzweifelte Sprünge ins Meer, die angsterfüllten Stunden im offenen Wasser, bevor die Rettung kam und mit ihr die bittere Erkenntnis um die Verlorenen: Ein Appell an gesetzlich vorzuschreibende Sicherheitsmaßnahmen, um eine Wiederholung dieser Tragödie ein für allemal zu verhindern.

 

Hunderte unschuldig Getöteter waren wieder einmal ein sinnloses Opfer an den Gott des Profits. Eines Tages, jetzt steht es geschrieben, werden wir umdenken müssen; wir müssen bessere Vorkehrungen für unsere Leute treffen, auch wenn das ein paar Dollar mehr kostet. Die Zeit ist gekommen.

Gesetze müssen entworfen und verabschiedet werden. Und in Zukunft können dann Millionen in Schiffen zur See fahren, die mit ausreichenden Rettungsmöglichkeiten ausgestattet sind. Dies ist der Nutzen, den wir aus dem Martyrium der Titanic ziehen können.

Die Spitze eines Eisbergs reißt den Rumpf der Titanic auf

GIGANTISCHES SCHIFF BUCHSTÄBLICH AUFGESCHLITZT – KAUM EIN STOSS zu SPÜREN – PASSAGIER GLAUBTEN EINE HALBE STUNDE LANG, ES HANDELE SICH NUR UM EINEN LEICHTER SCHADEN UND BLIEBEN RUHIG – VIELE WAREN IN IHREN KABINEN

Es war ein unter Wasser liegender Vorsprung eines Eisbergs eigentlich normaler Ausmaße, der den White-Star-Luxusliner Titanic vor Neufundland mehr als drei Kilometer tief auf den Grund des Atlantiks geschickt hat. Der Dampfe fuhr unter der Aufsicht des Ersten Offiziers Murdock* beinahe mit Höchstgeschwindigkeit unter sternenklarem Himmel durch die sanfte See. Murdock übergab das Kommando sofort nach dem Aufprall an Captain Smith, der mit seinem Schiff untergehen sollte.

Die Rettungsboote, die man zu Wasser ließ, wurden nicht bis zu ihrer maximalen Kapazität besetzt. Die an Bord verbliebenen glaubten, das Schiff würde seine Wunden überleben und auch die bereits in den Rettungsbooten befindlichen Passagiere dachten fast bis zum letzten Augenblick, sie alle hätten gute Chancen zu überleben.

Der Kapitän und die Offiziere verhielten sich äußerst galant. Beim Zuwasserlassen der Boote herrschten Ordnung und Disziplin, selbst nachdem alle Hoffnung auf Rettung für die an Bord verbliebenen aufgegeben worden war.

RUHIGE SEE BIRGT DEN TOD

Der große Dampfer fuhr durch eine verhältnismäßig ruhige See. Auf der Wasseroberfläche befanden sich hier und da recht harmlose Eisschollen. Die Nacht war sternenklar. Der erste Offizier Murdock hielt Wache auf der Brücke.

Der Eisberg wurde zuerst vom Ausguck im Krähennest entdeckt. Man befand sich aber bereits so nahe am Eisberg, dass eine Kollision praktisch unvermeidbar war.

Der Erste Offizier tat das, was auch andere erfahrene und aufmerksame Offiziere getan hätten: Er versuchte, an dem Eisberg mittels Vollgas auf der Steuerbord- und Rückwärtslauf auf der Backbordschraube bei gleichzeitigem Herumwerfen des Ruders durch ein schnelle Kehrtwende vorbeizukommen.

RUMPF AUFGERISSEN

Das Manöver war nicht erfolgreich. Es vermied zwar, direkt auf den Eisberg zu treffen, aber fast die gesamte Länge des Rumpfes wurde aufgerissen.

Die Geschwindigkeit der Titanic – wahrscheinlich rund 21 Knoten – war so hoch, dass die messerscharfe Unterwasserkante des Eisbergs sie wie eine Dosenöffner aufschlitzte.*

Der Aufprall war kaum merklich. Der Erste Offizier realisierte nicht sofort, dass das Schiff tödlich verwundet worden war und auch keiner der Passagiere hegte den leisesten Verdacht, dass mehr als nur ein kleinerer Zwischenfall passiert wäre. Hunderte, die bereits in ihren Kabinen schliefen, wachten nicht einmal auf.

ZURÜCK ZUM KARTENSPIEL

Wie gleichgültig die Passagier tatsächlich auf den Aufprall reagierten, zeigt sich an vier Passagieren, die im Rauchsalon Bridge spielten, sich zunächst in aller Ruhe vom Tisch erhoben, auf Deck gingen, kurz über die Reling schauten um dann wieder zum Spiel zurückzukehren. Einer von ihnen hatte seine Zigarre auf dem Spieltisch liegen lassen und während seine Begleiter schon auf das Meer blickten, ging er wieder hinein, um sie zu holen.

Auch diese drei blieben nur einen kurzen Augenblick auf Deck. Sie führten ihr Kartenspiel in der Gewissheit fort, dass der Kommandierende das Schiff aus irgendeinem Grund gestoppt habe und dass keine Gefahr bestünde. So erging es fast allen an Bord – außer den Männern im Maschinenraum, wo das Wasser bereits hereinströmte. Man machte sich über den leisesten Anflug von Angst sogar lächerlich.

LANGSAME REALISIERT MAN DIE GEFAHR

Innerhalb weniger Minuten schickte man die Stewards und andere Crewmitglieder, die Passagiere zu wecken. Einige von ihnen weigerten sich, aufzustehen. Manch eine Kabinentür musste beinahe aufgebrochen werden, um die Schlafenden evakuieren zu können.

Auch Mr. und Mrs. Astor* befanden sich in ihrer Kabine, als sie die Eiswand vorbeirauschen sahen. Sie hatten keinerlei nennenswerte Erschütterung verspürt und gingen also davon aus, dass nichts schlimmes passiert sei. Sie waren beide noch angekleidet und gingen schließlich ohne böse Gedanken an Deck. So ging es ihnen zumindest bis zu dem Augenblick, indem die Titanic schwere Schlagseite nach Steuerbord bekam und der erste Aufschrei durch die Menge ging.

DIE BOOTE SICHER ZU WASSER LASSEN

Die Crew musste nun die Rettungsboote zum Wassern fertig machen. Es gab insgesamt zwanzig Stück, davon vier zusammenfaltbare. Die Boote wurden zunächst auf der Backbordseite heruntergelassen und erreichten das Wasser auch ohne zu kentern. Auf der Steuerbordseite hingegen kippten einige der Boote um, darunter eines der Faltboote, das praktisch in Stücke ging. Aber alle seine Insassen konnten von den anderen Booten gerettet werden.

Auch nachdem man schon sechzehn Boote problemlos zu Wasser gelassen hatte, ging man davon aus, das alles in bester Ordnung sei. Selbst einige der Offiziere nahmen dies an.

Die Offiziere, die das Besetzen und Wassern der Boote koordinierten, waren zwar mit Revolvern bewaffnet, da aber zu keinem Zeitpunkt Panik aufkam und kein Mann versuchte, unrechtmäßig einen Platz zu ergattern –man ließ Frauen und Kinder den Vortritt – wurde von ihnen kein Gebrauch gemacht.

SPRÜNGE INS WASSER

Als das Schiff bereits über 45 Grad Neigung hatte, bekamen auch diejenigen Angst, die bislang der vollsten Überzeugen waren, es drohe keine Gefahr. Einige von ihnen begannen, ins Meer zu springen, andere folgten ihrem Beispiel, und in kürzester Zeit wimmelte es im Wasser von Manschen. Fast alle trugen Rettungswesten.

Einer, der zunächst einen Hund über Bord warf und dann hinterher sprang, schlug auf ein Wrackteil auf und verletzte sich schwer. Er kam aber wieder zu sich und schwamm zu einem der Rettungsboote, das ihn schließlich aufnehmen konnte. Viele, die sich später an Bord der Carpathia* wieder trafen – abgesehen vielleicht von den Crewmitgliedern, die die Rettungsboote bemannten – sprangen ins Wasser, als die Titanic versank.

Auf Befehl der Offiziere und anderen Weisungsbefugten, ruderte man die Rettungsboote in einen sicheren Abstand zum sinkenden Schiff, um einem möglichen Sog aus dem Weg zu gehen.

Es gab genügend Zeit, alle Boote zu Wasser zu lassen, bevor die Titanic schließlich versank. Alles in allem blieb sie zwei Stunden zwanzig Minuten über Wasser. So sicher war man sich, dass keine Todesgefahr besteht, dass man nicht vor 00:15 Uhr – oder 35 Minuten nach dem Rammen des Eisbergs – die Boote fierte*.

Hunderte der Besatzung und der Großteil der Offiziere, darunter auch Captain Smith, blieben bis zum letzten Augenblick auf dem Schiff. Nach einigen Explosionen – sicherlich waren dies die explodierenden Heizkessel – war klar, dass ihm nur noch wenige Minuten blieb.

SIE SINKT NUR LANGSAM

Der Untergang ging weit weniger spektakulär von statten als es die Beobachter in den Booten erwartet hätten. Sie waren noch nahe genug, um die grauenhaften Details klar und deutlich erkennen zu können. Alle stimmten darin überein, dass der Dampfer so leise und ruhig versank, dass es schon an ein Wunder grenzte.

Einige der Geretteten waren nur spärlich bekleidet und litten sehr unter der Kälte, doch der Großteil hatte sich auf die Notsituation vorbereitet. In der Dunkelheit außerhalb des Schiffs, so kurz nach der Kollision, war es den Menschen in den Rettungsbooten unmöglich, auch nur einen der über Bord gesprungenen zu erkennen. Man musste davon ausgehen, dass alle Passagiere, die nicht noch direkt nach dem Zuwasserlassen der Boote ins Meer gesprungen sind, zusammen mit den Offizieren und der Besatzung untergegangen waren.

ZEIT GENUG ZUM ANKLEIDEN

Einige der Stewards, die einen Teil der Rettungsbootbesatzung formten, berichteten, dass viele Passagiere nach der Kollision mit dem Eisberg in ihre Kabinen zurückgekehrt seien und man diese anschließend nur unter Mühen überzeugen konnte, diese auch wieder zu verlassen oder in einigen Fällen sogar mit Gewalt zwingen musste, die Rettungswesten überzuziehen.

Alle sagten aus, dass die Maschinen direkt nach dem Ausweichmanöver gestoppt worden sind.

Die Besatzung der Rettungsboote setzte sich aus Stewards, Heizern und gewöhnlichen Seemännern zusammen. Man sagt, die Davits seien zwar mit modernen Winden ausgestattet, aber zu kompliziert zu bedienen gewesen. Und die Crew sei ungeübt in der Bedienung gewesen, so dass es viele Probleme gab.


Überlebende in einem Rettungsboot der Titanic. Fotografiert von der Carpathia aus, am Morgen nach der Katastrophe.

Die ergreifende Geschichte des Untergangs

ERZÄHLT VON L. BEASLEY, M.A., CAMBRIDGE UNIVERSITY, ENGLAND

»Die Reise ab Queenstown war ziemlich unspektakulär. Man hatte gutes Wetter erwartet und die See war ruhig. Wir hatten die ganze Zeit über West-bis Südwestwind, es war ziemlich kalt, vor allen Dingen am letzten Tag. Tatsächlich konnte man nach dem Dinner am Sonntagabend vor Kälte kaum noch an Deck gehen.

Ich lag in meinem Bett, seit vielleicht zehn Minuten, als ich gegen 23:40 Uhr einen leichten Stoß spürte. Dieser war aber auch für Ängstliche nicht kräftig genug, um sich zu beunruhigen. Die Maschinen stoppten sofort und ich dachte, ›Die haben eine Schiffsschraube verloren!‹

Ich ging also im Morgenmantel an Deck und fand dort nur wenige Leute vor, die wie ich nachschauen wollte, warum wir angehalten hatten. Niemand war beunruhigt.

Durch die Fenster des Rauchsalons sahen wir, dass dort Karten gespielt wurde. Wir gingen hinein, um die Spieler zu fragen, ob sie etwas wüssten. Scheinbar hatten sie von dem Stoß etwas mitbekommen und durch die Fenster auch einen riesigen Eisberg gesehen, der nur knapp am Schiff vorbeizog. Sie gingen davon aus, dass wir den Eisberg gestreift hätten und nun hätte man die Maschinen gestoppt um zu schauen, ob etwas beschädigt sei. Niemand hatte natürlich eine Ahnung davon, dass die Titanic vom unter Wasser liegenden Teil des Eisbergs aufgeschlitzt wurde.

Man spielte also weiter, ohne an eine Gefahr zu denken, und ich zog mich in meine Kabine zurück, um ein wenig zu lesen und zu warten, bis wir weiterfuhren.

Ich habe keinen der Kartenspieler oder der Neugierigen auf Deck jemals wieder gesehen. Ein wenig später hörte ich Leute die Treppen nach oben laufen. Ich ging wieder vor die Tür und fand Leute, die auch wissen wollten, warum wir angehalten hätten.

Ohne Zweifel waren die meisten aufgewacht, da die Vibrationen der Maschinen – an die man sich bereits gewöhnt hatte – plötzlich aufhörten. Bei den starken Maschinen der Titanic waren solche Vibrationen natürlich relativ ausgeprägt. Und das Stoppen der Vibrationen hatte den selben Effekt, wie wenn man Großvaters laut tickende Uhr plötzlich anhält.

RETTUNGSWESTEN ANLEGEN!

Als ich wieder auf Deck ging bemerkte ich unzweifelhaft, dass das Schiff zum Bug herab schief lag. Doch bei dem was ich wusste, ging ich davon aus, dass vielleicht eines der Frontabteile voll gelaufen sei und dies das Schiff ein wenig nach unten zog. Ich ging also wieder zurück in die Kabine und holte mir wärmere Kleidung. Dann hörte ich die Rufe: ›Alle Passagiere auf Deck und Rettungswesten anlegen!‹

Mit den Westen über unserer Kleidung gingen wir langsam an Deck. Wir dachten aber immer noch, es handele sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, die der Kapitän in seiner Weisheit angeordnet hatte, und dass wir schnell wieder in unsere Betten zurückkehren könnten.

 

Es gab überhaupt keine Panik oder Aufregung. Ich denke, das rührte auch von der sehr ruhigen Nacht her und natürlich von der Abwesenheit irgendwelcher sichtbaren Spuren eines Unfalls.

DIE WAHRE GEFAHR VERKANNT

Das Schiff lag vollkommen ruhig – abgesehen von der leichten Neigung nach vorne, die aber höchstens einer von zehn zu diesem Zeitpunkt bemerkt hatte. Es gab keinerlei Vorzeichen für die folgende Katastrophe. Die Titanic lag dort, als würde sie nur auf den Befehl warten, weiterzufahren, nachdem irgendeine Kleinigkeit repariert worden wäre. Aber einen Augenblick später sahen wir, dass man die Planen von den Rettungsbooten zog und die Mannschaft begann die Seile abzuwickeln, an denen man die Boote zu Wasser lassen konnte.

Uns wurde klar, dass die Situation ernster war als vermutet. Zunächst dachte ich darüber nach, zurück in die Kabine zu gehen, um wärmere Kleidung und ein wenig Geld zu holen, aber als ich sah, wie die Leute die Leitern anlegten, dachte ich, es wäre besser, die anderen nicht durch mein Hin- und Herlaufen zu belästigen.

Dann kam der Befehl: ›Alle Männer treten bitte von den Booten zurück und alle Ladies versammeln sich bitte auf dem unteren Deck«, womit das Deck des Rauchsalons bzw. Deck B gemeint war. Die Männer zogen sich zurück und verharrten in absoluter Stille, lehnten sich gegen die Absperrung auf Deck oder liefen ganz ruhig auf und ab.

Die Boote wurden abgefiert, vom A-Deck zum B-Deck herabgelassen, wo alle Frauen inzwischen versammelt waren. Die Ladies gingen still und ruhig in die Boote, mit Ausnahme einiger, die ihre Männer nicht alleine lassen wollten. Manchmal riss man sie los und schubste sie in die Boote, aber meistens ließ man ihnen ihren Willen, denn niemand bestand wirklich darauf, dass sie gehen müssen.

Wenn man über die Bordwand hinabschaute, sah man, dass einige Boote bereits im Wasser waren und langsam in der Dunkelheit verschwanden. Direkt neben mir hörte ich das Quietschen der neuen Seile in den Flaschenzügen und sah, wie man Boote die 30 Meter bis zum Wasser hinab ließ. Ein Offizier in Uniform kam herunter und rief, ›Wenn Sie unten sind, rudern Sie zu den anderen Booten und warten auf weitere Anweisungen.‹

DIE DISZIPLIN WAR GUT

›Aye, Aye, Sir!‹, kam die Antwort, aber ich glaube nicht, dass eines der Boote dem Befehl gehorchen konnte. Denn als sie erst auf dem Wasser waren und mit dem Rudern begannen, sah man, wie schnell die Rettungsboote inzwischen besetzt wurden. Ein Anzeichen höchster Gefahr – weit mehr ersichtlich als für an Bord verbliebenen – und in dem Chaos konnte man nichts mehr tun, als möglichst schnell vom sinkenden Schiff wegzurudern und sein Leben zu retten. Ohne Zweifel hatte man angst, dass der Sog des riesigen absinkenden Dampfers für die hauptsächlich mit Frauen besetzten Boote zu einer großen Gefahr werden könnte.

Aber an Bord gab es die ganze Zeit über kein Anzeichen von Chaos, keinen Sturm auf die Rettungsboote, auch keine Szenen mit hysterisch kreischenden Frauen – so wie man es immer in solchen Momenten erwartete. Jeder schien nur ganz langsam zu begreifen, in was für einer Gefahr er sich befand.

Auch als uns klar wurde, dass wir unweigerlich im Wasser landen würden, mit nichts als unseren Rettungswesten am Leib, um uns über Wasser zu halten bis wir von einem Rettungsboot aufgenommen werden konnten, war es unglaublich, wie ruhig jeder blieb, wahnsinnig kontrolliert!

Eins nach dem anderen wurden die Boote mit Frauen und Kindern besetzt, zu Wasser gelassen und in die Nacht weggerudert. Auf einmal machte das Gerücht die Runde, ›Die Männer werden auf der Steuerbordseite in die Boote gelassen!‹ Ich befand mich backbord und die meisten von uns gingen hinüber, um nachzuschauen, ob das auch stimmte. Ich aber bleib wo ich war und hörte auf einmal: ›Keine Frauen mehr da?‹ Ich blickte über die Bordwand und sah Boot Nummer 13, das auf Höhe von Deck B schwang, nur halbvoll mit Frauen besetzt. Wieder kam der Ruf, ›Sind keine Frauen mehr da?‹ Ich sah keine mehr und dann schaute einer der Besatzung zu mir herauf und fragte mich, ›Sind da noch Frauen auf ihrem Deck, Sir?‹

›Nein‹, antwortete ich.

›Dann springen sie wohl besser!‹

Ich sprang und landete im Boot, gerade als man ›runter mit dem Boot!‹ rief. Schon auf dem Weg nach unten, schubste man eiligst noch zwei Ladies durch die Menge auf Deck B und ließ sie zu uns herab, und auch ein zehn Monate altes Baby reichte man uns. Die Bootsbesatzung rief den Männer an den Winden zu, dass sie uns in der Waage halten sollten: ›Bug! Heck! Alle beide!‹, bis wir etwa zehn Meter über dem Wasser schwebten. Und hier kam der einzige Moment, in dem wir während der ganzen Rettungsaktion wirklich Angst hatten.

NEUE GEFAHR

Direkt unter unserem Boot lag der Auslass der Dampfkondensatoren; ein dicker Wasserstrahl schoss knapp oberhalb der Wasserlinie aus dem Schiffsrumpf. Wir mussten versuchen, unser Boot weit genug davon weg zu wassern, damit wir nicht absoffen. Es gab keinen Offizier im Boot, kein geschultes Crewmitglied, das wusste, was zu tun sei. Jemand muss den Sicherungsstift finden, der die Seile festhält, und daran ziehen!‹, rief einer der Männer an den Winden über uns. Niemand wusste, wo diese Stifte waren. Wir suchten überall, an den Seiten und auf dem Boden, fanden aber nichts. Und es war schwierig, sich unter so vielen Menschen zu bewegen – es waren ja rund sechzig oder siebzig Personen im Boot! Also ging es weiter in die Tiefe und wir wurden fast überflutet, während wir immer noch an den Seilen hingen. Der Wasserstrahl drückte uns vom Rumpf der Titanic weg und die Meereswellen schubsten uns gleich wieder zurück. Das Ergebnis dieses Hin und Hers war, dass wir parallel zum Schiffsrumpf direkt unter Beiboot Nummer 14 gerieten, das inzwischen voll beladen nach unten gelassen wurde. Es drohte, auf uns zu landen und uns unter Wasser zu drücken.

ZU LAUT

›Hört auf, Nummer 14 runter zulassen!‹, riefen wir und die Besatzung von Nummer 14, höchstens sechs, sieben Meter über uns, rief das gleiche! Aber der Abstand zu den Winden weit oben und das Kreischen der Flaschenzüge muss alles übertönt haben, denn Nummer 14 kam immer weiter runter. Fünf Meter, vier Meter, drei … ein Heizer und ich packten den über uns hängenden Rumpf – gleich würde er unsere Köpfe berühren. Aber kurz zuvor sprang ein anderer Heizer auf und zückte sein Messer.

›Eins,‹ hörte ich ihn rufen, ›zwei,‹ und sein Messer zerschnitt die Halteleinen. Der Kühlwasserstrahl schob uns direkt weg, während Nummer 14 genau dort ins Wasser fiel, wo wir gerade noch waren. Die Boote berührten sich sogar noch.

Jetzt konnten wir schnell vom sinkenden Schiff wegrudern. Die Crew unseres Bootes schien hauptsächlich aus Küchenpersonal mit ihren weißen Jacken zu bestehen; zwei Köche an den Riemen, ein Heizer am Ruder.

Der kommandierende Heizer sagte uns, er führe seit sechsundzwanzig Jahren zur See und er hätte noch nie eine so ruhige Nacht auf dem Atlantik erlebt. Als wir von der Titanic wegruderten schauten wir von Zeit zu Zeit zu ihr zurück. Niemand von uns wird je wieder eine so ergreifende Szene beobachten können.

AUCH IM TODESKAMPF NOCH BEEINDRUCKEND

Aus der Ferne wirkte sie unglaublich gestreckt: Der große Rumpf setzte sich schwarz gegen die Sterne ab, jedes Bullauge, jedes Salonfenster war hell erleuchtet. Unmöglich zu denken, mit diesem Leviathan stimme etwas nicht, hätte er nicht so schräg im Wasser gelegen. Das Wasser erreichte nun schon die unterste Reihe Bullaugen. Etwa gegen 2:00 Uhr – soweit ich mich recht erinnere - bemerkten wir, dass sie nun immer schneller sank, Bug und Brücke lagen bereits komplett unter Wasser. Es schien nur noch ein Frage von Minuten zu sein. Und so war es auch.

Es hob langsam das Heck, den Bug fast senkrecht nach unten. In diesem Augenblick erloschen alle Lichter, die während der ganzen Zeit, seit wir sie verlassen hatten, nicht einmal geflackert hatten. Dann kamen sie ganz kurz wieder und schließlich war alles weg.

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